1892 / 33 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 06 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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mir ganz unausführbar zu sein, wenigstens zu den allergrößten Be⸗ denken Veranlassung zu geben. Wir könnten in die Lage kommen, wo wir dann überhaupt einen vollständig vertraglosen Zustand haben, über den wir nicht hinauskommen könnten und bei dem doch die Rechtspflege in ihren Interessen erheblichen Schaden leiden könnte. Mit Rücksicht auf diese Frage, deren tief eingreifende und bedenkliche Seiten ich nur habe darlegen wollen, gestatte ich mir, den Reichstag zu bitten, für jetzt wenigstens von dieser Resolution abzusehen.

Abg. Dr. Hartmann (eons): Er schließe sich der Ansicht des Staatssecretärs völlig an. Jetzt hätten sowohl die Einzelstaaten, als auch das Reich die Competenz, Auslieferungsverträge abzuschließen, die Resolution wolle den Einzelstaaten diese Zuständigkeit nehmen. Nun ständen ja Reichstag wie verbündete Regierungen auf dem Stand⸗ punkt, daß sie einen Fortschritt allein darum, weil dadurch eine Zu⸗— ständigkeit der Einzelstaaten eingeschränkt werde, nicht zurückwiesen, wenn dieser Fortschritt sonst zweckmäßig sei. Die Frage sei nur: Haben wir es auch hier mit einem zweckmäßigen Fortschritt zu thun? Er glaube, nein, er halte vielmehr den n n, Zustand für viel zweckmäßiger. Jetzt würden die Auslieferungs⸗ verträge vom Reich abgeschlossen, wenn es für das Reich ö sei, und von den Einzelstaaten, wenn es sich für diese als zuträg 16 erweise; bei diesem Zustand bitte er, es zu belassen und den Antrag abzulehnen, und er hoffe, das Centrum werde diesem Vorschlage folgen.

Abg. Gröber (Centr.):; Dem Antrage stehe er sympathisch gegenüber, soweit er den Rechtsschutz der Auszuliefernden vermehren und die Einzelstaaten entlasten wolle. Wenn überall bei Ausliefe⸗ rungen nicht nur die Verwaltungsbehörden zu bestimmen hätten, sondern Gerichte mitsprechen, müßten, werde man mit dem Vorwurf der . nicht so leicht bei der Hand sein können, wie jetzt. Er hebe das um so mehr hervor, als er sonst mit der Resolution nicht übereinstimme, weil er die dazu erforderliche Verfassungsände⸗ rung nicht für zweckmäßig und nothwendig halte. Auch der Abg. Dr. von Bar habe die Zweckmäßigkeit und Nothwendigkeit nicht nachgewiesen. Bis jetzt seien noch keine Einzelfälle vorgekommen, die eine Aenderung der gegenwärtigen Zustände auf dem Gebiet der Auslieferung nöthig erscheinen ließen, und wäre das auch der Fall, so müßte erst noch bewiesen werden, daß die nöthige Aendf rung sich auf keinem anderen Wege vollziehen lasse, als auf dem der Verfassungsänderung. Dem , , für Auslieferungsver⸗ träge nur das Reich für competent zu erklären und dieser Bestimmung rückwirkende Kraft zu geben, ständen erhebliche Bedenken praktischer Natur entgegen. Hier wolle man dem Reich eine bestimmte Compe— tenz allein geben, in Bezug auf die es bisher mit den Einzel— staaten concurrirt habe. Die Rechtsprechung sei auch bisher Sache der Einzelstaaten gewesen, der Antrag Bar greife auch in die Rechts⸗ hoheit der Einzelstaaten ein, vor einigen Tagen habe man in die militärischen Hoheitsrechte der Einzelstaaten einzugreifen versucht; da wäre es am Ende schon das beste, man gebe ein Gesetz, dessen ein⸗ ziger Paragraph laute: Die Aufgaben der Einzelstaaten gehen auf das Reich über.

Abg. Freiherr von Gültlingen (Rp.): Er bitte, den Antrag abzulehnen, für den kein Bedürfniß vorliege. Es bestehe gegen⸗ wärtig ein übermäßiger Gesetzgebungseifer, dem das Parlament und die Regierungen mit Festigkeit entgegentreten müßten. Vas Volk sei der Gesetzgebung schon überdrüssig. Wo etwas Unnatürliches ent⸗ stehe, glaube man mit einem Gesetz bei der Hand sein zu müssen. Am wenigsten liege aber ein Grund vor zu diesem Antrag, der die Verfassung in unitarischer Richtung ändern wolle. Die Vergangen⸗ heit der letzten Tage und Wochen sei nicht dazu angethan, die unitarische Richtung zu stärken. Vor zwei Jahren habe man gegen das bayerische und württembergische Postreservatrecht vorgehen wollen, noch vor einigen Tagen gegen die militärische Hoheit der Einzelstaaten; jetzt wolle man wieder auf dem Gebiete der Justiz die Rechts— Swe der Einzelstaaten einengen. Die Reichsverfassung sei doch schließlich nicht dazu da, um durch einfache Gesetze durch— löchert oder umgangen zu werden. Die Garantieen, die zur Durchführung der dem Reiche gebührenden Aufsicht nöthig seien, seien vorhanden. Die Liebe zum Ganzen, zum Reich, sei in den Einzelstaaten mächtig genug, um die Befürchtung, daß die Einzelstaaten Verträge f, die gegen die Interessen des Reichs gerichtet seien, hintanzuhalten. Wenn der Antrag Bar angenommen werde, könnten die Einzelstaaten möglicherweise in ganz vertragslose Zustände gerathen. Die jetzt be⸗ stehenden Auslieferungsverträge stammten keineswegs alle aus absolu— tistischen Zeiten und überließen die Entscheidung über einzelne Aus— lieferungen keineswegs sämmtlich den Verwaltungsbehörden, in Württemberg z. B. bestehe seit 1819 eine constitutionelle Ver⸗ fassung, die württembergischen Auslieferungsperträge seien jünger und sähen bei den Auslieferungen die Mitwirkung der Gerichte vor. Warum man aber für Deutschland die englisch-französische Rechts⸗ anschauung maßgebend sein lassen wolle, was durch den Antrag Bar thatsächlich eintreten würde, sehe er nicht ein. Uebrigens sprächen sich eben so hohe Rechtsautoritäten, wie der Antragsteller, dafür aus, bei relativen politischen Delicten, wo also neben dem politischen auch ein gemeines Delicet vorliege, die Ausliefe— rung eintreten zu lassen. Er bitte also, den Antrag abzulehnen aus den von ihm angeführten Gründen, insbesondere aber im Interesse der Civilisation: alle Culturstaaten hätten ein Interesse daran, daß Verbrecher, die in einem Lande ein Verbrechen begangen hätten, nicht in ein anderes Land entkämen, sondern für ihr Verbrechen bestraft würden. /

Abg. Dr. von Bar: Der Einwand, daß gar keine Wünsche vorlägen, den gegenwärtigen Rechtszustand zu ändern, möge für den Augenblick richtig sein. Es könnten aber auch andere Zeiten kommen, wo das Verlangen einer Auslieferung infolge der Erregung der öffentlichen Meinung eine schwierige und nicht leicht zu lösende Streitfrage bilde, z. B. in dem Verhältniß zu Rußland und Frank— reich. Wenn dieser Antrag die Competenz der Einzelstagten antaste, so müsse doch zugegeben werden, daß der gegenwärtige Zustand vom Standpunkt der Wissenschaft und des Rechts nicht als befriedigend anerkannt werden könne. In Oesterreich bestehe z. B. bereits ein gerichtlicher Schutz, den Deutschland noch nicht habe. Von dem Abg. Freiherrn von Gültlingen habe man freilich gehört, daß in Württemberg die Sachen besser ständen. Er (Redner) muüsse seine Unwissenheit bekennen; er habe ja auch nur von den meisten deutschen Staaten, nicht von allen gesprochen. Warum solle man nicht nachmachen, was andere Staaten vorgemacht hätten, wenn es gut und zweckmäßig sei? Das Reichsgericht könne freilich nicht immer über diese Angelegenheiten entscheiden; seine . habe aber auch nur gedacht, 3. das betreffende Land⸗ oder

ber⸗Landesgericht mitzuwirken haben solle. Einen Eingriff in die Rechte der Einzelstaaten habe sie nicht beabsichtigt. In Nord-Amerika achteten die Einzelstaaten sehr eifrig auf ihre Selbständigkeit, und manche Gesetze, die man hier in letzter Zeit von Reichswegen ein— eführt habe, würde man dort nicht haben einführen können. Cle fallt sei es wünschenswerth, daß das Deutsche Reich in dieser

. dem Auslande als Gesammtheit ,, Sonst könnte

es leicht vorkommen, daß ein fremder Staat sich nicht dabei be⸗ ruhige, wenn er von einem der kleineren deutschen Staaten mit seinem Verlangen nach Auslieferung eines Verbrechers abgewiesen werde. Für das, was die Einzelstaaten aber in dieser Beziehun thäten, könne doch das Reich nicht verantwortlich sein. Wenn au der Antrag heute noch verworfen werde, so werde doch sehr bald die Zeit kommen, wo die Mehrheit den Antrag als nothwendig selbst verlangen werde.

bg. Bebel (Soc.): Der Abg. Dr. Hartmann habe nichts weiter ausgeführt, als daß solche Verträge einmal un f er seien, wenn das Reich, das andere Mal die Einzelstaaten sie abschlössen. Worin aber die Merkmale der Zweckmäßigkeit in jedem einzelnen Falle be= ständen, habe er nicht agg, In der That habe man schon Aus⸗ lieferungsperträge, die das Reich, und andere, die die Einzelstaaten abges fe! hätten. Als im Jahre 1874 der Vertrag mit Belgien abgeschlossen worden sei, sei es niemand aufgefallen, . ein Eingriff in die Rechte der Einzelstaaten geschehen sei. Den Auslieferungsverkrag

mit Rußland habe jedoch der Fürst Bismarck dem Reichstag nicht vor⸗ gelegt, nicht weil ihm Competenzbedenken aufgestoßen seien, orden weil er eingesehen habe, daß dieser Vertrag von dem Reichstag niemals ange⸗ nommen worden wäre. Auch das Centrum würde ihn nicht angenommen haben. Der Abg. Dr. v. Bar habe schon darauf hingewiesen, in welche Verlegenheiten und diplomatische Verwickelungen das Reich kommen könne, wenn diese Materie nicht reichsgesetzlich geregelt werde. Nach der Verfassung habe das Reich, d. h. der Kaiser, in Vertre⸗ tung nach außen alle Beziehungen zu den auswärtigen Staaten wahr⸗ zunehmen, darunter auch die Auslieferungsverträge. Der preu⸗ ßische Vertrag mit Rußland sei ein Unicum. Er sei nur zu stande gekommen, weil Fürst Bismarck sich damals um mn Preis die Freundschaft Rußlands habe sichern wollen. Auf Grund dieses Vertrages sollten politische Verbrecher ausgeliefert werden. Was man in Rußland unter „politisch“ verstehe, sei zur Genüge be⸗ kannt. Es brauche z. B. nur ein Mann eine Schrift in. Rußland zu verbreiten, die dort für staatsgefährlich angesehen werde, um die Auslieferung herbeizuführen und ihn womöglich nach Sibirien zu bringen. Dieser Vertrag sei seiner ganzen Art nach als barbarisch zu bezeichnen. Daß ein solcher Vertrag im Reichstag nicht ge⸗ nehmigt werden würde, liege außer allem Zweifel. Der Abg. Dr. von Bar verlange nun ganz mit Recht, daß eine h eiti h; Regelung der Auslieferungsfrage stattfinden müsse. Man habe ein⸗ gewendet, daß mit diesem Antrag in die Justizhoheit der Einzelstaaten eingegriffen würde. Die Herren vom Centrum erkennten ja bei jeder Gelegenheit die Unantastbarkeit der Einzelstaaten an, in anderen Fällen handelten sie aber ganz anders, z. B. bei der Gewerbeordnung in der Frage der Sonntagsarbeit, wo Bestimmungen angenommen worden seien, die dem Rechte der Einzelstaaten entgegengetreten seien. Das Verlangen des Antrags sei also vollständig einwandsfrei; denn der Antragsteller habe ja selbst gesagt, daß er die Autorität der Einzelstaaten nicht in Frage stellen wolle. Es werde sich also nur darum handeln, daß dasjenige Landgericht, in dessen Bezirk derjenige wohne, dessen Auslieferung verlangt werde, zu entscheiden habe über die Frage, ob dem Verlangen auf Auslieferung stattgegeben werden solle oder nicht. Er bitte, den Antrag anzunehmen; er beseitige einen Zustand, der unleidlich sei. .

Abg. Dr. Meyer-Berlin (dfr.): Der Antrag von so kleinem Umfang sei durch den Abg. Gröber auf ein so hohes Piedestal gestellt worden, daß man ihn in ö Bedeutung und seinem Umfange nicht mehr zu übersehen vermöge. ach dem, was der Abg. Gröber ausgeführt habe, sollte man glauben, es handele sich hier um die Frage zwischen Unitarismus und Particularismus, und der Abg. Freiherr von Gültlingen habe dasselbe wiederholt. Die Frage des Unitarismus und Particularismus sei seit 25 Jahren von der Tagesordnung abgesetzt. Den Zustand der Machtbegrenzung zwischen Reich und Einzelstaaten nehme seine Partei als zunächst unverrückbar an. Auf dem Gebiete des practischen Lebens sei diese Grenze aber zu verändern. Die executive Gewalt werde in den Händen der Particularstaaten bleiben, die Gesetzgebung werde unmerklich ihre Grenzsteine herausrücken, wie in den letzten 25 Jahren ununterbrochen geschehen. Was in der Arbeiterversicherungsgesetzgebung eschehen sei, sei eine solche Herausrückung. Reichsversicherungsamt u. s. w. 5 einschneidende Eingriffe in die Particulargesetzgebung, gegen die auch die hier besonders ö Hüter der Rechte der Einzelstaaten nichts eingewendet hätten. Was könne unzweifelhafter sein, als daß die Börse gegenwärtig der Partieulargesetzgebung unterstehe? Aber wenn die Reichsgewalt auf die Börse ausgedehnt werden solle, so sei seine Partei ganz damit einverstanden. Ebenso habe man vor wenigen Tagen über die Heimstätten verhandelt, während es bisher als Grundsatz festgehalten worden sei, daß die Reichsgewalt zwar das bürgerliche Recht ordne, aber die Agrarverhältnisse davon aus⸗ geschlossen bleiben sollten. Mit der Arbeiterversicherung sei es dasselbe. Die Reichsgesetzgebung habe einen Eingriff in das Reservatrecht der süddeutschen Staaten bezüglich der Branntweinsteuer vorgenommen. Er habe den Eindruck erhalten, daß das Deutsche Reich eigentlich geschaffen sei, um die Reservatrechte der Einzelstaaten zu beschützen, und daß es darüber hinaus keinen höheren Zweck habe. Im Princip beuge seine Partei sich vor den historischen Thatsachen, die 18667 und 1871 festgestellt worden seien. Aber auf diesem Boden wolle sie das Praktisch-Nützliche erreichen. Der Antrag sei im stande, schreienden Uebelständen abzuhelfen, jetzt liege die Sache so, daß jemand von Schwarzburg⸗Rudolstadt an Rußland ausgeliefert werden könne, während er in Schwarz burg. Sondershausen unbehelligt bleibe. Wenn das Ausland Rechtsansprüche erhebe, solle es stets fen, daß es einem einheitlichen Deutschland gegenüber stehe. Seine Partei habe bei dieser Resolution keinen anderen Zweck im Auge, als den, das Gemeinwohl zu fördern, den Einzelstaaten nichts zu Lieb und zu Leide zu thun, aber das, was dem Deutschen Reiche nütze,

Abg. Dr. Osann (nl): Ein dringendes Bedürfniß für den Antrag liege zwar bisher nicht vor, aber die Fälle, die er vorsehe, könnten doch stattfinden, und es sei richtig, solche möglichen Fälle zu regeln. Warum sollte es nicht durchführbar sein, daß das Reich allein Auslieferungsverträge abschließe, und warum sollte die Ent— scheidung über eine Auslieferung nicht dem Gerichte übertragen werden? Die Durchführbarkeit des dritten Punktes des Antrags sei ihm allerdings zweifelhaft. Er beantrage, die Resolution, der seine Partei zum größten Theil sympathisch gegenüberstehe, an eine besondere Commission von vierzehn Mitgliedern zu verweisen, weil die Angelegenheit in das Verhältniß des Particularismus und der Unität des Deutschen Reichs so tief einschneide und so wichtig sei, daß sie in einer besonderen Commission ganz aufgeklärt werden müsse. Die Budgetcommission ist dazu nicht geeignet. . bg. Dr. Hartmann (cons.): Eine Commissionsberathung sei entbehrlich, weil die Tendenz des Antrags von der Mehrheit des Hauses, wie er hoffe, zurückgewiesen werden würde. Für so bedeutend, wie der Abg. Hr. Meyer die Sache aufbausche, halte er dies nicht. Aus den Reden der Abg. Bebel und Dr. Meyer sei die unitarische Tendenz des Antrags deutlich hervorgegangen. Es komme lediglich darauf an, ob eine Maßregel für das Ganze zweckmäßig und gut sei und eine einheitliche Regelung für das Reich sich empfehle. Der Abg. Dr. Meyer irre in der Annahme, daß ein einzelner deutscher Staat einen Reichsangehöri en ausliefern könne. Davor schütze das Strafgesetzbuch, das die Auslieferung eines Deutschen an das Aus⸗ land verbiete. , J

Abg. Dr, von Bar (dfr.): J sei letzteres richtig, prak= tisch aber könnten solche Fälle doch vorkommen, denn man könnte sich in den betreffenden Staaten über die Eigenschaft des Betreffenden als eines Deutschen im Irrthum befinden und dann wäre das Unglück geschehen. Die Entscheidung des Gerichts solle nur eine Vorentschei⸗ dung sein, die Endentscheidung soll der Regierung überlassen bleiben. Cine unitarische Tendenz habe der Antrag nicht. Mit der Ueberweisung an eine . sei er einverstanden.

Abg. Spahn (Centr.): Seine Partei könne dem Antrage auf Commissionsberathung nicht beistimmen. Sie verwerfe die Tendenz des Antrages und halte ihn im Einzelnen auch nicht für gefignet die Grundlage einer fruchtbaren Commissionsberathung zu bilden. Im weiteren weist Redner den Angriff des Abg. Dr. Meyer auf, die particularistischen Tendenzen des Centrums als unbegründet zurück.

Damit schließt die Besprechung.

Die Abstimmung über den Antrag Osann 6 Verwei⸗ lung des Antrags an eine Commission bleibt zweifelhaft. Die Auszählung erglebt die Anwesenheit von nur 169 Mitgliedern, während zur Beschlußfähigkeit 199 Mitglieder gehören. Von den Anwesenden stimmen 838 für, 81 gegen die Verweisung an eine Commission. Die Berathungen müssen abgebrochen

werden. Schluß 4 /) Uhr.

Vreußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 12. Sitzung vom Freitag, 5. Februar.

Der Sitzung wohnen der FinanzMinister Dr. Miguel und der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden bei.

Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Berathung des Stagtshgushalts-EStats für 1892/93.

Der Etat des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten enthält eine Mehrforderung von s Zulage für den Gesandten in Stuttgart. Die Budget= ö beantragt, diese 6000 M als künftig wegfallend zu bezeichnen.

Wirklicher Geheimer Leggtions-Rath Humbert: In Stutt= gart lägen die Verhältnisse sehr eigenartig, insofern, als dort fünf Höfe vorhanden seien, denen erer rf der Gesandte Repräsentations.; pflichten habe. Die Kosten seien also bedeutender, als in Hamburg, Dresden und Karlsruhe. Auch hätten sich die Miethen in den letzten Jahren fast verdoppelt. Ferner sei zu bedenken, daß der russische Gesandte in Stuttgart ungefähr doppelt. so viel, der öster⸗ reichische ebensoviel habe, wie jetzt der preußische Gesandte, den man also jenen gegenüber doch nicht gut schlechter stellen dürfe. Diese Momente dürften ausschlaggebend dafür sein, die von der Commission für die Zukunft beantragte Streichung abzulehnen.

Abg. Graf zu Limburg - Stirum C(ons.: Wenn in einer von den vier Städten Karlsruhe, Stuttgart, Dresden, Hamburg die Re— präsentationskosten höher seien, so sei es Hamburg. Würde das Haus sich die Gründe der Staatsregierung zu eigen machen, so würde es in einigen Jahren nothwendig sein, in allen diesen Städten die Gehälter zu erhöhen. Das würde aber eine schreiende Ungerechtigkeit gegen die anderen höheren Beamten sein, denen das

us eine Gehaltserhöhung abgeschlagen habe, weil es mit den Auf— esserungen von unten nach oben vorgehen wolle. Die Herren Ge— sandten seien nicht annähernd so angestrengt wie die Herren in den Ministerien; sie hätten eine angesehene Lebensstellung und hohen Rang; deshalb bitte er, dem . der Commission zuzustimmen, denn dadurch, daß die 69000 6e als künftig wegfallend bezeichnet würden, komme das Haus der Regierung schon erheblich entgegen.

Der Antrag der Budgetcommission wird angenommen, ebenso die übrigen Titel dieses Etats ohne Debatte.

Im Etat des Finanz-Ministeriums sind zu Umbauten in den Königlichen Theatergebäuden zu Berlin 500 000 als einmalige Ausgabe angesetzt. ö

Die Budgetcommission beantragt, diese Summe zu be⸗ willigen „zu den im feuerpolizeilichen Interesse nothwendigen Umbauten in den Königlichen Theatergebäuden in Berlin.“

In dieser Form wird die Summe hewilligt.

Beim Etat der Do mänenverwaltung, und zwar bei der Einnahme aus Domänen weist .

Abg. Seer (ul.), darauf hin, daß die Neuverpachtungen in den drei östlichen Probinzen: Ost- und Westpreußen und Posen unter 20 per Hektar ergeben hätten. Im Namen des Vereins der Domänenpächter der Provinz Posen bitten er den Minister, in Erwä⸗ gung zu ziehen, ob nicht beim Abzug des alten Pächters der neue * hter veranlaßt werden könne, die Gebäude zu einem angemessenen Werthe zu übernehmen. Das Inventar könne der alte Pächter leicht verkaufen; die Gebäude aber, die er nicht mitnehmen könne, nehme ihm der neue Pächter nur zu sehr geringem Preise ab.

Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden:

Die von dem Herrn Vorredner angeregte Frage: ob es nicht möglich sei, den neu anziehenden Pächter bei der Auseinandersetzung mit dem abziehenden Pächter günstiger zu stellen als nach den jetzigen Pachtbedingungen, hat die Verwaltung infolge einer früheren Be⸗ schlußfassung dieses hohen Hauses eingehend beschäftigt. Es ist nicht zu verkennen, daß der abziehende Pächter bei den betreffenden Aus— einandersetzungsverhandlungen, namentlich wenn die landwirthschaft⸗ lichen Verhältnisse zurückgehen, sich dem neuen Pächter gegen— über in einer ungünstigen Lage befindet. Dies sonders bei den Baulichkeiten. Trotzdem glaubt die Verwal⸗ tung, auf die Anregung, daß vertragsmäßig dem neu anziehenden Pächter die Verpflichtung auferlegt werde, die Gebäude des abziehenden Pächters übernehmen zu müssen, nicht eingehen zu sollen. Dagegen ist bisher schon seitens der Domänenverwaltung, soweit die Gebäude gut und brauchbar und für die Verwaltung der Domänen erforderlich erachtet wurden, der Weg beschritten, das Gebäude⸗Superinventar des abziehenden Pächters zu erwerben. Ich glaube, das ist der Weg, der den Interessen des anziehenden Pächters am meisten Rechnung trägt. Es wird auch in der Folge in wohlwollender und den Interessen der Pächter mög⸗ lichst berücksichtigender Weise verfahren werden.

Auch bezüglich des Mobiliarinventars war die Frage angeregt: s möge dem neuen Pächter die Pflicht auferlegt werden, dasselbe dem abgehenden Pächter abzunehmen. Bei weiteren Erwägungen dieser Angelegenheit ist aber doch hervorgetreten, daß es zu sehr vielen Schwierigkeiten und auch wirklich zu einer ungerechtfertigten Belastung des anziehenden Pächters führen würde, wenn er alles Inventar über— nehmen müßte, und auch eine Zahl sehr erfahrener Domänen— pächter hat sich direct dagegen ausgesprochen. Meinerseits werde ich Besserstellung des abziehenden Pächters in der Richtung in das Auge fassen, daß ihm, wenn er mit seinen Verpflichtungen gegen die Domänenverwaltung nicht im Rückstande ist, nachgelassen wird, noch vor Beendigung des Pachtvertrags ich will einmal sagen, inner— halb der letzten drei bis vier Monate vor Ablauf desselben das Inventar schon allmählich zu veräußern und von den Domänen fort— zubringen. Ich glaube, daß auf diese Weise den berechtigten Wünschen der Domänenpächter voll Rechnung getragen werden kann.

Abg. von Meyer - Arnswalde (b. k. F.): Aus der Nachweisung der Neuverpachtung der Domänen gehe hervor, 36 für den Osten ein erheblicher Rückgang festzustellen sei; das liege hauptsächlich in dem Rückgang der Schäfereien; ein Wollzoll, könne hier vielleicht eher helfen az der Getreidezoll für den Getreidebau.

Abg. Dr; Gerlich (freicons) bittet den Minister, seine Aufmerk— samkeit auf die eriminelle Bestrafung des Contractbruches zu richten, durch welchen namentlich die kleine Landwirthschaft geschädigt werde,

Abg. Stengel (freicons. ; Auch in Sachsen seien die achtpreise erheblich heruntergegangen, weil die neue Zuckersteuer die Verhältnisse

vollständig umgeändert habe. Die hohen Pachtpreise in Sachsen seien ein Antheil der , ,,, an den Zuckerprämien gewesen, der mit der Prämie in Wegfall gekommen sei. ;

Abg. Hum ann (Centr.); Die Ermäßigung der Getreidezölle auf 3,50 S6 werde die Landwirthschaft nicht ruiniren; ja, er sei der Meinung, daß die Landwirthschaft bei den hohen Preisen einen Schutz zoll überhaupt nicht brauche. Die Verhältnisse, bewiesen aber gu das Sprichwort: Hat der Bauer Geld, hat's die ganze Welt! Aber es sei immer noch bedenklich, daß die Verschuldung des Grundbesitzes zugenommen habe. Daneben sei der kleine Mann geschädigt worden durch das Sinken der Schweinepreise. In Bezug . die Loͤhne könne die Landwirthschaft mit der Industrie nicht concurriren. Daher komme der Zuzug der Arbeiter zur Stadt, deren ungebundenes Leben sie anrege. Er habe in einer Versammlung des westfälischen Bauern vereins gesagt: Man solle nicht die Lage zu schwarz malen, da ja. die Grund⸗ und Gebäudesteuer als Staatssteuer beet werden werde Hätte er damals schon den Schlußparagraphen des Volksschulgesetzes

gilt be⸗

zu erwerben.

gekannt, so würde er anders gesprochen haben; er habe aber nächt an

nehmen können, daß ein vor kaum einem Jahre erlassenes Gesetz schon

wieder geändert werden werde. Er glaube, daß diese Vorschrift bei der ländlichen Bevölkerung große Unzufriedenheit erregen werde. Abg. Dr. Lotichius (b. F. F.) fragt an, ob die Erhaltung der Ruine Eberbach ins Auge gefaßt sei. Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden: Wenn ich den Herrn Abgeordneten richtig verstanden habe, so wünscht er, daß seitens der Staatsregierung für die Instandhaltung der Gebäude des Klosters Eberbach etwas mehr geschehe als bisher.

Die Schwierigkeit liegt darin, daß ein Theil der Gebäude nicht der

Domãnenverwaltung überwiesen ist, sondern von der Justizver—

waltung genützt wird. Verhandlungen über eine Neuordnung schweben.

Für die Domänenverwaltung ist es allerdings sehr erwünscht, die

fraglichen Räume in Besitz und Benutzung zu bekommen. Sobald

dies erreicht ist, wird auch bezüglich dieser Gebäudetheile möglichst bald eine sachgemäße Wiederherstellung ins Auge zu fassen sein.

Abg. Dr. Lieber (Centr. empfiehlt dem Minister die Fürsorge für das Bad Nieder⸗Selters, dessen Absatz zurückgegangen sei; ier, empfehle sich die Uebergabe des Betriebes in die Hand eines kauf⸗ männischen Sachverständigen.

Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden:

Die von dem Herrn Vorredner angeführte Thatsache, daß speciell bei dem von ihm erwähnten Brunnen Niederselters der Abfatz zurück— gegangen ist, ist richtis. Wenn er nun Maßnahmen seitens der Ver— waltungsbehörde wünscht, um den Absatz zu verstärken, und empfiehlt, den Betrieb in mehr kaufmännische Bahnen zu lenken, so hat er gleich selbst eine Einschränkung ge— macht, indem er sagt: „Ich weiß nicht, warum auf dem Gebiet der

Reclame die Staatsverwaltung nicht das thun kann, was jeder reelle Privatmann thut. Wir haben es aber nicht bloß mit reellen Privaten zu thun bei der Concurrenz mit dem Selterswasser, sondern mit einer oft sehr un reellen Concurrenz, und gerade der Vermitte⸗

lung des Herrn Vorredners verdanke ich die Beweise dafür, die er mir in Gestalt von Etiketten seiner Zeit von seinen Reisen in Ame— rika übermittelt hat.

Es kann ferner in Erwägung kommen, ob man vielleicht nicht bloß die Ausbeutung von Niederselters, sondern auch die der anderen staatlichen Brunnen verpachten sollte. Die Frage wird zur Zeit er⸗ wogen, aber ich bin sehr zweifelhaft, ob ich meinerseits zu einer dahin gehenden finanziell voraussichtlich empfehlenswerthen Entschließung werde kommen können, und zwar aus den von dem Herrn Vorredner bereits erwähnten Rücksichten, welche die Verwaltung auf andere

Interessen nehmen muß, speciell auf das Gewerbe der Krugbäcker. Ich glaube, gerade diese Rücksicht würde dahin führen, daß die Preise für die Krüge in einem sehr erheblich höheren Grade von einem etwaigen Pächter würden herabgesetzt werden, wie es augenblicklich seitens der Staatsverwaltung geschehen ist.

Der Herr Vorredner hat vollständig recht, wenn er die Voraus— setzung zurückgewiesen hat, als ob die thatsächlich seitens der Ver— waltung vorgenommene Herabsetzung des Preises der Krüge ein kleinliche Moment gewesen sei, um einige Groschen oder um einige Mark Mehreinnahme für die Verwaltung zu erzielen. Das ist es nicht gewesen, aber die Verwaltung konnte sich nicht auf die

Dauer dem aussetzen, daß sie übermäßig hohe Preise für die Krüge ihrerseits zahlte, während der Privateoncurrenz dieselben Krüge zu ganz erheblich billigeren Preisen geliefert wurden. Mir sind im Mo— ment die Zahlen nicht genau im Gedächtniß, weil ich nicht glaubte genöthigt zu sein, die Frage im Detail zu berühren; aber wenn ich mich recht entsinne, würde es sich um eine Differenz handeln von 90 per Tausend, die wir bezahlen mußten, und ungefähr 70, welche die Privateoncurrenz bezahlte, und da hat eine mäßige erabsetzung stattgefunden. Es sind hierüber Beschwerden an mich herangetreten, theilweise habe ich sie zurückgewiesen, ein anderer Theil harrt noch der Erledigung, weil es sich um Ortschaften handelt, die nicht im An— schluß an Eisenbahnen liegen, und die in denselben wohnenden Krug⸗ bäcker unter ungünstigeren Bedingungen arbeiten, wie die Krugbäcker, welche an der Eisenbahn liegen. Jedenfalls kann der Herr Vorredner darüber beruhigt sein, daß die Interessen des Krugbäckergewerbes in der wohlwollendsten und schonendsten Weise berücksichtigt werden.

Wenn der Herr Vorredner weiter die Stellung meines Herrn Vor— Jängers gegenüber seinen Anregungen berührt hat, so bin ich über diesen Vorgang nicht genau informirt. Sollte es sich darum ge⸗ handelt haben, nicht etwa die ganze Ausbeutung der Quellen zu ver⸗ pachten, sondern den Vertrieb des Wassers an einen Generalunter⸗ nehmer iu übertragen, so würde das, so weit Rücksichten auf andere Interessen, speciell die der Krugbäcker in Frage stehen, ganz denselben Effeet gehabt haben wie eine Verpachtung, und meinerseits würde ich dann noch eine Verpachtung vorziehen.

Wenn hingewiesen ist auf die Apollinarisquelle, welche zwölf Millionen Flaschen in Amerika vertreiben soll, so ist dem entgegen—⸗ nuhalten, daß die Quelle von Niederselters nicht von der Mächtigkeit ist, um einen solchen Absatz zu ermöglichen.

ö Der Versuch ist gemacht, so wie es seitens privater Verwaltungen geschieht, auch durch Generalagenten in Amerika auf eine Erweiterung und Vergrößerung unseres Absatzes hinzuwirken. Es hat sich dies . nicht gangbar erwiesen. Der betreff ende Generalagent ist

zer zurückgetreten, und es ist bisher nicht gelungen, einen neuen

. Nun gebe ich zu, daß das, was der Herr Vorredner andeutete, jetzt vielfach Mineralwässer dem Geschmack des Publikums durch usetzung von Kohlensäure angepaßt werden, auch auf den Absatz von . ieder elters vortheilhaft wirken könne, weil das Wasser dadurch ie lt after wird. Gerade dies hat aber die Staatsregierung bisher ndschtlich unterlassen, weil sie den Käufern ein absolut reines Wasser, ö. die Natur es liefert, bieten will, weil es zu Heil. und sonstigen mitãren Zwecken verwendet wird, und ich glaube, daß sie wohlthut, l Tire Standpunkt zu beharren. Allerdings gebe ich zu, daß es ö. Interesse eines größeren speculativeren Absatzes vielleicht nicht ganz

er richtige Weg ist. Sp Abg. Schaffner (nl.) bringt die Badeeinrichtungen zu Ems zur , . welche unzulänglich seien und mit den Badeeinrichtungen her anderen, ausländischen wie inländischen, Bäder nicht ver⸗ . . werden könnten. Wenn möglich, möge man einen Neubau der a ge stalt veranlassen. redn 1bg. Hr. an us b. k. F.) unterstützt die Bitte des Vor⸗ fu an. Wenn auch anzuerkennen sei, daß in letzter Zeit manches bef e. Bad Ems geschehen sei, so sei doch noch viel nachzuholen, ers in Bezug auf die Badeeinrichtungen. Auch habe er den

einheitliche Wahrung der Kurhausinteressen kaum möglich sei. Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden:

bei den Badeeinrichtungen zu Ems seitens der beiden Herren Vor⸗

was dort mit den gegebenen Mitteln gemacht werden kann, das wird sich die Verwaltung angelegen sein lassen, zur Ausführung zu bringen. Ich möchte aber dem Gedanken vorbeugen, als ob es möglich sei, gleich große, neue Badehäuser zu bauen. Die Angelegenheit ist bisher bei mir nicht angeregt, ein dringendes Bedürfniß ist keinerseits zur Sprache gebracht, und ich glaube, auch die beiden Herren Vorredner werden anerkennen, daß die Verwaltung allen berechtigten Wünschen, die an sie herangetreten sind, bisher stets mit großer Liberalität ent⸗ gegengekommen ist. . a e n len Positionen des Etats werden ohne Aenderung

Es folgt der Etat der Forstverwaltung.

Abg. Seer (nl) bittet, 6. den Holzverkäufen auf den frei—

händigen Verkauf, namentlich im Interesse des Localbedarfs, me Rücksicht zu nehmen, als bisher. ö ö

Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden: Auf den Verkauf von Holz auf dem Stamm kann aus guten Gründen nicht verzichtet werden. Im übrigen besteht der Grundsatz, daß bei dem Verkauf auf das locale Bedürfniß ausreichend Rücksicht genommen werden soll. Wenn in dieser Beziehung, wie der Herr Vorredner annimmt, in einem Falle etwas versehen sein sollte, so bitte ich, den Specialfall zu meiner Kenntniß zu bringen. Abg. von Risselmann (cons.) empfiehlt die Aufbess. Gehälter der Forsträthe, die ö . . giga ehen de; als die übrigen Regierungs-Raͤthe. Minister für Landwirthschaft 2ꝛc. von Heyden: Ich antworte dem Herrn Abg. von Risselmann nur deshalb, da— mit aus meinem Schweigen kein falscher Schluß gezogen wird. Ich erkenne mit ihm an, daß ein Bedürfniß zu einer Erhöhung des Ge— halts der Regierungs- und Forsträthe vorliegt, und ich werde meiner— seits auch bemüht sein, die sich hieraus ergebenden Consequenzen zu ziehen. Ich hoffe, daß es möglich sein wird, in einem der nächsten Etats dies zum Ausdruck zu bringen. Abg. von Meyer-A Arnswalde (6. k. F.) bedauert, daß der Fonds zum Ankauf von Grundstücken zu den Forsten, der früher 3 Millionen Mark betragen habe, jetzt schon seit Jahren auf 1 050 005 M0 her— abgesetzt und trotz aller Versprechungen noch nicht wieder erhöht worden sei. ö Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden: Ich muß die Ausführungen des Herrn Vorredners in einer Be— ziehung berichtigen. Der Fonds zum Ankauf von Grundstücken und zur Ausführung von Culturen, der jetzt in zwei Positionen mit zwei Millionen im Etat erscheint, hat nicht früher dauernd drei Millionen be— tragen, sondern nur einmal in einem Jahre. Nun ist gar nicht zu verkennen, daß es für die Forstverwaltung selbstredend nur erwünscht sein kann, wenn der Fonds auf einen höheren Betrag gebracht wird. Daß eine derartige Anregung meinerseits in diesem Jahre nicht geschehen ist, werden Sie damit gerechtfertigt finden, wenn Sie einen Blick auf die all— gemeine Finanzlage werfen und sich überzeugen, daß wir uns nicht in einem Zustande des Ueberflusses befinden. Es kam hinzu, daß der Staat zur Zeit aus den früheren Ankäufen umfangreiche Flächen be— sitzt, welche noch der Aufforstung und der Anschonung bedürfen, sodaß aus der Bemessung des Fonds in der bisherigen Höhe in diesem Jahre eine Gefahr für eine Verringerung der Ankäufe in dem bisherigen Umfange nicht gefolgert werden kann. That— sächlich sind auch in dem letzten Jahre nach den vor— liegenden Nachweisungen ungefähr 12000 ha angekauft worden; das ist immerhin eine Fläche von annähernd 23 Quadratmeilen. Wenn man Jahr für Jahr mit solchen Flächen vorwärts kommen wird, glaube ich, wird auch ziemlich weitgehenden Wünschen dadurch Rechnung getragen werden können. Aber es ist keine Frage, daß für eine raschere Förde— rung der Aufforstungen die Erhöhung des Fonds an sich erwünscht ist. Abg. Dr. Gerlich (freicons.: Nicht bloß die allgemeine Finanzlage sei eine schlechte, sondern die Lage der Landwirthe im besonderen, die deshalb nicht mehr im stande seien, aufzuforsten. So werde alles Holz heruntergeschlagen, ohne daß Ersatz geschaffen werde. Der Staat sollte helfend eintreten. Namentlich verdiene der holzprodu— cirende Osten Berücksichtigung. Der Etat der Forstverwaltung wird genehmigt, ebenso ohne Debatte die Ausgabecapitel: Rente des Kronfideicommiß— fonds, der Zuschuß zu dieser Rente, ferner der Etat der Centralverwaltung der Domänen und Forsten, der Erlös aus Ablösungen von Domänengefällen. Bei dem letzteren Capitel fragte Abg. Dr. Sattler, ob die Regierung schon dem Gedanken näher getreten sei, den Domänen— besitz des Staats vom Westen nach dem Osten zu verlegen. Dazu müsse allerdings die Gesetzesbestimmung aus der Welt geschafft werden, wonach die Verkaufserlöse für Domänen der alten Provinzen in den Staatsschatz zur Schuldentilgung flössen. Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden: Der Herr Vorredner wünscht zu wissen, ob ich dem Gedanken näher getreten bin, den Domänengrundbesitz des Staats vom Westen nach dem Osten zu übertragen. Der Gedanke ist ja an sich nicht ganz neu und auch meinerseits erwogen. Der Herr Vorredner hat selber anerkannt, daß der Gedanke nicht so leicht zur Ausführung zu bringen ist, weil ziemlich complicirte gesetzgeberische Maßnahmen Vorbedingung für seine Ausführung sein würden. Ich stehe praktisch so zur Sache: die ganze Bewegung, welche sich zufolge und gleich— zeitig mit dem Erlaß des Rentengütergesetzes im vorigen Jahre in dem Osten der Monarchie entwickelt hat, ist so kräftig, daß die Aus— führung der damit verbundenen Arbeiten so vollständig alle zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte in Anspruch nimmt und einen solchen Bedarf an Landmessern erzeugt hat, daß dasselbe augenblicklich nicht gedeckt werden kann. Wenn daher seitens des Staats jetzt gleichzeitig mit Ansiedelungen in zu umfassendem Maße im Osten vorgegangen wird, so würde die Be⸗ wältigung aller Arbeit vollständig aussichtlos sein. Man ist daher in der Lage, den Gedanken, den der Herr Vorredner heute wieder angeregt hat, in aller Ruhe zu überlegen und je nachdem seine Entscheidung zu treffen. Dabei will ich bemerken, daß in jedem einzelnen Falle, wenn eine Domäne zur Neuverpachtung kommt, schon jetzt erwogen wird, ob es zweckmäßig ist, diesen Domänenbesitz zu er⸗ halten oder zu veräußern resp. anderweit zu verwenden. Ich gebe nun ja das zu, daß diese Prüfung im einzelnen Falle etwas

9 n j ein höherer Verwaltungsbeamter nach Ems gesandt Lgewissermaßen als obere Instanz für die beiden jetzt in Ems

befindlichen Beamten, deren Ressorts völlig getrennt seien, sodaß eine

Die Anregung, welche bezüglich wünschenswerther Verbesserungen

redner gegeben ist, wird zur Prüfung der Verhältnisse führen, und

nicht entspricht. den Entwurf eines Gesetzes über das Wasserrecht fertig zu stellen. Soweit ich zu übersehen vermag, wird ein erster Entwurf auch im

Auge hat, aber ich glaube, daß man sich zur Zeit damit begnügen kann. Eine so umfassende Maßregel, den Domänen besitz im Westen in größerem Umfange zu verkaufen zwecks Erwerbs anderen Besitzes im Osten, kann zweckmäßigerweise nur in einem Moment eingeleitet werden, der für solche Operationen günstig ist; und daß gerade momentan die Situation für einen umfassenden Ver⸗ kauf im Westen besonders günstig liegen sollte, vermag ich meinerseits nicht anzuerkennen. .

bespr e n Etat der landwirthschaftlichen Verwaltung Abg. Dr. Enneccerus (nl) die Anstellungsverhältniss Burr Legi ien der General⸗Commissionen, die . , . . seien durch Vermehrung der etatsmäßigen Stellen, indessen müßten diese ,, uh zu 96 . ö. dis feste Anstellung warten. . ; Tentr.) empfieh ie Verbess Lage d . p Verbesserung der Lage der

Regierungscommiss ar, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Sterne⸗ . schon im vorigen Jahre eine solche Auf—

Bei dem Capitel „Förderung der Fischerei“ bemerkt

Abg. Seyffardt sul5, daß der mit Holland geschlossene Vertrag wegen des Schutzes der Wanderfische, namentlich des Lachses seinen Zweck vollständig verfehlt habe, da die Holländer ihn“ tagtaglich verletzten und eine förmliche Raubfischerei trieben, sodaß man daran denken müsse, ob überhaupt eine Erneuerung des auf zehn Jahre geschlossenen, demnächst ablaufenden Vertrags sich empfehle.

Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden:

. Der Herr Vorredner hat dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß meinerseitẽ die Interessen der an der Rheinfischerei betheiligten Staats⸗ angehörigen in dem Concurrenzkampf mit Holland wahrgenommen und vertreten werden möchten. Dies geschieht. Wenn er aber anderer⸗ seits wiederholt mit dem Ausdruck Raubfischerei! seitens des be—⸗ nachbarten Staats hervorgetreten ist, so glaube ich, daß es doch wohlgethan ist einen derartigen Ausdruck etwas einzuschränken. Meine Herren, es ist naturgemäß, daß bei einer Fischerei, wie diejenige, welche auf dem Rhein stattfindet, die Bevölkerung der Mündung immer einen größeren Antheil an dem GEr— trage der Fischerei haben muß, wie die Bevölkerung, welche an dem oberen Laufe des Stromes liegt. Es ist eine eigen⸗ thümliche Thatsache, daß, seitdem die Uferstaaten sich vereinigt haben, die unhaltbar gewordenen Verhältnisse der Fischerei auf dem Rhein durch den von dem Herrn Vorredner erwähnten Vertrag zu ordnen, von allen betheiligten Seiten die Klage hervortritt: Nun sei es erst recht nicht besser geworden. Das ist natürlich; um den Zweck der Hebung der discherei zu erreichen, müßte die früher allseitig betriebene Raub— fischerei eingeschränkt werden, um demnächst einen dauernden besseren Besatz des Stromes mit guten Fischen, insbesondere dem Lachs, herbei⸗ zuführen.

Wenn nun der Herr Vorredner sagt, daß auf dem holländischen Haupt-Lachsmarkt mehr Lachs in einer Woche verkauft wird, als bei uns am Rhein in einem ganzen Jahre gefangen wird, so möchte ich doch darauf aufmerksam machen, daß nach den Mittheilungen, welche uns über diesen Markt und über den Salmfang vorliegen, im Jahre 1884,85 92 000 resp. 104 000 Lachse gefangen sind. Der Fang ging nachher herunter im Jahre 1886 auf 84 000, 1887 gleichfalls 84 M0, im Jahre 1888 68 000, 1889 56 000 und 1890 auf 34 O00 gLachse auf holländischer Seite. Sie sehen also eine erhebliche Abnahme des Salmfanges, welcher allerdings, soweit meine Informationen reichen, in diesem Jahre wieder etwas reichlicher ausgefallen ist. Der Herr Vorredner hat schon erwähnt, daß in der niederländi— schen Kammer über vertragswidrige Ausübung der Fischerei seitens preußischer Unterthanen geklagt worden ist. Es haben Er— mittelungen unsererseits in dieser Richtung stattgefunden, welche bisher keine Bestätigung der Beschwerde erbracht haben. Ebenso wird nun auf unserer Seite, auch vom Herrn Vorredner, geklagt, daß auf holländischer Seite im Widerspruch mit den Vertrags vereinbarungen vertragswidrig die Fischerei betrieben werde. So lange nun, bis solche Klagen einwandsfrei als richtig erwiesen sind, wird man auch keinen Vorwurf, sei es gegen die benachbarte Regierung, sei es gegen die dortige Fischereibevölkerung, richten können. Deshalb glaube ich, daß es nicht wohlgethan ist zu sagen, daß von unsern Nachbarn Raub— fischerei betrieben wird.

Abg. Lohren ffreicons.) spricht seine Befriedigung aus über die Neuanstellung von Wiesenbaumeistern, welche die Wasserwirthschaft im Interesse der Landwirthschaft leiten sollten. Es würde aber be— dauerlich sein, wenn diese Wiesenbaumeister mit ihren Collegen aus dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten, welche für die Schiffahrt zu sorgen hätten, in Collision kämen. Das Ministerium folle sich jetzt mit der Schaffung einer Wasserbaubehörde befaßt haben. Er wünsche, daß in diese Wasserbaubehörde nicht nur Techniker, sondern auch Landwirthe berufen würden, welche Kenntniß von den Wafser— verhältnissen des betreffenden Stromgebiets hätten.

Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden:

Der Herr Vorredner hat aus dem Umstande, daß er aus den Zeitungen ersehen hat: „das Staats⸗Ministerium habe sich in den letzten Tagen mit Wasserangelegenheiten, insbesondere mit der Or— ganisation der Wasserbehörden beschäftigt, die Veranlassung ent— nommen, an mich die Aufforderung zu richten, ihm bezw. dem hohen Hause darüber eine Mittheilung zu machen, zu welchen Entschlüssen das Staats-Ministerium bezüglich der Organisation der Wasserbehörden gelangt sei und ob die Prüfung den Methoden des bisherigen Bau— verfahrens bei Wasserbauten bereits zu einer Aenderung resp. Fest— legung der zukünftig nothwendig werdenden Methoden geführt habe. Meine Herren, die Thatsache, die der Herr Vorredner aus den Zeitungen entnommen hat, daß das Staats⸗-Ministerium sich mit der Frage der Organisation der Wasserbaubehörden beschäftigt hat, ist richtig, und es wäre auch nicht verständlich, wenn das nicht der Fall wäre, da diese Angelegenheit seit mehreren Jahren im Vordergrunde des Interesses steht. Trotzdem bin ich in diesem Augenblicke nicht in der Lage, Ihnen eine bestimmte Ent⸗ schließung im Auftrage des Staats-Ministeriums mittheilen zu können. Ich will nur das erwähnen, die Verhandlungen, die in den ein— zelnen Ressorts und im Staats⸗-Ministerium stattgefunden haben, haben das zweifellos klar gestellt, daß wir in der wissenschaftlichen Erforschung der Verhältnisse der Ströme und der Wasserläufe in unserem Staate nicht soweit fortgeschritten sind, wie! es im Interesse der Beantwor⸗ tung der Frage nothwendig wäre, und daß andererseits unsere Wassergesetzgebung den Anforderungen, welche an sie gestellt werden, In letzterer Beziehung schweben die Arbeiten, um

anderes ist, wie das, was der Herr Abg. Dr. Sattler im

Laufe dieses Jahres noch fertig gestellt werden. In der anderen Be—

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