1892 / 29 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 02 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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Sachsen.

Dresden, 1. Februar. Die Zweite Kammer verwies nach dem Berichte des Dr. J.“ in ihrer heutigen Sitzung den Nachtrag zu demordentlichen Staatshaushalts⸗Etat auf die Jahre 1890,91 (Beihilfen an Gemeinden, die durch Wasser geschadigt worden sind u. s. w. nach kurzer Debatte, in welcher sich durchgängig Einverständniß mit den gestellten Forderungen zeigte und nür einzelne weitergehende Wünsche ausgesprochen wurden, an die Finanz-Deputation A und erledigte sodann den Gesetzentwurf wegen Abänderung des Brand⸗ versicherungsgesetzes vom 25. August 1876 durch Annahme der Anträge der Gesetzgebungsdeputation, die in allen Hauptpunkten auf Annahme der Regierungsvorlage hinausliefen, über diese aber insoweit hinausgingen, als die von den Versicherungsanstalten an die Gemeinden und Fabrike⸗ besitzer, welche Feuerwehren halten, zu zahlenden Beiträge zu den Feuerlöscheinrichtungen, soweit diese zur Zeit die Höhe von J Proc. der Versicherungsbeiträge überschreiten, um 1 bis 2 Proc. erhöht werden sollen.

Württemberg.

Stuttgart, 1. Februar. Bei der am Sonnabend Abend um R Uhr erfolgten Rückkehr Ihrer Majestäten des Königs und der Königin von der Reise nach Berlin und Weimar war auf dem Bahnhof jeder Empfang verbeten, und so er— warteten nur die dienstthuenden Herren des Königlichen Hof— staates die Majestäten auf dem Perron. Dagegen harrten, wie der „St-A. f. W.“ meldet, in der Bahnhofhalle hunderte von Personen, die in Hochrufe ausbrachen, als sie Ihrer Maßestäten ansichtig wurden, und das Hoch pflanzte sich auf die Straße vor dem Bahnhofe fort, wo sich wohl gegen zweitausend Personen angesammelt hatten. Ihre Majestäten dankten freundlich für den Empfang und fuhren sofort nach dem Wilhelmspalast.

Die von einigen Blättern verbreitete Nachricht, der Minsisterrath habe sich kürzlich mit der Frage der Zu— laffung der Männer-Orden in Württem berg be— schäftigt, ist nach dem „St.⸗A. f. W.“ eine durchaus un— begründete Erfindung.

Mecklenburg⸗Schwerin.

Schwerin, 1. Februar. Einer den „Meckl. Nachx.“ aus Eannes zugegangenen Mittheilung zufolge ist das Be— finden Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs nach wie vor ein befriedigendes.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Gotha, 1. Februar. Der Landtag für das Herzog—⸗ thum Gotha wurde, wie die „Goth. Ztg.“ berichtet, heute Vormittag durch den Präsidenten Berlet eröffnet. An Vor— lagen find eingegangen: 1) ein Gesetzentwurf, betreffend Ein⸗ führung einer Gebäudesteu er und Postulat von 18000 66 zur Gatastrirung und Veranlagung, dieser Steuer; 3 die Abänderung einiger Theile des Volks⸗ schulgesetzes. Diese betreffen die Dauer der Schulpflicht, Ausbildung der Lehrer und Feststellung des Dienstalters, An— stellung von Lehrerinnen, Besoldung der Lehrer und Rectoren, Bestreitung der Kosten; 3) die Uebernahme der durch das Rolksschulgesetz veranlagten Mehrkosten auf die Staatskasfe. Die Staatskasse kann diese Lasten übernehmen, da sie für das ablaufende Jahr W 462 6 Ueberschuß aufzu⸗ weisen hat. Die Mehrausgaben belaufen sich auf: 1) für Aufbesserung der Lehrergehälter 74 30 S; 2) ferner fũr die Besoldung der Lehrerinnen 8340 S6; 3) zur Er— höhung der Directorengehälter 1500 M6 jährlich. Für Wittwen⸗ kassenbeiträge sind 1492 6 mehr einzusetzen, und ferner ist eine Erhöhung der Pensionen in Aussicht zu nehmen. Dagegen fommt der mit 198000 6 in den Reservefonds eingestellte Dispositionsbetrag für Verbesserungen der Gehälter in Ab⸗ gang. Die Gesammtausgahe beläuft sich demnach auf eirca 72 050 S jährlich vom J. April 1892 ab. In Bezug auf die Steuerreform wies der Staats⸗Minister Strenge darauf hin, daß sie sich auf dem Wege befinde, den der Landtag vorge— schlagen habe. Die Reform der directen Steuer werde sich auch im Herzogthum nicht aufschieben lassen, und die Regierung werde darauf eingehen. Der vorliegende Gesetzentwurf über die Gebäudesteuer enthalte die unbedingt nöthigen Vorbedingungen. Die Finanzlage bedinge diese Steuer nicht, die daher auch im Laufe der gegenwärtigen Finanzperiode nicht in Kraft treten werde. Wie sich die Finanzen nach den neueren Steuergesetzen stellen würden, sei jetzt noch nicht zu sagen; er hoffe aber, daß sie nicht wesentlich gestört werden würden. Tie Steuerreform müsse eine planmäßige Entlastung der Ge— meinden ermöglichen. Der vorgelegte Gesetzentwurf wolle eine gerechte Vertheilung der Lasten bringen, sein Ertrag solle den Gemeinden zu gute kommen. Die Gemeinde⸗Besteuerung sei unbedingt zuerst in Angriff zu nehmen. Auch nach dieser Richtung sei der Gesetzentwurf von Wichtigkeit und präjudi— cierlich.

Deutsche Colonien.

Vom 1. Juli bis 30. September wurden aus dem Kamerun-Gebiet Waaren im Werthe von 1185608 6 gegen 1 169 241 6 im Vorquartal) ausgeführt, und zwar nmentlich Palmöl, Palmkerne, Gummi⸗Elasticum, Elfenbein, Kokosnüsse, Ebenholz, Cacao und Gummikopal. Eingeführt wurden Waaren im Betrage von 1104236 1M (gegen 12321106 im Vorquartal); unter diesen heben wir hervor Rum und Genever, Pulver, Salz, Feuerwaffen, Taback, Bier, Wein, Baumwollwaaren, Droguen, Eisen und Eisenwaaren, Glas⸗ waaren, Bau⸗ und Nutzholz, Holzwaaren, Kleider und Putz waaren, Leder und Lederwaaren, Leinen und Seilerwaaren, Materialwaaren und Verzehrungsgegenstände, Seife und Par— fümerien, Steinkohlen, Zinn und Zinkwaaren, Möbel, Haus haltungsgegenstände, Schiffsinventar und Munition.

Nach Kaiser⸗Wilhelms-Land und dem Bismarck⸗ Archipel (Neu⸗Guinea) betrug die Einfuhr im Jahre 1889: 423 847 S, 1890: 491 442 M und 1891: 1017 022 6

Die Brutto-Einnah me der Zollverwaltung in Ost⸗ Afrika betrug im Oktober 1891: S 941 S Wie das Colonialblatt“ mittheilt, hat . von Wissmann am 19. Dezember eine mehrwöchige Erholungsreise nach Ober⸗ Egypten angetreten. Der Lieutenant Herrmann ist zum Stations⸗Chef von Bukoba. (Victoria⸗Seec) ernannt. Von dem Gouverneur von Ost⸗Afrika ist mit der Firma Schülke und Mayer ein Postvertrag abgeschlossen worden, wonach sich diese verpflichtet, monatlich eine regelmäßige Post nach sämmtlichen Stationen des Innern abgehen zu lassen. Dem Lieutenant Herrmann ist von dem Gouverneur für die Expe⸗ dition nach Bukoba und für seine Thätigkeit daselbst folgende

Instruction in Bezug auf sein Verhalten gegenüber den Ein⸗ geborenen gegeben worden: . Schon durch die Geringfügigkeit der zu Gebote stehenden veeu— niären und milikärischen Mittel ist die Rolle, welche Sie den Ein⸗ geborenen gegenüber zu spielen haben, bis zu einem gewissen Grade vorgezeichnet; sie ist nothgedrungen . mehr eine diplomatisch⸗ permittelnde als eine militärisch-dictatorische. Demgemäß empfiehlt es fich, niemals mehr zu verlangen, als nach Maßgabe der ver— fügbaren Kräfte nöthigenfalls auch wirklich erzwungen werden kann, und durch perfönliche Langmuth, Schonung berechtigter Eigenthümlichkeiten und sonstiges Entgegenkommen Verwicke= lungen fernzuhalten. Im übrigen scheint nach den aus Bukoba und Muanza vorliegenden Berichten das Verhältniß zu den dortigen Einwohnern zur Zeit ein derart freundschaftliches, daß au in Zukunft Verwickelungen sehr leicht zu vermeiden sein dürften; ic kann Euer Hochwohlgeboren nur empfehlen, in dieser Beziehung die von Ihrem Vorgänger, Herrn Premier-Lieutenant Langheld, beobachtete friedliche Politik auch in Zukunft weiter zu befolgen und hiervon nur aus ganz besonderen Gründen und bei unbedingter Sicherheit des Erfolges abzuweichen, denn eine nennenswerthe Erhöhung der dortigen Besatzung kann ich in absehbarer Zeit kaum zusichern; jedenfalls wären etwa dahin gehende Wünsche, um Ausficht auf Erfüllung zu haben, auf das allernothwendigste und unentbehrlichste zu beschränken. Zunächst dürfen Euer Hochwohl⸗ geboren somit Ihre Aufgabe als erfüllt betrachten, wenn es Ihnen gelingen follte, alle militärischen und politischen Verwickelungen zu vermeiden oder doch auf einen geeigneteren Zeitpunkt zu vertagen und dabei unfer bisheriges Prestige fowohl auf dem See als auch in den benachbarten Landschaften aufrecht zu erhalten und insbesondere die Beziehungen des Handels nach unserer Küste zu fördern, In diesem Sinne sind auch die Ihnen unterstehenden Stationsvorsteher zu in⸗ sfruiren und insbesondere vor aller voreiligen und unnöthigen Einmischung in die uns und unferen Interessen nicht unmittelbar berührenden An⸗ gelegenheiten Eingeborener zu warnen. Inwieweit eine Einmischung in die dortigen Sklavereiverhältnisse mit den obigen Gesichtspunkten vereinbar ist, muß ich Ihrem vorsichtigen Ermessen anheimstellen; über diese fowie auch Über den dortigen Handel im allgemeinen, zumal soweit er für die hiesige Ausfuhr in Betracht kommt, sehe ich feiner Zeit einer eingehenden Berichterstattung mit großem Interesse entgegen. Ueber eine Regierungsschule in Kamerun bringt das „Colonialblatt“ folgenden Bericht des Lehrers Betz. Die Zahl der Schüler beträgt 72, die der Klassen 4. Unterricht wird ertheilt Vormittags von 8 bis 195 bezw. 11 (J. und 11. Klasse) und Nachmittags von 2 bis 5 Uhr (III. und IV. Klasse, je 13 Stunden). Während des obigen Zeitraums wurde in den einzelnen Klassen Folgendes behandelt: . J. IOberste) Klafse: sechs Schüler. Bibl. Geschichte: Von Joseph in Eghpten bis David und Absalom nach der, Calwer Bibl. Gefchichte, im Ganzen 13 Stücke. Rechnen: Mischungs— rechnungen, Repetition der Brüche, Schlußrechnungen und leichtere Procentrechnungen. Lesen: Lesebuchstücke aus dem in Württemberg eingeführten J. Lesebuch, im ganzen 33 Stücke. (Im Schuldiarium die einzelnen aufgeführt. Aufsatz: Duala⸗ und deutsche Aufsätze, im ganzen neun Auffätze, davon fünf ins Heft geschrieben, die anderen nur auf die Tafel und insbesondere zu Sprech⸗ übungen benutzt. Deutsch: Conjugationen. Verwandlungen der Zeiten. Schreiben: Dictate aus Lesebuchstücken, Schön⸗ schreiben: Lesebuchstücke in deutscher und lateinischer Schrift. Realien: Naturkunde; als Stoff dienten die behandelten Lesebuch— stücke. Der Mensch. Heimathkunde: Mit Kamerun erst be⸗ gonnen. Singen: Tonleiter, Treffübungen, Einübung der Noten, Fanon, Auf, ihr Brüder. Großer Gott, wir loben“, „Droben stebet die Kapelle“, Stille Nacht' 2c. alle Lieder zwei⸗, bezw. drei⸗ stimmig. Turnen: Wendungen, Marsch, Lauf, Stabgriffe, Schach⸗ stellung, Barren und Reckübungen. If Klaffe: 12 Schüler. Bibl. Geschichte: Dasselbe wie J. Klasse. Rechnen: Das kleine Einmaleins; das große Einmaleins; Multivliciren mit ein- bis dreistelligen Zahlen; Dividiren mit ein⸗ bis drei gem Divisor. Lesen? Dualastücke von Nr. 35 bis ter Lesebuchstũcke gemeinsam mit J. Klasse. Aufsatz: ig wurden Fragen über gelesene Lesebuchstücke gestellt, Schülern auf Duala auf der Tafel be⸗ antwortet wurden. sch: Declination und Conjugation. Aus den Wörterheften wurden Dualawörter auf Deutsch gelernt und deutsche Sätze darüber gebildet. Schreiben: Dictate aus der Duala⸗ Fibel; Abschreiben von Lesebuchstücken. Schönschreiben:

Nr. 46. 9 Ile 9. 7s arm Err Als Au 1a hu 1138 die von

Kleines und großes lateinisches Alphabet. Realien: Die II. Classe war nehr als Zuhörer wie als eigentlicher Theilnehmer bei dem in diesem Lehrzweige bei der J. Classe Vorgekommenen betheiligt. Singen: Dasfelbe wie J. Classe. Turnen: Gemeinsam mit der J. Classe.

III. Klas se: 24 Schüler (4 Mädchen). Lesen: Duala⸗Fibel von Nr. 10 bis Nr. 46. Rechnen: Subtraction mit siebenstelligen Zahlen; das kleine Einmaleins; Multiplication mit zweistelligem Multiplicator. Deut sch: Wörter aus den Wörterheften?; Con⸗ jugation von „haben“ begonnen; Bilden einfacher deutscher Sätze mit baben.. Schreiben: Abschreiben aus der Duala⸗Fibel; Dictate aus derselben. Schönschreiben: kleines deutsches Alphabet; das große begonnen. Singen: Tonleiter; Repetition der gelernten Duala⸗Lieder; neu: Moto a nimete* („Der Schiffer stößt )), „Ich hab' mich ergeben“, Sesa so Loba (Lobe den Herren‘), „Bulu ba pie (Stille Nacht. Anschauungsunterricht konnte bisher vom Lehrer wegen Unkenntniß der Sprache nicht gegeben werden, da m auch bei dieser und der folgenden (IV.) Klasse kein Schüler als olmetscher zur Verfügung stand, und diese beiden Klassen verstehen Duala.

IV. Klasse: 30 Schüler (7 Mädchen): Lesen und Schreiben: Das kleine lateinische Alphabet vollständig; vom großen 11 Buch— staben; Bilden von Wörtern und kleinen Satzen. Rechnen: Addiren und Subtrahiren innerhalb 1009. Singen: Tonleiter auf die Silbe: la“; Lieder: Na ta na bene dikom- (.Ich hatt' einen Kame⸗ raden); Loba lo ongise Kaiser asu Wilhelm (Heil unserem Kaiser, Heil), „Son a Loba“ (. Das walte Gott‘), „Loba le o mony mon y (. Aus dem Himmel ferne“).

Bemerkungen: Während der ersten Zeit des Hierseins des Lehrers war die. Zahl der Schüler nicht vollständig, da verschiedene nach der Abreise des Herrn Christaller n,, und erst nach und nach zurückkehrten. Hier und da mußten die Schüler während der Schulzeit Gartenarbeit verrichten. (Der Oberlehrer Christaller kehrt Anfang d. M. von seinem Urlaube nach Kamerun zurüch. .

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Grosꝛbritannien und Irland.

Die Königin erfreut sich nach englischen Blättermeldungen fortgesetzt guter Gesundheit. Ihre Majestät wird, soweit bis jetzt bestimmt ist, bis zum 27. Februar in Dsborne bleiben und dann nach Windsor übersiedeln. Mitte März soll dann die Reise nach Hyèäres angetreten werden.

Die Prinzessin von Wales, Prinz George und die Prinzessinnen Victoria und Maud werden sich zu ihrer Erholung nicht nach Cannes begeben, wie es ursprünglich hieß, sondern nach St. Raphael, wo die hohen Herrschaften in der Nähe der Küste eine Villa für die Zeit von sechs Wochen ge—⸗ miethet haben. Vor einigen Tagen haben sich der Prinz und die an von Wales nach Eastbourne begeben, wo sie bis zur Abreise der Prinzessin nach Süd-Frankreich als Gäste des

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Prinz Christian zu Schleswig⸗Holstein hat sich von dem Unfall, welcher ihm vor einiger Zeit auf der Jagd zustieß, indem er einen Streifschuß in das Auge erhielt, jetzt völlig erholt. Am Donnerstag v. W siedelte das Prinzliche Paar nach Cumberland Lodge im Schloßpark von Windsor über.

Das Ergebniß der neulichen Ersaßwahl in Rossen⸗ dale, dem früheren Wahlkreise des Führers der liberalen Unionisten, des Marquis von Haxtington, zu Gunsten der Gladstonianer, steht noch immer im Vordergrunde des politischen Interesses. Auch die conservativen Wochenblätter „Saturday Re⸗ view“ und „Spectator“ können nicht umhin, ein ernstes Anzeichen für die Stimmung der Wähler in dem Ergebniß zu sehen. Das letztgenannte Blatt hält es sogar für nicht unwahrscheinlich, daß noch andere Wahlkreise dem Beispiele Rossendale's bald folgen würden. Bei den Liberalen ist das stürmische Verlangen nach sofortiger Auflösung des Parlaments, welches sich unter dem Jubel über den Sieg von Rossendale geltend machte, mittlerweile kühleren Erwägungen gewichen. Besonnene Liberale halten es gar nicht für möglich, eine Auflösung zu erzwingen.

Wie der „Standard“ erfährt, würde der Erste Lord des Schatzamts Balfour gleich nach dem Zusammentritt des Parlaments im Unterhause einen Entwurf zur Aenderung der irischen Localverwaltung einbringen.

Gladstone hat wegen der noch immer in England herrschenden Influenza seine Rückkehr aus Biarritz um einige Wochen verschoben.

Der Minister für Landwirthschaft Chaplin er— öffnete am Freitag in Ely die erste der Conferenzen land⸗ wirthschaftlicher Arbeiter, welche als Gegengewicht gegen die kürzlich in London abgehaltene Farmerconferenz der Liberalen dienen sollen. Der „A. C.“ wird über den Verlauf der Conferenz berichtet:

Von den 242 Delegirten der Grafschaften Norfolk, Suffolk, Lincolnshire, Cambridgeshire und Huntingdonshire waren 126 wirklich sändliche Arbeiter, die übrigen meistens kleine Stellenbesitzer. Der Minister Chaplin stellte in seiner Eröffnungsrede als Thema der Be⸗ ratkungen die Frage hin: wie nach der Ansicht der Anwesenden der Roth der englischen Landwirthschaft abzuhelfen sei, oder wie sie wenigstens gemildert werden könne. Der englische Farmer könne kaum mit dem Aus⸗ kande concurriren; dauere aber der Strom des Zuzugs vom Lande in die Städte fort, fo würden die Schwierigkeiten geradezu unbe⸗ siegbar sein. Was könne den landwirthschaftlichen Arbeiter auf dem Lande zurückhalten? Welche ländlichen Reformen ließen sich ein⸗ führen? Zum Schluß versprach der Minister, der Regierung die ge⸗ äußerten Vorschläge mittheilen zu wollen. Dann begannen die eigent⸗ lichen Verhandlungen mit der Berathung über Kleinstellen und Land zur eigenen Bebauung des Arbeiters. Die meisten Delegirten waren der Meinung, daß der Arbeiter noch immer zu wenig Land für die eigene Benutzung erhielte, obwohl der Landeigenthümer nicht zur Abtretung von Grund und Boden gezwungen werden olle. Zur Beschlußfassung über diesen Punkt kam es nicht. Dann gelangtẽ die geplante Landgemeindeordnung mit ihren Kreis- und Dorfaͤmtern zur Sprache. Hierbei gingen die Ansichten weit ausein⸗ ander: die Einen waren dafür, die Anderen dagegen. Bezüglich der Wohnungen der Arbeiter auf dem flachen Lande wurde anerkannt, daß diese zwar äußerlich nicht sehr ansehnlich, aber doch weit besser feien als die meisten städtischen Arbeiterwohnungen. Schließlich gab der Minister ein Resumé der Berathungen. Er erklärte, die Conservativen hätten nichts gegen Kreisämter; was das Land zu eigener Bebauung betreffe, so sei es am besten, wenn der Arbeiter sich mit seinem Gutsherrn einigte. Dagegen wolle die Regierung eine Bill über Kleinstellen einbringen, damit die Kluft zwischen Farmer und Arbeiter überbrückt würde. Was die Altersversicherung betreffe, so sei es am gerathensten, dabei so wenig wie möglich die Hilfe des Staats in Anspruch zu nehmen. Das englische Arbeiterhaus, wie es jetzt wäre, sei allerdings wohl nicht der geeignete Ruhehafen für alte und schwache Arbeiter.

In Blackwall lief am 31. v. M. der neue britische Kreuzer „Grafton“ vom Stapel. Die Taufe vollzog die Gemahlin des Marine-Ministers, Lady George Hamilton. Der „Grafton“ ist ein doppelschraubiges „Barbette“⸗Schiff. Die Maschinen haben 11 000Pferdekräfte, die Fahrgeschwindigkeit soll 20 Knoten stündlich sein; die Baukosten haben 750 000 Pfd. Sterl. betragen. Der Bau der „Empreß of India“, des einen der acht Schlachtschiffe erster Klasse, welche nach dem Flotten⸗ vergrößerungsplan herzustellen sind, nähert sich der Vollendung. Dicse Schiffe sollen 14000 t Wasserverdrängung haben und 1716 Knoten in der Stunde zurücklegen. Vier von den acht Schiffen werden auf Privatwerften gebaut, die übrigen vier auf den Staatsschiffsbauhöfen.

Wie die „A. C.“ erfährt, haben die Verhandlungen, welche in Kalkutta und Darjeeling seit langer Zeit zwischen den Vertretern Indiens und Chinas über die Frage stattfinden, inwieweit Thibet dem britischen Handel eröffnet werden soll, nunmehr ihren Abschluß gefunden. Die Vertragsurkunde wird jetzt nach Lhassa, der Hauptstadt von Thibet, gebracht, damit die dortigen Machthaber sie genehmigen. In dem Vertrage sind nicht nur Bestimmungen uͤber Handel und Zölle getroffen, sondern auch über das Weiderecht auf beiden Seiten der Grenze zwischen Sikkim und Thibet; der letztere Punkt soll ö meisten Schwierigkeiten bei den Verhandlungen verursacht

aben.

Frankreich.

Die am Sonntag von dem spanischen Botschafter Herzog von Mandas dem Minister des Auswärtigen Ribot über⸗ reichte Note (siehe die gestrige Nil. des ‚R⸗ u. St⸗A.“ giebt, wie „W. T. B.“ berichtet, eine geschichtliche Darstellung der französssch-⸗spanischen Handelsvertragsverhandlungen und schließt mit dem Wunsche, daß eine Verständigung zu stande kommen möge.

i Deputirte Mahy hat an den Minister des Aus⸗ wärtigen Ribot ein Schreiben gerichtet, in welchem er an⸗ fragt, ob es wahr sei, daß die Regierung von Mada⸗ gascar einer englischen Gesellschaft ausgedehnten Grundbesitz auf der Insel überlassen habe. Der Minister Ribot erneuerte in seiner Antwort auf dieses Schreiben die am 27. Oktober in der Deputirtenkammer abgegebenen Er⸗ klärungen, worin er versicherte, daß die französische Regierung sich weigern würde, derartige Concessionen anzuerkennen.

Ueber die in diesem Jahre stattfindenden Manöver sind nach dem „Journal des Debats“ folgende Bestimmungen getroffen worden: Im August werden die 15. 16, 17. und 18. Kavallerie⸗Brigade während der Dauer von 12 Tagen gemein⸗ same Uebungen abhalten, an denen je eine reitende Abtheilung der 17. und 18. Artillerie Brigade Theil nehmen wird. Im September werden das 9. und XII. Armer Corps gegen einander manövriren. Beide Corps werden durch eine aus 4 gemischten Regimentern bestehende Division verstärkt, von denen die für das IX. Corps be⸗ stimmte in der 5. Region, die für das XII. Corps bestimmte

Herzogs von Devonshire in dessen Wohnung Compton Place

weilen werden.

im Bereich der 17. Region einberufen werden wird.

lichen Unter richt bestimmten Gelder nicht zweckentsprechend

Divisionsübungen finden bei dem III, IV., XI. und XVI. Armee⸗Corps statt. Die Zeit der Corpsmanöver ist auf

20, die der Divisionsmanõver auf 14 Tage angesetzt.

Rußland und Polen.

Der Kronprinz von Schweden und Norwegen dinirte, wie dem W. T. B. aus St. Petersburg gemeldet wird, gestern nach der Rückkehr von seinem Jagdausfluge bei der Großfürstin Katharina Michgilowna. Das Souper nahm der Kronprinz bei dem Prinzen Alexander von Oldenburg ein.

Zum Director des Eisenbahn-Departements im Wegebau⸗Ministerium ist der Köln. Itg.“ zufolge der General⸗ Lieutenant Petrow ernannt worden. Das Tarifwesen der Kroneisenbahnen und der Privateisenbahnen soll, wie W. T. B.“ vernimmt, nach dem jetzt erfvlgten Rücktritt des Ministers von Hübbenet an das Finanz-Ministerium übergehen.

ur Organisation der oͤffen tlic en Arbeiten in den Nothstandsbezirken wird sich der General-Lieutenant Annenkow, wie die „St. Pet. Ztg.“ erfährt, binnen kurzem in das Innere des Reichs begeben. Sein Gehilfe, der Wirk— liche Staatsrath Meschtscherinow, ist zur Organisation der Arbeiten in den Gouvernements Nowgorod, Nishni⸗Nowgorod und Kasan abcommandirt worden. Der dem General seitens des Domänen⸗Ministeriums zucommandirte Vice⸗ Inspector Tichonow begiebt sich ebenfalls nach Nishni⸗Nowgorod. Im Kasanschen Gouvernement werden die Arbeiten durch die strenge Kälte sehr behindert, während die Leute sich zu den Arbeiten drängen und die Lebensmittelpreise stark steigen. Am 28. . M. hat man begonnen, von der Transkaspi⸗Bahn bestellte Holzschwellen und Pfosten fertig zu stellen. Gegen 1259 Bauern mit 650 Pferden haben trotz der starken Fröste

standgehalten. Italien.

Die italienische Kammer hat gestern die Berathung des Gesetzentwurfs zum Schutze der Kunstgalerien begonnen. Der Deputirte Mariotti hatte dazu eine Interpellation an den Unterrichts-Minister eingebracht, worin er über die Gründe für die Beschlagnahme der Galerie Sciarra (vergl. unten) Auskunft zu erhalten wünschte. Der Minister erwiderte dem W. T. B.“ zufolge: Er und der General⸗ Staatsanwalt seien der Ansicht, die Galerie Sciarra gehöre zu dem Familien ⸗Fideicommiß; er habe ungefähr eine Million für den Ankauf der Galerie geboten, die Verhandlungen seien jedoch resultatlos geblieben. Er habe . die Seguestrirung angeordnet, wobei sich herausgestellt habe, daß fünfzig der besten Kunstwerke fehlten. Hierdurch sei die Uebertretung des Edicts Paccag und die Verletzung des jetzt zu berathenden Ge⸗ setzes erwiesen. Wie, der „Diritto?ꝛ aus Rom mel— det, hat die. Prinzessin Sciarra gegen die Be— schlagnahme Einspruch erhoben, indem sie erklärte, daß die Galerie nicht zum Familien-Fideicommiß gehöre. Die fehlenden Gemälde seien schon zu der Zeit als die Eom— mission der Kammer das Gesetz wegen des Schutzes der Galerie berieth, beiseite geschafft worden. Die Deputirtenkammer hat noch in ihrer gestrigen Sitzung die ersten vier Artikel des Galeriegesetzes angenommen. Der Deputirte Damiani brachte eine Interpellation über die ostafrikanischen Angelegenheiten ein.

Einem Bericht der, Pol. Corr.“ aus Rom vom 30. v. M. entnehmen wir über die die Galerie Sciarra betreffende Angelegenheit noch Folgendes:

. Seit einigen Monaten processirte die italienische Ren ierung gegen den Fürsten Sciarra, der den Catalog seiner Galerie vorzulegen ver— weigerte, weil diese nicht Fideicommiß sei. Mehrmals verlangte der Unterrichts Minister persönslich die Galerie zu besichtigen. Die Mutter des Fürsten wies ihn ab und behauptete, die Schlüssel selen in den Händen ihres im Ausland befindlichen Sohnes. Am 35. v. M. ordnete das Ge— richt die provisorische Beschlagnahme der Galerie an. Am nächsten Tage eiter ic bei der Inventargusnahme, daß bon zweihundert zur Galerie gebörigen Kunstwerken dreißig der hervorragendsten fehlten, darunter Rafael's Violinspieler, Tizian s Bella‘ Earravaggio s „Spieler und eine berühmte griechische Vroncestatue. Man glaubt. Fürft Sciarra habe sie auf seinen beiden Auslandsreisen im verflofsenen Sommer nach England geflüchtet, trotz des Pacca⸗Edicts, das die Ausfuhrung alter. Kunstwerke verbietet. Es herrscht große Aufregung in der politischen Welt, da Fürst Sciarra Abgeordneter ist. Wie ver— sichert wird, ist der König sehr besorgt wegen der heimlichen Aus— führung der römischen Kunstschätze. Er hat das Ministerium er— sucht, möglichst bald alle Vorkehrungen gegen solche Eventualität zu treffen, und hat ferner den Wunsch zu erkennen gegeben, eventuell durch persönlichen Ankauf von Kunstwerken zur Bildung einer National⸗ Ig lerie beizutragen. Inzwischen ist auch der Unterrichts-Minister Pillari in der Kammer mit seinem Gesetzentwurf über die eaelung. der Frage der römischen Kunstschätze an die Def entlichkeit getreten und hat die Dringlichkeit der Berathung empfohlen. Nach diesem Geseßzentwurf (dessen Berathung, wie oben mitgetheilt in der Deputirtenkammer bereits begonnen hat) sollen sahrlich 00 909 Lire für die Anschaffung von Kunstwerken aus— 9. orfen werden. Es sind ferner Strafen vorgesehen worden für den k Verkauf von solchen Gegenständen. Schließlich werden Ver— , , i f e ieee lin

elch ) * ö ö . 19 9 Mejtte ne e n , leut n wollen, zugleich aber nicht die Mittel

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ö. Das Befinden des Papstes ist, nach einem Privat— clegramm der Germania“ aus Rom vom 1. Februar, seit . 64 Die ö und Prälaten werden S Heiligkeit wieder zu äßi Audi 2 9g zu den regelmäßigen Audienzen 8 Die Wahl des neuen Generals des Jesuiten— rdens wird laut Meldung des W. T. B. in R ̃ , W.. T. B. in Rom, im . Ken ö 1 er im suͤ amerikanischen Collegium, nicht . er d. J. stattfinden, da sich die Jesuiten, so lange Ne Schulen geöffnet sind, nicht zu Provinzial-Capiteln zur

e nming der Wähler des Orbens-Generals versammeln

ö Schweiz.

in Bern ist gestern das Schiedsgericht in Sachen

2 die Delagoa⸗Bai betreffenden , ., zu ö.

a en zusammengetreten, an der sämmtliche Mitglieder theil⸗

t . Das Schiedsgericht stellte endgültig die Bestimmungen

y einzuschlagende Proöceßverfahren fest, und die gefaßten üsse wurden sofort den Parteien übermittelt.

Ita kee Handelsvertragsunterhandlungen mit len sind, nachdem die Felegirten aus Rom und Bern

neue Instructi s j ꝗri j ö tructionen erhalten haben, gestern in Zürich wied aufgenommen worden. h 9 J ö

d Tůrkei. Dsche rr General⸗Gouverneur von Kreta, Mahmud 9 aleddin Pacha hat, der P. C. zufolge, kürzlich 2 Unterrichtsbehõrden der Insel ein Ri fh run en rlassen, worin er sich darüber beklagt, daß die für den öffent⸗

verwendet würden. Namentlich wünscht der General-Gou— verneur eine unparteiische . der beiden Haupt—⸗ elemente der Bevölkerung, des mohamedanischen und des christ⸗ lichen. Das Rundschreiben weist darauf hin, daß im Interesse der Hebung des öffentlichen Unterrichts auf Kreta einige Mächte in eine provisorische Erhöhung der Einfuhrgebühren ihrer Waaren eingewilligt hätten, und daß das Mehrertraͤgniß für den bezeichneten Zweck zu verwenden sei. Der General— Gouverneur fordert daher die maßgebenden Persöõnlichkeiten auf, in detaillirten Berichten an ihn die Bedürfniffe der Ge— meinden in Bezug auf das Schulwesen darzulegen. z Serbien. Belgrad. 1 Februar. Der bulgarische Emigrant Rizor . . , bis zu . . an . Abreise nach Rußland heute in iesi Fes in ternirt worden. ; ; JJ . . Bulgarien. Sofia, 1. Februar. Die bulgarische Note in d Angelegenheit Chadourne . 3 Patt il de dem französischen Vertreter Lanel mit geheilt worden. Dieser stattete heute dem Minister des Aeußern Grekow einen Besuch ab und erklärte den Zwisch en— fall nunmehr für geschlossen und die Beziehungen für wieder aufgenommen. Grekow und Lanel tauschten bei dieser , , . Versicherungen aus. egenüber dem in Belgrader Telegramm ; hobenen Widerspruch ch Nr. 20 des ** men fr vom 23. Januar) wird von authentischer Seite versichert, daß am Neujahrstage der serbische Minister des Auswärtigen thatsächlich dem diplomatischen Agenten Bulgariens einen Besuch abgestattet und die Glückwünfche des Königs, der Regentschaft und der serbischen Regierung für den Prinzen Ferdinand und die bul— garische Regieru ng ausgesprochen habe. Der Minister des Auswärtigen Grekow habe diese Glückwünsche durch den bul— ö K k 3 Namen des Prinzen Fer— nd und der bulgarischen Regierr it Ausdr 24 2 2 sch gierung mit dem Ausdrucke In der Nähe der türkischen Grenze bei Burgas fand ein Zu sammenstoß von Gendarmerie, die von Landleuten unterstützt war, mit der Bande eines bekannten, von den türkischen Behörden verfolgten Räuberanführers statt. Letzterer sowie zwei der Landleute wurden getödtet und zwei der Räuber gefangen genommen. j

Amerika. Nach einer in Paris eingegangenen telegraphischen Mel— dung aus Rio de Janeiro hat der , Krieg s-Minsister demissionirt und der Marine-Minister einstweilen dessen Ressort mitübernommen. ö Ueber Santiago, vom 29. Januar, wird der „Times“ ge— meldet, daß nach dort eingetroffenen Telegrammen aus Argentinien die Gerüchte 6. angebliche Truppenaufstände und blutige Zusammenstöße unbegründet seien.

Afrika. Aus Sansibar wird dem „Reuter's z Aus S a Reuter'schen Bureau“ ge— meldet, daß der britische General-Konsul am 1. Februar unker zustimmenden Kundgebungen der Bevölkerung den dortigen Hafen zum Freihafen für alle Waaren, ausgenommen Waffen und Munition, erklärt hat. .

Parlamentarische Nachrichten.

„Dem Herrenhause ist der nachstehende Gesetzentwurf über die äußere Heilighaltung der Sonn- und Fest— tage in den Provinzen Schleswig-Holstein, Han— nover und Hessen-Nassau, sowie in den Hohen— zollernschen Landen zugegangen: ö

ö Einziger Paragraph. ; e Ober⸗-Präsidenten und Regierungs⸗-Präsidenten sind ermächtigt über die äußere Heilighaltung der Sonn, und Festtage Polizei= verordnungen auf Grund des Gesetzes über die allgemeine Landes⸗ verwaltung vom 30. Juli 1883 zu erlassen. Mit dem Inkrafttreten dieser Polizeiverordnungen treten die in den bestehenden Gesetzen, landesherrlichen und sonstigen Verordnungen enthaltenen Vorschriften über die äußere Heilighaltung der Sonn- und Festtage außer Kraft. Die Begründung des Entwurfs lautet: Die Gewerbeordnungs-Novelle vom J. Juni 1891 regelt in den SS 195 bis 10651 die Beschäftigung gewerblicher Arbeiter an Sonn— und Festtagen, läßt aber im F 105 h die weitergehenden landesgesetz— lichen Beschränkungen der Arbeit an Sonn- und Festtagen unberührt. Diese reichsgesetzliche Regelung greift so tief in die gewerbliche Arbeit und insbesondere in den Handelsverkehr an Sonn- und Festtagen ein, daß die bestehen den Vorschriften über die äußere Heilighaltung der . und Festtage einer völligen Umarbeitung zu unterziehen sein verden. In den neun alten Provinzen bietet diese Umarbeitung wenigstens leine formellen Schwierigkeiten, da die Allerhöchste Cabinetsordre vom J. Februar 1837 (GesetzSamml. S. 19) den Erlaß von Verord—⸗ nungen über die äußere Heilighaltung der Sonn- und Festtage den Regierungen übertragen hat, an deren Stelle nach dem Landesver⸗ waltungsgesetz vom 30. Juli 1883 die Ober⸗Präsidenten und Re⸗ , . . getreten sind. In den drei neuen Provinzen estehen dagegen noch aus der Zeit vor ihrer Einverleibung in Preußen Gesetze oder landesherrliche Verordnungen, welche zum theil sehr weitgehende, wenn auch thatsächlich wenig gehand⸗ habte Beschränkungen des Sonntagsberkehrs enthalten. Es kommen hierbei namentlich in Betracht: I) für die Provinz Hannover die landesherrliche Verordnung vom 25. Januar 1822, die Feier der Sonn und Fest', auch Buß- und Bettage betreffend, 2) für die Provinz Schleswig⸗Holstein (exclusive Lauenburg) die landesherrliche Sabbathordnung vom 19. März 1840, 3) für den Kreis Lauenburg die aus hannoverscher Zeit stammende landesherrliche Verordnung, betreffend die Feier der Sonn⸗ und Festtage, vom 4 März 1893, 4 fur die Provinz Hessen⸗Nassau: a. im alten Kurfürstenthum Hessen das Regierungsausschreiben vom 13. Mai 1801, die Sabbathsvergehen be⸗ treffend, g. im Bezirk des früheren Bisthums Fulda die Sabbathsordnung vom 16. August 1770, der Regierungsbeschluß vom 21. September 1776 und das Regierungsausschreiben vom 9. Dezember 1788, C. in den vor—⸗ mals baperischen Gebietstheilen, dem Kreise Gersfeld und dem Amts« berirt Orb die bayerische Verordnung vom 30. Juli 1862 und Art. 105 dez baperischen Polizei⸗Strafgesetzbuches, d. in den vormals Großherzoglich hbessischen Gebietstheilen das Großherzoglich hessische Polizei⸗Strafgesetz vom 30. November 1855, e. für die Stadt assel eine auf landesherrlichen Befehl erlassene Polizeiverordnung vom 20. Dezember 1816 mit Nachträgen vom 19. Oktober 1825 und II. Mai 1841, 6. für das Gebiet der ehemaligen Freien Stadt Frank⸗ He, ö. * . . *. g. für die vormals Land h en⸗homburgischen Gebiets i Finn,, n. g etstheile die Verordnung vom Der materielle Inhalt dieser Vorschriften ist äußerst ver⸗ schieden; manche derselben sind mit den heutigen Verkehrsbedürfnissen

Die O —w— 16

hörden sie auch nur theilweise zu handhaben versuchen. Dahin gehören beispielsweise das Kurhessische Regierungsausschreiben vom 13. Mai 1801, welches das öffentliche Kaufen und Verkaufen außer von Speisen und Getränken schlechtweg an Sonn- und Festtagen ver⸗ bietet., und die Polizeiverordnung vom 260. Dejember 1816 für die Stadt Cassel, nach welcher an diesen Tagen alle Kaufmanng— laden und Werkstätten geschlossen bleiben sollen. Die betheiligten Erwerkskreise haben seit Jahren und auch,. wieder neuerdings die Aufhebung dieser veralteten Vorschriften und Gleich- stellung des Handelsverkehrs ihres Bezirks mit denjenigen der übrigen preußischen Landestheile beantragt. Insbesondere hat der Vorstand des hessischen Städtetags in einer an das Gesammt⸗Staatsministerium gerichteten Eingabe vom 30. Juni 18691 im Hinblick auf die Gewerbe— novelle vom 1. Juni 1891 die baldmöglichste Aufhebung der Kur⸗ hessischen Sabbathordnung vom 153. Mai 1801 beantragt. Auch ohne die neue reichsgesetzliche Regelung der Sonntagsarbeit würde diesem Ver— langen entsprochen werden müssen, da es nicht länger angängig erscheint zwingende gesetliche Vorschriften, deren Gültigkeit zweifellos fst, un aus- geführt zu lassen oder ihre Handhabung in das Belieben der jeweiligen Pelizeibehörden zu stellen. Der Entwurf stellt denselben Rechts—⸗ zustand für die neuen Landestheils her, welcher in den neun alten durch die Allerhöchste Cabinetsordre vom 7. Februar 1837 geschaffen ist. Er hebt nicht die gesammten alten Gesctze und Verordnungen auf, sondern nur die in denselben enthaltenen Vorschriften über die äußere Heilighaltung der Sonn- und Festtage, und zwar nicht fofort, sondern erst mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Polizei⸗ perordnungen des Ober-Präsidenten oder der Regierungs-Prässdenten. Der übrige Inhalt der alten Gesetze und Verordnungen, foweit die— selben andere Gegenstände, z. B. die Festsetzung der Buß— und Bet tage betreffen, bleibt somit in Kraft. In den Hohenzollernschen Landen bestehen Gesetze oder landesherrlichs Verordnungen Über die äußere Heilighaltung der Sonn- und Feiertage nicht. Vielmehr ist hier schon seither die Regelung dieses Gegenstandes im Wege der Polizeiverorduung erfolgt. Da jedoch in den Hohenzollernschen Landen die Allerhöchste Cabinetsordre vom 7. Februar 1837 (Gefetz Samml. S. 19) nicht zur Einführung gelangt ist, empfiehlt sich die Tusdeb= nung des Gesetzentwurfs auf diese Landestheile sowohl im Interesse . des O . x * P wo Interesse der Gleichförmigkeit als auch zur Schaffung einer rechtlich zweifellofen Grundlage für die polizeiliche Regelung... .

Nr. J des Archips für Post und Telegrapbie (Beiheft zum Amtsblatt des Reichs-Postamts, herausgegeben im Auftrage des Reichs Postamts) hat folgenden Inhalt: J. Actenstücke und Auffãtze⸗ Das Telegraphenwesen in Holland und Belgien. Zur Geschichte der Postverbindungen von Koblenz. Die belgische Staats par faffe im Jahre 1830. II. Kleine Mittheilungen; Postwesen in Ching. Preisausschreiben für ein neues elektrisches Element. Glektrisches Licht in Hammerfest. III. Literatur des Verkehrswesens. ö

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

K 56. K j K Zwischen zwei Grundbesitzern in Schleswig-Holstein war

Streit, ob der eine von ihnen gemäß §. 1 der Wasserlöfungs— Ordnung für die Großdistricte des Herzogthums Holstein vom 16. Juli 1357 verpflichtet sei, das von dem Nachbargrundstück nach dem natürlichen Gefälle ihm zugeführte Wasser auf;unehmen und weiter zu leiten. Nachdem der Landrath eine Entscheidung (8 16 . 4. Q.) getroffen, wurde Klage beim Bezirksausschusse erhoben (8 382 de Zustand igkeit gese ßes) Der Bezirksausschuß behandelte als Parteien den Kläger und den Landrath. Erst auf Be—⸗ schwerde des zweiten Grundbesitzers wurde dieser zum Proceß zugezogen und ihm das bereits zwischen dem Kläger und dem Landrath ergangene Erkenntniß behändigt. Darauf legte er Berufung ein, welcher das Ober-⸗Verwaltungsgericht in der Entscheidung vom 17. Dezember 1891 III 1135 aus fofgenden Gründen stattgab: J Der 8 82 des Zust. Ges. giebt die Klage im Verwaltungs— streityerfahren für den Geltungsbereich der Wasserlöfungsordnung für die Großdistriete des Herzogthums Holstein gegen zwei Arten von wasserpolizeilichen Entschließungen der Landräthe, nämlich 1) gegen solche Verfügungen, durch welche die Betheiligten zur Srfüllung der durch das Geseßz oder die rechtlich bestehenden Regulative bestimmten Verpflichtungen angehalten werden“ S 82 bf. 1 Rr. I) j gegen Entscheidungen ‚über Streitigkeiten unter den Be⸗ theiligten über die ihnen aus dem Gesetz oder aus den rechtlich bestehenden Regulativen entspringenden Rechte und Pflichten“ S 2 Abf. 1 Rr. Y. . In den Fällen zu 1 geht die Klage auf Aufhebung oder Ab— änderung der Verfügung, durch welche der Kläger sich beschwert fühlt. Sie kann nur gegen denjenigen, der die Verfügung erlassen hat, also nur gegen den Landrath gerichtet werden. . In den Fällen zu? ist vom Landrath keinerlei Lnerdnung getroffen, sondern in einem Streite zwischen Betheiligten, also wischen zwei Der mehreren Parteien, ein Aet administrativer Rechtsprechung geübt. Durch die Anstellung der gegen den Spruch des Landraths gegebenen Klage wird der zwischen den Parteien bestehende Streit der Ent— scheidung der Verwaltungsgerichte unterbreitet. Diese Klagen dürfen daher nicht gegen die Landräthe, sondern nur gegen die dem Kläger . sich mit ihm streitende Partei gegen den Mit— etheiligten gerichtet werden. ö Das Ober⸗Verwaltungsgericht führt dann näher aus, daß hier ein Streit unter Betheiligten über die ihnen aus dem Gesetze ent— springenden Rechte und Pflichten bestehe und die Nichtzuziehung des zweiten Grundbesitzers einen wesentlichen Mangel des Verfahrens dar⸗ stelle, welchem in der Berufungsinstanz nicht mehr abgeholfen werden könne. Sowohl, für die rechtliche Beurtheilung des vorliegenden Rechtsstreits als für die thatsächliche Würdigung des von beiden Seiten vorgebrachten Beweismaterials sei von erheblicher Bedeutung, ob dem Beklagten zwei Instanzen offen ständen oder nur eine. Es sei daher die Sache zur anderweitigen Verhandlung zwischen den eigentlichen Parteien an den Bezirksausschutz zurückzuweisen. h

= Die Kirche zu H. hatte seit dem vergangenen Jahrhundert das Schulgeld für die armen Schulkinder aus der Kirchen kasse be— stritten, früher nach Köpfen derselben zu Händen der Lehrer, seit dem Jahre 1833 in dem fixirten Jahresbetrage von 120 zur Schulkasse. Sie weigerte sich, fernere Zahlung zu leisten, nachdem mit dem 1. Oktober 1890 infolge der Gesetze über die Erleichterung der Volksschullasten bei der Schule zu H. die Erhebung von Schulgeld in Fortfall kam. In dem dieserhalb zwischen der Schule und Kirche entstandenen Rechtsstreite hat das O.-V. G., Erster Senat, mittels Endurtheils vom 16.1. 1892 entschieden, daß die Kirche zur ferneren ahlung des Schulgeldes für arme Kinder nicht verpflichtet sei, weil sie der Schule Zuwendungen nur zu einem bestimmten Zwecke gemacht babe, dieser Zweck fernerhin nicht erfüllt werde, und sonach die S5 153 Th. JL. Tit. 4 u. 73 ff. Th. II. Tit. 6 Ar-L.-R. Platz griffen, wonach jeder Anspruch auf Fortgewährung der bisherigen Leistungen dann er⸗ lösche, wenn der Zweck nicht erfüllt werde, zu welchem sie ge⸗ währt seien. Eine Erörterung der Frage, auf welchem Rechtsgrunde die Verpflichtung der Kirche zur Zahlung des Schulgeldes für arme Kinder beruhe, wurde deshalb für entbehrlich erachtet.

Gesundheitswesen, Thierkraukheiten und Absperrungs⸗ ; Maßregeln.

Auch in dieser Woche vom 17. bis 23. Januar hielt die Besse⸗

rung in den Gesundheitsverhältnissen in Berlin an und auch die

Sterblichkeit wurde eine geringere (von je 1000 Lebenden starben 19.59

nicht vereinbar und stoßen auf heftigen Widerspruch, wenn die Be⸗

aufs Jahr berechnet). Zwar kamen auch in dieser Woche acute