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größeren Festlichkeiten. Seine Durchlaucht der Fürst sind überzeugt, daß auch ohne diese äußeren Kundgebungen die Bevölkerung des Landes an jenem Erinnerungstag in Liebe und Treue ihres Landes⸗ herrn gedenken wird.“
Oesterreich⸗ Ungarn.
Dem Führer der Vereinigten deutschen Linken im öster— reichischen Abgeordnetenhause Dr. von Plener war die Berufung zum Präsidenten des gemeinsamen Rech⸗ nungshofes angetragen worden, womit zugleich eine Mandatsniederlegung verbunden gewesen wäre. Herr von Plener hat sich entschlossen, den ihm angetragenen Posten nicht anzunehmen. Wie „W. T. B.“ berichtet, theilte Herr von Plener gestern in einer Sitzung des Clubs der Vereinigten deutschen Linken mit, daß er es bei der gegenwärtigen politischen Lage, insbesondere gegenüber der neuesten Verwickelung der böhmischen An⸗ gelegenheiten, für seine Pflicht erachte, im Abgeordnetenhause und im böhmischen Landtage zu verbleiben. Er habe daher erklärt, daß er auf die ihm gemachten Propositionen nicht weiter refleetire. Ferner bezeichnete Dr. von Plener die Nachrichten über die Annahme eines Ehrengeschenks als ganz unbegründet. Die Erklärung wurde mit großem Beifall auf— genommen.
In der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde nach Erledigung der Interpellation über die Einwande⸗ rung russischer Juden (siehe die gestrige Nummer des „R. u. St-⸗A.“ die Generaldebatte über die Börsen⸗ steuer eröffnet. Am Schlusse der Sitzung stellte der Abg. Lueger den dringlichen Antrag, die Regie— rung aufzufordern, die Untersuchungsacten der Börsen— kammer und des Wiener Landgerichts für Strafsachen, be— treffend die am 14. November v. J. in der Abendausgabe des „Wiener Tagblatts“ über die Audienz des Abgeordneten von Jaworski veroͤffentlichten Mittheilungen, vorzulegen. Das Haus beschloß einstimmig die Dringlichkeit des Antrags und überwies ihn einem Sonderausschusse. . .
In Lemberg hat, wie der „Köln. Ztg.“ berichtet wird, ein altruthenischer Parteitag unter großer Betheiligung aus Ostgalizien stattgefunden. Beschlossen wurde ein gemeinsames Vorgehen aller ruthenischen Fractionen bei den bekannten Forderungen in Schule und Verwaltung und Aenderung des Wahlsystems. Namentlich sollen directe Wahlen in den Land⸗— gemeinden eingeführt werden. Der Vorsitzende betonte, daß auch die Altruthenen keine russenfreundliche Partei seien, son— dern den österreichischen Staatsgedanken hochhielten.
Nach den bis zum 2. d. M. vorliegenden ungarischen Wahlberichten hat die liberale Partei bisher 44 Bezirke an die übrigen Parteien verloren, dagegen 34 Bezirke ge— wonnen, sodaß ihr Gesammtverlust zehn Sitze beträgt; 235 von 402 vorgenommenen Wahlen sind zu ihren Gunsten aus⸗ gefallen; ihr zunächst kam die Unabhängigkeitspartei mit S3, die Nationalpartei mit 61 Sitzen; 14 Wahlen fielen auf die Ugron⸗Partei. Bei den am Dienstag vorgenommenen Wahlen hat die liberale Partei, nach einer Meldung des „Irdbl.“, wieder einige Sitze gewonnen, sodaß sie bis jetzt 240 Mandate oder etwas daruͤber errungen hat. Beim Zusammentritt des vorigen Reichstags zählte sie 247 Mitglieder.
Wie die „Budapester Corresp.“ meldet, wird der Minister— Präsident Graf Szapary am 7. d. M. in Temesvar sein Wahlprotokoll persönlich übernehmen und sich bei dieser Ge— legenheit über die politische Lage äußern. ;
Einer telegraphischen Meldung aus Beregszasz zufolge hat daselbst aus Anlaß der Wahlen gestern zwischen dem Obergespan Lonyay und dem bei der Wahl unterlegenen Candidaten der Unabhängigkeitspartei Luby ein Säbelduell stattgefunden. Lonyay wurde leicht, Luby schwer verletzt.
Frankreich.
Der Minister des Auswärtigen Ribot empfing gestern Vormittag, wie W. T. B.“ berichtet, die Doctoren Brouardel und Proust, die über die Arbeiten der Sanitätsconferenz in Venedig Bericht erstatteten. Sie sprachen die Ansicht aus, daß die noch vorhandenen Schwierigkeiten, welche Eng— land verhindern, den französischen Vorschlägen zuzustimmen, demnächst beseitigt werden würden. J.
In parlamentarischen Kreisen zeigt man sich, wie der „Köln. Ztg.“ geschrieben wird, sehr betroffen über die ersten Ergebnisse der Anwendung des Generaltarifs auf Fleisch und Mehl. Es stehen denn auch demnächst An⸗ fragen über diesen Gegenstand im Parlament in Aussicht. Auch im Publikum und besonders in den Arbeitervierteln wird die Wein-, Brot⸗ und Fleischfrage mit Lebhaftigkeit erörtert, und es wird eine gewisse Aufregung erkennbar. Die Weinwirthe haben zunächst noch nicht die Preise erhöht. Vorgestern wurden im Einklange mit dem Ministerialbeschlusse vom 21. Januar lebende Schafe aus Deutschland und Oesterreich in das Sanatorium von La Villette zugelassen, wo für 20 000 Stück Unterkunft beschafft ist Die Hammel können dort zweimal die Woche, am Dienstag und Freitag, untergebracht werden. Am Mittwoch und Sonnabend wird Markt gehalten. Sämmtliche im Sanatorium befindliche Thiere müssen, verkauft oder unverkauft, vor Eintreffen der für den nächsten Markttag bestimmten geschlachtet werden. Es waren nur 12⸗ bis 1500 Stück Hammel aus Süddeutschland ein⸗ getroffen. In der Markthalle ist der Preis für Hammelfleisch seit drei Tagen nicht gestiegen, da der Vorrath an Hammel— bench sehr beträchtlich ist. Man erwartet indessen das Anziehen der Preise in 14 Tagen.
In dem von dem Minister des Innern der Deputirten— kammer vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der öffentlichen Gesundheit, durch welchen angesichts der geringen Zunahme der französischen Bevölkerung auf eine Herab— setzung der Sterblichkeit hingewirkt werden soll, wird die Herbei⸗ führung gesunder er, e . e in den Gemeinden im allgemeinen und die gh fm er epidemischen Krankheiten insbesondere ins Auge gefaßt. UÜm eine wirksame Bekämpfung der letzteren zu ermöglichen, wird die Einführung einer allgemeinen Anzeige— pflicht bezüglich derartiger Krankheiten vorgeschlagen. Von den Einzelbestimmungen sei hervorgehoben, daß die Schutz⸗ pockenimpfung im I., die Wiederimpfung im 10. und 21. Lebensjahre obligatorisch gemacht werden soll. .
Die Meldung von dem Untergang der Expedition Crampel hat nach dem „Journal des Debats“ nun ihre Bestäti⸗ gung gefunden. Herr Dybowski, welcher auf die ersten Mel— dungen von der Katastrophe der Expedition nachgesandt worden war, ist am 6. Oktober v. J. von der Station Bangi am Ubangi nordwärts gegen El Kuti vorgedrungen. Nach seinen
bis zum 27. Dezember v. J. datirenden Meldungen hat er die 3 erreicht, in welcher Crampel ermordet wurde. Man fand verschiedene Gegenstände aus dessen Besitz sowie seine Reise⸗ aufzeichnungen und konnte nach den eth ehe en seiner Leute, die man antraf, eines seiner Mörder habhaft werden,
der hingerichtet wurde.
Rußland und Polen.
Der Kronprinz von Schweden und Norwegen nahm, wie „W. T. 8. aus St. Petersburg meldet, gestern bei dem Kaiser und der Kaiserin im Anitschkow⸗Palais das Diner ein und begab sich sodann, von dem Kaiser und den Großfürsten begleitet, nach dem Bahnhof, von wo Abends 9 Uhr seine Abreise nach Moskau erfolgte.
Die deut schen militärischen Gäste in St. Peters burg sind, laut telegraphischer Meldung der „Köln. Ztg.“, von der in der dortigen Cavallerieschule ihnen zu theil gewordenen freundlichen Aufnahme und von dem Empfang bei dem Frühstück im Casino der Garde zu Pferde ungemein befriedigt.
Nach officiellen Mittheilungen des Ministeriums des Innern beträgt die bis zum 1. (13.) Januar von der russi— schen Regierung für die Nothstands⸗-Provinzen direct aufgewendete Summe bereits 72 690 500 Rubel. Siebzehn Gouvernements haben Unterstützungen empfangen. Die bedeutendste Summe, 8 Millionen Rubel, ist auf Ssarakow entfallen; Ssamara hat 7400 000 erhalten. Die beiden ande⸗ ren Wolga⸗Gouvernements Kasan und Ssimbirsk sind mit 6 600 0090 resp. 6 000 000 bedacht worden. Nach ihnen folgen Tambow, Nischny⸗ Nowgorod, Pensa und Orenburg mit 5 700 009 bis 5 000000, Wjatka mit 4264 000, Perm mit 14000 000. Die übrigen Gouvernements haben zwischen 4 und 1 Million erhalten. Diese bedeutenden Summen genügen aber, wie es in der Mittheilung des Ministeriums heißt, noch keines— wegs dem Bedürfnisse, und es sind weitere Aufwendungen unvermeidlich. Nach den mäßigsten Schätzungen sind zur Erhaltung der verarmten Bevölkerung in den siebzehn Provinzen monatlich etwa 19 Millionen Pud Getreide nöthig, für die kommenden sechs Monate also 60 Millionen Die Menge des zum Bestellen der Felder vorzuschießenden Saat— korns berechnet der Minister auf 40 Millionen. 100 Millionen 26 Getreide sind also in jedem Falle erforderlich; kaum die Hälfte davon ist bisher vorhanden. Man berechnet, daß min⸗ destens noch 58 Millionen Pud anzukaufen und zu vertheilen sein werden. Die Regierung spricht die Erwartung aus, daß diese Kundgebung die Aufregung des Publikums beruhigen und den verschiedenen Schreckensnachrichten aus den Nothstands— districten den Boden rauben werde. .
Die „Now. Wr.“ constatirt inzwischen mit großer Genug— thuung, daß die Getreidepreise allmählich überall zu fallen beginnen und zwar infolge des Umstandes, daß die Getreide—⸗ versorgung der Nothstandsgebiete geordneter geworden und daß man Syndicate von Lanbschaftsexperten gebildet habe, wie z. B. in Rostow am Don, wodurch natürlich das Concurrenzwesen beträchtlich beschränkt werde, ferner weil die Versorgung schon so weit fortgeschritten, daß die Nachfrage immer geringer werde. Auch begännen die Leute, die im Besitz großer Vorräthe sind und auf Preissteigerungen hofften, nunmehr nachzugeben in der Furcht, daß sie ihre immerhin nicht billig beschafften Korn⸗ massen am Ende auf Lager behalten müßten. Mit in Be— tracht aber komme ferner der Umstand, daß die Zeit guter Winterwege bald vorüber sei und daß man dann Wochen hin— durch nicht daran denken könne, die Vorräthe in Geld umzusetzen, während später bei Beginn des Wasserverkehrs starke Preisschwankungen vorauszusehen seien.
Italien.
In Rom hat gestern die Verhandlung des Verleum— dungsprozesses des Monsignore Amalfitano gegen den Cardinal Oreglia begonnen. Da die Vertreter der Privat— betheiligten auf die Vernehmung mehrerer erkrankten Zeugen sowie auf diejenige zweier nicht vorgeladenen Cardinäle nicht verzichteten, wurde die Verhandlung auf Sonnabend vertagt.
Spanien.
In der gestrigen Sitzung des Senats wurde von einem Mitgliede des Hauses zur Sprache gebracht, daß bewaffnete englische Soldaten in der Nähe von Gibraltar auf spanisches Gebiet übergetreten seien und das neutrale Gebiet verletzt hätten. Der Minister des Auswärtigen, Herzog von Tetuan erwiderte, dem ‚W. T. B.“ zufolge: er glaube nicht an die Richtigkeit dieser Meldungen. Sollten diese jedoch begründet sein, so würde er die erforderlichen Maß⸗ nahmen ergreifen und bei der englischen Regierung vorstellig werden.
Portugal.
Die Finanzeommission der Deputirten kammer hat in ihrer gestrigen Sitzung die Finanzvorschläge der Re— gierung im Princip angenommen. Der Vorsitzende der Com— mission betonte, die Annahme bedeute in erster Linie die Nothwendigkeit einer Verständigung mit den ausländi— schen Gläubigern. Der Minister-Präsident erklärte, die geplante 30procentige Einkommensteuer solle auf Obligationen von Privatgesellschaften nicht anwendbar sein, sondern nur auf Titres der inneren Staatsschuld.
Der Deputirte Ferreira Almeida hatte in der Kammer den Vorschlag eingebracht, die sämmtlichen Verwaltungskörper⸗ schaften des Königreichs sollten abstimmen über den Verkauf der Colonieen Guinea, Wheidah, Kabenda, Mozambique, Macao und Timor. Großbritannien, fügte er hinzu, würde für das Land südlich von Mozambique allein 12 Millionen Pfd. Sterl. geben. Er verlangte für seinen Vorschlag die Dringlichkeit, die indessen von der Kammer einstimmig ab— gelehnt wurde.
Schweden und Norwegen.
(FE) Christiania, 1. Februar. Das neugewählte Storthing trat heute zu seiner 41. ordentlichen Tagung unter Vorsitz des Abg. Nielsen zusammen. Von den Mit— gliedern des Storthings sind 31 Beamte, Aerzte, Juristen, Techniker u. s. w. (davon gehören 18 der conservativen, 4 der moderaten und 12 der radikalen Partei an), 35 Hofbesitzer (6 c, 3 m., 26 r.), 16 Kaufleute und Handwerker (9 c., Tr.), 10Districtsrichter (2c, 3m.,5r.), 11 Cantoren und Lehrer (2m. 9 r.), 1 Arbeiter (c. und 7 gehören verschiedenen Berufs⸗ 6 an (l m. 6 r.. In der gegenwärtigen Legislaturperiode
es Storthings sind vierzig Anträge auf Verfassungsveränderung
zu behandeln. Eine größere Anzahl betrifft die Stimmrechts⸗ verhältnisse, ferner die Veränderung der Tagungszeit des Stor—
things, die Aufhebung der Vereidigung der Wähler auf die Verfassung, die Regulirung der Diäten der Abgeordneten, die
Aufhebung der Staatsraths-Abtheilung in Stockholm, die Auf⸗ hebung des Confessionszwangs für die Richter, die gesetz⸗ liche Bestimmung der Form und der Farben der norwegischen Flagge u. s. w.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (163.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssecretär Dr. von Stephan beiwohnte, wurde nach Genehmigung der Declaration, betr. die theilweise Verlängerung des Handelsvertrags mit Spanien, und des zweiten Nachtrags⸗Etats zum , für 1891592 in dritter Berathung der Weltpostvertrag nebst Schluß— protokoll und den fünf dazu gehörigen Uebereinkommen zur ersten und eventuell . . gestellt.
Staatssecretär Dr. von Stephan besprach in einem längeren eingehenden Vortrage die Bedeutung des Vertrags, durch den die Verkehrsfreiheit auf dem ganzen Erdenrund her⸗ gestellt wird, und die Entwickelung des Weltvostvereins seit 1874. (Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (11) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister des Innern Herrfurth und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel beiwohnten, übernahm der Präsident von Köller wieder den Vorsitz.
Zum Schriftführer an Stelle des verstorbenen Abg. Dr. Mithoff wurde auf Antrag des Abg. Grafen zu Limburg— Stirum der Abg. Olzem durch Zuruf gewählt; dieser nahm die Wahl dankend an.
Darauf wurde die zweite Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts-Etats für 1892.93 fortgesetzt.
Der Etat des Kriegs-Ministeriums wurde ohne Debatte genehmigt.
Bei dem Etat der Lotterieverwaltung wünschte der Abg. Korsch (cons.) eine Vermehrung der Staatslotterie⸗ loose im Interesse einer Mehreinnahme, Verminderung der großen und Vermehrung der kleinen Loose sowie eine Statistik der Privatlotterien. Die Genehmigung von Privatlotterien müsse in die Hand des Finanz⸗-Ministers gelegt werden, dessen Ressort allein im stande sei, die finanziellen Normativ⸗ bestimmungen für Privatlotterien aufzustellen.
Geheimer FinanzRath Marcinowsky führte aus, daß der Privathandel mit Lotterieloosen in versteckter Form trotz des Verbots noch zum theil fortbestehe, und erkannte ein Bedürfniß zur Vermehrung der Loose an. Ueber die Aende⸗ rung des Spielplans fänden Erwägungen statt. Für eine Statistik der Privatlotterien habe sich ein Bedürfniß noch nicht herausgestellt.
Abg. Dr. Sattler (nl.) sprach sich gegen eine Ver⸗ mehrung der Loose aus. .
Abg. Cremer (Teltow, b. k. F.) hielt das Lotteriespiel allerdings nicht für eine Aufgabe des Staats, die Lotterie ö aber zu einer Einnahmequelle für den Staat ent⸗ wickelt.
Abg. Pleß (Centr.) widersprach aus sittlichen Gründen einer Loosevermehrung.
Abg. Korsch (cons.) betonte demgegenüber nochmals das vorhandene Bedürfniß zu einer Vermehrung.
Abg. Dr. Lieber (Centr.) sah das Lotteriespiel nicht für so ganz unsittlich an, hielt aber die Anregung einer Loose⸗ vermehrung nicht für eine Sache des Hauses, sondern der Regierung.
Der Finanz⸗Minister Dr. Miguel wollte die Wirkungen des Verbots des Privathandels mit Staatslotterieloosen und der Eintheilung der Loose in ö. erst abwarten, ehe zu einer Vermehrung der Loose übergegangen werden könne. Mehreinnahmen dürften aber nicht vom Hause beantragt werden. Der radical ethische Standpunkt würde zu einem Verbot aller Staats- und Privatlotterien führen.
Darauf wurde der Etat der Lotterieverwaltung bewilligt, desgleichen ohne Debatte die Etats des Seehandlungs— instituts, der Münzverwaltung, der Staatsschulden⸗ verwaltung, der Allgemeinen Finanzverwaltung und des Bureaus des Staats-Ministeriums.
Beim Etat der Staatsarchive befürwortete Abg. Dr. Krause (nl. eine Besserstellung der Archivare in den Provinzen.
Der Etat wurde bewilligt.
Beim Etat der General-⸗-Ordenscommission wünschte Abg. von Meyer (Arnswalde, b. k. F.) eine größere Berück⸗ sichtigung der Beamten der Selbstverwaltung, namentlich der Schulzen, bei der Verleihung von Auszeichnungen; man solle * mit dem Allgemeinen Ehrenzeichen etwas weniger spar⸗ am sein.
Der Etat wurde bewilligt, desgleichen ohne Debatte die Etats des Geheimen Civil-Cabinets, der Ober⸗ Rechnungskammer, der Prüfungs-Commission für höhere Verwaltungs beamte, des Disciplinarhofs, des Gerichtshofs zur Entscheidung der Competenzeon— flicte, des Gesetzsammlungsamts in Berlin, des Deu t⸗ schen Reichs- und Preußischen Staats⸗-Anzeigers“ sowie die Forderungen für Zwecke der Landesvermessung.
Es folgte der Etat des Ministeriums des Innern, a der Abg. Steffens als Referent der Budgetcommission ungirte.
gh dem Gehalt des Ministers beklagte Ahg. von Czarlinski (Pole) die Sachsengängerei, wünschte eine stärkere Zulassung ausländischer landwirthschaftlicher Arbeiter im Osten und Unterlassung der Ausweisungen von Polen.
Der Minister des Innern Herrfurth erwiderte, daß die Arbeiterverhältnisse im Osten in der Landwirthschaft sich be⸗ reits erheblich gebessert hätten, und sagte eine Untersuchung der Angaben des Vorredners bezüglich der Ausweisungen zu.
Abg. Dr. Lotich ius (b. F. F.) führte Klage darüber, daß Regierungs⸗Referendare im Kreisausschuß nicht nur selbst⸗ ständige Referate übernähmen, sondern sich auch an den Be— rathungen betheiligten.
Der Minister des Innern Herrfurth erklärte, daß die Referendare auch eine Vorbildung bei den Selbstverwaltungs⸗ behörden durchmachen müßten, und dabei sei ein selbständiges Auftreten derselben nöthig, wenn auch nur als Sprachrohr des Landratys. ; .
Abg. von Schalscha (Centr) beklagte gleichfalls die Arbeiterverhältnisse im Osten, verlangte die Zurücknahme aller Ausweisungen und die staatliche Organisation der Einwanderung über die russische Grenze zur Ausgleichung der Sachsen⸗ gängerei. 4
Der Minister des Innern Herrfurth erwiderte, daß di— Regierung sich auf diese Forderungen nicht einlassen könne.
Abg. von Oppen scons) bestätigte die Ausführungen des Abg. von Schalscha über den Arbeitermangel im Osten.
bg. Dr. Lieber (Centr.) hielt die Theilnahme der Referendare an den Berathungen der Selbstverwaltu ngsbehörden für unzulässig. .
Der Minister 5 rrfurth erklärte diese im Interesse der Ausbildung der Referendare für nothwendig und gesetzlich
lässig. zu sigarauf wurde das Gehalt des Ministers bewilligt.
Bei den Besoldungspositionen der Landräthe beklagte der Abg. von Meyer⸗(Arnswalde (b. H. F.) die Ueberkastung und schlechten Besoldungsverhältnisse dieser Beamten.
Der Minister des Innern Herrfurth erkannte die Be— rechtigung dieser Klage an und hoffte, daß der nächste Etat die Bewilligung einer Gehaltsverbesserung zulasse.
Die Positionen wurden bewilligt.
Die übrigen Theile des Etats wurden ohne wesentliche Debatten bewilligt.
Schluß gegen 2szs Uhr. Nächste Sitzung Freitag 11 Uhr. sFortsetzung der zweiten Berathung des Entwurfs des Staats— haushalts⸗ Etats für 1892/93.)
— Beim Reichstag ist folgender Antrag der Abgg. Richter und Genossen zur zweiten Berathung des Reichs— haushalts⸗Etats für das Ftats jahr 1892/93 — Etat für die Verwaltung des Reichsheeres — eingegangen:
Der Reichstag wolle beschließen zu erklären: Einjährig-Frei⸗ willige, welchen über das vollendete 23. Lebensjahr hinaus von den Ersatzbehörden in Gemäßheit des § 14 des Reichs⸗-Militärgesetzes Aufschub für den Dienstantritt bewilligt worden ist, sind nicht densenigen Dienstpflichtigen gleich zu erachten, welche im Sinne des S 4 des Control⸗ gesetzes vom 15. Februar 1875 infolge eigenen Verschuldens verspätet in den activen Dienst eingetreten sind'“. Demgemäß verstößt eine Einberufung solcher früheren Einjährig⸗- Freiwilligen nach Üeberschreitung des 32. Lebensjahres zu Landwehrübungen, wie solche in der letzten Zeit mehrfach vorgekommen ist, gegen die Bestimmung in § 4 des Control— gesetzes vom 15. Februar 1875, wonach solche Einberufungen nur ausnahmsweise auf Grund besonderer kaiserlicher Verordnung ge— stattet sind.
— Das Gesetz, betreffend die Außercurssetzung der in Oesterreich bis zum Schluß des Jahres 1867 geprägten Vereinsthaler, wurde heute von der mit der Vorberathung beauftragten Com mission des Reichstags einstimmig an genommen. Zum Referenten ist der Abg. Dr. Bachem bestellt.
— In der Budgeteommission des Reichstags wurde heute die Berathung des Extraordinagriums des Militär-Etats fort— gesetzt. Die ersten Raten für Casernenbauten in Kolberg und Glogau wurden genehmigt, ebenso zur Beschaffung von Kriegs— Brückenmaterial 100 000 S. und 132 000 ½ für einen Neubau in Posen, sowie 150 000 M für einen Neubau in Graudenz zur Unter— bringung einer Reserve an Brückenmaterial. Abgelehnt wurde dagegen die Forderung von 509 000 „M als erste Baurate für eine Caserne in Gleiwitz, sowie 75 000 S und 20 000 S als erste Raten (Ent⸗ wurfébearbeitung) für eine Cavallerie⸗- und eine Infanterie⸗Caserne in Paderborn. Abgelehnt wurden ferner für Köln geforderte 189 380 ..
— Dem Hause der Abgeordneten ist eine Nachweisung über die dienstfreien Zeiten, wie solche dem Betriebspersonal der Staatseisenbahnverwaltung zur Zeit gewährt werden zugegangen. .
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Die Eintragungen in den Arbeitsbüchern gewerblicher Arbeiter dürfen nach 5 111 Abs. 2 der Reichs-Gewerbeordnung nicht mit einem Merkmal versehen sein, welches den Inhaber des Ar— beitsbuchs günstig oder nachtheilig zu ken nzeichnen bezweckt, und die Zuwiderhandlung gegen dieses Verbot ist aus § 146 3. 3 der Gewerbeordnung zu bestrafen. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, IV. Strafsenat, durch Urtheil vom 6. November 1891, ausgesprochen, daß als solche ‚Merkmale“ nur Kennzeichen zu verstehen sind, deren Bedeutung Uneingeweihten nicht ohne weiteres erkennbar ist. Allgemein verständliche Vermerke dagegen im Arbeitsbuche, welche die Kennzeichnung des Inhabers des Arbeits— buchs bezwecken, fallen unter die Verbotsbestimmung des §111 Abs. 3 tö-O., deren Uebertretung gemäß der wesentlich milderen Straf— bestimmung des 5 150 3. 3 G. -O. zu ahnden ist. — R. hatte in das Arbeitsbuch seines siebzehnjährigen Laufburschen die Worte: „ohne meinen Willen aus der Arbeit entlaufen“ eingeschrieben. R. wurde egen Verletzung der 8s 111 Abs. 2 und. 146 3. 3 G. O. angeklagt. Die Strafkammer sprach ihn aber frei. Auf die Revision des Staatsanwalts wurde vom Reichsgericht das erste Urtheil wegen Nichtanwendung des § 150 3. 3 der Gewerbeordnung auf— gehoben, indem es begründend ausführte: „Die Annahme des Vorder— richters, daß die Strafe des 3 146 Nr. 3 der Gewerbeordnung nicht derwirkt sei, weil die in Rede stehende Eintragung nicht als ein Merkmal im Sinne des 111 Abf. 2 angefchen werden könne, welches den Buchinhaber günstig oder nachtheilig zu kennzeichnen be— zwecke, wird von der Revision mit Unrecht als rechtsirrthümlich an— gefochten. Für die dem Gesetze vom Vorderrichter gegebene Aus— legung spricht schon der Wortlaut, da es ungebräuchlich sein würde, einen Vermerk, wie den in Rede stehenden, als „ein Merk— mal, mit welchem die Eintragung versehen ist“, zu be⸗ zeichnen. Durch diese Redewendung ist vielmehr die Eintragung selbst ron dem ihr beigefügten Merkmale ausdrücklich unterschieden. Es ommt hinzu, daß in dem 6 3 des § 111 die Unzulässigkeit der Fintragung eines Urtheils über die Führung oder die Leistungen des Arbeiters und sonstiger durch dieses Gefetz nicht vorgefehener Ver— merke noch besonders hervorgehoben ist. Damit sind zugleich die Kategorien gegeben, unter welche die vom Angeklagten ge⸗ machte Eintragung zu bringen ist, und an einer Straf— bestimmung für derartige unzulässige Eintragungen fehlt, es kbenfalls nicht. Denn die im § 146 Nr. 3 nicht bedrohten Zuwider⸗ handlungen gegen den 5 111 sind im 8 150 Nr. 2 unter Strafe ge⸗ stellt. Nach den Motiven zum Entwurf der G.⸗O. von 15738 soll das Arbeitsbuch lediglich folche thatfächlichen Ängaben enthalten, welche unbedingt nöthig sind, einmal um die Person des Arbeiters tenntlich zu machen, sodann um Anfang und Ende des Arbeitsverhält— lsses zu bezeichnen. Es wird dabei erwähnt, nach den angestellten Ermittelungen hätten die Arbeiter über eine verdeckte, ihnen nach⸗ theilige Kennzeichnung der von den Arbeitgebern ausgestellten Ent— lassungsscheinẽ Klage geführt, Arbeits eugnisse seien nicht beliebt, wenn sie weitere als auf die Dauer der Arbeit bezügliche Angaben lh elten und Zeugnisse über Leistungen und Verhalten würden nur . ten gefordert. Diese Erwägungen lassen erkennen, daß unter dem Ausdruck „Merkmale“ in Abs. 2 des F111, welcher ebenso wie Abs. 3 n seiner gegenwärtigen dannn schon im Entwurf stand, im Gegen⸗ Matz zu den (im dritten Absatz erwähnten) Urtheilen und sonstigen Vermerken solche Kennzeichen berstanden werden sollten, deren Be⸗ deutung Uneingeweihten nicht ohne weiteres erkennbar wäre.“
* J
Kunft und Wissenschaft.
8 „Das hiesige Königlich spanische Konsulat theilt uns mit, daß der Drin alfi Km de in Sevilla nicht stattfindet.
Gesundheitõwesen, Thierkrankheiten und Absperrungõ⸗ Maßregeln.
Die Gesundheitsverhältnisse während des ersten Halb— jah res 1891 in der Königlich Preußischen Armee, dem Kön iglich Sächsischen und Königlich Württembergischen Armee⸗Corps,., (Nach den amtlichen Generalreporten.) (Aus den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gefundheitsamts“ ) Am Schlusse des Jahres 1890 befanden sich 11 492 Mannschaften in ärztlicher Behandlung, davon 7755 in den Lazarethen. Hierzu kamen bis Ende Juni 1891 in Lazarethverpflegung 72 382 und in Revierbehandlung 136 252, durchschnittlich an jedem Tage des Februar etwa 1417, an jedem Tage des Mai nur etwa 902. Die Gesammt⸗ summe der monatlich verpflegten Tranken war am höchsten im Fe— bruar (122,8 auf je 1000 der Iststärkeh, am geringsten im Juni (93,5 O/o).
2 lim ferner 8, 1 h an 10, an
. Schweden. ⸗ .
Durch Bekanntmachung des Königlich schwedischen Commerz— Collegiums vom 2. Januar d. J ist angeordnet worden, daß die Einfuhr seewärts von Rindvieh, Schafen, Ziegen und anderen Wieder— käuern sowie von Thieren des Pferdegeschlechts unverändert über die Städte Helsingborg, Hernösand, Kongelf, Landskrona, Lulea, Malmö, Stockholm, Sundsvall und Umen stattfinden darf.
Handel und Gewerbe.
Durch Bekanntmachungen des Reichsbank-Directoriums und der Königlichen General-Direction der Seehandlungs— Societät wird, wie im Inseratentheil der gestrigen Nr. 30 d. Bl. angekündigt wurde, ein Nennbetrag von einhundert— undsechzig Millionen Mark dreiprocentiger Deutscher Reichs-Anleihe und einhundertundachtzig Millionen Mark dereiprocentiger con solidirter Preußischer Staats-Anleihe zur Zeichnung aufgelegt. Die Zeich— nung auf beide Anleihen findet am 9. Februar d. J. von 9 Uhr Vormittags bis 1 Uhr und von 3 bis 5 Uhr Nachmittags statt, und zwar für die Reichsanleihe bei der Reichs-Hauptbank und sämmtlichen Reichsbank-Anstalten mit Kasseneinrichtung, bei der General-Direction der Seehandlungs— Societät in Berlin und bei zahlreichen Bankfirmen in Berlin und allen größeren Städten Deutschlands, und für die preußische Anleihe bei der General⸗Direction der Seehandlungs— Societät in Berlin, bei sämmtlichen preußischen Regierungs— Hauptkassen, Kreis- und Steuerkassen, bei der Reichs⸗Haupt— bank in Berlin, der Reichsbank-⸗Hauptstelle in Hamburg, sämmtlichen innerhalb Preußens belegenen Reichsbank— Anstalten mit Kasseneinrichtung und bei zahlreichen Banquiers in Berlin und allen größeren Städten Deutschlands. Die einzelnen Schuldverschreibungen lauten über 200, 500, 1000, 2000, 5000 6 mit vom 1. April d. J. ab laufenden Zinsscheinen. Der Zeichnungspreis ist auf 83,560 Proc. fest— gesetzt; außer dem Preise ist die Hälfte des Schlußscheinstem⸗ pels zu vergüten. Bei der Zeichnung ist eine Sicherheit von 5 Proc. des Nennbetrages der eich ung baar oder in Werth⸗ papieren zu hinterlegen, wobei die vom Comptoir der Reichs⸗ Hauptbank für Werthpapiere ausgegebenen Depotscheine die Stelle der Effecten vertreten. Die Zeichner können die ihnen zugetheilten Anleihebeträge vom 22. Februar d. J. ab gegen Zahlung des Preises abnehmen, sind jedoch verpflichtet, 1 des zu⸗ getheilten Betrages spätestens am 27. Februar, ½ bis zum 6. April, 19 bis zum 25. Juni und 1 bis zum 22. September d. J. abzunehmen; zugetheilte Beträge bis einschließlich 3000 (6 sind spätestens am A. Februar d. J. zu ordnen. Die im Fälligkeitstermin versäumte Abnahme kann noch innerhalb m, He , unter Zahlung einer Conventionalstrafe von 5 Proc. des fälligen Betrages geschehen; nach dieser Frist verfällt die hinterlegte Sicherheit. Bis zur Fertigstellung der Schuld— verschreibungen erhalten die 6 Inkerimsscheine, die für die Reichs Anleihe vom eichsbank⸗Directorium, für die Preußische Staats⸗-Anleihe von der General-Direction der Seehandlungs⸗Societät ausgestellt werden.
Verkehrs⸗Anstalten.
Laut Telegramm aus ö sind die zweite und dritte englische Post über Ostende vom 3. d. M. aus⸗ geblieben. Grund: im ersten Falle unbekannt, im zweiten Sturm.
Nach den übereinstimmenden Berichten der Königlichen Eisen— bahn-Direectionen hat die durch Erlaß vom 7. März 1891 versuchs⸗ weise angeordnete Maßregel zur Abwendung von Nachtheilen, welchen Viehsendungen im Fall einer Zugverspätung ausgesetzt sind, zu Unzuträglichkeiten im Betriebe nicht geführt. Unter diesen Umständen hat der Minister der öffentlichen Arbeiten bestimmt, daß bis auf weiteres direct abgefertigte Viehsendungen, welche eine Ver— zögerung in der fahrplanmäßigen Beförderung erleiden — sei dies in⸗ folge einer Zugverspätung oder Laufunfähigkeit von Viehwagen oder in— folge Unfahrbarkeit einer Zwischenstrecke, oder aus einem anderen von dem Versender oder Viehbegleiter nicht herbeigeführten Grunde — mit denjenigen zur Viehbeförderung überhaupt zugelassenen Zügen ohne Berechnung eines 50 procentigen Zuschlages Beförderung finden, welche die Viehsendungen am schnellsten dem Bestimmungsorte zu⸗ führen. Diejenige Dienststelle, welche hiernach die geänderte Beförde⸗ rung herbeiführt, hat für die ganze Beförderungsstrecke die auszu⸗ wählenden Züge in den Begleitpapieren zu vermerken, sowie auch in denselben die Nichtberechnung des Frachtzuschlages mit der Verzögerung in der Beförderung kurz zu begründen.
Bremen, 4. Februar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Travper ist am 2. Februar, 11 Uhr Vor⸗ mittags, von New⸗Jork via Southampten nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer Kronprinz Friedrich Wilhelm“ hat am 2. Februar, 5H Uhr Nachmittags, die Reise von Corunna nach Vigo fortgesetzt. Der Postdampfer Dresden? hat am 2. Februar, 2 Ühr Nachmittags, die Reise von Vigo nach Antwerpen fortgesetzt. Der Schnelldampfer Werra“, von New⸗Jork kom⸗
mend, ist am 3. Februar, 1 Uhr Nachmittagk, in Genua angekommen.
Der Schnelldampfer Saale“, nach New⸗Jork bestimmt, hat am 3. Februar, 4 Uhr Nachmittags. Dover passirt. Der Postdampfer Straßburg“ hat am 3. Februar Mittags die Reise von Ant⸗ werpen nach Bremen fortgesetzt. Der Reichspostdampfer Stettin“ ist am 3. Februar, 11 Uhr Vormittags, mit der australischen Post vom Reichspostdampfer Kaiser Wilhelm II.“ von Port Said in Brindisi angekommen. Der Reichspostdampfer Habsburg“ hat am k Nachmittags die Reise von Adeloide nach Colombo fort⸗ gesetzt.
London, 4 Februar. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer Drum m ond Castle“ ist auf der Heimreise am Dienstag in London angekommen. Die Castle⸗Dampfer Norham Castle und „Pembroke Castle“ sind auf der Ausreise heute in Capetown angekommen.
Bern, 2. Februar. Der Bundesrath hat das allgemeine Bauproject der Gotthardbahn für die Linie Luzern — Immen— see, auf dem Gebiete der Gemeinde Küßnacht, genehmigt.
Theater und Musik.
. Deutsches Theater. = Gestern Abend ging Heinrich von Kleist's großes historisches Ritterschauspiel Das Käthchen von Heilbronn“ mit Frau Geßner in der Titelrolle in Scene. .
Um zum vollen und reinen Genuß dieses Schauspiels zu ge— langen, muß der Zuschauer mit in das Land der kindlichen Einfalt und Des schwärmerisch-romantischen Empfindens reifen, das der Dichter mit seiner Üüberschwänglichen Phantafie aufbaut; für den grübelnden, Gedanken, für den Probleme aufwerfenden und lösenden. Geist läßt die naive, jugendliche Dichtung kein Plätzchen frei. Darum tritt der poetische Gehalt des Käthchen“ in den Zügen, die völlig auf das Gebiet des Märchens hinüberfpielen, am kräftigsten hervor. Die Wirkung der Dichtung gleicht hier dem leisen Echo geheimnißvoller holder Laute, die in einen grünen Wald hineingerufen und widerhallend das Herz des Fauschenden mit süßen Gefühlen erfüllen. Die kühle Ueber legung kann es nur bedauern, daß Käthchen durch einen Zauber zu ihrer hingebungsvollen Liebe gezwungen und erst als Kaiserstochter zur Würde der Gemahlin des Grafen Strahl erhoben wird; ein ursprünglicher Kindersinn aber freut sich, daß aus der niederen, verstoßenen Magd sich eine prächtige Fürstentochter in glanz⸗ vollen Gewändern entfaltet, die als richtige Märchenprinzessin, selig und beseligend, zu den Höhen des Lebens hinaufgetragen wird.
Frau Geßner gab dieser rührenden Magdgestalt, die ganz Hin— gebung, ganz Gefühl und Glauben ist, in Miene und Gestalt einen lieblichen und gewinnenden Ausdruck. Was der anmuthigen, fast würdevollen Gestalt an Kindlichkeit der Formen fehlte, wurde durch das demüthige Wesen und das gleichsam un— bewußt. kindliche Spiel ergänzt. In der Scene unter dem Hollunderstrauch, die von Frau Geßner und Herrn Sommersterff harmonisch ins frische Leben übertragen wurde, fand der romantische Reiz der Dichtung seine schönste Entfaltung. Fräulein Frauendorfer fand nicht den vollen kräftigen Ton des Hasses, der für die Kunigunde, dieses phantastische Scheusal, nöthig ist. Das rauhe, ritterliche Geschlecht wurde im übrigen durch kerniges Vettern und dröhnende Gewalt der Rede reichlich gekennzeichnet. Die prächtigen Decorationen, besonders das brennende Schloß, ein über Felsgestein fröhlich herabrauschendes Gebirgsbächlein, halfen das farbenprächtige mittelalterliche Schauspiel vervollständigen und riefen ebenso wie die Leistungen der Hauptdarsteller den lebhaften Beifall der Zuschauer hervor. -
Philharmonie.
Ein etwas eigenthümliches Concert — eine Art musikalischer Abendunterhaltung mit tutti frutti — fand gestern in der Philharmonie statt, das als solches vorher angekündigte Valleria-Concert, oder wie auf den Billets stand: Great Valleria Tour, mit acht ausübenden Künstlern, die sich für diese Tour“ vereinigt haben. Ein derartiges Concert würde eine Rechtfertigung finden, wenn alle Künstler etwas Außer⸗ ordentliches in ihrem Fach leisteten oder wenn sich die Künstler mindestens um einen Stern erster Größe gruppirten. Das war aber beides nicht der Fall. Der Stern, um den sich der Künstlerkreis dreht, Madame Alvina Valleria, ist schon etwas verblaßt; die Dame hat vor— trefflich singen gelernt und gewiß auch einmal über eine umfangreiche kraftvolle Stimme verfügt; jetzt ist diese aber in der mittleren und tieferen Lage etwas verschleiert, und selbst der bewegte dramatische Vortrag kann den fehlenden Klang und Schmelz nicht ersetzen; mit der, Widmung“ von Schumann, die sie deutsch sang, erzielte sie noch den größten Erfolg. Auch der Italiener Foli ist nicht mehr im stande, die Herzen zu erobern; sein breiter Baß erfreut sich zwar einer bemerkens⸗ werthen, imponirenden Tiefe, aber dies ist auch das einzige, was an ihm anzuerkennen sein würde. Die Engländerin Miß Dews sang die Arie „Ach, ich habe dich verloren‘ aus Gluck's „Orpheus“ ausdrucksvoll und mit einwandsfreier Stimme, aber ihr fehlte die Wärme, auch wohl etwas die Kunst des Vortrags, — im Königlichen Opernhause würde man sich an Fräulein Staudigl's Vortrag ungleich mehr erfreuen können. Vollständig miß⸗ glückt war der Vortrag des Engländers Mr. Orlando Harley, was freilich wohl nur auf seine Indisposition zurückzuführen war; diese machte es aber auch nicht möglich, über den Werth seiner Tenor⸗ stimme ins Klare zu kommen. Den Vogel schoß der Violinist Eugene YBsaye ab, der von seiner früheren Thätigkeit als Concert— meister bei den Bilse⸗Concerten in Berlin bekannt und zu einem reifen, den großen Geigern ebenbürtigen Künstler geworden ist:; Technik und Ton lassen nichts zu wünschen übrig; namentlich in einer auf den Beifall hin gewährten Zugabe, eines Capriccios von Sarasate, be⸗— wies er sein eminentes Können. Auch dem Spanier, Pianisten Seßor Albeniz muß man das Lob einer ungewöhnlichen Fertigkeit zuerkennen; der Vortrag der kleinen Stücke von Scarlatti war eine feine Filigranarbeit. Erwähnt mag noch werden, daß Herr Wilhelm Ganz die Gesangvorträge auf dem Clavier vorzüglich be⸗ gleitete. Aber diese hervorragenden Leistungen lassen das Ensemble des aus allen Nationalitäten zusammengesetzten Künstlerkreises und eine große Rundreise durch die Hauptstädte der Welt doch nicht voll⸗ ständig berechtigt erscheinen; jedenfalls wird die Künstlerschaar r,, für die Berliner zu einem Anziehungspunkte werden, da diese durch heimische und bekannte Künstler denn doch schon zu sehr verwöhnt sind.
Ihre Majestät die Kaiserin hatte die Gnade, dem Concert beizuwohnen.
Wegen einer Unpäßlichkeit des Herrn Matkowsky geht morgen statt des angekündigten „Uriel Acosta? Körner's „Zriny im Königlichen Schauspielhause in Scene. Die näͤchste Auf⸗ führung des „Uriel Acosta“ wird voraussichtlich am nächsten Freitag erfolgen. ‚.
Im Berliner Theater wird zur Zeit ein neues realistisches, in der Reichshauptstadt spielendes Stück vorbereitet, das in der nächsten Woche zur Aufführung gelangen soll.
Herr von Moser wird der ersten Aufführung der beiden von ihm in Gemeinschaft mit Herrn Robert Misch verfaßten Lustspiele Fräulein Frau“ und „Der sechste Sinn“ von denen ersteres am Hamburger Thalia⸗Theater bereits großen Erfolg gehabt hat, am Sonnabend im Lessing-Theater persönlich beiwohnen. ö
Herr Hans Meery, augenblicklich am Landes⸗-Theater in Prag, ist vom Director Sigmund Lautenburg für das Residenz⸗-Theater als Regisseur und Darsteller verpflichtet worden. Seine neue Wirk⸗ samkeit beginnt Herr Meerv mit einer Inseenirung von Ibsen's Gespenstern“, die gelegentlich des Hamburger Ensemble⸗Gastspiels zur Aufführung gelangen sollen.
Das Thomas-Theater bringt am Sonnabend die schon an⸗ gekündigte Novität, die Vaudevilleposse ‚Rothköpfchen“ von Meilhac und Halévy, Musik von Richard Genée. Die Titelrolle spielt Frau Damm hofer.
Im Concerthause veranstaltet Herr Kapellmeister Meyder morgen einen Strauß⸗Suppé⸗ Sffenbach⸗ Abend. Bei diefer Ge⸗