1892 / 25 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 29 Jan 1892 18:00:01 GMT) scan diff

ihn Privattransitlägern ohne amtlichen Mitverschluß und Zollausschlüssen . Getreide beschränkte, auch das am 1. Februar in derartigen Lägern bezw. in den Zoll⸗ ausschlüssen vorhandene Bau⸗ und Nutzholz der Tarif⸗ nummern 132 und 13 3 sowie der an ebendiesem Tage in den deutschen Freilägern (Freibezirken), öffent⸗ lichen Zollniederlagen, heilungslägern und Zollaus⸗ uf vorhandene Wein der Tarifnummer 25 1 ohne Nachweis der Abstammung aus Vertragsstaaten oder meistbegünstigten Ländern zur Entrichtung der am 1. Februar 1892 in Kraft tretenden ermäßigten Zollsätze ag cen wer⸗ den. Ferner sollen auf das bis zum 31. Januar d. J. in den Zollcontos für zu verarbeitendes ausländisches Getreide ange⸗ schriebene und nach amtlicher Feststellung am 1. Fe⸗ bruar d. J. im unverarbeiteten Zustande in den der Zollbehörde angemeldeten Räumen oder in Form von ver⸗ gütungsfähigen Mühlenfabrikaten in den zur Aufbewahrung derselben dienenden Räumen vorhandene Getreide, soweit bei den Abrechnungen für das II, III. und IV. Quartal 1891/92 mangels einer entsprechenden Ausfuhr von Mühlenfabrikaten eine Verzollung von Getreide stattzufinden hat, die ermäßigten Zollsätze Anwendung finden.

Ob diese Beschlüsse vom Reichstag auch bei der Schluß⸗ abstimmung angenommen werden und ob der Bundesrath einem solchen 3 entwurf seine Zustimmung ertheilen wird, steht noch nicht 4 Indessen werden die Interessenten, welchen bei der vorgerückten Zeit eine amtliche Benachrichtigung nicht mehr wird zugehen können, Eat daran thun, die erfor— derlichen Declarationen schleunigst bei der zuständigen Behörde einzureichen.

Die Commission für die zweite Lesung des Ent— wurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs erledigte in den Sitzungen vom 25. und 25. Januar zunächst den Rest der Vorschriften über den Inhalt der Schuldverhältnisse aus Verträgen. Der 369 Abs. 2, soweit er den im § 243 . Fall betrifft, wurde mit den aus Beschlüssen zu 8 369 Abs. I sich ergebenden Modificationen angenommen. Anlangend dagegen den Fall des Verzuges des Schuldners, so entschied sich die Commission dafür, das Recht des Gläubigers, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder von dem Vertrage zurückzutreten, nicht mit dem Entwurfe von dem Nachweise des Gläubigers abhängig zu machen, daß die Leistung infolge des Verzuges kein Interesse für ihn habe, sondern im in fuß an die Art. 354, 356 des H-⸗G.⸗B. dann zu ge⸗ währen, wenn die Leistung innerhalb einer dem Schuldner von den Gläubiger bestimmten angemessenen Frist nicht erfolgt. Der Bestimmung einer Frist soll es jedoch nicht bedürfen, wenn die Leistung infolge des Verzuges für den Gläubiger kein Interesse hat. Ist die Leistung innerhalb der Frist nur theil— weise bewirkt, so soll das Recht des Gläubigers, Schadens- ersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit zu ver— langen oder von dem Vertrage zurückzutreten, nach Maßgabe des § 247 Abs. ? und des § 369 Abs. 1 Satz 2 ebenfalls von dem Nachweise des mangelnden Interesses des Gläubigers abhängig bleiben. Ein Antrag, dem Gläubiger nach Ablauf einer von ihm dem Schuldner zur Be—⸗ wirkung der Leistung bestimmten angemessenen Frist ohne Rücksicht darauf, ob der Schuldner im Verzuge ist oder nicht, ob denselben also ein Verschulden trifft oder nicht, die gleichen Rechte beizule gen, wie sie ihm nach 361 für den Fall des Fixgeschäfts zustehen, fand zwar warme Befürwor— tung, erlangte aber nicht die Zustimmung der Mehrheit. Abge⸗ lehnt wurde ferner der Antrag, im Anschluß an den Art. 356 des H⸗G.⸗B. dem Gläubiger, wenn er infolge des Verzuges statt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder von dem Vertrage zurücktreten will, eine Anzeigepflicht aufzuerlegen. Dagegen erachtete man es für geboten, dem Schuldner das Recht einzuräumen, dem Gläubiger eine an— gemessene Frist zur Erklärung, ob er von den bezeichneten Rechten Gebrauch machen wolle, zu bestimmen, und zwar unter dem Präjudize, daß der Gläubiger, wenn er sich nicht erkläre, diese Rechte verliere. Anlangend den 8 369 Abs. 3 und den noch rückständigen 8 361 Abs. 2, gelangte der Entwurf mit der Modification zur An⸗ nahme, daß der Schuldner, wenn der Rücktritt infolge eines von ihm nicht zu vertretenden Umstandes erfolgt, wegen der empfangenen Gegenleistung nur nach den Grundsätzen über den ö. einer k Bereicherung haften soll. Vorbehalten blieb, bei der Berathung 5 Vorschriften über den Kauf auf die Frage zurückzukommen, ob und inwieweit im Falle des Verzuges des Käufers das Recht, von dem Ver— trage zurückzutreten, dann , sei, wenn der Ver⸗ käufer seinerseits bereits erfüllt habe (ogl. Art. 354 des Die Commission wandte sich sodann dem von der Gewähr— leistung des veräußerten Rechts handelnden Unter— abschnitte (38 370 bis 3850) zu. Man verständigte sich zu— nächst dahin, die zu beschließenden Vorschriften unter ent= sprechender Fassungsänderung in den Titel über den Kauf einzustellen und dort eine Vorschrift aufzunehmen, welche die über die Gewährleistung beim Kauf geltenden Vorschriften auf andere entgeltliche Verträge, welche auf Veräußerung erichtet sind, für entsprechend an⸗ wendbar erklärt. Mit Rücksicht auf diese Stellungs— änderung und den Inhalt des 5 459 Abs. 1, welcher bie Verpflichtungen des Verkäufers im Anschluß an den 8 376 bestimmt, wurde dieser als enthehrlich gestrichen. Dagegen .. der S 371 seinem . . . zur Annahme, jedoch mit dem Zusatze, daß der Ver ö. eines Werthpapieres auch dafür haftet, daß dasselbe nicht zum wecke der Kraftloserklärung aufgeboten oder wegen desselben ein 5 nach Maßgabe des 8g 693 Abs. 3 erlassen ist. Genehmigt wurde ferner der 5 377.

in Antrag, die Haftung des Verkäufers für solche nicht ein- getragene Dienstbarkeiten auszuschließen, welche nach den Um— . als unerheblich anzusehen seien, fand keinen Anklang.

uch der 8 373 wurde nach dem Entwurf angenommen unter Ablehnung eines traf, welcher die Haftung des Verkäufers für einen Mangel in seinem Recht auch dann auszuschließen bezweckte, wenn bei dem 56 eines Grundstücks der Käufer den Mangel aus dem Grundbuch ersehen konnte. Anlangend die 8 374 bis 377, welche zwar auf dem Boden des Rechts— verschaffungsyrincips stehen, dasselbe aber insofern abschwächen, als ö a enen, . es sich nicht um den Verkauf eines Gtundstücks handelt (5 378), wegen eines Mangels, welcher erst nach der im übrigen seitens des Verkäufers erfolgten Erfüllung hervortritt, das Recht, deshalb Schadensersatz wegen Nichter füllun zu verlangen oder von dem Vertrage zurückzutreten, erst na

erfolgter Entwehrung an n soll, entschied die Commission sich dahin, den Evickionsstandpunkt des Entwurfs auch in der aus dem S 374 Satz 3 und den S8 375 bis 377 sich ergebenden Beschränkung aufzugeben und das Verschaffungsprincip nach Maßgabe der allgemeinen für die Erfüllung aus gegenseitigen Verträgen geltenden Vorschriften auch im Falle des 374 Satz 3 durchzuführen. Nur bei dem Verkauf einer Sache oder des Rechts an einer Sache, welches zur , der Sache berechtigt, soll der Jausnr wenn der Verkäufer, abgesehen von dem . in seinem Rechte, im übrigen erfüllt hat, wegen des in Ansehung des Kaufgegenstandes einem Dritten zustehenden Rechts Schadens⸗ ersatz wegen Nichterfüllung nur dann zu fordern berechtigt sein, wenn die Sache dem Dritten mit Ruͤcksicht auf dessen Recht herausgegeben ist oder wenn der Käufer sie dem Ver⸗ käufer zurückgewährt. Der Herausgabe der Sache an den Dritten soll es gleichstehen, wenn einer der im § 376 be— zeichneten Fälle vorliegt.

Bei der Feier des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers und Königs in der Landwirthschaftlichen Hochschule nahm, wie uns nachträglich berichtet wird, nach der i des Professors Sering über die Colonisationen in den östlichen Provinzen der . Landwirthschaft, Domänen und Forsten von . das Wort, um dem Vortragenden den Dank der Anwesenden für seinen interessanten Vortrag auszusprechen und diesen dahin zu ergänzen, daß nicht nur bei der General⸗Commission 6 t, sondern auch bei denen in Bromberg und Breslau zahlreiche Anträge auf Bildung von Rentengütern vorlägen; der Vermehrung der Zahl der ländlichen Grundbesitzer seien jetzt die Wege geebnet. der 6 Durchführung dieser bedeutsamen Anregung stehe indeß das Fehlen eines ausreichenden Land⸗ e . entgegen. Viele der Anwesenden würden noch berufen sein, an dem großen Werk practisch mitzuarbeiten; inzwischen sei es durch Wort und Schrift zu fördern.

Das in Carl Heymann's Verlag in Berlin erschienene Handbuch für das Deutsche Reich auf das Jahr 1892 entspricht in seiner Anordnung ganz demjenigen des Vorjahrs. Außer den Mitgliedern des Bundesraths, des Reichstags und sämmtlicher Reichsbehörden werden auch die Kaiserlichen Wirklichen Geheimen Räthe aufgeführt und bei dem Reichs— Marine⸗Amt eine Liste S. M. Schiffe und Fahrzeuge gehracht. Dem am Schlusse beigegebenen alphabetischen Namensverzeich⸗ nisse schließen sich ein alphabetisches Verzeichniß der in,, Konsulate und Schutzgebiete, ein alphabetisches Verzeichniß der der Reichs⸗Postverwaltung angehörigen Verkehrs⸗Anstalten und ein solches der Reichsbank-Anstalten an.

Seine Durchlaucht der Fürst von Waldeck und Pyrmont ist heute Mittag von hier abgereist.

Nachdem der bitherige Kaiserliche Gesandte in Japan hon . Tokio perlassen hat, um sich auf seinen neuen Posten nach Washington zu begeben, . der Legations⸗ Secretär von e , mn ft n die interimistische Leitung der gesandtschaftlichen Geschäfte in Tokio übernommen.

Der hisherige Gesandte der Republik Columbien am en Allerhöchsten Hofe, General Don Lazaro Maria Perez ist von hier abberufen.

S. M. Kreuzer „Schwalbe“ Commandant Coryetten⸗ Capitän Oelrichs, ist am 27. Januar in Dar⸗es-Salam eingetroffen.

Sachsen.

Dresden, 28. Januar. Seine Majestät der König, Seine Königliche Hoheit der Pfrinz und Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die w Friedrich August sind gestern Abend von Berlin hier wieder eingetroffen.

Ihre . die Königin ist, wie ein heute aus— gegebenes Bulletin besagt, an Influenza erkrankt und deshalb genöthigt, das Bett zu hüten, Entzündliche Erscheinungen sind nicht vorhanden. Das Fieber ist mäßig, der Schlaf durch Kopf⸗ und Gliederschmerzen gestört.

Die Erste Kammer bewilligte, wie das „Dr. J.“ meldet, in ihrer heutigen Sitzung, dem Berichte der zweiten Deputation entsprechend, Kap. 695 und 70 des Nachtrags zu dem ordentlichen Staatshaushalts⸗-Etat und zu dem Finanz— gesetz, nachdem zu Kap. 70 Dr. Bi rch⸗-Hirs 6, verschiedenen Wünschen betreffs der Erleichterung der Landes-⸗Irrenanstalten Ausdruck gegeben und der Geheime Rath Jäppelt eine Er⸗ klärung über das von der Regierung in dieser Beziehung beobachtete Verfahren gegeben hatte.

Die Zweite Kammer erledigte den ersten Bericht der Rechenschafts⸗Deputation über den Rechenschaftsbericht auf die Finanzperiode 1888,89, und zwar über Kap. 1 bis A, Etat der Ueberschüsse, und beschloß, dem Antrage der Deputation entsprechend der Staatsregierung wegen der Verwaltung der Staatsfinanzen, soweit sich giest auf die in den Kap. 1 = 21 gedachten Verwaltungszweige erstreckt, Ent⸗ lastung zu ertheilen. Eine Debatte knüpfte sich nur an Kap. 12, se,, e Erzbergwerke bei Freiberg, zu welchem der Abg.

ay auf möglichst baldige Einstellung des verlustbringenden

Erzbergbaues drang, welchem a n von den sh, Vice⸗ 1

Präsident Georgi, von Dehlschlägel, Kellner und Philipp widersprochen wurde. Hierauf wurden auf Antrag der Finanz-Deputation B die unter Titel 6, 8, 12, 13 und 34 des außerordentlichen Staatshaushalts-Etats für Erweiterung der Station Wilkau, des Gemeinschafts-Bahnhofs Eger, der Stationen Zwickau und Plauen oberer Bahnhof, sowie für Wasserversorgung des Bahnhofs Neichenbach i. V. geforderten Summen von 780 0090, 5560 000, 335 000, 326 000 und 162 000 S unverkürzt bewilligt.

Elsaß⸗Lothringen. Der Landesausschuß für Elsaß-Lothringen ist gestern Nachmittag eröffnet worden. h Mit an ee

wie „W. T. B.“ berichtet, vollzählig versammelt, am Regie— rungstische befanden sich N. Regierungscommissare;

wie aus

in der Loge des Statthalters wohnte dessen Familie der Eröffnung bei, auf der reservirten Tribüne die gesammte Generalität; auch die allgemeine Tribüne war dicht X, Der Statthalter Fürst Hohenlohe eröffnete die Session mit einer Rede, in der er hervorhob, das letzte Etats⸗ ahr habe mit einem bedeutenden Ueberschusfe abgeschlossen, as laufende werde ebenfalls namhafte Ueberschüsse ergeben. Unter diesen Umständen seien ausreichende Mittel vorhanden für gemeinnützige Unternehmungen bei Fortgang der Schuldentilgung. An Gesetzentwürfen würden vorgelegt werden: Trennung der Gebäudesteuer von der Grundsteuer und der Entwurf einer Kreisordnung und Gemeindeordnung. . Entwürfe seien bestimmt, den Gemeinden und Kreisen größere Selbständigkeit und Bewegungsfreiheit zu gewähren. Die Regierung erwarte, daß der Landesausschuß die Vorlagen billigen werde. Der Statthalter gab sodann dem Vertrauen Ausdruck, daß es der bew en Um⸗ sicht des Landesausschusses im Verein mit der Regierung elingen werde, die Arbeiten zu bewältigen. Die Rede . mit einem dreimaligen Hoch auf Seine Majestät en Kaiser, in welches die Versammlung begeistert ein— stimmte. Das gesammte Präsidium, bestehend aus Pr. Schlum⸗ berger, Jaunez und Baron von Schauenburg, wurde wieder⸗ gewählt. Der Präsident Dr. Schlumberger übernahm den Vorsitz mit folgender Ansprache:

„In freudiger und gehobener Stimmung hat gestern das ganze Land den Geburtstag Seiner Majestät des Kaisers festlich begangen; zu den Empfindungen der Ehr— erbietung unö Treue gesellt sich das Gefühl aufrichtigen Dankes für die hochherzige Allerhöchste Entschließung, durch welche das Land von dem Druck des Paßzwanges befreit wurde. Ich weiß, daß Sie alle diese Empfindungen theilen, und schlage Ihnen deshalb vor, Seiner Majestät dem Kaiser unsern tiefgefühlten allerunterthänigsten Dank in einer An f darzubringen.“

Der Vorschlag wurde mit lautem Beifall einstim mig

angenommen und das Präsidium mit der Ausführung des

Beschlusses betraut.

Deutsche Colonien.

Das Telegramm aus Sansibar, welches über den Tod des Paters Schynse berichtet, lautet nach der „Köln. Volksztg,“‘ vollstandig: „Schynsé décèds, caravane pillée Néra. Schynse gestoͤrben, Carawane in Nera geplündert.“ Nera liegt südlich vom Victorig⸗See an der Carawanenstraße, die zur Küste führt. Es ist dieselbe Landschaft, in welcher Stanley auf seiner Rückreise angegriffen wurde. Nach einem soeben eingetroffenen 6. Msgr. Livinhac's hat die Plünderung, wie die „Köln. Volksztg.“ weiter mittheilt, wahrscheinlich eine Carawane betroffen, die von der Küste zum Victoria⸗See zog, um den , Missionen die nothwendigsten Dinge: . waaren, Medicamente, Bücher u. s. w. zu bringen. Weiter schreibt das Blatt: Nach dieser Angabe Msgr. Livinhac's muß man annehmen, daß der Tod P. Schynse's mit dem Ueberfall der neuen Missions⸗Carawane nicht in Verbindung steht. P. Schynse war nach seinem letzten Briefe vom 24. Oktober krank in Bukumbi. Von seiner letzten Reise um die Südwestseite des Sees, 29. Januar bis 9. März 1891, war er sehr erschöpft und an Rheumatismus leidend zurückgekehrt. Er erholte sich nur langsam, ind so ist es wahrscheinlich, daß er in seiner Station seinem Leiden erlegen ist. Trotz seiner Schwäche hat der energische Mann die Kraft gefunden, die Ausarbeitung eines Tagebuchs über seine letzte Reise von Bukumbi ö. Uganda zu be⸗ ginnen, von welchem der erste kleinere Theil vorliegt. Tieser behandelt mit gewohnter in,, und Genauigkeit die bis jetzt fast gänzlich unbekannten Gegenden um die Südwestecke des Victoria⸗Sees und giebt eine, höchst willkommene Ergänzung zu der nach eigenen Positionsbestimmungen e,, Karte P. Schynse's, die Tanonicus Hespers im Septemberhefte von Petermann's Mittheilungen veröffentlicht hat. Leider wurde P. Schynse, ; seinem Briefe vom 24. Oktober hervorgeht, durch einen unglücklichen Zufall, bei welchem die Daumensehne zerschnitten wurde, sehr am Schreiben gehindert, sodaß er vielleicht seine Aufzeichnungen nicht hat vollenden können. Erst, in drei bis vier Wochen werden genauere Nachrichten hierüber wie über seinen Tod vorliegen.

Oefsterreich⸗Ungarn.

In der gestrigen Sitzung des , wurde nach einer Meldung des W. T. B.“ die Mittheilung von der Geburt einer Tochter der Erzherzogin Marie Valerie mit dreimaligen Hochrufen aufgenommen. Das Befinden i er ern; Maxie Valerie und der neugeborenen Prinzessin ist den Umständen nach gut.

In der letzten unter dem ö des Oberst⸗Landmarschalls Fürsten Lobkowitz in Prag abgehaltenen Versammlung der Abgeordneten des Großgrundbesitzes und der Alt⸗ czechen erklärte, wie Wiener Blättern gemeldet wird, die Gruppe Schwarzenberg, sie sei bereit, ihre Man⸗ date niederzulegen, falls die Altezechen dasselbe thäten. Da ron hierdurch der Landtag den Jungczechen und den Deutschen ausgeliefert würde, einigte man sich dahin, die Mandate so lange zu behalten, bis eine Klärung der Situation eingetreten sei, Die von dem „Neuen Wiener Tageblatt“ gebrachte Mittheilung, der Statthalter Graf Thun sei der Ansicht, daß es, gegenüber einer drohenden Niederlegung des Landtagsmandats seitens eines Theils des conservativen Adels, das Beste wäre, „die Ausgleichsaction mitsammt der Abgrenzung der Bezirke auf einige Jahre zu verschieben“, beruht, wie das „Fremdenblatt“ von com⸗

etenter Seite erfährt, auf vollständig unrichtigen In⸗ ormationen.

Gestern sind in Ungarn 341 Neuwahlen zum Reichstag vorgenommen worden. Nach den bis heute Vor— mittag bekannten 307 Wahlergebnissen sind 180 Liberale, 61 Unabhängige, 49 Nationale, 7 Ugronisten, 5 keiner Partei Angehörige und 2 Abgeordnete, deren Parteistellung nicht be⸗ kannt ist, gewählt. 3 Stichwahlen sind bis jetzt erforderlich In Preßburg, wo als Gegencandidat Graf Apponyi, auf gestellt war, wurde der Justiz-Minister von Szilgyi mit ungefähr 95 Stimmen Majorität gewählt. Der Minister⸗ . Graf Szapary wurde in Temesvar, der Minister

eiherr von Fejervary in Ofen gewählt.

Großbritannien und Irland.

Der Prxinz und die Prinzessin von Wales werden sich, englischen Blättern zufolge, in diesen Tagen nach Os⸗

borne begeben, um mit der Königin die Reisedispositionen ber Prinzessin und des Prinzen George zu besprechen.

Die „Times“ Et dem Feldgeschrei des liberalen Lagers, welches schleunige Auflösung des Parlaments verlangt, sehr kühl gegenüber und erinnert daran, daß das Unterhaus nach der Scptennatsacte noch bis zum August 1893 gesetzliche Existenzberechtigung habe.

Frankreich.

In dem gestern abgehaltenen Ministerrath machte dem „W. T. B.“ zufolge der Minister des Auswärtigen Ribot bie Mittheilung, daß mit allen Staaten, mit welchen Unterhandlungen schwebten, handelspolitische Ab— kommen getroffen seien. Eine Ausnahme bilde nur Spanien. In einer den gestrigen Pariser Abendblättern zu⸗ gegangenen Regierungsmittheilung wird die Meldung von dem Abbruch der Handels vertragsverhandlungen zwischen Frankreich und Spanien als verfrüht be⸗ zeichnet. Allerdings sei wenig Hoffnung, daß sie zum Ziele ühren würden.

Der italienische Botschafter General Graf Menabrea, der vorgestern wieder in Paris eingetroffen ist, wurde gestern vom Minister des Auswärtigen Ribot empfangen. Einem Berichterstatter gegenüber äußerte der Botschafter, der König habe über sein Demissionsgesuch noch keine endgültige Ent— schließung gefaßt. . ö ;

Die Regierung wird für die Weltausstellung in Chicago, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, über 3 Millionen Francs verlangen.

Rußland und Polen.

Der Kronprinz von Schweden und Norwegen nahm gestern bei dem Kaiser und der Kaiserin im engsten Familienkreise das Frühstück ein und war bei dem Großfürsten Michael Nicolajewitsch zum Diner geladen.

Wie die „Mosk. Wed.“ wissen will, würde in Finland ein neues Gouvernement gebildet werden. Dieses Gouvernement würde aus einzelnen Theilen der Gouvernements Wasa, Tawastehus, St. Michel und Kuopio zusammengesetzt werden und 17917 km groß sein, mit einer Bevölkerung von mehr als 100 000 Einwohnern, die in 20 Gemeinden getheilt werden sollen. Hauptstadt des neuen Gouvernements würde Syväskylä, heute im Gouvernement Wasa belegen, eine Stadt mit ca. 2500 Einwohnern, werden.

Italien.

Im Senat wurde gestern der Gesetzentwurf wegen Ver— längerung des italien isch⸗spanischen . trags eingebracht und die Dringlichkeit der Berathung be⸗ schlossen. Dann setzte das Haus die Debatte über die Handelsverträge mit Desterreich-Ungarn und Deutschland fört. Der Senator Gadda, wies auf die italienische Seidencultur sowie auf die . hin, welche aus den seitens Frankreichs den Seiden— züchtern bewilligten Prämien der, itglienischen Seiden— zucht erwüchsen. Der Finanz⸗-Minister stellte hierauf eine möglichst baldige Aufhebung des Seidenausfuhr— zolles, sowie die Compensirung der dem Staats— schatze hieraus fe nde, Verluste durch entsprechende Ersparungen in Aussicht. Es wäre wünschenswerth, fügte der Mlnister, dem Bericht des „W. T. B.“ zufolge, hinzu, daß auch andere Nationen den Principien Deutschlands folgten, das seine wirthschaftliche Politik so gemäßigt habe. Wenn in den Verhandlungen mit Oesterreich⸗Ungarn und Italien Jemand nachgegeben habe, so sei es das von der Nothwendig⸗ keit der Inaugurirung eines neuen Systems der Verträge mit weit hinausgeschobener Verfallszeit überzeugte Deutsch—= land gewesen. Die weitere Bemerkung des Finanz-Ministers: es sei nicht richtig, daß von den starken Staaten auf die schwachen ein Zwang ausgeübt worden sei, wurde von dem

ause mit lebhafter allgemeiner Zustimmung aufgenommen. Im weiteren Verlauf der Discussion führte der Handels⸗ Minister aus, daß man durch die Verträge an Stelle des Wirthschaftskrieges den Wirthschaftsfrieden gesetzt habe. Die Entwickelung der durch die Verträge geschaffenen H werde den herzlichen Beziehungen Italiens zu den Central— mächten das Siegel aufdrücken. Der erste Artikel der Ver⸗ träge wurde sodann angenommen und die weitere Berathung auf heute vertagt.

Die Universität zu Neapel soll nach einstimmigem Beschluß des dortigen akademischen Senats am 1. Februar wieder eröffnet werden.

Spanien.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten de Isasa gab in der gestrigen Sitzung des Senats bei der Besprechung der Vorbereitungen, welche von Seiten der Soeialisten und Anarchisten fuͤr den nächsten 1. Mai getroffen würden, die Erklärung ab: die spanische Negierung nehme die Heraus— forderung der Feinde der socialen Ordnung an und werde den Kampf gegen sie rücksichtslos weiter führen. (Vgl. „Zur Arbeiterbewegung /)

Portugal.

Infolge des ,. ses der portugiesischen Regierung, bis auf weiteres keinerlei handelspolitische Vereinbarungen ein⸗ zugehen, wird der neue Generaltarif vom 1. Februar d. J. ab gegenüber allen Ländern mit Ausnahme Brasiliens an⸗ gewendet werden.

Wie das W. T. B.“ aus 2. erfährt, würde das portugiesische ÜUnterrichts⸗Ministerium aufgehoben und mit dem Ministerium des Innern wieder vereinigt werden.

Die Polizei der rape hat den beschäftigungs⸗ lo sen Arbeitern verboten, sich zusammen zu rotten, um in den Straßen zu betteln.

Schweiz.

Der Nationalrath hat in seiner gestrigen Sitzung dem Bundesrath mit si gegen 14 Stimmen die Vollmacht zur bestmöglichen Wahrung der , Interessen im Handelsverkehr mit Frankreich ertheilt und ferner beschlossen, daß der Bundesrath in der nächsten Session der Bundes ver sammlung Bericht darüber erstatten solle, welchen Gebrauch er von diesen Vollmachten gemacht hat. Nach er⸗ felgter zustimmung des Ständeraths wird auf Grund des obigen Deschlufes rankreich vorläufig das Recht der Meist⸗ begünstigung erhalten.

Luxemburg. „Der Staats⸗Minister Dr. Eyschen überbrachte, wie der ln tg. aus Luxemburg 3 wird, am JJ. d. M. dem aiserlichen Minifter⸗Fesidenten Grafen von Wallwitz die

n,

Glückwünsche der , Regierung zum Geburtstage des deutschen Kaisers. Darauf fand in der Minister⸗Residentur öffentlicher Empfang statt. An dem Festmahl betheiligten sich auch zahlreiche Luxemburger. Graf von Wallwitz brachte unter großem Beifall die beiden Trink⸗ sprüche auf den Großherzog und den Kaiser Wilhelm aus.

Belgien.

Die Repräsentantenkammer hat in ihrer gestrigen Plenarsitzung die Handelsverträge mit Deutschland und Oesterreich-Ungarn genehmigt. Der deutsch⸗belgische Vertrag wurde mit 76 gegen 17 Stimmen angenommen, wobei sich 20 Mitglieder der Stimmenabgabe enthielten; die Annahme des Handelsvertrages mit Oesterreich⸗Ungarn er— folgte mit 68 gegen 15 Stimmen, während 6 De⸗ putirte nicht mitstimmten. Bei der Berathung des deutsch⸗ belgischen Handelsvertrages hatte der De— putirte ö einen Antrag eingebracht, durch welchen die Regierung ermächtigt wird, mit Deutschland ein Uebereinkommen abzüschließen wegen der , Lösung aller infolge der Auslegung oder Anwendung der Handelsverträge etwa entstehenden Schwierigkeiten. Der Minister⸗ präsident Beernaert erklärte darauf dem W. T. B.“ zufolge: er sei im allgemeinen ein Anhänger der Schiedsgerichte, ins⸗ besondere für kleine Staaten; er zweifle jedoch, daß die Schiedsgerichte ihren Zweck erfüllen könnten, da hierfür die Errichtung einer internationalen Commission ,, wäre. Die Berathung der Verfassungs-Revision in der Kammer ist nach der Mittheilung des Minister-Präsidenten auf nächsten . festgesetzt.

In Pau in Südfrankreich ist am 25. d. M. der ehe⸗ malige belgische KriegsMinister, General Baron Chazal verstorben.

Türkei.

Wie der „Times“ aus Konstantinopel gemeldet wird, hat die Pforte kürzlich zum zweiten Mal den Vollbetrag der jährlichen Abschlagszahlung auf die russische Kriegs— entschädigung mit 350 000 Pfund türkisch ausbezahlt.

Bulgarien.

Sofia, 28. Januar. Das Befinden Stambulow's ist laut Meldung des „W. T. B.“ andauernd befriedigend. Dr. Eiselsberg wird sich morgen hetreffs einer etwaigen Operation äußern. Nach der Ansicht der Aerzte wird Stam⸗ bulow auch ohne Operation vermuthlich in zehn bis vierzehn Tagen wieder hergestellt sein.

Amerika.

Der Präsident . on hat nach einem Kabeltelegramm aus Washington gestern dem Congreß eine zweite Bot⸗ schaft über die chilenische Frage übermittelt. In dieser Botschaft wird mitgetheilt, daß die (dem Inhalt nach aus Nr. 22 d. Bl. bekannte) Antwort des chilenischen Ministers des Auswärtigen auf die Depesche des Staat-Departements gute Aussicht für eine befriedigende Beilegung der Differenzen mit Chile biete. .

In der Republik Guatemala ist der „Köln. Ztg.“ zu⸗ folge am 15. d. M. der General Reinos Barrios, Neffe des enen Präsidenten Barrios und Candidat der fort⸗ schrittlichen Liberalen, zum Präsidenten gewählt worden.

Afrika.

Ueber die bereits gestern gemeldeten, von der egyptischen Regierung mit Zustimmung der Mächte beschlossenen Steueränderungen berichtet ein Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ aus Kairo vom 28. Januar folgendes Nähere: Die Regierung beschloß die ö der Salz⸗ steuer um 40 Proc.; die Licenzsteuer wird sowohl für die Europäer wie für die Eingeborenen abgeschafft. Bei der Thei⸗ lung des Ueberschusses zwischen der Regierung und der Schuldenkasse erhält erstere einen um 25 006 Pfund größeren Jahresantheil als die Schuldenkasse.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (160.) Sitzung des Reichstags, welcher die Staatssecretäre Freiherr von Maltzahn und Freiherr von Marschall . stand zunächst auf der Tages⸗ ordnung die Gesammtabstimmung über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Anwendung der vertrags— J auf Getreide, Holz und Wein.

g. Bebel beantragte, über den Gesetzentwurf nam ent⸗

lich abzustimmen; der Antrag wurde hinreichend r f,

Bei Schluß des Blattes dauerte die namentliche Abstim⸗ mung fort.

In der heutigen (8. Sitzung des Bauses der Abgeordneten, welcher , des Staats⸗Ministeriums, Reichskanzler Graf von Caprivi, der Vice⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher und der Minister ber geistlichen 2c. Angelegenheiten Graf von Zedlitz beiwohnten, wurde die erste Berathung des Entwurfs eines Volksschulgesetzes fortgesetzt.

Abg. Dr. Virch ow (dfr. erklaͤrte, daß die freisinnige Partei, nachdem die Stellungnahme des Centrums und der Conserva⸗ tiven jetzt deutlich vor Augen liege, das Centrum schon weiter⸗ . Wünsche formulire und der Dauer der . Conservativen nicht zu trauen sei, da sie in Herrn Stöcker einen Verführer hätten, ihre Hoffnung auf , der Vorlage nach liberaler Richtung hin aufgegeben habe. Der Commissionsberathung wolle sich seine Partei aller⸗ dings nicht entziehen. Die Vorlage überrage alle anderen Gesetze der letzten Jahre an politischer Bedeutung. Der Cultus⸗Minister wolle die Confession an die Stelle der Re⸗ ligion setzen, aber noch nie sei ein Staatswesen auf zwei Confessionen ö ebaut worden. Die theokratischen Perioden ö die Menschheit immer zurückgebracht, wie der Kirchen⸗ taat beweise, der das schlechteste Staatswesen gewesen sei. Bei der Synodalordnung hätte er sich in Fühlung mit Herrn Miquel befunden, aber Herr Miquel habe sich doch mit offenen Augen ins Verderben gestürzt. Herr Fall habe auch keinen Dank bei den Geistlichen geerntet. Jetzt seien beide Kirchen einig; aber wenn das Gesetz fertig sei, werde es bald donnern, und man werde dann die confessionelle Schulinspection und schließlich die Wiederherstellung der katholischen Abtheilung im Eultüs⸗Ministerium fordern. Redner . : daß die Vorlage ih mit den Windthorst schen Anträgen bis auf einige 53 decke. Die staatlichen Behörden würden gegen die kirchlichen nichts ausrichten können. Ein Wiener Gelehrter schreibe ihm, man befürchte in Oesterreich, daß die

fuͤhrte dann aus,

Annahme des Gesetzes in Preußen auch in Oesterreich eine Aenderung der Schulgesetzgebung herbeiführen werde. Eine von Geistlichen erzogene Generation werde bald alles Gefühl für das Deutschthum verlieren. Moral und Religion seien nicht durchaus dieselben Dinge. Die nassauischen nr ie! beruhten auf der allgemeinen menschlichen Moral. Die Kinder dürften in der Schule nicht völlig nach dogmatischen Gesichtspunkten be⸗ handelt werden. Die Schule sei nicht ein Kind der Kirche, die Volksschule sei ein Kind der Gemeinde. Das Berliner Schul⸗ wesen sei musterhaft. Alle bisherige bewährte Organisation werde durch die Vorlage vernichtet. Es werde sich jetzt zeigen, ob unser Staat sich auf einer doppelten religiösen Grundlage, 29. , Dogmen aufbauen oder ob eine freiere Richtung elten solle.

? Präsident des Staats⸗Ministeriums, Reichskanzler Graf von Caprivi führte aus, daß gerade in unserem Staate mit seinen beiden Confessionen und seinem paritätischen Charakter die Gefahr eines theokratischen Systems nicht vorliege. Wenn auch diesen Verhandlungen selbst im Auslande Auf⸗ merksamkeit geschenkt werde, so würde er sich doch scheuen, Urtheile eines Ausländers hier zu citiren, denn im Auslande . niemand im Stande, diese Frage richtig zu beurtheilen; azu sei nicht nur ein eingehendes Studium der Vorlage, sondern auch der ganzen Entwicklung des geltenden Rechts nöthig. Einen Zeugen des Auslandes könne er also nicht als klassisch ansehen. Wenn der Strom sich gegen die Vorlage richte, so werde die gegenwärtige Regierung auch hier wiederum zeigen, daß sie, wenn nöthig, auch gegen den Strom schwimmen könne. Wolle man Religion, so müsse man auch die Confessionsschule wollen. Ueberrascht habe ihn der gestrige Vorwurf, daß die Regierung mit dieser Vorlage allen Liberalen den Krieg erklärt habe. Bei der Vor⸗ bereitung der Vorlage hätte die Regierung doch noch garnicht wissen können, mit Hilfe welcher Parteien sie dieselbe durch⸗ bringen werde, und daß man eine große liberale Partei grün⸗ den wolle. Die Regierung wünsche mit den Parteien in Frieden zu leben, aber die Proclamirung der neuen liberalen Partei in Verbindung mit den auf eine feindselige Stimmung hindeutenden Angriffen der nationalliberalen Presse gegen die Regierung bedeute eine Kriegserklärung von der anderen Seite. Es sei aber fraglich, ob die nationalliberale Partei bei ihrem jetzigen Standpunkte beharren werde; dieselbe sei national und liberal. National zu sein, sei heute nicht mehr charakteristisch für eine Partei in Deutschland, da es alle seien, und deshalb betone nun die Partei stärker ihren Liberalismus. Die Besorgnisse vor weiteren Concessionen an das Centrum seien unbegründet. Wie die verbündeten Regierungen im Reich sich zur Jesuitenfrage stellen würden, könne er zwar nicht sagen, aber er glaube sich nicht zu irren, wenn er annehme, daß die . Regierung der Zulassung der Jesuiten nicht zustimmen werde. Es handele sich heute nicht um katholisch und evangelisch, sondern um christlich und atheistisch. Eine atheistische Weltanschauung greife immer mehr um sich, wenn er auch hier niemandem den Vorwurf des Atheismus machen könne. Deshalb müsse Religion gelehrt werden, und das sei nicht möglich ohne Confession. Conflicte zwischen Lehrern und Geistlichen herbeizuführen, liege der Regierung durchaus fern. Sie wolle Frieden und bitte, objectiv zu prüfen, es aber nicht zu einer Agitation kommen zu lassen, welche die Massen aufrege, die wirklich nicht fähig seien, über diese Frage zu urtheilen. Er hoffe, daß es dann zum religiösen Frieden kommen werde.

Abg. Rintelen (Centr) legte den Standpunkt der Centrumspartei zu einzelnen Bestimmungen des Entwurfs dar, und meinte, daß jetzt oder nie der Kampf gegen den Unglauben durchgeführt werden müsse, denn gerade jetzt seien die Chancen für einen Sieg der Kirche günstig,

Abg. Freiherr von Zedlitz (freicons) sprach von seinem christlichen Standpunkte aus gegen die Vorlage und erklärte, daß die freiconservative Partei dieselbe ablehnen werde, wenn sie nicht verändert würde.

Der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Graf von Zedlitz bezeichnete es als seinen Hauptzweck, daß die Schule von christlichem Geist durchdrungen sei. Eine Erregung uͤber diese Vorlage sei allerdings im Lande zu erkennen, aber er freue sich derselben, da sie inmitten unserer von materiellen Interessen erdrückten Zeit erkennen lasse, daß auch noch ideale Gesichtspunkte im Volke vorhanden seien. Er habe die größte Hochachtung vor dem, was Berlin für sein Schul⸗ wesen gethan habe, und er sei überhaupt kein Gegner einer communalen und freiheitlichen Entwickelung. Er wolle die Schule nicht in ein polizeiliches Schnürleib ngen die Freiheit der Verfassung und die Selbständigkeit des Denkens werden durch die Vorlage nicht beeinträchtigt.

ö Bei Schluß des Blattes nahm Abg. Dr. Porsch das Wort.

In der Reichstags-Commission zur Vorberathung des Gesetzentwurfs über die Berufsvereine ist § 1 in folgender von den Abgg. Hitze und Dr. Lieber Centrum) beantragten nn angenommen worden: „Vereine, welche die, Förderung der Berufs⸗ interessen und die Unterstützung ihrer Mitglieder bezwecken, erlangen Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vexeinsregister des⸗ jenigen Amtsgerichts, in dessen Bezirk sie ihren Sitz haben. Als Sitz des Vereins gilt, wenn nicht ein anderes, erhellt, der Ork, an welchem die Verwaltung geführt wird. Die Eintragung eines Berufsvereins in das , darf nur erfolgen, wenn die Zahl der Mitglieder mindestens sieben beträgt. Diese Fassung wurde, wie in der Besprechung hervorgehoben wurde, gewählt, weil sie in ,,, mit den entsprechenden Beschlüssen der Com⸗ mission für das Bürgerliche Gesetzbuch.

Die Budget-Commission des Reichstags schritt estern zur Berathung der dauernden Ausgaben det ordentlichen . litär Etats und beschäftigte sich mit dem Gehalt für den Kriegs⸗Minist er. Hierzu , Resolution Richter angenommen: Die verbündeten Regietungen ju ersuchen: 1) dem Reichstag einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher diejenigen Fälle regelt und näher beben lt in denen die Civilverwaltungen berechtigt sind, die dauernde Gestattung von militärischen Wachtposten zu polizeilichen Sicherheitszwecken zu ö 2) auf eine . Einschränkung der ö insbesondere in verkehrsreichen Gegenden, n . 3) eine den veränderten Verhältnissen ent⸗ sprechende Revision der Bestimmungen über den Gebrauch von Schießwaffen seitens der Militärposten herbeizuführen.

Dem Herrenhause ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Aufhebung älterer in der Provinz Hessen⸗Nassau geltender gesetzlicher Bestim mungen über die Unterfuchung des Schlachtviehs und die Ausstellung von Vieh-Gesundheitsscheinen, zu⸗ gegangen.