1892 / 35 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 09 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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Ufern errichteten zahlreichen Bündelpfähle ꝛc. t is war die

mäßiger Weise Vorsorge getroffen, ebenso n i Aufstellung der Kähne in schlanken Linien mit möglichst großem Abstande durchaus sachgemäß. Auch im Übrigen trifft bei beiden Unfällen die betreffenden Beamten keinerlei Verschulden, vielmehr muß deren Umsicht und auf⸗ opfernde Hingabe an ihre Dienstpflichten vor und nach den Unfällen anerkannt werden. . .

Nach den neuesten Nachrichten ist die ganze Oder mit Ausnahme einiger kleiner Stellen auf dem unteren Theile des Stromes eisfrel und auch die Wasserstandsverhältnisse geben zu Besorgnissen keinen Anlaß.

Hinsichtlich der Betheiligung an der Weltausstellung in Ehicago herrscht in einigen Industriekreisen trotz der wiederholten amtlichen Bekanntmachungen offenbar noch immer eine irrthümliche Auffassung darüber, an welche Adresse die Betheiligten sich behufs Erlangung von Raum für die Aus⸗ stellung zu wenden haben. Es ist deshalb erforderlich, von neuem darauf hinzuweisen, daß die Raumzuweisung für deutsche Producte und Fabrikate ausschließlich durch die amtliche Vertretung des Reichs (Reichscommissar) stattfindet. Die noch hier und da herrschende Ansicht, als ob deutsche Fabrikate durch Vermittelung der ameri— kanischen Importeure oder Zwischenhändler in der ameri⸗ kanischen Abtheilung ausgestellt werden könnten, bedarf be⸗ sonders der Widerlegung: es entscheidet nicht die Person des Ausstellers, sondern das Land, von welchem die Producte oder Fabrikate herstammen, und für deutsche Erzeugnisse ist aus⸗ schließlich die deutsche Abtheilung bestimmt. Deutsche Waaren, welche in einer anderweiten Abtheilung ausgestellt werden sollten, würden aus derselben auf Antrag der Reichsvertretung entfernt werden und an der Preisbewerbung nicht theilnehmen können.

M. verschied hier nach längerer Krankheit der Allerhöchsten Hofe als Botschafter Seiner Königs von Italien beglaubigte Graf de

Am 7. d. am hiesigen Majestät des Launay. . .

Der Verewigte war seit dem 1. Juni 1853 zunächst als Minister-Resident des Königs von Sardinien, sodann seit dem 14. Juli 1855 als Gesandter dieses Souveräns und seit dem 16. Januar 1861 als Gesandter Seiner Majestät des Königs Victor Emanuel von Italien hier beglaubigt. .

Im Januar 1865 berief ihn sein König auf den Gesandt—⸗ schaftsposten am Kaiserlich russischen Hofe. Am 21. März 1867 kehrte er als Gesandter beim Norddeutschen Bunde nach Berlin zurück, nahm dieselbe Stellung später beim Deutschen Reich ein und wurde am 13. Januar 1876 hier zum Bot— schafter Seiner Majestät des Königs von Italien erhoben.

Graf de Launay hat sich der Werthschätzung und Freund⸗ schaft Ihrer Majestäten des hochseligen Kaisers und Königs Wilhelm J., des hochseligen Kaisers und Königs Friedrich und des jetzt regierenden Kaisers und Königs in hohem Maße erfreut und zu dem immer vertrauensvoller und freundschaft— licher gestalteten Verhältniß zwischen Deutschland und Italien durch feine Vertrauen einflößende Persönlichkeit, durch seine stets erprobte Zuverlässigkeit, durch seine gewinnenden Formen in ungewöhnlichem Maße beigetragen und durch diese Wirksam— keit . ein hohes und bleibendes Verdienst um beide Nationen erworben.

Die Kaiserliche Regierung beklagt aufrichtig das Scheiden dieses ausgezeichneten Staatsmannes, der während einer mehr als 36 jährigen Thätigkeit überall, aber bei uns vor allen, das Andenken einer edlen Persönlichkeit und den Eindruck eines scharfblickenden Politikers zurückläßt.

Dem Regierungs⸗Assessor Dr. Baerecke zu Trier ist die commissarische Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Ortelsburg, Regierungsbezirk Königsberg, übertragen worden.

Der zur Zeit auf dem Landrathsamt im Kreise Ortelsburg beschäftigte Regierungs⸗Assessor Braemer ist der Königlichen Regierung zu Königsberg zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.

Sigmaringen, 7. Februar. Ihre Königliche Hoheit die Fürstin-⸗Mütter ist aus Brüssel hier wieder eingetroffen.

Bayern.

München, 9. Februar. In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten legte der Finanz⸗Minister Dr. von Riedel den Nachtrags-Etat vor. Darin werden gefordert 2 300 000 6 zur Neuregulirung der Gehälter der 67 angestellten Beamten und 160 000 ½ zur Aufbesserung der Schullehrergehälter. Außerdem wurden Gesetzentwürfe wegen AÄbänderung des Gebührenwesens und Gewährung von Entschädigungen für das infolge des Milzbrandes getödtete Vieh vorgelegt.

Sachsen.

Dresden, 8. Februar. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer gelangte, wie das „Tr. J.“ berichtet, der Gesetzentwurf über die Gehaltsverhältnisse der Lehrer an den Volksschulen gar allgemeinen Vor⸗ berathung. Für den Entwurf erklärten sich sämmtliche Redner, wenn auch einzelne Redner Abänderungen wünschlen. So empfahl der Abg. Goldstein die Be— seitigung der Bestimmung, nach der auf die geordneten Alterszulagen nur solche Lehrer Anspruch haben sollen, deren sittliches . und amtliche Leistungen zu begründeten Beschwerden keinen Anlaß gegeben hätten, wogegen der Staats⸗-Minister von Seydewitz darauf aufmerksam machte, daß diese Bestimmung aus dem Gesetze vom 93. April 1872 wörtlich herübergenommen worden sei und bisher zu Be— schwerden keinen Anlaß gegeben habe. Der Abg. von Oehlschlägel gab eine Abminderung der Gehaltssätze für Schuldirectoren auf dem Lande und für Lehre⸗ rinnen anheim; die Abgg. Niethammer und Starke wünschten die Uebernahme der gesammten Alterszulagen auf die Staatskasse, welchem Verlangen der Abg. Uhlemann (Görlitz) widersprach, ebenso der Staats⸗Minister von Seyde⸗ witz, wenigstens für den jetzigen Landtag, indem er darauf

lage wurde der Finanzdeputation A zur Berichterstattung überwiesen. Mecklenburg⸗Schwerin.

Schwerin, 8. Februar. Seine Königliche Hoheit der Großherzog erkrankte, wie den „Meckl. Nachr.“ aus Cannes berichtet wird am 4. d. M. an einem leichten Anfall von Influenza. Das Fieber war mäßig und schon am folgenden Tage gehoben. Das Befinden des hohen Patienten ist be⸗ friedigend. Seine Königliche Hoheit ist. . mehrere Stunden außer Bett, muß indessen noch einige Zeit das Zimmer hüten.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Im Ministerium des Auswärtigen fand gestern Mittag, wie . W. T. B.“ meldet, der Austausch der Ratifica⸗ tionen, betreffend die Verlängerung des Handels⸗ vertrags zwischen Oesterreich-⸗Ungarn und Spanien bis zum 30. Juni, statt. . .

Durch eine ministerielle Verfügung wird, nachdem der Handelsvertrag zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Portugal mit dem 1. Februar d. J. außer Kraft getreten ist, die An⸗ wendung des allgemeinen Zolltarifs auf portu— giesische Provenienzen angeordnet. J Das Abgeordnetenhaus wählte gestern einen Special⸗ aussch uß, welchem die Acten der gerichtlichen Untersuchung gegen das „Wiener Tagblatt! wegen der am 14, November 53. J. gebrachten beunruhigenden Nachrichten vorgelegt werden sollen. Gleichzeitig wurde die Oeffentlichkeit der Sitzungen des Ausschusses beschlossen. . . Die Altezechen haben, wie der „Ft. 3 gemeldet wird, auf Betreiben des Oberst-Landmarschalls Fürsten Lobkowitz vorläufig auf die Niederlegung ihrer Landtags— mandate verzichtet.

Großbritannien und Irland.

Heute wird das Parlament eröffnet. Ueber den Inhalt der SFhronrede erfährt das „Wolff sche Bureau“ Folgendes; Die Thronrede werde die vorzüglichen Beziehungen Englands zu allen Mächten betonen und der Befriedigung über die gegen— wärtige Lage in Egypten sowie über das Fortschreiten der dortigen Reformen Ausdruck geben. Daran anknüpfend werde die Thronrede des Todes des Khedive Tewfik ge⸗ denken, seine loyale Gesinnung gegenüber England hervor— heben und die Erwartung aussprechen, daß der Nachfolger Tewfik's zu England ebenso herzliche Beziehungen unterhalten werde. Ferner werde darin auf die befriedigenden Abmachungen mit dem Sultan von Sansibar, durch welche die Häfen von Sanfibar der ganzen Welt erschlossen seien, hingewiesen und mit Befriedigung die Beilegung des Behringsmeerstreits erwähnt. Als Vorlagen würden angekündigt werden, eine Bill wegen Errichtung einer localen Regierung für Irland, eine Bill, welche über die Verwendung der in der vergangenen Session für den öffentlichen Unterricht in Irland bewilligten Summen Bestimmung trifft, sowie ferner die mehr erwähnte Bill über Ausdehnung des Systems des kleinen Grundbesitzes in Großbritannien. . Die unionistische Partei hat gestern den Deputirten Chamberlain einstimmig zu ihrem Führer im Unter— hause gewählt. ö . . Die Leitung der liberalen Partei wird bis zur Rück— kehr Gladstone's Sir William Harcourt übernehmen. In einem am 5. . M in Du blin abgehaltenen Meeting der antiparnellitischen Partei, wurde Justin Me Carthy wieder zum Vorsitzenden gewählt. . Prinz Heinrich von Battenberg ist am Freitag Nachmittag auf dem Dampfer „Arcadia“ der Peninsular and Oriental Steamship⸗Company nach Gibraltar abgesegelt. Das Kriegs-Ministerium hat, der „A. E.. zufolge, beschlossen, die jetzt in Händen der Truppen befindlichen Lee-Metford-Magazingewehre einzuziehen und sie gegen andere desselben Modells mit verändertem Visir umzutauschen, damit die Waffe besser für die Cordite-Patrone paßt.

Frankreich.

Ueber Schiffsbauten für die französische Marine bringt der „appel folgende nähere Mittheilungen:

In den Jahren 1832 bis 1895 sollen vollendet werden: 1892: Die Panzerschiffe „Neptune“ und „Magenta, der gepanzerte Kreuzer Dupuy de Löme“, die gepanzerten Fanonenboote „Phlègéton und „Styx“, der Torpedo⸗Apiso „d' Ibewille“, die Ertraschnell⸗Torvedos „Chevalier“, „Corsaire“ und. Mous⸗ quetaire“, die Sochsee⸗Torpedos Dragon“. Grenadier “, ‚Lancier⸗, ‚Turco! Zouave“, ‚Eclair'. ‚Kabyle⸗', ‚Orage ., „Sarrazzin!ꝰ und Tourbillon“; ferner 27 Torpedoboote 1. Klasse. 1893. Die Panzer⸗Fregatte „Brennus“, die gepanzerten Kreuzer Charner“, „FIsly“ und „Suchet“, der Torpedo⸗-Kreuzer Fleurus“, der gepanzerte Küsten⸗Kreuzer - Jemmapes“, die Geschwader⸗Kreuzer „‚Ehanzy“ und „Latouche⸗Tréville'. 1894: Die gepanzerten Küsten⸗ Kreuzer ‚Trähouart‘', „Bouvines“ und „Valmy, die Geschwader⸗ Kreuzer ‚Bruix“ und „Chasseloup⸗Laubat.. 1895: Die Panzer— Fregatten Lazare⸗- Carnot“, „Charles Martel! und „Jaurégui⸗ berry⸗', die Geschwader-Kreuzer „Bugeaud“ und Triant“. Ueberdies sollen im Laufe dieses Jahres in Angriff ge⸗ nommen werden: 2 Panzer⸗Fregatten, 2 Geschwader⸗Kreuzer, 2 Stations- Kreuzer, 5 Hochsee⸗Torpedbs, ein Torpedo⸗Aviso und 10 Torpedo⸗ Boote 1. Klasse. Nach Beendigung der aufgezählten Fahrzeuge wird die französische Flotte im Jahr 1855, abgesehen von den gepanzerten Küsten⸗Kreuzern und Fahrzeugen untergeordneter Bedeutung, 27 Panzer Fregatten, 2) gepanzerte Kreuzer, 12 Torpedo⸗Avisos und 204 Torpedo⸗Boote zählen.

Rußland und Polen.

Die Einführung der Landschaftsinstitutisnen in den OSstseeprovinzen ist, wie man den „Mosk. Wed. aus St. Petersburg dull chk, hauptsächlich darum hinausgeschoben worden, weil das Ministerium des Innern es für zweck⸗ entsprechender halte, zuerst das dortige Steuerwesen zu regu⸗ liren und die Frage einer Reorganisation der Städteordnung zu erledigen ; .

Die Anstellung von Personen evangelisch-luthe⸗ rischer Confession auf den Südwestbahnen wird nach der „Ruff. Shisn.“ gegenwärtig beschränkt. Die Anstellung von Katholiken und Israeliten war bereits vor einigen Jahren eingeschraͤnkt worden. .

Der Unterrichts Minister Deljanow soll, wie sich die „Mgdb. Ztg.“ aus St. Petersburg telegraphiren läßt, dem Staatsrath Vorschläge zur vollständigen Aufhebung der deutschen Universität Dorpat unterbreitet haben.

nehmigte in seiner letzten 6 unter dem Präsidium des Wirklichen Geheimen Raths Abasa das Project einer neuen Ehaussee, die von Noworossiisk längs dem Strande des Schwarzen Meeres bis Ssuchum geführt und 300 Werst lang werden soll. Die „St. Pet. Ztg.“ schreibt über dieses Project: ö .

Die Chaussee ist von der größten Bedeutung für die Frage der Colonifirung des Schwarzemeergestades. Dieses ganze, von der Natur so reich gesegnete Gebiet wurde bisher von den Ansiedlern gemieden, weil es abfokut keine Verkehrswege besaß. Da es weder Landstraßen hat, noch auch von den Dampfschiffahrtsgesellschaften e n worden ist, fo blieb es mit wenigen Ausnahmen uncultivirt, ob⸗ gleich die Regierung jLedem Ansiedler zehnjährige unentgelt= liche Benutzung des Bodens einräumte,. Das Gebiet ist reich an Mineralquellen, Bergschätzen, vorzüglich geeignet für die Cultur von Taback, für Theeplantagen u. s. w. Als Beweis für die enormen natürlichen Reichthümer können die wenigen außerordentlich reichen Güter angeführt werden, die sich in dem Gebiet befinden, so das Gut des Großfürsten Michael Nikolajewitsch, des Barons Steinheil, Ssibirjakow's u. a. Das Project der Chaussee ist bereits vor Jahren entstanden, erhielt jedoch erst jetzt eine endgültige Form durch den Cher des kaukafischen Communications⸗Bezirks Geheimen Rath Statkowski und geht nun seiner Realisirung entgegen. Die Arheit wird gegen 10007 Bauern und Kosaken aus dem Kubangebiet, dem Gou⸗ pernement Stawrovol, Voworossiisk ꝛ6. beschäftigen und somit den Zwecken des höchsten Organisations-Comités auch in dieser Bezie= Fung entsprechen. Die Kosten des Baues sind auf 2000009 Rubel berechnet, wobei pro Werst circa 10990 Rubel an⸗ gefetzt werden. Es sind thatsächlich, nur 206. Werst zu bauen. Fa auf der ganzen Strecke bereits zwei circa 109 Werst betragende Wege chaussirt sind, und zwar zwischen Noworossiisk und Dshugba und Nowo⸗Afon und Ssuchum. w . der großen Wichtigkeit diefes Projects, für welches auch der O er⸗Commandirende des Kaukasus aufs wärmste plaidirte, ist der Plan vom Comité in der letzten Sitzung angenommen und bestätigt worden und werden die Arbeiten sofort in Angriff genommen werden.

Italien.

Wie die „Agenzia Stefani“ aus Rom meldet, haben der Kaiser Wilhelm, die Kaiserin Friedrich und der Großherzog von Baden dem König Humbert telegraphisch ihre Theilnahme an dem Tode des Grafen de La unay ausgedrückt. .

In der Deputirtenkammer begntwortete der Minister— Präsident Marchese di Rudini gestern die Interpella⸗ tio nen, welche die Deputirten Pavoncelli und Vischi über die Einleitung von Unterhandlungen mit Oesterreich⸗ Ungarn wegen provisorischer Anwendung der Clausel über die gegenseitige Herabsetzung der Weinzölle an die Reglerüng gerichtet hatten. Der Minister⸗Präsident führte nach dem Bericht des Wolff'schen Bureaus in seiner Er— widerung aus, die Hauptursache der herrschenden Weinkrise liege in der Ueberproduction. Durch die jüngsten Handels⸗ verträge habe Italien die möglichsten Export⸗Erleichterungen gewonnen. Für die Lösung der schwierigen Frage, oh die An— wendung der Weinelausel des österreichisch italienischen Ver⸗ trags geboten erscheine, sei der richtige Zeitpunkt noch nicht gekommen, da die Gestaltung der Handelsbeziehungen Italiens zu der Schweiz und Frankreich, sowie derjenigen Frankreichs zu Spanien noch ungewiß sei. Italien sei geneigt, mit Frankreich zu unterhandeln, sofern dort die gleiche Bereitwilligkeit bestehe. Die Regierung interessire sich sogar für die Ausfuhr nach Süd-Amerika und habe darauf bezügliche Verhandlungen mit Argentinien angeknüpft. Der Minister der öffentlichen Arbeiten kündigte sodann eine demnächst einzubringende Vorlage wegen Ermäßigung der . . und Wein an. Im weiteren Verlauf der Sitzung beantwortete der Minister-Präsident ferner eine Interpellation des Deputirten de Puppi wegen der angeblichen Beleidigung zweier Italiener durch eine österreichische Finanz⸗ wache. Herr di Rudini erklärte; Es sei zweifelhaft, ob sich der Vorfall auf italienischem Gebiet abgespielt habe; er habe daher, statt eine diplomatische Frage aus der Angelegenheit zu machen, die Grenzbehörden angewiesen, die Ursachen zu der—⸗ artigen Zwischenfällen zu vermeiden. ö. .

Die italienischen Delegirten für die Handels⸗ vertragsLverhandlungen, mit der Schweiz sollten nach in Rom aus Zürich eingegangenen Nachrichten gestern ihre letzten Vorschläge formuliren. Von der Antwort der. Schweiz soll es alsdann abhängen, ob die Generaltarife zur Anwen⸗ dung gelangen. Im Fall des end⸗ gültigen Abbruchs der a n würde, wie W. T. B. vernimmt, der Minister⸗ Präsident der Kammer sofort ein Grünbuch mit den auf die Handelsvertragsverhandlungen bezüglichen Actenstücken vorlegen. .

Das, wie erwähnt, von beiden Kammern kürzlich angenommene und von dem König bestätigte Gesetz über die fideicommissarischen Galerien lautet nach der „Nat⸗ Itg.“ wie folgt:

Art. 1. Wer immer Gemälde, Statuen oder andere in Galerien,

Bibliotheken oder Kunst⸗ und Antiquitätensammlungen, von denen Art. 4 des Gesetzes d. 4d. 28. Juni 1871 handelt, verwahrte Kunst— werke bei Seite bringt, unterschlägt, zerstört oder in irgend welcher Weifse fortschafft und zu seinem oder Anderer Vonhrl k verãußert, Derfallt der in Art. 203, Absatz 1, des Strafgesetzbuchs angedrohten . 2 2. Die Regierung sorgt für Aufrechterhaltung oder Wieder⸗ herstellung der Vollziehung der Rechte des Publikums auf die im vorigen Artikel bezeichneten Galerien, Bibliotheken, Kunstsammlungen, fei es, daß folche Rechte aus Stiftungsacten, sei es, daß sie aus Besitz resultiren.! Sie hat die striete Erfüllung der Bedingungen zu über— wachen, die von den Stiftern auferlegt Hder vom Publikum mit dem Besitz erworben sind. Die Regierung kann die Galerie zc. jederzeit inspiciren und die zu deren Sicherheit und Erhaltung erforderlichen Maßregeln anordnen. ( .

Art. 3. Wer eine auf Grund vorigen Artikels gesetzmäßig von der zuständigen Behörde gestellte Bestimmung verletzt, verfällt der in Art. 434 des Str.⸗G. B: angedrohten Strafe. - .

Art. 4. Gegenwärtiges Gesetz tritt mit dem seiner Veröffent⸗ lichung folgenden Tag in Kraft.

Der Papst, welcher sich andauernd wohl befindet, las gestern, zum Gedächtmßz Pius IX; die Seelenmesse und wohnte darauf dem von dem Cardinal Fürsten Hohenlohe pontificirten Traueramt bei. Nach der Beendigung des letzteren ertheilte der Papst mit lauter und klarer Stimme die Absolution.

Spanien.

Der Senat hat, laut Meldung des „W. T. B.“ aus Madrid, gestern einen Gesetzentwurf genehmigt, welcher die Sonntags ruhe einführt. Die Annahme erfolgte mit 151 gegen 21 Stimmen. Der Herzog von Roca richtete in derselben Sitzung die Anfrage an die Regierung: ob der König, dem Beispiele des Königs von Portugal folgend, au einen Theil, der Eivilliste zu verzichten gedenke. Der Finanz⸗-Minister Cos-Gayon erklärte in seiner Erwiderung

hinwies, daß die Maßregel den Staat mit einer Mehr⸗ ausgabe von jährlich 1 800 000 S6 belasten würde. Die Vor⸗

Das Comits zur Organisation der öffentlichen Bauten in den Nothstandsbezirken berieth und ge—

diese Anfrage (welche auch von den Mitgliedern der eigenen

Zuenos-Aires sind die Wahlen zum argentinischen

einigten Staaten zu führen.

Urtheil über die des Angriffs auf die Matrosen der Balti—

und seiner

Partei des Herzogs mißhbilligt worden war) für unpassend

und inopportun. Portugal. der gestrigen Sitzung der Pairskammer erklärte der ih. . Barbosa Bocage eine . Jail graphic“, wonach die Regierung jüngst versucht hätte, inen Theil der portugiesischen Colonieen in West— Afrika zu verkaufen, für unbegründet. Redner fügte hinzu, er halte eine derartige Maßregel im Interesse Por— tugals weder für nützlich, noch für empfehlenswerth. Der Deputirtenkam mer ist der Bericht der Com— mission über das von der Regierung vorgelegte Budget zu—

gegangen. Serbien.

Belgrad, 8. Februar, In Beantwortung einer in der heutigen Sitzung der Skupschting an ihn gexichteten Interpellatign erklärte wie „W. T. B.“ . berichtet, der Minister-Präsident Pasic die zwangsweise Ent⸗ fernung der Königin. Natalie sei nach Er⸗ schöpfung aller freundschaftlichen Mittel in Ausfüh⸗ rung eines bezüglichen Beschlusses der Skupschting erfolgt. Die K. Waffengewalt seitens der auf⸗ gebotenen Militärmacht sei vertheidigungsweise geschehen. Im aufe der Debatte erfuhr das Vorgehen der Regierung eine scharfe Kritik, auch seitens mehrerer Radikalen. Die Debatte bärfte morgen mit einer der Regierung genehmen Tages— ordnung zum Abschluß gelangen.

Schweden und Norwegen.

F) Stockholm, 5. Februar. Da die Majestäten sich

nach Christignia begeben haben, ist Prinz Carl zum Chef der interimistischen Regierung ernannt worden, welche während der Abwesenheit des Königs die Regierungsgeschäfte führen wird. Der Minister des Aeußeren, Graf Lewenhaupt, und die Staatsräthe Oestergren und Wikblad sind zu Mitgliedern der Staatsraths⸗Abtheilung ernannt, welche verfassungsmäßig dem König bei seiner Anwesenheit in der norwegischen Haupt— stadt zur Seite zu stehen hat. . Jur Benutzung für den Kronpxrinzen, der direct von St. Petersburg nach Christianig reist, änd in Helsingborg zwei Salonwagen angekommen, die nach Dänemark übergeführt werden sollen; der Kronprinz wird dann mit der Dambffähre über den Sund gehen und somit der erste Passagier sein, der mit durchgehenden Wagen von Kopenhagen nach Christiania fährt. Die Eröffnung der Damoffähre-Verbindung für den allgemeinen Verkehr ist bis zum 1. März hinausgeschoben worden.

Christiania, 8. Februar. Heute fanden die Wahlen der Präsidenten, Vice-Präsidenten, Secretäre und Vice-Secretäre für das Storthing, das Odelsthing und das Lagthing statt. Da die Gewählten sämmtlich der ministeriellen Linken angehören, wird, wie man dem W. T. B.“ meldet, dieser Ausfall der Wahlen als eine Kundgebung zu Gunsten der Unionspolitik aufgefaßt.

Amerika.

Der Schatzsecretär Blaine hat, laut Kabeltelegramm aus

Washington, in einem an den n n, des J,, Nationalcomités gerichteten Schreiben erklärt, daß er um die Präsidentschaft der Vereinigten nicht candidire. Line am 5. d. M. veröffentlichte Proclamation des Prä— sidenten Harrison macht Mittheilung von dem Abschluß eines Gegenseitigkeitsvertrags zwischen den Vereinigten Staaten und dem britischen Westindien.

Nach einem in Paris eingegangenen Telegramm aus

Staaten

Congreß zu Gunsten der Partei ausgefallen, welche eine Vermittelung zwischen den Generalen Mitre und Rocca wünscht. Bei den Wahlen fanden mehrfach Ausschreitungen statt, und es wurden mehrere Personen getoͤdtet oder verwundet.

Die anhaltende polizeiliche Ueberwachung des Hauses des Unions-Gesandten Egan in Santiago, die den Zwec hat, einen etwaigen Angriff der rohen Elemente der Bevölkerung zu verhüten, droht, wie man der „Times“ meldet, zu einer Wiedereröffnung des Conflicts zwischen Chile und den Ver—

Aus Palparaiso ist in, New⸗Hork die Nachricht ein— getroffen, daß der dortige Richter Foster am 4. d. M. sein

. überführten Chilenen verkündigt hat. Der Gefangene 4 wurde danach zu 920 Tagen Gefängniß, Ahumada zu * und Rodriguez zu 140 Tagen verurtheüt.

Afrika. e ach einer in Paris eingegangenen Depesche aus Tanger lat das französische Kriegsschiff „Cosmao“ den Hafen von Wanger definitiv verlassen. Sämmtliche aufständisch gewesenen Ftümme haben sich dem vom Sultan ernannten neuen Pascha unterworfen.

. Aus Sansibar vom 5. Februar wurde dem „Standard“ Een gedet daß in Mombasa 75 britisch-indische Kauf— . verhaftet worden seien, welche sich weigerten, die 6 elosteirer zu zahlen. Ein Telegramm des „R. B.“ el azu folgende Erläuterung: . indische eingeborene 1 6 in Mombasa weigerten sich, die von der britischen j i nischen. Gesellschaft ihnen auferlegte Taxe für . Haft once sion zu zahlen. Die Taxe richtet sich nach der

He des Geschäfts, beträgt aber in keinem Fall mehr als ur ubien und, wird zur Haltung der Polizei verwandt. Jür eine Spirituosenconcession ist mehr zu zahlen. Die

etrefenden Kaufleute erhi S : daf

elten als Strafe 3 Tage Haft und wurden dann freigelassen. . i 6. Köln. Volksztg.“ n 1 . 6 a ro, des apostolischen Vicars von Sudan, . as Schi

veröffentlicht einen Brief des

al derjenigen Gefangenen des Mahdi welche nach der Flucht des E. Ohrwalder zurüich nf Begleiter aus Omdurman in der Gefangenschaft geblieben sind. Der Brief lautet:

Beim N ö Kairo, 23. Januar 1863. kunft der na ernehmen der ersten Nachricht von der glücklichen An⸗ danke au nserigen aus Omdurman tauchte natürlich sofort der Ge⸗

dt; welche Felgen die Flucht für die in Gefangenschaft der

1 ee, urückgebliebenen haben könnte. Da diese gerechte Angst

mich Shen manchen unserer Wohlthäter getheilt wurde, beeile ich

unferer jnen dasjenige mitzutheilen, was wir heute selbst von einem

der . igsten Boten erfahren, der etwa zwanzig Tage nach der Unserigen Smdurman verließ.

unft giebt,

und darin die tiefste Stille herrschte, an der Thüre zu pochen und zu rufen. Da man keine Antwort erhielt, vermuthete man das, was in der That eingetreten war. Man benachrichtigte nun sofort den Mogaddem. Der Mogaddem oder Vorsteher ist eine Person, Grieche von Nation, dem vom Khalifen die Ueberwachung der Europäer unter dessen eigener Verantwortlichkeit anvertraut ist. Der Vorsteher berief sofort alle seine Ueberwachten zu Rathe, deren einige der Ansicht waren, sofort den Khalifen in Kenntniß zu setzen, während andere auf Aufschub der Anzeige drangen. Der Vorsteher jedoch, der bedachte, daß es sich um seinen Kopf handeln könnte, beschloß, sofort den Kha⸗ lifen von der Flucht der Unserigen zu benachrichtigen.

Der Khalif gerieth in höchste Wuth, rief sofort das Haupt der Polizei oder, wie er dort genannt wird, „Scheikh⸗el⸗sug“, beauftragte ihn, sich über den Fall zu erkundigen und die Flüchtigen auf⸗ zusuchen, sollten sie sich selbst unter der Erde verborgen halten. Jener ließ den genannten Mogaddem einkerkern zugleich mit unseren drei Mitbrüdern und zwei anderen Griechen und bedrohte sie mit Stockhieben und Tod, wofern sie nicht die Einzelheiten der Flucht aufdeckten. Indeß ließ er die leergebliebene Wohnung durchsuchen und nach genauer Durchsuchung schleppte man die wenigen Geräthe sammt einem Korbe mit Brot, etwas Fleisch und 40 Granatäpfeln, die man an dem von P. Ohrwalder selbst gepflanzten Granatbaume sammelte, fort. Ich führe diese Einzelheiten an, da eben sie es waren, welche das Urtheil zu Gunsten der Eingekerkerten wandten.

In der That, als jenes corpus delicti zum Polizei⸗-Obersten gebracht wurde, urtheilte dieser, nachdem er alles genau angehört und geprüft hatte, dahin, daß die Flucht urplötzlich vor . ge⸗ gegangen sein müsse, daß die Flüchtlinge selbst nicht vorbereitet ge⸗ wesen wären, da sie sonst das Brot, Fleisch, das sie für den folgenden Tag bereitet haben müßten, mit sich genommen hätten. Wirklich wird es Demjenigen, der sich keinen Begriff von der Ver— wirrung, die in den Köpfen der Unserigen im Augenblicke der Flucht herrschte, machen kann, sonderbar erscheinen, zu sehen, daß sie jene Lebensmittel mitzunehmen vergaßen, während sie dadurch sich der großen Gefahr aussetzten, Hungers zu sterben. Alsdann rief der gehn Sr, das Haupt der Kameeltreiber, der den Postdienst ver— sieht, und befahl ihm, sofort einige Kameele zur Einholung der Flüchtigen auszusenden. Dieser konnte trotz allen Suchens nicht die erforderlichen Kameele finden, da die Kameele des öffentlichen Dienstes ausgesandt worden waren, um den verschiedenen Provinzen die Nach— richt zuerst der Wirren und dann der Versöhnung zwischen den bei⸗ den Parteien der Khalifen Abdullahi und Ali Scherif zu überbringen. So verlor man fünf Tage, um drei Kameele zu bekommen. Dies mag eine Idee von der großen Schwäche geben, in der sich der Mahdism us befindet, und zeigen, daß die kleinste Expedition ihm den Todesstoß geben könnte. Endlich gingen die Kameele nach Metammeh ab, und nach etwa sechs Tagen kamen sie zurück mit der Nachricht, daß sie nirgends etwas von den Flüchtigen gesehen hätten.

Indeß hatte sich einer der Einflußreichsten zum Khalifen begeben und ihm erklärt, daß es ungerecht sei, unschuldige Personen einzu— kerkern, da bewiesen war, daß die Flucht der Unserigen ohne ihr Mit— wissen erfolgt war. Der Khalif betheuerte, daß er die Einkerkerung nicht befohlen habe, ließ sie sofort in Freiheit setzen, und die Dinge gingen wieder ihren alten Gang weiter.“ ;

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (167.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssecretär Dr. von Boetticher beiwohnte, wurde der Eingang des Geschäftsberichts des Reichs-Ver— sicherungsamts für das Jahr 1891 und des folgenden Schreibens des Staatssecretärs Freiherrn von Marschall an das Präsidium mitgetheilt:

Berlin, den 8. Februar 1392. Eure Excellenz beehre ich mich unter dem Anheimstellen der gefälligen weiteren Veranlassung ganz ergebenst zu benachrichtigen, daß die Trauerfeierlich⸗ keit für Seine Excellenz den verewigten Königlich italie— nischen Botschafter am hiesigen Allerhoöͤchsten Hofe, Grafen de Launay, Ritter des Ordens vom Schwarzen Adler, des Annunziata⸗Ordens, Großkreuz des St. Mauritius- und Lazarus-Ordens ꝛc., am Mittwoch, den 10. d. M., Vor— mittags 10 Uhr, in der St. Hedwigs⸗Kirche hierselbst stattfinden wird. Seine Majestät der Kaiser und König beabsichtigen der Feierlichkeit beizuwohnen. Anzug auf Allerhöchsten Befehl: für die Herren vom Civil: Gala mit dunklen Unterkleidern und schwarzen Handschuhen, für die Herren vom Militär: Parade-Uni— form mit angezogenem Paletot. Marschall.

Nachdem das Haus durch Acelamation den Abg. Groeber an Stelle des ausgeschiedenen Abg. Dr. Porsch zum Schrift— führer gewählt hatte, setzte es die zweite Berathung des Etats des Reichsamts des Innern und zwar der die Altersversicherung und das Reichs-Versicherungs⸗ amt betreffenden Capitel a Titel 16 und 17 und Capitel 13a, fort. Der erste Redner, Abg. Roesicke lb. k. F.), gab eine eingehende Kritik der Anträge Auer und Möller. Schluß des Blattes.)

In der heutigen (14) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Justiz-Minister Dr. von Schelling beiwohnte, stand auf der Tagesordnung die Fortsetzung der zweiten Bergthung des Entwurfs des Staatshaushalts⸗-Etats für 1892,93, und zwar der Special-Etat der Justizverwaltung.

Berichterstatter ist der Abg. Boediker.

Die Einnahmen wurden ohne Debatte bewilligt.

ö Bei dem ersten Titel der Ausgaben, Gehalt des Ministers, lenkte

Abg. Rickert (dfr.) die Aufmerksamkeit auf den Knaben— mord in Panten, damit nicht eine Partei daraus zu Ungunsten der jüdischen Mitbürger Capital schlage. Redner schilderte die Entwickelung dieses Falles, widersprach der antisemitischen Darstellung, als ob es sich hier um einen Ritualmord handle, und protestirte dagegen, daß Volksversammlungen über das Verhalten der Justiz in diesem Falle zu Gericht säßen. Die Entsendung eines Raths aus dem Ministerium nach anten sei hoffentlich ö eine Folge der Drohungen der Antisemiten. Das alberne Märchen vom Ritualmord sei schon von den Päpsten zurückgewiesen worden. Er habe Ver⸗ 6 zu unserer Justiz, daß sie den Schuldigen ermitteln werde.

Abg. Stöcker (cons.) wollte die Behauptung von einem Ritualmord nicht aufstellen, aber aus Aberglauben und Fanatismus seien in der Geschichte thatsächlich Christenkinder von Juden umgebracht worden. Redner erinnerte an den Fall Bernstein in Her ch und wies darauf hin, daß bei allen diesen Morden merkwürdiger Weise der Schuldige niemals entdeckt worden sei. In allen Fällen, wo es sich um Juden handle, wie in den Fällen Bleichröder, Lichmann, Morris de Jonge, habe die Justizverwaltung 4 gezögert, sich darauf ein⸗ zulassen, und sei erst durch das Drängen der öffentlichen Meinung dazu veranlaßt worden. Daher sei die . entstanden, daß man die Dinge nachsichtiger behandle, wenn es sich um Juden . Die Broschüre Ahlwardt's über den Fall Bleichröder

nach der Flucht (30. Noveinber 13591) begann einer da man bebbachtete, daß die Wohnung geschlossen sei

Liebmann habe die Justizverwaltung ignorirt, bis die Zei⸗ tungen auf eine Verfolgung gedrungen hätten. Ebenso sei die Untersuchung im Falle Buschoff erst nach mehreren Tagen aufgenommen worden. Unter dem Ministerium Schelling scheine die Justiz für die Juden ungemein erweitert zu sein.

Der Justizminister Dr. von Schelling erwiderte, daß der Halsschnitt, mit welchem der Knabe in Tanten er⸗ mordet sei, zwar kräftig und gewandt, aber nicht von der Art gewesen sei, wie sie beim Schächten von Thieren nach jüdischem Ritus üblich sei. Die , sei unmittelbar nach der That eingeleitet worden; er selbst habe in dieser Sache keineswegs unter dem Druck der öffent⸗ lichen Meinung gehandelt. Infolge eines neuen Belastungs⸗ momentes sei Buschoff vorgestern wieder verhaftet worden. Das Gericht werde darüber entscheiden und es liege kein Grund zur Beunruhigung des öffentlichen Rechtsbewußtseins vor. Die Entscheidung werde von preußischen Richtern gefällt, deren Unparteilichkeit seit Jahrhunderten feststehe. Der Minister legte sodann dar, daß sowohl im Falle Bleichröder wie im Falle Liebmann durchaus gesetzmäßig verfahren sei.

Abg. Munckel (dfr.) erklärte sich befriedigt über die Erklärung des Ministers, daß er sich nicht durch Volksver— sammlungen habe beeinflussen lassen, meinte, daß man nicht das ganze Judenthum für Thaten einzelner Juden ver⸗ antwortlich machen könne, und erkannte an, daß der Abg. Stöcker nicht mehr von einem Ritual— mord gesprochen wissen wolle. Redner äußerte sich dann ab— fällig uber einzelne Fälle aus der letzten Zeit, in welcher Ge⸗ richts⸗Präsidenten den Rahmen der zulässigen Rechtsbelehrung an die Geschworenen überschritten hätten und in eine subjective Würdigung des Beweismaterials eingetreten seien.

Der Justiz-Minister Dr. von Schelling bedauerte diesen Angriff auf Beamte, die sich noch nicht auf diese Anklage hätten äußern können. Die Be⸗ schwerde der Anwaltskammer über einen solchen Fall sei ihm erst vor einigen Tagen zugegangen, er könne noch nicht sagen, wie er darüber entscheiden werde. Zu einer Rüge gegen einen richterlichen Beamten sei die Justizverwaltung ge— setzlich nicht berechtigt. .

Abg. Fritzen-Rees (Centr) bestätigte die große Be⸗ unruhigung des Volkes durch den Tantener Mord; hoffentlich werde das Gericht Klarheit in dieser Sache schaffen.

Abg. Branden burg (Centr) wünschte eine Vermehrung der etatsmäßigen Richterstellen.

Ab. Lucius⸗Erfurt (freicons wünschte Erhebungen, ob nicht ein Mißbrauch des Armenrechts stattfinde, worauf der Geheime Justiz-Rath Vierh aus Untersuchungen zusagte, wenn Anhaltspunkte für einen solchen Mißbrauch vorlägen.

Abg. Dr. Krause (nl.) äußerte verschiedene Wünsche bezüglich Viedereinfühtung der Berufung in Strafsachen, Entschädigung unschuldig Verurtheilter, Revision der Straf— gesetzgebung und bedauerte die Ausdehnung der Verantwort— lichkeit für Preßvergehen auf den Maschinenmeister einer Druckerei.

Der Justiz-⸗Minister Or. von Schelling erkannte die Nothwendigkeit einer Revision der Strafproceßordnung an und erklärte es nicht für angemessen, einen Maschinenmeister für ein Preßvergehen mit verantwortlich zu machen. Schluß des Blattes.)

In der Budgeteommission des Reichstags wurde heute die Berathung des Extraordinariums des Militär-Etats fortgesetzt. Zur Erbauung von Wohnhäusern und zur Einrichtung von 10 Familienwohnungen für die Arbeiter der technischen Institute in Spandau werden 732 090 gefordert, nachdem im vorigen Jahre zur Bearbeitung des Entwurfs ꝛc. 5 90046 bewilligt worden sind. Die Forderung wurde bewilligt, nachdem die Regierungsvertreter die entsprechenden Aufklärungen ö hatten, ebenso der ganze Rest des ordentlichen Etats des Extraordinariums. Im außerordentlichen Etat werden gefordert: zur Beschaffung für artilleristische Zwecke, zur Beschaffung von Handwaffen und Munition re. 61 033100 Ueber diese Positionen ist in einer besonderen Subcom⸗ mission in drei Sitzungen berhandelt worden, in der von keiner Seite Widerspruch gegen die Bewilligung erhoben und die Nothwendigkeit der Forderungen anerkannt worden ist. Die Forderungen wurden genehmigt. Zur Beschaffung von tragbaren Zelta usrüstungen werden als erste Rate 4 500 000 ½ gefordert. Die Forderung wurde gleichfalls bewilligt, ebenso der Rest des Etats und des sächsischen und des württembergischen Contingents. Abgelehnt wurde nur noch (im sächsischen Contingent) die Forderung von 96 000 für den Neubau von zwei Pferdestallbaracken auf dem Artillerie⸗Schießplatz bei Zeithain. Die Berathung des Militär-Etats ist damit ab⸗ geschlossen. Morgen beginnt die Berathung des Marine-Etats.

Die Commission für die Geschäftsordnung des Reichstags hat folgenden Antrag gestellt: Der Reichstag wolle beschließen: Zur Erhebung einer Wahlanfechtung ist jeder zur Reichstagswahl Berechtigte (38 1 bis 3 des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869) berechtigt.

Dem Herrenhause ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Entschädigung für an Milzbrand ge⸗— fallene Thiere, zugegangen.

In der Schulgesetzeommission des Hauses der Abgeordneten nahm, wie wir den Morgenblättern entnehmen, im weiteren Verlauf der gestrigen Verhandlungen der Abg. Rintelen (Centr) das Wort: Er wolle die Aufregung im Lande nicht bestreiten, sie beruhe auf Unkenntniß über den Inhalt des Gesetzentwurfs, der doch im großen und ganzen die gegen⸗ wãrtige Verwaltungs braris wiedergebe. Er werde dem wesent⸗ lichen Inhalt der Vorlage zustimmen, erkläre sich also gegen Einzel“ regelungen. Der Antrag Rickert, der die Schule als eine Ver⸗ anstaltung des Staats hinstelle, sei gegen die Verfassung und gegen das Allgemeine Landrecht. Der Staat habe nur, dafür zu sorgen, daß Volksschulen beständen. Der Abg. Freiherr von Zedlitz (freicons.) bezeugte, daß auch unter den Conservativen Auf⸗ regung gegen das Gesetz vorhanden sei, die sich auf volle Kenntniß der Vorlage gründe. Auch er müsse in gegenwärtiger Zeit vor⸗ ziehen, sich mit der Regelung der Schuldotation zu begnügen. Das Centrum habe im vorigen urs fortwährend behauptet, die Goßler'sche Vorlage werde einen Sturm in der Bevölkerung hervorrufen. Er behaupte, dies werde bei der diesjährigen Vorlage in erhöhtem Maße zutreffen. Auch er werde an der Ausgestaltung des ganzen Gesetzes mit allem Ernst und Eifer mitarbeiten, seine Abstimmungen seien jedoch für die Schlußabstimmung nicht präjudicirlich. Auch er lege großen Werth darauf, die Schulgesetzgebung der anderen deutschen Staaten event. zu benutzen. Staats-Minister Graf von Zedlitz: Dem Wunsche, die Schulgesetzgebung der anderen deutschen Staaten vorzulegen, werde er gern nachkommen. Die Frage des Abg. Rickert, ob er vor Ein—⸗ bringung des Gesetzentwurfs mit Vertretern der katholischen Kirche, mit Bischöfen, verhandelt habe, müsse er positiv verneinen. Es seien ihm nur zwei Fälle bekannt, wo sein Amtsvorgänger dies ge⸗ than habe, nämlich bezüglich der Verlegung des Bußtages und in Bezug auf die Feststellung der Lehrpläne für die höheren Unter⸗ richtsanstalten. Er selbst habe allerdings mit einzelnen Herren

ätte wegen ihrer Beleidigungen gegen hohe Staatsbeamte sofort gerichtlich verfolgt werden müssen. Auch den Fall

von den verschiedenen Parteien Unterredungen gepflogen, er lehne es aber ab, darüber etwas mitzutheilen. Er erkenne an, daß eine Be⸗