1892 / 31 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 04 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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in welcher die Staatsregierung aufgefordert wird, wenn etwa Aende⸗ rungen beabsichtigt werden, diese Aenderungen dem Landtage mit⸗ zutheilen. Daraus ergiebt sich von selbst, wenn ich namens der Staatsregierung dieser Resolution zustimme, daß ich damit die Absicht der Staatsregierung ausdrücke, in dem ganzen nächsten Etatsjahr nach diesen Grundsätzen zu verfahren. Will man das Etatsrecht nennen, so ist das ein Wort, womit nicht viel erklärt wird. Ich glaube, in der Sache sind wir vollständig einig, und ich möchte bei dem großen Fortschritt, den wir hier machen, dringend bitten, keine Doctorfrage aufzuwerfen. In der Sache selbst wird es genau so kommen, wie alle Theile wünschen. Das aber muß die Staatsregierung festhalten, daß sie, wie bisher, formell rechtlich be⸗ fugt ist, die Vertheilung der Summen, welche in den einzelnen Etatstiteln stehen, sofern sie nicht durch ausdrückliche Bestim⸗ mungen des Etats beschränkt wird, nach ihrem Ermessen vorzu⸗ nehmen.

Wenn nun Herr Abg. Boediker gewünscht hat, es solle die Staatsregierung sich darüber äußern, ob nicht, wenn in einzelnen Fällen auf Grund des Verhaltens der Beamten das Aufrücken sistirt wird, den betreffenden Beamten die Gründe ausdrücklich mit⸗ getheilt werden sollten, so wird sich das ja ganz von selber machen. In der Regel wird der Beamte schon ganz genau wissen, aus welchen Gründen ihm ein solches Aufsteigen nicht gewährt werden soll (sehr richtig!! fragt er darnach und wünscht er, den Grund zu wissen, so wird man zweifellos ihm den⸗ selben sagen, namentlich, wenn er beabsichtigt, was ihm ja immer zusteht, an die vorgesetzte Behörde beziehungsweise den Minister mit einer Beschwerde sich zu wenden.

Aber, meine Herren, das steht allerdings fest, daß jeder Chef einer Behörde verpflichtet ist, diese Grundsätze zur Ausführung zu bringen, wenn er keine besonderen thatsächlichen Gründe hat, im Einzelfalle davon abzuweichen, und ich stehe durchaus nicht an, dies ausdrücklich hier zu erklären. Ich glaube, damit könnten die verehrten Herren sich wohl beruhigen.

Daß wir diese ganze Sache in dieser Form machen, wird sich doch empfehlen mit Rücksicht auf die gesammten Verhältnisse. Einmal sind wir noch garnicht fertig, weder mit der Lösung der Frage einer Stellenvermehrung und einer Verminderung der Diätarien und der Aenderungen, die sich daraus ergeben können, und ebenso wenig mit der hoffentlich möglichst bald stattfindenden Aufbesserung der Beamtengehälter. Endlich ist auch eine Verschiedenheit der allge⸗ meinen Verwaltung gegen viele Einrichtungen in der Eisenbahn⸗ Verwaltung stehen geblieben, die wir in diesem Augenblick noch nicht haben überwinden können. So ist es gewiß nicht gerathen, von allem Andern abgesehen, diese Frage durch ein Gesetz zu regeln; aber es wäre auch unmöglich, diese einzelne Frage durch ein Gesetz zu regeln; dann müßten wir eine ganze umfassende Beamten— ordnung vorlegen, und das ist zur Zeit auch nicht möglich.

Unter diesen Umständen, glaube ich, dürfte das Haus wohl Ver— anlassung haben, sich mit der Staatsregierung auf der hier vor— liegenden Grundlage zu verständigen.

Abg. Kiesch ke (b. k. F.) hält es für nothwendig daß eine Bemerkung in den Etat aufgenommen werde, damit das System der Alterszulagen auch bei einem Personenwechsel im Ministerium festge⸗ halten werde.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ich möchte doch daran erinnern, daß das System des Aufrückens nach Altersstufen in der ganzen Eisenbahn-Verwaltung, sogar, wenn ich nicht irre, ohne vorherige Mittheilung an den Landtag, durchgeführt worden ist, ohne daß daraus die mindesten Unzuträglich— keiten erwachsen wären. Auch ist nach den Verhältnissen die Staatsregierung gar nicht in der Lage, ein solches System plötz⸗ lich wieder zu ändern. Dagegen verliert das Haus an seinen Rechten, auch wenn eine solche etatsrechtliche Festlegung nach dem Ausdrucke des Herrn Abg. Kieschke nicht stattfindet, nicht das Ge— ringste, denn im nächsten Jahr ist das Haus in der Lage, bei der Bewilligung der betreffenden Positionen die Mittelsätze wieder einzustellen, wenn die Art und Weise, wie die Staatsregierung die Sache ordnet, dem Hause nicht gefällt oder nicht zweckmäßig erscheint. Also, irgend ein Verlust, eine Aufgabe con— stitutioneller Rechte findet gar nicht statt.

Machen Sie die Sache nicht durch Einstellung der Denkschrift und ihres Inhalts in den Etat, legen Sie nicht die ganze Sache fest, so greifen Sie nicht in die bisherige Befugniß der Executive ein und bringen hier so nicht eine constitutionelle Streitfrage in die Sache, dazu ist gar nicht die geringste Veranlassung da. Denn darüber können Sie doch wohl zweifellos sein, daß, nach— dem die Staatsregierung erklärt hat, wir sind bereit, bei dem nächsten Etat alle etwaigen Veränderungen und so fort bei allen weiteren Etats vorzulegen, sie gar nicht in der Lage ist, innerhalb des Etatsjahres an diesen Grundsätzen wesentliches zu ändern. Gefällt Ihnen eine Aenderung in der Zukunft nicht, so haben Sie, wie gesagt, das Recht, das ganze System wieder zu beseitigen.

Ich glaube also, die große Vorsicht, die Abg. Kieschke anwenden will, gegen andere Ressorts oder gegen einen Nachfolger des Finanz⸗ Ministers, ist in keiner Weise nothwendig.

Abg. Graf zu Limburg-Stirum (eons.): Die Erklärung des Finanz-Ministers sei vollständig befriedigend; die Annahme der Reso⸗ lution empfehle sich, trotzdem sonst Resolutionen keine erhebliche Be⸗ deutung hätten, weil dadurch in etwas feierlicher Form die Erklä— rung des Finanz⸗Ministers festgelegt werde.

Darauf werden der Titel und die Resolution angenommen. Der Rest des Etats des Finanz⸗Ministeriums wird ohne weitere Debatte genehmigt, ebenso ohne Debatte der Etat der indirecten Steuern.

Schluß 3 Uhr.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Invaliditäts- und Altersversicherung.

An Anträgen auf Gewährung von Altersrenten find bei der Hanseatischen Versicherungsanstalt seit Beginn des Jahres 1891 bis Ende Januar 1892 eingegangen 1144. Von diesen entfallen auf das Gebiet der freien , Lübeck 212, Bremen 244,

mburg 688. Von den eingegangenen Anträgen sind bis Ende

anuar erledigt: 1095 Anträge und zwar 948 durch Renten⸗ gewährung und 147 durch Ablehnung. Auf die Gebiete der drei Hansestädte vertheilen sich diese erledigten Anträge folgender maßen: Es entfallen auf das Gebiet der freien e th Lübeck Rentengewährungen 175, Ablehnungen 30, der freien 2 tadt Bremen Rentengewährungen 208, Ablehnungen 24, der freien Hansestadt

der bis jetzt gewährten Renten macht in Lgesammt 149 941,80 aus. Nach den Berufszweigen vertheilen sich die 949 Rentenempfänger auf folgende Gruppen: Landwirthschaft und Gärtnerei: 72 Renten- empfänger, Industrie und Bauwesen: 370 Rentenempfänger, ndel und Verkehr;: 128 Rentenempfänger, sonstige Berufsarten: 76 Renten⸗ empfänger, Dienstboten ꝛc.: 303 Rentenempfänger.

Nord-⸗2Astseg⸗ Kanal.

Von den beim Bau des Nord⸗Ostsee⸗Kanals im ganzen zu be⸗ wältigenden 77 Millionen Kubikmeter Bodenmasse waren bis zum 1. Oktober 1891 rund 36 Millionen ausgehoben worden. Die Be—⸗ festigung der Ufer durch Deckwerke, sowie der Bau der Hochbrücke bei Grünthal, als auch die Schleusenbauten bei Holtenau, Brunsbüttelerhafen und Rendsburg nehmen einen erfreulichen Fortgang; eine Störung im Arbeitsbetriebe ist während des ver⸗

ossenen Jahres nicht zu beklagen gewesen. Für das Jahr der Eröffnung des Nord-Ostsee⸗Kanals, 1895, wird in Kiel eine Pro⸗ vinzial-Gewerbe-⸗Ausstellung in Verbindung mit einer Aus—⸗ stellung der Entwickelung des Schiffsbaues geplant, falls die in Berlin n stehende große Ausstellung 1896 oder später stattfinden ollte.

Hamburg , 566, . 93. Die Jahres summe

Zur Arbeiterbewegung.

In Bremen fand am letzten Sonntag ein social⸗ demokratischer Parteitag statt, der nach dem „Vorwärts“ von 62 Delegirten aus Bremen, 5 hannoverschen und den 3 oldenburgischen Reichstagswahlkreisen besucht war. Folgende Beschlüsse wurden gefaßt: .

Es wird ein Vorort gewählt, der . zu wählende Com⸗ mission, ö aus drei Personen, die . des Parteitags zur Ausführung zu bringen und die laufenden Geschäfte zu erledigen hat. Jeder Wahlkreis, oder durch stattgehabte Sonder⸗-Parteitage verbundene Kreise leiten ihre Geschäfte selbständig, haben jedoch auch solche Orte mit in den Bereich ihrer Agitation zu ziehen, die ihrer geographischen Lage nach von diesen am besten bearbeitet werden können. Bei größeren Parteiactionen Wahlen, Verbreiten von Flugblättern, Zeitungen, Broschüren, sowie Abhalten einheitlich geregelter Versammlungen, hat die Commission des Vororts den Gegenstand zu ordnen. Die Vertrauensleute haben mindestens alle zwei Monate der Commission einen Situgtionsbericht einzusenden. Es ist nach Möglichkeit darauf hinzuwirken, daß Parteigenossen in den ländlichen Bezirken in unabhängige Stellung gebracht werden. Die für die Agitation entstehenden Kosten werden auf dem Wege des Umlageverfahrens, und zwar unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der einzelnen Kreise, ge— deckt. Die Parteigenossen sind aufzufordern, für die Aufklärung und Organisirung der Frauen und Mädchen, die in der Industrie und Landwirthschaft thätig sind, zu wirken durch Abhaltung entsprechender Versammlungen und Verbreitung der w Gleichheit ).

In Leipzig wurde in einer am Montag abgehaltenen öffent— lichen Versammlung der in Buchbindereien, Notenstechereien, Graveur und Ciseliranstalten beschäftigten Arbeiter nach der Wahl eines Vertreters zum Gewerkschaftscongreß in Halberstadt mitgetheilt, daß gegenwärtig nach Beendigung des Buchdruckerstrikes in Deutschland noch 5000 Gehilfen ausgesperrt seien. Arbeitslos seien in Leipzig 700 Gehilfen und 300 Arbeiterinnen, in Dresden 300, in Berlin 1000, in Stuttgart und München je 350 Gehilfen, in Han⸗ nover 300 und in Ham urg 200 Gehilfen. Eine Versammlung der Arbeiter und Arbeiterinnen der Bekleidungs— in dustrie (Schneider, Schuhmacher, Textilarbeiter, Hut⸗ macher u. s. w.) wählte an demselben Abend gleichfalls einen Vertreter für den Gewerkschaftscongreß in Halberstadt und eine Commission für die Errichtung einer mit Arbeitsnachweis verbundenen Herberge. Die Betheiligung an einer für die Arbeiter aller Berufe zu errichtenden Herberge wurde abgelehnt.

Aus Hanau wird der „Köln. Itg.“ geschrieben: Eine außer⸗ ordentliche Mitgliederversammlung des. Fachvereins der hiesigen Diamantschleifer hat den Ausstand bei der Firma L. Kohn jun. zu Kesselstadt für beendet erklärt. Von den Forderungen der Arbeiter ist keine bewilligt worden; die Arbeit wird bedingungslos wieder aufgenommen.

In Zelitz haben der „Nordd. Allg. Ztg.“ zufolge die Soeial⸗ demokraten das Central-⸗Theater angekauft. Eine Brauerei gab den größeren Theil der Kaufsumme, die sich auf nahe an 150 000 M beläuft, leihweise her. .

Aus Stockholm wird der „Voss. Ztg.“ unter dem 1. d. M. berichtet: Die Socialdemokraten Stockholms hatten heute eine gewaltige Demonstration ins Werk gesetzt, die bei dem Zuströmen der Tausende von Menschen zeitweise einen beunruhigenden Charakter annahm. Veranlassung war das Gesuch der Arbeits— losen an den Magistrat, zur Abhilfe der Noth ver⸗ schiedene größere Arbeiten in Angriff nehmen zu lassen. Von der ins Werk gesetzten Veranstaltung sollte auf die in der Börse ver— sammelten Stadtverordneten ein Druck ausgeübt werden. Die Arbeiter beabsichtigten, von verschiedenen Stellen aus in ge— schlossenen Zügen nach dem „Großen Markt“ zu marschiren, wurden aber hieran durch die Polizei verhindert; die Arbeiter zogen hierauf in kleinen Gruppen nach ihrem Ziele, so daß der durch das Stockholmer Blutbad historisch berühmte Platz in kurzer Zeit von einer lärmenden Menge gefüllt war, der die Polizei an⸗ fänglich machtlos gegenüberstand. Erst als Verstärkungen an Polizei und Soldaten, im ganzen etwa 4090 Mann, geholt waren, gelang es den Platz zu säubern; da dies jedoch nicht ohne Widerstand der Menge abging, so wurden etwa 50 Verhaftungen vorgenommen.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Deutscher Landwirthschaftsrath.

Für die am 7. März d. J. beginnende 20. Plenarversammlung des Deutschen Landwirthschaftsraths ist folgende Tagesordnung fest— gesetzt worden:

A. D. Eröffnung und Constituirung der Versammlung. 2) Be— richt über das Kassenwesen und Vorlegung der Rechnungen pro 1891 zur . 3) Feststellung des Etats pro 1892. 4 Bericht über die Ausführung der in der 19. Plenarversammlung gefaßten Beschlüsse. 5) Geschäftliche Mittheilungen.

B. 1) Der Abschluß der Handelsverträge mit Oesterreich⸗-Ungarn, Italien, Belgien und der Schweiz in Beziehung zur deutschen Landwirthschaft In Verbindung hiermit befondere Ver— handlung über: a. das Eisenbahntarifwesen und dessen internationale Beziehungen unter dem System der Handelsverträge. b. Die Staffel⸗ tarife für Getreide auf den preußischen Staatsbahnen. (. Die Zölle der für die Landwirthschaft un ntbehrlichen Productionsmittel (ins— besondere Futtermittel]. d. Maßnahmen zum Schutz des einheimischen Weinbaues. e. Beförderung der inneren Folonisation; Entwickelung des Verkehrswesens (insbesondere der Verkehrsstraßen untergeordneter Bedeutung und des Kanalwesens),. 2) Die Abänderung des Unter— stützungswohnsitz⸗Gesetzes. 3) Maßnahmen gegen die Mißbräuche der, Speculation im Getreidehandel. 4 Die Nothwendigkeit schärferer Maßnahmen zur Bekämpfung der Viehseuchen; a. Rothlauf der Schweine. b. Tuberkulose des Rindviehs (in Verbindung damit: rg der Viehversicherung. . Maul⸗ und Klauenseüche (in Verbindung damit: Zweckmäßigere Organisation des Seuchen⸗Nachrichtendienstes) 5) Die Resorm der Saatenstandsberichte und der Ernteermittelung. 6) e, . führung einheitlicher Getreide⸗Preisnotirung an den deutschen Börsen. Handel und Notirung nach Lebendgewicht für Schlachtvieh. 8) Die Bestrebungen zur Regelung des Handels mit käuflichen Futtermitteln: a. Bericht über die Arbeiten der Futtermittel-⸗Com⸗ mission. b. Die Gewinnung besserer Kenntniß Über den Einfluß der käuflichen Futtermittel, ihrer Bestandtheile und der zu Fälschungs⸗ zwecken benutzten Zusätze auf den Gesundheitszustand der Thiere.

9) Berichte über neuere Vorgänge auf den Gebieten des Versiche= rungswesens und des Eisenbabntarifwesens. Aenderung bezw. Ergänzung der Tagesordnung ist vorbehalten.

; Stand der Saaten.

Die Bestellung der Wintersagten hat im Regierungsbezirk Aurich überall unter den gin tigten Bedingungen beschafft, auch die Vor er, des Ackers für die Frühjahrsbestellung ausreichend besorgt werden können. Die Ackerarbeiten wurden sogar vielfach bis Anfang Dezember ausgedehnt, sodaß verhältnißmäßig viel Winterfrüchte gesäet worden sind. Die junge Saat hat sich namentlich in der Geest kräfti

entwickelt und ist recht gut in den Winter gekommen, in der Marf

ist sie stellenweise durch den ausgetrockneten Boden beim Keimen und Aufgehen ungünstig beeinflußt worden und daher etwas zurückgeblieben. Der Weidegang des Rindviehs konnte überaus lange, stellenweise bis Mitte , ausgedehnt werden, wodurch eine Futterersparniß von zwei bis drei Wochen erwachsen ist.

Im Regierungsbezirk Merseburg ist die Herbstbestellung, welche anfänglich durch Trockenheit erschwert wurde, gut von statten gegangen. Der Stand der Wintersgaten ist ein guter.

In der Provinz Schleswig haben sich die Saaten recht gut entwickelt, und wenn sie auch anfangs unter den durch die Ackerschnecke angerichteten Verheerungen zu leiden hatten, so hat die äußerst günstige Witterung den Schaden wieder en, . Die Oelsaaten stehen ut und stellenweise fast zu üppig. eizen und Roggen stehen räftig. Der junge Klee und die Grasweiden haben ein gutes Aus— sehen. Der Erdrusch des Getreides ist theilweise als gut zu bezeichnen und scheint dem Ergebniß des Probedreschens zu entsprechen.

Sandel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 3. d. M. gestellt 93388, nicht rechtzeitig

gestellt keine Wagen. 3wangs Versteigerungen.

Bein Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 3. Februar 1892 die nachverzeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Forsterstraße, dem Maurermeister Emil Petermann gehörig; fuͤr das Meistgebot von 8 609 Æ wurde der Kaufmann Paul Lindenau zu Berlin Ersteher. Weißenburgerstraße 44, dem Bauunternehmer Otto Hargesheimer ju Friedrichshagen gehörig; Ersteher wurden die Kaufleute Arnold Jacobsohn und , el Blumenthal zu Berlin für das Meistgebot von 5 16.

Der „Zeitschr. f. Spir⸗Ind.“ entnehmen wir folgenden Be⸗ richt über den Handel mit Stärke nach Mittheilungen der Ver— trauensmänner in der Zeit vom 27. Januar bis 2. Februar 1892: Nachdem in der Vorwoche überhaupt nicht Abschlüsse in Kartoffel⸗ fabrikaten mitgetheilt wurden, ist in der Berichtswoche auch nur folgender Abschluß bekannt . worden: Es wurden verkauft an Kartoffelmehl; 100 Sack superior zu 37.50 4 gegen nett Kasse ohne Abzug und Provision, Lieferung Mitte März d. J. frei Station in Niederschlesien. . ; .

Die in der gestrigen Aufsichtsrathssitzung vorgelegte Bilanz der Aachener Dis conto-Gefelkschaft ergiebt einen Reingewinn von 623 027 M gleich S3/io , des Actiencapitals. Daraus sollen 68 453 M an gil en übherwiesen. 30 356 auf neue Rechnung vor— getragen werden. Hiernach wird die Vertheilung einer Dividende von 6 G vorgeschlagen. Der Bestand der Rücklagen beträgt ohne An— rechnung des Deleredere⸗Contos in der Höhe von 250 000 gegen⸗ wärtig 540 000 M gleich 71 des Actiencapitals.

In der gestrigen Generalversammlung der Oesterreichisch— Ungarischen Bank wurde der Bericht des Generalraths vorgelegt, der eine erfreuliche Entwicklung der allgemeinen wirthschaftlichen Ver⸗ hältnisse der Monarchie im Jahre 1891 constatirt. Namentlich in Ungarn sei das erkennbar gewesen, wo der Geschäftsverkehr die An sprüche an die Bank bedeutend gesteigert habe. Der Bericht und die vorgeschlagene Dividende in Höhe von 7,78 wurden einstimmig genehmigt. . ö ,

Der Aufsichtsrath der Hamburger Commerz⸗ und Dis— conto⸗Bank wird der Generalversammlung eine vierprocentige Dividende vorschlagen.

Leipzig, 3. Februar. (W. T. B.) Kamm zug-Termin— handel. La Plata. Grundmuster B. per Februar 3,4295 M, per März 3,45 4M, per April 3,477 M, per Mal 3,47 Æ, per Juni 3,477 A6, per Juli 3,474 S, per August 3,50 M, per September 3,50 S, per Oktober 3,523 M, per November 3523 ½ς, per Dezember 3,524 S6, per Januar 3,539 6 Umsatz 130 000 g.

London, 3. Februar. (W. T. B. Wollauction. Lebhafte Betheiligung.

An der Küste 3 Weizenladungen angeboten.

New⸗York, 3. Februar. (W. T. B.) Nach ruhiger Eröffnung der Börse trat im Verlaufe Abschwächung ein und die Börse schloß zu niedrigeren Cursen. Der Umsatz der Actien betrug 346 0905 Stück. Der Silbervorrath wird auf 3 700 000 Unzen geschätzt. Die Silberverkäufe betrugen 150 0009 Unzen. Die Silberankäufe für den Staatsschatz betrugen 439 000 Unzen zu 90,80 à 91,10.

Verdingungen im Auslande.

Niederlande. 13. Februar. 34 afdeeling der Noord-Brab. Maatschappy van Landbouꝶm zu Kruisland (Zeeland): Lieferung von 105 9900 kg Superphosphat, 26 000 kg Ammoniakphosphat, 25 800 kg Chilisalpeter. Auskunft bei dem Secretariat der Afdeeling zu Kruisland. 15. Februar 2 Uhr. „Hollandsche Vzeren Spoorweg My in der Centraal Personen Station“ zu Amsterdam: Lieferung von 30 000 Stück mit Chlorzink getränkter flacher Der n e fsen von Eichenholz. Bedingungen erhältlich für 1 Fl. in Centraal Administratise Gebourm der Maatschappy aan het Droogbak zu Amsterdam. 22. Februar 2 Uhr. Ministerie van Financien (afdeeling Comptabilität en Verificatie) im Haag: Lieferung von 380 Ries und 2950 kg verschiedener Carton— papiere. . Auskunft und Muster im „hureau Matériel (Valkenhuis)

im Haag. Schwe den.

20. Februar 12 Uhr. Verwaltung der Schwedischen Staats⸗ bahnen. Stockholm. Lieferung von:

15 000 kg Baumöl;

220 000 Petroleum (Americ. Stand. White);

2000 Gasolin

75 O00 , CGylinder⸗Mineralöl; Locomotiv⸗Mineral⸗(Sommer⸗) Del; Locomotiv⸗Mineral⸗ (Winter⸗) Oel; Wagen⸗Mineral⸗Oel; Rüböl; Talg; Schmierseife; Baumwollabfall.

Näheres und Angebotsformulare beim Ober-Director, der Ma, schinen⸗Abtheilung Centralstation Stockholm, und beim. Reichs⸗Anzeiger (in schwedischer Sprache).

23. Februar 12 Uhr. Königlicher Münz⸗Director Stockholm. Lieferung von: 2000 kg Silber; 19000 Jupfer. Näheres im Bureau der Königlichen Münze und lin schwedischer Sprache) beim Reichs⸗Anzeiger“.

n nne , ,

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Hause der Abgeordneten ist der nachstehende Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Kosten Königlicher Polizeiverwaltungen in Stadt— gemeinden, zugegangen

§ 1. In denjenigen Stadtgemeinden, in welchen die örtliche Polijeiverwaltung ganz oder theilweise von einer , . Behörde geführt wird, bestreitet der Staat alle durch diese Verwaltung ent⸗ stehenden Ausgaben einschließlich der Kosten für das Nachtwachtwesen und erhebt, unbeschadet der Bestimmung des 5 7 Absatz 3 des Gesetzes vom 25. April 1883 Gesetz⸗Samml. S. 65 alle mit dieser Verwaltung verbundenen Einnahmen. Zu den Ausgaben tragen nach Maßgabe der Kopfzahl der Civilbevölkerung jährlich bei:

2. die Stadtgemeinde Berlin...... je 2.50 ,

, K von den übrigen Stadtgemeinden mit K. Polizeiverwaltung:

c. diejenigen mit mehr als 75 000 Einwohnern je 1,50 ,

d. diejenigen mit 25 0090 bis 75 0900 Einwohnern je 1,10 ,

e. diejenigen mit weniger als 25 000 Einwohnern je 070 , für den Kopf der Bevölkerung.

Ueber die Verwendung dieser Beiträge, insbesondere auch zur Vermehrung der Landgendarmerie behufs Ausdehnung der Thätigkeit derselben auf die zu Landkreisen . Stadtgemeinden und be⸗ hufs Verstärkung derselben in den Vororten der einen eigenen Kreis bildenden Städte mit communaler Polizeiverwaltung, wird durch den Staatshaushalts⸗Etat alljährlich Bestimmung getroffen.

2. Ausgaben der örtlichen Polizeiverwaltung im Sinne des §z 1 sind sämmtliche Dienstbezüge (Besoldungen, Remunerationen, Wohnungsgeldzuschüsse, Local⸗ und Stellenzulagen, Dienstaufwands, Miethsentschädigungen, Equipagen⸗ und Pferdeunterhaltungsgelder), Pensionen und Wartegelder der Polizeibeamten, Wittwen- und Waisengelder für Hinterbliebene solcher Beamten, Fuhr- und Trans- rortkosten, Miethen für Dienstwohnungen, Kosten für Bekleidung und Ausrüstung der Schutzmannschaft, für Bureaubedürfnisse, für Beschaffung und bauliche Unterhaltung der Polizeidienstgebäude, Polizeigefängnißkosten und besondere Ausgaben im Interesse der ört— lichen Polizeiverwaltung.

§ 3. Maßgebend für die Berechnung der Einwohnerzahl ist in Betreff der Bestimmungen dieses Gesetzes die durch die jedesmalige letzte Volkszählung ermittelte Zahl der ortsanwesenden C ivilbevöl kerung. Die Aenderung dieser Zahl tritt ein mit dem Beginn des auf die jedesmalige Volkszählung folgenden Etatsjahres.

Der von den Stadtgemeinden zu leistende Kostenbeitrag ist in vierteljährlichen Theilbeträgen vorauszuzahlen.

§ 4. Die Stadtgemeinden sind verpflichtet, die ihnen gehörigen Grundstücke, Gebäude und Inventarienstücke, welche gegenwärtig den Zwecken der Königlichen Ortspolizeiverwaltung dienen, auch ferner auf ö Dauer des Bedürfnisses für diese Zwecke unentgeltlich her— zugeben.

§ 5. Erstreckt sich der Bezirk der Königlichen Ortspolizeiver⸗ waltung in einer Stadtgemeinde auf benachbarte Gemeinde- oder Gutsbezirke, so sind die betheiligten Verbände verpflichtet, zu den Ausgaben der Polizeiverwaltung nach den Bestimmungen des §1 mit der Maßgabe beizutragen, daß der auf den Kopf zu berechnende Beitragssatz nach der Einwohnerzahl des beitragenden Gemeinde- oder Gutsbezirks (8 3) bemessen wird, und wo diese Einwohnerzahl unter 10 000 bleibt, durch den Ober-Präsidenten, jedoch in keinem Falle höher als auf O70 M für . Kopf festgesetzt wird. Werden solchen Gemeinde⸗ oder Gutsbezirken einzelne Zweige der örtlichen Polizeiverwaltung belassen oder überwiesen, so tritt eine entsprechende Ermäßigung des Beitragssatzes ein, dessen Höhe durch den Ober⸗Präsidenten festgesetzt wird.

Gegen den Festsetzungsbeschluß des Ober-Präsidenten findet innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Ober-Verwaltungs— gericht statt.

6. In denjenigen Stadtgemeinden, in welchen einzelne Zweige der Ortspolizeiverwaltung den Gemeinden zur eigenen Verwaltung überwiesen sind oder, bei der auf Antrag der Gemeinden einzu⸗ leitenden Neuregelung der Verwaltung der Wohlfahrtspolizei, zu⸗ künftig überwiesen werden, tritt eine der Minderausgabe des Staats entsprechende Ermäßigung des nach Maßgabe der Kopfzahl der Civilbevölkerung zu zahlenden Beitragssatzes ein. Die Höhe dieses ermäßigten Satzes wird von dem Ober⸗Präsidenten festgesetzt. Gegen den Festsetzungsbeschluß des Ober⸗Praäͤsidenten findet inner— halb zwei Wochen die Klage bei dem Ober⸗Verwaltungsgericht statt.

§ 7. Mit dem 1. April 1893 erlischt:

„I) Die im Vertrage vom 21. Juni 1844 übernommene Ver— pflichtung der Stadt Königsberg i. Pr. zur Zahlung eines Zuschusses von 7506 6 jährlich zu den Kosten der dortigen Polizeiverwaltung;

, , 15. August 1857

5 übernommene Verpflichtung der Stadt Breslau, zu den UÜnterhaltungs— und Neubaukosten des dortigen n. beizutragen. ö 2. Augu . ö

. 3 Die im Vertrage vom Gen 1879 übernommene i , der Stadt Danzig zur baulichen Unterhaltung des dortigen Polizeigeschäftshauses. 4 Die im Vertrage vom 31. Juli 1837 übernommene Ver⸗ Hfichtung der Stadt Berlin, die Kosten des Nachtwachtwesens zu ragen. . Im übrigen wird in den bestehenden Verträgen, welche bestimmte Ausgaben einer Königlichen e, ,, dem Staate oder der Gemeinde auferlegen, oder welche die Hergabe von Grundstücken und die Errichtung von Gebäuden für eine Königliche Polizeiverwaltung betreffen, durch dieses Gesetz nichts geändert. 88 8. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. April 1893 in Raft. Mit diesem Zeitpunkte werden alle demselben zuwiderlaufenden Bestimmungen aufgehoben. .

§ 9. . Der Minister des Innern ist mit der Ausführung des gegenwärtigen Gesetzes beauftragt und erläßt die hierzu erforderlichen Anordnungen.

In der Begründung heißt es:

Im Jahre 1888 wurde von der Königlichen Staatsregierung dem dandta je ein Gesetzentwurf zur Beschlußfassung vorgelegt, welcher eine einheit iche Regelung der Beitragspflicht der Gemeinden zu den Kosten öniglicher Polizeiberwaltungen für den gesammten Umfang der mitch bezweckte. Dieser Gesetzentwurf ging von folgenden Grund— atzen aus:

Die Theilung der Kosten der Königlichen Ortspolizeiver—⸗ waltung in Städten in persönliche und sächliche wird auf⸗ gehoben und die Bestimmung getroffen, daß der Staat sämmt⸗ liche Ausgaben dieser Verwaltung bestreitet, und alle mit der⸗ selben verbundenen Einnahmen erhebt. Die Stadtgemeinden zahlen zu diesen Ausgaben einen jährlichen Beitrag in Form eines Pauschquantums und nehmen in gleichem Verhältniß an den aufkommenden Einnahmen theil. Als Beitragsquęte der Gemeinden wird die Hälfte der durch den jedesmaligen Staats⸗ baushalts-Etat festgesetzten gesammten 2 der betreffenden Polizeiverwaltung festgesetzt.

. Zweite Beilage zum Deutschen Reichs⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 31.

Berlin, Donnerstag, den 4. Februar

Der Staat und die Gemeinden haben die ihnen gehörigen, für die Zwecke der Königlichen Ortspolizeiverwaltung be— stimmten Grundstücke und Gebäude auch ferner für diese Zwecke unentgeltlich herzugeben.

Der Gesetzentwurf fand nur theilweise Anerkennung; namentlich waren es zwei Bedenken, welche gelegentlich der ersten Lesung in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 27. Februar 1888, fowie in den Verhandlungen der TV. Commission von den verschieden ften Seiten gegen denselben geltend gemacht wurden. Einmal erschien es mißlich, die Entscheidung über die Höhe der Beitragspflicht der betr. Stadtgemeinden in die Hände des Abgeordnetenhauses zu legen, wobei die Vertreter der in Frage kommenden 21 Städte natur⸗ gemäß mehr die Rechte ihrer Städte, als die des gesammten Landes wahrnehmen würden; es sei auch nicht billig, den Beitrag der Städte ohne Mitwirkung der betreffenden städtischen Verwaltungen lediglich durch den Staatshaushalts⸗Etat festzusetzen. Andererseits erachtete man die in dem Entwurf vorgesehene Beitragsquote (die Hälfte der Gesammtkosten) als so hoch, daß die Städte unverhältnißmäßig belastet würden.

Der Gesetzentwurf wurde nach der ersten Lesung im Plenum einer besonderen Commission von 21 Mitgliedern zur Vorberathung über⸗ wiesen, Bei den Berathungen der letzteren war die Mehrheit der Mitglieder dahin einverstanden, daß eine stärkere Heranziehung der betreffenden Stadt emeinden zu den Polizeiverwaltungskosten, als bis— her, angezeigt 9 Die Commission vermochte aber zur Er— reichung dieses Zwecks nicht dem von der Regierungsvorlage auf— gestellten Princip einer Vertheilung der Kosten nach Quoten zuzu— stimmen, sondern erachtete vielmehr eine Festsetzung der städtischen Bei⸗ träge nach Maßgabe der Bevölterungsziffer fuͤr zweckmäßiger.

Bevor es zu einer endgültigen Beschlußfassung in der Commission kam, wurden die Berathungen des Landtags geschlossen, sodaß der Ge— setzentwurf unerledigt blieb.

Die Staatsregierung gelangte bei der weiteren Erörterung des Gegenstandes auf Grund eingehendster Erwägung zu der Ueber— zeugung, daß das Princip der Festsetzung der städtischen Beiträge zu den Polizeikosten nach Maßgabe der Bevölkerungsziffer allerdings den Vorzug vor dem Prinzip der Quotisirung verdiene, und legte einen dementsprechend gestalteten Gesetzentwurf dem Land— tage in der Session des Jahres 1889 zur Beschlußfassung vor. Der Entwurf theilte die in Frage kommenden Städte in vier Categorien ein und normirte den ö je nach der Größe der Städte. Es war ein Kopfbeitrag vorgesehen für

Bern die Städte mit mehr als 75 000 Seelen ; die Städte mit 25 000 bis 75 000 Seelen ..

die Städte mit weniger als 25 009 Seelen.. E60 ,

Die Staatsregierung war bei dieser Eintheilung von der Ansicht aus— gegangen, daß es nicht angezeigt sei, sämmtliche Städte mit einem gleich hohen Betrage für den Kopf der Bevölkerung heranzuziehen, da sich naturgemäß die Kosten der Polizei in den kleineren Städten geringer als in den größeren stellen. Bestimmend für die Wahl der Höhe des Beitragssatzes war der für die Städte mit eigener Polizei⸗ verwaltung berechnete Durchschnittssatz der Polizeiverwaltungskosten, hinter welchem übrigens der erstere um ein geringes zurückblieb. Für Berlin wurde ein höherer Beitragssatz, als der für die Städte mit mehr als 75 000 Einwohnern in Vorschlag gebrachte, für ange— messen erachtet. In der, diesen Gesetzentwurf vorberathenden XI. Commission sewohl wie im Plenum des Hauses der Abgeordneten herrschte dar— über allseitiges Einverständniß, daß eine stärkere Heranziehung der Städte mit Königlicher Polizeiverwaltung, insbesondere der Stadt Berlin, zu den Kosten der Polizei angezeigt sei. Dagegen erachtete man einerseits den in Vorschlag gebrachten Beitragssatz als zu hoch; insbesondere wollte man die den Städten verbleibenden Kosten für das Nachtwacht- und das Feuerlöschwesen bei der Normirung der Sätze in Anrechnung bringen. Andererseits fand die Gruppeneinthei⸗ lung der Städte, wie sie in dem Gesetzentwurf enthalten war, nicht die Zustimmung des Hauses der Abgeordneten; letzteres erachtete vielmehr eine Zweitheilung der Städte mit der Grenze von 50 000 Einwohnern für einfacher und zweckentsprechender. Demgemäß wurde die Regierungsvorlage dahin abgeändert, daß

a. Berlin

b. die Stadtgemeinden mit mehr als 5

wohnern c. die Stadtgemeinden mit weniger als 50 000 Ein— wohnern , je O, 40 . pro Kopf der Civilbevölkerung zu den Ausgaben der Polizeiverwal⸗ tung beitragen sollten.

Mit dieser Beschränkung sowie einigen anderen weniger wesent— lichen Abänderungen wurde der Gesetzentwurf vom Hause der Ab⸗ geordneten in der Sitzung vom 3. April 1889 mit überwiegender

ajorität angenommen. .

Gleichzeitig erhob das Haus eine von der Commission in Vor— schlag gebrachte Resolution zum Beschluß, nach welcher die Staats⸗ regierung ersucht wurde, in den Stadtgemeinden mit Königlicher Polizeiverwaltung der Gemeinde, soweit dies nicht bereits geschehen, die Baupolizei einschließlich Straßenbaupolizei, die Gewerbe⸗ polizei bezw. einzelne Theile derselben, die Schulpolizei, Hafen-, Markt-, Feld. Jagd- und Forstpolizei zur eigenen Verwaltung zu überweisen. Man ging hierbei davon aus, daß die Handhabung dieser Zweige der Wohlfahrtspolizei in dem engsten Zusammenhang mit der allgemeinen Communalverwaltung stehe und daher im Interesse der Selbstverwaltung den Gemeinden zu überlassen sei. 5

Nachdem der Gesetzentwurf demnächst an das Herrenhaus gelangt war, wurde derselbe dort an eine Commission von 15 Mitgliedern zur Vorberathung überwiesen. In dieser Commission wurde der 5 1 des Entwurfs, welcher über die Höhe der Beitragssätze disponirt, zwar zunächst angenommen, demnächst aber die Gesammtvorlage abgelehnt. Zu einer Berathung im Plenum des Herrenhauses kam es infolge der Schließung des Landtags nicht mehr. Wenngleich, wie bei den Berathungen des öfteren hervorgehoben worden ist, es sich bei dem Gesetzentwurf um eine Maßregel der ausgleichenden Gerechtigkeit, nicht aber darum handelte, der Staatskasse erhebliche Mehreinnahmen zu⸗— zuführen, so konnte doch die Staatsregierung in den vorstehenden, den Entwurf wesentlich abändernden Bes⸗ . eine zweckmäßige Lösung der in Rede stehenden Frage nicht erblicken. Da jedoch nach der be⸗ stimmten Stellungnahme der großen Majorität des Hauses der Ab⸗ eordneten und der Commission des Herrenhauses nicht zu erwarten en. daß eine Wiedervorlage des Gesetzentwurfs von 1889 auf un⸗ veränderter Grundlage im Landtage eine günstigere Aufnahme finden werde, so ist die Staatsregierung bemüht gewesen, eine anderweite Grundlage zu gewinnen, die geeignet erscheint, den gegen den ursprüng⸗ lichen Vorschlag erhobenen Widerspruch zu beseitigen und die mit den Beschlüssen des Landtags verbundenen Nachtheile durch anderweit zu gewinnende Vortheile auszugleichen.

Es sind daher in dem vorliegenden Gesetzentwurf, der im übrigen wesen fig nach der Fassung der Beschlüsse des Hauses der Abgeord⸗ neten in der ersten 8 f.

je 1,50 0

ession der laufenden Legislaturperiode gestaltet ist, drei neue Gesichtspunkte aufgestellt, welche den Wünschen sowohl der Interessenten als denen des Landtags entsprechen dürften, nämlich:

1) Uebernahme des Nachtwachtwesens in den Städten mit König⸗ licher Polizeiverwaltung auf den Staat;

1892.

2) Ausdehnung der Thätigkeit der Landgendarmerie auf die Stadt⸗ gemeinden mit städtischer Polizeiverwaltung und zwar in der Weise, daß die hierdurch entstehenden Kosten zu 1 und 2 aus den von den Städten mit Königlicher Polizei- verwaltung zu leistenden Beiträgen entnommen werden; 3) Uebertragung der verschiedenen Zweige der Wohlfahrtspolizei in den Städten mit Königlicher Polizeiverwaltung an die betreffenden Gemeinden zur eigenen Verwaltung.

Was zunächst die Uebernahme des Nachtwachtwesens in den in Rede stehenden 22 Stadtgemeinden seitens des Staats anlangt, fo würde durch eine derartige Maßnahme einem wiederholt hervor—⸗ getretenen Bedürfnisse Abhilfe geschaffen werden. Denn die Sorge für die Sicherheit bei Tage und während der Nacht beruht auf den nämlichen Gründen und läßt sich auch in der Praxis keineswegs so scharf trennen, wie dies feen genommen bei dem Bestehen einer gesonderten eommunalen Verwaltung des Nachtwachtwesens der Fall sein müßte. Wenn die Kosten des communalen Nachtwachtwesens sich zur Zeit in Berlin nur auf rund 462 000 6, in den übrigen 21 Städten mit Königlicher Polizeiverwaltung auf 1647 000.6 belaufen, so findet die geringe Höhe dieser Summen ihre Erklärung einerseits in dem Umstande, daß die Organe der Königlichen Polizei verwaltung thatsächlich auch für den nächtlichen Sicherheitsdienst durch Patrouillen u. s. w. wirksam sind, und andererfeits in dem überaus ungenügenden Zustande des communalen Nachtwachtwesens, welcher bereits wiederholt zu lebhaften Klagen und zu einem Einschreiten der Aufsichtsbehörde Veranlassung gegeben hat, übrigens von einzelnen Stadtverwaltungen auch gar nicht in Abrede gestellt wird. Dieser unzureichende Zustand des communalen Nacht⸗ wachtwesens. welcher in der ungenügenden Besoldung in Berlin erhält der Nachtwächter eine Besoldung von 500 (0 jährlich und der meist mangelhaften persönlichen Qualification der mit der Wahr— nehmung des nächtlichen Sicherheitsdienstes beauftragten Personen seinen Grund hat, macht es erklärlich, daß nach den angestellten Ermittelungen bei der Uebernahme des Nachtwachtwesens auf den Staat sich die Kosten desselben verdoppeln bis ver— dreifachen würden. Cs würde unter Beschränkung auf das unbedingt nothwendige Maß für Berlin die Neuanstellung von 20 Polizei⸗Offizieren, 51 Schutzmanns⸗Wachtmeistern und 902 Schutz männern, für die übrigen 21 Städte die Neuanstellung von 2 Polizei⸗ Inspectoren. 15 Polizei⸗Commissarien, 965 Schutzmanns⸗-Wachtmeistern und 1017 Schutzmännern nothwendig werden. Hierdurch würde für Berlin eine Mehrausgabe von 1662578 0, für die übrigen 21 Städte mit Königlicher Polizeiverwaltung eine Mehrausgabe von 1836 638 6 entstehen, sodaß die Gesammtkosten 3 495 216 gegenüber 1516432 M, welche das communale Nachtwachtwesen insgesammt kostet, betragen würden. .

Durch diese Maßnahme würde auch gleichzeitig eine wünschens⸗ werthe erhebliche Verstärkung der polizeilichen Executivmannschaften erzielt werden, zumal es sich hierbei außer Berlin um eine Anzahl der volkreichsten und am meisten von unruhigen und gefähr— lichen Elementen durchsetzten Stadtgemeinden handelt.

Was sodann die Ausdehnung der Wirksamkeit der Landgendarmerie auf die Stadtgemeinden mit städtischer Polizeiverwaltung anlangt, so darf es als notorisch bezeichnet werden, daß die in den mittleren und kleineren Städten vorhandenen Polizeierecutivorgane sich vielfach auf einem niedrigen Niveau befinden und nicht die erforderliche Autorität genießen. Die städtischen Polizeidiener, welche nicht versetzt, nur im Wege des Diseiplinarverfahrens aus ihrem Amte entfernt werden können, welche vielfach zu anderen als polizeilichen Geschäften mitverwendet werden müssen und jeder militärischen Disciplin ermangeln, stehen gegen die Gendarmen so weit zurück, daß in Fällen, wo es auf ein energisches Einschreiten ankommt, mit einigen Gendarmen mehr ausgerichtet werden kann, als mit der doppelten Anzahl städtischer Polizeidiener. Es hat auch die Erfahrung, namentlich bei den Strikebewegungen der letzten Jahre, unwiderleglich gezeigt, daß nur mit Hilfe der Land— endarmerie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung in mittleren und kleineren Städten hat gesichert werden können. Aller⸗ dings wird nicht davon die Rede sein können, in diesen Städten den gesammten polizeilichen Executivdienst durch die Landgendarmerie wahrnehmen zu lassen. Vielmehr wird das Personal des städtischen Polizeiexecutivdienstes in unverminderter Stärke beizubehalten sein, dagegen durch eine Verstärkung der Landgendarmerie und durch die Einbeziehung der Stadtbezirke in die Gendarmeriepatrouillenbezirke eine wesentliche Verbesserung des polizeilichen Zustandes in diesen Städten gewonnen und eine gehe Gewähr für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit erzielt werden können.

Wenn die Kosten einer derartigen Verstärkung der Landgendarmerie ebenfalls aus den von den Stadtgemeinden mit Königlicher Polizei⸗ verwaltung zu zahlenden Beiträgen entnommen werden, so würde sich diese Maßnahme in hervorragendem Grade als ein Act der aus⸗ gleichenden Gerechtigkeit darstellen, welche ja den Grundgedanken des Geseßentwurf⸗ bildet.

Anlangend endlich die Uebertragung der Zweige der Wohlfahrts⸗ polizei in den Stadtgemeinden mit Königlicher Polizeiverwaltung an die Gemeindeorgane zur eigenen Verwaltung, so hat die Königliche Staatsregierung diese Frage aus Anlaß der von dem Hause der Ab⸗ geordneten in der Sitzung vom 30. Marz 1889 gefaßten, bereits oben erwähnten Resolution einer sehr eingehenden Erwägung unterzogen und ist zu der Ueberzeugung gelangt, daß es ohne Gefährdung öffent⸗ licher Interessen thunlich sein wird, in dieser Beziehung den Wünschen der betheiligten Stadtgemeinden und der Landesvertretung in möglichst weitem Umfange entgegen zu kommen. Für einen Theil der Monarchie, die Provinz Schleswig⸗Holstein, ist bezüglich der Errichtung Königlicher , eine Theilung der Functionen der Sicherheits⸗ und

Tohlfahrtspolizei zwischen Stagt und Gemeinde bereits ausdrücklich vorgesehen, indem nach 5 89 Absatz 3 der Städteordnung für die genannte Provinz vom 14. April 1869 (Gesetz⸗Samml. S. 589) eine Königliche , , mn in Stadtgemeinden der Regel nach sich auf die Sicherheitspolizei beschränken und eine Ausdehnung auf andere Zweige der Ortspolizei nur zeitweilig aus dringenden Gründen erfolgen soll. Im übrigen ist die Uebertragung einzelner Zweige der Wohl⸗ fahrtspolizei in einigen Stadtgemeinden bereits erfolgt, ohne daß bis⸗ her Unzuträglichkeiten irgend . Art entstanden wären. Nament⸗ lich kommt bei der geplanten Maßnahme die Uebertragung der Ver⸗ waltung der Bau⸗ und Gesundheitspolizei, sowie auch der Gewerbe⸗ und Marktpolizei in Betracht, weil einerseits gerade auf dem Gebiete dieser, insbesondere der beiden ersteren Zweige der polizeilichen Thätig⸗ keit die Gemeinden ein erhebliches Interesse an einer sachgemäßen Handhabung derselben haben und deshalb auch für eine solche hin⸗ reiche Gewähr bieten dürften, und weil andererseits die Handhabung gerade dieser Zweige der Polizeiverwaltung in dem engsten Zusammen⸗ hange mit der allgemeinen Communalverwaltong steht. Die Staats⸗ regierung hegt daher zu den Stadtverwaltungen das Vertrauen, daß dieselben die örtliche Polizei auf den ihnen zu überweisenden Gebieten mit Verständniß und Energie handhaben, sih auch nicht durch weit⸗ gehende Rücksichten finanzieller Natur der Durchführung polizeilich gebotener Maßnahmen entziehen werden.