1892 / 22 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 Jan 1892 18:00:01 GMT) scan diff

denn, wir gingen zu einem Prohibitivzoll über dann allerdings würden sich ja die Verhältnisse wahrscheinlich ändern. Ich frage Sie aber: würden Sie den Verhältnissen der Weberei gegenüber sich dazu entschließen können, einen solchen Prohibitirzoll einzuführen? Dann würde überhaupt von 30 und 36 ½ gar keine Rede mehr sein können, Sie müßten mindestens auf eine Verdoppelung dieses Zolles eingehen. Wenn man einen solchen Schritt auch nur in Erwägung zöge, es würde der Ansturm dagegen viel lebendiger und auch, meine ich, viel berechtigter sein, als der Ansturm gegenwärtig gegen die Ermäßigung der Zölle von 36 und 30 auf 24 M ist.

Nun, meine Herren, also zunächst fällt meines Erachtens die Voraussetzung, daß eine empfindliche Schädigung eines deutschen Industriezweiges durch die im Handelsvertrage vereinbarte Ermäßi⸗ gung der Garnzölle stattfinde. Und wenn diese Voraussetzung fällt, so ist man doch gewiß berechtigt, Gewicht darauf zu legen, daß andere deutsche Industriezweige durch diese Herabsetzung in nicht unerheb⸗ lichem Maße profitiren, die Feinweberei, das ist nicht bloß die Halbseidenweberei die ist in geringerem Maße an eindrähtigen Baumwollgarnen über 60 wie an den zwei⸗ und dreidräthigen über Nr. 40 interessirt, sondern eine große Reihe anderer Fabrikationen in unserem Vaterlande wird erheblich profitiren. Hierbei kommen in Betracht die Zeug⸗ und Musselinweberei, die Feinwirkerei, die Gardinen⸗ und Tüllfabriken, die Spitzen⸗ und Stickereiindustrie, die Zwirnerei, die Nähfadenfabrikation und eine ganze Reihe anderer Industriezweige, die um so bedeutender erscheinen, als sie ein sehr werthvolles Product herstellen, an dem eine unverhältnißmäßig große Menge von Arbeits—⸗ lohn haftet, und weil sie in sehr hervorragendem Maße für die Aus⸗ fuhr arbeiten.

Meine Herren, ich glaube, wenn man abwägt, welche Interessen, ob die der Weberei oder die der Spinnerei in diesem Falle die überwiegenden sind, so könnte man, selbst wenn sich meine Voraussetzung, daß die Feinspinnerei nicht geschädigt wird, nicht erfüllt, mindestens zweifel haft sein, ob die Frage nicht zu Gunsten der Weberei zu entscheiden ist.

Aber, meine Herren, ich wiederhole: diese Entscheidung steht hier nicht in Frage; es liegt nur die Frage vor, ob, wenn eine Zollherab⸗ setzung der einen großen Industrie nicht schadet, man sie nicht im Handelsvertrage zugestehen soll, wenn man gewiß ist, daß sie einer großen anderen Industrie nützt.

Das sind die Gründe, welche die deutsche Regierung und die deutschen Unterhändler bestimmt haben, der von der Schweiz be— antragten Zollermäßigung schließlich zuzustimmen. (Bravo)

Um 55½ Uhr wird die Fortsetzung der Berathung auf Abends 8 / Uhr vertagt.

156. Sitzung vom Montag, 25. Januar, Abends 8 Uhr.

. Am Tische des Bundesraths der Staatssecretär Freiherr von Marschall und der Unter⸗Staatssecretä Dr. von

Rottenburg.

Die zweite Verathung des Handelsvertrags mit der Schweiz wird mit Artikel 2, der die vereinbarten Tarife als . enthält, . esetzt.

Abg. Möller (nl); Die Abgg. Petri und Brömel hätten jeder zum theil recht. Es handele sich bei ihren beiden Berechnungen darum, daß das eine Mal auch die mehrdrähtigen Garne heran⸗

ezggen seien, das andere Mal nicht, und er bedauere, daß auch bei ollabfertigungen solche Ungleichmäßigkeiten vorkämen. Er bitte die egierung, darauf hinzuwirken, daß dergleichen nicht mehr vorkomme. Unter dem gegenwärtigen Zoll habe sich die Zahl der Spindeln namentlich in 8e rms, aber auch in Norddeutschland mehr als verdoppelt. Würden die neuen Conventionalsätze auf Garne an⸗ enommen, so gehe diese Industrie zu Grunde und die Arbeiter würden rotlos. Er sei aus diesem Grunde gezwungen, sich gegen diesen Tarif⸗ satz zu erklären. —; ö Abg. Winter er (b. k. F.) bedauert, daß eine commissarische Berathung des Handelsvertrags nicht möglich , sei. Die schon . Befürchtungen, die im it ef. der Arbeitnehmer und der rbeitgeber im Elsaß an den Vertrag zu knüpfen seien, seien wohl begründet. Der Vertrag werde eine Auswanderung zahlreicher Ar⸗ beiter herbeiführen. Der Staats⸗Minister Freiherr von Berlepsch sei K Fabrikation der Spinnerei im Elsaß nicht richtig unter⸗

Königlich württembergischer Bundesbevollmächtigter, Staatsrath

von Meser: Der Königlich preußische Staats⸗-Minister n von Berlepsch habe wesentlich darauf hingewiesen, daß bei der Aus⸗ führung des Abg. . die mehrdrähtigen Garne in die Ausfuhr einberechnet seien. Im übrigen möchte er dem . Möller bemerken,

e

daß z. B. Frankreich mit feinen hohen Garnzölle nicht habe durch⸗ kommen können.

Abg. Menzer Cöons): Unter den bisherigen Zollsätzen habe sich in Deutschland die Roßhaarspinnerei und die weitere Fabrikation dieses Gespinnstes sehr günstig entwickelt. Der schweizer Zoll sei aber jetzt h erhöht, daß namentlich die badische Noßhaarspinnerei eine erhebliche Einbuße err würde. Das sei um so bedauerlicher, als in der freien 66 ion der Regierungsvertreter ihm entgegen⸗ getreten sei, da er sich beklagt, um solche mikroskopische n ren könne man sich nicht kümmern. Wo sei denn die Grenze zwischen mikro— skopischen und makrofkopischen Existenzen? Die Leute kämpften den Kampf ums Dasein so gut wie jeder Andere. Staatssecretãr Freiherr von Marschall: Meine Herren! Ich ergreife das Wort lediglich deshalb, um die Angriffe des Herrn Vorredners gegen die Haltung des Herrn Re— gierung Commissars in der freien Commission mit aller Entschiedenheit als völlig unbegründet zurückzuweisen. Als der Herr Abg. von Bennigsen in der ersten Lesung de Wunsch aussprach, wir möchten in einer freien Commission uns über die einzelnen Fragen berathen, habe ich sofort zugestimmt und die Theilnahme der Regierungsvertreter zugesagt, von dem Gedanken geleitet, daß es für die Vorlage von Interesse sein möge, wenn über einzelne wichtige Fragen ein vertraulicher Gedankenaustausch in einer freien Commission stattfinde. Ich bin dabei selbstredend von der Anschauung ausgegangen, daß dabei auch der formlose Charakter einer vertraulichen Besprechung nach außen hin gewahrt wird, und habe nicht vermuthet, daß von irgend einer Seite nun einzelne Aeußerungen eines Regierungs— Com missars aus dem Zusammenhang herausgerissen und hier vor die Deffentlichkeit gebracht werden, in keiner anderen Absicht, als den Regierungs⸗Commissar und damit auch die verbündeten Regierungen, die denselben beauftragt haben, hier anzugreifen. Wenn das Ver⸗ fahren, was der Herr Abg. Menzer hier eingeleitet hat, Uebung werden sollte was ich nicht hoffe dann würde es kaum mehr möglich

sein, in Zukunft derartige freie Commissionen stattfinden zu lassen.

CLebhafter Beifall.) ; Geheimer Regierungs⸗Rath Henle: Die Roßhaarspinnerei hahe in dem schweizerischen Zollvertrage eine a i ,, er⸗ . 9 dem . 3. u auch in . , , *. vertrgge. Die eingetretene Zohherabsetzung von etwas r als des Werthes ice l nicht in ö . .

Abg. Dr. Barth (dfr.); Der Abg. Menzer hätte mit seinen Ausführungen vom freihändlerischen Standpunkt recht, da man aber der Schweiz nur wenig Concessionen gemacht habe, habe man auch keine größeren Concesslonen verlangen können. Der Abg. Broemel habe recht damit, daß die hier beschlossene Herabsetzung des Garnzolls die Arbeiter durchaus nicht brotlos mache. .

Abg. Dr. von Marguardsen (ul) bemerkt, daß er für keinen sämmtlicher bestehender Zölle gestimmt habe, aber es sei etwas Anderes, einen Zoll einzuführen, als einen 54a. auf den die Industrie sich einmal eingerichtet habe, wieder aufzu eben. Er und mit ihm die Mehrzahl seiner Freunde stimme für den Vertrag. Die Ver— handlungen der freien Commission seien allerdings als ver⸗ traulich aufzufassen, und er hätte ihre vertrauliche Behand— lung besonders deshalb gewünscht, um,. auch, für ähn—⸗ liche Fälle in Zukunft eine solche freie Commission nicht unmöglich zu machen. Redner tritt dann besonders entgegen den Ausführungen des Abg. Landes für die Ermäßigung des Käsezolles ein und bittet die Regierung, mit all ihrem Einfluß dahin zu wirken, daß die Schweiz in Zukunft nicht von ihrem Bruttoverzollungssystem abgehe.

Abg. Möller (ul.) hält seine Behauptungen über die sächsische Spinnerei gegenüber dem Abg. Dr. Barth vollkommen aufrecht.

Darauf wird der Art. 2 mit der Anlage der w gif sowie der Rest des Vertrages angenommen, ebenso das Schlu

protocoll. Schließlich gelangt folgende Resolution des Abg. Dr.

Barth (dfr.) nach einer kurzen Begründung des Antragstellers zur Annahme: Da es dem Interesse der vertragschließenden Staaten entspricht, alle bei der Auslegung und Anwendung der Handelsverträge ent⸗ stehenden internationalen Meinungsverschiedenheiten auf friedlichem und freundlichem Wege zu begleichen, werden die verbündeten Re⸗ gierungen ersucht, mit den Regierungen derjenigen Länder, mit denen Handelsverträge zu stande kommen, eine Vereinbarung zu treffen dahin gehend, daß alle aus den Handelsverträgen gtwa entspringen⸗ ,, durch ein Schiedsgericht zum Austrag gebracht werden.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Schluß 101,½ Uhr.

2 21

Statistik und Volkswirthschaft.

Die österreichische Krankenversicherung im Jahre 1889. In, dem Zeitraum vom 1. August bis 31. Dezember 1889 belief sich nach dem Soecialpol. Centralbl.“ die Zahl der theils neu gegründeten, theils ö Kassen auf 2458, von welchen h6 gar keine oder völlig unbrauchbare Nachweisungen lieferten; die Zahl der Versicherten betrug 1310 379, wovon 1 (20746 männliche und 289 633 . Personen waren. Von der Gesammtzahl waren 64 364 freiwillig versichert. Es erkrankten im ganzen 302 028 Mitglieder 363 118 mal und erhielten Unterstützung für 4723 710 Krankentage. Von den Erkrankten waren 72 941 24,1 ĩ½— Arbeiterinnen, auf welche 85 417 24,2 0/0. Erkrankungen und 1 398 9235 Krankentage entfielen. Die durchschnittliche Dauer einer Er— krankung betrug sonach 13,4, bei weiblichen. Mitgliedern dagegen 16, Tage. Die Anzahl der Sterbefälle bezifferte sich auf 6538, wovon N90 auf Männer, 1748 auf Frauen und Mädchen kamen.

Sämmtliche Kassen hatten eine Einnahme von 5 542909 Fl., eine Ausgabe von 4 536 650 Fl., also einen Ueberschuß von 1007429 Fl. (18,1 015). Von den Ausgaben entfielen 56,1 GP auf Krankengeld, 14,3 0 o auf ärztliche 84 11,3 0/o if Arzenei, 3,3 0 / auf Ber wtdigungskosten und Jo, 4 bso auf Verwaltungs osten. Nach dem österreichischen J sind auch die freien Kassen zur Gewährung von ärztlicher Hilfe und Arzeneien verpflichtet.

Zum Schluß sei no auf, die Höhen des „durch⸗ schnittlichen üblichen Tagelohns“, wie er der Berechnung des Krankengeldes zu Grunde gelegt wird, ein Blick geworfen. Der Tagelohn bewegt sich zwischen 53 Kreuzern in Schlesien und * Kreuzern in Dalmatien, wobei jedoch nicht u. Acht zu lassen ist, daß diese Ziffern nur Durchschnitte sind. Manchen Orts fällt der bezirks übliche . bis auf 15 und 20 Kreuzer und das Kranken⸗ geld damit auf täglich 9 und 12 Kreuzer. .

Gewerbliche Schiedsgerichte in der Schweiz.

Nachdem seit Jahren in. der romanischen Schweiz (Genf, Neuen⸗ burg) den französischen Conseils de Prud'hommes nachgebildete gewerb⸗ liche Schiedsgerichte bestehen und mit gutem Erfolg wirken, wird in inet Zeit auch in der deutschen Schweiz, wo Baselstadt mit gutem eispiel vorangegangen ist, die Einrichtung ähnlicher Institutionen immer lauter gefordert. Ihn Aaarg au hat eine von mehreren hundert Arbeitern besuchte Versammlung an den Regierungsrath das Begehren um Einführung gewerblicher Schieds, und Sühne—⸗ gerichte gestellt, mit der Begründung, daß eine allgemeine sach verständige Würdigung der bei nehmern und Arbeitern vorhandenen d , eine gerechte Beurtheilung des Falles selbst nur, mörlich sei durch Fachgerichte, in welchen der Standpunkt beider Parteien zur , , gelangen könne. Die ger g ich Schiedsgerichte bätten alle Streitigkeiten zu beurtheilen, welche sich zwischen Unter⸗ nehmern (Fabrikanten, Kaufleuten und Handrzerksmeistern) einerseits und ihren Arbeitern, Angestellten und Lehrlingen andererseits be⸗ züglich der , ,,. ergeben. Es wären demnach erf , Schiedsgerichte in gewerblichen und industriellen Centren, wo solche von den Interessenten gewünscht werden, zu wählen, und zwar nach

folgenden Grundfätzen: . Die Gemeindebehörde hätte die Richter zu wählen in gleicher ahl aus Unternehmern und aus Arbeitern, in Berücksichtigung der ,n der Gewerbe und nach den Vorschlägen der industriellen, ewerblichen und der Arbeitervereine. Ferner hätte die Gemeinde⸗ . zum Obmann ein rechtskundiges . aus ihrer Mitte zu bestellen. Jedem Schiedsspruch müßte ein Sühneverfuch vorangehen durch e bn n hn bestehend aus je einem Unternehmer und einem Arbeiter. Das Pröceßverfahren müßte unentgeltlich fein, und

mstände und somit

es hätten die Si ef n des Gerichts außerhalb der üblichen Ge⸗

schäftsstunden, 3. B. Abends stattzufinden. . Das um ein Gutachten angegangene cantonale Ober⸗Gericht hat gan her Eingabe einen ablehnenden Standpunkt eingenommen. ach ihm sind gewerbliche Schiedsgerichte im Aargau kein Bedürfniß wie in größeren gewerbreichen Städten, und außerdem ist das Gericht grundsätzlich dagegen, daß zu den bisherigen ordentlichen Gerichten immer neue, den Charakter von Ausnahmegerichten tragende Gerichtsz⸗ stände geschaffen werden sollen. ;

m Canten Solothurn, der weniger Industrie gufweist als der Aargau, scheint man dagegen von der Nützlichkeit solcher Gerichte ee gn sein. Bereits hat nämlich der dortige Regierungsrath einen Gesetzentwurf zur Einführung gewerblicher iedsgerichte im Sinne des gargauischen Vorschlags ausgearbeitet. Im Canton Zürich, wo man ich seit . mit der Frage beschäftigt, wird eben⸗ falls die baldige Veröffentlichung eines definitiven Entwurfs an⸗ gekündigt. f vorsehen.

Zur Arbeiterbewegung. .

geschh eben:

; s befinden sich noch im Ausstand in e e, shagen 42, in Burg 11, in Hameln 8 Handschuhmacher. 8 Osterwieck, wo eine Einigung erzielt ist, haben keine Arbeit erhalten 25 Mann. Die Zahl der fonst , die ebenfalls durch die Organisation unterstützt werden müssen, beläuft sich auf etwa 90 Mann.

tag in Berlin, eine soeialde mokrgtische Volks ver sam m⸗ lung statt, die sich mit den Ergebnissen der leßten Ausstände be⸗ 1 ( 4 . ⸗‚

treitfällen zwischen Unter⸗

er soll auch die Einrichtung von Einigungsämtern

um Handschuhmacherstrike wird dem „Vorwärts“

n Leipzig fand am Sonntag, wie am vorher 66 Donners ·⸗

schäftigte und der „‚Lpz. Ztg.“ zufolge eine der in Berlin gefaßten gleichartige Resolution annahm. (Vgl. Nr. 19 d. Bl.) Eine Versammlung der Sattlerge hilfen Leipzigs erklärte sich mit der geplanten Verschmelzung der deutschen Verbände der Sattler und Tapezierer einverstanden. .

Aus Wien wird der Berliner Volksztg. berichtet: In Folge der Beendigung der Lohnbewegung in den Krain schen Kohlen⸗ werken verließen die herangezogenen Truppen die dortige Gegend. Die Behörden untersagten die Abhaltung von Versammlungen zur Besprechung der letzten Lohubewegung. .

Die Londoner „Allg. Corr.“ berichtet: Die von den Schuh⸗ fabrikanten in Bristol angedrohte 6 ist am 1 zur Wirklichkeit geworden und etwa 15090 Arbeiter haben ihre Beschäftigung verloren. Die Fabrikanten faßten später den gin luß, die Streitpunkte nochmals einem Schiedsgericht zur Entscheidung zu überweisen und die Wiedergufnahme, der Arbeit zu gestatten. wenn sich der Schuhmachergewerkverein der Entscheidung des Schiedsgerichts zu fügen verspricht. Ein großer Maschinästenausstand ist am Tyne im Gange. Den Grund bilden Streitigkeiten zwischen den Maschinisten und Klempnern in Jarrow. Die Maschinisten führten nämlich Beschwerde darüber, daß die Klempner die eigentlich ihnen zukommende Arbeit auf den Schiffswerften verrichteten, und begannen deshalb einen Ausstand. Um sie gefügig zu machen, benach⸗ richtigten die Arbeitgeber längs des Tyne ihre Angestellten, daß sie allwöchentlich 25 0/0 ihrer Maschinisten entlassen würden, bis alle außer Arbeit seien, wenn nicht die Maschinisten in Jarrow sofort den Ausstand beenden würden. Als Antwort hierauf beschlossen die Ver⸗ treter der Maschinistenvereine, h alle Mitglieder sofort kündigen oder aber, wo dies nicht erforderlich, ihre Arbeit unverzüglich nieder⸗ legen sollten.

Sandel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks - ö das fig! und 7 Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 25. d. M. gestellt 9405, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

. Zwangs⸗Versteigerungen. .

Bein Königlichen Amtsgericht J Berlin stand am

25. Januar 1892 das Grundstück in der n . 226 und Füsi⸗ lierstraßt 1, dem Malermeister R. Wagner gehörig, zur Versteige⸗ rung; Nutzungswerth 11260 Mae; das geringste Gebot wurde auf 00 6 festgesetzt; für das Meistgebot von 187 0900 υι, wurde der . Richard Müncheberg zu Köln a. Rh., Hansaring 25, Er⸗ eher.

Nach dem Rechnungsabschluß der öst er reichisch ungarischen Bank betrugen die gesammten Operationen im abgelaufenen Jahre 1889 473 8469 Fl., d, i. eine Abnahme gegen das Vorjahr um 758 606 Fl. Der Silbervorrath betrug am Ende des Jahres 166 597 329 Fl., gegen das Vorjahr um 1 821 418 Fl. mehr. Der Goldvorrath am Ende des Jahres belief sich auf 54 483 667 Fl. egen das Vorjahr um 436 077 Fl. mehr. Der durch— tlg Bauknotenumlauf berechnet sich auf 421 999 000 . Der durchschnittliche Zinssatz im Discontgeschäft betiug 440 6609. Am 31. Dezember 1891 bestanden außer den Abtheilungen für den Centraldienst in Wien; die beiden Hauptanstalten in Wien und Budapest, dann 33 Filialen und 63 Nebenstellen in den im Reichs⸗ rathe vertretenen Königreichen und Ländern, sowie 21 Filialen und 65 Nebenstellen in den Ländern der ungarischen Krone; zusammen 56. Bankanstalten und 123 Nebenstellen, wovon eine österreichische und eine ungarische Nebenstelle den Verkehr für je zwei lr, ver- mitteln. Die Thätigkeit der Bank erstreckte sich daher mit Schluß des Jahres 1891 auf 186 Bankplätze. Leipzig, 25. Januar. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. per Februar 3, 529 M6, per März 3,525 M per April 3,55 9, per Mal 355 M, Her Juni 3.55 M, per Juli 3,55 „MS, per August 3,57 S, per September 3,57 M, per Oktober 3, 60 MS, per November 3, 60 M, per Dezember 3, 50 M Ümsaß 165 066 kg. . Wien, 25. Januar, (W. T. B.) Der HandelsMinister richtete an die Bux⸗Bodenbacher und zie Prag⸗Duxer Eisenbghngesellschaft einen Erlaß, in welchem er ihren Protest zurückweist und bei Aufrechterhaltung ihrer Weigerung, das Eigen- tham der Bahnen zu übertragen, ohne weiteres Einvernehmen mit den Gesellschaften die sich aus der Lage der Sache ergebenden Maß⸗ nahmen zu treffen droht. Der Minister erklär ig jedoch, bereit, zu einer gütlichen Verständigung die Hand zu bieten, sobald die Ver⸗ valtungsräthe zu der Einsicht gelangt seien, daß der von ihnen ein⸗ geschlagene Weg nicht im Inkteresse der Actionäre läge, deren be⸗ gründeten und billigen Ansprüchen die Staatsverwaltung gern Rech⸗ nung tragen wolle, w Wien, 26. Januar. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn . 39 ieh vom 15. bis 21. Januar 600 357 Fl., Mehreinnahme 0 ; Glasgow, 25. Januar. (W. T. B.) Die Verschiffungen von R oheisen betrugen in der vorigen Weche 3648 Tons gegen 2614 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres. . Roheisen. Markt aufgeregt infolge des Versuchs schottischer Spekulanten, durch Preisdruck das Londoner Syndigat, das 500 9ho Ton Roheisen hält, zur Auflösung zu ,, Größere. Verkäufe Cleveland 36 sh. Sz d, Hemgtite 461 sh., Schottisch 47 nominell. (Spätere Meldung.) Roheisen 43 sh. 3 d. Käufer, 453 sh. 6 d. Verkäufer. Baisse.

Bradford, 25. Januar. (W. T. B.) Wolle fester Garne

ruhig, Stoffe besser. ; ö h En r 25. Januar. (W. T. B.) . Die Börse eröffnete , mit niedrigeren Cursen einsetzend; später trat eine kräftige eaction ein; der Schluß war sehr matt. Der Umsgtz der Agtien betrug 253 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 3 200 000 Unzen geschätzt. Die Silberverkäufe betrugen 40 0909 Unzen. ' eh Supply an Weizen 43 717000 Bushels, do. an

Mais 7 249 000 Bushels.

Verkehr S⸗Anstalten.

Bremen, 25. Januar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Eider hat vorgestern die Heimreise von New-⸗York, der Schnelldampfer Werra“ die Reise von New.; Jork nach Genug angetreten. Der Schnelldampfer El be“ ist gestern Nachmittag in Neo rd enh am, die Dampfer Mün chen“ und „Köln“ sind vorgestern in Bremerhaven und der Dampfer Hohenstaufen“ ist gestern in Colom bo angekommen. r Dampfer „Ohio“ hat gestern Las Palm as passirt. Der n , Preußen“ ist heute von Southampton abgegangen. er Schnelldampfer Ems“ hat . Abend Do ver Passirt. Der D fer Graf Bismarck“ ist gestern von ahia, der fer Straßburg ist heute von Lissabon abgegangen. Der fer Berlin“ ö estern in Ant werpen angekommen.

fer Salier“ ist heute von Antwerpen abgegangen. Der

hat heute die Reise fortgesetzt. Der Dampfer Stettin mit der Post für Ost⸗Asien ist heute Vormittag in Port⸗Said von Brindisi angekommen. V London, 25. Januar. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „SPartan⸗ ist auf der Ausreise heute in Capetown angekommen. —= Der Union⸗Dampfer Scot“ ist am Freitag auf der Aut

reise von Southampton . 6 gr Hafen t vol.

ö „Neckar“ ist gestern in Port Said angekommen und

O de ssa, 25. Januar. 6 mit Eis bedeckt, jedo reigehalten.

wird die Pa fa ge dutch Gisbrecher

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 22.

Berlin, Dienstag, den 26. Januar

1892.

Saus der Abgeordneten. 5. Sitzung vom Montag, 25. Januar.

Der Sitzung wohnen der Präsident, des Staats- Ministeriums, Reichskanzler Graf von Caprivi, der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden und der Minister der geistlichen 2ꝛc. Angelegenheiten Graf von Zedlitz bei.

Auf der Tagesordnung steht die erste Berathung des Volksschulgesetzentwurfs.

Abg. Wessel (freicons.): Seine Freunde ständen dem Gesetz⸗ entwurf durchaus wohlwollend gegenüber, wie der 3 von Zedlitz ihre Stellung zur Vorlage schon neulich skizzirt habe. Er wolle jetzt nur die Einwendungen vorbringen, die sie im einzelnen dagegen zu erheben hätten. Da sei zuvörderst durch die strenge Ausbildung des Confessionalitätsprincips die Leistungsfähigkeit der Gemeinden im Osten in übermäßiger Weise in Anspruch genommen worden. Es werde in der Vorlage die Anstellung eines zweiten Lehrers ge⸗ fordert im Interesse des Religionsunterrichts einer Minderheit. Wenn also eine Schule etwa 90 Schüler habe und nunmehr mit der Bildung einer zweiten Klasse vorgegangen werden müsse und unter diesen 90 Schülern 20 von einer von der Confession des Lehrers verschiedenen Confession seien, so könne jetzt der zweite Lehrer eben von der Confession der Minderheit sein. Nach der Vorlage dagegen müsse auch der zweite Lehrer der Confession der Schule an— . und für diese 20 anderen Schüler müsse nun ein besonderer

eligionslehrer angestellt werden. Nach 15 müsse, wenn 60 Kinder einer anderen Confession ö die Einrichtung einer besonderen Confessionsschule erfolgen, dadurch werde die Leistungsfähigkeit der Gemeinden erst recht überfchritten. Es gebe in Westpreußen eine größere Anzahl von Schulen protestantischen Charakters, aber von einer Mehrzahl katholischer Kinder besucht. Für diese müßten jetzt katholische Schulen gegründet werden, und, für die Minderheit von etwa 20 evangelischen Kindern müsse die alte evan— gelische Schule, aufrecht erhalten werden, ohne daß ein eigentliches Bedürfniß dafür vorhanden sei. Diese Schulen müßten wesentlich von den protestantischen Grundbesitzern unter⸗ halten werden, und wenn diesen ihr Gewissen weniger werth sei als ihr Geldbeutel, so könnten sie sich ja mit dem katholischen Unterricht begnügen; er hoffe aber, diesen Weg würden sie nicht be— schreiten. Nun sei ja in der Vorlage die Errichtung solcher Schulen an die Zustimmung der Gemeinden gebunden; aber wenn es heiße, die Einrichtung der Schule „hat zu erfolgen‘, so könne auch die etwa fehlende Zustimmung der Gemeinden leicht ergänzt werden. Es handele sich nicht allein um die Mehrleistung durch Anstellung von Lehrern, sendern guch um die, welche entstehe durch Er⸗ richtung von Schulgebäuden, und das sei doch . häufig . als eine Gemeinde leisten könne. Der Minister habe ja den Gemeinden vielfach Unterstützung durch den Staat bewilligt, aber das genüge noch nicht. Nach den bisherigen Erfahrungen perdienten die paritätischen Schulen durchaus nicht beseitigt zu werden; wenn er auch kein Freund dieser Schulen sei, so 3. er, doch zugeben, daß sie in religiöser, sittlicher und vaterländischer Hinsicht fast so viel geleistet hätten, wie die con⸗ fessionellen . und deshalb . sie mit Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit der Gemeinden wohl , zu erhalten, und ihre Beseitigung werde durch die e ungsbestimmungen in keiner Weise gefordert. Einen zweiten Beschwerdepunkt büde die Regelung der Ertheilung des Religionsunterrichts; in diesem Punkte unterscheide 6 der Entwurf ganz wesentlich von der vor— jährigen Vorlage; er bestimme, daß der geistliche Obere, der die Auf⸗ sicht über die Ertheilung des Religiensunterrichts ausübe, diesen mit Zustimmung der Staatsbehörde selbst solle ertheilen können. Das widerspreche der bestehenden Gesetzgebung sowohl wie auch der bestehenden Verwaltungspraxis; denn bisher sei dem geistlichen Oberen höchstens die Ertheilung worden. Wer in katholischen Gegenden lebe, der ö. davon über⸗ zeugt sein, daß ein Lehrer, dem die Ertheilung des Religionsunter— richts durch den Geistlichen genommen sei, das Vertrauen in seiner Gemeinde verlieren müsse. Prineipiell, seien seine Freunde gegen diese Bestimmung schon deswegen, weil, wenn auch der . sage, daß die Vorlage mit den Windthorst'schen Forderungen durch— aus nicht übereinstimme, in der in Rede , Bestimmung sicherlich der Geist der Windthorst'schen Anträge wehe. Aus dieser Bestimmung könne leicht die Meinung 6. daß die kirchliche Behörde allein über den Religionsunterricht zu bestimmen habe. Diese Bestimmung sei auch geeignet, den Lehrer in eine Stellung zu bringen, die ihm die Vorlage nicht geben wolle. Die Volks— schule müsse dadurch zweien Herren dienen und das müsse zum Conflict im Gemüth des Lehrers selber führen und es könne das Recht des Staats auf die ö. wesentlich verdunkelt werden. Er hoffe, daß sich auch über diesen Punkt ein Einvernehmen werde herstellen laffen. Was die Vorbildung der Lehrer anlange, so komme für die Katho⸗ liken die missio canoniché in. Betracht, welche für die Ka— tholiken ein Dogma sei und welche nach ihrer Ansicht bisher nicht genügend berücksichtigt worden sei. Er glaube aber, ein Vetorecht dürfe man dem geistlichen Oberen allein nicht zugestehen. In der Vorschrift, daß er das Prüfungszeugniß mit unterschreiben solle, liege ja eine Gewähr, daß er sie für richtig vorgebildet halte; weiteres könne ihm nicht gewährt werden. Mit dem confessionellen Charakter er Seminarien . seine Freunde vollständig einberstanden, aber die Einführung der Privatschulen, um jedem Kinde Gelegenheit zu geben, den Religionsunterricht seiner Confession zu erhalten, hielten sle für zuweitgehend und dur ͤ die Verfassung nicht vorgeschriehen. Am be— denklichsten sei dabei, daß auf die Privatschulen die Bestimmung über den Schulzwang nicht so angewendet werden könne, wie auf die öffentlichen Schulen. Die Schulaufsichtsbehörde habe Privatschulen gegenüber, wenn Mißstände betreffs des Schulbesuchs sich einstellten, nur das Mittel der 299 ebung, und dazu bedürfe es eines weitschweifigen und zeitraubenden Verfahrens, In Privatschulen würden sich nicht nur die verschiedensten confessionellen Richtungen, sondern in großen Städten auch die destruetiven Elemente Geltung zu verschaffen Gelegenheit finden. Was nun die Regelung des , n Unterrichts anlange, so habe er gls Landrath nach Möglichkeil die wirthschaftlichen' und sonstigen Interessen seiner polnischen Mitbürger ebenfo gefordert, wie die der dentschen, aber hier eig nicht die vom Minister so ,, lene Selbsthikfe. Es gebe viele Gutsbezirke, die seit hundert Jahren im deutschen Besitz 6 ohne daß die Arbeiterbevölkerung dadurch veranlaßt sei, die eutsche Sprache zu erlernen. Erst durch die Ministerialberfügungen in diesem Sinne sei einige Besserung ge⸗ schaffen, und es sel richtig, daß ein Erlernen der . Sprache wün chengwerth sei sowohl für die Erfüllung der Wehrpflicht, als auch, um die polnischen Mitbürger zur Selbstverwaltung und den sonstigen Aufgaben, die der Staat an den , . stelle, heranzuziehen. arum werde der Ministeriglerlaß vom April von den Polen nicht so harmlos ige t, wie ihn der . Minister aufgefaßt sehen olle; in Westpreußen, wo er keine Geltung habe, bestehe eine leb= hafte Agitation, um ihm auch da Geltung zu verschaffen, und wenn 5 einem Dorfe der Unterricht in polnischer Sprache einmal zuge⸗ I g. werde (se. werde die Erlernung der beutfchen Sprache daburch völlig unterdrückt werden, denn naturgemäß bestehe eine Abneigung gegen die Erlernung des Deutschen. Für iese Fragen müsse

des Katechismusunterrichts gestattet

man sich den Abg. Windthorst zum Vorbild nehmen, der im § 112 der ver n einen gewaltigen Schutz des Bestehenden gesehen habe. Au hier sei dem Privatschulwesen, wie er glaube, ein zu großer Spielraum gegeben. Seiner Meinung nach würde die Regelung des Volksschulwesens auch ohne Regelung des Privatschulwesens möglich gewesen sein. Die Aufhebung der Abtheilung für Kirchen⸗ und Schulwesen sei unter den veränderten

ö tnissen nothwendig . Sie habe in den schwierigsten«

eiten mit geringen Mitteln Großes geleistet, davon zeuge der heutige Sastand unseres Volksschulwesens. Den Vorschlag, die Mittel zur. Durchführung dieses a, . aus den Ueber⸗ schüssen der Einkommensteuer zu nehmen, hielten seine Freunde für höchst bedenklich, da die Durchführung der Communal⸗ steuerreform durch ganze oder theilweise Ueberweisung der Grund⸗ und Gebäudesteuer ihnen infolge dessen gefährdet erscheine. Jedoch würden andererseits durch Uebertragung der Unter⸗ haltungspflicht auf die Gemeinde so wesentliche Mißstaͤnde beseitigt, daß sie schon deshalb eifrig bestrebt sein würden, an dem Zustande— kommen dieses Gesetzes mitzuwirken. Wie schon angedeutet, bekämpfe er die hierarchische Tendenz des Entwurfs, der ein zu weiter Spielraum eingeräumt sei; nach seiner . könnten Staat, Kirche und Gemeinde in dem gegebenen Rahmen und in der bis— herigen Ordnung der Dinge sehr wohl friedlich nebeneinander sich einrichten, und dies werde auch geschehen, wenn das Haus unzweifel⸗ haft seinen Willen dahin kund khue, daß es eine derartige friedliche Einrichtung im Interesse des Stgats und seiner Bewohner für noth⸗ nend g halte. (Beifall bei den Freiconservativen und links.)

bg. von Buch (cons.): Die Vorlage berühre eines der Fundamente, guf welchen das Gebäude des preußischen Staats auf— gebaut sei. Mit dem vol en Bewußtsein der Verantwortung trete seine Partei an die Berathung heran; trotzdem oder gerade deshalb wolle er der Versuchung widerstehen, sich hier auf hochpolitische Er⸗ örterungen einzulassen, sondern nur in großen Zügen die Stellung seiner Partei skizziren. Diese habe bereits im vorigen Jahre aner— kannt, daß auf diesen Gebieten das Bedürfniß einer Neuregelung vorhanden sei, da das Volksschulwesen der heutigen Entwickelung des Staats nicht mehr entspreche. Nur seien sie zweifelhaft gewesen, ob es richtig sei, auf den Gebieten des Steuer-, Gemeinde und des Volksschulwesens gleichzeitig mit so durchgreifenden Reformen vorzugehen, und ob es nicht zweck⸗ mäßiger gewesen sein würde, diese im engen Zusammenhang stehenden Reformen auf einander aufzubauen. Diese Bedenken seien auch heute noch nicht vollständig beseitigt, da der Erfolg des Einkommensteuer⸗ gesetzes sich noch nicht übersehen lasse, die Landgemeindeordnung noch nicht durchgeführt sei, und auf dem Gebiet der ommunalsteuergesetz= gebung noch des Abschlusses entbehre. Jedoch sei es im Hinblick auf die vorjährige gänzlich nutzlose Berathung wünschenswerth, diese Frage jetzt zu erledigen, und unter diesen Umständen sei die Regierung gar nicht in der Lage gewesen, die Einbringung dieser Vorlage länger zu verzögern. Die Bedenken seiner Partei, daß die örtlichen Organe der Verwaltung, deren Arbeitskräfte durch die Reform auf dem Gebiet des Steuer⸗ und Gemeindewesens im höchsten Grade angespannt seien, kaum im stande sein dürften, an die neue Aufgabe des Volksschulgesetzes heranzutreten, würden sich vielleicht beseitigen lassen, wenn man für die Vorbereitung der Einführung einen größeren Spielraum stellen und den Zeitpunkt für das Inkrafttreten in entsprechender Weise hinaus schieben wollte. Was den Inhalt der Vorlage anbetreffe, fo erkenne seine Partei mit Genugthuung, das die Regierung ihren im Vor⸗ jahre geäußerten Wünschen so weit entgegen gekömmen sei bezüglich der Bestimmungen, welche den confesstonellen Charakter der Volks= schule wahren, sollten. (Beifall rechts). Auch der vorjährige Ent— wurf habe, wie der seiner Zeit vom Minister a, eingebrachte, die religiöse Erziehung an die Spitze gestellt. Eine gedeihliche Ent⸗ wickelung des Volksschulwesens sei nur auf der . Grund⸗ lage möglich, das habe auch die Verfassung anerkannt. Im vorigen Entwurf, sei jedoch nur gesagt worden, daß kein Kind ohne den . seiner Consession bleiben solle. Seine Partei habe. aber bereits im vorigen Jahre im Gesetz klar stellen wollen, daß es nicht genüge, daß der Religionsunterricht, sondern daß auch der gesammie Unterricht von dem confessionellen Charakter getragen werden müsse. (Beifall rechts und im Centrum.) Der neue Entwurf trenne, guch äußerlich die Bestimmungen über die Confessionalität der Schule von denjenigen über die Ertheilung des Religionsunterrichts. An die Spitze der ersteren sei der Satz ge⸗ stellt, daß jedes Kind den Gesammtunterricht durch einen Lehrer seines Bekenntnisses empfangen solle. Daß die Neueinrichtung bon Simultanschulen ausgeschlossen sei, entspreche diesem Grundfatze. Bei den Bestimmungen über den Religionsunterricht unterscheide der Ent⸗ wurf zwischen den Kindern, die einer staatlich anerkannten Religions— esellschaft angehörten, und solchen, bei denen dies nicht zutreffe. Jene önnten zur Theilnahme an einem anderen Religionsunterricht nicht gezwungen werden, diese seien verpflichtet, an dem Neligionsunterricht der betreffenden Schule theilzunehmen, bis der Nachwels geführt sei, daß. für die sachgemäße ,, Religionsunterrichts in anderer Weise genügend ie e ü sei. Mit diesen. Bestimmungen ö seine Partei durchaus einverstanden. Es sei dies die einzige Art und Weise, wie auch bei diesen Kindern eine religiöse Erziehung n n. werde. Zuruf links.) Er wisse sehr wohl, daß durch die Schule allein die Kinder nicht religiös erzogen werden könnten. Dazu gehöre in erster Linie die Mitwirkung der Familie. Das könne ja die Herren beruhigen, die einen Gewissenszwang in diesen n n g, Es könnten Zeiten kommen, in denen mancher, der heute nur Worte der Verachtung und des Hohns für die Religion habe, beten lerne. (Lebhafter Beifall.) Was nun die Leitung der Volksschule anbetreffe, so bedürfe es, um dies richtig zu verstehen, keiner tiefgehenden Forschung über die Entstehungsgeschichte der ., Das ergebe sich aus dem Sprachgebrauch ganz von selbst; Leitung sei nicht gleichbedeutend mit einer bloßen Beaufsichti mig Der technische Leiter einer Fabrik trage z. B. immer eine . Verantwortung und habe bei den 3 wendigsten Einrichtumgen mitzuwirken und Anweisungen zu ertheilen. Cs sei deshalb nach Ansicht seiner Partei ve n n,. richtig, daß den J eine entscheidende Mitwirkung bei Einrichtung des Lehrplanes, Einführung der Schulbücher, Anstellung des Lehrers und Ablegung der Lehrerprüfung im Religionsunterricht einge⸗ räumt sei, sowie daß der Geistliche sich nicht nur durch Fragen von der fa n n Ertheilung des Religionunterrichts überzeugen, sondern auch den Lehrer sachlich berichtigen dürfe. Ebenso nothwendig sei es, daß unter Umständen dieser Unterricht von dem Geistlichen übernommen werden könne, weil es sonst vorkommen könnte, daß eine Religion, gelehrt werde, die der Lehrer, oder auch, der , Schulrath sich in ihrem Kopfe zurechtgemacht hätten. Durch die gonfessionelle Gestaltung der Seminare werde der bekenntniß⸗ treue Religionsunterricht gesichert. Wie wichtig die gesetzliche Festlegung sei, beweise eine Kundgebung eines rheinischen Schul vereins, welche aus⸗= drücke, daß mit der , der Seminare die Simultanisirung der R lch z ohne weiteres erfolgen würde. Das wolle seine Partei nicht.

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würde sie sich dem widersetzen und der Minister werde sie an seiner Seite finden. Man werfe seiner Partei vor, daß sie die Volks⸗ schule der Kirche ausliefern wolle. (Sehr richtig links.) Das sei ein Schlagwort, welches sich in. Verbindung mit Junkerthum, Muckerei u. s. w. bei der zahlagitation ganz gut mache; aber bei der praktischen Berathung eines Gesetzentwurfes bedeute es nichts.

weitergehende kirchliche Anforderungen hervorträten, so

(Beifall rechts) Durch die Mitwirkung der Kirche bei der Prüfung der Lehrer würden doch die Seminarien nicht der Kirche ausgeliefert. Der Staat stelle die Lehrer an, genehmige die einzuführenden Schulbücher und könne auch den Geistlichen, der seine Befugnisse über⸗ schreite, aus der Schule entfernen. Dem Staat blieben also alle Macht⸗ mittel, die er brauche, um politische oder kirchenpolitische Ueber— griffe zu verhindern. (Beifall rechts Bezüglich des Privatunter⸗ richts sei die Verfassung sehr klar; es würde keine Ausführung der Verfassung sein, die bestehende Verwaltungspraxis einfach gesetzlich festzustellen; denn für die Bedürfnißfrage lasse die Verfassung keinen Raum. Daß in der Unterrichtsfreiheit gewisse Gefahren lägen, er⸗ kenne seine Partei an, aber sie folgere daraus nicht die Nothwendig⸗ keit einer Verfassungsänderung. Daß in selbständigen Gutsbezirken der Gutsbesitzer die Schullasten übernehmen müsse, sei eine Neu⸗ belastung desselben, namentlich in den östlichen Provinzen, und zwar in einem Augenblicke, wo ihnen die früheren Rechte genommen würden. Bezüglich der Organisation der Schulverwaltung u. s. w. sehe seine Partei mit Freuden, daß das Mißtrauen der vorjährigen Vorlage gegen den Kreisausschuß verschwunden sei. Sie möchte nur anheim geben, auch die Städte unter 10 090 Einwohner unter den Kreisausschuß zu stellen. (Sehr richtig! rechts) Die Strafen für, Schulversäumnisse dürften nicht durch den Schulinspector, den Geistlichen erlassen werden, denn dadurch werde seine Stellung er⸗ schwert; sie müßten als Polizeistrafen betrachtet und vom Amts⸗ vorsteher erlassen werden. Für bedenklich halte die Mehrheit seiner politischen Freunde die Bestimmung, daß im Falle der Strafversetzung die Regierung Lehrer anstellen könne, ohne auf das Vorschlagsrecht der Gemeinden zu achten. Eine solche Strafversetzung sollte nur dann möglich sein, wenn die Gemeinde keine Vorschläge gemacht habe oder mit der Berufung des Lehrers einverstanden sei. Baß den Lehrern ein ent⸗ sprechendes Diensteinkommen gesichert werden müsse, billigten alle Parteien; ob die Feststellung eines Diensteinkommens von mindestens 1000 6 richtig sei, müsse man erst prüfen. Vielleicht würde es zweckmäßiger sein, das Mindesteinkommen bezirksweise festzusetzen, ebenso müsse der Betrag des Diensteinkommens, welcher aus Dienst⸗ ländereien erwachse, für jede Stelle festgesetzt werden und nicht kreisweise. Eine sehr große Ueberraschung habe seiner Partei der 5194 gebracht, der aus den Ueberschüssen der Einkommensteuer neun Millionen für die Zwecke dieses Gesetzes in Anspruch nehme. Eine solche Verwendung geschehe zum Nachtheil des Grundbesitzes, zumal der Grundbesitz durch die Beschränkung der Ueberweisung aus der lex Huene belastet werde, weil die Kreise neue Kreissteuern einführen würden. (Sehr richtig! rechts Das Einfachste würde es sein, den § 194 zu streichen und die entstehenden Kosten auf den allge— meinen Etat zu übernehmen. (Zustimmung rechts.) Aus dem, was er gesagt habe, werde das Haus entnehmen, daß seine Partei mit den Grundzügen des Gesetzes einverstanden sei, daß sie hoffe, daß die ein—⸗ zelnen Bedenken durch, die Kommissionsberathung befeitigt werden würden. (Lebhafter Beifall rechts.)

Abg. Dr. Enneccerus (nl): Die Ausführungen des Vorredners hätten ihn überrascht und schwer bedrückt, er möchte wohl wissen, ob er im Namen der ganzen conservativen Partei gesprochen habe. (Ja wohl! rechts) Die Vorlage opfere die Schule der Kirche und der Politik, denn die Schule werde der jeweiligen Regierungspolitik unterstellt durch die Auflösung der Abtheilung für Schul- und Kirchen⸗ wesen. Die Regierung habe die Garantie übernommen, daß die Ueberschüsse der Einkommensteuer zur Reform der Communalsteuer verwendet würden; auch das Haus habe diese Garantie üÜber⸗ nommen. Man würde es wie einen Bruch eines Ver⸗ sprechens auffassen, wenn es davon zurückträte. Der Cultus⸗Minister habe die Vorlage als eine Augführung der Verfassung und als eine Legalisirung der bestehenden Verwalkungs⸗ vorschriften bezeichnet; damit sei die Vorlage aber keineswegs gerecht⸗ fertigt. Die , en seien noch gar nicht in Kraft getreten, sondern durch Art. 112 suspendirt; wenn sie ausgeführt werden sollten, sei es nothwendig, sie genau zu prüfen. Wenn die

Verwaltungspraxis der Hierarchie nachgebe, so fei das unbedenklich;

denn in jedem Augenblicke könne Remedur geschaffen werden. Anders liege es aber, wenn die J gesetzlich festgestellt würden. Die Vorlage gehe aber über die i n und über die Verwaltungspraxis weit hinaus. Die confessionelle Schule wolle seine Partei auch nach Möglichkeit, aber nur soweit, ö. dadurch die confessionelle Minderheit nicht benachtheiligt werde. as über⸗ triebene anfessionalitätsprincip fordere besondere einklassige Volks⸗ schulen in Städten für die Minderheiten, wo die Kinder besser in einer mehrklassigen Schule erzogen werden könnten. Weder der Minister von Ladenberg, noch Herr von Goßler hätten die Ver⸗ fassungsbestimmungen über die Confessionalität so engherzig ausgelegt wie die Vorlage. Die Vorlage zertrümmere die bestehenden städti⸗ chen Schuldeputationen zu Gunsten einer neuen Organisation, mit welcher ein Sprung in das Dunkle gemacht werde. Hätten die städtischen Schuldeputationen nicht Vorzügliches geleistet und könnten sie auf ihre Leistungen nicht stolz sein? Das Aufgeben der Rechte des Staats zu Gunsten der Kirche habe eine Bedeutung nur für die katholische Kirche, welche von auswärtigen Oberen ihre Weisungen empfange; nur hier liz eine Gefahr vor, bei der evangelischen Kirche nicht in em Maße. Daß der kirchliche Com⸗ missar allein das Recht haben solle, einen Lehrer in Religion nicht bestehen zu lassen, widerspreche allen bisherigen Vorschriften; selbst se Rintelen habe ein solches Recht der katholischen Kirche nicht in einem Buche aufgestellt. Die klerikale Partei verlange allerdings die missig canoniga für die Lehrer, aber die Staatsregierung habe niemals dieses Recht anerkannt. Der § 112 widerspreche also der Verwaltungspraris und dem ganzen Geiste der . Volks⸗ schule. So weit sei der Minister allerdings noch nicht gegangen, daß er der Kirche auch das Recht gebe, den Lehrer abzusetzen. Der Lehrer werde auf dem Seminar und während seines ganzen Lebens unter die Controle seiner Confession gestellt. Religion solle der Lehrer nach den Lehren . Kirche den Kindern beibringen; aber wie er das thue, das sei seine Sache; eine gewisse Freiheit brauche auch der Volksschullehrer, (Widerspruch im Centrum und bei den Conser⸗ path en Die Freiheit des Privatunterrichts werde ebenfalls gerade der katholischen Kirche gegenüber bedenklich; für Geld habe man ja durch das Sperrgeldergesetz gesorgt. Wohin sei die Schule in Belgien en fn unter eleriealer Herrschaft! Bei einer Unter⸗ suchung sei festgestellt worden, daß 4 8/0. ü ö keine Schule besucht hätten, 27 00 hätten nicht schreiben können; ein h Theil habe nicht gewußt, eb Moses oder Christus früher gelebt hahe, und 54 oo hätten gar nichts von Noah gewußt. (Große Heiterkeit) Die Frage des Privatunterrichts, wenn man sie später einmal regeln wolle, werde man nur regeln können, indem mgn den Privatunterricht 1 seine eigentliche Bedeutung beschränke. Der Privatunterricht, wie ihn die Clericglen wünschten, führe schließlich auch zur Gründung der freien Unibersität für die Afterwisfens aft, die sich jetzt so breit mache, welche das Er⸗ gebniß der Forschungen a get ehe sie angestellt seien. Es handele ich um den Kampf fuͤr die Zukunft des Staates. (Widerspruch rechts und im Centrum.) Trotz der Rede des Herrn von Buch wolle er noch hoffen, daß das Entgegenkommen des Ministers zur Aenderung der Perlage Erfolg haben möge. Gelinge es nicht, die Vorlage um— e dann werde seine Partei wissen, was ihre Pflicht sei. (Beifall links) .

Abg. Dr. Reichensperger (Centr.) spricht sein Bedauern aus