1892 / 41 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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In der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird eine Allerhöchste Cabinetsordre wegen Genehmigung eines Nachtrags zu den reglementa⸗ rischen Bestimmungen des Kur⸗ und Neumärkischen Ritterschaftlichen Credit-Instituts, nebst diesem Nach⸗ trag, veröffentlicht.

Aichtamtliches.

Dentsches Reich.

Prenßen. Berlin, 16. Februar.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute von 10 Uhr ab den Vortrag des t, , . in dessen Wohnung und nahmen um 11 Uhr denjenigen des Chefs des Militärcabinets entgegen. Um 127, Uhr k Seine Majestät den General-Feldmarschall Grafen von Blumenthal und nahmen um 1 Uhr militärische Meldungen entgegen.

Nachdem die Einweihung des Mausoleums des hoch— seligen Kaisers und Königs Friedrich Majestät an der Friedenskirche bei Sanssouci bereits am 18. Oktober 1890 stattgefunden hatte, ist dasselbe nunmehr durch Aufstellung des Sarkophags des hochseligen Kaisers bis auf Kleinigkeiten vollendet worden. Seine Majestät der Kaiser und König haben daher auf den Wunsch Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Friedrich zu bestimmen geruht, daß das Mausoleum ganz in der Art, wie das Mausoleum in Charlottenburg, vom 1. März d. J. an dem öffentlichen Besuch zugänglich gemacht werde.

Der General der Infanterie von Reibnitz, Gouverneur von Mainz, und der General-Lieutenant von Oidtman, Commandeur der 8. Division, haben Berlin wieder verlassen.

Wies baden, 15. Februar. Der Kriegs-Minister von Kaltenborn-Stachau ist zum Kurgebrauch hier eingetroffen. 9

Sachsen.

Dresden, 13. Februar. Die Zweite Kammer be— willigte, wie das Dr. J.“ berichtet, in ihrer heutigen Sitzung auf Antrag der Finanzdeputation A den Personal- und Be—⸗ soldungs-Etat der Landesbrandversicherungs-Anstalt auf die Jahre 1892,93 und ertheilte nach längerer Debatte, die sich namentlich um die Frage der Nützlichkeit und Räthlichkeit kleiner Amtsgerichte bewegte, auf Antrag der Gesetzgebungs— deputation dem Gesetzentwurf über Errichtung eines Amts— gerichts in Olbernhau einhellig ihre Zustimmung.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Die Verlegung des Hoflagers nach Bu dapest dürfte dem „Prag. Abendbl.“ zufolge in nächster Zeit erfolgen, nachdem im Befinden des Erzherzogs Franz Salvator eine stetige Besserung eingetreten ist.

In Wien fand gestern, wie „W. T. B.“ meldet, die Trau ö des Ersten Secretärs der deutschen Botschaft, Prinzen Maximilian von Ratibor und Corvey mit der Prin— zessin Francisca von Thurn und Taxis durch den Nuntius Galimberti statt. Wegen der Familientrauer wohnten der Trauung außer den nächsten Angehörigen des Prinzen und der Prinzessin nur die Mitglieder der deutschen Botschaft bei. Später war bei dem deutschen Botschafter Prinzen Reuß und dessen Gemahlin zu Ehren der Neuvermählten ein Dejeuner. .

Dem Abgeordnetenhause ist ein Gesetzentwurf zu— gegangen, wonach die Regierung ermächtigt sein soll, die Handelsbeziehungen mit Serbien bis längstens zum 30. Juni 1893 provisorisch zu regeln; ferner ein Ge— setzentwurf über die Gewährung von Staatsunterstützun gen zur Linderung des Nothstandes. In seiner gestrigen Sitzung nahm das Abgeordnetenhaus den dringlichen Antrag des Ausschusses über die am 14. November d. J. an der Wiener Börse ausgebrochene Panik an, durch den die Regierung aufgefordert wird, die Acten der strafgerichtlichen Untersuchung vorzulegen und zu veranlassen, daß die Untersuchungsacten der Wiener Börse und der Handelskammer ebenfalls vorgelegt würden. Ferner wurde der Gesetzentwurf über die staatliche Subventionirung der Donau— Dampfschiffahrtsgesellschaft in dritter Lesung mit 125 gegen 44 Stimmen angenommen. Dagegen stimmten die ö die Jungezechen und die Antisemiten. Die Gesetzentwürfe über die Entschädigung unschuldig Verurtheilter und über den Bau einer Eisenbahn von Stanislau nach Woronienkg wurden ebenfalls, ersterer in der vom; Herrenhause beschlossenen Fassung, genehmigt. Im Verlaufe der Sitzung erklärte der Finanz-Minister, er werde die Steuerreform-Gesetze noch vor der Vertagung des Hauses einbringen.

Wie aus Prag gemeldet wird, veröffentlichen die alt— czechischen Preßorgane eine Kundgebung der altczechi⸗ schen Abgeordneten, in welcher sie anerkennen, daß der Inhalt der Ausgleichspunctationen weder das Staatsrecht noch die Untheilbarkeit des Landes schädige. Durch die Er— eignisse der letzten Zeit seien die Alteczechen jedoch ge— nöthigt, Vorsicht zu üben, in eine weitere Berathung der Punctationen nicht einzugehen, die Beruhigung der Gemüther abzuwarten und selbst auf diese hinzuwirken. Mit dieser Ueberzeugung träten die Altczechen in den Landtag ein, indem sie insbesondere beabsichtigten, mit dem conservativen Groß— grundbesitz in Verbindung zu bleiben.

Groszbritannien und Irland.

Wie der „Standard“ schreibt, beabsichtige die Regie—⸗ rung nicht, den bevorstehenden Wahlkampf künstlich zu beschleunigen; , sei sie bereit, an das Land zu appelliren, sobald es der Stand der Staatsgeschäfte gestatte oder die Taktik der Opposition sie dazu zwinge. Nach Er⸗ ledigung des von dem irischen Deputirten Sexton zu der Adresse eingebrachten Amendements, welches zu Gunsten der Gewährung von Homerule an Irland lautet, will demselben

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Blatt zufolge der schottische Abgeordnete Munro Fergusson im Unterhause beantragen, die Erwägung schottischer Reform⸗Bills künftighin einer schottischen Sonderlegis⸗ la tur zu überweisen. .

Die liberal⸗unionistische Wochenschrift „Spectator“

beschäftigt sich mit dem liberalen Homerule⸗Programm und elangt zu dem Schluß, daß Gladstone's nächste Homerule⸗ *, age eine abermalige Spaltung in seiner Partei zur Folge haben werde. Das Blatt hält es für wahrscheinlich, daß der liberale Führer viel weiter gehen werde, als zum mindesten einem Drittel seiner Anhänger für angebracht erscheine. Er werde nicht umhin können, ein eigenes Cabinet für Irland zu fordern, welches alle Rechte der Executive besitze und nur einer irischen ehrheit, nicht jedoch dem Parlament von Westminster verantwortlich sei, in welchem . sich sicherlich ein bedeutender Bruchtheil der Partei von ihm lossagen werde. Diese Se cessionisten aber würden sich dann nothgedrungen frei⸗ willig oder unfreiwillig derjenigen Partei anschließen müssen, welche sich bereits früher aus demselben Grunde von Gladstone getrennt und im Laufe von sechs Jahren bewiesen habe, daß sie den Kampf um die Einheit des Reichs als erste Bedingung für das Gedeihen Irlands unentwegt fortzusetzen gedenke.

Die diesjährigen Ostermontags-⸗-Freiwilligen— manöver, an welchen etwa 20 090 Freiwillige und 5000 Re⸗ guläre aller Waffengattungen theilnehmen dürften, sollen auf dem Gelände zwischen Chatham und Dover stattfinden.

Rußland und Polen.

Im Finanz⸗Ministerium ist, der „St. Pet. Ztg.“ zufolge, eine aus Vertretern dieses Ressorts sowie des Ministe⸗ riums der Domänen unter dem Präsidium des Departements⸗ Directors, Geheimen Raths A. B. Behr, bestehende Com— mission niedergesetzt worden, die sich mit der Frage des Handelsverkehrs aus Finland nach Rußland beschäftigen und den finländischen Tarif der Zollabgaben mit dem des russischen Reichs in Einklang bringen soll.

Italien.

Die Deputirtenkammer hat gestern mit 99 gegen 83 Stimmen die Tramwayvorlage angenommen.

Die Universität in Rom hat wegen fortgesetzter Be— hinderung der Vorlesungen durch Tumulte seitens der Stu⸗ direnden vom Rector geschlossen werden müssen. Infolge dessen haben sich, wie ‚W. T. B.“ meldet, die Hörer der Unwversität Palermo mit den römischen Studenten solidarisch erklärt und den Besuch der, Vorlesungen eingestellt. Auch die Studirenden der Universitäten Neapel und Catania haben beschlossen, als Protest gegen die Bestrafung der römi— schen Studenten den Vorlesungen fernzubleiben. Die Uni— , von Palermo ist wie die römische inzwischen geschlossen worden.

Wie die „Germania“ erfährt, wird aus Anlaß des päpst lichen Bischofs-Jubiläums auf Wunsch des Papstes in Rom eine Bischofs-Conferenz zur Discussion der

ocialen Frage und zum Entwurf eines christlich— ocialen Katechismus zusammentreten. ö

Spanien.

Die Königin-Regentin hat, wie dem „W. T. B.“ aus Madrid gemeldet wird, die Commissare ernannt, welche 6 den Abschluß definitiver Handelsverträge die vor— ereitenden Arbeiten einleiten sollen.

Türkei.

Der armenische Erzbischof von Konstantinopel, Khoran Nar Bey ist seines Amtes enthoben und verbannt worden. Den Grund zu dieser Maßregel haben der „Pol. Corr.“ zufolge aufgefangene Briefe abgegeben, die er an seine Freunde in West⸗-Europa geschrieben und die zur Kenntniß der türkischen Regierung gekommen seien. In diesen Briefen habe der Erzbischof die turkischen Zustände in das ungünstigste Licht gerückt und insbesondere an dem Verhalten der Regierung gegenüber den Wünschen und Forderungen der armenischen amn sehr scharfe Kritik geübt. Die Strafe, welche über den Erzbischof verhängt wurde, habe zauerst auf Verlust aller Würden und lebenslänglichen Kerker gelautet, der Sultan habe jedoch die Strafe, nachdem sich der Erzbischof unumwunden als Schreiber der Briefe bekannt, in Amts— enthebung und Verbannung in das Innere des Landes umge— wandelt. Es wäre irrig, fügt die „Pol. Corr.“ hinzu, die ebenerwähnten Briefe als das Zeichen des Anwachsens der armenischen Agitation anzusehen. Es seien allerdings in der jüngsten Zeit bei der Pforte aus dem Innern des Landes Nachrichten eingelaufen, welche besagten, daß armenische Comité s wieder eine große Thätigkeit zu entwickeln beginnen. Auf Wunsch des Justiz-Ministers Riza Pascha habe der armenische Patriarch von Konstantinopel Msgr. Khoran Aschikian sofort an die Leiter der armenischen Diözesen in Kleinasien telegraphirt und um eingehenden Bericht über das Gebahren jener Comités ersucht. Die eingelangten Ant— worten bestritten jedoch sämmtlich, daß irgend eine auffällige Thätigkeit der Comités sich bemerkbar mache. Die Pforke bleibe , den Armeniern gegenüber wachsam und habe endgiltig beschlossen, den in der Türkei ansässigen Armeniern die Dun von Delegirten zu der am 1. Mai d. J. in Etschmiadzin stattfindenden Wahl eines neuen Katholikos nicht zu gestatten. Man befürchte auf der Pforte, daß eine derartige Versammlung von armenischen Unterthanen der Türkei zu nicht gefahrlosen politischen Intriguen führen könnte.

Griechenland.

Die von dem Minister-Präsidenten Delyannis an— gekündigten Gesetzentwürfe uͤber die zur Hebung der wirth— chaftlichen Lage des Landes für nothwendig erachteten iscalischen Maßnahmen (s. d. gestr. Nr. d. Bl.) sind der Kammer jetzt von der Regierung vorgelegt worden. Sie betreffen laut Meldung des „W. T. B.“ aus Athen: die Ein⸗ führung des Tabackmonopols, die Erhöhung der Einfuhrzölle für fast alle Artikel um 15 Proc., der Accise auf Wein und der monopolisirten Petroleumsteuer, sowie die Einführung des Zehnten auf Zugthiere. Man erhofft von diesen Maß— regeln eine Vermehrung der Einnahmen um 16 Millionen Drachmen. Zur Sicherung der Couponzahlungen und Rück— zahlungen an Banken sind zwei Anleihe⸗Verhandlungen eingeleitet.

Wie die „Pol. Corr.“ aus Athen meldet, hat der Mi⸗ nister des Innern an die ihm unterstehenden politischen Behörden ein Rundschreiben gerichtet, welches in Erläute⸗ rung der früher ergangenen ö rdnung erklärt, durch letztere sei lediglich beabsichtigt worden, den Schiffahrtsgesell⸗

schaften im Interesse des reisenden Publikums selb . daß sie auf die Beibringung von 5 achten.

Nach Meldungen aus Piräus kam es dort am Abend zelner ggf des evangelischen , zu Ruhestör ungen seitens der Bevölkerung. Eine Deyesch des „W. T. B.“ berichtet darüber: g

Eine gegen die Protestanten aufgebrachte Volksmenge griff am

zu en

14. 8. Abends die protestantische Kirche mit Steinen an; ein Theil des Mauerwerks wurde zerstört und die an dem Gettesdienst Hhein nehmenden Protestanten waren gezwungen, zu flüchten. . . wurden von der Volksmenge mißhandelt, die Bihlleihe owie die Einrichtung der Kirche zerstört. Die einschreitende Polizei ö von der Volksmenge angegriffen. Die Untersuchung sft eün geleitet.

Rumänien.

Bei den Deputirtenwahlen im zweiten Wahl— collegium wurden, wie „W. T. B.“ berichtet, 509 Con servative und 12 Oppositionelle gewählt. 8 Stich⸗ wahlen sind erforderlich. In Bukarest ist die ganze conservative Liste mit 3200 gegen 980 Stimmen durchge⸗ drungen. In beiden Wahlcollegien sind bisher 108 Con= servative, 20 Oppositionelle gewählt und 17 Stichwahlen erforderlich.

Serbien.

Die Skupschtina setzte gestern die Berathung nd Budgets fort. In der Regierung nahestehenden 3 ö lautet dem W. T. B.“ zufolge erneut von einer Umbildung des Cabinets. Mit dem Minister des Auswärtigen würde auch die Minister der Justiz und des Krieges aus der Regierung scheiden.

Schweden und Norwegen.

(F) Der schwedisch⸗norwegische Gesandte in Madrid Wedel⸗-Jarlsberg und der spanische Minister des Aeußern erzog von Tetuan haben, wie die „Post- och Inr. Tidn“

mittheilt, am 27. Januar Noten ausgetauscht über die An— wendung des Grundsatzes von Schiedsgerichten, für den Fall, daß bei Auslegung der am 24. Januar d. J. zwischen Schweden und Spanien unterzeichneten Convention wegen gegenseitiger Behandlung als meistbegünstigte Nation bis zum 30. Juni 18322 Meinungsverschiedenheiten entstehen sollten. Auch bezüglich Norwegens sind gleichlautende Noten aus getauscht worden, nach denen das Schiedsgerichtsprincip auf die Auslegung der Convention vom 24. ö d. J, be⸗ treffend die Verlängerung des ö zwischen Nor⸗ wegen schd Spanlen, vom 15. März 1883, Anwendung finden soll.

Amerika.

Nach einem in Paris eingetroffenen Telegramm det „W. T. B.“ aus Montevideo hat der Präsident von Uruguay bei Eröffnung der neuen parlamentarischen Session hervorgehoben, mit der Conversion der Rente in eine 31 / procentige sei bezweckt worden, einem Bankerott vorzubeugen; er haft die Gründung der Nationalbank von Uruguay werde zur Besserung der wirthschaftlichen Lage merklich beitragen. Der Praͤsident schloß mit der Ver⸗ sicherung, die Regierung verbürge sich für die Aufrechterhaltung der Ordnung, welche, begleitet von einer weisen Verwaltung der Finanzen des Landes, dessen Wohlstand wieder herbei⸗ führen werde.

In Columbien ist, nach der „Köln. Ztg.“ am 2. Fi— bruar zum fünften Male Dr. Rafael Nun ez für die Anits— zeit von 1892 bis 1898 zum Präsidenten der Reublik

ewählt worden. Schon in der verstrichenen Amtszeit konnte Nunez aus Gesundheitsrücksichten sein Amt nicht thatsächlich ausüben; man hatte ihm daher in Carlos Holguin einen Stellvertreter gegeben, und jetzt hat der Congreß diesen in der Eigenschaft eines Vice-Präsidenten einstimmig be⸗ stätigt. Am 16. Juli 1892 feiert Eolumbien die Jahresfeier seiner Unabhängigkeit durch die Eröffnung einer Ausstellung von Landeserzeugnissen, die bis zum 31. Oktober dauern soll.

Afrika.

Das von der römischen„Riforma“ erwähnte Gerücht von einer Kriegserklärung des Königs Menelik an Ras-Man— gascha (s. d, gestr. Nr. d. Bl.) hat, der „Tribuna“ zufolge, noch keine Bestätigung gefunden.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (173) Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Graf von Caprivi sowie die Staats⸗ secretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Maltzahn beiwohnten, wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichshaushalts⸗ Etats für das Etatsjahr 1892é935, beim Etat für die Ver⸗ waltung des Reichsh'eres fortgesetzt, und zwar bei der gestern abgebrochenen Besprechung des Kapitels der Militär⸗ Justizverwaltung. .

Abg. Freiherr von Manteuffel (cons.) meinte nicht begreifen zu können, wie die Socialdemokraten sich für die Resolution Buhl⸗Richter erwärmen könnten, die doch sür ihre Anschauungen viel zu schwächlich man den Plänen des Abg. Bebel, so werde Disciplin in ber Armee gelockert. Gegenüber den Ansichten des Abg. Bebel müsse er den hohen Werth der Religion füt ein christliches Staatswesen betonen; mit Gottes Hilfe werde die Kirche in dem Kampf gegen die socialdemokraätischen Be strebungen siegreich . Die Disciplin in der Armee sei ein Schatz, den man sich nicht rauben lassen dürfe. . .

Abg. Richter (dfr.) hielt eine Erörterung der Solna mißhandlungen im Reichstag gerade zur Bekämpfung de Socialdemokraten für nothwendig, denn der Reichstag mühe beweisen, daß auch innerhalb der jetzigen Staats- und Gel schaftsordnung eine Beseitigung folcher Mißstände möglich 3 Es müßten Einrichtungen getröffen werden, die solche Exee ö. wie sie der sächsische Erlaß an die Oeffentlichkeit 2 unmöglich machten, aber von einem Mißtrauen gegen da Armee im allgemeinen dürfe man nicht sprechen. Der 6. ö werde sich seines Beschwerderechts kaum recht bewußt, um sen mache keinen Gebrauch von diesem Recht, weil er neue Qualere !. infolge einer Beschwerde fürchte. Deshalb müsse eine . schwerdepflicht eingeführt werden. Das Verlangen , Resolution nach einer Reform der Milit a Staff g ordnung enthalte nichts anderes als die Forderung, die hahertkh Militärgerichtsordnung auf das ganze Reich auszudehnen,

ja selbst in den Augen militärischer Autoritäten völlig , scher Untersuchungen in dieser Materie. Falsche Nachrichten in der Presfe. wie, die über die Erschießung eines Marsne— soldaten in Köln, seien nur eine Folge des geheimen Ver— fahrens; nach der Civilgerichtsbarkeit werde jede Hinrichtung ogar amtlich bekannt gemacht. Bei Schluß des Blattes sprach der Abg. Richter weiter.

In der Volksschulgesetzcommission des Hauses der Abgeordneten nahm gestern, wie wir den Morgenblättern ent— nehmen, im Fortgang der Debatte über 8 14 der Abg. Hr. Enneccerus nl das Wort: Die Vorlage wolle die fernere Ein⸗ richtung von Simultanschulen unmöglich machen; er leugne, daß es Verhältnisse geben könne, wo es geboten sei, so vorzugehen. Er halte Dies auch mit den Bestimmungen der Verfassung nicht für vereinbar. Gerade eine K der tonfessionellen Verhältnisse, welche die Verfaffung vorschreibe, müsse in manchen Fällen zur Simultan— schule führen, Also schon aus diesem Grunde erscheine 5 14 un— amnehmbar. Er und seine politischen Freunde wollten die Confessiens⸗ schule keineswegs verdrängen, aber auch nicht die Confessionalität über— treiben. Im Westen der Monarchie gebe es innerhalb der evangelischen Kirche noch beide Confessionen, Reformirte und Lutheraner, deren Kinder in der Schule vereint seien. Nach dem Wortlaut des 5 14 müßte für jede dieser Confessionen eine besondere Schule eingerichtet werden. Das würde man im Westen absolut nicht verstehen. Er bleibe auf dem Standpunkt, diese große , , der Simultanschule, die in allen Fällen, wie die Entscheidung auch fallen möge, schwere Be— unruhigung . werde, jetzt nicht regeln zu wollen. Abg. Freiherr von Zedlitz (freicons z. Er sei der Meinung, daß die s§s 14 und 15 sowohl über den Sinn der J als auch über die thatsächlichen Verhältnisse hinausgingen. Das unbedingte Verbot der Neuerrichtung von Simultanschulen sei nicht vereinbar weder mit der Verfassung, noch mit der bisherigen Auffassung, welche die Mög— lichkeit der Errichtung von Simultanschulen offen halte. Die Cau⸗ telen, welche der Entwurf in den §§ 14, 19 und 17 gegen zuweit gehende Anwendung des , gebe, seien so ge⸗ saßt, daß sie sich in den seltensten Fällen noch als wirksam erweisen würden. Abg. Freiherr von Huene (Centr.): Die Mittheilungen über eine Aufregung im Lande müsse man mit großer Vorsicht aufnehmen. Wenn der Abg. Rickert sich immer auf die badische Schulgesetzgebung berufe, so müsse er erklären, daß er und seine Freunde gern die badischen Bestimmungen über den Religionsunterricht acceptiren würden. Im Princip sei er mit dem Minister einverstanden, er und seine Freunde wollten nur in ihrem Antrage noch etwas weiter gehen, indem sie nicht allein der Neueinrichtung von Simultanschulen vorbeugen, sondern auch auf Wunsch der Gemeinden vorhandene Simultanschulen in confessionelle umgewandelt haben wollten. Wenn unter den gegenwärtigen Ver— hältnissen friedliche Zustände auf dem Schulgebiete herrschten, so dürfe doch nicht übersehen werden, daß auch wieder ein Cultus Minister von der Richtung Falk kommen könne. Ein gesetzlicher Schutz sei also geboten. Abg. Seyffardt— Magdeburg (nl. ): Simultanschulen, wie sie z. B. in seiner Vater— stadk Krefeld bestanden hätten, bedeuteten zwei confessionelle Schulen anter einem Dach. Er könne nicht zugeben, daß auch der Unterricht in den weltlichen Fächern von confessionellem Geiste durchdrungen sein müsse. Wenn der Minister behaupte, daß in der Bevölkerung eine große Bewegung bezüglich der Simultanschulen herrsche, so liege das daran, daß die Regierungen solche vielfach durch Gewalt beseitigt hätten. Er wünsche wenigstens das ju behalten, was jetzt noch von Simultanschulen bestehe. Ins— desondere am Rhein würden in denselben die confessionellen Gegensätze herabgemindert. Abg. Bartels (cons.): Er und seine Freunde würden für § 14 der Regierungsvorlage, unter Ablehnung der ge⸗ stellten Anträge, stimmen, mit Ausnahme des Antrags Brüel, welcher im Abs. 2 nach „Kind“ einschalten wolle: „welches einer vom Staat anerkannten Religionsgesellschaft angehört“. Die in § 14 enthaltenen Bestimmungen entsprächen im wesentlichen dem vorjährigen Com— promiß der Liberalen und der Freiconserbativen gegen das Centrum. Was im neuen Entwurf hinzugekommen sei, liege im Sinne der von den Liberalen und Freiconservativen vertretenen Rich⸗ tung. Die verschiedenen Reden hätten ihn darüber belehrt, daß die Parteien nicht gar so weit auseinandergingen. Alle ständen auf dem Boden der confessionellen Schule, alle seien überzeugt, daß wir ohne Religion nicht fertig werden könnten. Religion sei nur möglich in der confessionellen ö Auch der Geschichtsunterricht . B. müsse confessionell getrennt gehalten werden. Auf manchen anderen Gebieten könne seine Partei sich Beschränkungen gefallen lassen, nur nicht auf dem Gebiet der confessionellen Schule, da würde sie nur Ausnahmen gestatten, die ja schon im § 15 und im Abs. 5 des 8 17 vorgesehen seien. Nach welteren Erörterungen der Abgg. Rintelen (Centr.), Grimm (nl), Dr. Virchow dfr.) und Rickert (Sfr), welche ihren Standpunkt, bezw. ihre Antraͤge vertheidigten, wandte sich Aßg. Weffel Freicons. ) gegen die Behauptung des Abg. Bartels, daß die Nationalliberalen und Freiconservativen seit dem vorjährigen Com⸗ promiß einen Frontwechsel vorgenommen hätten. Das Gegentheil sei der Fall. die Conservativen hätten bei der vorjährigen Berathung in der Frage der Anstellung eines zweiten Lehrers anderer Confession an einer Confessionsschule bei einer Schülerzahl von 60 oder 40 Kindern eine andere Stellung eingenommen, wie e ert und voriges Jahr mit den Freiconservativen und Nationalliberalen gegen die bezüglichen Anträge des Centrums gestimmt. Staats⸗Minister Graf Zedkitz: Er habe das Gefühl,; als ob man sich von dem Begriff wonfessionelle Volksschule“ eine falsche Vorstellung mache. Das ei ij. B. keine Simultanschule, wo zur Ertheilung Des Religionsunterrichts ein Lehrer der Confeffion, der die Minorität an— gehöre, angestellt und gleichzeitig für andere Unterrichtsgegenstände be— schäftigt werde. Das feien paritätische Schulen, und in dieser Be⸗ lichung bezwecke der Entwurf keine Ttenderung. Wenn aber die Com— mission. eine bessere Fassung finde, welche das Princip der 6 onfessionsschule nicht alterire, so werde er sich leicht mit der Com— nissien verständigen können. Gegenüber dem Abg. Seyffardt müsse er doch bemerken, daß sein (des Minifters Vorgänger und dessen Räthe sich keinerlei Gewaltacte bei der Umwandlung von Simultanschulen in confessionelle Schulen schuldig gemacht hätten. In der heutigen Sitzung wurde die Berathung des 5 14 onfessionelle Verhältnisse) fortgesetzt. Eingegangen sind zwei neue Anträge. Die Conservativen schlagen vor, folgenden Absatz n 5 14 anzufügen: Sind in einer confessionell eingerichteten Schule Kinder, welche einer anderen Confession angehören, vorhanden, so kann ein Lehrer dieser Confession angestellt und S darf demselben außer dem Religionsunterricht mit Zustimmung des Schulberstandes die Crtheilung anderer Lehrftunden übertragen werden. Die Freicon servativen wollen den Eingang des Abf. ?2 lden dermaßen gefaßt wissen: „Soweit sich nicht aus den Be— timmungen dieses esetzes anderes ergiebt, soll der Regel nach ein ind c. den Unterricht durch einen Lehrer seines Bekenntnisses he,. Abg. Dr. Enneccerus (nl) führte aus: Er stimme mit den onserdativen und dem Centrum darin überein, daß der Religions— , , Tonfessionell ertheilt werden folle. Auch er wolle, daß die e igiosität den ganzen Unterricht durchdringe. Die Gegner ver , dagegen, daß der ganze Unterricht confessionell zugeschnitten ö 29 selbst dann, wenn deine Verschlechterung der Schule damit Trhunden sein sollte., Abg. Hr. Porfch (Genkr.): Ueherall, wo die Schulen confessionell getrennt seien, herrschten friedliche Verhältnisse. . t nur mit Rücksicht auf den Religionsunterricht, sondern ö,. im Interesse des Geschichts,, des geographischen, des Gesangs⸗ . erricht⸗ und des Einflusses der Lehrer auf die Kinder außerhalb Schule sei die confessionelle Trennung der Schulkinder geboten. 6 dadurch eine finanzielle Belastung eintrete, seien die katholischen err. aus Gewissensgründen gern bereit, Opfer zu bringen, wie die sahrung gelehrt habe. Abg. Br. Tseber (Centrum) führte

zur Bekämpfung der Simultanschulen an, daß die n Socialdemokraten in einem Aufruf diese aus dem Grunde befürwortet hätten, weil die Simultanschule den religiösen Indifferentismus för- dere. Abg. Dr. Friedberg (ul) interpellirte den Minister, ob er mit § 14 wirklich beabsichtige. getrennt lutherische und reformirte Schulen zu gründen. Die Debatte dauerte bei Schluß des Blattes fort. .

Zum Protokoll der Commissien ist seitens der Regierung Fol— gendes mitgetheilt worden: Die Entwickelung der Simultan—⸗ schule in n n seit den zwanziger bis in die siebziger Jahre ist dargestellt in einer Denkschrift vom März 1878 (abgedruckt bei Schneider und von Bremen, Bd. III. S. 422 ff.. Es ist daselbst herLorgehoben, wie sich dieselbe hauptsächlich als ein Nothbehelf in den östlichen Provinzen bei der Armuth der Bevölkerung heraus gebildet hatte. Bis zum Jahre 1872 bestanden in Preußen 60 Simul⸗ tanschulen. Einen regeren Aufschwung nahm die Entwickelung seit den siebziger Jahren. Zwar ist dieselbe, wie der Minister 2 in der Sitzung des Herrenhauses vom 17. Juni 1876 hervor⸗

ob, niemals von der Regierung principiell gefördert. Man trat den Wünschen nach ihrer Herstellung aber nicht entgegen, wo unter gewissen Cautelen für die confessionellen Interessen dadurch eine wesentliche Verbesserung in der Organisation des Schulwesens des betreffenden Orts herbeigeführt wurde. So kam es, daß die Zahl derartiger Schulen von 1872 bis 1879 von 60 auf 442 stieg. hauptsächlich in Westpreußen, Posen, Oppeln, im Regierungsbezirk Arnsberg und in der Rheinprovinz. Unter diefen befinden sich aber, nach einer Berechnung in der Schulstatistik von 1886, wohl 243. bei denen lediglich zum Schutz der Minorität ein Lehrer der betreffenden Confession angestellt wurde. Zur Rechtfertigung seines Vorgehens berief sich der Minister Falk in der erwahnten Sitzung auf das bestehende Recht, welches nach Art. 112 der Verfassung in . geblieben sei, und ließ die Auslegung des Art. 24 dahingestellt. Seit dem Jahre 1879 trat eine gewisse thatsaͤchliche Aenderung ein. Zwar stellte sich der Minister von Puttkamer bei Gelegenheit des Elbinger Schulstreits 1579 auf den Boden der Verfügung vom 16. Juni 1856. Thatsächlich sind aber neue Simultanschulsysteme im eigentlichen Sinne nicht mehr begründet worden. In der Simultanschulfrage wurde vielmehr wie der Minister von Goßler in der Sitzung des Abgeordneten— hauses vom 28. Februar 1883 ausführt? der Schutz der Minorität das leitende Motiv. Andererseits ist den Wünschen nach einer Reconfessionalisirung, wenngleich allgemeine Anordnungen in dieser Beziehung nicht getroffen sind, in einzelnen geeigneten Fällen nachgegeben worden. So sind von 1879 bis 1833 im ganzen 23 Schulen mit etwa 21 0900 Schülern (davon 17000 Schüler in der Rheinprovinz) reconfessionalisirt worden.“

Nr. 2 des Archivs für Post und Telegraphie (Beiheft zum Amtsblatt des Reichs-Postamts, heraus gegeben im Auftrage des Reichs⸗Postamts) hat folgenden Inhalt: J. Actenstücke und Aufsätze: Aus der Rede des Staatssecretärs Dr. von Stephan in der Gesammt— sitzung des Reichs-Postamts am 30. Dezember 1891. Das Telegraphenwesen in Holland und Belgien a n. Wie die Braktegten gemünzt wurden. II. Kleine Mittheikungen: Das Post— wesen Mexikos. Das Erdbeben in Japan vom 28. Oktober 1891. Papier als Isolirmaterial für elektrische Leitungen. Englische Sparkassengesetzgebung. III. Literatur des Verkehrswesens.

Das Märzheft des Centralblatts für die gesammte Unterrichtsverwaltung enthält: I) Neue Lehrpläne und

rüfungsordnungen für höhere Schulen. Erlaß vom 6. Januar d. J. Lehrpläne und Lehraufgaben. Ordnung der Reife- und Abschluß⸗ prüfungen. 2) Aenderungen in dem Berechtigungswesen der höheren preußischen Lehranstalten: a. Deutsches Reich, Bekanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom 12. Dezember v. J. b. Königreich Preußen, ö Erlaß vom 1. Dezember v. J. und Bekanntmachung des Staats. Ministeriums. 3) Denkschrift, betreffend die geschichtliche Entwickelung der Revision der Lehrpläne und Prüfungsordnungen für höhere Schulen, sowie Gesichtspunkte für die vorgenommenen Aenderungen.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die gerüchtweise Behauptung oder Verbreitung einer ehren— rührigen Thatsache in Beziehung auf einen Anderen ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 1I. Strafsenats, vom 13. Oktober 1871, gleichwie die bestimmte Behauptung einer solchen Thatsache als quali- fieirte Beleidigung aus § 186 des Strafgesetzbuchs zu bestrafen. Der Begriff der. Thatsachenꝰ im 186 St.⸗G.⸗B. beschränkt sich nicht auf wirkliche Vorkommnisse, obschon er auch solche treffen kann, wofern sie nur unerweislich bleiben, er hat vielmehr Vorgänge im Auge, welche als geschehen dargestellt worden, obschon sie entweder nicht wahr oder doch nicht erweislich sind, während sie doch bei der Vor— aussetzung ihrer Wahrheit geeignet sind, Andere als bei den Vor— gängen betheiligt verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Deshalb fallen auch Thatsachen, die als der Gegenstand eines Gerüchtes behauptet oder verbreitet werden, in den Bereich des § 186 des Str. G.⸗B. Das Gerücht enthält stets in sich eine Nachricht von Thatsachen, nur daß der Urheber der Nachricht unbekannt und die Glaubwürdig⸗ keit derselben zweifelhaft bleibt. Ein Gerücht läßt . nicht verbreiten, ohne daß Vorkommnisse mitgetheilt werden, auf die es sich bezieht. Tragen diese aber den Charakter einer ehrenrührigen Nach— rede, so kommt eben eine solche auch zur Verbreitung und fällt unter das Straf ö. Das ergieht sich bereits aus der Fassung des §. 186 Str. G. B. Es erhellt nicht minder aus dem Zwecke des Gesetzes, da andernfalls unter dem Deckmantel des Gerüchts und unter allerlei Vorbehalten wegen weiterer Prüfung desselben die gröbsten Ver— leumdungen straflos in das Publicum würden gebracht werden können.

Nach § 211 der Civilproceßordnung ist einer Partei, welche durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle ver— hindert worden ist, eine Nothfrist einzuhalten, auf Antrag die Wiedereinsetßzung in den vorigen Stand zu ertheilen. In Bezu auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, J. Civilsenat, durch Urtheil vom 21. Oktober 1891, ausgesprochen, daß die durch das Dazwischentreten von öffentlichen . en verursachte Ver— säumniß der Nothfrist nicht als auf einem ö Zufall be⸗ ruhend zu erachten ist und demzufolge kein Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Kunst und Wissenschaft.

Ueber den neuen Stern im Fuhrmann, der wie mehrfach erwähnt vor kurzem entdeckt worden ist, sind vom Geheimen Regierungs⸗Rath Vogel auf dem Astrophysika—⸗ lischen Observakorium zu Potsdam sehr interessante Resultate erzielt worden. Die spectrographischen Aufnahmen des Sterns zeigen zwei übereinander gelagerte Spectra, von denen das eine das gewöhnliche continuirliche Fixsternspectrum, durchzogen von dunklen Linien, ist. In demselben fallen die Linien des Wasserstoffs durch ihre Breite und Dunkelheit am meisten in die Augen. Das zweite Spectrum besteht im wesentlichen nur aus hellen Wasferstoff inien. Nun decken sich beide Spectra aber nicht, sondern die hellen Linien liegen alle neben den dunklen und zwar nach dem Roth hin verschoben. Eine solche „Verschiebung“ der Linien be⸗ deutet, daß die entsprechenden Lichtquellen in einer Be—

wegung auf uns zu oder von uns weg begriffen sind. Im vorliegenden Falle resultirt aus der Ausmessung der Spectra, daß sich die glühenden Gase, welche die hellen Linien geben, mit einer Geschwindigkeit von ungefähr 125 Meilen in der Secunde relatio zu den Gasen, welche die dunklen Linien er⸗ seugen, von uns weg bewegen. Es kann also von einem Aus- ruch glühender Gase nicht die Rede sein, weil sie sich sonst auf uns zu bewegen müßten, und es bleibt keine andere Annahme übrig, als daß der neue Stern aus zwei Sternen besteht, die sich mit dieser enormen Geschwindigkeit von einanderentfernen, nachdem sie einmal so nahe an einander vorbeigelaufen sind, daß durch ihre gegenseitige Anziehung gewaltige Umwälzungen in ihren Atmosphären vor sich gegangen sind, welche die vorher dunklen oder schwach leuchtenden Sterne zum Auf⸗ flammen gebracht haben. Man hat es wahrscheinlich mit einem Doppelsternsystem f thun, dessen Componenten in äußerst excentrischen Bahnen sich umeinander bewegen, und die periodisch in langen Zeiträumen sich so nähern, daß die eben beschriebene Katastrophe eintreten kann. Es würden damit die neuen Sterne in einen gewissen Zusammen— hang mit den Veränderlichen vom Algetypus gebracht, deren Doppelsternnatur bekanntlich vor zwei Jahren ebenfalls durch spectrographische Beobachtungen von Seiten des Potsdamer Observatoriums nachgewiesen worden ist. Bemerkenswerth ist übrigens, daß Wilsing in Potsdam bereits vor längerer Zeit eine entsprechende Theorie der neuen Sterne aufgestellt hat, die durch die vorstehenden Beobachtungen auf die vorzüglichste Weise bestätigt worden ist.

. W Ein Nordlicht zeigte sich in der Nacht zum Sonntag um die Mitternachtszeit am nördlichen Himmel auch in Kopenhagen. Vgl. unsere gestrige Mittheilung aus Göttingen. D. R) Wie aus Kopenhagen gemeldet wird, war die Ausdehnung des Nordlichts sehr abwechselnd, die Farbe stark röthlich und häufig unterbrochen von einem lebhaften Farbenspiel in allen möglichen Farben. Das Phänomen dauerte ziemlich eine Stunde. Auch aus Lübeck und Schortewitz in Anhalt liegen in der Mgdb. 3. Berichte von Beobachtern der Erscheinung vor, die wir hier folgen lassen:

Lübeck, 14. Februar. In letzter Nacht wurde hier bei klarem Frosthimmel von vielen Personen ein prachtvolles Nordlicht beobachtet, das zuerst für Feuerschein gehalten wurde. Die für die hiesige Gegend seltene Erscheinung war längere Zeit sichtbar.

Schortewitz i. Anh, 15. Februar. Am Sonnabend, den 13. d. M., Abends 83 Uhr, bei plötzlich eintretendem Schneegestöber mit Sturm wurden wir durch ein beharrliches Läuten des Fernsprechers, durch den die hiesige Zuckerfabrik mit Cöthen verbunden ist, an den Apparat gerufen. Auf Anfragen wurde uns vom Kaiser⸗ lichen Postamt daselbst mitgetheilt, daß soeben aus der Richtung Gerlebogk, Biendorf gleiche Anfragen gerichtet seien, daß aber ein Anrufen vom Postamt aus nicht ergangen wäre; vielmehr müßte diese eingetretene ÜUnregelmäßigkeit auf eine Ratur— erscheinung zurückzuführen sein. Gleich nach dem Schneesturm war der Himmel ganz klar. In derselben Nacht kurz vor 1 Uhr rief der Wecker wieder fortwährend. Auf Anrufen war keine Ant— wort zu erhalten; zu bemerken war aber, daß ein fortdauernder Strom durch die Leitung ging. Hierauf trat ich ins Freie und fah am nördlichen Himmel einen rothen, zu Zeiten strahlenförmigen Schein und merkte, daß dies nur vom Polarlicht herrühren könne. Die Strahlen erschienen in Zeiträumen von etwa 10 Minuten, um dann allmählich wieder zu verschwinden, traten aber dann um so stärker wieder empor. Kurz vor 2 Uhr verschwand das Licht. Während, der ganzen Zeit weckte die Glocke des Drnsprechers un— unterbrochen mit dem Verschwinden des Lichts hörte sie auf.

Wilhelm Junker, dessen Tod gestern gemeldet wurde, war 1840 in Moskau geboren und gehörte einer bekannten St. Peters burgMoskauer Banquierfamilie an. Seine Gymnasialausbildung erhielt er in Göttingen, später wandte er sich dem Studium der Medizin zu und besuchte die Universitäten in Göttingen, Berlin und

rag. Nach einer Reise durch Jland widmete er sich der Erforschung

Afrikas und bereiste in den Jahren 1874 und 1875 zuerst Tunesien und Unteregypten. Von Suakin aus drang er dann (1876) nach Kassala und Chartum vor, um den Blauen Nil, den oberen Sobat und die westlichen Zuflüsse des Nils sammt ihren Gebieten zu erforschen. Im Dezember 1879 trat er eine Reise in die Länder der Niam-Niam und Monbuttu an, wo er im Jahre 1883, als der mahdistische Aufstand ausbrach, zurück⸗ gehalten wurde; erst etwa drei Jahre später, nachdem er vorher mit

min und Casati zusammen den vergeblichen Versuch gemacht hatte, nach östlicher Richtung hin die Küste zu erreichen, gelang es ihm, nach Sansibar zu kommen, von wo aus er im Jahre 1887 nach Europa zurückkehrte. Später ist er nicht wieder nach Afrika gegangen. In einer Sitzung der Berliner geographischen Gesellschaft vom 16. März 1887 erstattete Junker den ersten Bericht über seine Reise. Die strengwissenschaftlichen Ergebnisse seiner Forschungen veröffent— lichte er in „Petermann's Mittheilungen“, den eigentlichen Reise— bericht enthalten die drei Bände von „Junker's Reisen“.

Theater und Musik.

Der Todestag Richard Wagner's (13. Februar) wurde durch zwei dem Gedächtniß des verstorbenen Meisters gewidmete festliche Veranstaltungen in würdiger Weise gefeiert. Im Königlichen Opernhause ging aus die— sem Anlasse „Tristan und Isolde“ mit Frau Sucher und Herrn Gudehus in den Titelrollen in Scene; für Frau Staudigl, welche unpäßlich geworden war, war Fräulein Thoma vom Stadt-⸗Theater in Hamburg als Brangäne eingetreten; Herr .. sang den Kurwenal und Herr Mödlinger den König Marke. Die Vorstellung war eine der vorzüglichsten, die von dem erhabenen Werke inge stattgefunden haben; denn Frau Sucher war in der That in Spiel und Gesang unübertrefflich und be⸗ währte in dieser hochdramatischen Rolle die ganze Meister— schaft ihres Könnens. Die wilde Leidenschaft, der Stolz, der Rachedurst, der Hohn der irischen Maid waren in der Darstellung von nicht minder ergreifender Wir⸗ kung wie die zuerst zurückgehaltenen und später zwanglos ent—

fesselten Liebesergüsse, denen die Künstlerin im Gesange zarten,

herrlichen Ausdruck verlieh. Herr Gudehus unterstützte die Künstlerin in gewohnter Weise auf das wirksamste. Fräulein Thoma erwies sich als eine begabte Sängerin, deren Stimme jedoch nicht überall gleichmäßig kräftig und wohllautend ist; gleichwohl verdient ihre schnelle Bereitwilligkeit, die Partie in einer für sie ganz fremden Umgebung zu übernehmen, Anerkennung und ihre Leistung unter dieser Rücksicht auch volles Lob. Herr Betz ist als Kurwenal ungleich besser am

latz wie als König Marke, der nun schon seit einiger Zeit in Herrn Möbdlinger einen vortrefflichen Vertreter . hat. Das Orchester unter Leitung des Kapellmeisters Sucher bewältigte die ihm gestellte Aufgabe in hervorragen⸗ der Weise und hatte an dem Erfolg des Abends einen . bedeutenden Antheil. Der erste Act, der an dramatischer Entwickelung und. Wirkung von keinem anderen der Wagner 'schen Werke übertroffen wird, übte insbesondere durch die unvergleichliche Leistung der Frau Sucher auf das vollbesetzte Haus eine so tiefe Wirkung aus, daß das Publikum,

offenbar in der Hoffnung, daß das Verbot des Erscheinens der