schuldig Verurtheilten zu gewähren. Das kann ich versprechen, dar wenn wir an die Revisien der Strafproceßordnung kommen, diese Frage ebenso wie die Einführung der Berufung funditus dabei erörtert werden muß. Das versteht sich dann ganz ven selbst. Nicht versprechen kann ich freilich, wie die verbündeten Regierungen sich zur Sache stellen werden, das ist unmöglich. Aber. meine Herren, wenn die Sache dann zur Sprache kommt, wenn sie noch inmal erwogen wird, glaube ich allerdings, und allzu lange wird das nicht mehr dauern, daß man das Mögliche thun wird, um den jetzigen Zustand, von dem ich zugebe, er ist gerade nicht das Ideal, das uns vor Augen steht, zu verbessern.
Abg. von Strom beck (Centr: Der Hauptzweck einer jeden Rechtfrrechung seĩ die Gerechtigkeit. Wenn aber statt der Gerechtigteit eine offensichtliche Ungerechtigkeit geschaffen sei, so kei es ine Forde⸗ rung christlicher Gerechtigkeit, daß ein unschuldig Veruytheilten ent⸗ schadigt werde. Auch darüber herrsche kein Zweifel, daß das Wieder. aufnahmeverfahren nach mancher Seite reformbedürftig sei. Jetzt könne die Wiederaufnahme nur beantragt werden, wenn auf eine geringere Strafe erkannt werden könne. Wenn jemand wegen Diebstahls verurtheilt sei, oder es habe sich nur um eine ebenso hoch zu bestrafende Unterschlagung gehandelt, so könne die Viederaufnahme nicht erfolgen. Der Betreffende würde also, wenn er später wegen Diebstahls verurtheilt werde, wegen des Rückfalls schwerer bestraft werden, trotzdem er vorher keinen Diebstahl begangen habe. Hier müffe auch für den Verbrecher Gerechtigkeit geschaffen werden. ö
Abg. Schneider ⸗Hamm (nl): Er fühle sich von dem . des Abg. Trager, neue Gedanken über die Sache zu haben, n frei. Rach den wiederholten Verhandlungen habe er sich vergebli nach neuen Gesichtspunkten umgesehen. Er begrüße es mit . thuung, daß die Haltung der Regierung heute nicht mehr eine so ab— lehnende dem Gedanken der Anträge gegenüber sei, wie bei den Jleßten Verhandlungen 1888. Daher werde hoffentlich eine erfreuliche ösung der Sache gelingen. Das ganze deutsche Volk halte die Ent schãdigung unschuldig Verurtheilter für eine Forderung der Gerechtigkeit. Eine passende Form werde dafür unter allen Umständen gefunden werden müssen. Der Entwurf wolle mit Recht den Ansprng auth ö schädigung als einen Rechtsanspruch im Gegensatz zur k ö gung. Auch der Staatssecretär persönlich stehe anscheinend grun sadlic auf diesem Standpunkt. Und der Anspruch müsse zunschst gegen ie Staatskasse gewährt werden, die ihrerseits auf den urückgreifen könne der die Verurtheilung eines Unschuldigen veranlaßt habe, Er Redner könne aber die Entschädigung nicht billigen, wenn die Unschuld. nicht nachgewiesen, sondern nur ein non lichet vorhanden fei. Wie Ge⸗ währung eines Anspruchs in diesen Fällen würde das Vertrauen des Volkes zur Gerechtigkeit, wie sie, in der . herrschen solle, erschüttern. Der Abg. Rinte en wolle auch das Wiederaufnahmeverfahren beschränken. Der. angel des Rechts⸗ mittels der Berufung mache eigentlich diese Beschrãnkung . möglich. Das Wiederaufnahmeverfahren könne die Berufung nicht erfetzen, und deshalb dürfe es nicht noch weiter beschränkt werden, so lange nicht die Berufung wieder eingeführt sei. In. logischer — 2 folge müßte zunächst, die Berufung wieder eingeführt werden, dadurch würde die Möglichkeit geschaffen, das Wiedergufnahmeverfahren zu beschränken, und bei dieser Beschränkung wäre es möglich diesen Anträgen zuustimmen. Aber die Wiedereinführung der Berufung stehe noch in weiter Ferne, und daher sei es taltisch richtiger, das Augenmerk zunächst auf die Entschädigung unschuldig Verurtheilter zu richten. Eine Commifssionsberathung würde er nicht empfehlen. .
Abg. Froh me (Soc.); Wenn der Staatssecretãr die Meinung habe, es sei außerordentlich schwierig zu entscheiden, eb jemand wirklich unschuldig sei, und in keinem Falle dürfe derjenig, eine Entschädigung erhalten, der im Volke bewußtsein hoch . gelte, fo müͤsse er dieser Ansicht entgegentreten. Viel wichtiger ald die Wiederaufnahme des Verfahrens sei die Entscheidung der Frage nach Wiedereinführung der Berufung. Im Jahre 1889 seien, en den Amts- und Schöffengerichten im Deutschen Reiche 105 880 Fälle behandelt, in 52 973 Fällen sei Berufung eingelegt, und in Ten meisten Fällen mit Erfolg. Das sei der beste Beweis für ö. Nothwendigkeit des Rechtsmittels der Berufung., Es sei nicht einzusehen, weshalb die Berufung geen Urtheile der . kammer weniger allgemeine Berechtigung haben sollte Die beiden Anträge Träger und Rintelen gingen in dem ö wo es sich um die Entschädigung unschuldig Verurtheilter handele, nicht weit genug. Die Criminalstatistik des Deutschen Reichs ergebe, daß im Jahre 1859 455 1659 Perscnen angeklagt, 369 5a verurtheilt, II S 535 freigesprochen worden seien. Die Statistik besage zwar nicht, wie viele der Freigesprochenen in Untersuchungshaft gewesen . aber gering könne die Zahl dieser Personen nicht gewesen sein. Sehr viele der Freigesprochenen hätten sich längere Zeit in Unter uchunge haft befunden, dazu kämen noch die, die verhaftet gew en seien, ohne daß es zur Erhebung einer Anklage gekommen sei. Wenn man dem Rechtsgefühl des Volkes in dieser Beziehung Rechnung tragen wolle, so müffe die Entschädigung für die unschuldig in Untersuchungs haft Ge⸗ nommenen in das Gefetz aufgenommen werden. Die Schwierigkeiten, die der Staate secretär dagegen geltend gemacht habe, Yermog er nirgends zu erkennen. Es bedürfe nur Les Aussprechen⸗ und der legislatorischen Fixirung, des Grundsatzes, daß der Staat zur Entschädigung verpflichtet sei; die Drganisatien würde gar keine Schwierigkeiten machen. Auch die Mittel würden leicht zu beschaffen sein. Allerdings hätten die verbündeten Regierungen ein großes Interesse daran, daß das Ansehen der Rechtsprechung nach Möglichkeit aufrecht erhalten werde. Wenn das aber dadurch geschehen folle, daß man derartige Rechtsgrundsätze, wie sie in den, beiden An⸗ trägen enthalten feien, ignorire, so sei das mit dem Ansehen der Rechtsprechung nicht zu vereinbaren.
Die Untersuchu 1g haft sei selten so leicht verhängt worden als gegenwartig.
Der Fehler liege im Srstem. Ein hervorragender Vertreter der Staatsanwaltschaft und ebemals Mitglied dieses Hauses, Dr. von Schwarze, habe einmal auf die Pflicht der Staatsanwalte hingewiesen, auch diejenigen Momente hervorzuheben, die zur Entlastung des Angeklagten führten, und auch sonst sei dies häufig betont worden, aber leider hätten diese Mahnungen bis jetzt nichts gefruchtet. Mit wenigen rühmlichen Ausnahmen führen die Staatsanwalte fort, die seit längerer Zeit beobachtete Praxis anzuwenden, wenn auch nur der Schatten eines Be eises vorliege, zumal in politischen Processen. Hier unter seinen Partei= genoffen sei fast keiner, der nicht schon unter der zwölf jährigen Herrschaft des Sozialistengesetzes eine rigorose Hand⸗ abung Ter strafrechtlichen Bestimmungen habe erdulden müssen. Häufig würden in politischen Processen Leute in Untersuchungs haft genommen, trotzdem man sich von vornherein wohl sagen könne, daß das wirklich Begangene vor den Gesetzen nicht ausreiche, um ein solches Verfahren zu rechtfertigen,. Wenn es nicht anders gehe, mache man das Bedenken einer Möglichkeit eines Fluchtversuchs geltend. Ein in Magdeburg in Untersuchungshaft gebrachter Socialdemokrat Paus habe seine Freilassung gegen Caution nicht erwirken können, trotzdem seine Frau auf dem Sterbebett ge⸗ legen habe. Statt die Unteroffiziere zu declariren als Stellvertreter Gottes auf Erden, sollte man die mit der Rechtspflege Beauftragten endlich anhalten, kein Unrecht zu thun. Seine Partei verlange die versõnliche Haftbarkeit der Justizbeamten in den Fällen der unschuldigen Verurtheilung. Die persönliche Verantwortlchkeit auf anderen Ge— bieten habe man längst. Im Falle einer Körperverletzung könne der Ver= letzte eine Buße verlangen, und wer von der Justiz geschãdigt werde, wer unschuldig auf Grund eines Verhaftsbefehls in den Kerker geworfen sei, wessen ganze Lebensstellung und Lebenskraft vielleicht durch diese Handlungsweise zu Grunde gerichtet sei, der solle keinen Anspruch auf Entschädlgung haben! Den Apothekergehilfen, der zum Nachtheil des Kranken die Arzenei verwechsele, werfe man ins Gefängniß, und nur der Justizbeamte solle das Prixilegium haben, fahrlässig sein zu dürfen, und dadurch die Freiheit, Ehre, sittliche und materielle Wohlfahrt
an Ansehen nur gewinnen. Das Justizwesen sei corrumpirt nicht so⸗ wohl durch den bösen Willen einzelner Personen, als vielmehr durch das System, dem es unterstellt worden sei. Von einer wahrhaften Gleichheit vor dem Gesetz sei heute keine Rede; das werde auch von nichtsocialdemokratischen Männern anerkannt, In den letzten Jahren hätten die Gerichte eine ganze Reihe von 3 verfolgt und für strafbar erachtet, die zwanzig Jabre hindurch als traflos ge⸗ golten hätten. Er erinnere an die Arbeitercgalitionen, an die . urtheilung strikender Arbeiter wegen Erpressung u. s. w. Man fonftruire immer neue Rechtsfälle und Rechtsbegriffe. Er spreche es aus: Die Corruption in der Strafrechtspflege gehe viel tiefer, als an allgemein glaube. — - ö *r, 91 Levetzow; Sie haben den Ausdruck Cor⸗ ruption ! zweimal gegen die Justiz gebraucht. Ich halte diesen Ausdruck für unzulässig und bitte, ihn nicht wieder zu gebrauchen. Abg. Frohme (fortfahrend): Aus den angeführten That⸗ sachen möge Jeder die Schlußfolgerung selbst ziehen. Man möge diese. Verhältnisse, nicht lediglich unter dem nüchternen Gesichtspunkt der Juristerei, sondern des Rechtsbewußtseins des Volkes betrachten. Man möge lernen gerecht sein und sich warnen lassen Abg. Dr. von Bar (dfr.): Es seien in der letzten Zeit aller⸗ dings Klagen darüber laut geworden, daß Unschuldige in größerer Zahl als sonst verurtheilt seien. Eine genaue Statistik liege darüber nicht vor. Darum sei die Volksstimme auch ganz allgemein für die Entschädigung dieser unschuldig Bestraften. Wenn er freilich vor die Frage gestellt würde: sollen wir diesen Gesetzentwurf annehmen der im Übrigen die Juftiz verbessern, so würde er sich in erster Linie für das letztere aussprechen. Man sage gewöhnlich: die Juxispruzenz sei bloß eine Technik. Nein, sie bilde zugleich auch den Chara ter, und eine bloß oberflächliche Bekanntschaft mit der Wissen⸗ schaft diene dazu, daß man den Tagesströmungen mehr nach⸗ gebe, als es nothwendig sei. In dieser Beziehung bedürfe auch die Staatsanwaltschaft erheblicher Verbesserungen. Er halte die Ausarbeitung des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht für so eilig, wie andere Justizreformen. Der Staatssecretär a über die ver⸗ liegende Frage, daß ohnehin schon das Nöthige ohne Weiteres zeschehe. Aber er Redner) meine, ein Rechtsanspruch sei doch etwas Anderes als ein Anspruch, der lediglich von dem ö der höchsten Behörde abhängig sei. Wenn vielleicht wenig Ansprüche in den letzten Jahren erhoben worden seien, so liege dies daran, daß die Leute oft schon so gebrochen seien, daß es ihnen schließlich gleich gil tig sei, ob sie die Entschädigung bekämen oder nicht. Er habe auch garnicht das Bedenken, daß die Staatskasse im Fall der Annahme dieses Gesetzentwurfs sehr erheblich in Anspruch genommen würde. Vielmehr befürchte er, daß die Wiederaufnahme des Verfahrens erschwert werden könnte durch die Rücksicht auf eine etwaige Ent⸗ schädigung. Jedenfalls sei die allgemeine Meinung entschieden für den Gesetzentwurf, er entspreche auch dem Geiste der Zeit; denn wenn einem Arbeiter, der vielleicht gar keine Beiträge gezahlt habe, eine Alters- und Invalidenrente gewährt werde, dann verstehe man es nicht, daß eine Schädigung in Folge unschuldig erlittener Strafen ohne Ersatz bleiben . ö. . J Abg. Stadthagen (Soc ):; Im vorigen Jahre habe der Staats⸗ secretär gesagt, es sei selbstverständlich Pflicht des Reiches, dafür zu sorgen, daß Leute auch nicht eine Stunde unschuldig in Untersuchungs⸗ haft zubringen müßten; heute sage er: wir wollen, sehen, was die Einzelstaaten in dieser Sache machen werden. Seine Partei wolle nicht um Gnade flehen, wo sie verlangen könne, daß ihr ein Recht zu⸗ gebilligt werde. Wenn eine Volksa ,, darüber veranstaltet würde, würde die große Mehrheit der Bevölkerung sich dahin ent— scheiden, daß die Urtheile nicht gerecht seien, besonders in Processen mit politischer Tendenz. Der Richter werde oft durch die Umstände so befangen in seinem Urtheil, daß es ihm schwer falle, ein gerechtes Urtheil zu fällen; er sei in vielen Sachen sogar völlig Partei. io 3. B. bei Anklagen wegen Aufrsizung einzelner Bepölkerungsklassen gegen andere. Bei diesem Mangel an Vertrauen in den Richterstand sei es ein Bedürfniß, daß eine Entschädigung unschuldig Ver— urtheilter baldigst Gesetz werde, die Hauptsache, sei nicht di Entschädigung unschuldig Verurtheilter, sondern die Entschädigung unschuldig in Untersuchungshaft Genommener. Wenn in dem Antrag Träger die Rede sei vom Schuldigen, so sei als solcher in erster Reihe der Staatsanwalt in Anspruch zu nehmen. Die Ent⸗ schädigung unschuldig in Untersuchungshaft Genommener sei darum so nöthig, weil die Untersuchungshaft in viel ausgedehnterem Umfang per⸗ hängt werde, als man es bei Schaffung des Gesetzes im Auge gehabt habe; der Begriff heimathlos in dem Sinne der zur Ver—⸗ haftung ausreichenden Voraussetzung werde riel zu weit gefaßt S. wisse er aus seiner Praxis, daß irgend eines Telictes angellagte Dienst⸗ madchen, die natürlich von der Dienstherrschaft entlaffen worden seien, dann als heimathlos. gegolten hätten und verhaftet seien, hinterher sei oft Freisprechung erfolgt. Der Abg. Bebel sei zur Zeit des Socialistengesetzes einmal angeklagt, und da er von der Landes polizeibehörde gerade ausgewiesen gewesen, sei er als heimathlos“ verhaftet und im Polizeiwagen abgeholt. Unter vielen anderen Fällen von zu Unrecht verhängten und aufrecht erhaltenen Verhaftungen wolle er besonders den kürzlich vorgekommenen Fall eines Magdeburger Redacteurs hervorheben, der wegen der Höhe der zu erwartenden Strafe in Untersuchungshaft genommen worden sei; seine Frau habe eine schwere Entbindung durchzumachen gehabt, und seine Freunde hätten 10 0900 60 Caution für ihn gesammelt, damit der Verhaftete aus der Haft entlassen und zum Besuch seines kranken Weibes verstattet würde; das sei nicht genehmigt worden, weil das Geld nicht dem Angeklagten selbst gehört habe. Als die Krankheit seines Weibes schlimmer geworden, sei er nochmals um Haftentlassung eingekommen, es sei abgelehnt und ihm gesagt worden, wenn seine Frau gestorben sei, werde mar ihm gestatten, an. der. Beerdigung theil zu nehmen. Infolge dieser Aufregungen sei die Frau gestorben, und nun sei der Redacteur gegen eine geringere, auch von seinen Freunden aufgebrachte Caution aus der Haft entlassen, während die frühere Entlassung den Tod der Frau verhütet haben würde. Es erscheine schon in höchstem Grade unrecht, jemanden durch ein solches Verfahren seines Weibes zu be⸗ rauben, und wenn das christlich sei. (Präsident von Levetzow: Es verstößt gegen die Ordnang des Hauses, daß ein Beamter be⸗ schuldigt wird, einem Angeklagten sein Weib enteignet zu haben!) Das seien die Folgen gewesen der actenmäßig festgestellten Sand⸗ lungen der Beamten. (Präsident von Levetzow: Das folgern Sie, Andere nicht) Er folgere das aus den Acten, deren Studium ihm manche schlaflose Nacht gekostet habe, weil er sch eftact habe, ob denn die Richter und Staatsanwalt diese Folge ihrer Handlungen nicht hätten voraussehen können. Man möge nicht den Nachtheil unterschätzen, der durch solche Dinge dem Rechtsbewußtsein zugefügt werde, und ein abhelfendes Gesetz in zweiter Lesung zu stande ringen. ; ig. Munckel (dfr. :: Wenn die Thatsachen, die der Vorredner vorgebracht habe, wirklich vorgekommen seien, dann seien sie bedauerlich im höchsten Grade und er ziehe ähnliche Schlüsse daraus, wie der Abg. Stadthagen, aber dagegen Remedur zu schaffen, gehe schen die bestehende Gesetzgebung genügende Mittel an die Hand. Der Antrag sei nicht dazu eingebracht, um fahrlässige oder vorsätzliche Ueber= schreitungen der Amtsgewalt zu strafen — dafür sei schon jetzt der, welcher sich die Ueberschreitung zu Schulden kommen lasse, haftbar, sondern mit dem Antrage werde bezweckt, die bedauerlichen Folgen von Irrthümern der Justiz nach Möglichkeit zu beseitigen, es handele sich gleichsam um eine Unfallversicherung gegen Unfälle bei der Rechtepflege. In dem, worin sich die Anträg⸗ Träger und Rintelen glichen, sei man einig; beide Anträge unter- schieden sich dadurch, daß in Einzelheiten die Wünsche auseinander gingen. Er habe sonst immer gewünscht, daß auch die unschuldig erlittene Untersuchungshaft entschädigt werde. Aber soweit wie der Abg. Stadthagen könne er nicht gehen, der sage, es sei jedesmal der fungirende Staatsanwalt daran schuld. Auch der Abg. Stadthagen werde sich bei einiger Ueberlegung selbst sagen, daß bei der Adop⸗
unschuldig Verurtbeilte, sondern a durch Beschränkung des Wiederaufnahmerperfahrens eine Ver hbütung der nachträglichen Ermittelung der Unschuld. Dese Verbindung sei. höchst unglücklich. Das Wiederaufnahmererfah⸗ ren sei ja vielleicht verbesserungs bedürftig. Es sei als Ersatz für die Berufung gegeben, und ohne daß dieser Ersatz eintrete, könne er einer solchen Beschränkung nicht zustimmen. Man halte es für ein Unglück, daß jetzt so leicht das Verfahren wieder aufgenommen werde. Wer in der Criminalpraris stehe, wisse, was dieses zu leicht! bedeute. Bisher habe man diesen Zustand ertragen, aber jetzt, wo es anfange, dem Staate möglicherweise einige hundert Mark zu kosten, werde der Zustand unerträglich und solle beschränkt werden. Den Unschuldi⸗ gen wolle seine Partei nicht auf den Weg der Bitte verweisen, sondern er müsse ein Recht haben, eine Entschädigung verlangen zu können. Man frage; Ist denn der Freigesprochene auch wirklich un. schuldig? Merkwürdig, diese Stimme des Gewissens schlage erst jetzt wo das Gesetz an den Geldbeutel greife. Früher habe man nicht danach gefragt, die Freisprechung habe ausgereicht für die Annahme der Unschuld. Beim non liguet wolle man keine Entschadigung zahlen und sage: Nein, so unschuldig ist er nicht! Für den Juristen wenigstens sollte, wenn etwas nicht bewiesen sei, es unschuldig er—⸗ scheinen. Die Staatsanwalte sollten es sich dreimal überlegen, eke sie mit Verdächtigungen anfingen, von denen immer etwas sitzen bleibe. Bisweilen gehe man bei der Erhebung der . mit den kostbarsten Gütern der Menschheit: Ruf, Freiheit und Ehre zu rasch und leicht lebig um. Er habe nichts dagegen, wenn man die Beamten nicht nur für beabsichtigte, söndern auch für grobe, vielleicht sogar mäßige Ver⸗ gehen haftbar machen wolle. Habe ein zweiter Richterspruch die Schuld nicht anerkannt, so solle nicht erft ein Regierungsbeamter darüber entscheiden, ob der Angeklagte halb oder ganz unschuldig sei. Er bitte also, den Antrag Träger anzunehmen, für ihn sei das ein Anfang im Princip; aber der Anfang mit ganzer Kraft gemacht, werde zeigen, daß . Reichstag nicht so ganz machtlos den verbündeten Regierungen gegenüber sei. . Tamit schließt die Besprechung. Persönlich bemerkt Abg. Dr. Lingens (entr), daß er in der Budgeteommission nicht die Unteroffiziere als Stellvertreter Gottes hingestellt habe; er habe nur im allgemeinen mit Bezug auf Autorität und Gehorsar betont, daß nur der Gehorsam als menschenwürdig gelten könne, der aus höheren Rücksichten gemäß Gottes Gebot erfolge. Von den Unteroffizieren als Vorgesetzten habe er dabei nicht gesprochen, ebenso wenig von dem den Unteroffizieren etwa schuldigen Gehorsam. Die Anträge werden nicht an eine Commission verwiesen, sondern in zweiter Berathung demnächst im Plenum verhan—
delt werden. Schluß 43/6 Uhr.
eine Entschädigung fũr
Denkschrift der Ansiedelungscommission.
Dem Hause der Abgeordneten ist gemäß 8 11 des Gesetzes vom 2tz. April 1886, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedelungen in den Provinzen Westpreußen und Posen, eine Denkschrift über die Ausfuhrung dieses Gesetzes im Jahre 1891 vorgelegt worden. Wir entnehmen ihr folgende Mittheilungen: . 1
Das Jahr 1891. kann, vom landwirthschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, als ein günstiges in dem Geschäftsbereiche der An⸗ siedelungscommission nicht bezeichnet werden. Witterung und Ver⸗ theilung der Niederschläge waren dem Gedeihen der Feldfrüchte nicht vortheilhaft. Das Wintergetreide hat nicht nur durch Auswinterung, die strichweise, insbesondere in Westpreußen, solche Dimensionen an— nahm, daß sich eine Umackerung und Neubestellung ganzer Felder als geboten erwies, sendern auch durch Junifröste während der Blüthe— eit des Roggens empfindlich gelitten; sein Körnerertrag war in großen Durchschnitt nur ein mittelmäßiger. Die Ernte der Sommer⸗ halmfrüchte muß als wenig befriedigend und die Kartoffelernte als eine
eringe bezeichnet werden. Der Ertrag der Futtergewächse, ist 6 gewesen. Die guten Preise für alle landwirthschaftlichen Producte, das Vieh eingeschlossen, gleichen die Ernteausfälle nicht aus. Die geringen Ernten der letzten drei Jahre beeinträchtigen nicht nur die Betriebsergebnisse der von der Ansiedelungscommission bewirth⸗ schafteten Güter, sondern verzögern auch vielfach die gedeihsiche Ent. wickelung der Ansiedelungen; immerhin hebt sich der Viehstand bei den Ansiedlern in erfreulicher Weise, und läßt die vermehrte Dünger⸗ production gesteigerte Ackererträge in der Zukunft erhoffen. Alle Grundstücke, die sich von Altersher in besserem Culturzustande be— finden, und die frisch drainirten Felder zeichnen sich bei den ungünstigen Witterungsverhältnissen durch ihre Ertragssicherheit aus. Der Werth der Drainage wird überall von den Ansiedlern rückhaltlos anerkannt. . . . .
Von den bisherigen Mitgliedern der Ansiedelungscommission sind ausgeschieden der erste Präsident der Ansiedelungscommission seit ibrer Begründung Graf von Zedlitz-Trützschler, infolge Ernennung zum Minister der geistlichen, Unterrichts: und Medizinal-Angelegenheiten am 12. März 1891, und der Ober⸗Präsident der Provinz Westpreußen von Leipziger, verstorben zu Danzig am 22. April 1891. .
Neu eingetreten sind als Nitg ieder der Ansiedelungscommissien der frühere dienstälteste Rath der Ansiedelungscommission, Geheimer Regierungs-Rath Dr. von Wittenburg, welcher zugleich zum *. sidenten der Ansiedelungscommission ernannt wurde, die beiden Ober⸗ Präsidenten der Provinzen Posen und Westpreußen, von denen ersterer zum stellvertretenden Vorsitzenden der Commission ernannt worden ist, und der Geheime Regierungs-Rath von Rheinbaben als Com— missar des Herrn Minister⸗Präsidenten. ö
Im Jahre 1891 sind der Ansiedelungscommission freihändig zum Ankauf angeboten: 76 Güter und 33 bäuerliche Grundstücke; davon aus polnischer Hand: 34 Güter und 17 bäuerliche Grundstücke,
n
aus deutscher Hand: 42 Güter und 16 bäuerliche Grundstückt;, n 23 Fällen trat die Ansiedelungscommission außerdem dem Ankauft von Gütern und Grundstücken. welche zur Zwangsversteigerung standen, näher. Thatsächlich sind im Jahre 1891 für Zweck der Ansiedelungscommission angekauft und übernom men- 12 Rittergüter, 4 Güter, zusammen 16 größere Güter (Haupthöfe, mit oder ohne ausgebaute Vorwerke und theilweise mit zugeschriebenen, früher angekauften bäuerlichen Grundstũcken] somie Akleinere selbständige Vorwerkswirthschaften, ein Wiesenstreifen am See des Ritterguts Koldromb zur Arrondirung der fiscalischen Guter Niedzwiady und Stérki. Hiervon entfallen: . A. Auf den Regierungsbezirk Marienwerder: die Güter Druszyn, Kreis Strasburg, Lulkau, Kreis Thorn, und das it, , Gryzlin, Kreis Lobau, mit einem Gesammtflächeninhalt von 1854 hs 68 a 14 4m zu einem Gesanimtkaufpreise von 1 008319 1 B. Au den Regierungsbezirk Brgmberg: das Rittergut 8 Robno, Kreis Gnesen, und der Wiesenstreifen am See des Nittergut⸗ Koldromb, Kreis Wongrewitz, mit einem Gesammtflächeninhalt . Sol ha 93 a 83 dm zu einem Gesammtkaufpreise von 665 322 6 I0 *. C. Auf den Regierungsbezirk P⸗ꝛelcen; die ien ,,,, Kreis Koschmin, Kleszezewo, Kreis Lissa, Kowalewo, Vieru hee . Pleschen, Wydzierzewice, Trzek und Orzeszkewo, Kreis Schroda⸗ . . Kreis Schrunm, Biechoiwo mit. Vorwerk Syberia. Kreis Wreschen, ? Güter Gluchowo, Kreis Koschmin, Wesolki, Kreis Pleschen, und Tom:. nowo mit Vorwerk Szrapki, Kreis Schroda, die Vorwerke Wanda, eee Schildberg, und Neudorf, Königl. Nr. 1, Kreis Wreschen, mit e. Gefammtflächeninhalt von 5779 ha 79 a 76 am zu einem Gesamm kaufpreise von 4115 984 6 47 3. J Unter Hinzurechnung der Erwerbungen aus den fünf Vorja *. umfaßt somit der Gesammterwerb der An siedelung? Cen mission a. an Gutsareal 57 192 ha 05 a 17 4m zu einem 9. preise von 35 166 5553 6 37 4, b. an bäuerlichem Areal 13 . 36 a 82 am zu einem Kaufpreise von 904 294 ½ 80 4, en n 55 526 ha 41 a S9 m zu einem Kaufpreise von 36 00828.
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eines Menschen in Gefahr zu bringen. Wellte man eine persönliche Verantwortlichkeit der Justizbeamten einführen, so würde die Justiz *
tirung dieses Princips in ganz Deutschland sich kein Staatsanwalt mehr finden würde. Der Abg. Rintelen wolle nicht nur
17 3.
Angekauft aus deutscher Hand sind: das Gut Druszyn, früher ein Verwerk des im Besißz der Ansiedelunge commiffion befindlichen Ritter= guts Griewenhof, und das Gut Lulkau im Zwangsversteigerungs⸗ re ren ere, der oben bezeichnete Wiesenstreifen am Koldromber See freihändig. . ( ö F in ng der Ankäufe im Jahre 1891 beträgt S526 ha 41 a 83 am, gegen 7774 ha S5 a 23 dm des Vorjahres, ist also um 51 ha 56 a 60 am gestiegen. Der Durchschnittspreis stellt sich auf 6rJ M für den Hektar, was eine Steigerung gegen den früheren Ge⸗ sammtdurchschnittspreis von 616 „ bedeutet, die indeß sich aus der besseren Bodenqualität der Erwerbungen des Jahres 1891 recht⸗
igt. ö ; et he, den nach dem verigen Jahresberichte bestehenden 52 ein⸗ zelnen Gutsverwaltungen sind im Jahre 1891 infolge der Be⸗ siedelung drei aufgelöst. Unter Abzug dieser und unter Hinzurechnung der auf den neuen Erwerbungen eingerichteten Gutsverwaltungen existiren jetzt 63 einzelne Verwaltungen, denen 78 Rittergüter resr. Güter und Vorwerke unterstellt sind. Bei diesen sind zu unter— scheiden: a. 43 Verwaltungen, die lediglich mit dem reinen land— wirthschaftlichen Großbetriebe zu thun haben, b. 14 Verwaltungen, bei denen das Besiedelungsgeschäft begonnen hat, C. 6 Verwaltungen, bei denen das Besiedelungẽgeschäft nahezu beendet ist, zusammen 63 Verwaltungen. Die Zahl der Verwaltungen hat sich also wieder um 11 vermehrt, und ist dadurch auch der Umfang der be— treffenden Geschäfte erheblich gestiegen.
Die Ergebnisse der von der Abtheilung B. der Ansiedelungs— commissien geleiteten zwischenzeitlichen Verwaltung von Ansiedelungs⸗ gütern zeigen, vom bloßen finanziellen Gesichtspunkte betrachtet, kein günstiges Bild. Die Gründe dafür liegen: . .
IJ in dem mit sehr wenigen Ausnahmen geringen und zumeist auch verwahrlosten Bau⸗, Betriebs⸗ und Culturzustande der über⸗ wiegend aus schwachen Händen erworbenen Besitzungen, die daher zu⸗ nächst erhebliche Aufwendungen für Retablissement und Betrieb er— fordern
ö. in der Unabweislichkeit weiterer Aufwendungen zur raschen und energischen Hebung des allgemeinen Culturzustandes, namentlich bei der Durchführung von Drainirungen,
3) in einem seit dem Jahre 1888 fühlbar eingetretenen Rückgang der Ernteerträge infolge ungünstiger Witterungsverhältnisse,
4 in vielerlei Leistungen für das Ansiedlerinteresse.
Was die Anmeldung Ansiedelungslustiger betrifft, so zingen im Jahre 1891 ein g69 Anträge, also gegen das Vorjahr mehr
33 Anträge. Dapon sind 584 durch Einsendung der ausgefüllten Fragebogen zur Notirung in die Ansiedlerliste gekommen. Das bedeutet gegen das Vorjahr eine Zunahme von 71 Roti⸗ rungen. Von den 584 Notirten waren 26 Angehörige der Ansiedelungsprovinzen, d. i. 37 90, das Verhältniß ist also dasselbe, wie im Vorjahre. Die Anmeldungen katholischer An⸗ wärter haben sich im letzten Jahre vermehrt, nämlich auf 99 gegen 30 im Vorjahre. I·m Bureau der Ansiedelungs⸗Commission zu Posen haben vorgesprochen 258 Bewerber. Der Durchschnitt der nachge⸗ wiesenen Vermögen steigt. Er betrug bei den Protestanten 6617 , bei den Katholiken, die überwiegend aus Westfalen stammen, 9464 0
An Ansiedlerstellen wurden durch Punctationsabschluß ver— geben;: vom Herbst 1886 bis Ende 1887 133, im Jahre 1888 204, im Jahre 1889 196, im Jahre 1890 176, im Jahre 1891 195, zu⸗ sammen 904.
Abgesehen von den Anmeldungen der ersten beiden Jahre, die überwiegend ungeeignetes Ansiedlermaterial enthielten, was sich aus der Neuheit der Sache erklärt, ist die Nachfrage bisher eine ziemlich constante geblieben. Man kann annehmen, daß ein Viertel der eingehenden Anträge nicht ernst gemeint ist, und daß von den in den Listen Notirten ein starkes Dritttheil sich als Ansiedler ansässig macht. In allerjüngster Zeit macht sich eine steigende Bewegung in den Anfragen bemerkbar, die freilich in ihren Ausführungen vielfach den Beweis erbringen, daß der Wanze Ansiedelungs vorgang in den Schichten der Kleingrundbesitzer Deutschlands noch sehr wenig bekannt ist. Charakteristifch ist, daß der größte Theil der Zuzügler aus engeren Landsleuten von früher angejogenen Ansiedlern besteht. Große Gebiete Deutschlands mit starker ackerbautreibender Bevölkerung sind bisher unvertreten ge⸗ blieben. Im Berichtsjahre wurden begeben: 195 Parcellen an 193 Ansiedler zu einer Gesammtfläche von 3336,81, 98 ha und zum Gesammtwerthe von 2 476 512,30 0, mithin seit dem Jahre 1886 lis ein- schließlich 1891 904 Stellen an S883 Ansiedler mit einer Fläche von 15 214072,833 ha zum Gesammtwerthe von 10611 906,64 ½ Un— begeben blieben an ausgebotenen Stellen 298 mit 595, 9i,69 ha zum Gesammtwerthe von 3 655 445,62 S6. Auch in dem Betriebs jahre sind, ohne in der statistischen Aufnahme zu figuriren, etwa 40 Punc— tationen mit Ansiedlern, die in diesem Frühjahre anziehen wollen, ab— geschlossen.
Anlangend die Herkunft der Stellenabnehmer, so zeigen die Provinzialeingesessenen eine Betheiligung von im Ganzen 16,3 0. Der Zuwachs an Katholiken — 29 im Jahre 1890 — kommt zumeist auf Rechnung eingewanderter Westfalen.
Am 1. Dezember 1891 befanden sich in der selbständigen Bewirth schaf tung von Ansiedlern: im Regierungsbezirk Posen dt Stellen, im Regierungsbezirk Bromberg 381 Stellen, in der Provinz Westpreußen 196 Stellen, zufammen 771 Besitzstãnde.
Von diesen 771 Besitzständen waren
bis 5 ha groß 73 von 5 — 15 ha groß 355 von 15 — 30 ha groß 248 32, 16. . Auf diesen 771 Besitzungen lebten im ganzen an Köpfen: a. Familien der Besitzer (Spalte 8, 4481 — 88, 15 0 9, b. Gesinde (Spalte 199 . .
— 11,85 C0,
46 0 , 46, 0zy,
im ganzen. 5087 Kopfe. Von diesen 3082 Köpfen entfielen auf die provinzialfremden Fa⸗ müälien einschließlich des aus der Heimath mitgebrachten Gefindes Sxalte 19 und 20: . a. im Regierungsbezirk Posen. 842 b. im Regierungsbezirk Bromberg 41473 ,, e
im ganzen 2676
das sind von 5082 Köpfen 52,53 o/o. Der Procentsatz diefes aus anderen Provinzen st wachses einschließlich des dorther zugezogenen Gesindes a. im Regierungsbezirk Psssen.... .. b. im Regierungsbezirk Bromberg .. S in der Provinz Westpreußen ..
8 . ö Daß neben der Ansetzung von westdeutschen Ansiedlern eine weitere freie Einwanderung bäuerlicher Wirthe aus Westdeutschland tattnndet, ist wieder mehrfach beobachtet. Bezeichnend ist beispiels⸗ . die Thatsache, daß allein in der Landgemeinde Kaczanowo, e . Kreises, wo ein Cempler von 172 Hectaren von der An⸗ eelungscommission an deutsche Katholiken (oéprwiegend Westfalen) derge en werden war, 4 Bauerstellen von 3 westfälischen katholischen Familien ohne Zuthun der Ansiedelungscommission angekauft wurden. fia ee , Verhandlungen, betreffend die ü mwandelung der 6. ischen Gutsbezirke in Landgem ein den, haben in Be— . zu einem positiven Ergebniß nicht geführt, weil die Publi⸗ ar er neuen Landgemeindeordnung vom 3. Juli 1891 die Ver⸗ 3 ft überall wefentlich verscheb. Die neuen Festsetzungen, die dies w. gebt ließen es schon aus dem Grunde nicht angezeigt erscheinen, , . Peschleunigung der., Constituirung neuer Gemeinden 464 * en, weil diesen neuen Gebilden, die ohnehin bei ihrer eigen⸗ . Zu ammnensckßung zur Entfaltung eines regen communalen ,. tzohne Schwierigkeiten gelangen können, kaum zuzumuthen 9. 2 April 1892, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Geseßzes,
ech innerhalb ihres ersten Entwickelungsjahres, eine vollständige
beschrãnken müssen, das Material für die bevorstehenden neuen Drga⸗
regelt, vielmehr für die betreffenden Materien auf die geltenden Orts⸗ statuten und Gewohnheiten verweist, so hat es sich schließlich als nöthig erwiesen, für die neuen Ansiedelungsgemeinden, die einer bistorischen Entwickelung entbehren, ein Normalgemeindestatut aufzu⸗ Gemeinde eine Regelung erfahren. Grundsatz maßgebend gewesen, die Selbstständigkeit der Gemeinden so wenig als möglich einzuengen, vielmehr der freien Ent— schließung der Communen den weitesten Spielraum zu lassen. Es sind Ee galk⸗ nur Vorschriften getroffen worden, deren Bestehen im Gesetz unbedingt vorausgesetzt wurde, oder deren Zweckmäßigkeit all⸗ gemein anerkannt ist. Selbstverständlich wird trotzhnem im Einzelfalle geprüft werden, ob und inwieweit eine Abweichung von der Normal⸗ satzung geboten erscheint; schließlich aber wird auch den Gemeinden überlassen bleiben können, kraft ihrer Autonomie die etwa sich als unzuträglich erweisenden Sätze jpäterhin im Wege der Beschlußfassung abzuändern beziehungsweise zu beseitigen. ;
Bezüglich der kirchlichen Versorgung der Ansiedler ist nach den in der Denkschrift für 1590 dargelegten Grundsätzen weiter ver— fahren worden. Es ist in Aussicht genommen, in Colonien, die in polnischer Umgebung mit deutschen Katholiken besiedelt werden, der Kirche die Mittel zur Verfügung zu stellen, um neben dem polnischen Gottesdienste für die einbeimische Bevölkerung deutschen Gottesdienft für die zugezogenen deutschen Ansiedlerfamilien einzurichten. Im übrigen wird eine besondere Fürsorge der Commission durch Bildung neuer KLirchspiele naturgemäß in der Regel nur rücksichtlich der in der Diaspora sich ansiedelnden evangelischen Colonisten erforderlich, da die Ansiedler katholischer Confession inmitten der mit Katholiken dicht besetzten Landestheile überall entweder am Orte der Ansiedelung selbst oder in unmittelbarer Nachbarschaft Anschluß an bestebende Kirchen⸗ und Pfarrsysteme finden. In der angegebenen Richtung ist im Berichtsjahre im Einvernehmen mit den Kirchenbehörden üm wesent— lichen Folgendes veranlaßt worden: Die neu erbaute evangelische Kirche in Lubowo, Kreis Gnesen, ist eingeweiht und dem Ge— brauch übergeben worden; der betreffende Pfarrsprengel ist definitiv begründet. Die Verhandlungen wegen Begründung' einer neuen evangelischen Parechie mit dem Mittelpunkte Zerniki, Kreis Inin, sind zwar noch nicht zum definitiven Abschluß gelangt, indeß bereits soweit gediehen, daß der Bau der Kirche demnaͤchst eingeleitet werden kann. Zu dieser Parochie sollen die Ansiedelungen Zernifi, Ustas zewo und Skörki, sowie eine Reihe von anderen, in der Nähe belegenen, zum theil mit Evangelischen dicht besetzten Ortschaften gewiesen werden. Inzwischen werden die dort in Betracht kommenden Ansiede— lungsorte durch einen aus Mitteln des Ansiedelungsfonds remunerirten, zur Zeit noch in Ustaszewo untergebrachten Provinzial-Vicar pastorirt. Ein unter gleichen Bedingungen angestellter Propinzial⸗Vicar ver— sieht die Seelsorge in den westpreußischen Ansiedelungen Rynsk. Bo— browo, Niewierz und Kujawamühle. Die Bethäͤufer bejw. Betfäle für die Tlialkirchengemeinden Imielinken, Kreis Wongrowitz, Jablowo, Kreis Schubin, und Wengierki. Kreis Wreschen, find im Berichts? jahre fertiggestellt. Bei den Verhandlungen über die Begründung der entsprechenden Gemeinden hat sich, um eine Ueberburdung der selben mit kirchlichen Abgaben zu verhüten, das unabweisliche Be— dürfniß herausgestellt, diese Körperschaften mit kleineren Landdotationen auszustatten, die ihnen die Aufbringung der Kosten für die Fuhren der auswärts wohnenden Pfarrer erleichtern. Auf Wunsch der Kirchenbehörden sind endlich in Ortschaften, in deren näherer Um— gebung es an allen zur Abhaltung von Gottesdiensten geeigneten Lokalitäten gebrach, die Schulklassenzimmer mit einer verschließ baren Apsis versehen worden, um so deren Ingebrauchnahme für gottes— dienstliche Zwecke zu ermöglichen.
Nach Verständigung mit den Schulaufsichtsbehörden ist die Be— gründung neuer deutscher Schulen auf folgenden Anfiedelungen erfolgt beziehungsweise eingeleitet: Wisniewko, Kreis Wongro— witz, Gr. Zalesie, Kreis Koschmin, Sadlogosch, Kreis Schukbin, Kornaty, Kreis Wreschen, Czarne⸗pigtkowo, Kreis Schroda, Strzvzewo paczkowo, Kreis Mogilno, Slawoszewo, Kreis Jarotschin, Wojciechowo, Kreis Jarotschin, Ludowitz, Kreis Briesen Wpr, Kiewo, Kreis Kulm, Alt⸗Bukowitz, Kreis Berent. In Gr. Zalesie befindet fich der Unter— richt in dem neu erbauten Schulhaufe bereits im Gange, in Sadlogosch und Czarne⸗pigtkowo ist die Eröffnung des Unterrichts nur noch von dem Eintreffen des Lehrers bezw. einem verstärkten Zuzuge von An— siedlern auf letztbezeichnetem Gute abhängig, während in den übrigen Ortschaften die Schulgebäude noch nicht ganz fertig gestellt, indeß größtentheils der Vollendung nahe sind. Wo ein stärkerer Zuzug von Ansiedlern es wünschenswerth erscheinen ließ, sind Schulzirkel mit eigenem Lehrer schon vorläufig begründet und in verfügbaren Räumen einstweilen untergebracht. Während der bisherigen Thätigkeit der Ansiedelungscommission sind danach 33 neue deutsche Schulen ins Leben gerufen worden. Nachdem auf Grund des gefammelten Ma— terials eine anderweitige Auswahl von geeigneten Schriften statt— efunden hat, ist nunmehr die Anlieferung von 12 weiteren Volks— gi ute deren Verwaltung nach wie vor den Lehrern der betref— fenden Ansiedelungsschulen übertragen wird, im Gange.
Parlamentarische Nachrichten.
— Die Volksschulgesetztommission des Hauses der Abgeordneten setzte, wie die Morgenblätter mittheilen, ge stern Nachmittag die Berathung des § 5 der Vorlage fort, welcher von dem Lehrplane und der inneren Einrichtung der Volksschule handelt. Abg. HansFen (freicons.) beantragte, in den Lehrplan auch die „Ge— sundheitslehre“ aufzunehmen. Abg. Rickert (dfr.) wollte statt vaterländische Geschichte! sagen: „Geschichte, insbesondere vater— ländische Geschichte! und beantragte außerdem folgenden Zusatz zu 8 5: „Mit Genehmigung der verstärkten Kreis. beziehungs- weise Stadtschulbehörde kann in den Lehrplan für Knabenschulen der Handfertigkeitsunterricht, für Mädchenschulen der hauswirthschaft— liche Unterricht aufgenommen werden.“ Der Antragsteller machte besonders auf die großen Vortheile, welche der Handfertigkeitsunter⸗ richt für die Knaben habe, und auf die Einrichtungen mancher Städte aufmerksam, wo die Mädchen in der Elementarklasse in einfacher Weise das Kochen erlernten. Baden habe beide ven ihm gewünschten Bestimmungen in das Gesetz aufgenommen, Preußen müsse mit an der Spitze marschiren. Bezüglich des Geschichtsunterrichts glaube er, daß die Volksschule allen Anlaß habe, auch die Geschichte anderer Volker zu lehren. Er wolle nicht, daß im Gesetz die Beschränkung des Unterrichts in Geschichte allein auf die vaterländische festgelegt werde. Der Minister Graf Zedlitz erklärte sich gegen jede Erweite⸗ rung des Lehrplans auf Gegenstände, welche nicht im Vordergrund des allgemeinen Interesses lägen. Bezüglich der Gesundheitslehre habe er das Bedenken, daß die Seminaristen, welche jetzt kaum im stande seien, die Menge der Lehrgegenstände zu bewältigen, dadurch zu sehr belastet würden. Auf dem Wege der Instructionen werde übrigens nach dieser Richtung hin schon gewirkt. Er habe dies früher als Regierungs- Präsident in Orpeln wiederholt gethan. Was den Dan dgfertigteitẽ unterricht betreffe, so sei er in der Werthschätzung solcher Bestrebungen mit dem Abg. Rickert einig. In Bezug auf die Erweiterung des Geschichtsunterrichts, glaube er — und er spreche aus Erfahrung —, daß die Frweiterung des Lehrplans für Geschichte eine Gefahr der Beeinträchtigung der vaterländischen Geschichte in sich schließe. Die Abgg. Hr. von
,, . und Graf zu Lim burg-Stirum scons.) sowie
Abg. Freiherr von DYiuene (Centr.) erklärten sich gegen die
Rickert schen Anträge. 2 Dr. Ritter (freicons.) hielt die Fassung
des § 5 für ausreichend, hatte aber nichts gegen die Annahme des
Antrags Rickert auf facultative Aufnahme des Handfertigkeits⸗
Veranderung der Grundlagen ihrer Eristenz durchzumachen. Es hat
sich demnach die Thätigkeit der Commission im wesentlichen darauf
nisgtionen dergestalt zu ordnen, daß daraus die Möglichkeit folgt, kur; nach dem Inkrafttreten des Gesetzes die neuen Gemeinden einzurichten. Da die Landgemeindeordnung eine Reihe von Fragen nicht generell
stellen, in welchem die fraglichen Punkte gleich bei Censtituirung der Bei dieser Aufstellung ist der
der betreffenden wie folgt zu unterricht wird von der kirchlichen Oberbehörde bezw. den zuständigen Organen der betreffenden Religionsgesellschaft festgeftellt und von dem , dem allgemeinen Lehrplan eingefügt. Die für den Religi
Schulbücher b Organ der soll am jeder Umwandlung
zuschalten, daß dieser Unterricht durch technisch geeignete Kräfte ertheilt werde, da der Lehrer hierzu häufig außer stande sein werde. Abg. Freiherr von Zedlitz (freicons.) beantragte zu dem Abfsatz des § 5, welcher lautet: Die Aufnahme anderer Gegenstände in den Lehrplan bedarf der Genehmigung des Unterrichts⸗Ministers, hinzuzufügen: Die Aufnahme des Handfertigkeitsunterrichts, bei Mädchenschulen des hauswirthschaftlichen Unterrichts jedoch nur des Regierungs⸗ Präsidenten. Antragsteller führte aus, die Praxis habe zur Ge⸗ nüge gezeigt, daß der Geschichtsunterricht sich auf die vaterländische Geschichte concentriren müsse. Der Minister habe die Be— deutung des Rickert'schen Antrages anerkannt und sich nur gegen die Form desselben ausgesprochen. Er stehe auf demselben Standpunkt. Abg. Han sen lfreicons.) zog darauf seinen Antrag zurück. Bei der Abstimmung wurden alle Anträge abgelehnt, § 5 in der Fassung der Regierungsvorlage unverändert angenommen. Abg. Rickert (KaCfr.) wünschte nunmehr Auskunft über die Zahl der Religionsstunden. Selbst der Minifter von Mühler habe in dieser Beziehung Schranken gewollt und in seinem Gesetzentwurf die Zahl der Religlonsstunden auf 5 bis 6 festgesetzt, während der Mi— nister Falk nur 4 bis 5 zugestanden habe. Er wolle an den besteben— den Bestimmungen nichts andern, sie aber durch Gesetz festlegen und stelle deshalb den Antrag, folgenden S 5a anzunehmen: „Für den Reli⸗ gionsunterricht können in den Lehrplan in den mehrklassigen Volts schulen bis zu 4 in der einklassigen Volksschule bis zu 5 wöchentlich aufgenommen werden. Abg. Freiherr von Hu (Centr.): Darüber lasse sich sprechen, wenn auch die Mini bestimmung der Religionsstunden ins Gesetz aufgenommen werden sollte. Die Abgg. Dr. von Heydebrand und Graf zu Limburg— Stirum waren der Meinung, daß den Verwaltungsbehörden die Fest— stellung der Zahl der Religionsstunden überlassen bleiben müsse. Minifter Graf Zedlitz: Die bestehende Praxis sei 4 bis 5 Religionsstunden, s liege nicht in seiner Absicht, diese Zahl zu vermehren; der An— trag Rickert bedeute ein Mißtrauensvotum gegen ihn. Die Abgg. Dr. Enneccerus, Dr. Friedberg und Hobrecht (ul.) bestritten das, aber der gegenwärtige Moment nöthige sie, derartige Cautelen zu fordern. Die gegenwärtige Praxis sei sehr verschieden. Gegenüber den Be⸗ strebungen, die Religionsstunden zu vermehren, sei gesetzliche Regelung geboten. Wenn der Entwurf des Ministers von Mhler nicht einmal Minimalbestimmungen enthalte, so brauche sie das jetzige Gefetz doch auch nicht zu fordern. Abg. Rickert (dfr) wollte nicht ein Mißtrauens— votum ausgesprochen haben. Gesetze dürften nicht auf die Person eines Ministers zugeschnitten, sie müßten für die Dauer berechnet werden. Er vertrete staatliche Interessen gegenüber den zu weit gehenden kirchlichen Ansprüchen. Abg. Dr. Brüel erblickte im An— trag Rickert ein Mißtrauen gegen die Religion und gegen das religisse Leben. Die Abgg. Rickert (dfr) und Br. Friedberg (nk. wöesen diese Auffassung mit Entschiedenhei Zurũck. Abg. Freiherr von Zedlitz (freicons. ; In der Verfassung sei der Religions⸗ unterricht nicht besonders behandelt, ebenso sei darin das Zu⸗ sammenwirken der geistlichen und staatlichen Behörden vorgefehen, es sei deshalb richtig, die Minimal- und Marimalstunden im Geseßz festzulegen. Was die Stundenzahl betreffe, so behalte er sich die Ent? scheidung vor, da die Erklärung des Ministers noch ausstehe. In diesem Sinne stimme er für den — inzwischen eingereichten — An⸗ trag Enneccerus, welcher lautet: Für den Religionsunterricht werden im Lehrplan der mehrklassigen Schulen drei bis fünf und in dem der einklassigen drei bis vier Stunden festgesetzt. Bei der Ab⸗ stimmung wurde der Antrag Rickert mit 5 Stimmen (2 Freisinnige, 3 Nationalliberale, und der Antrag Enneccerus gegen die Stimmen der Nationalliberalen, Freiconservativen und Freisinnͤgen ab gekehnt. In der Sitzung von heute Vermittag stand §6 zur Berathung, welcher lautet:
Der Lehrplan und die innere Einrichtung der Volksschule, insbesondere die Vertheilung der Stunden auf die einzelnen Unterrichtsgegenstände, die Veränderung der bestehenden Schul—⸗ einrichtungen, die Errichtung neuer Volksschulen, Klassen und Lehrerstellen, werden auf Grund der von dem Unterrichts-Minister nach Maßgabe dieses Gesetzes zu erlassenden allgemeinen Vor—⸗ schriften von dem Regierungs-Präsidenten nach Anhörung be— ziehungsweise auf Antrag der Kreis- (Stadt- Schulbehörde unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse bestimmt.
In Stadtkreisen trifft die verstärkte Stadt-Schulbehörde Be— stimmung über die Errichtung neuer Klassen und Lehrerftellen an bestehenden Volksschulen.
Die Einführung neuer Lehrpläne und Schulbücher für den Religionsunterricht erfolgt im Einvernehmen mit den kirchlichen Oberbehörden beziehungsweise den zuständigen Organen der be— treffenden Religionsgesellschaft.
Die Aufhebung bestehender öffentlicher Volksschulen bedarf der Genehmigung des Unterrichts-Ministers.
Zu diesem Paragraphen lag eine große Zahl von Abänderungs— vorschlägen vor. Abg. Hobrecht (nl. beantragte in Abf. 1 die Worte „ die Errichtung neuer Volksschulen, Klassen und Lehrerstellen“ zu streichen; dagegen diesem Absatz hinzuzufügen: „Die Errichtung neuer Velksschulen, Klassen und Lehrerstellen ist unter Justimmung der bürgerlichen Gemeinde (Gutsbezirk, Schulvorstand) in gleicher Weise anzu— ordnen. Die versagte Zustimmung kann bei Landschulen durch den Kreis⸗ ausschuß, bei Stadtschulen durch den Bezirksausschuß ergänzt werden.“ Abg. Hansen ffreicons.) beantragte, in Abf. 3 die Worte mit den kirchlichen Oberbehörden bezw.“ zu streichen und als Abf. 1 einzu⸗ schalten; Von den letzteren (se. Organen der betr. Religionsgesell⸗ schaft) können Einwendungen gegen die Einführung neuer Schul— bücher der bezeichneten Art nur wegen der in ihnen enthaltenen Lehre erhoben werden.“ Abg. Dr. Virchow (offr.) schlug für S 6 folgende neue Fassung vor: „Ueber die Aufstellung des Lehrplans und innere Einrichtung der Volksschule, insbefondere die Vertheilung der Stunden auf die einzelnen Unterrichts— gegenstände, die Veränderung der bestehenden Schuleinrichtungen, die Errichtung neuer Volksschulen, Klassen und Lehrerstellen, erläßt der Unterrichts⸗Minister nach Maßgabe dieses Gesetzes und nach Anhörung des ebersten Schulrathes allgemeine Verschriften. Die Ausführung derselben überwacht der Regierungs⸗Präsident, insbesondere gestattet er unter Berücksichtigung der ortlichen Verhältnisse zulässige Ab⸗— weichungen von dem allgemeinen Lehrplan und der Vertheilung der Stunden nach Anhörung, bezw. auf Antrag der Kreis- (Stadt- Schul⸗ behörde. In Stadtkreisen beschließen die Gemeindebehörden Über die Errichtung neuer Volksschulen, Klassen und Lehrerstellen. Die Ein⸗ führung neuer Lehrpläne und Schulbücher für den Religionsunterricht erfolgt nach Anhörung der zuständigen Organe der betreffenden Reli⸗ gionsgesellschaft, bezw. der kirchlichen Oberbehsrden. Die Aufhebung bestehender öffentlicher Volksschulen bedarf der Genehmigung des Unter⸗ richts-Ministers. Abg. Bartels (cons.) beantragte hinter Abs. 1 folgenden Abs. 2 einzuschalten: Handelt es sich dabei (statt dabei“ schlägt Freiherr von Zedlitz (freicens.) vor: bei der Errichtung neuer Volksschulen, Klassen und Lehrerstellen) um Anforderungen, welche neue oder erhöhte Leistungen der Unterhaltungespflichtigen erforderlich machen und wird deren Leistungsfähigkeit bestritten, so darf die Feststellung nur nach Anhörung der verstärkten Kreisschulbebörde (Stadtschulbehörde) er= folgen. Abg. Dr. Brüel und Genossen (Centrum) beantragten, dem Absatz L des F 6 am Schlusse zuzufügen: Wegen Zahl und Zeit der für den Religionsunterricht bestimmten Stunden bedarf es dabei des vorgängigen Benehmens mit den zuständigen Organen Religionsgesellschaft?. Ferner den Absatz 3 fassen. Der Lehrplan für den Religions
ligignsunterricht und die religiösen Uebungen dienenden n n die kirchliche Oberbehörde bezw. das zuständige Religionsgesellschaft! Dem Abs. 4 hinzugefügt werden: Dasselbe gilt von ihrer confessionellen Verfassung. Endlich Rintelen (Centrum), ohne Unterstützung
betreffenden Schluß
und Haushaltungsunterrichts. Für diesen Fall beantragte er aber ein-
beantragte Abg. seiner Fractionsgenossen,
dem Abs. 3 folgende Fassung zu geben.