1892 / 46 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 22 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Y die Abfahrt findet statt: ö

a. vom Haupteingange Nr. 1 nach der Schloßbrücke und nach den Linden zu. (Die Wagen haben sich vor dem Opernhause, Front nach demselben, aufzustellen.) I

p. von der Thür Rr. 3 nach den Linden zu. (Die Wagen haben sich auf dem gepflasterten Theile des Opernplatzes bis zur Behrenstraße hin aufzustellen.) r

Die Eröffnung des Hauses erfolgt um 7! Uhr; ein früheres Anfahren der Wagen würde zwecklos fein.

Die Wageninhaber werden ersucht, die Anweisung wegen des Wiederabholens ꝛc. ihren Kutschern schon vor der Anfahrt zu geben, damit die Vorfahrt der folgenden Wagen dadurch nicht be— indert und aufgehalten wird.

Berlin, den 20. Februar 1892.

Der Polizei Präsident. Freiherr von Richthofen.

Aichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 22. Februar.

Seine Majestät der Kaiser und König besuchten gestern den Gottesdienst im Dom. . ;

Heute Vormittag hörten Seine Majestät die Vorträge des Chefs des Civilcabinets, des Ministers des Königlichen Hauses, des Staatsfecretaͤrs des ReichsMarineamts und des Chefs des Marinecabinets.

Im Kaiserlichen Statistischen Amt haben die Sitzungen der Eommission begonnen, welche die Werthe der im Jahre 1891 ein- und ausgeführten Waaxen festzustellen hat. Diese Commission besteht aus sechzig Sachverständigen Vertretern der Großindustrie und des Großhandels aus ver— schiedenen Theilen des Reichs die vom Statistischen Amt, meist auf Grund der Vorschläge der Handelskammern, ein⸗ berufen werden. Die Arbeiten der Commission, deren Mit—⸗ glieder nicht zusammen auf einmal, sondern gruppenweis = nach sechs Waarengruppen einberufen werden, dauern bis Ende März.

Unter „Statistik und Volkswirthschaft“ veröffentlichen wir eine Mittheilung über die überseeische Auswanderung im Fannuar 1892. Die bisher von den Monatsheften des Kaiserlichen Statistischen Amts veröffentlichten Mittheilungen Über die Auswanderung werden fortan, da die „Monatshefte“ nicht weiter erscheinen und eine Aufnahme der Auswanderungs— Nachweise in die neuen „Monatlichen Nachweise über den aus— wärtigen Handel c.“ nicht beabsichtigt ist, in ihren Haupt⸗ ahh vom „Reichs- und Staats-Anzeiger“ veröffentlicht werden.

Der 18. Provinzial- Landtag der Pxovinz Brandenburg wurde gestern Mittag 12 Uhr im Stände⸗ hause in Berlin, nachdem die Abgeordneten dem Gottes dienste im Dom beigewohnt hatten, von dem Ober-Präsidenten, Staals-Minister Dr. von Achenbach mit folgender Ansprache eröffnet:

Hochgeehrte Herren!

Indem ich Sie bei dem Wiederbeginn Ihrer Verhandlungen herzlsch willkommen heiße, lassen Sie uns auch diesmal zuerst in Ehr⸗ erbietung der Huld und Gnade gedenken, welche Seine Majestät unser geliebter Kaiser und König fortgesetzt dem Landtag, der gesammten Probinz und ihren Bewohnern erwiesen haben. Wir geloben aufs neue, die alte brandenburgische Treue und Hingebung alle Zeit zu bewahren und unseren Nachkommen als kostbarstes Erbtheil zu hinterlassen.

Die Zusammensetzung des Landtags hat im vergangenen Jahre in so fern eine Aenderung erfahren, als zwei Mitglieder ihr Mandat niedergelegt haben und zwei andere zu unserem schmerzlichen Bedauern durch den Tod aus unserer Mitte geschieden sind. Die stattgefundenen Neuwahlen werden Ihrer Prüfung unterworfen werden.

Was Ihre vorigjährigen Beschlüsse anbetrifft, so hat das zur Ausführung des § 93 der Provinzial-Ordnung beschlossene Ergänzungs— Statut, betreffend die wegen der Invaliditäts⸗ und Altersversicherung nothwendig gewordene Anstellung eines vierten Landesraths, bereits am 3. April v. Is. die Allerhöchste Bestätigung erhalten.

Die von Ihnen befürwortete Veränderung der Grenze zwischen den Kreisen Landsberg und Soldin durch Zutheilung des Gutsbezirks Briesenhorst an den Kreis Landsberg ist durch Gesetz vom 19. Mai v. J. verwirklicht worden.

Wegen Ausdehnung des Gesetzes vom 29. Juni 1890 betreffend die Entschädigung für an Milzbrand gefallene Thiere, auf die Provinz Brandenburg habe ich im Einklang mit Ihrem Gutachten befür— wortend berichtet.

Der am 21. Februar v. J. von Ihnen in Betreff der vor— geschlagenen Theilung des Kreises Niederbarnim gefaßte ablehnende Beschluß ist von mir an zuständiger Stelle zur Kenntniß gebracht und demnächst von dort aus entsprechend dem von Ihnen gemachten Vorschlage die Einleitung von Vorverhandlungen angeordnet worden, welche die Einverleibung einzelner Orte der Kreise Nieder— barnim und Teltow in die Stadt Berlin zum Ziele haben.

Das vom Provinzial-Landtag im Jahre 1899 begutachtete Gesetz über die Heranziehung von Fabriken, Bergwerken, Steinbrüchen u. s. w. zu Vorausleistungen für die Unterhaltung öffentlicher Wege, ist im völligen Einklange mit Ihren Vorschlägen inzwischen am 7. Juli für die Propinz Brandenburg ergangen.

Ebenso hat nunmehr die an dieser Stelle wiederholt erwogene Frage wegen Uebernahme der öffentlichen Fürsorge für Geisteskranke, Sieche, Epileptische, Taubstumme, Blinde und Idioten durch das Gesetz vom 11. Juli v. J. eine allgemeine Regelung erfahren, welche es bedingen wird, daß Ihrerseits zur Ausführung dieses Gesetzes ver⸗ schiedene, den Haushalt der Provinz nicht unwesentlich beeinflussende Bestimmungen zu treffen sein werden.

Gan; besonders muß daher der Etat bei den diesjährigen Be⸗ rathungen Ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Dabei kann, wie in den Vorjahren, dem größten Danke schon jetzt darüber Aus⸗ druck gegeben werden, daß infolge einer umsichtigen und trefflichen Verwaltung die Finanzlage der Provinz eine f n ist, ob⸗ wohl die von letzterer zu erfüllenden Aufgaben in fortgesetzter Steigerung begriffen sind und andererseits es sich noch nicht übersehen läßt, welche Einwirkung das Einkommensteuergesetz vom 24. Juni v. J. auf die zu erhebende Provinzialabgabe äußern wird. Die außerordentliche Zunahme der Geschäͤfte bei der Provinzial⸗Verwaltung und namentlich bei der Inraliden⸗ und Altersversicherungsanstalt bedingt eine Verstärkung des höheren und mittleren Personals. Namentlich aber muß das bereits erwähnte Gesetz vom 11. Juli v. J. über die , Kur und Pflege der hilfsbedürftigen Geisteskranken, Idioten, Epilexti— schen u. s. w., welches am 1. April 1893 in Kraft tritt, zu wesentlich gesteigerten Ausgaben für die außerordentliche Armenpflege Ver⸗ anlaffung geben, indem nunmehr unter anderem über die bereits früher geplante Umwandlung des Landarmen⸗- und Corrigenden⸗Hauses zu Lübben in eine Irren-Pflegeanstalt, die Erweiterung anderer An—

stalten, die Errichtung einer neuen Irrenanstalt, die Erwerbung und Grweiterung des Wilhelmsstiftes zu Potsdam für Idioten, und der Anstalt zur Unterbringung von Epileptischen ebendaselbst zu beschließen sein wird. . ;

Zur Sicherung der Erhaltung der vaterlãndischen geschicht⸗ lichen und vorgeschichtlichen Denkmäler ist von der zuständigen Centralstelle die Bildung von Provinzial⸗Kommissionen angeregt worden, welchen ein von den Organen der Selbstverwaltung gewählter Sachverständiger unter der Bezeichnung eines Preovinzial⸗Conservators As Beirath und zugleich als Srgan des staatlichen Conservator der Kunstdenkmäler zur Seite stehen soll. Nachdem ũber diesen lan unter Zuziehung von Sachverständigen eine eingehende Berathung stattgefunden und derselbe im wesentlichen auch die Zustimmung des Provinzial ⸗Ausschusses gefunden hat, wird Ihnen Gelegenheit gegeben werden, auch Ihrerfeits in der Sache zu, beschließen und sich darüber schlüffig zu machen, ob und in wie weit dem Provinzial⸗Ausschusse die nähere Ausführung des Planes zu überlassen sein wird.

Indem ich, hochgeehrte Herren, unter Hinweis auf die vorbezeich⸗ neten Aufgaben, denen noch andere, wie z. B. eine Aenderung des Reglements der Städte⸗Feuersocietät, hinzutreten werden, Ihre Sitzungen kraft der mir gegebenen Ermächtigung für eröffnet er⸗ kläre, hege ich den innigen Wunsch, daß auch die dies maligen Be⸗ rathungen zum Wohle der Provinz beitragen mögen.

Hierauf wurden die Verhandlungen unter dem Vorsitz des Alters-Präsidenten Landraths und Geheimen Regierungs⸗Naths von Vornstedt eingeleitet und nach seiner mit Accla⸗ mation erfolgten Wiederwahl zum Vorsitzenden mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König, in

welches die Versammlung dreimal begeistert einstimmte, weiter

geführt.

Das Kreuzer-Geschwader, bestehend aus S. M. Schiffen „Leipzig“ (Flaggschiff, „Alexzandrine“ und „Sophie“, el wade C3 Contre⸗Admiral Valois, ist am 21. Februar er. in Capstadt, ö

S. M. Kreuzer, Möwen, Commandant Corvetten⸗Capitän von Halfern, an demselben Tage in Bombay eingetroffen.

S. M. Kanonenboot „Hyäne“, Commandant Capitän⸗ Lieutenant Goecke, ist am 30. Februar in Bonny eingetroffen und an demselben Tage wieder in See gegangen.

Banern.

München, 20. Februar. Die Kammer der Abge⸗ ordneten stimmte den Nachweisungen über den Zuschuß an die Pfälzer Bahnen ohne Debatte zu und genehmigte einen Gesetzentwurf, durch welchen die Staatsregierung ermächtigt wird, eine proc. Zinsgarantie für die von den Pfälzer Bahnen zu Erweiterungen und Ergänzungen zu veraus⸗ gabenden 7 889 000 S bis zum 31. Dezember 1904 zu über⸗ nehmen.

Baden.

Karlsruhe, 20. Februar. Die Erste Kammer ge⸗ nehmigte in ihrer gestrigen Sitzung Tit. L bis VII, XI und lf der Ausgabe und Tit. J und UL der Einnahme des Budgets des Ministeriums der Justiz, des Cultus und des Unterrichts, ebenso das Budget der Ober-Rechnungskammer so⸗ wie die Forterhebung der Steuern in den Monaten März und April' Die Zweite Kammer nahm die Forterhebung der Steuern für die oben genannten Monate gleichfalls an und genehmigte sodann die von der Regierung angesetzten Posten in Titel VI und VII der Einnahme und Titel III und JV der Ausgabe des Budgets der Steuer- und der Zoll—⸗ verwaltung.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.

Weimar, 20. Februar. Durch Ministerialdecret vom 25. Januar ist, wie die ‚„Weim. Ztg.“ mittheilt, beim Land⸗ tag beantragt worden, zu genehmigen, daß in den Voranschlag der Volksfchulklafse fur die Jahre 1893,95 in einem be⸗ fonderen Ausgabecapitel zu Besoldungszulagen für Rectoren und Volksschullehrer der Betrag von 84 600 M6 eingestellt

werde. Reusz j. L.

Gera, 20. Februar. Ihre Durchlauchten der Erb- prinz und die Erbprinzessin haben, wie die „Ger. Ztg.“ mittheilt, heute eine Reise nach Italien angetreten.

Elsaß⸗Lothringen.

Straßburg, 20. Februar. Der Landesausschuß nahm gestern in zweiter Lesung nach den Beschlüssen der Com⸗ mission die Etats der Verwaltung des Innern (ausschließlich Handel und Gewerbe), des inisteriums, der Hoch⸗ und Wegebauverwaltung, der Finanzen und Domänen, sowie die Gapitel „außerordentlicher Etat“ und „Katastererneuerung“ ohne wesentliche Debatte an.

Von den Abgg. Baron Zorn von Bulach und Gen. ist im Landesausschuͤsse ein Gesetzentwurf über die Besteuerung der Kunstweinfabrikation und des Kunstweines eingebracht worden.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Seine Majestät der Kaiser und König ist gestern früh in Budapest eingetroffen und von den Spitzen der Militär⸗— Civil- und . Behörden empfangen worden. Auf eine Ansprache des Bürgermeisters, in welcher dieser dem tiefen Beileid der Bevölkerung üher die Trauer— und Krankheitsfälle in der Kaiserlichen 3 Ausdruck gab, erwiderte der Kaiser, daß das Befinden der Erzherzogin Marie . des Erzherzogs Franz Salvator in der . erung be⸗ griffen sei. . .

Heute fand die feierliche Eröffnung des ungarischen Reichstags in der Ofener Hofburg durch den Kaiser statt, Ueber den? Inhalt der Thronrede meldet „W. T. B.“ Folgendes:

Die Thronrede gedenkt der fünfundzwanzigsten Jahreswende des 1867er Ausgleiches, weist auf die großen Fortschritte Ungarns auf allen Gebieten hin und giebt der Zuversicht auf eine ruhige und stetige Entwickelung auf dieser bewährten und vor allen. Erschütterungen zu bewahrenden Grundlage auch in Zukunft Ausdruck. Obwohl die Aufrechterhaltung des hergeftellten Gleichgewichts im. Staatshaushalt auch weiter⸗ hin? nothwendig sei, ermögliche die günstigere Lage, der Finanzen die Pflege der verschiedenen Bedürfnisse des Staatslebens. Senn Jahrzehnten trage Ungarn sowie die ganze Monarchie die Nach⸗ theile der ungeregelten Valuta. Die erstarkte Finanzkraft des Staats ermögliche, nunmehr bei der günstigen Gestaltung der Lage des allgemeinen Geldmarktes die BValutaregelung anzubahnen. Die Regierung werde beftrebt sein, die bezüglichen Vorschläge ehestens zu unterbreiten. Die Thronrede kündigt eine gerechte Steuerreform an, ohne Steigerung

der öffentlichen Leistungen, ferner Vorlagen zur Neugrganisirung der Verwaltung, die eine der wichtigsten Aufgaben dieseg sowie Vorlagen zur DOrdnun der Beamten, zur 4

der Die Thronrede spricht aus, daß die Kirche und der ĩ in der traditionellen Harmonie erfüllen würden, welche Jahr— hunderte im Interesse und zum Wohle der beiden Faetoren in Üngarn bestanden habe, und fährt fert; ‚Mit Befriedigung können wir sagen, daß die freundschaftlichen guten Beziehungen zu den auswärtigen Mächten, deren wir am Schlusse des vorigen Reichtags gedachten, auch gegenwärtig unverändert fort⸗ bestehen. Die Aufgabe des Reichstags ist, die gesammte Volke⸗ kraft dem großen Werk der inneren Neugestaltung zuzuwenden und mit Benutzung der Zeit des Friedens, sowie der geordneten finanziellen Verhältnisse die geistigen und materiellen Kräfte der Nation zu ent⸗ wickeln und die Verhaͤltnisse derart zu ordnen und zu consolidiren daß die Nation auch in schwereren Zeiten fähig sei, alle Widerwärtig— keiten zu bekämpfen.“ .

Die Stellen der Thronrede, in denen an den Ausgleich von 1867 erinnert wird, ferner diejenigen, betreffend den seit—= herigen Fortschritt Ungarns, die Valutaregulirung, die Ver— waltungsreform, das Verhältniß von Staat und Kirche und die freundschaftlichen Beziehungen zu den Mächten wurden mit Beifallsrufen begleitet; am Schlusse der Thronrede ertönten stürmische Eljenrufe.

In der vorgestrigen Sitzung des österreichischen Abgeordnetenhauses, der letzten vor der nun ihren Anfang nehmenden Landtag . erklärte in Be—⸗ antwortung einer Interpellation über die Vorgänge in Reichenberg ,, des Besuchs des Kaisers im Oktober v. J. der Minister-Präsident Graf Taaffe, der Magistrat von Reichenberg hätte beantragt, den Vereinen und Schulen Plätze im Spalier zum Empfange des Kaisers anzuweisen; der Verein der Czechen sei jedoch fern geblieben. Ueber die Vorgänge in Röchlitz sei die Untersuchung eingestellt worden, weil die Aussagen darüber sehr widersprechend ge— wesen seien. In Betreff des Excesses auf dem Obstmarkt in Reichenberg verwies Graf Taaffe auf das Strafurtheil des Reichenberger Magistrats und constatirte das correcte Vor— gehen desseiben. Der Antrag auf Eröffnung der Debatte über die . wurde abgelehnt. Die provisorische Rege⸗ lung der Handelsbeziehungen mit Serbien wurde ohne Debatte genehmigt. Das Haus nahm sodann die Nothstands— vorlage in Höhe von 3606 900 Fl. an. Bei der Debatte hob der Vertreter der Regierung hervor, ein allgemein verhreiteter Nothstand sei in keinem Lande vorhanden, es handle sich um localisirte Nothstände einiger Bezirks. Ferner genehmigte das Haus die Vorlage wegen Gewährung von Theuerungs⸗ zulagen an Stgatsbeamte, und zwar nach Erhöhung der vorgeschlagenen Summe von 500 03 Fl. auf 1000009 Fl.

Die Wiener Blätter bringen nähere Angaben über die im Abgeordnetenhause eingebrachte Steuerreform. Wir entnehmen dem „Frdbl.“ darüber folgende Mittheilungen:

Die die Reform der directen Steuern bezweckende Regierungsvorlage beschränkt sich auf die Personalsteuern und besteht in einem ein— zigen, das ganze Gebiet dieser Steuern umfassenden Gesetz— entwurf. In den Einführungsbestimmungen gelangt der Grund— satz zum Ausdruck, daß durch die beabsichtigte Reform keine Erhöhung des Ertrages der Lirecten Steuern bewirkt werden soll. Daselbst wird nämlich der Finanzverwaltung die geset= liche Verpflichtung auferlegt, jeden durch die Reform herbeigeführten Mehrertrag, welchen die directen Steuern im Vergleich mit ihren bis herigen Erträgnisfen künftighin liefern sollten, zu Nachlässen an der Grund-, Hauszins⸗ Hausklassen- und allgemeinen Erwerbsteuer zu ver= wenden. Dinsichtlich des Betrages dieser Nachlässe ist zu gewärtigen, daß dasselbe gleich bei Beginn der Wirksamkeit des Gesetzes bei der Grundsteuer 24 bis 35 C vom Katastralertrage, bei der 26 procentigen Hauszinssteuer 23 bis 41 io ̈ 9, bei der 20procentigen Hauszinssteuer F bis 190, vom Nettozinse, bei der Erwerbsteuer W bis 27/0 0m bem jetzigen Reineinkommen ausmachen werde, was Ermäßigungen dieser Steuern um 10 bis 30 ihres bisherigen Betrages gleichkommt.

Besondere Abschnitte des Entwurfs find zur Regelung der einzelnen darin behandelten Steuerarten bestimmt. Diese sind: die all⸗ gemeine Erwerbsteuer, die Erwerbsteuer von den der offentlichen Rechnungslegung unterworfenen Unter— nehmungen, die Besoldungssteuer, die Renten steuer und die Personal-Einkommensteuer. .

Die allgemeine Erwerbsteuer ist zur Besteuerung des Er⸗ trages aller gewerblichen und Handelsunternehmungen mit Ausnahme derjenigen, die der öffentlichen Rechnungslegung unterworfen sind, be⸗ stimmt. Sie tritt bei den ihr zu unterziehenden Unternehmungen an die Stelle der bisherigen Erwerbsteuer und Einkommensteuer erster Klasse. Sie soll nach dem Erträgnisse, welches diese beiden Steuer⸗ . bisher geliefert haben, contingentirt werden. Die

epartition dieses Contingents soll auf Grund eines äußerst detaillirten, auf dem Prineipe der Abstufung der Steuersaͤtze nach äußeren, die Ertragsfählgkeit der einzelnen Unternehmungen kennzeichnenden Merkmalen ,, Tarifes erfolgen. Nach diesem Tarife kann mit der Steuer in Wien bei den meisten Handwerkern bis auf 5 Fl., bei manchen sogar bis auf 3 Fl. auf dem Lande sogar bis auf 2 Fl. 50 Kr., beziehungsweise 1 ö 50 Kr. hinabgegangen werden, wahrend ein Maximum nicht festgesetzt ist. Die Bestimmung der Höhe der den einzelnen Steuerpflichtigen nach Maßgabe diel. Tarifs treffenden Steuer soll Commissionen obliegen, nr; zu drei Vierteln aus Vertretern der Steuerträger und nur zu einem Viertel aus von der Finanzverwaltung zu bestimmenden Personen bestehen sollen. In Betreff der Besteuerung der Hausir- und Wandergewerbe sind im Gesetze besondere Bestimmungen getroffen. ;

Die Erwerbsteuer der der öffentlichen Rechnungè= kaang unterworfenen Unternehmungen hat bei diesen; den. selken Jweck zu erfüllen, wie die allgemeine Erwerbsteuer. bei den anderen. Unternehmungen. Ihre Veranlagung soll auch künftighin im wesentlichen auf Grund des schon gegenwärtig bei derlei Unter nehmungen üblichen Verfahrens nach dem bisherigen Steuer uße zehn Procent des steuerbaren Ertrages erfolgen, doch soll dieser Ertrag künftighin nach Grundsätzen ermittelt werden, durch deren Anwendung er von dem nach gef öhnlichen gaschästlichen Rezeln 6. rechneten Gewinn nicht annähernd in dem Maße abweichen wird, wie bisher der Fall war. 1

Die Refoldungs steuer ist bestimmt, an die Stelle di . herigen Einkommensteuer zweiter hen zu treten. Sie soll Auch künftighin nach, einem progreffiwen Steuerfuße veranlagt werden, wird aber niedriger sein, als die durch sie zu ersetzende Steuer, 9. . bei Bezügen bis zu 2000 Fl. nur ein Procent betragen und das Auf. maß von zehn Pig en = er bisherige außerordentliche Zuschlag sa weg nicht übersteigen soll. .

Die Rentenstéuer foll an die Stelle der bis kommensteuer dritter Klasse treten, aber das in Capi stehende Einkommen in weit größerem Umfange, zur. heranziehen, als diese, da sie alle derlei Renten treffen soll nicht durch bestehende besondere gesetzliche Bestimmungen atiogen fen, Sie soll bei, den Zinfen derjenigen Staats und sonstigen . sichen Fonds obligationen, bei welchen schon gegenwa

ein zehnprocentiger Steuerabzug stattfindet, sowie bei den Zinsen der Landesanlehen zehn ocent, bei allen anderen insen aber zwei rocent des steuerpflchtigen Ertrages betragen, hre Veranlagung oll durch die Steuerbehörden auf Grund von Bekenntnissen der Steuerpflichtigen und nach erfolgter Prüfung derselben bewerkstelligt den. 16 Durch die Einführung der Personal⸗Einkommensteuer soll den schon seit langer Zeit hervorgetretenen und nachgerade dringend gewordenen Bestrebungen nach Einführung einer wirklichen, das ganze persönliche Einkommen eines jeden steuerfähigen Bürgers erfassenden Ginkommensteuer Rechnung getragen werden. Von ihr werden vor⸗ nehmlich jene Erträge erwartet, welche die geplanten Nachlässe an den Ectragssteuern ermöglichen und auf diese Art die wenigstens theilweise Erfetzung, der gegenwärtig als einzige Methode der directen Be⸗ steuerung in Uebung stehenden Ertragsbesteuerung durch ein den modernen Anschauungen besser entsprechendes System anbahnen sollen. Ihre Veranlagung soll auf Grund von Bekenntnissen der Steuerträger durch Commissionen erfolgen, welche zur einen Hälfte zus von den Steuerträgern selbst gewählten, zur anderen Hälfte aber aus vom Finanz⸗-Minister ernannten Mitgliedern bestehen sollen. Ihr sollen aber nur die Einkommen von mehr als 600. Fl. Interllegen; ihre Höhe ist in einer Scala festgesetzt, welche nach der Höhe kes Einkommens abgestufte Beträge enthält, bei deren Festsetzung eine Progressien in der Weise beobachtet worden ist, daß die Steuer in der niedrigsten Stufe nicht ganz O6, in der höchsten aber 40, des ermittelten Einkommens ausmacht.

Großbritannien und Irland.

Die Königin wird, der A. C. zufolge, morgen, , mit ihrem Hofstaat von Osborne nach Windsor übersiedeln und dort etwa drei Wochen verweilen, um alsdann die Reise nach der Riviera anzutreten.

Ueber das Befinden des Prinzen . von Wales veröffentlicht das „Britisy Medical Journal“ nach⸗ stehende Mittheilung:

„Es gereicht uns zur Freude, den Gerüchten widersprechen zu können, welche in letzter Zeit so hartnäckig über den Gesundheitszustand des Prinzen George von Wales verbreitet worden sind. Der Tod seines älteren und seinem Herzen so nahestehenden Bruders traf ihn, be⸗ sonders da er sich von seiner Erkrankung am Typhugsfieber noch nicht völlig, erholt hatte, sehr hart. Zudem erschütterte ihn der plötzliche Umschwung seiner Lebensaussichten und die bedeutend erhöhte Verantwortlichkeit seiner neuen Stellung. Es sst indeß nicht wahr, daß sich Prinz George bei dem Begräbniß des Herzogs von Clarence und Avondale eine Erkältung zuzog. Sein Aufenthalt in Osborne ist ihm vorzüglich bekommen und sein Be⸗ finden macht, wie wir zu unserer Freude erklären können, jetzt täglich weiteren Fortschritt.

Die irische Local-Verwaltungsbill steht gegen— wärtig in den parlamentarischen Kreisen sowohl wie in der Presse im Vordergrunde der Erörterung. Der „Standard“ versichert, die Regierung sei entschlossen, die Balfour sche Vorlage auf der Tagesordnung des, Parlaments zu erhalten. Das Cabinet sei dabei, anscheinend der allgemeinen Unterstützung der liberalen Unionisten wie der conservativen Abgeordneten gewiß. Die Gladstonianer dagegen seien durch die Einbringung in eine Lage versetzt, aus welcher sie es höchst schwierig finden würden, ohne Schaden herauszukommen. Die Gladstonianische „Daily

sews“ unterzieht die Bill der abfälligsten Kritik, au die irische nationalistische Presse bricht völlig den Sta über die Vorlage, welche beiden Fractionen als undiscutirbar erscheint. Zwei Punkte der Bill sind es vor allem, an denen die Oppositlon im Parlament Anstoß nimmt: das sogenannte cumulative Votum und die Suspension der Grafschaftsräthe durch die Richter. Unter cumulativem Stimmen versteht man in England, daß jemand das Recht hat, wenn beispielsweise 12 Candidaten zu wählen sind, alle seine 12 Stimmen auf einen einzigen Candidaten zu vereinigen. Diese Methode ist in England bei Schulrathswahlen üblich. Darüber scheinen sämmtliche Parteien ohne Unterschied einig zu sein, daß die oben angegebenen Bestimmungen aus der Vorlage aus— . werden müssen, ehe überhaupt Aussicht vorhanden sei, sie Gesetz werde. Inzwischen hat übrigens die heftig ablehnende Haltung bei den Gladstonianern einer ruhigeren Erwägung Platz gemacht. In einer am Freitag Abend abgehaltenen Frackionssitzung unterzogen sie die Vorlage einer nüchternen Erörterung und gelangten zu der Ansicht, daß die ihr am Abend ihrer Einführung entgegen— gebrachte Feindseligkeit übertrieben und ungerechtfertigt ge⸗ wesen sei. Einige gemäßigte liberale Abgeordnete räumten sogar ein, daß die Bill angenommen werden könnte, wenn die oben erwähnten Bestimmungen aus ihr entfernt würden. Diesem Umschwung giebt auch der „Standard“ Ausdruck, welcher schreibt:

WVierundzwanzig Stunden haben genügt, um die künstlich ichn Erregung, mit welcher die Opposition die irische Local— Verwaltungsbill aufnahm, abzukühlen, und schon hegt ein guter Theil derer, welche bei dem Lärm das Hauptwort führten, den Wunsch, daß sie weniger laut und dafür ein wenig taktvoller gewesen wären. Sie sehen ein, daß brüllendes Gelächter und lautes Schreien eine Politik für die allgemeinen Wahlen sind und daß „die Freunde Irlands“ als Zerstörer einer freibemessenen Local⸗Verwaltungs⸗ vorlage sich in kein besonders günstiges Licht stellen, Mittlerweile hat all jener erheuchelte Hohn und jene erzwungene Heiterkeit ihren Zweck, Mr. Balfour zu entmuthigen und seine Anhänger uneins zu machen, nicht erreicht. Je sorgfältiger die conservativen und unionistischen Abgeordneten die Grundlinien der Vorlage studiren, je mehr empfiehlt sich dieselbe ihrer Unterstützung. Die Home ⸗Rule⸗ Führer haben sich in ihrer Berechnung getäuscht. Sie aleulirten, daf wenn die Bill die liberalen i nil! zufrieden stelle, sie es dafür mit den Tories verderben werde. Thatsächlich hat sie jedoch alle Meinungsschattirungen innerhalb der Verfassungspartei mit ein⸗ ander versöhnt und in den ministeriellen Reihen wieder völlige Einheit hergestellt; ein Resultat, welches nicht wenig zu dem Unbehagen Sir William Harcourt's beitragen wird.“

Frankreich. Definitive Nachrichten über die Neubildung des fran⸗ zösischen Ministeriums liegen auch heute noch nicht vor. Der . Carnot hatte am Sonnabend Vormittag mit em Präsidenten des Senats Le Royer und dem Präsidenten der Kammer Flogquet Unterredungen von je einer Stunde. Später empfing er dann den bisherigen Minister des Aus⸗ rtgen Rib ot zu einer längeren Besprechung. Gestern conferirte er Präsident Carnot mit dem bisherigen Minister des Innern han stans und empfing dann den bisherigen Minister des nterrichts Bourgeois, den Vice-Präsidenten der Deputirten— . und ehemaligen Ackerbau⸗Minister Viette, sowie gon Say, Rivet, Meline, Chautemps, Cavaigna-c und verschiedene andere Deputirte. Bis gestern Abend hatte arnot, wie ‚W. T. B.“ meldet, noch Niemanden mit der ildung eines neuen Cabinets beauftragt. z Unter den in parlamentarischen Kreisen besprochenen Com⸗ ationen fand, nach einer Meldung des „W. T. B.“ eine ich mit Ribot als Minister⸗Präsidenten und Freycinet für n Krieg, Rouvier für die Finanzen, Roche für den Handel,

Develle für den Ackerbau die meiste Beachtung. In dieser Combination würde, wenn der Minister Constans darin nicht einbezogen wäre, der bisherige Unterrichts⸗-Minister Bourgeois das Portefeuille des Innern übernehmen, während im. entgegengesetzten alle Bourgeois im Unterrichts⸗ 3 bliebe und sodann das Justiz-,Marine⸗, Arbeits⸗ Ministerium neu zu besetzen wären. Unter den Candidaten für eine neue Combination werden in erster Reihe der Vice⸗ Präsident der Kammer Casimir Perier und die Abgeordneten Cavaignac und Burdeau genannt. Wie indeß der „Köln. Itg.“ geschrieben wird, wäre aller Voraussicht nach auf eine schnelle Erledigung der Krisis nicht zu rechnen; alle bisher an⸗ gegebenen Ministerlisten seien reine Phantasiegebilde. Dagegen be⸗ festige sich der Eindruck, daß bei der gegenwärtigen Lage kaum ein anderes als ein dem kin sehr ähnliches Ministerium möglich sei, was schließlich auf eine Umbildung herauskommen würde, zumal die starke Neigung vorhanden sei, einige Special⸗ Minister zu bewahren, insbesondere Constans, Freycinet und Rouvier. Der „Temps“ bemerkte in einer Besprechung der Lage, wenn die äußerste Linke auf ihrer Haltung beharre, so gebe es nur ein Mittel, um aus dem Wirrwarr heraus— zukommen: die Auflösung der Kammer.

Die Beurtheilung der päpstlichen Eneyklicg ssiehe Nr. 5 des „R⸗ u. St.⸗A.“ vom 20. d. M ist verschieden. Einige monarchische Blätter suchen die Sache so hinzustellen, als ob der Papst eigentlich nur gesagt habe, was auch von ihnen allgemein anerkannt en Daraus ist zu entnehmen, daß sie ihren passiven Widerstand gegen den Willen des Papstes fortsetzen wollen. Einzelne republikanische Blätter nennen die Encyklica eine große historische That, die den Bruch mit der ganzen früheren Politik bedeute. Die Radikalen bleiben da⸗ gegen dabei, daß Rom mit äußerstem Mißtrauen zu behandeln und die antiklerikale Politik nun erst recht zu verschärfen sei.

Infolge Autorisation durch den Heneral⸗Prokirator wurde die Verhandlung über die Klage des Abg. Laur gegen den Minister Constans auf nächsten Mittwoch anberaumt. Sie durfte jedoch vertagt werden, da der Senat die Ermächtigung zur Verfolgung des Ministers noch nicht ertheilt hat.

Am 17 Mai finden in ganz Frankreich, das Seine— Departement allein ausgenommen, die Gemeindewahlen stalt. Das Land zählt 36 143 Gemeinden und die Zahl der neu zu bestellenden Gemeinderäthe beträgt 46449). Die Zahl der Gemeinderäthe ist, nach der Bevölkerungs⸗ zahl vertheilt. Nach der letzten Volkszählung weisen 31 549 Gemeinden zwischen 500 und 1590 Einwohner auf; diese haben je 12 Vertreter zu wählen. Dann entfallen je 16 Gemeinderäthe auf 2680 Drtschaften von 1591 bis 25090 Einwohner, je 21 auf 885 Gemeinden von 2501 bis 3500 Einwohner, je 23 Gemeinderäthe auf S800 Gemeinden von 3501 bis 10 000, je 27 auf 174 Gemeinden von 10001 bis 30 00 Einwohner, je 30 auf 15 Gemeinden von 30 901 bis 40900 Einwohner, je 32 auf 7 Gemeinden von 40 901 bis 50 9000 Ein⸗ wohner, je 34 auf abermals 7 Gemeinden von 50 901 bis 60 600 Einwohner; endlich je 36 Gemeinderäthe auf 26 große Stadte, deren Einwohnerzahl 69 900 Seelen übersteigt. Paris, das seinen Gemeinderath nächstes Jahr zu erneuern haben wird, wählt je einen Gemeinderath in seinen 80 Vierteln.

Rußland und Polen.

Die russischerseits schon wiederholt angekündigte Aufhebung des Verbots der Haferausfuhr darf, einem Wolff 'schen Telegramm aus St. Petersburg, vom err, Tage zufolge,

nunmehr als unmittelbar bevorstehend bezeichnet werden. Die

Aufhebung werde sich jedoch nur auf die in den Ostsee— häfen lagernden 10. Millionen Pud erstrecken.

Die russische Regierung hat, wie man dem „Hamb, Corr.“ aus St. Petersburg meldet, den polnisch⸗katholischen Seminaristen das Studium außer Landes, insbesondere den Besuch des polnischen Seminars in Rom verboten, der Vatican aber hiergegen Vorstellungen erhoben.

Italien.

Die Deputirtenkammer hat in ihrer vorgestrigen Sitzung in namentlicher Abstimmung mit 155 gegen 50 Stimmen entgegen dem Antrage Imbriani's beschlossen, in die Specialdebatte über den Gesetzentwurf wegen der Erhebung von Gebühren aus Rechtsgeschäften einzutreten.

Die nunmehr abgeschlossenen Versuche mit dem neuen Armeegewehr haben nach der „Frkf. Ztg.“ ein so be⸗ friedigendes Resultat ergeben, daß die Einführung für das ganze Heer beschlossen sei.

Portugal.

Die Pairskammer hat laut Meldung des d aus Lissabon zu der (in Nr. 45 8d. Bl. mitgetheilten) Ver⸗ haftung des früheren Ministers Mendoza Cortez die Genehmigung ertheilt. Die Verhaftung t durch Unter⸗ schlagungen von Werthpapieren des Banch Lusitano begründet worden. Wahrscheinlich dürfte der Verhaftete in das Militär⸗ gefängniß übergeführt werden.

Schweiz.

Aus Rom wird dem Berner „Bund“ gemeldet, daß die italienischen Unterhändler für en andels⸗ vertrag mit der Schweiz sich in die Aufgabe getheilt haben, die einschlagenden Fragen zu studiren und die Interessenten zu Rathe zu ziehen. Ohne Zweifel würden die en, n,, auf diplomatischem Wege geführt werden, sich in die Länge iehen. Doch dürfe man auf eine schließliche Verständigung

offen. Die Unterhandlungen mit Frankreich haben durch den Sturz des französischen Cabinets, das der Schweiz Entgegen— kommen gezeigt hatte, eine Verzögerung erfahren.

Niederlande.

Den beiden Kammern der Generalstaaten sind nun⸗ mehr die finanziellen Vorlagen der Regierung zu⸗ gegangen. Dem „W. T. B.“ wird über deren Hauptinhalt aus dem Haag . mitgetheilt: Die Steuer auf Seife wird aufgehoben und der Eingangszoll auf Seife dahin abgeändert, daß weiche Seife zollfrei bleibt, alle übrigen Sorten aber mit einer fünfprocentigen Abgabe belegt werden. Die bisher von der Regierung, erhobenen Wegegeld⸗ Abgaben werden aufgehoben. Die Spiritus steuer wird auf' 55 Gulden für den Hektoliter erhöht. Endlich wird die Einführung einer Einkommensteuer in der Höhe von 1 bis 11 per Mille vorgeschlagen. Der Ertrag der letzteren ist auf 8 Millionen Gulden veranschlagt.

Serbien. In der vorgestrigen Sitzung der Skups chtina brachte, wie Wiener Blätkern gemeldet wird, der Referent des Finanz=

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Ausschusses das richtiggestellte Budget zur Verlesung,

welches mit 60 135 839 Fr. in den Einnahmen und mit 59 952 933 Fr. in den Ausgaben abschließt. Der Abg. Avakumovies erklärte eine Reduction der Ausgaben fuͤr nothwendig. Der Minister⸗Präsident Pasi es constatirte, daß die radicale Regierung ein Deficit von 8 bis 10 Millionen vorgefunden habe. Im Jahre 1890 habe das drei bis vier Millionen und im Jahre 1891 kaum zwei Millionen betragen. Im Jahre 1892 werde sich kein Deficit ergeben, anormale Ereignisse ausgenommen. Der Minister-Präsident bestritt die Richtigkeit der in auswärtigen Blättern enthaltenen Nachricht über die Aufnahme einer neuen Anleihe von Seiten der ser⸗ bischen Regierung und erwähnte, daß die jüngste Rede des Abgeordneten Avakumovies ein Sinken der Curse der serbischen Staatspapiere im Auslande hervorgerufen habe. Der Abg. Avakumovies hielt seine Behauptung aufrecht und erklärte, daß die Verheimlichung des Deficits nichts helfe, da das Ausland über die serbischen Finanzen gut unterrichtet sei. Der Abg. Masices bekämpfte die Ausführungen des Minister⸗Präsidenten. Er behauptete, daß das Deficit im Jahre 1892 mit Einschluß der commissionell constatirten Deficite seit dem Jahre 1887 circa zwanzig Millionen betragen müsse. Die Skupschtina nahm hierauf das Budgetgesetz an. Schweden und Norwegen.

(F) Stockholm, 18. Februar. Bei der Budgetberathung gab der Etat des Departements des Aeußern in beiden Kammern zu langen und erregten Verhandlungen Anlaß. Vom Staatausschuß war beantragt worden, die Regierung . ersuchen, solche Anordnungen zu treffen, welche eine

erminderung der Ausgaben für das Departement des Aeußern ,, können, und ferner hatte der Abg. Eriksson eantragt, von dem in Frage stehenden Etat 40 000 Kronen zu streichen. In der Exrsten Kammer wurden beide Anträge abgelehnt und der Etat nach dem Antrage der Regie⸗ rung bewilligt. In, der Zweiten Kammer ergriff zu dem Etat des Auswärtigen der Chef dieses Departements Graf Lewenhaupt das Wort. Er hob hervor, daß eine Vermin⸗ derung der schwedischen Bewilligung auch eine entsprechende nor⸗ wegische herbeiführen müsse. Was die Einziehung der Ge⸗ sandtschaft in Konstantinopel betreffe, so scheine es ihm nicht räthlich, wenn der schwedische Reichstag zuerst beschließen würde, die Wahrnehmung der Interessen der vereinigten Reiche im Orient einer fremden Macht zu übertragen, da er schon früher nachgewiesen habe, daß diese Interessen hauptsächlich norwegische seien. Bezüglich der in Frage gestellten Einziehung der Gefandtschaft in Wien sei angedeutet worden, daß er diese im Falle einer gewissen Alliance ö. nothwendig halte und daß ihm somit großpolitische Pläne untergeschoben würden. Mit Entschiedenheit müsse er dagegen protestiren, daß er geneigt wäre, eine Alliance zwischen den Vereinigten Reichen und irgend einer fremden Macht anzurathen. Er behaupte aber, daß Unterhandlungen in Wien über alle Fragen geführt werden, welche die Machtstellung in Europa berühren, und daß es für die Vereinigten Reiche von Wichtigkeit sei, zuverlässige Nach⸗— richten über diese Unterhandlungen zu erhalten; deshalb halte er die Gesandtschaft in Wien für nothwendig. Die Erklärung, daß die Vereinigten Reiche das gute Verhältniß zu allen fremden Mächten zu erhalten wünschten, befreie nicht von der Nothwendigkeit, der allgemeinen politischen Lage in Europa mit Aufmerksamkeit zu folgen; es sei unmöglich, alle politische Gemeinschaft mit dem übrigen Europa abzubrechen. Der Minister schloß mit der Versicherung, daß die Ausgaben für sein Departement nicht höher als erforderlich seien, und daß er jede Verminderung auf das höchste beklagen müsse. Trotz⸗ dem nahm die Kammer schließlich nach längerer Debatte die beiden Anträge mit 111 gegen 75 Stimmen an.

Amerika.

Der Präsident Harrison veröffentlichte am 19. d. M. eine Proclamation, worin auswärtige Robbenfaänger gewarnt werden, in den Theil des Berings-Meeres zu . welcher den Vereinigten Staaten gehört. Der Schatzamtssecretär Foster wird, dem „R. B.“ zufolge, morgen, Dienstag, auf dem Norddeutschen Lloyddampfer „Spree“ zu seiner Erholung von den Folgen der Influenza nach Europa reisen und in etwa drei Wochen nach Amerika zurückkehren.

Nach in Paris eingetroffenen Meldungen des „Wolff schen Bureaus“ aus Rio de Janeiro ist auch der Gouverneur der Provinz Matto Grosso infolge eines dort aus— gebrochenen Aufstandes abgesetzt worden.

Ueber den Aufstand in Eeara sind im „R. B. nähere Einzelheiten aus Rio de Janeiro eingelaufen, welche besagen:

Es scheint, daß die Studenten und Soldaten die Wohnung des Generals Clarindo angriffen. Die Polizei und die Bürger ver⸗ theidigten das Haus. Die Angreifer hatten mehrere Kanonen. Den— noch hielt General Clarindo dreizehn Stunden aus, ehe er sich ergab. Vierzehn Perfonen wurden bei dem Kampfe getödtet und weit mehr verwundet.

Nach einer dem „W. T. B.“ zugegangenen Mittheilung der Gesandtschaft von Guatemala in Paris ist die dortige Erhebung, deren Haupt der General Henriquez war, nunmehr unterdrückt. General Henriquez sei todt und im ganzen Lande

e Ruhe. herrsche Ruhe ait.

Der Rechnungsabschluß der egyptischen Finanzen für das abgelaufene Jahr hat nach einer Meldung des „R. B. aus Kairo gegen den Voranschlag einen Ueberschuß von 1 Million egyptische Pfund ergeben. Die britische Be⸗ fatzung in Egypten soll, wie die Magdb. Ztg. aus London erfährt, demnaͤchst um ein von Indien ommendes Hochländer⸗ Regiment verstärkt werden.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (20) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen beiwohnte, wurde die Berathung des Etats der Eisenbahnverwaltung fortgesetzt. .

Zahlreiche Petitionen von Eisenbahnbetriebs⸗Secretären, Stations- und Expeditions-Assistenten u. I w. wurden durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt. ehrere Petitionen von Tochmotivführern um Gehaltserhöhung wurden der Regierung zur Erwägung überwiesen.

Eine Petition von Eisenbahnbetriebs-Secretären aus Frankfurt a. M, welche anstatt der Stellenzulagen für einzelne Deamte allgemeine Theuerungszulagen wünschen, beantragte die Commission der Königlichen , , als Material zu überweisen. Das Haus beschloß demgemäß, nachdem Abg. Grim m-Frankfurt (nl) den Minister um eine Prüfung dieser Petition ersucht hatte.

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