HSäuser hinziehen, daß dadurch erhebliche Nachtheile entstehen, — so möchte er doch das nachweisen. Kann er das nicht, so sollte er sich doch gerade von seinem Standpunkt aus freuen, daß die Telegraphen⸗ verwaltung so viel geleistet hat, daß diese große Ausdehnung der Fernsprecher und Telegraphen sowohl auf dem Lande als in den Städten stattgefunden hat, ohne daß wir Streit mit den Haus⸗ besitzern gehabt haben. Im Gegentheil, es ist sogar von vielen Haus— besitzern das gewünscht worden, und der Grund davon ist ein ganz einfacher, und der ist auch von dem Herrn Abgeordneten hervor— geboben, obgleich er die richtigen Folgen nicht daran geknüpft hat, nämlich daß wir die Dachreparaturen auf die Telegraphenkasse über⸗ nehmen, und zwar ist dies ein solches Object, daß allein in Berlin im vorigen Jahre 500 000 M — wir haben einen eigenen staff von Arbeitern, Dachdeckern, die alle diese Dächerreparaturen vornehmen — für diesen Zweck ausgegeben sind. Wie gesagt, wir beobachten darin das weiteste Entgegenkommen, die größte Coulanz. Sollte das in dem einen Falle oder anderen von einer untergeordneten Behörde unterlassen sein, — das ist ja möglich, das räume ich dem Herrn Ab— geordneten gern ein — so habe ich doch das Vertrauen zu dem Berliner, daß er sich nicht viel gefallen läßt von den untern Organen der Behörde, daß er sein Recht bei der oberen Behörde sucht, und da wird er es bekommen,
Nun kommt ein zweiter Umstand hinzu, weshalb die Aufstellung der Telephonstangen auf dem Dach dem Eigenthümer nicht uner— wünscht ist: das ist die Beseitigung der Blitzgefahr, welche da— durch herbeigefübrt wird; denn gerade die Telephone bilden natürliche und wirksame Blitzableiter. Wenn Sie verfolgen, wie wenig Blitz— schläge in Berlin in den letzten Jahren, seitdem die Fernsprechein— richtung hier besteht, verhältnißmäßig stattgefunden haben, dann werden Sie auf die Thatsache hingeführt werden, ein wie mächtiger Nutzen mit der Einführung der Telephondrähte verbunden ist; das wissen die Hausbesitzer sehr gut. Im Anfang war zwar auch eine Agitation gegen die Sache im Werk, und zwar ziemlich übereinstim— mend mit der Agitation, die gegen den 5 72 — worauf wir noch kommen werden — jetzt in Scene gesetzt ist, und zwar von den Fa— brikanten der Blitzableiter, die behaupteten, es sei außerordentlich ge⸗ fährlich, die Fernsprecheinrichtung auf den Dächern anzubringen, die Hausbesitzer müßten sich deshalb Blitzableiter anschaffen. Das war eine allgemeine Agitation, und das war eine der finsteren Mächte, mit denen wir zu kämpfen hatten bei der Ausbreitung der Fernsprecheinrichtung. Es war eine wirkliche Besorgniß in die Gemüther der Hausbesitzer durch diese Agitation der Blitzableiterfabrikanten gekommen, sodaß wir die größte Mühe hatten, die Leute eines Besseren zu belehren. Es ist uns das endlich gelungen, wie wir ja solcher verfehlten Agitationen bisher immer noch Herr geworden sind, denn bedeutend ist die Macht der Wahrheit. Jetzt ist ja allgemein bekannt, daß nichts mehr gegen den Blitz schützt als die Fernsprechleitung, und das erleichtert uns deren Einrichtung.
Nun möchte ich noch sagen: wenn in einzelnen Fällen die Anzahl der Oberdrähte über Gebühr zunehmen sollte, so steht uns das Mittel der unterirdischen Legung zur Verfügung, und wir haben davon gerade infolge Bewilligungen des hohen Hauses reichlich Gebrauch ge— macht. Es sind vor mehreren Jahren mehrere Millionen bewilligt, um in Berlin, Hamburg ꝛc. die Fernsprechleitung in denjenigen Straßen, wo sie oberirdisch überhand zu nehmen drohte, unterirdisch zu legen. Das kann natürlich nur allmählich geschehen, weil es mit großen Kosten verbunden ist.
Endlich hat der Herr Abgeordnete darauf exemplificirt, daß wir ja das Expropriationsrecht besitzen. Das weiß ich sehr wohl. Wenn aber die Telegraphenverwaltung, die auf die größte Schnelligkeit in ihren Ausführungen angewiesen ist, alle die Formen und Vorschriften, Fristen und Bedingungen wahrnehmen wollte, die mit den Anfor⸗ derungen der Expropriation, welche in den einzelnen deutschen Bundes— staaten überall verschieden lauten, verbunden sind: dann darf ich dem Herrn Abgeordneten versichern, daz wir mindestens um zehn Jahre in der Entwickelung des Fernsprechnetzes uns im Rückstand befinden würden.
Nun hat der Herr Abgeordnete eremplificirt auf fremde Gesetz⸗ gebungen. Ja, die kennen Sie nicht, das geht deutlich aus Ihrer Rede hervor. Ich habe zufällig ein Gesetz von Ungarn mit. In dem Gesetz heißt es ausdrücklich — und ich glaube, daß in der Schweiz und anderen Staaten, besonders in Frankreich, ähnliche Bestimmungen bestehen —:
Die Haus- und Grundeigenthümer und Besitzer sind verpflichtet, obne Anspruch von Entschädigung zu dulden, daß die Leitungen der der Gemeindebenützung dienenden Telegraphen, Telephons und elek— trischen Signale über ihre Gebäude und Gründe im Luftraume in der vom Minister für öffentliche Arbeiten und Communicationen von Fall zu Fall zu bestimmenden Höhe auf Kosten der Unter— nehmung in der Weise geführt werden, daß hierdurch die unum— schränkte Benützung der Realität nicht behindert werde.
Wir gehen gar nicht so weit; wir verlangen in diesem Gesetz nicht eine einzige Bestimmung, wonach die Grundeigenthümer ausdrücklich verpflichtet werden sollen, es zu gestatten, weil wir bisher auf dem friedlichen Wege den beiderseitigen Interessen gerecht geworden und zu unserem Ziel gekommen sind. Weshalb wollen Sie dieses friedliche Ein⸗ vernehmen, welches zum Segen des Ganzen gereicht und niemandem geschadet hat, hier stören? Denn wenn wir die letzte Consequenz aus Ihren Ausführungen, verehrter Herr Abgeordneter, ziehen, so würde es die sein, daß wir einen Paragraphen beantragen, wonach die Telegraphenverwaltung das Recht bekommt, über die Grundstücke zu gehen, und zwar unent— geltlich, wie es hier in dem eben verlesenen Gesetz der Fall ist. Es ist in der That von uns eine große Enthaltsamkeit gewesen. Der Dank dafür ist nun der, daß die Herren Freisinnigen immer wieder mit solchen Anträgen kommen, die wir seit 18 Jahren schon be— kämpfen und abgeschlagen haben, die aber wie die Köpfe der lernäischen Hydra immer wieder herauswachsen. In der Commission ist das ausführlich widerlegt.
Ich glaube, diese Gründe genügen in der That, dem Antrage die genügende Majorität nicht zu verschaffen. (Bravo.)
Abg. Dr. v. Bar (dfr.): Unausführbar scheine ihm das von seiner Partei gewünschte Verfahren nicht zu sein. Von der Verwaltung seien den Interessenten bisher häufig unbillige Opfer auferlegt worden, indem man ihnen gesagt habe: ihr bekommt nur unter der Bedingung eine Leitung, daß ihr 20 bis 30 andere Drähte über eure Häuser führen laßt. Auch in der Schweiz werde nicht nur für directe Schäden, sondern auch für die aus dem Vorhandensein einer solchen Masse von Drähten hervorgehenden Unannehmlichkeiten Entschädigung gewährt. Die Bedenken des Staatssecretärs erschienen seiner Partei
unbegründet; sie wolle mit ihrem Antrage ja nur das Recht des Eigen⸗ thums wahren. Es solle ein Gesetz erlassen werden, in, dem bestimmt werde, daß unter gewissen Voraͤussetzungen der Eigenthümer die Führung von Drähten über sein Grundstück gestatten müsse. Jetzt liege das vollkommen im Belieben der Verwaltung.
Abg. Schrader (fr.: Es sei der Grundsatz des Staats secretärs. unter keinen Umständen der Gesetzgebung etwas zu geben, was er im Wege der Verwaltung machen könne. Er Redner) müsse es zurückweisen, daß der Staatssecretär die sachlichen Ausfüh⸗— rungen mit agitatorischen Bestrebungen in Verbindung gebracht habe. Die Partei sei einfach von der Erwägung ausgegangen, daß rechtlich niemand verpflichtet sein könne, etwas zu leiden, wofür er keine Entschädigung bekomme. Wenn einmal ein Monopol einge— führt werde, müsse es jedem zu denselben Bedingungen zu Gebote stehen. Ein Hausbesitzer aber, über dessen Haus die Verwaltung die Leitung führen wolle, müsse härtere Bedingungen auf sich nehmen, als ein anderer; dadurch sei die Gleichheit vor dem Gesetz nicht gewahrt. Die Schäden seien keineswegs unbedeutend. Die halbe Million Mark Dachausbesserungskosten seien ja nicht unerschwinglich, aber immerhin einigermaßen erheblich. Zu diesen unmittelbaren Schäden komme eine Menge mittelbarer, sodaß es sich in der That nicht um eine Kleinig— keit handele, sondern um ziemliche Unbequemlichkeiten. =
Abg. von Vollmar (Soc.): In Fragen des öffentlichen Wohls ständen die Socialdemokraten wesentlich anders, als die beiden Vor⸗ redner. Sie seien der Meinung, daß, wo ein wirkliches Interesse und das Wohl der Allgemeinheit in Frage ständen, unter allen Um⸗ ständen das Privatinteresse zurückzustehen habe, selbst mit gewissen Opfern. Gegen die Forderung, daß ähnliche gesetzliche Bestimmungen über die den Grundeigenthümern aufzuerlegenden Verpflichtungen, wie in anderen Ländern, auch hier getroffen würden, habe er nichts einzuwenden. Hier handele es sich aber darum garnicht, sondern darum, daß das Belieben der Verwaltung maßgebend dafür sein solle, wie in diesen Dingen verfahren werden solle. Dem könne seine Partei nicht folgen. Wenn wirklich ein so angenehmes Verhältniß bestehe, wie der Staatssecretär behaupte, dann bedürfe die Verwaltung solcher weitgehenden Machtvollkommenheit gar nicht. Um was es sich hier handele, sei das: ist eine öffentliche Einrichtung zu betrachten als ein Beneficium, welches in das Belieben der Verwaltung gestellt ist, oder ist sie ein allgemeines Recht Aller? Seine Partei sei der letzteren Ansicht, und aus diesem Grunde werde sie für den Antrag Schrader stimimen, ohne sichseine Grundsätze zu eigen zu machen.
Abg. Schrader (fr.): Zwischen dem Abg. von Vollmar und dem Abg. Dr. von Bar könne er keine wesentliche Verschiedenheit der Auffassung entdecken. Aber die Entschädigungspflicht erkenne seine Partei an, sonst käme man ja zu ganz unhaltbaren Verhältnissen, dann könnte man ja ebenso gut jemandem Haus und Hof ohne Entschädigung nehmen.
Hierauf wird der Antrag Bar abgelehnt, 5 4h unver— ändert angenommen. .
4c sagt, daß die für die Benutzung von Reichstelegraphen und Fernsprechanlagen bestehenden Gebühren nur auf Grund eines Gesetzes erhöht werden können, und daß eine Aus— dehnung der gegenwärtig bestehenden Befreiungen ebenso nur auf Grund eines Gesetzes zulässig sein soll.
Die Abgg. Dr. von Bar (vfr.) und Gen. wollen den Sz 4 wie folgt fassen: „Für den Betrieb der Telegraphen— und Telephonanlagen des Reichs bestimmt ein Gesetz über die Bedingungen der Benutzung, über die zu erhebenden Gebühren und über die von solchen zu gewährenden Befreiungen. Bis zum Erlaß des letzteren Gesetzes bleiben die gegenwärtig gültigen Bestimmungen in Kraft, insoweit sie nicht durch ISS 4a, 4b und 44 geändert sind.“
Abg. Dr. von Bar (fr.): Was seine Partei beantrage, wider⸗ streite keineswegs der Verfassung. Der Reichstag könne nicht auf eine gesetzliche Regelung dieser Sache ganz verzichten. Es sei Pflicht des Reichstags, analog dem Postgesetz auf die Einführung des Re— gals ein Telegraphengesetz folgen zu lassen, das die Gebührenpflicht und den Contrahirungszwang regele.
Abg. Dr. Hammacher (n.): Er sei der Meinung, daß der Antrag Bar sehr wenig fördere. Es solle die ,, durch Gesetz geregelt werden. Aber wie nun, wenn die Regierung kein Gesetz vorlege oder man sich über seine Grundlagen nicht ver⸗ ständige? Die Benutzung des telegraphischen ee n hin gen fe; sei von solcher Bedeufung für das Land und es vollzögen sich auf diesem Gebiete so viele Fortschritte, daß es nur zu beklagen wäre, wenn das Reich, nach Annahme des Antrags Bar, wegen Mangels eines Gesetzes den Fortschritten nicht folgen koͤnnte. Ueber die staats— rechtliche Seite der Frage wolle er sich nicht äußern, nur sei es ein Irrthum, daß dem Reichstag auch in früheren Jahren wieder— holt von der Post- und Telegran henverwaltung. Conbentionen. vor⸗ gelegt seien, die niemals hier im Hause auf Widerspruch gestoßen, sondern immer bereitwilligst angenommen seien. Das Hauptbedenken liege für ihn gerade auf dem Gebiet der internationalen Ab⸗— machungen. Man könne die Telegraphenverwaltung nicht vineuliren, ohne wichtige Interessen zu schädigen. Er sehe auch gar kein Bedürf⸗ niß für die Annahme des Antrags Bar ein an der Hand der Erfahrung könne man nicht zweifeln, daß die Verwaltung eine den Fortschritt hemmende Telegraphenordnung nicht einführen werde; deshalb bitte er um Ablehnung des Antrags Bar.
Commissar des Reichs-Postamts, Wirklicher Geheimer Ober⸗Post— rath Dr. Dambach: Er könne nur dringend bitten, den Antrag des Abg. Dr. von Bar abzulehnen. Es sei zunächst die Frage auf— geworfen, ob der Antrag eine Verfassungsänderung enthalte. Er wolle auf diesen Punkt gar nicht weiter eingehen, nur das dürfe er, da neulich einmal von der Meinung der Staatsrechtslehrer gesprochen sei, feststellen, daß alle Staatsrechtslehrer darüber einig seien, daß auf dem Gebiete der Telegraphie die Festsetzung der Gebühren, die Feststellung der Höhe von Telegraphengebühren nicht durch Gesetz zu regeln sei. Aber, wie gesagt, er lege auf diesen Punkt augenblicklich gar keinen Werth. Er glaube, daß der Antrag des Abg. Dr. von Bar in der Praxis undurchführbar sein würde. Es solle also ein Gesetz erlassen werden über die d nn, der Benutzung. Ja, gegen⸗ wärtig seien die Bedingungen der Benutzung der Telegraphen in der Telegraphenordnung niedergelegt. Diese Telegraphenordnung sei ein ziemlich dickleibiges Werk, und die Herren könnten, wenn sie es sich einmal ansehen wollten, sich sofort überzeugen, daß sie eine Reihe von Bestimmungen enthalte, die selbstverständlich in gar kein Gesetz auf— genommen werden könnten, wie über die Frage, wie ein Telegramm aussehen müsse, wie es geschrieben sein müsse, wie es mit der Auf— schrift und Unterschrift sein müsse. Das Alles seien Dinge, die un— möglich in ein Gesetz hinein könnten. Er glaube, man werde der Telegraphenverwaltung dasselbe Recht geben müssen, wie der Postver— waltung, der nach dem 8 50 des Postgesetzes auch das Recht gegeben sei, alle diese Bedingungen auf dem postalischen Gebiete im Ver— ordnungswege durch ein Reglement durch die Postordnung zu regeln; und bei der vollkommenen Homogenität dieser beiden Verkehrszweige
liege es, glaube er, in der Natur der Sache, daß man der Telegraphen⸗ verwaltung das gebe, was die Post bereits habe. Endlich aber, mit dem Schlußsatz des Amendements des Abg. r. von Bar würde man die Telegraphenverwaltung im Augenblick vollständig festlegen, und die Telegraphenverwaltung könnte, wenn dies Amendement an— genommen würde, bis zum Erlaß eines späteren Gesetzes nicht die geringste Verbesserung einführen. Es sage der Schlußsatz des Amendements: bis zum Erlaß des letzteren Gesetzes bleiben die gegen— wärtig gültigen Bestimmungen in Kraft. Also wann bekomme man das Gesetz? Doch jedenfalls nicht in vier Wochen. Es gehe eine ganze Reihe von Zeit darüber hin, und bis dieses Gesetz erlassen sei, müßten die gegenwärtig gültigen Be— stimmungen aufrecht erhalten werden, und wenn die Telegraphen— verwaltung die besten Erleichterungen für das Publikum herbeiführen wollte, wenn sie die Tarife heruntersetzen wollte und dergleichen, so könne sie es einfach nicht. Sie würde durch dieses Amendement vin— culirt sein, die gegenwärtigen Bestimmungen blieben aufrecht erhalten.
Das sei ein Zustand, der selbstverständlich nicht eintreten könne, m mit Rücksicht darauf, glaube er den Antrag stellen zu dürfen . Amendement abzulehnen. k
Abg. Dr. von Bar (fr.): Dem Abg. r. Hammacher bemen er, daß er nur von internationalen Postconventionen gesprochen baß— Wenn übrigens ein Gesetz nicht zu stande komme, dann bleibe eins der gegenwärtige Zustand bestehen, und die Verwaltung habe pe kommen die Actionsfreiheit, die sie bis jetzt besitze. Ein Gesetz in e. Art des Postgesetzes sei durchaus nothwendig, wenn ein Telegraph monopol geschaffen werde. Wenn der . Geheime Ster dene, Dr. Dambach sage, man möge doch der Telegraphenverwaltung da felbe Recht lassen wie der Postverwaltung, so könne er dem du ichn beistimmen. Man könne sogar der ersteren noch eine etwas größer Freiheit lassen mit Rücksicht darauf, daß sie sich noch in einem En wickelungsstadium befinde und sich immer weiter ausdehne und ra. vollkoemmne. Die Telephonverwaltung in Schweden und Dänemnr habe, was Gebühren und Benutzung der Anlagen betreffe, für d Publikum viel günstigere Bedingungen als hier, wo sie z. B. viel hohe Gebühren fordere. Er müsse also dem widersprechen, daß z Reichstag zu viel Berechtigung in Anspruch nehme, wenn er sein Rec an der Mitbestimmung der Telegraphenordnung wahren woll Darum bitte er, seinen Antrag anzunehmen. ö
Abg. von Vollmar (Soc.): Den Abg. Dr. Hammacher e innere er an die Beschwerden, die hier im Reichstage von per schiedenen Seiten darüber laut geworden seien, daß die hiesigen G' bühren sowohl für Telegramme, als für Telephonverbindung we höher seien, als anderswo, wie z. B. in Skandinavien, wo diesn Verkehr ohne jeden Vergleich höher entwickelt sei als in Deutschlam sowohl was Ausdehnung als was Billigkeit anlange. Man seij Deutschland wesentlich hinter anderen Ländern zurückgeblieben un sollte daher die Gelegenheit ergreifen, die geeignet sei, diesen R schwerden abzuhelfen. Gerade der Reichstag müsse das Recht habe mitzuentscheiden über die Benutzungsbedingungen und die Festsetzung de Gebühren. Er sei mit dem Grundgedanken des Antrages Bar ein verstanden; nur wünsche er ihn in der Weise geändert, daß eine Aus legung, wie sie der Vertreter der Regierung gegeben habe, in Zukun ausgeschlossen sei. Es sei auch kein Zeitpunkt festgesetzt, wann de Regierung ein Gesetz einbringen solle Es könnte nach den Er— fahrungen, die man mit verschiedenen Anträgen gemacht habe, hiermü sehr lange dauern. Immerhin werde er für das Prinzip stimmen wie es im Antrage von Bar festgelegt sei.
Abg. Dr. Hammacher (ul.): Der Abg. von Vollmar stels
die Sache so dar, als ob der Reichstag nach Annahme des An trages Bar in der Lage wäre, über die Telegraphengebühren z beschließen. Das Zustandekommen eines Telegraphengesetzes hinz jedoch ab von dem übereinstimmenden Willen der Regierung und de Reichstages. Was der Antrag Bar wolle, werde also doch nich erreicht.
Abg. Graf von Arnim (Rp.): Seine Partei stehe in dieser Frage der Telegraphenverwaltung nicht anders gegenüber als der Poßt— und der Eisenbahnverwaltung. Ein Anlaß zu einem Mißtrauen gegen die Verwaltung, daß sie nicht selbst bemüht sein werde, die Gebühren möglichst herabzusetzen, sei nicht vorhanden. Die Telegraphengebühren seien auch schon sowohl für den inländischen wie den ausländischen Verkehr bedeutend herabgesetzt worden.. In allen großen Staate Europas setze die Verwaltung die Gebühren fest. Die Gebühren sin den Fernsprechanschluß seien ja meist unerheblich, aber die Anlagekosten seien groß, und in anderen Staaten seien die Gebühren noch viel höher. Er bitte, den Antrag Bar abzulehnen.
Unter Ablehnung des Antrags Bar wird S 4c in de Commissionsfassung angenommen.
Ss 4d, welcher die Unverletzlichkeit des Telegraphen— geheimnisses vorbehaltlich der gesetzlich festgestellten Ausnahmen ausspricht, wird ohne Besprechung angenommen.
Nach 85 soll mit Geldstrafe bis zu 1509 s6 oder mi Haft oder Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft werden wer vorsätzlich entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes ein Telegraphenanlage errichtet oder betreibt. .
Abg. Dr. von Bar (dfr.) beantragt, statt „oder mit Hafz oder Gefängniß bis zu sechs Monaten“ zu sagen: „welche in Falle des Unvermögens in Haft bis zu sechs Wochen wer— wandelt werden kann.“
Abg. Dr. von Bar: Das Maximum der sogenannten Polizei strafe genüge durchaus für das einfache Deliet des Eingriffs in ein Regal. Auch in England würden Contraventionen gegen das Tl graphenregal in mäximo nur mit 5 Pfd. Sterl. bestraft. Mu könne hier nicht eine Strafe festsetzen, die nur für eigentliche Criminal delicte zulässig sei. Es wäre eine Verirrung des Rechtsbewußtsein⸗ über die Polizeistrafe, hier eine höhere Strafe zuzulassen. Commissar des Reichs-⸗Postamts, Wirklicher Geheimer Oker Postrath Dr. Dambach: Der Entwurf, der dem Reichstag vorgelen worden sei zu dem Telegraphengesetz, habe erheblich schwerere Strafen gehabt, als die, welche die Commission schließlich angenommen habe Man habe sich mit den Strafen der Commission einverstanden erklin Es liege diesem Antrag ein recht gesundes Princip zur Basis, näm— lich alle diese Delicte nach der Strasprozeßordnung vor die Schöffen erichte zu bringen, und mit Rücksicht auf diese Competenzabgrenzunz ö. die Commission diese Strafen festgesetzt. Aber nun noch weile herunterzugehen, und einen solchen Eingriff mit höchstens 600 66 zu bestrafen oder mit Haftstrafe, dazu könne er nicht rathen. Er ke merke zunächst, es könnten doch recht schwere Dinge vorkommen, be denen es sich nicht nur etwa um finanzielle Eingriffe in das Ren! handele, sondern bei denen das öffentliche Interesse, das öffentlich Wohl außerordentlich auf dem Spiel stehe, und für sehr schwen Dinge gehoöͤre auch eine schwere Strafe. Ja, es sei hier dem Richte der Spielraum gegeben, von 3 6 an bis zu 1500 0 zu gehen md von einem Tage Haft bis zu sechs Wochen und pon einem Tage 6 fängniß bis zu sechs Monaten. Es habe der Richter die volle Mö lichkeit, je nach der Leichtigkeit oder der Schwere des Delicts enn leichte oder schwere Strafe festzusetzen. Man habe nun allgemein den Richtern das Vertrauen, daß sie nach den einzelnen Fällt unterscheiden würden, und das Strafgesetzbuch gehe immer date! aus, dem Richter einen möglichst weiten Spielraum zu lassen, dam er entscheiden könne: hier llege ein leichter, hier ein schwerer Fil vor. Er könne nur bitten, man möge den deutschen Richtern auch . diesem Deliet die Möglichkeit geben, leichte Fälle leicht und n, Fälle, wo das gfent ih Interesse in schwerem Maße dabei betheinh sei, auch mit einer entsprechend höheren Strafe zu belegen. Er kom nur bitten, man möge es bei dem Commissionsantrage lassen.
Abg. Dr. von Bar (dfr): Wenn schwere Fälle vorkommen könnten, so bitte er, ihm einen solchen schweren Fall anzugeben In der Commifsion habe man von der Benutzung telegraphiste Einrichtungen zu landesverrätherischen Mittheilungen gespreche⸗ In solchen Fällen liege die Concurrenz anderer Delicte por, um n, trete die höhere Strafe für das concurrirende Delict ein. Cin allzu weiten Spielraum dürften die Richter nicht haben, wenn nicht ö. Justizpflege Schaden erleiden sollte. In den verschiedenen Geri . sprengeln bildeten sich sehr verschiedene Strafmaße für dieselbe Delicte aus. bichst
Abg. Bödiker (Centr.): Die Commission habe das hö ] Strafmaß der Regierungsvorlage von 3000 6 auf 1500 6 hern gesetzt, um diese Sachen vor das Schöffengericht bringen zu könnt! Aber Fälle von besonderer Hartnäckigkeit oder Gewissenlosigkeit I ee. durch Geldstrafe oder Haft nicht genügend gesühnt. Wenn nn, Unternehmer die Concession für eine Telegraphenanlage trotz holten Drängens wiederholt abgelehnt sei, er sie aber dennsch en, Concession errichte, so könne ein solcher Trotz nicht mit i bestraft werden, denn das sei eine hartnäckige, offene Auf eh gegen die Staatsgewalt. Um diesen Trotz zu beugen un s e in fängnißstrafe angedroht werden, von der uͤbrigens in den selt n Fällen Gebrauch gemacht werden würde. Es könnten auch schm Fälle ohne Concurrenz eines anderen Verbrechens vorkommen.
omni Co ö
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eine 1 könne.
Fel eemmissar des Reichs⸗Postamts Wirklicher Geheimer Ober-Post— att Dr. Dambach: Wenn man die Uebertretung der Control vorschriften immer durch in der Concession angedrohte Conventional⸗ snwafen treffen könnte, so würde er dem Antrage Bar zustimmen; aber er A6g. Pr. von Bahr übersehe, daß es in vielen Fallen zur. Anlage mer Telegraphenlinie gar keiner Concession bedürfe, wo also auch ar keine Conventionalstrafe eintreten könne. Es wäre doch eigen— ümlich, wenn man Controlvorschriften anordnete, nachher aber auf ihre Uebertretung keine Strafe setzte; das hieße also, wenn der Mann diesen Controlvorschriften nicht nachkemme, dann schade es auch zicht. Darum bitte er, den Antrag Bar abzulehnen.
33 wird dann genehmigt.
lautete in der Vorlage:
Die unbefugt hergestellten oder betriebenen Telegraphenanlagen
Ind auf Ersuchen des Reichskanzlers oder der von ihm ermäch— a9ten Behörden durch Vermittelung der Landes-Centralbehörde rolizeilich im Zwangswege außer Betrieb zu setzen oder zu beseitigen.
Die Commission hat entsprechend einem Antrage Bar folgende Fassung beschlossen: — ;
Die unbefugt hergestellten oder betriebenen Anlagen sind außer Betrieb zu setzen oder zu beseitigen. Den Antrag auf Einleitung des hierzu nach Maßgabe der Landesgesetzgebung erforderlichen zwangsverfahrens stellt, der Reichskanzler oder die vom Reichs— kanzler ermächtigten Behörden. Der Rechtsweg bleibt vorbehalten.
Die Commissionsfassung wird mit der vom Abg. Dr, Hammacher (nl.) beantragten Aenderung, statt „hergestellten“ zu sagen: „errichteten“, ohne Besprechung angenommen.
— S 7a, von der Commission neu eingefügt, lautet: Elektrische An⸗ lagen sind, sobald gegenseitige Störung zu befürchten ist, auf
Kesten desjenigen Theils, welcher diese Gefahr veranlaßt, so an— zuordnen, daß sie sich nicht störend beeinflussen können.
Abg. Bödiker ((Centr.) beantragt eine anderweitige Fassung, wonach die Kosten von demjenigen Theil getragen werden sollen, der durch eine spätere Anlage oder später ein— tretende Aenderung einer bestehenden Anlage die Gefahr veranlaßt. =
Abg. Dr. Hammacher (ul.) will in dem Commissions— tert vor den Worten „so anzuordnen“ einschalten: „nach Möglichkeit“.
Die Abgg. Dr. Lieber und Spahn (Centr.) wollen Streitigkeiten darüber, ob eine Telegraphenanlage dieser An— forderung genügt, sofern sie nicht auf privatrechtlichen Ver— hältnissen beruhen, durch Beschluß der Physikalisch⸗technischen NReichsanstalt nach Anhörung der Betheiligten entscheiden lassen. Die Ausbildung dieser Anstalt zur Spruchbehörde und das Verfahren vor derselben werden durch Kaiserliche Verordnung geregelt.
Abg. von Strom beck (Centr.) will der Verwaltung nur das Recht geben zu verlangen, daß Leitungen, welche die Leitung der Verwaltung stören, wenn die Störung nicht durch Selbstschutz verhütet werden kann, verlegt werden bezw. be— seitigt werden.
Die Abgg. Auer (Soc.) und Gen. wollen die betreffenden Streitigkeiten im gerichtlichen Verfahren entscheiden lassen; die Vhysikalisch⸗technische Reichsanstalt soll zur Abgabe von Gut— achten verpflichtet sein.
Berichterstatter Abg. Freiherr von Buol (Centr.): Der Fommissionsbeschluß wolle eine Einigung zwischen zwei einander bekanpfenden Ansichten herbeiführen: die eine gebe der Telegraphie ein Vorrecht über alle anderen elektrischen Anlagen, die andere wolle für alle elektrischen Anlagen, auch die öffentlichen Telegraphen- und Telexhonanlagen gleiche Rechte und gleiche Pflichten schaffen. Zwischen diesen beiden Ansichten habe er vermittelnd auftreten wollen, und darum seinen Antrag gestellt, dem die Commission sich angeschlossen habe und für den er die Zustimmung des Reichstags erbitte. Der Antrag Spahn gehe nach seiner Ansicht zu weit, indem er der Tele— graphenverwaltung gar zu große Pflichten auflege.
Abg. Dr. Hammacher (n) (zur Geschäftsordnung): Sein zum Commissionsantrag gestelltes Amendement, das sinngemäß auch in den Antrag Bödiker passe, stelle er auch formal zu dem letzt— genannten Antrage.
Abg. Bödiker (Centr.): Er bitte seinen Antrag anzunehmen, weil es ja vorkommen könne daß die Störung einer Anlage auch durch eine andere Anlage hervorgerufen werde, die bei Schaffung der nachher gestörten Anlage schon bestanden habe, später aber umgebaut oder abgeändert werde. Dieser Fall sei in dem Commissionsvorschlag nicht vorgesehen, er könne aber sehr leicht eintreten, und für diese Fälle
bitte r. durch Annahme seines Antrages Vorsorge zu treffen. Abg. Dr. Siem ens (Rf: Diese Sache sei eine der wichtigsten Lanzen Gesetzes. Es handele sich nämlich um die Frage nach der Art der Einführung der Elektricität in den Verkehr und wie sich llektrische Betriebe mit den bereits bestehenden elektrischen Anlagen 1useinander zu setzen hätten. Die wichtigste Frage hierbei sei: vas sei der Zweck des Gesetzes, welche sei die Stellung er Regierung, und was verlange sie für sich? Man habe sich in der zommission vergebens bemüht, irgend eine genaue Antwort den, der Regierung zu erlangen darüber, was sie als ihre dlechie in Anspruch nehme. Man habe keine andere Antwort erhalten? als die: wir verlangen die Aufrecht— rbaltung unserer bisherigen Rechte. Was unter diesen Rechten berstanden werde, sei nicht gesagt worden. Man habe gesagt: wir, 3. Verwaltung, vertreten das allgemeine Interesse, das in directem Gegensatz steht zu dem privaten Interesse. Ferner: wenn wir unsere mnie errichtet haben, sind wir da als beati possidentes, alle otigen müssen sich nach uns richten; und drittens: wenn wir irgendwo ind, müssen wir bleiben und entscheiden darüber, in welcher Form wir bleiben und wie die anderen sich einzurichten haben, die nach uns 23 mit. uns zugleich arbeiten wollen. Ueber die Einzelheiten der wehte die die Reichs-Postverwaltung für sich in Anspruch nehme, de man belehrt durch eine Breslauer Petition, in der gesagt 3 daß die Telegraphenverwaltung das Recht beanspruche, für alle un Zwecke der elektrischen Beleuchtung anzulegenden Leitungen die fnehmigung zu ertheilen, auch in Straßen, in denen jetzt noch . keine öffentlichen Telegraphen., und Telephonleitungen lägen. Also uch für die Sicherung zukünftiger Fälle habe man einen Einfluß verlangt. 36 Elcktrizitãt sei gerade so gut an den Raum gebunden, wie irgend e, andere Kraft der Welt, ja nach ihrer ganzen Natur in noch bee, Grade als andere; denn wenn die glettrieitẽt ungeschickt 9. et werde so könne eine ungeschickte Anlage nicht nur be⸗ pine, ga die Anlage selbst schlecht functionire, sondern auch daß e In lagen in Zukunft unmöglich gemacht würden. Diese Gefahr in eine ehr große, und sie wachses wenn die Entscheidung, darüber ö einer fiscalischen Behörde gelegt werde, die neben vert it e jjortpatriotismus naturgemãß noch finanzielle Interessen zu , n habe; wenn eine solche Richtung in der Gesetzgebung einge—⸗ e, g. verde, so trete nach seiner und vieler anderer Männer cher ae g eine starke wirthschaftliche Schädigung der Natien ein. Man rn en dem Widerstreit der allgemeinen Staatsinteressen gegenüber ; ö. Interessen gesprochen, und von, diesem Gesichtspuntt aus , d, alle von Seiten der Industrie erhobenen Einwände zu Jen gewußt. Aber es handele sich hier nicht um Privatinteressen,
sondern um wichtige nationale Interessen. Der Staatssecretär Dr. von Stephan habe neulich mit Recht gesagt: wenn dem Reiche die alleinige Anlage von Telegraphenlinien gegeben werde, so werde es darum nicht die zu der Anlage nöthigen Materialien selbst anfertigen, das liege der Privatindustrie ob, und darum komme kein Fabrikanten interesse in Frage, denn dem Fabrikanten sei es sogar noch lieber, für den Staat zu arbeiten, als für Private, aber ein nationales Interesse komme in Frage. Bei den kürzlich abgeschlossenen Handelsver⸗ trägen habe es sich wesentlich darum gehandelt: Wie machen wir die deutsche Nation concurrenzfähig dem Auslande gegenüber, wie stellen wir die billigsten Arbeitsgelegenheiten, Arbeitsmethoden und Ar— beitsmittel her, die in der großen internationalen Con⸗ currenz ausschlaggebend sind? Darum handele es sich auch hier: Wie können wir diese neue Kraft, deren Bewegung unauf— haltsam vor sich gehen wird, der Industrie zugänglich machen, und wie können wir sie sicherstellen, daß sie so functionirt, wie sie soll? Der Staatssecretär Dr. von Stephan habe gesagt, bis jetzt sei noch nichts gemacht, man habe noch nichts gesehen, die Beleuchtung und Kraftübertragung sei noch sehr theuer. Er glaube, da irre sich der Staatssecretär Dr. von Stephan in hohem Grade. Man müsse nicht nur darauf sehen, was schon bestehe, son⸗ dern auf das Gesetz der Entwickelung, man müsse sich bewußt werden, daß die Elektricität in einer Weise fruchtbar werde, die man heute noch nicht absehen könne. Das Entwickelungsgesetz zeige auch, daß die Elektrieität mit den Fortschritten der Wissenschaft und Technik, mit der Einführung großer Maschinen an Stelle der kleinen u. s. w. im Preise stets herabgehen werde; sie werde sehr viel billiger werden, als heute, und jedenfalls billiger als Gas. Die Pferdebahnen würden den elektrischen weichen müssen, weil Kohle billiger sei als Hafer. Ihm habe heute ein Fabrikant gesagt, daß er die Pferdekraft für 3 J herstelle. In anderen Ländern suche man die Herrschaft über die Wasserkräfte für die Allgemeinheit zu sichern. Weil seine Partei diese Frage nicht so beiläufig geordnet wissen wolle, babe sie zu F 1 beantragt, daß das Gesetz sich lediglich auf den Betrieb beschränken solle. Die Mehrheit habe es anders beschlossen. Daher müßten jetzt, wo auch die Errichtung von Anlagen hinein— genommen sei, gewisse Grundsätze festgestellt werden, welche die sub— jective Willkür ausschlössen. Zu diesen Grundsätzen gehöre, daß der Raum durch eine Leitung nicht so ausgenutzt werden dürfe, daß eine zweite daneben unmöglich werde. Diese Frage habe der Abg. Freiherr von Buol in der Commission durch seinen Antrag zu lösen ge— glaubt, der nichts Anderes besage, als prior tempore, potior iure. Darauf sei die Postverwaltung gekommen und habe jenen Satz offieiell gar nicht anerkannt. Nehme man den Commissionsantrag an, dann werde die Verwaltung stets in der Lage sein, ihre gesammten An— lagen auf Kosten des anderen Theils vollständig umbauen zu lassen. Wenn eine solche Lage geschaffen werden solle, so muüsse die Postverwaltung vorab die Bedingungen für ein gutes Telegraphengesetz erfüllen. Das fehle hier und solle durch den Antrag von Bar geschaffen werden. Vorgestern habe der elektrotechnische Verein die Frage, ob der Selbstschutz durchweg möglich sei, bejahend beantwortet. Eine Resolution habe nicht gefaßt werden können, weil eine solche zwei Tage vorher angemeldet werden müsse. Die Frage sei also mindestens streitig. Er wolle nicht be— haupten, daß seine Ansicht von der Möglichkeit genügenden Selbst— schutzes richtig sei, aber discutabel sei sie; und wenn eine Frage das sei, so könne, was nicht bestehe, werden. Die Verwaltung . auf demselben Standpunkt und weise die Bezugnahme auf den Frankfurter elektrotechnischen Congreß als unstatthaft zurück. Wozu sei das Gesetz da? Man müsse das formuliren, was die Gerechtigkeit verlange. Das Gesetz sei immer nur etwas Relatives, der Ausdruck der An— schauung auf einem gewissen Culturstand und bei gewissen Kennt⸗ nissen. Die Gerechtigkeit wechsele. Vor tausend Jahren habe die Selaverei als gerecht gegolten, heute gelte sie für unmoralisch. Es müßten also Grundsätze in das Gesetz. Nun sage zwar der Staatsseeretär, es bedürfe keiner Grundsätze. Er sage ferner: macht Ihr nur ruhig und vertrauens— voll das Gesetz. Mache man denn Gesetze für Personen? Gebe denn der Staatssecretär die Sicherheit, daß er heute in dreißig Jahren noch an jener Stelle stehen werde? Warum solle man durch Gesetze sich binden, weil die Personen, die sie zur Zeit ausübten, vernünftige Leute seien? Wolle man das Monopol, dann müsse man ihm auch einen Inhalt geben, nicht aber das subjective Belieben der Verwal⸗ tung als Inhalt hinstellen; das sei nur der Schein eines Gesetzes, aber kein Gesetz. Deshalb könne man, wenn man überhaupt etwas annehmen wolle, nur den Antrag Bar annehmen: „Telegraphen- und Telephonanlagen müssen, sofern eine Störung anderer elektrischer Leitungen oder durch andere solche Leitungen zu befürchten ist, so eingerichtet sein, daß sie gegen die Einwirkung anderer benachbarter elektrischer Leitungen in sich selbst geschützt sind, vorausgesetzt, daß auch diese Leitungen den in letzterer Beziehung zu erhebenden An— sprüchen genügen.“
Commissar des Reichs-Postamts Geheimer Postrath Gra⸗ winkel: Es frage sich, was sei denn eine ungeschickte An— lage? Eine Telegraphenanlage sei niemals eine ungeschickte Anlage, wohl aber könne eine Starkstromanlage eine un— geschickte Anlage sein. Immer sei es die Starkstromanlage, die prä— valire, und von der die Störungen ausgehen könnten, niemals aber von anderen Leitungen. Der Vorredner habe auf die Entwickelung der Elektrotechnik hingewiesen und ein rosiges Bild von den Preisen der Elektricität entworfen: der Preis könne sich vielleicht niedriger als der Preis des Gases gestalten. Das sei vielleicht möglich. Dann müsse man aber im Stande sein, die Kosten unmittelbar in Elektri— cität umzusetzen, und von dieser Erfindung sei man noch sehr weit entfernt. Mit den elektrischen Bahnen sei es ein eigenes Ding. Man sehe sich einmal die elektrischen Bahnen in Bremen und Halle an. Er glaube nicht, daß irgend eine Stadt wünschen möchte, eine solche elektrische Bahn zu besitzen. Ein solches Spinngewebenetz über den Straßen sei nicht sehr angenehm weder für die Anwohner noch für die Vorübergehenden, ganz ab— gesehen von der Gefahr für die Letzteren. Anders wäre es, wenn die Leitung unterirdisch ginge. Die elektrischen Bahnen würden vielleicht eine große Zukunft haben, wenn man erst in der Entwickelung der Accumulatoren weiter gekommen sein werde. Dann habe man auch keine besonderen Störungen für die Fernsprechleitungen zu befürchten. Jedenfalls sei die Annahme, daß die Pferdekraft mit 38 4 für die Stunde geliefert werden könne, noch recht weit von der Erfüllung ent— fernt. Unterirdische Leitungen störten sich allerdings nicht, aber es werde in großen Städten nicht möglich sein, unterirdische Leitungen in ausgedehntem Maße zu J zu verwenden. Es sei nämlich nicht möglich, durch lange unterirdische Leitungen zu sprechen. Die Verbindung zwischen London und Paris liefere keinen Gegenbeweis, denn das Kabel sei durchaus nicht sehr lang. Was die Frage des Selbstschutzes anbetreffe, so habe allerdings der Frankfurter Congreß einen Beschluß gefaßt; was aber da beschlossen worden, sei nicht bewiesen worden. Der Gegen— beweis sei in der „Elektrotechnischen Zeitschrift‘ von ihm und dem Dr. Strecker geliefert worden. Es sei eben bei dem heutigen Stand der Elektrotechnik unmöglich, die Anlagen so herzustellen, daß sie gegen Störungen hinreichend gesichert seien. In dieser Beziehung müsse man zuerst auf diejenigen hören, die langjährige practische Erfahrungen neben theoretischen Beweisen aufzuwelsen hätten. Daß porgestern der elektrotechnische Verein den Frankfurter Beschluß be— stätigt habe, sei ihm nicht bekannt. Er wisse nur, daß eine Be— rathung ohne Vortrag stattgefunden habe. Bisher habe noch kein Ingenieur den Selbstschutz als erwiesen betrachtet oder selbst be⸗ wiesen. Unter diesen Unständen müsse die Starkstromleitung so eingerichtet werden, daß sie nur eine minimale Wirkung nach außen übe. Das erfordern schon die sicherheitspolizeilichen Rücksichten. Etwas Weiteres stehe nicht in diesem Gesetz. (Bei all.) .
Abg. Dr. Clemm-⸗Ludwigshafen (ul.) macht davon Mittheilung, daß auf der Strecke Lauffen Heilbreün, 13 kin, eine Startstrom⸗ leikung bestehe und, daß an demselben Gestänge eine Fernsprech— leitung angebracht sei, die thatsächlich in sich geschützt erscheine.
Eommissar des Reichs-Postamts Geheimer Postrath Gra winkel: Die Sache sei folgende. Für das Cementwerk
Lauffen habe zum Anschluß an die Umschaltestelle in * bronn bis vor kurzem eine Fernsprechleitung an demselben Ge— stänge bestandsn. An dieser Fernsprechleitung sei nach der Mit⸗ 16. der württembergischen Verwaltung das Telegraphirer während des Betriebes der Starkstromleitung unmöglich gewesen. Ferner bestehe noch an dem Gestänge vor dem Cementwerk eine telephonische Leitung aus Bronzedraht für Betriebszwecke, die von der Starkstromleitung nicht erheblich beeinflußt werde. Man müsse aber wohl unterscheiden zwischen einer Leitung für Betriebszwecke, und zwischen einer Leitung, auf der die verschiedenartigsten Personen ver— schiedene Gespräche führen sollten. Auf der ersteren würden hauptsächlich conventionelle Fragen gestellt und beantwortet, und da wirkten Geräusche nicht erheblich störend. Bei einer Fernsprechleitung zum allgemeinen Ver⸗ kehr bringe aber ein fortgesetztés, wenn auch leises Tönen allmählich auf den Hörer eine ganz unangenehme nervöse Wirkung hervor. Bei einer Fernsprechleitung, die 150 m von einer starken Drehstrom⸗ leitung entfernt sei, seien noch Geräusche vernehmbar, obwohl dies Fernsprechleitung nur auf eine Strecke von 3 km parallel mit d Drehstromleitung zusammenfalle. Man habe ganz dieselbe Erfahrung gemacht mit der berühmten Kraftübertragung zwischen Frankfurt unt Lauffen. Es laufe von Stuttgart nach Heilbronn eine doppelte, i sich geschützte Fernsprechleitung, denn sie sei an den Stangen an— gebracht, an denen sich die übrigen Telegraphenleitungen befänden. Trotzdem sei diese Leitung von der angeblich in sich geschützten Dreh⸗ stromleitung erheblich beeinflußt. Wenn eine Starkstromleitung in sich geschützt sei, so müsse sie eine Hin- und Rückleitung haben. Wenn beide Leitungen sich doch noch störten, so sei der Beweis geliefert, daß trotz der beiderseitig geschlossenen Leitung eine Störung möglich sei. Aus dem, was der Abg. Pr. Clemm über Lauffen und Heil— bronn gesagt habe, lasse sich so ziemlich das Gegentheil von dem schließen, was er habe beweisen wollen.
Abg. Singer (Soc.): Er befinde sich im Widerspruch mit dem Abg. Lr. Siemens. Er erkläre, daß er für das Regal eintrete. Seine Partei sei der Meinung, daß der Betrieb der Nachrichten sowohl bei der Telegraphie als der Telephonie Sache des Reichs sein müsse, und daß sie gar keine Veranlassung habe, der Reichsverwal tung in Bezug auf dieses Regal irgend welche Schwierigkeiten in den Weg zu legen. Durch die Ausführungen des Abg. Dr. Siemens habe sich wie ein rother Faden die Besorgniß gezogen, daß durch die hier vorgesehenen Anordnungen der Großindustrie ein erheblicher Schaden zugefügt werden könne. Er stimme dem vollständig zu, daß die Elektricität möglichst verbilligt werden müsse, nur müsse man dann auch den nächsten Schluß ziehen, und den Betrieb nicht in den Händen von Privaten lassen, sondern ihn in die der Gemeinden oder des Reiches legen, damit die Elektricität möglichst zum Selbstkostenpreise abgegeben werde, was die Privatunternehmer nie thun würden. Es müsse ferner eine Bestimmung in dieses Gesetz kommen, die, soweit die heutige Lage der Technik es ermögliche, dafür Sorge trage, daß durch nicht genügend sicher eingerichtete Anlagen Schaden an Leben und Gesund— heit der Menschen verhütet werde. Die Verwaltung werde gezwungen sein, mehr und mehr die Anlagen unterirdisch anzulegen, um alle Störungen zu vermeiden. Dieser Gesichtspunkt sei für ihn der aus— 1 und die Gestaltung des 5 72 werde die Entscheidung bringen, wie seine Partei sich in der Gesammtabstimmung zu dem Gesetze stellen werde. Mit einer fast unbegreiflichen Hartnäckigkeit habe der Staatssecretär sich gegen die gleichzeitige Erledigung dieses Geietzes und desjenigen über die elektrischen Anlagen gesträubt; er habe seinen Willen durchgesetzt und man stehe vor einem Gesetz, wo eine solche Schutzvorschrift nicht vorgesehen sei. Hier müsse eine Ergänzung erfolgen. Der Staatssecretär Dr. von Stephan habe als Ehren⸗Präsident der Frankfurter Ausstellung fungirt und spreche jetzt dem Congreß alle Bedeutung ab, weil seine Beschlüsse mit seiner Auffassung nicht übereinstimmten. Der Berliner elektrotechnische Verein imponire ihm (dem Redner) aber auch nicht, da sich so viele Beamte der Reichspost- und Telegraphenverwaltung darin befänden, daß die Unabhängigkeit der Beschlüsse nicht gesichert sei. Die Groß— industrie habe keine Ursache, sich über mangelndes Entgegenkommen der Staatsverwaltung zu beklagen. Was die Städte in den Petitionen ö könne in dem . durch das Geseß nicht erfüllt werden.
Doch dürfe dies energische Eintreten des Staatssecretärs für seine Telegraphenanlagen nicht so weit gehen, daß er den Ge— meinden ein Hinderniß in den Weg lege bei der Einrichtung von elektrischen Straßenbahnen oder ihnen berwehre, dort Kabel anzu legen, wo noch gar keine Telegraphenleitungen vorhanden seien. Es müsse vermieden werden, daß solche Streitigkeiten zwischen Telegraphenverwaltung und Stadtgemeinden, wie sie z. B. in Breslau und Halle vorgekommen seien, künftig wieder vor— kämen. Die Commission schlage nun etwas vor, was keinen Inhalt habe, aber hübsch aussehe. Der Reichs⸗— tag sollte aber nicht so rein decorativ arbeiten. Wenn man an die letzten Unfälle denke, die in Berlin durch die Starkströme veran laßt seien, müsse man etwas Solideres vorkehren. Es handele sich viel weniger um die Frage, wer die Kosten trage, sondern die Anlagen müßten so hergestellt werden, daß sie Leben und Gesundheit der Menschen schützten. Das sei ein nothwendiges Correlat für das Regal. Diese Pflicht müsse die Postverwaltung sich auferlegen lassen. Selbstverständlich werde die Kosten der tragen müssen, der durch un 866 Anlage der Veranlasser solcher Unfälle werden könne. Der Reichstag thue ein gutes Werk, wenn er den Staatssecretär zwinge, eine solche Schutzvorschrift in das Gesetz aufzunehmen. Seine Partei empfehle danach die Annahme des Antrags Bar, der nach dem jetzigen Stand der Technik das richtige biete.
Staatssecretär Dr. von Stephan:
Meine Herren! Mit Rücksicht auf die Zeit will ich mich heute auf eine kurze Erklärung beschränken.
Ich habe vieles von dem, was da gesprochen worden ist, und ich möchte beinahe sagen, alles von dem, was der Herr Abg. Dr. Siemens ausgeführt hat, zu widerlegen. Ich habe nachzuweisen, daß seine Angaben zum theil auf einem thatsächlichen Irrthum, zum theil auf einer völligen Verkennung des Standpunktes beruhen, den die Staatsverwaltung in dieser Frage der Industrie gegenüber einnimmt. (Bravo! rechts. Heiterkeit links.. Ich behalte mir mit Rücksicht auf die Zeit vor, dies bei der Fortsetzung der Debatte in gründlichster Weise Satz für Satz zu erweisen. Heute will ich nur einen Punkt widerlegen, weil es mir darauf ankommt, daß derselbe auch nicht zehn Minuten lang unwidersprochen ins Land gehen möge, nämlich daß er gesagt hat, es wäre ganz unmöglich gewesen, von mir in der Commission irgend eine Erklärung herauszukriegen, was für Rechte denn die Telegraphenverwaltung eigentlich für dieses Gesetz in Anspruch nimmt. Ich erkläre hiermit4 auf das bestimmteste und berufe mich auf das Zeugniß des Herrn Referenten und der Herren Mitglieder der ganzen Commission, soweit sie nicht zu den Parteigenossen des Herrn Abg. Siemens gehören — (Wider— spruch und Heiterkeit links) — natürlich, meine Herren, ich berufe mich darauf, daß ich ausdrücklich, wie ich darüber gefragt worden bin, gesagt habe, daß die Telegraphenverwaltung keine anderen Rechte durch dieses Gesetz in Anspruch nimmt, als die, die sie bisher bereits be⸗ sessen hat. (Zuruf links Ich wiederhole, daß Herr Dr. Siemens von mir keine andere Erklärung verlangt hat. Sodann habe ich noch dem Herrn Abg. Singer mit zwei Worten für heute zu antworten, indem ich allss Andere für die Fortsetzung der Debatte reservire, daß wir sowohl in Halle als in Breslau vollständig in Ordnung sind. Die Beleuchtungsanlagen, die Bahnen sind im Gange, zum theil werden sie gebaut. Es hat allerdings im Anfang einige Differenzen gegeben,
die aber nicht hervorgerufen waren durch die Anforderungen des
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