1892 / 47 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 23 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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die letztere allgemein verworfen wurde. Das Maifest soll bezirksweise gefeiert werden. Der Generalstrike wurde vrincipiell festgestellt für den Fall, daß die jetzige Kammer das allgemeine Stimmrecht verwirft. Der Congreß verlief sehr rubig. Nur einzelne heftige Reden wurden gehalten. Die Stadt blieb ruhig, trotz der durchziehenden Musikcorps mit ibren rothen Fahnen. ;

Dem Bericht des Mr. Burnet über Strikes und Lockouts (Aussperrungen), die im Jahre 1890 in England stattgefunden haben, entnehmen wir nach dem „Socialpol. Centralbl.“ Folgendes:

Auch in diessm Jahre des gewerblichen Aufschwungs ist die Zabl der Strikes eine sehr große gewesen. Wenn trotzdem der Verlauf der Arbeiterbewegung in England in dem genannten Jahre das Interesse weiterer Kreise scheinbar weniger als früher erregt hat, so dürfte dies darauf zurückzuführen sein, daß der Arbeiterbewegung des Jahres 1890 das Charakteristikum feblte, welches das vorher gehende Jahr so scharf hervortreten ließ, nämlich das erst⸗ malige gemeinsame Auftreten der ungelernten Arbeiter, vor allem der Dockarbeiter. Der dem englischen Board of Trade erstattete Bericht giebt Nachweisungen über 1028 Strikes, von denen eine große Anzahl allgemeine Strikes waren. Die Zahl der gewerb⸗ lichen Unternehmungen, deren Arbeiter an diesen Strikes betheiligt waren, betrug 4352. Hauptsaächlich betroffen wurden die Baummwoll— Industrie, daz Baugewerbe, die Transport-Anstalten, der Bergbau, die Bekleidungs-Industrie, der Schiffsbau, der Maschinenbau und das Wollengewerbe. Die genannten Gewerbe sind geordnet nach der Zahl der Ausstãnde, die in jedem Industriezweige stattgefunden haben. Die Zahl der Strikes, die im Jahre 1850 auf Irland und Wales entfallen, hat sich im Vergleich mit 1889 und mit der Zahl der in England und Schottland zum Austrag gelangten Strikes relativ erhäͤht. Im Vordergrunde steht auch im Jahre ILS90 die Loh nfrage. 639 oder 62 00 der Gesammtzahl der Strikes wurden verurfacht durch Forderungen nach Lohnerhöhungen bezw. durch den Widerstand gegen Lohnherabsetzungen. Von den erst⸗ genannten waren ganz oder theilweise erfolgreich 68,7 00, mit einer Niederlage der Arbeiter endeten 21,1 9,6; gegen Lohn— herabsetzung wurde mit ganzem oder theilweisem Er⸗ folg Widerstand geleistet bei 57,8 Co. während bei 33,7 0 o der Biderstand der Arbeiter sich als nutzlos erwies, Um Verkürzung der Arbeitszeit handelte es sich bei 23 Strikes, von denen 69 o erfolgreich verliefen. 59 Strikes gelangten zum Ausbruch, weil Mitglieder von Trades-Unions sich weigerten, mit nicht unirten Leuten zu arbeiten, doch unterlagen die Arbeiter in etwa 35 Fällen. Die Zahl der Strikes aus Sympathie zeigt eine Abnahme; 63.1 00 diefer Strikes gingen erfolglos aus. Von der Gesammtzahl der 1028 Strikes waren ganz oder theilweise von Erfolg begleitet 597 9so. Für die Arbeiter unglücklich verliefen 313 0, 0, in den übrigen Fällen sst das Ergebniß nicht bekannt geworden. An 275 erfolgreichen Strikes waren betheiligt 213 867 Arbeiter; an 888 theilweise erfolg⸗ reichen Strikes nahmen tbeil 66 929 Arbeiter. 254 Strikes, welche für die Arbeiter unglücklich verliefen, umfassen rund 192 900 Ar— beiter. Die durchschnittliche Dauer eines Strikes war 173 Tage im Jahre 1890 18,5 Tage im Jahre 1889, 19 Tage im Jahre 1888. Ih n der Strikes des Jahres 1890 wurden durch Einigung (Con— ciliation), I5 o durch Vermittelung Dritter (Mediation), 7 09 durch Schiedsspruch (Arbitration) beigelegt. Auf eine von Mr. Burnet an die Trades-Unions gerichtete Anfrage, welches Mittel am besten zu empfehlen sei, um gewerblichen Streitigkeiten vorzubeugen oder sie beizulegen, antworteten 200 Trades⸗Unions. Von diesen er⸗ klärten sich 2 für Einigungsämter (eine davon für ein staatliches Einigungsamt); 59 waren für Schiedsspruch (von diesen wellten 2 das Schiedsamt obligatorisch machen, 5 wollten staatliche Schieds⸗ ämter haben); 25 Trades-Unions hielten die Verallgemeinerung trade⸗unionistischer Anschauungen und Principien für das beste Heil⸗ mittel; sprachen sich für staatliche Regulirung der Fabriken und der Arbeitszeit, fur den allgemeinen Achtstundentag, für bessere Vertretung der Arbeiter und größeres gegenseitiges Vertrauen zwischen Capital und Arbeit aus; eine Trade⸗Union forderte Nationalisirung des Grund und Bodens, eine Abschaffung des capitalistischen Spystems. Auch eine Anzahl von Arbeitgebern hat sich zu der erwähnten Frage ge— äußert, und zwar die Mehrzahl, für Coneiliation und Arbitra— tion; andere dagegen sprachen sich gegen Trade- Unions aus und verurtheilten ihr Treiben scharf. Energisch gefordert wird auch die Abschaffung des Picketing, die Nichteinmischung des Staates, der Presse, überhaupt Unbetheiligter in gewerbliche Strestigkeiten. Einige Wenige empfehlen Gewinnbetheiligung, während andere in sarkastischer Weise vorschlagen, den Arbeitern alles zu ge— währen, was sie nur irgend verlangen. Häufig sind von der be⸗ theiligten Firmen auch die Verluste angegeben, mit denen die Strikes für sie verknüpft waren. So betrug in 689 Etablissements der Werth des durch Strikes stillgelegten Capitals mehr als 32 Millionen Pfund Sterling. 1427 Firmen zahlten vor Beginn der Strikes, durch die sie zur Unthätigkeit gezwungen wurden, zusammen wöchentlich 261 395 Pfd. Sterl. an Lohnen. 541 Firmen haben angegeben, daß sie durch den Stillstand ihrer Werke und durch die Wiederaufnahme der Thätigkeit direct 151 345 Pfd. Sterl. verloren haben.

Aus San Sebastian wird der Köln. Ztg. unter dem 20. d. M. telegraphirt: Der Ausstand in Bilbao ist beendet, der Belagerungszustand aufgehoben; es bleiben zwei Bataillone als Besatzung zurück.

Kunst und Wissenschaft,

Von dem Königlichen Magnetischen Observatorium in Potsdam erhalten wir folgende Zuschrift: Zur Ergänzung unserer Mittheilung über die mag⸗ netische Störung vom 13. Februar sei mitgetheilt, daß eine starke Bewegung der Magnetnadeln auch noch am 15. d. M. in den Nachmittagsstunden stattfand, doch war diese weniger schnell wechselnd, dagegen die einzelnen Elongationen von längerer Dauer. Nach wenigen Tagen größerer Ruhe ist nun am 20. d. M. eine neue Störung ausgehrochen, die mit der vom 13.ů d. M. ein charakteristisches Merkmal emeinsam hat, nämlich einen plötzlichen Anfang (um 8 Uhr ends); an Lebhaftigkeit und Größe steht sie aber hinter jener sehr zuruͤck. Noch am 21. Nachmittags war etwas Bewegung vorhanden, nachher ist der Verlauf der magnetischen Curven ein ruhiger. Wir erwähnen die Thatsache nur, um den Bericht über die erste ungewöhnlich weit verbreitete und be⸗ deutende Erscheinung zu vervollständigen; wir vermeiden es aber geflissentlich, Muthmaßungen über den etwaigen . mit anderen gleichzeitig beobachteten Phänomenen Raum zu geben, wie ein solcher bereits von mancher Seite wie früher, so auch jetzt als naheliegend dar⸗ gestellt wird. Es dürfte sogar zweifelhaft sein, ob das hier vorhandene Zusammentreffen mehrerer Erscheinungen, wie magnetische Störung, Nordlicht, erhöhte Sonnenthätigkeit, Erdströme, in diesem Falle neue Aufschlüsse über das ursãch⸗ liche Verhältniß gewähren wird, es sei denn, daß sich bei den— selben ein durchgehendes Merkmal findet, wie es z B. die zeit— liche Coincidenz des plötzlichen Ausbruchs ist, der bei den magnetischen Beobachtungen auf wenige Secunden sicher er—⸗ mittelt werden kann, bei anderen nicht selbstthätig sich auf— zeichnenden Beobachtungen aber nur durch einen günstigen Zufall erhalten wird.

Der Verein für deutsches Kunstgewerbe veranstaltet am 24. Februar, 85 Ur Abends, im Architektenhause eine interessante Ausstellung von Drechslerarbeiten aus Holz und Elfenbein, sowohl älteren Gegenständen wie modernen Arbeiten hiesiger und aus⸗ wärtiger Meister. Auch die rühmlich bekannte Fachschule

in Leipzig wird vertreten sein. Außerdem wird Herr Georg Hulbe neue Arbeiten aus geschnittenem Leder vorlegen, und werden die Entwürfe für einen Ofenschirm ausgestellt sein, welche aus der letzten Concurrenz des Vereins hervorgegangen sind. Da der kleine Saal des Architektenhauses sich dauernd als zu klein erwiesen hat, werden die Sitzungen künftig im großen Saal stattfinden. ;

Die Kaiserlich russische geographische Gesell— schaft ruüstet der St. Pet. Ztg. zufolge gegenwärtig eine neue große Erpedition nach Central-Asien aus, an der der Ethno⸗ graph N. Potanin, Herr M. N. Beresowski und mehrere andere Ge⸗ lehrte theilnehmen werden. Herr Beresowski ist bereits nach Peking abgereist, von wo er in die Provinz Ssp⸗Tschuan gehen wird. Herr Potanin, der Leiter der Expedition, reist dahin zu Lande üher Sibirien, während die übrigen Mitglieder der Expedition zu Schiff nach dem fernen Osten gebracht werden und von dort aus die Forschungsreise antreten wollen. Die Mittel zur Expedition spendete theilweise Herr J. M. Ssibirjakow und theilweife die geographische Gesellschaft selbst. Letztere rüstet die Ervedition außerdem mit allen nöthigen Instrumenten und dem ganzen wissenschaftlichen Bedarf aus. Dazu kommt dann noch die Spende des Herrn R. F. van der Fliet hinzu, der als Director der rüfsischen Gefsellschaft für Dampfschiffahrt und Handel den unentgelt⸗ lichen Transvort der Expedition nach dem fernen Osten übernommen bat. Ein Theil der Collectionen, die die Expedition sammeln wird, soll der Universität Tomsk überwiesen werden.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Die Generalversammlung des Deutschen Bauern⸗ bundes wurde heute im Architectenhause von dem Abg. von Plötz mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser eröffnet. General⸗ secretär Schreiner verlas den Geschäftsbericht, wonach der Bund sich von 18 000 auf 32 009 Mitglieder vermehrt hat. Alsdann folgten Vorträge über die Gesetzgebung der letzten Jahre und über das Volks— schulgesetz; in Bezug auf letzteres wurde folgende Resolution ange= nommen Die heutige Generalversammlung des Deutschen Bauernbundes hat es mit lebhafter Zustimmung und dankbarster Freude begrüßt, daß der neue Volksschulgesetzentwurf die christliche Grundlage und den confessionellen Charakter der Volksschule so energisch betont, und be— schließt einstimmig: 1) dem Herrn Cultus⸗-Minister Grafen Zedlitz ihren ehrerbietigsten Dank für diese Vorlage auszusprechen, und 2) das hohe Haus der Abgeordneten gehorsamst zu bitten, daß hochdasselbe bei Berathung des Entwurfs mit aller Entschiedenheit dafür eintrete, daß diese hohen Güter, mit welchen das gesegnete Wirken der Volksschule nach unerschütterlichen Ueber⸗ zeugung steht und fällt, unserem für alle Zeiten erhalten werden. Hierauf behandelte Dr. Br es die Stellung der Parteien und volkswirth— schaftlichen Fragen“: er beantragt Generalversammlung des Deutschen Bauernbundes empfiehlt, bei den Wahlen zum Deutschen Reichstage und zu den Landtagen in den Wahlkreisen mit überwiegender bäuerlicher Bevölkerung der Regel nach Vereinsmitglieder als Candidaten aufzustellen, welche gewillt sind, in christlichem und monarchischem Sinne, zum Wohle des ganzen deutschen Vaterlandes, für die Erhaltung des Bauernstandes einzu— treten. Auch dieser Antrag wurde angenommen.

Ueber Darlehnskafsen“ sprach Herr Ober⸗Inspector Ant—⸗ werpen-Neuwied, welcher folgende Resolution beantragte: „Die Generalversammlung des Deutschen Bauernbundes erkennt an, daß die Interessen des Großgrundbesitzes und Kleingrundbesitzes eng mit einander verbunden sind. Der Großgrundbesitz und der Kleingrund— besitz müssen deshalb bei Wahrung ihrer Interessen Hand in Hand gehen, und sind die Raiffeisen'schen Kassen ein sehr geeignetes Mittel dazu. Eine Gefahr in der denselben zu Grunde liegenden unbeschränkten Haftpflicht oder unbeschränkten Nachschußpflicht, die in diesen kleineren Vereinen des nöthigen Credits wegen erforderlich ist, ist für den Großgrundbesitz nicht vorhanden, da sich in den grund⸗ sätzlich eng begrenzten Bezirken die Verhältnisse leicht und gut überschauen lassen, auch in den 43 Jahren des Bestehens dieser Vereine noch kein Mitglied derselben auch nur im geringsten dadurch zu Schaden gekommen ist. In der Debatte spräͤchen die Herren von Werdeck, Hauffe (Königreich Sachsen) für die Raiffeisen'schen Kassen, von Knebel für die Genossenschaften mit be⸗ schränkter Haftpflicht. Nach einem Hoch auf den Vorsitzenden und den Deutschen Bauernbund, das Herr von Diest ausbrachte, schloß Herr von Plötz die Versammlung mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser. t

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Der Gesundheitsstand in Berlin war in der Woche vom 7. bis 13. Februar ein günstiger und auch die Sterblichkeit blieb eine mäßig hobe (von je 1090 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 19,3). Und zwar erfuhren acute Entzündungen der Athmungs— organe eine weitere nicht unerhebliche Abnahme und auch der Ver— lauf wurde in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ein günstiger. Auch Erkrankungen an epidemischer Grippe wurden seltener zur Anzeige gebracht; aus 3 Krankenbäusern kamen 11 Erkrankungen, aus der der Berichtswoche vorher gegangenen Woche 14 Todes⸗ fälle an Grippe zur. Mittheilung. Dagegen kamen acute Darmkrankheiten etwas häufiger zum Vorschein, betrafen jedoch mehr Erwachsene wie Kinder. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb die gleiche mäßig hohe, wie in der Vorwoche; von je 10 009 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 60 Säuglinge. Unter den Infectionskrankheiten blieb das Vorkommen von Typhus ein seltenes, auch Erkrankungen an Scharlach kamen in beschraänkter Zahl zur Anzeige. Erkrankungen an Masern und Diphtherie aben abgenommen, und zwar kamen erstere aus Moabit, dem Stralauer Viertel und der Tempelhofer Vorstadt, letztere aus dem Stralauer Viertel am zahlreichsten zur Meldung. In gesteigerter Zahl kamen Erkrankungen am Kind— bettfieber zur Kenntniß, während rosenartige Entzündungen des Zell⸗ gewebes der Haut etwas seltener zur ärztlichen Beobachtung ge⸗ langten. Erkrankungen an Keuchhusten wurden etwas mehr beobachtet, die durch sie bewirkten Todesfälle stiegen auf 13. Häufiger als in der Vorwoche kamen Erkrankungen an rheumatischen Beschterden aller Art, namentlich aber an acuten Gelenkrheumatismen zur ärztlichen Behandlung.

Soest, 19. Februar. Das evangelische Seminar wurde, wie die K. 3.“ meldet, wegen beftigen Auftretens der Grippe auf 14 Tage geschlossen. .

Aus Sachsen, 21. Februar. Aus verschiedenen Gegenden Sachsens wird der ‚Voss. Itg. berichtet, daß neuerdings auch zahl— reiche Hunde von der Influenza befallen worden sind, die sich zumeist in großer Unlust zum Fressen, Scheu vor dem Wasser, Bissigwerden und triefenden Augen äußert. Nicht selten fallen Hunde der epidemisch auftretenden Krankheit zum Opfer. .

St. Petersburg, 21. Februar. Die Typhusmeldungen aus dem Innern Rußlands mehren sich. In Kasan wurde, wie der Köln. 3. telegraphirt wird, Typhus in 66 Straßen und 402 Häusern festgestelt. In Jekaterinenburg mußten wegen des Flecktyphus einige Straßen für den Verkehr gesperrt werden. In Tschelabinsk Gouvernement Orenburg) herrscht der Flecktyohus. Mehrfach macht sich in den Hungergebieten Aerztemangel bemerkbar.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks ö ö, . 6 n ubr sind am 22. d. M. gestellt 9236, nicht tʒeiti gestellt keine Wagen. J .

= Zwangs -⸗Versteigerungen.

Bein Königlichen Amtsgericht 1 Berlin si am

22. Februar 1392 das Grundstück in der Gneisenaustraße 61, dem

Maurermeister Friedrich Schieß hier gehörig, zur Versteige= tung. Für das Meistgebot von 278 00 . wurde ie Commandit⸗ gefellschaft in Firma Soenderop u. Co. hier Ersteherin.

Der Rhein. Westf. Ztg. zufolge ist die Dividende der Magdeburger Bergwerksgesellschaft für das abgelaufene Geschäftsjahr auf 333 00 festgesetzt worden.

Leipzig, 22. Februar. (W. T. B.) Kammzug⸗Termine bandel. La Plata. Grundmuster B. ver Februar 3,40 16, wer Mär; 3,4235 16, ver April 345 M per Mai 3,45 Æ,. ver Jun 3.477 6, ver Juli 3,477 M per August 3,59 66, per September 3.521 , per Oktober 3 55 , ver Nobember 3 55 , per Dezember 3,55 6, per Januar 3,55 66 Umsatz 145 900 Eg.

London 22. Februar. (W. T. B.) An der Küste 2 Weizen ladungen angeboten. .

Glasgow, 22. Februar. (W. T. B. Die Verschiffungen von Roheifen betrugen in der vorigen Woche 6520 Tons gegen 5270 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 22. Februar. (W. T. B.) Wolle stetiger, rubig, Garne ruhig, matt, Stoffe geschäftslos. Mehrere tausend Webe⸗ stühle stehen still.

Theater und Musik.

Philharmonie.

In dem dritten Concert des Phil harmonischen Chors, welches gestern unter sehr zahlreicher Betheiligung des Publikums stattfand, wurden Schubert's Offertorium und „Tantum ergo“ für Solostimmen, Chor und Orchester zum ersten Mal an dieser Stelle aufgeführt. Nach wenigen einleitenden Takten des Orchesters beginnt ein schönes, andachterweckendes Tenorsolo „Intende voci ora- tisnis meae*, das von Herrn Naval, abgesehen von einem hier nicht angebrachten Tremoliren, ausdrucksvoll vorgetragen wurde. Bald schließt fich der im polyphonen Stil sehr kunstvoll gehaltene Chor an und führt abwechselnd mit den Gegenwirkungen des Orchesters das Werk zu einem sehr wirkungsvollen Döhexuntt. Das „Tantum ergo ist für Soloquartett, Chor und Orchester componirt. Hier ist mehr die melodische Erfindung Schubert's zu bewundern. In regelmäßigen Abschnitten wechselt hier der Chor mit dem Soloquartett ab, während das Orchester nur begleitend auftritt. Zwei Duette für Sopran und Baß von Peter Cornelius, die von origineller Erfindungsgabe zeuge und von Fräulein Lydia Müller und Herrn Ad. Schulze vor— trefflich vorgetragen wurden, folgten diesen Chorwerken. Den Beschluß des Abends machte Liszt's Prometheus“ für Solo, Chor, Orchester und Derlamation. Das Werk, das schon unter vier verschiedenen Dirigenten hierselbst Aufführungen erlebt hat, beginnt mit einer sängeren symphonischen Einleitung, die den. Inhalt der Herder schen Dichtung in fehr charakteristischer Weise wiedergiebt. Unter den Ehören heben wir den sSchnitterchorf, der auf Wunsch wiederholt vurde, und den Winzerchor' ganj befonders hervor. Der Philharmonische Chor zeichnete sich durch Schönbeit des Stimmenklangs und musterhafte Präcision in der Jufammenwirkung aus. Die Solisten Fräulein Nittschalk, Herr Grahl, Herr Severin, Herr Kraußneck (Declamation) und Herr Eschke (Clavier) waren gleich den obengenannten Künstlern vorzüglich an ihrem Platze. Auch das Orchester zeigte sich unter der energischen und umsichtigen Leitung des Herrn Siegfried Ochs wiederum sehr tüchtig. K

Herr Kapellmeister Felir Weingartner hat vor kurzem die Com⸗ position eines von ihm selbst verfaßten Opernbuches, betitelt „Genesius“, vollendet. Das Werk ist bereits zur Auf— führung im Königlichen Opernhause angenommen worden. Am Donnerstag geht im DOpernhause „Cavalleria xrusticand“ mit den Damen Sucher, Rothauser und Lammert, den Herren Sylva und Fränkel in Scene. Außerdem gelangen Die Verlobung bei der Laterne! mit den Damen Herzog, Rethaufer und Hellmuth-⸗Bräm jowie das Ballet Das schlecht bewachte Mädchen! zur Darstellung. Am Freitag findet eine Wiederholung der Meistersinger! mit den Damen Leifinger und Staudigl, den Herren Betz, Rothmühl, Lieban, Schmidt, Mödlinger und Krolop statt. ;

Am Deutschen Theater tritt Herr Engels in der nächsten Woche einen mehrwöchigen Urlaub zu einem Gastspiel in St. Peters⸗ burg an. Infolge dessen müssen die Aufführungen von College Erampton eine längere Unterbrechung erfahren, sodaß das Stück bis zur Abreife des Herrn Engels nur noch wenige Male gegeben werden kann. Am nächsten Sonntag findet eine Aufführung von Faust statt.

Das Friedrich Wilhelmstädtische Theater bringt in der Vorftellung der Millöcker'schen Operette Das Sonntagskind' morgen eine Reubesetzung. Für die Damen Collin und Lind werden Sorhie Sffeney und Jenny Stubel als Lady Sylvia und ‚Droll' eintreten.

Im Belle⸗Alliance-Theater werden die Münchener! in den letzten beiden Wochen ihres hiesigen Gastspiels in kurzer Reihenfolgè die bekanntesten Stücke ihres Spielplans vorführen. Den Anfang macht das morgen zur Auffübrung kommende Charakterbild „‚Almenraufch und Edelweiß? von Hermann Schmid mit Amalie Schönchen, Hedwig Bleibtreu und Max Hopauer in den Hauptrollen.

Im Thomas Theater wird das Gastspiel des Königlich bayersschen Hofschauspielers Conrad Dreher aus München mit der Neuheit Jaͤgerblut am 29. d. M. beginnen. Zugleich mit Herrn Dreber kommen als Gäͤste an das Thomas⸗Theater die Damen Valerie Schäfer und Marie Neubauer, sowie die Herren M. Jäger, S. Ternfal, J. Stöhr und Joh. Brandtner (Schuhplattler), sammt⸗ lich vom Gärtnerplatz Theater aus München. -

Das Programm des Congerts, das der Componist Hugo Wolf aus Wien morgen in der Sing-Akadem ie veranstaltet, bringt ausschließlich eigene Compositionen des Concertgebers, und zwar solche nach Gedichten von Eichendorff. Mörike, Goethe, Gottfried Keller und aus dem spanischen Liederbuche von Heyse und Geibel. Diese Gesange werden durch den Opernsänger Herrn Ferdinand Jaeger und Fräulein Friederike Mayer aus Wien zur Ausführung gelangen. Das Programm des Concerts, das der Sängerbund des Ver iner Sebrervereins“ (eiter: Professor Felix Schmidt) am Von⸗ nerstag in der Sing-Akademie veranstaltet, bringt u. A. auch eine Reihe von Claviervorträgen, die Herr Alfred Sormann übernommen hat. Fräulein Mariet Efliot, eine talentwvolle junge Pianistin aus der Schule Bernhard Stavenhagen's, giebt am Freitag in der Sing⸗ Aka⸗ demie ein Concert mit dem Pbilharmonischen Orchester. die Concert⸗ fängerin und Gesanglehrerin Frau Elisabeth. Feininger veran. staltet am Freitag zum besten des Christlichen Jünglingsvereins im Vereinshbause, Wikbelmstraße 34, ein Concert, worin Fräulein Anna Dittrich, sowie die Herren Franz Grunicke und Th. Schultze mit⸗ wirken. . ö Der Kavellmeister Herr M. Fall aus Wien, der bei seinem ersten Auftreten im Eoncerth aufe mit großem Beifall aufgenommen wurde, wird auf vielseitigen Wunsch morgen mehrere eigene Gem. positionen, und zwar die Ouverture Mirolan“ Pelonaise', . Ca- fino⸗Waljer, „ola ⸗Beeth⸗Gavotte', Tändelei“ und Desterreicher⸗ Marfch“ unter perfönlicher Leitung zur Aufführung bringen.

Preusꝛische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der heute angefangenen Ziehung der 2. Klasse 186. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen in der Vormittags⸗-Ziehung: 1

1ẽ Gewinn von 45 0090 66 auf Nr. 93 627

1 Gewinn von 19000 6 auf Nr. 113142.

1ẽ Gewinn von 5000 66 auf Nr. S5 477.

1 Gewinn von 1500 S auf Nr. 111 958.

2 Gewinne von 500 S6 auf Nr. 15 477. 327 21. 36

Gewinne von 300 6 auf Nr. 53 26. 60 83 73 8 G 94 819. 113 948. 118 387. 156 515. 179 8655. 186 O02.

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 47.

Revisionsentscheidungen des Reichs⸗Versicherungsamts, Abtheilung für Invaliditäts- und Altersversicherung.

101) In einer Revisionsentscheidung vom 21. Dezember 1891 hat das Reichs⸗Versicherungsamt die Frage, ob ein rechtskräftig ab⸗ gelebnter Altersrentenanspruch auf Grund derselben thatsächlichen Umstande, welche bei seiner Erbebung obwalteten, ohne weiteres von neuem geltend gemacht werden kann, derneinend beantwortet. In den Gründen beißt es; Es ist dem Kläger zwar darin beizutreten, daỹ fur jene Frage sich aus s 82 des Invaliditäts- und Altersversicherungs. ñ nichts entnehmen laßt; denn diese gesetzliche Bestimmung hat

den Fall im Auge, wenn die Anfechtung der rechts krãftiger

idung über einen Rentenanspruch im Wege der Wieder— Tes Verfahrens herbeigeführt werden soll, einen Fall also, r gegenwärtigen Streitsache grundsätzlich verschieden ist, in sich schlechthin um die erneute Erhebung einer bereits rderung handelt. Was ferner die S8 33 se hier berhaupt nicht verwerthbar, da beziehen. Die Verneinung der Frage e en. Durch rechtskräftige Bescheide und Entscheidungen wird z e Versicherungsanstalt und denjenigen Versicherten, welche einen Anspruch auf Rente erhoben haben, formales Recht geschaffen zu vergleichen Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags 7. Legislaturperiode I7. Session Sss/89 4. Band Seite 87); es wird ein Zustand hergestellt, der ohne ielle Berechtigung als Recht gelten soll. Damit

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Rücksicht auf materie ein allgemein anerkanntes Erfordernis der Rechtssicherheit erfüllt, welcher es sich nicht vereinigen läßt, daß derselbe Anspruch, ob—

l endgültig über ihn entschieden ist, ehne Veränderung des Sach⸗ ts aufs neue erhoben wird, und diesen Grundsatz hier außer An—

r zu lassen, dazu bietet das für die Invaliditats- und Alters⸗ rersicherung geltende Proceßverfahren keinen Anlaß. Allerdings ist die end⸗ zältige Abweifung des vom Kläger erhobenen Rentenanspruchs hier nicht durch einen Bescheid der Versicherungsanstalt oder durch eine Entscheidung des Schiedsgerichts, wie dies die Motive des Gesetzes ichst im Sinne haben, sondern durch einen gemäß 6 der Kaiser⸗

; zember 1890 erlassenen Vorbescheid des

folgt. Aber es steht nichts im Wege,

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elen des S6 Absatz 2 a. a. O., ven ersetzen bestimmt ist. eidung nur diejenigen

uchs gegen Willen e fug 5 de le imnterlagen i ff inen die Rente zubillige

dadurch nicht berührt (zu vergleichen Amtliche V. A. J. u. A. V.“ 1891 Bescheid 58 Seite 164.

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102) In einer Altersrentensache hatte der Staats commissar ei der Verbandlung vor dem Schiedsgericht den Antrag gestellt, einen in ihm namhaft gemachten Zeugen darüber eidlich zu vernehmen, ob 'r Kläger bei ibm während der Jahre 1888, 1889 und 1890 gearbeite

Das Schiedsgericht ging auf diesen Antrag nicht weiter ein, dern erkannte zu Gunsten des Klägers. Auf die Revxision des imiffars hat das Reichs-Versicherungsamt mittels Ent⸗ zom 4. Januar 1892 die Aufhebung des schiedsgerichtlichen

; abgesehen von anderen Gründen deshalb beschlossen, Vorschrift im 5 13 Absatz 3 der Kaiserlichen Verordnung vom ber 1390 Reichs⸗Gesetzbl. Seite 193) durch Nichtanwendung ver⸗ 'balb das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leide. scheidung wird ausgeführt: Nach der vorerwähnten Vor—

ie zum Zweck der Klarstellung des Sachverhalts ge⸗ Staatscommissars vom Schiedsgericht nur abgelehnt

s Befolgung des

v Das dem

er 1890 beige entscheiden, welche Be ; thalts zu rheben find, ift durch diese Vorschrift zu Gunsten des S ss ingeschränkt, indem zur Beweisanträge desselben nicht fondern außer diesen noch die aus der Er⸗

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380 Absatz 2 Ziffer 2 a. a. O

gerechtfertigt ist.

nissar, als dem zur Wahrung der Interessen der und des Reichs berufenen Organ, n der Bedeutung seiner Mitwirkung am Renten⸗ Verfahren vom Gesetzgeber ausdrücklich verliehene efugniß, welche nicht stillschweigend übergangen und unbeachtet gelassen werden darf, sondern eine besondere, aus dem Protokoll er dem Urtheil des Schiedsgerichts erkennbare Würdigung er⸗ zeischt (zu vergleichen Revisionsentscheidung , „Amtliche Nach⸗ richten des R. P.-A. J. u. AV. 1897 Seite I). Im vor— en Falle hat das Schiedsgericht den offenbar eine weitere g des Sachverhalts bezweckenden Antrag des Staats⸗ commissa unberücksichtigt gelassen und ohne weiteres auf Telgte Berathung das dem Kläger günstige Urtheil verkündet. Weder das Protokoll, noch der übrige Acteninhalt, insbesondere die zründe des Erkenntnisses, geben einen Anhalt dafür, daß das Gericht die Vorschrift des in Rede stehenden 5 13 Absatz 3 vor Augen gehabt und das Vorhandensein der dort für die Ablehnung der Beweisanträge erforderten Voraussetzung angenommen hätte; vielmehr läßt sich aus

1 den Urtheilsgruͤnden entnehmen, daß lediglich die thatsächliche Ueber⸗ Xugung, welche das Schiedsgericht aus dem ihm bereits vorliegenden Beweismaterial über die Streitfrage gewonnen, die Nichtbefolgung jenes Antrags herbeigeführt hat. Hiernach liegt ein wesentlicher zrocessualcr Mangel vor, und es ist die Aufhebung der Entscheidung

geboten.

103) In der Altersrentensache eines von einer Distriets⸗-Ge⸗ meinde in der bayerischen Pfalz angestellten Straßenwärters hatte das

Schiedsgericht dem Kläger die Rente deshalb abgesprochen, weil der⸗

selbe als Mitglied der für die Districts-Straßenwärter der betreffenden

Amtsbezirke und deren Hinterbliebene errichteten Pensionskasse zu den mit Penfionsberechtigung“ angestellten Beamten eines Communal- derbandes gehöre, welche nach 3 4 Absatz 1 des Invaliditäts. und Altersversicherungsgesetzes der Versicherungspflicht nicht unterliegen. Das Reichs⸗Versicherungsamt ist dieser Auffassung in der Re⸗ disionsentscheidung vom 9. November 1891 entgegengetreten und dat dem Kläger die Altersrente zuerkannt. In den Gründen des

Berlin, Dienstag, den 23. Februar

* 1

Urtheils heißt es u. a.: die Entscheidung hängt, da alle anderen

wesentlichen Punkte außer it sind und insbesendere kein Zweifel

darüber besteht, daß die Distrietsgemeinden als Communalxerbände

im Sinne des 3 4Absatz 1 des Invaliditäts- und Altersversicherungs⸗

gesetzes zu gelten haben, und daß Thätigkeit des Klägers als

TDiftrictsftraßenwärter zur Begründung der Versicherungsvflickt an sich

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Unterstützungen sowie der sich auch aus dem Reserver ĩ nmäßiger Inan nahme nicht ergänzen, so sind die Pensionen ꝛc. nach 14 des Statuts auf fo lange entsprechend zu ermäßigen, bis der Stand der Kasse die Auszahlung der vollen Beträge wieder gestattet. Angesichts dieser Befstimmungen kann die Entscheidung des S iedsgerichts als zutreffend Der Absicht des Gesetzgebers, die Vor— Alterspersicherung möglichst weiten und dem Charakter des 5 4 Absatz̃ 1 ͤ zes als einer Ausnahme— ! Begriff der Anstellung

iese Auffassung finde der 8 Fz 4 des Gesetzes (Stenographische Berichte über die Verhand— gen des Reichstags 7. Legislaturveriode 1X. Session 1888.89 4. Band Seite 67), wo die gesetzliche Fürsorge für die Beamten von Eemmunasverbänden nur dann als entbehrlich erachtet wird, wenn sie mit Pensionsberechtigung angestellt sind; für andere Communalbeamte ! fahren die Motive wörtlich fort wird wegen der Mannigfaltigkeit der in Betracht kommenden statutarischen Bestimmungen grundsãätzlich an der iese

imn Versicherungspflicht festzubalten sein. Dieser Ausführung entspricht weiter der Wortlaut des 85, der sich an den ersten Absatz des 8 4 auf engste anschließt. Auch mag auf die Begründung zu dem denselben gesetzgeberischen Gedanken ausdrückenden S4 des Unfall— persicherungsgefetzes vom 6. Juli 1884 verwiesen werden, wo es heißt, es würde die Heranziehung der Beamten zur Versicherung ohne Rück⸗ ficht auf ihre Pensionsberechtigung eine unerwünschte Rückwirkung auf die Gesetzgebung der einzelnen Bundesstaaten über die Pensionirung der Beamten ausüben (Stenographische Berichte über die Ver⸗ handlungen des Reichstags 5. Legislaturperiode IVo Session 1884 3. Band Seite 71). Auf Grund ähnlicher Erwägungen hat sich auch das Reichs Versicherungsamt bereits in seiner Revisionsentscheidung 34 Amtliche Nachrichten des R. V.A. J- u. A.-V.“ 1891 Seite 150) für eine strenge Auslegung des Wortes ‚Pension“ ausgesprochen. Hier⸗ nach bestehen die inneren Gründe, welche zur Aufnahme des 8 4 Absatz in das Gefetz geführt haben, außer in der Rücksichtnahme auf die Pensionsgesetzgebung der Bundesstaaten namentlich in der Erwägung, daß nur eine gesicherte anderweitige Fürsorge von der Versicherungs— pflicht entbinden kann. Als soiche wird nur diejenige Fürsorge gelten können, welche mit der gesetzlichen im wesentlichen überein— stimmt, also insbesondere den Beamten kraft dieser seiner Eigen⸗ schaft ohne sein Zuthun erfaßt und ihm gleichwerthige Bezüge mit derfelben Zuverlässigkeit gewährleistet, wie sie aus der reichsgesetzlichen Versicherung sich ergeben. Diese Erfordernisse treffen aber bei der Fier in Betracht kommenden „Pensionskasse für die Distrietsstraßen— wärter“ nicht zu. Aus dem Statut geht deutlich hervor, daß die Kaffe nicht als eine Distrietsanstalt in dem Sinne gelten kann, daß als Schuldner des Pensionsanspruchs die Distrietsgemeinde anzusehen wäre. Es kann zwar hier dahingestellt bleiben, inwieweit die unter anderem in zwei Entscheidungen des Reichsgerichts vom 18. März 13889 und 12. Mai 1890 (abgedruckt bei Reger, Entscheidungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden re. Band 10 Seite 426 und Band 11 Seite 56, auch Entscheidungen des Reichs⸗ gerichts in Civilsachen Band 26 Seite 32) vertretene Auffassung, wo— nach unter Pensionsberechtigung im Sinne des 5 4 des Unfallversicherungs⸗ gesetzes nur ein dem Beamten unmittelbar gegen den Staat ꝛc. zu⸗ stebendes Penfionsrecht verstanden werden könne, und als „vensions⸗ erechtigte Beamte“ auch solche nicht anzusehen seien, welche aus iner für sie besonders eingerichteten, auf Beiträgen der Mitglieder und es Unternehmers beruhenden Kasse Pension zu beanspruchen haben, U

b 6 d f

1 ür das Gebiet der Invaliditäts- und Altersversicherung zutrifft, und ob nicht unter dem Gesichtspunkte des 8 4Absatz 1 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgefetzes diejenigen öffentlichen Kassen dem Staat 2c. selbst gleichstehend zu erachten sind, hinter denen der Staat ꝛe. als Selbstverpflichteter, wenn auch erst in zweiter Linie, steht. Im vorliegenden Falle aber ergiebt der S 14 des Statuts zweifellos, daß für die Ansprüche der Kassenmitglieder nur das Vermögen der Kasse einschlienlich des Reservefonds, nicht aber das Vermögen der betref⸗ fenden Tistrictsgemeinde selbst haftet. Es besteht mithin für die Mitglicder keine Sicherheit betreffs des steten, ungeschmälerten Be— zuges ihrer Pensionen, wie denn auch der 8 14 auf eine Herabsetzung der letzteren im Falle der Unzulänglichkeit der Kassen mittel ausdrücklich Bedacht nimmt. Aus diesem Grunde ist die Zugehörigkeit zu der in Rede stehenden Kasse nicht geeignet, die Pensionsberechtigung im Sinne „S 4 Abfatz 1 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes zu 90

et en, und es muß der Kläger ungeachtet dieser seiner Zugehörigkeit

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versicherungspflichtig im Sinne des 51 a. a. O. bezeichnet werden. 104) Mittels Revisionsentscheidung vom 9, November 1891 bat das Reichs-Versicherungsamt die Versicherungspflicht eines in einer bayverischen Gemeinde angestellten ‚Marktschreibers.! entgegen der Annabme des Schiedsgerichts aus folgenden Gründen verneint: Zunächst ist die Auffassung unzutreffend, daß die Stadt- und Markt⸗ schreiber im allgemeinen und als solcher auch der Kläger, al; Be⸗ triebsbeamte im Sinne des S 1 Ziffer R des Invaliditäts und. Alters versicherungsgefetzes anzufehen selen. Das Schiedsgericht schließt lich der zuerst in der Anleitung des Reichs-Versicherungsamts zom 31. Ok⸗ tober 15890 („Amtliche Nachrichten des R. V. A. J. u. A. V. 1891 Seite 4 unter Rr. XIV ausgesprechenen und seither in constanter Rechtsprechung festgehaltenen Auffassung an, wonach unter Betrieb im Sinne der gedachten Bestimmung ein Inbegriff fortdauernder wirthschaftlicher Thätigkeit zu verstehen ist, und als Betriebs beamte diejenigen Personen zu gelten haben, welche in solchen Betrieben mit einer uͤber die Thätigkeit des Arbeiters oder Gehilfen hinausgehenden, leitenden oder beauffichtigenden Functien betraut sind. Wollte nun das Schiedsgericht bei Festhaltung dieser Auffgssung den, Kläger als Betrsebsbeamten ansprechen, Jo hätte es sich nicht darauf beschränken

dürfen. auszufũbren, daß die Stadtschreiber mit rein regiminellen Thatig⸗

1892.

keiten, wie Bearbeitung von Verwaltungsrefe eilnahme an den Magistratssitzungen, beschäftigt seien, sondern hätte darlegen müssen, in welchen wirtkschaftlichen Unternehmungen der Gemeinde der Kläger mit Functionen der bezeichn etrar wesen ist. Gewiß der Marktschreiber an

ein Unternehmens, z. B.

als vesentlich betheiligt und aus diesem Grunde als Betriebsbear nzusehen ist: in 2 f den Kläger ergeben jedo ie Acten ̃ lassen vielmehr nur erkennen

Ur ien,

rechtliche Stellung der Gemeinde im lebe j ies genügt aber nicht, um ihn zu einem Be f

ob der Kläger als M des 8 1 Ziffer eingenommen h ben erwähnten A

iff eines Gehilfen“ E unselbständigen

.

echan

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n bezog, zur Kl neben anderen n für sich der ausschlaggebenden Beder die über die Vorbildung. Prüfung, Stadt- und Marktschreiber geltenden Revision des Staatscommissars ; Communalbeamten über den Personen gewöhnlichen Sprachgebrauch und vom Auffassung dem Arbeiterstande angeh kommt in Betracht, daß, nachder Verordnung vom 17. Mai

J K 3 3**8 * 8 waltung der Gemeinden betrenend

2

1

aufgestellte weitere Erforderniß ise weggefallen, nach Artikel 77 der baverischen e iung die Landestheile rechts des Rheins v 29. April 1869 (Gesetz 1866 bis 1869 Seite S865) die Anstellung ; schreiber den Nachweis der für dieses Amt erfor durch Besteben einer von der Kreisregierung anzuo Artikel 172 Absatz? erwähnten Prüfung voraussetzt. r ist die Prüfung für die Anstellung im Richteramte oder im Dienste der inneren Staatsverwaltung erwähnt, während für die vor der ̃ ng zu bestebende Prüfung gegenwärtig die Bekanntmachung Staats? Ministeriums vom 28. Juli 18835 (AUntsblatt des Staats-Ministeriums des Innern e 284) maßgebend ist, wonach diese Prüfung nach Absolvirung eines dreijährigen Vor⸗ bereitungsdienftes stattfindet und sich auf die Lösung einer Reihe von Aufgaben aus dem Bereiche der eigentlichen Gemeindeverwaltung und dem‘ „übertragenen Wirkungskreise“ der Gemeinden, sowie auf die Bearbeitung eines prattischen Falles erstreckt. Die Personen können alsdann als Stadt⸗ oder Marktschreiber angestellt werden, und zwar durch Ernennung seitens des Magistrats, welche ger Artikel der Gemeindeordnung nach vorgängiger Vernehmung der Gemeinde— bevollmächtigten erfolgt. Gemeinden mit städtischer Verfassung, in deren Magiftrat kein rechtskundiges Mitglied sich befindet, sind zur Anstellung eines Stadt- oder Marktschreibers verpflichtet, wenn nicht der Bürgermeister eine der im Artikel 77 Absatz 1 bezeichneten Prüfungen bestanden hat (Artikel 72 Absatz 2 a. a. O.). Die Thätigkeit Tiefer Beamten erstreckt sich, entsprechend ihrer Vorbildung, auf das

1

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zefammte Gebiet der communalen Verwaltung und nimmt im Geg

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fatz zu derjenigen eines großen Theiles der nicht rechtskundigen B meister und der bürgerlichen Magistrats-Räthe, welche in der

diefe Aemter nur neben ihrer eigentlichen Berufsthätigkeit

die Arbeitskraft und die Zeit betreffenden Beamten ausschlicßlich in Anspruch. Sie ist auch durchaus keine unselbstar und untergeordnete; denn sie erfordert ein nicht unbeträchtliches pon Rechksfenntnissen und praktischer Gewandtheit, und wie Marktschreiber die selbständige Besergung gewisser Geschafte übe tragen werden kann (Artikel 4 und 169 a. 4. D.) so bat er auch eine berathende Stimme in den Magistratssitzungen. Hatte d

einer Stellung dieser Art ab und zu auch

zu verrichten, so bestand doch abgesehen davon,

ein Eanzleigehilfe an die Seite gesetzt war

nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften

thatsächlich überwiegend in den Oblie

Eommunaldienstes. Für diese Auffassur

stand, daß die Stadt- uud Marktschreiber

lichen Verordnung vom 17. Mai 1818, wie

der Gemeindeordnung vom 29. Axril 1863

Gemeindebedienstete im Gegensatze zu dem

wie Gemeindediener, Nachtwächter u.

sicherungspflicht nach dem Invalidi

unterliegen (zu vergleichen Nr. XII

1890), bezeichnet werden, und z

in Beziehung auf ihre disciplinare

nahmestellung einnehmen, als sie, gl gistrat der Diseiplinargewalt ge r rde unterstehen. Von der hiernach in den b 'andesgesetzen maßgebenden Auf fasfung sich zu entfernen und die Stadt- und Marttschreiber sch echthin, das beißt auch dann, wenn sie nach obwaltenden Umständen nicht als Betriebsbeamte gelten konnen, g6pflicht zu unter— stellen, liegt für das Reichs⸗Versich

u vergleichen die Entscheidungen 63. richten des R. V. A. J.⸗ u. A- V. 1891 fowie die Entscheidung 5, ebenda 1892 Seite

105) In einer Revisionsentscheidung vom 33. November 13891 hat das Nkeicks-Versicherungs amt gegenüber dem Rentenan spyuch eines jüdischen Cultusbeamten, welcher zugleich das Vorbeten und Vorsingen ne der Synagoge beforgte, den Kindern der Gemeindemitglieder Neli= gionsunterricht dertheilte und als Schächter fungirte, den bereits in em Bescheide 21 (. Amtliche Nachrichten des NR. V. A. J. und A.⸗V. 1351 Seite 1253 ausgefprochenen Grundsatz als maßgebend anerkannt. Danach sind nach Analogie des Bundesrathsbeschlusses vom 27. No⸗ dember 1890 unter 1A 1 PVersonen, welche gleichzeitig dersiche· rungsxpflichtige und nichtversicherungspflichtige Arbeiten verrichten, der Verficherungspflicht dann nicht unterliegend zu erachten, wenn ihre r sich verficherungspflichtige Thätigkeit entweder nur gelegentlich, insbefondere zur Aushilfe, oder zwar in regelmäßiger Wiederkehr, jedoch nur nebenher und gegen ein geringfügiges Entgelt, welches zum Lebensunterhalt nicht ausreicht und zu den Versicherungsbeiträgen nicht in entfprechendem Verhältniß stehen würde, verrichtet wird. Im vorliegenden Falle war vom Schiedsgericht das Vorbeten und Vorsingen als eine versicherungspflichtige Thätigkeit, die, Ertheilung des Religionsunterrichts aber als eine über den, Kreis der die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungen hinaus ragende Be⸗ rufsleiftung, und die Stellung des Klägers als Schächter ohne nähere Begründung als die eines selbständigen Gewerbetreibenden angesehen worden. Bei der behufs weiterer Aufklärung der obwaltenden Ver⸗ hältnisse erfolgten Zurückverweisung der Sache in die Berufungs-

instan; ist das Schiedsgericht insbesondere darauf hingewiesen worden.

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