1892 / 54 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 02 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

ziehungsweise die Privatwerften in Anspruch nehmen. Wir Concurrenzaufforderung alle diejenigen Werften betheiligen sollten, welche bisher für die Kaiserliche Marine thätig gewesen sind; außerdem sollten sich daran die Kaiserlichen Werften selbst betheiligen, besonders diejenigen In⸗ genieure, welche die Kraft und Fähigkeit in sich fühlten, solche Pläne zu entwerfen. Wir haben von den Privatwerften mehrere Ablehnungen erhalten; die Zahl beschränkt sich augenblicklich auf drei, von denen mit der nöthigen Kenntniß aus⸗ Pläne vorlegen dann die besten von ihnen ausgewählt werden. Ich kann hier aber nicht verschweigen, daß die Sache nicht so Mehr oder minder knüpfen natürlich die Privatwerften, welche solche Pläne vorlegen, daran die Bedingung, daß sie, wenn ihr Plan angenommen, wenn ihre Construction als die beste anerkannt wird, den Bau des Schiffes übertragen erhalten. erklärlich, sie wollen Vortheil aus dem Product ihrer geistigen Kraft war die Marineverwaltung natürlich Denn sie würde dadurch in eine Zwangslage ver— setzt, die, wie ich ja jetzt erfahren habe, dem Herrn Abg. Rickert und jener Seite des Hauses jedenfalls höchst unwillkommen gewesen wäre. Also die Marineverwaltung hat sich vorbehalten, den Bau dieser Schiffe, sobald der hohe Reichstag sich seiner Zeit damit einver— standen erklärt haben wird, nach eigenem Gutdünken zu vergeben. Dies führt mich noch mit einem Wort zu der Arbeiterfrage. Hier möchte ich mit meinen Ausführungen dem Herrn Abg. Rickert auf seine wiederholten Anfragen antworten. werden mit Abschluß dieses Jahres kein

wir erwarten

Dies ist wohl sehr

Dieses zuzugestehen, nicht in der Lage.

Die Kaiserlichen Werften Schiff mehr Privatwerften Lesung be⸗ willigt worden sind, auch in der dritten Lesung bewilligt werden, Arbeitsthätigkeit Natürlich halten wir auf den Werften für den Neubau einen Stamm von Arbeitern; es würde ganz zweifellos dieser Stamm von Arbeitern entlassen werden müssen, wenn die Neubauten nicht be— Ich kann aber dem Herrn Abg. Rickert die Ver⸗ sicherung geben, daß die Marineverwaltung selbstverständlich in aller⸗ erster Reihe für ihre eigenen Arbeiter sorgt: ihr ist das Hemde näher als der Rock; sie würde nicht daran denken, Privatwerften zu beschäftigen, wenn Ich kann also die Versicherung abgeben, daß mit den Bauten, die hier schon bewilligt sind, mit den beiden Panzer— fahrzeugen, es uns ermöglicht sein wird, die Werften zu beschäftigen, in der Hauptsache die Werften Kiel und Danzig.

willigt würden.

sie selbst Noth hat.

Es war, wie ich hier hervorzuheben habe, freilich in Aussicht genommen, der Werft Danzig den nunmehr gestrichenen Kreuzer Die Werft Danzig ist in diesem Kreuzerbau besonders geschickt, nach— dem sie mehrere dieser Kreuzer vom Stapel gelassen hat; dies ein vorzügliches Arbeitsobject für Danzig gewesen sein, auf das Die Marineverwaltung wird es zu ermöglichen suchen, der Werft Danzig ein Panzerfahrzeug zuzuweisen, obgleich sie nicht verkennt, daß damit außerordentliche Schwierigkeiten Denn die Werft Danzig ist nicht in der Lage, ein Werft alle diejenigen Werkstätten,

Wir müssen also, wenn wir diese rft Danzig übergeben, auf eine zweite Werft zurück— das Schiff kann nur halb in Danzig gebaut werden, dann in halbfertigem Zustande auf eine andere Werft gebracht werden, Das macht natürlich große Unkosten Aber die Marine—

„F zuzuweisen.

sie auch mit Sicherheit rechnete.

verknüpft sind. Schiff zu panzern; die nöthig sind für diese Arbeiten.

es fehlen der

um dort vollendet zu werden. und hat zweifellos eine Zeitversäumniß zur Folge. verwaltung wird nach dieser Richtung hin thun, was möglich ist.

Was die Pripatwerften anbelangt, so würde die Kreuzer-Corvette „K diesen zufallen, falls die Bewilligung statt hat. Eins möchte ich noch bemerken, was ich der Vergangenheit schuldig Der Herr Abg. Rickert hat sich nicht damit einverstanden erklärt, Bau Kaiserlicher Schiffe beschäftigt Denn aus dem hohen auch von jener Seite heraus ist der Marineverwaltung die Aufgabe gestellt worden, die Privatwerften auten des Reichs zu beschäftigen, ihnen den Schiffbau zuzu—

Es war nie und nimmer daran zu denken, daß die Kaiser—

lichen Werften allein dieser Aufgabe gewachsen wären, wir konnten der Hilfe der Privatwerften nicht entbehren. ist hier wiederholt anerkannt worden im Reichstag und im Lande karineverwaltung das Verdienst, welches den Herren zukommt, die früher an der Spitze der Marine gestanden haben. Es ist ihnen Dank zu Theil geworden und Anerkennung; denn sie haben unserer Schiffbauindustrie in einer ganz hervorragenden Weise aufgeholfen, und ich glaube, sie haben diese Schiffbauindustrie zum Es sind Millionen in das Land geflossen, lediglich, weil diese Schiffbauindustrie auf diesem hohen Stande war; es sind uns vom Auslande Bestellungen zugegangen, wo niemand daran gedacht hat, daß jemals Deutschland für das Ausland Kriegs— Die Privat⸗Dampfergesellschaften Deutschlands sind gewissermaßen gezwungen worden durch die Marine, sich der hei— Sie sind bis dahin ins Ausland ge— Man hat das hier hervorgehoben, hat es beklagt und ge— tadelt; sie sind aber durch das Beispiel der Marine veranlaßt worden, unsere Schiffbauindustrie sagen und in Anerkennung der Privatgesellschaften, sie haben des Beste geleistet, was überhaupt zu leisten ist, und wenn nicht das Ausland überflügelt, so doch sich vollkommen ebenbürtig gezeigt. wiederholt constatirt worden bei den letzten Bauten, die geliefert wor— den sind für den Norddeutschen Lloyd und die Hamburger Gesellschaft. (Bravo! rechts.)

Abg. Rickert (fr.): verstanden habe,

daß Privatwerften mit dem Ich bin darüber etwas

Ich glaube, und das

es gebührt der

Vortheil des Reichs gehoben.

schiffe bauen würde.

mischen Industrie zuzuwenden.

beschäftigen. Und ich kann mit Stolz

Staatssecretãr

an die Privatindu habe. Er habe nur erklärt, daß es die erste Sorge und Pflicht der Marineverwaltung sei, die Arbeiter auf den Kaiserlichen Werften ich damit im Einverständniß gesagt habe, das Hemd sei

daß man sich rie gewendet

. igen. Er freue sich, daß er mit dem Staatssecretär befinde, der au ihm näher als der Rock, und er sei dem Staatssecretär sehr dankbar, daß er eine dahin gehende Erklärung abgegeben habe.

Der Titel wird bewilligt, ebenso nach den Anträgen der ordentlichen Etats

zu beschäftigen.

Commission ordinariums.

Im außerordentlichen Etat des Extraordinariums werden Commission darunter die

des Extra⸗

32 406 500

1552000 S6 abgesetzt, zweite Rate

K

1300000 6 zum Bau von zwei großen Trockendocks auf der Werft zu Kiel, .

Dazu liegt ein Antrag Graf Behr und Genossen vor: Zum Bau von zwei großen Trockendocks auf der Werft von Kiel, zweite Rate, zum Grunderwerb 940 000 46 zu bewilligen.

Berichterstatter Abg. Fritzen (Centr.): In der Commission sei von der Regierung ausgeführt worden, daß schwimmende Docks nicht viel billiger als Trockendocks, und auch für große Panzer⸗ schiffe nicht hinreichend seien. Die vorhandenen Docks könnten bei ungünstigem Wasserstande nicht gebraucht werden, daher sei ein Neubau von Trockendocks erforderlich. Die Commission habe Bedenken ge⸗ tragen, schon jetzt eine Rate zum Bau zu bewilligen, weil keine super⸗ revidirten Kostenanschläge vorlägen, und beantrage daher Streichung der Position. Inzwischen sei der Antrag Behr und Gen. ein gegangen, der in der Commission noch nicht zur Sprache gekommen sei; auf diesen Antrag treffe der angeführte Ablehnungsgrund jedoch

nicht zu. Abg. Hahn (cons. ): Als die Commission sich für die Ab—

lehnung der Position ausgesprochen habe, sei nicht in Erwägung ge⸗ zogen worden, ob man sich vielleicht auf den Grunderwerb hätte beschränken können. Der Grund der Ablehnung sei der, daß superrevidirte Kostenanschläge nicht vorlägen. Seine Partei habe es nur für rathsam gehalten, die Position dahin einzuschränken, daß zwar eine Baurate nicht bewilligt werde, damit der Reichstag sich für die Genehmigung des Baues der Trockendocks in diesem Augenblick noch nicht binde, daß aber die Ausgabe für den Grunderwerb schon jetzt ge⸗ nehmigt werde. Gegen die Einrichtung schwimmender Docks sei seitens der Regierung geltend gemacht worden, daß sie auch nicht viel billiger seien, und besonders, daß sie den Kieler Hafen etwa zur Hälfte seiner Breite in Anspruch nehmen würden, was nicht zugelassen werden könne. Von anderer Seite sei darauf hingewiesen worden, es würde vielleicht ein Dock genügen. All dem werde man nicht vorgreifen, wenn man den Grunderwerb schon jetzt genehmige. Das würde von großem Werthe sein, da späterhin der Grunderwerb ein viel kost— spieligerer sein würde, weil in Aussicht stehe, daß auf dem betreffenden Gebiet erhebliche Bauten errichtet würden, wie ihm auch von anderer Seite bestätigt worden sei. Er halte es daher für wirthschaftlich empfehlenswerth, daß das Reich sich schon jetzt in den Besitz der betreffenden Grundstücke setze. Er möchte aber doch glauben, daß neue Gesichtspunkte an das Haus herangetreten seien, die es nöthig machten, den Antrag mit der Position an die Commission zurück— zuverweisen.

Staatssecretär Hollmann:

Ich habe den Ausführungen des geehrten Herrn Vorredners

wenig hinzuzufügen. Es ist in der That seitens der Marineverwaltung Ihrer Commission kein Specialantrag, sondern nur ein Kostenanschlag vorgelegt worden. Ein Specialkostenanschlag über ein so weit gehendes und ausgedehntes Bauproject war in einem Jahre nicht herzustellen. Dazu hätten die geforderten 36 000 „½ für die Project⸗ berechnungen nicht gereicht. Die Marineverwaltung hatte in Absicht genommen, diese Specialkostenanschläge aufzustellen in den ersten Jahren des Baues, wo es sich hauptsächlich um Erdbewegung handeln würde, und der eigentliche Bau noch nicht in Angriff genommen werden konnte. Ich habe nun, meine Herren, Ihnen darzulegen die Nothwendig— keit der Docks für die Marine. Wir haben in Kiel, wie ausgeführt wurde, zwei Docks, welche in Frage kommen für das Docken der Panzerschiffe der Marine. Das eine Dock hat eine Längendimension von 116 und das andere eine solche von 105 m. Ich will gleich hier vorausschicken, daß das größere von diesen beiden Docks wohl die Dimension hat, um die großen Panzerschiffe, welche wir jetzt in Bau haben, aufzunehmen; die Befürchtung also, welche sich daran knüpfte, daß unsere großen Schiffe nicht gedockt werden könnten, sind nicht zu— treffend. Aus diesem Grunde haben wir die Docks auch nicht ge— fordert, sondern wir haben sie gefordert, weil zwei Docks für die 21 Schiffe, welche auf diese Docks angewiesen sind das sind unsere Panzerschiffe und unsere großen Kreuzer bei weitem nicht genügen. Es sind freilich vor einigen Jahren Erklärungen von diesem Tisch dahin abgegeben, daß man versuchen wollte, noch eine Reihe oon Jahren auszukommen; aber bei dem intensiveren Dienst, bei der intensiveren Inanspruch— nahme unserer Schiffe hat es sich herausgestellt, daß schon in Friedens—⸗ zeiten bei dem augenblicklichen Bestand an Schiffen große Noth herrscht, und daß diese Noth, wenn vier Schiffe hinzutreten, natür⸗ lich wachsen wird. Wir sind uns vollbewußt, daß im Falle eines Krieges das Vorhandensein von nur zwei Docks große Verlegenheit hervorrufen wird. Für den Fall, daß die Flotte in der Ostsee operirt und daselbst eine Schlacht schlägt, sind die zwei Docks nicht genügend, um die zweifellos auftretenden großen Reparaturen ausführen zu können. Also, meine Herren, aus diesem Grunde muß die Marineverwaltung die Erklärung abgeben, daß diese Docks ihrer Ansicht nach für die Zukunft unentbehrlich sind.

Was nun die Frage der Art der Docks anbetrifft, so handelt es sich um Trockendocks, d. h. also die theils gegraben, theils in das Wasser hineingebaut sind, oder um Schwimmdocks. Es wurde in der Commission hervorgehoben, daß der Bau von Schwimmdocks sehr viel billiger ausfallen würde, und daß sie auch für diese Zwecke hin⸗ reichten. Meine Herren, wie hier schon richtig erwähnt wurde, würden zwei Schwimmdocks 13 Millionen Mark kosten. Abgesehen davon, daß damit nur eine Ersparniß von zwei Millionen erzielt werden könnte, sind die Schwierigkeiten der Verwendung sehr viel größer. Wir haben im Kieler Hafen nur eine Stelle, wo ein Schwimm⸗ dock versenkt werden könnte. Das ist gegenüber der Düster— brooker Allee, und diejenigen Herren, welche diesen Hafen kennen, werden sich sagen, daß, wenn wir dort das Dock versenken wollen, wir den ganzen Hafen versperren. Es ist vollkommen aus— geschlossen, ein Dock an dieser Stelle zu versenken.

Dann war die zweite Möglichkeit, wir könnten für das Dock eine Art Bassin in der Nähe des Ufers ausbaggern. Auch das wird große Kosten verursachen; denn dort haben wir sehr große Schlammgründe, die auf 17 m heruntergehen. Es würde also eine sehr flache Böschung nothwendig sein, und, ab⸗ gesehen davon, daß die Docks immerhin nahezu 200 m vom Lande ab liegen müßten, würde die Erhaltung dieses Bassins dauernd sehr viel Kosten verursachen. Nun ist die Erhaltung eines Schwimmdocks an und für sich eine sehr kostspielige Sache. Denn Sie werden sich vor— stellen können, daß ein solch eisernes schwimmendes Dock ebenso gut, wie eiserne Schiffe der Reparatur in hohem Maße bedürftig ist. 3. B. wird ein solches Dock nach einer Reihe von Jahren am Boden voll— kommen bewachsen sein. Es wird dann nothwendig sein, das Dock trocken zu legen, um einen neuen Anstrich auszuführen. Dazu bedarf es ganz besonderer Bassins, ganz besonderer Herrichtungen.

Des Weiteren ist die Arbeit auf solchen schwimmenden Docks sehr viel schwieriger als auf geschlossenen, aus dem sehr einfachen Grunde, weil die Leute den Witterungsverhältnissen sehr viel mehr

zukünftige Entwickelung.

ausgesetzt sind und durch die Docks an beiden Seiten die Zugluft hindurchgeht, und es an kalten Tagen fast unerträglich ist, in solchen Docks zu arbeiten.

Dann wird ein solches Dock längsseits eines Quai gelegt werden müssen, dadurch wird nun alles erschwert, was in das Dock hinein— gebracht werden muß: es müssen die Gegenstände, die nothwendig sind zur Wiederherstellung der Schiffe, von der Seite hineingebracht werden, also nicht normal zu der Werft. Kurz und gut, eine Menge Schwierigkeiten treten auf, die es ausgeschlossen erscheinen lassen, für diesen Zweck ein solches Dock zu verwenden.

Auf welche Weise wir nun diese großen Docks bauen wollen, ist in den Plänen dargelegt, welche der Commission vorgelegt worden sind. Es sind dies freilich sehr umfassende Bauten, da, wie ich schon erwähnte, ein Theil dieser Docks in das Wasser hineingebaut werden muß, und wir würden da nach dem Vorbilde der italienischen Dockbauten in Genua zu arbeiten haben. Wir haben uns über deren Ausführung Kenntniß verschafft und haben erkannt, daß wir es in derselben Weise auszuführen haben würden. Darüber besteht kein Zweifel. Auch ist die Marineverwaltung darüber nicht im Zweifel, daß mit den geforderten 17 Millionen die beiden Docks gebaut werden können.

Was nun den Grunderwerb anbelangt, der mit 940 090 (t ein— zustellen war, so liegt in der That die Sache so schwierig, wie Herr Abg. Hahn sie auszuführen suchte. Die Marineverwaltung ist, um sich das Land zu sichern, welches für die Dockbauten nöthig ist, bereits im Laufe des vergangenen Jahres mit den Besitzern in Verhand— lung getreten. Sie hat geglaubt, den Reichsfinanzen damit einen großen Gefallen zu thun, und meint, daß, wenn jetzt diese Sache auf— gegeben würde und in späteren Jahren darauf zurückgekommen werden müßte, wir einen viel höheren Preis, als den heute ge— forderten zu bezahlen haben würden, aus dem einfachen Grunde weil sich die Speculation derselben bemächtigen würde; sodann weil bel der voraussichtlichen Einverleibung des Ortes Gaarden zu Kiel die Werthe der Grundstücke sicher steigen müssen. Außerdem wurde hervorgehoben, daß die Werft Kiel Platz zur Ausdehnung haben müßte, da anfangs der siebziger Jahre natürlich der Erwerb von Grund und Boden so begrenzt wie nur möglich bemessen war. Heute, wo die Marine bedeutend mehr Ansprüche an die Werft stellt, ist die Werft Kiel an und für sich sehr klein, wie die Herren wissen, die sie kennen. Es will also die Kaiserliche Marineverwaltung durch eine Arrondirung auf diesem Wege nicht allein Raum für Docks schaffen, sondern auch zu weiterer Ausdehnung etwas Platz gewinnen.

Also, meine Herren, aus allen diesen Gründen bitte ich, daß der hohe Reichstag sich der Sache gütigst annehmen und die Position be— willigen wolle.

Abg. Dr. ven Bennigsen (nl): Seine Partei könne für die Forderung nicht stimmen. Bei einer so großen Summe für die erste Rate müsse Vorsicht gebraucht werden. Auch den Antrag Hahn auf Bewilligung der Grunderwerbskosten könne seine Partei nicht an⸗ nehmen, weil in der Commission noch nicht eingehend erörtert sei, aus welchen Gründen es e erscheine, schon in diesem Jahre mit dem Grunderwerb vorzugehen. Solche Erörterungen könnten nicht gut im Plenum stattfinden. Da er nicht von vornherein behaupten könne, daß der Grunderwerb in diesem Jahre nicht dringlich sei, er vielmehr vernommen habe, daß die Grundstückspreise in erheblicher Steigerung begriffen seien, und, namentlich wenn die Grundstücke in das Stadtgebiet von Kiel einbezogen würden, noch weiter steigen würden, so verdiene die Frage eingehende Erörterung, und er sei mit der Verweisung des Antrags Hahn an die Budgeteommission ein— verstanden. . . ö .

Abg. Rickert (dfr.); Neu sei ihm, daß die vorhandenen Docks auch die großen Panzerschlachtschiffe aufnehmen könnten. Dieser Grund, den er für maßgebend gehalten habe, falle also für die Be⸗ willigung neuer Docks weg. Vor zwei Jahren sei die Marine— verwaltung anderer Meinung über die ganze Frage gewesen. Der frühere Stagtssecretär habe vor zwei Jahren gesagt: „Dem augen⸗ blicklichen Bedürfniß ist Rechnung getragen, auch, soweit ich es über— sehen kann, dem Bedürfniß, wenn die neuen Schiffsbauten fertig ge— stellt sind. Es habe sich damals um die vier großen Panzerschlacht⸗ schiffe gehandelt. Jetzt sei die Marineverwaltung anderer Meinung, darüber müsse man sich beschweren. Wegen der Werft in Wilhelms— haven habe seine Partei auf ihre Fragen noch keine Antwort erhalten. Vor zwei Jahren habe man sie beruhigt, und jetzt fordere man 17 Millionen. Weil noch kein Specialkostenanschlag vorliege, habe die Commission nach dem sachverständigen Vortrag des Abg. Jebsen die Nothwen— digkeit bon zwei Docks überhaupt einstimmig abgelehnt. Wozu noch⸗ malige Verweisung an die Commission? Was sei denn für ein neues Moment dazugekommen? Die Frage des Grunderwerbs sei so einfach, daß sie schon heute im Plenum erledigt werden könne. Könne denn der Abg. Dr, von Bennigsen oder der Stagtssecretär erschöpfende Auskunft darüber geben? Eine erhebliche Steigerung für den Grunderwerb sei garnicht zu erwarten. Wegen einer rein formellen Geschichte solle man die Commission nicht wieder belästigen, wegen Fragen, die man garnicht beantworten könne. Die Preise für den Grunderwerb könnte höchstens der Umstand steigern, daß man heute schon in öffentlicher Sitzung darüber spreche. Man hätte ganz stillschweigend darüber hinweggehen müssen oder wenigstens drohen, daß aus der ganzen Sache nichts werden könnte. Aber da man die Docks alle für nothwendig erkläre, habe man vielleicht gerade erreicht, was man verhindern wolle. Aber er sage im Interesse der Reichsfinanzen, es stehe noch keineswegs fest, ob die Mehrheit die Docks bewilligen werde. Es werde den Speculanten nicht gelingen, die Preise in die Höhe zu treiben.

Staatssecretär Hollmann:

Ich glaube, daß ich aus den Gründen, die der Herr Abg. Rickert soeben anführt, besser thue, meine Aeußerungen und Erklärungen für die Commission aufzusparen für den Fall, daß die Budgeteommission die Sache noch einmal in Erwägung ziehen wird. Denn ich habe noch verschiedentliche Mittheilungen zu machen, die in der That in der Oeffentlichkeit nicht angebracht sind. Ich glaube, daß ich in der Lage wäre, dem Herrn nachzuweisen, daß die Dinge doch recht bedenklich liegen, und daß wie bisher eine hohe Preissteigerung sich schon herausgestellt hat, ja, daß sie sich noch fortsetzen wird. Ich möchte nur sagen, was der Herr Abg. Hahn auch schon erwähnte, daß die Marineverwaltung die Sache vorläufig auf einen bestimmten Preis festgelegt hat, daß die Preissteigerung nicht bis zum 1. April eintreten kann. Von da ab ist die Sache allerdings wieder offen.

ö Abg, Graf von Arnim (Rp): Die, Befürchtungen des Abg. Rickert seien damit widerlegt. Die Regierung habe die nöthige Vorsicht gebraucht, indem sie einen . Schlußschein gegeben habe. Wenn der Erwerb jetzt nicht stattfinde und der Schlußschein nicht perfect werde, werde sich eine Bauspeculation auf dem Gebiet ent⸗ wickeln, namentlich durch die Hereinbeziehung des Dorfes Gaarden, sodaß nach zehn Jahren das Gebiet durch Enteignung vielleicht das Zehnfache koste. Er schließe sich dem Antrage auf nochmalige Com⸗ missionsberathung an. Die Sache sei zu ernst und zu wichtig, als daß man sie kurzer Hand abmachen könne. Selbst wenn die Docks nicht gebaut würden, lbrauche die Werft den Grund und Boden für ihre

Abg. Lr. Hänel (dfr): Gerade in denjenigen J Gegenden, um die es sich handele, jenseits des Hafens, liege die Preissteigerung.

der Creiedrigung in der Hand der Marineverwaltung.

2 aus anderen Gründen lägen auf der anderen Site de . neue Kanalbauten und dergleichen in Frage, kommen fon uten. Daß, als die Pläne der. Marineverwaltung ekannt. ge⸗ worden seien, eine ewisse Speculation aufgetreten sei, sei selbstver⸗ stãndlich; aber ohe die Marine von diesem rund stckẽerwerhe nrücktrete, falle dieser . der Preissteigerun (wollkemmen weg. Die Zurückweifung an die ommission sei nicht nöthig. Werde diese den⸗ 2 beschlossen, so bitte er die Marineverwaltung, auch auf andere Ver⸗ altnisse Fäcsficht zu nehmen und endlich einmal darüber Auskanft zu eben, namentlich über die Gemeindeverhãltuisse von Gaarden. Die eh altigen Vortheile, welche die Stadt Kiel durch die Entwicklung ker Marine habe, benachtheiligten gerad die kleinen Gemeinden bei der Stadt, in denen die großen Etablissements lägen, wodurch ihre Vereinigung mit der Stadt. geradezu unmöglich gemacht werde. Prasident von Levetzow bittet den Redner, bei der Sache zu Fieiken Er spreche von der Einwirkung des hier in Rede stehenden Grunderwerbs auf die Gemeindeverhältnisse und wolle nur die Ver— urg darauf aufmerkfam machen. (Präsident von

jetzt erreicht Es handele sich doch um Auftlärungen in der e. die sich an die Grundstückserwerbung knüpften. (Prä-

sident: Daran will ich Sie nicht Kindern, aber wenn jeder Redner so

denken wo 1 ; Ten Aufführungen von der anderen Seite wolle er entgegnen, er

gabe fie nicht herbeigeführt. Er könne daran doch nicht gehindert . ; (Präsident: Daran

eit in Anspruch nehme, aran werde ich Sie nicht hindern können und nicht hindern, wellen.) Die Marineverwaltung müsse auch zu diesen Gemeindefragen Stellung nehmen, zu denen sie sich bisher lediglich negativ ver⸗ halten habe, wodurch Befürchtungen wegen der. Gemeindeverhältnisse herbeigeführt seien. Diese Grundstückserwetbungen würden einen wesenklichen Einftuß auf die Besteuerungsverhältnisse der Gemeinden ausüben. Diese Frage müsse der Commifsion unterbreitet werden.

Commissar des Reichs⸗-Schatzamts, Geheimer Ober⸗-Regierungs⸗ Rath Plath: Auch seitens der Finanzverwaltung werde darauf Werth gelegt, daß der Antrag. des Grafen Behr nicht kurzer Hand abge— fehnt werde. Die Verhältnisse lägen anders, als der Abg. Dr. Hänel voraussetze.

werden, nur weil es

s handele sich nicht nur um die allgemeinen Specu— lationsverhältnisse jenseits und diesseits des Hafens, fondern um die Verhältnisse bestimmter Grundstücke. Bei der Wichtigkeit des vor— siegenden Projects habe der Reichskanzler im vorigen Jahre durch Commissare der Finanz- und Marineperwaltung Erhebungen an Ort und Stelle anstellen lassen. Es sei festgestellt worden, daß für das Project der Marxineverwaltung die in Aussicht genommenen Grund⸗ stücke nicht entbehrlich seien. Darunter sei namentlich das Gruadstück eines Vergnügungsetablissements in Frage gekommen. Der Besitzer habe gewisse Forderungen gestellt und seine Absicht nachgewiesen, in nächster Zeit das Etablissement zu vergrößern, besonders durch Anbau eines Tanzsaals, der großen Gewinn berspreche. Er habe auch schon Vorbereitungen dazu getroffen und es sei eine bestimmte Punctation unter dem Vorbehalt der Genehmigung des Projects durch den Reichstag mit dem Besitzer erzielt worden. Werde der Grunderwerb jetzt abgelehnt, so werde der Besitzer sein Project ausführen, und für welchen Betrag vielleicht schon im nächsten Jahre das Grundstück zu haben sei, stehe dahin. Denn das Etablissement des Besitzers habe bei der großen Arbeiterbevölkerung Kiels und da die Benutzung des Tanzsaals in kurzen Zwischenräumen von der Polizeibehörde bereits zugestanden sei, eine große Zukunft und der Besitzer werde diesen Vortheil gewiß nicht gering anschlagen. . ; ;

Abg. Jebsen (ul.) will zuvor einen Kostenanschlag sehen, ehe er eine so bedeutende Ausgabe bewillige. Auch sei ihm die Eile nicht ganz verftändlich, mit der man den Grunderwerb betreibe.

Der Antrag auf Zurückverweisung des Titels wird ab⸗ gelehnt; für die Etatsforderung erhebt sich niemand. Der An— trag Hahn fällt damit. . . .

Zum Bau von Arbeiterwohnhäusern für die Werft in Kiel werden 202060 S6 verlangt. Die Commission hat im Hinblick darauf, daß Wohnungsnoth dort nicht bestehe, vielmehr zahlreiche Wohnungen leer ständen, die Forderung für dieses Jahr abgelehnt. .

Das Haus beschließt demgemäß ohne Berathung.

Der Reft des Extraordinariums wird ohne Besprechung erledigt, auch die Einnahmen nach dem Etatsanschlage ge— nehmigt. .

Es folgt die Fortsetzung der zweiten Bergthung des Telegraphengesetzes, von dem zunächst die Abstimmung über den S 7a (Schutz der Telegraphenleitungen) noch rück— ständig ist.

Der Antrag Lieber-Spahn, wonach die Telegraphen⸗ leitungen möglichst so anzulegen sind, daß sie weder andere Anlagen störend beeinflussen können, noch von solchen störend beeinflußt werden, wird abgelehnt. .

Vor der Abstimmung über den Antrag Bar, wonach die Reichs-Telegraphen verwaltung verlangen kann, daß andere Leitungen in sich selbst geschützt werden, wenn sie eine Stö⸗ rung der Telegraphenleitungen befürchten lassen, vorausgesetzt,

daß die Telegraphenleitung selbst den bezüglichen Ansprüchen genügt, bezweifelt Abg. Hr. Dohrn (dfr.) die Beschlußfähig⸗

keit des Hauses. Der Namens aufruf ergiebt die Anwesenheit

von nur 188 Mitgliedern. Das Haus ist also nicht beschluß

fähig, die Sitzung muß abgebrochen werden. Schluß 48 / Uhr.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 23. Sitzung vom Dienstag, 1. März.

Der Sitzung wohnen der Minister des Innern Herrfurth und der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden bei.

Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Berathung des Staatshaushalts-Etats für 18392 953, und zwar des Etats des Ministeriums für Handel und Gewerbe. ;

. Zuschüssen für Fortbildungsschulen werden 410 000 6

gefordert. Abg. Schmidt-Elberfeld (dfr.): Der für die Fortkildungsschulen in dem Etat ausgeworfene Betrag sei leider nicht höher wie in den früheren Jahren, vermuthlich deshalb, weil aus früheren Jahren noch viele übertragbare Mittel vorhanden seien und weil, wie der Finanz⸗Minister bei Ueberreichung des Etats mitgetheilt abe, eine große Entsagung der einzelnen Minister nothwendig gewesen sei, um die n ru, des Etats zu erreichen. Er möchte den Minister um Auskunft darüber bitten, wie groß die Mittel seien, die für die Fortbildungsschulen zur Verfügung ständen. Fs würde auch erwünscht sein, wenn im Etat des nächsten Jahres detaillirt angegeben würde, an welche Provinzen und Städte diese Unterstützungen der Fortbildungsschulen fielen und in welchem Betrage. AUnter⸗Staatsseeretär Magdeburg: Der Minister sei durch Krankheit verhindert, die Vertretung seines Ressorts persönlich zu übernehmen. Auf die Anfrage des Abg. Schmidt erwidere er, daß die übertragbaren Bestände aus dem Jahre 1890/91 nur unerheb⸗ iche gewesen feien und bis zum 31. d. M. völlig zur Erschöpfung ge— angen würden. In der letzten Zeit habe sogar seitens der Ver⸗ waltung mit großer Umsicht und Zurückhaltung bei der Bewilligung neuer Zuschüsse vorgegangen werden müssen, um eine Ueberschreitung dieses Ctattitels zu vermeiden. Eine Uebersichk darüber, in welcher

2 Levetzow: Wenn Sie nur darauf aufmerksam machen wollen, so haben Sic

llte, so würde unsere Budgetberathung endlos sein Gerade

Weise sich die Zuschüsse auf die verschiedenen Provinzen vertheilten, dem Hause gegenwärtig vorzulegen, sei er außer Stande. Einen An⸗ haltspunkt hierfüt gebe aber die Denkschrift über die Entwickelun der Fortbildungsschalen, die dem Haufe zugegangen sei. Dort finde sich eine Uebersicht über die Zahl der vorhandenen Gewerbe, und Fort— bildungsschulen und der dieselben besuchenden Schüler. Die Zuwen⸗ dungen seien zwar in dieser Uebersicht nicht enthalten, immerhin gebe sie eine Grundlage für die Beurtheilung der Vertheilung der Fort— bildungsschulen innerhalb der Monarchie. .

Zur Errichtung und Unterhaltung der Fortbildungsschulen in den Provinzen Westpreußen und Posen sind 350 000 ausgeworfen. .

Abg. Schmidt -Elberfeld (dfr):; Soviel ihm bekannt ge— worden, seien Ersparnisse bei diesem Titel vorhanden, und er möchte die Staatsregierung bitten, diese Ersparnisse für die anderen Fort— bildungsschulen zu verwenden. . ö

Unter⸗Staatssecretär Magdeburg: Das sei etatsmäßig nicht zulässig. Vorhanden seien solche Ueberschüsse, weil ein Erkenntniß des Kammergerichts bisher der Durchführung der Zwangsfortbildungs— schule Hindernisse entgegen gestellt habe, die aber jetzt beseitigt seien. Diese Ueberschüfse würden jetzt im Interesse derselben Schulen Ver— wendung finden. ; .

Als Zuschüsse zur Unterhaltung gewerblicher Zeichen⸗ Baugewerk, Webe⸗ und anderer Fachschulen sind 748181 66 eingesetzt. . .

Abg. Schmidt-Elberfeld (dfr. : Die im vorigen Jahre über die Fachschulen erschienene Denkschrift sei Gegenstand der Berathungen der ständigen Commission für das technische Schulwesen gewesen, welche am 5. und 6. Juli v. J. hier getagt habe deren Protokoll freilich erst im Januar d. J. erschienen sei. Diese. Commission habe fehr anerkennenswerthe Beschlüsse gefaßt, denen die Regierung ich hoffentlich anschließen werde; diese Beschlüsse beträfen die feste Anstellung und die Pensionsfähigkeit der Lehrer, Gegenstände, denen gegenüber die Regierung sich bisher ablehnend verhalten habe, weil das betreffende Lehrermaterial kein sehr gutes sei. Wenn man den Lehrern aber nach einigen Jahren Probezeit die feste Anstellung und die Pension in Aussicht stelle, würden sich schon tüchtige Lehrer melden. Es sei auch zu wünschen, daß das Durchschnittsgehalt der Fachgewerkschullehrer erhöht werde. Ferner sei zu bemängeln, daß die Lehrer nach der jetzigen Verfassung der Fachschulen viel zu sehr vom Director abhängig feien und daß sie in Beschwerdefällen schon darurn wenig Aussicht auf Erfolg hätten, weil in der Aufsichtsbehörde nur Juristen und gar keine fachmännisch gebildeten Männer säßen. Schließlich müsse er sich über die Schließung der Baugewerkschule zu Iserlohn beklagen. Dort habe der Staat einen Zuschuß gezahlt, die Hauptlast habe aber auf der Stadt gelegen, trotzdem habe der Staat für sich das Recht in Anspruch genommen, die Lehrer anzu— stellen, die Lehrpläne aufzustellen, den Etat festzusetzen und verlangt, die Stadt solle sich zur Zahlung ihres Beitrages auf so lange Zeit verpflichten, als der Staat die Schule fortbestehen lassen werde. Allem habe sich die Stadt gefügt, sie habe mr gebeten, den Lehr— plan so einzurichten, wie es die städtischen und gewerblichen Ver—⸗ hältnisse erforderten; als Antwort sei ein Ministerialreseript gekommen, das die Auflösung der Schule verfügt habe. Dieses Verhalten sei doch ungerecht, und er bitte, Remedur eintreten zu lassen.

Abg. Pleß⸗Wülheim (Centr. ): Zur Innungsfrage meine auch er, daß die heutige Großindustrie hunderte von Existenzen aus dem mittleren Bürgerstande und Kleingewerbe ruinire; da sollte die Regierung doch die Mittel ergreifen, durch die sie vor Jahrhunderten, im Mittelalter, das Kleingewerbe lebensfähig erhelten habe. Bezüglich der Fachschulen bedauere er, daß die in Folge unserer ungünftigen Finanzlage sehr beschränkten Mittel so ungleichmäßig zur Vertheilung kämen. Die Webeschule in Krefeld mit insgesammt 179 Schülern und Hofpitanten, wozu allerdings noch 140 Sonntagsschüler kämen, die aber den eigentlichen Schülern nicht gleichgerechnet werden könnten, erhalte 42 600 . Zuschuß, pro Kopf also, die Sonntagsschüler eingerechnet, 133 „6, oder, die Sonntagsschüler abgerechnet, 238 6. Die Webeschule in Mülheim aber erhalte viel weniger Zuschuß, trotzdem ihre Leistungen sich dadurch als die besten qualificirten, daß ihre Schüler sofort nach dem Ver⸗ lassen der Schule ftets Anstellung fänden. Er bitte also, die Mül⸗ heimer Schule in Zukunft ein Wenig mehr zu berücksichtigen.

Abg. von Pilgrim lfreicons.): Unsere Baugewerksschulen, in welchen tüchtige, technisch geschulte Handwerker ausgebildet würden, seien vortrefflich organisirt und hätten sich von Jahr zu Jahr vervoll— kommnet. Auch in diesem Jahre erschienen erhöhte Forderungen für diesen Zweck in Etat; in Königsberg i. Pr. sei eine neue Bau— gewerkschule errichtet worden. Es sei aber unbillig, wenn von kleinen, wenig leistungsfähigen Gemeinden immerhin bedeutende Zuschüsse zur Erhaltung solcher Schulen verlangt würden. Er habe dabei vor ollem die kleine Stadt Höxter im Regierungsbezirk Minden im Ange. Sie habe noch vor drei Jahren ein neues Schul- und Dienstgebäude für 200 006 M errichtet und könne die Lasten kaum erschwingen. Alle Petitionen um Verstaatlichung der Schule seien bisher erfolglos geblieben. Er wiederhole deshalb die Bitte öffent⸗ lich an den Minister, er möge dem jetzigen Zustand ein Ende

machen. Eine Verstaatlichung der Schule würde die Qualität der Lehrer werbessern, denn die Lehrer würden besser besoldet und

pensionsberechtigt werden. Er bitte im Interesse der ausgleichenden Gerechtigkeit, diese kleine Stadt von diesem bedeutenden Opfer zu befreien. . J

Abg. Schmidt⸗Warburg (Centr.) schließt sich diesem Wunsche an.

Abg. Freiherr von Wackerbarth (cons. ); Er möchte an die Regierung die Frage richten, ob die Staatsregierung vom 1. April 1893 an, wenn der Bau der Webeschule in Sorau ausgedehnt sein sollte, die Lasten, welche die Gemeinde zu tragen habe, zu erhöhen gedenke, eventuell in welchem Maße. Es würde sich empfehlen, den Staatszuschuß zu verstärken. .

Abg. Frie derichs-⸗Gummersbach (nl,): Die Berücksichtigung, welche die Fachschulen im diesjährigen Etat fänden, entspreche nicht den Erwartungen der Freunde dieses Schulwesens, nicht den Zielen, die die Regierung in ihrer Denkschrift vorgezeichnet habe. Er könne sich nicht damit zufrieden geben, daß auf die allgemeine Finanzlage hingewiesen werde. Es gebe Ausgaben, die unter keinen Ümständen eingeschränkt werden dürften, dazu gehörten, die für die Weiter— entwidkelung des Fachschulwesens. An Uebelstände im Fachschulwesen sei nicht überall die bessernde Hand angelegt worden. Der Abg. Schmidt habe schon hingewiesen auf die Pensionsberechtigung der

Lehrer. Man werde ohne diese niemals das nöthige Angebot von hervorragenden, technisch durchgebildeten Kräften für Liese Schulen bekommen. Für die definitive Anstellung der Lehrer

könne er jedoch nicht eintreten. Er habe zu viel Erfahrung darin, als daß er nicht anerkennen müsse, daß man für diese neue Art von Schulen aus den verschiedensten Berufskreisen die Lehrer wählen müsse, daß eine Einheit im Unterricht garnicht herzustellen sei und daß die Schüler müßten von einem Lehrer befreit werden können, der zu eigenartig oder zu eigensinnig in seiner Auffassung vorgehen wolle. Geheimer Ober⸗-Regierungs-Rath Lüders: Dem Abg. Schmidt könne er nur erwidern, daß die zur Verfügung gestellten Mittel verwendet seien zu Gehaltsaufbesserungen der 16 an Fachschulen u. s. w. Hätte die Regierung mehr Geld gehabt, dann würde der Abg. Schmidt seine Klagen nicht haben zu erheben brauchen. Die Mittel hätten

nicht anders vertheilt werden können, als man es gethan habe. Daß

die Kündigungsfrist von sieben auf sechs Monate festgesetzt sei, solle keine Benachtheiligung der Lehrer sein, sondern sie sollten gerade dadurch besser gestellt werden, daß die Kündigung nur an einem Semester⸗ schluß stattfinden könne. Bessere Verhältnisse an den Fachschulen zu schaffen, sei der Wunsch der Regierung seit vielen Jahren; aber die zur Beseitigung der Schäden nothwendigen Mittel seien nicht da, und so könne auch nichts dafür geschehen. Das Streben der. . sei dahin gegangen, die Stadt Iserlohn nicht zu sehr mit dem Zuschuß

zu der betreffenden Anstalt zu belasten. Da Klagen darüber laut ge—⸗ worden seien, daß das Fachschulgebäude nur ausreiche für die Hälfte

der Schüler, so habe die Regierung geglaubt, auf die Erbauung eines neuen Schulgebäudes hinwirken zu müssen. Verhandlungen hätten bereits stattgefunden und würden hoffentlich in diesem Sommer zur Zufriedenhelt der Stadt beendigt werden können. Daß der Mülhei—⸗ mer Fachschule ein ebenso großer Zuschuß seitens des Staats gegeben werdé wie der Krefelder, fei nicht möglich. In Höxter sei das Schul⸗ gebäude so baufällig gewesen, daß es den Schülern über dem Kopf zu⸗ fammenzubrechen gedroht habe; es habe also unter allen Umstãnden eine neue E ne gebaut werden müssen. Ohne Geld sei aber nichts zu machen und so habe auch der Gemeinde der Zuschuß nicht erlassen werden können. Was Sorau anbetreffe, so habe auch dort durch einen Umbau die Schule verbessert werden müssen; die Staatsregierung habe ihren Zuschuß auf 11 400 ( erhöht, mehr zu thun, sei sie nicht im stande gewesen. ,

Abg. Conrad-⸗Flatow (ons.) tritt ebenfalls für die Pensions⸗ berechtigung der Lehrer und Directoren an den Fachschulen ein und empfiehlt die Vertheilung der Kosten für die Fachschulen so, daß die Gemeinden nur die Gebäude und deren Unterhaltung zu tragen hätten, während der Staat die persönlichen Kosten übernehme.

Zur Ausbildung von Kunst— und anderen Handwerkern sind 35 000 αι ausgesetztt. .

Abg. Goldschm dt (dfr. ):: Die Großherzogliche Regierung zu Weimar errichte in Ilmenau eine Fachschule ür, Glasblãser. Der richtige Industriezweck der Glasbläserei sei auch in den preußischen Theilen von Thüringen ein ausgedehnter, theils in der Fabrik, theils in' der Hausinduftrie. Dieser Erwerbszweig sei aber durch die mangelnde Ausbildung der Glasbläser sehr zurückgegangen. Die meisten von ihnen verstünden nur ein Instrument oder auch nur einen Instrumententheil anzufertigen. Das habe den großen Nachtheil her⸗ Feigeführt, daß häufig für den einen Artikel eine Ueberproduction einkrete, bei einem anderen ein Mangel. Da es sich um die Herstel⸗ lung von Instrumenten handele, die der Medizin, der Chemie, der Physik dienten, und dort die Anfertigung der elektrischen Beleuch⸗ tungskörper besorgt werde, möchte er die Königliche Staatsregierung bitten, dafür zu sorgen, daß auch preußische Glasbläser Zutritt zu der Weimarischen Fachschule erhielten und daß durch Stipendien auf Grund des vorliegenden Titels der Besuch der Schule ermög—⸗ licht werde. . . e

Beim Dispositionsfonds zur Förderung des gewerblichen Unterrichtswesens empfiehlt k ö

Abg. Dr. Lotichius (b. k. F.) die Einrichtung von Schiffer⸗ schulen für die bessere Ausbildung der Stromschiffer,

Wirklicher Geheimer Ober-Kegierungs-Rath Wendt: An der Elbe beständen Schifferschulen, welche von Vereinen unterhalten

würden und sich gut bewährt hätten. Die Regierung werde die Sache weiter im Auge behalten; es sei aber zweifelhaft, wohin man eine solche Schule am Rhein legen solle.

Die laufenden Ausgaben werden ohne weitere Debatte bewilligt. Unter den einmaligen Ausgaben befindet sich auch die erste Rate von 150 009 S zur Errichtung eines Dienst— wohngebäudes für den Minister für Handel und Gewerbe. Die Budgetcommission beantragt, diese Forderung zu streichen und die Regierung zu ersuchen, nochmals in Erwägung zu nehmen, ob nicht das Dienstwohngebäude, für den Herrn Handels⸗-Minister in den Gärten des Dienstgebäudes des Königlichen Handels- und Staats-Ministeriums zu errichten sei.

uͤnter⸗Staatssecretär Magdeburg: Die Regierung halte an der Vorlage fest und halte es nicht für angebracht, einen so dringend nothwendigen Bau zurückzustellen. Der Plan, die Wohnung im Garten des Handels-Ministeriums zu errichten, sei geprüft, aber als unzureichend befunden worden. Wenn das Haus den Com⸗ missionsantrag annehmen sollte, werde der Plan noch einmal geprüft werden. Aber die Regierung werde bei Zurückstellung des Baues genöthigt sein, für den Minister an Stelle der nicht ausreichenden Dienstwohnung eine neue Dienstwohnung zu miethen, .

Das Haus tritt dem Antrage der Commission bei.

Bei der Forderung von 260 000 6 zur Ausrüstung der Webeschule in Reichenbach kündigt .

Abg. Lückh off (freicons.) für die dritte Lesung des Etats eine ein⸗ gehende Erörterung der Lage der schlesischen Handweber an. Die vom Handels-Minister im vorigen Frühjahr berufene Conferenz sei darüber einig gewesen, daß eine wirksame Abhilfe der unter den schlesischen Webern herrschenden Noth nur durch den Ausbau von Eisenbahnen in den betr. Kreisen möglich sei. Ob die Staats⸗ regierung diesen Weg betreten habe, wisse man nicht, da die Secundaͤrbahnvorlage noch nicht vorliege. Er beschränke sich deshalb darauf, dem Minister seinen Dank für die zur Errichtung einer Webeschule in Reichenbach ausgesetzte Summe auszusprechen.

Im übrigen werden die einmaligen Ausgaben ohne Debatte bewilligt. ; .

Es folgt der Etat der Ansiedelungscommission. Beim Titel 1 der Ausgaben erneuert

Abg. von Czarlinski (Pole) den Widerspruch der Polen gegen das Gesetz 5 welches mit den Grundsätzen der Verfassung nicht übereinstimme. Mit ruhigem Blute könnten die Polen nicht zu— sehen, wie ein großer Staat gegen einen kleinen Theil seiner ruhigen Unterthanen Krieg führe. Die polnische Bevölkerung habe zu solchen Maßnahmen keine Veranlassung gegeben und es liege kein Grund vor, die Maßnahmen aufrecht zu erhalten.

Abg. Knebel (n.): Das Gesetz, gegen welches sich der Vor— redner gerichtet habe, stehe heute nicht auf der Tagesordnung. Ihm sei auch wohl hauptsächlich darum zu thun, einen Protest gegen die Ausführung des Gesetzes zu erheben. Seine (des Redners) Partei habe den dringenden Wunsch, daß die weiteren Ausführungen des Gesetzes in nachhaltiger und fester Weise erfolgten. Die Thätigkeit dieser Commission sei für den gesammten Bauernstand von Be— deutung, denn die Staatsregierung werde dadurch dem Bauernstande näher gebracht und könne seine Bedürfnisse besser beurtheilen. Redner geht auf die Einzelheiten der Denkschrift über die Thätigkeit der Ansiedelungscommission ein. Die Einkaufspreise stellten sich auf 615 M für den Hektar, der Verkaufspreis auf 648 6 für den Hektar. Diese Differenz sei angesichts der aufzuwendenden Kosten eine sehr geringe, deshalb sollte man keine heruntergekommenen Güter kaufen, weil es zu große Kosten erfordere, sie wieder ordentlich in den Stand zu bringen. Es werde nothwendig sein, über Ein- und Verkauf eine genaue Bilanz aufzustellen. Es möchte sich auch wohl empfehlen, den Bericht der Ansiedelungẽscommission der Agrarcommission zu über— weisen.

Abg. Som bart (nl. bemängelt, daß die Landmesser als Sub— alternbeamte in der Denkschrift behandelt seien. Die Arbeiten der Commission zeigten einen erfreulichen Fortschritt.

Abg. Seelig (dfr.): Er stehe heute noch auf dem ablehnenden Standpunkt dieser Vorlage gegenüber, wolle aber auf die politische Seite nicht eingehen, sondern nur die wirthschaftliche prüfen. Es handele sich darum, den Großgrundbesitz, wo er in unzweckmäßiger Weise vorhanden sei, in Kleinbesitz überzuführen. Die Großgrund⸗ besitzer kämen auch immer mehr zur Ueberzeugung, daß nach dieser Richtung hin gestrebt werden müsse. Ein schlesischer Gutsbesitzer habe von seinen 3000 Morgen 600 verpachtet, weil er dadurch höhere Einnahmen erziele und weil er in der Lage sei, das übrige Land intensiver zu bewirthschaften. Redner theilt mit, daß seinem Wunsch, die Ansiedelungsländereien näher kennen zu lernen, in der zuvorkommendsten Weise begegnet worden sei. Der ganze Plan der Ansiedelungscommission sei mit großer Umsicht auf⸗— gestellt und durchgeführt worden. Der Eindruck sei ein durchaus erfreulicher. In einem Falle habe er erfahren, daß das zum Getreidebau bestimmte Land seit 25 Jahren keinen Dünger erhalten habe; nur das für den Kartoffelbau bestimmte Land sei gedüngt worden; das sei eine Folge der Entwickelung der Branntwein⸗ brennerei. Wenn so heruntergewirthschaftete Güter angekauft würden, dann sollte man in der Zwischenverwaltung, ehe die Güter parcellirt würden, nicht zu sparsam wirthschaften, weil sonst die Bauern den