satzung der in heimischen Gewässern befindlichen Schiffe hat in der zweiten Hälfte des Monats September 1892 stattzufinden. h. Die Dekonomie⸗Handwerker der Werftdivisionen sind am 29. September 1892 zu entlassen. . .
II. Einstellung der Rekruten: Die Zahl der einzustellenden Rekruten und die Einstellungstermine sind von Ihnen nach dem vor— handenen Bedarf innerhalb der Grenzen des Etats festzusetzen.
Berlin, den 29. Februar 1892. kö il helm.
An den Reichskanzler (Reichs-Marineamt).
Durch Allerhöchste Cabinetsordre ist bestimmt, daß Mann— schaften der Marine, welche nach Eintritt der Mobilmachung zur Dienstleistung in Offizierstellen herangezogen werden, den Offiziersäbel, das silberne Portepee und — als besonderes Sffizier⸗Stellvertreter-Abzeichen — Schulterklappen mit den Abzeichen ihrer Branche bezw. dem Emblem der See— bataillone und mit einer Einfassung von goldener 16 mm breiter Tresse auf den Röcken bezw. Jacken und Waffenröcken, den Ueberziehern, Mänteln, Bordjackets und Schiffsröcken zu tragen haben. Ferner haben Seine Majestät genehmigt, daß zur großen und kleinen Uniform der Seeoffiziere mit ange⸗ zogenem Paletot an Stelle der Epauletten Achselstücke an— zulegen sind.
Das „Marineverordnungsblatt“ veröffentlicht die nach— stehenden Allerhöchsten Bestimmungen über die Seiner Majestät dem Kaiser und Könige zu erstattenden persön⸗ lichen militärischen Meldungen und die Allerhöchsten Ortes nachzusuchenden Audienzen; ‚ ⸗
I) Alle activen, sowie die zur Disposition stehenden Offiziere, Sanitäts⸗-Offiziere und oberen Marine⸗Beamten sollen — wie bisher — berechtigt fein, in allen Fällen, in denen sie befördert, durch Aller⸗ höchste Cabinets-Ordre versetzt oder commandirt sind, bezw. wenn ihnen ein Allerhöchster Gnadenbeweis zu theil geworden ist, sich bei Seiner Majestät persönlich zu melden. Patentverleihungen, sowie Bewilligung des Gehalts einer Charge sollen indeß als Anlaß zur Meldung nicht angesehen werden. . .
2) Zum Zwecke der Abstattung derartiger Meldungen dürfen Reisckosten nicht gewährt werden; es sollen daher Reisen an das Allerhöchste Hoflager zu dem fraglichen Behuf nicht unternommen werden, vielmehr sind etwaige persönliche Meldungen auswärtiger Offi⸗ ziere 2c. event. gelegentlich der Anwesenheit Seiner Majestät in den bezüglichen Probinzen abzustatten. Admirale und Stabsoffiziere, welche anläßlich ihrer Versetzung oder aus sonstigen dienstlichen Gründen den Ort des Hoflagers an folchen Tagen berühren, an denen Seine Majestät Meldungen entgegennehmen, sollen auf ihren Wunsch zur Meldung zugelassen werden. .
3) Diejenigen Offiziere, welche sich in Immediatstellung befinden und Veranlassung zu anderweitigen als vorstehend unter 1 erwähnten dienstlichen Meldungen haben, können solche nach vorheriger Anfrage jederzeit erstatten. . 3 2 allgemeinen werden die persönlichen Meldungen bei Seiner Majestät gelegentlich der Parole-Ausgaben, Paraden, Besich— tigungen oder Truppenübungen erstattet. . .
In den Königlichen Schlössern ꝛc. oder wo senst Seine Majestät
auf Reisen Quartier nehmen, sollen zur persönlichen Meldung zuge— lassen werden: a. die aetiven Admirale und Stabsoffiziere; b. die Offiziere in Immediatstellungen; e die Offiziere im Bereich derjenigen Marinestation, innerhalb welcher Seine Majestät Sich vorübergehend aufhalten; d. die Offiziere vom Reichs-Marineamt; e. die Offiziere pom Ober⸗Commando; f. die persönlichen Adjutanten; g. die Sa—⸗ nitäts-Offiziere vom General-Arzt zweiter Klasse aufwärts; h. die oberen Marine⸗Beamten vom Range der Räthe dritter Klasse auf— wãärts. 4 ö . 5) Die Admirale zur Disposition, die Offiziere des Beurlaubten⸗ standes, welche zum activen Dienst einberufen sind, sowie die ingetiven Sffiziere, welche in der Rangliste der activen Marine stehen, sich bei Marinetheilen oder Behörden zum Dienst befinden oder reactivirt find, haben während der Dauer ihres bezüglichen Dienstverhältnisses gleiche Berechtigung zur persönlichen Meldung bei Seiner Majestät wie die activen Offiziere.
6) Jede persönliche Meldung bei Seiner Majestät bedarf der vorherigen Anmeldung. Die in Immediatstellungen hefindlichen Offi⸗ ziere wenden sich zu diesem Behuf direct an den diensthabenden Flügel⸗ Adjutanten Seiner Majestät, von dem sie alsdann die entsprechende Benachrichtigung über Ort und Zeit zu erwarten haben. Alle übrigen Sffiziere c. haben ihre Anmeldung bei dem Commandanten bezw. Garnisonältesten des Ortes, an welchem das Allerhöchste Hoflager sich befindet, anzubringen. Dieser stellt die Liste der Angemeldeten zu⸗ sammen und übersendet dieselbe vor der Meldung Seiner Majestät.
7) Die regelmäßigen militärischen Meldungen finden bis auf weiteres in den Residenzen Berlin und Potsdam an jedem Dienstag und Sonnabend um 1 Uhr Mittags statt. Fällt infolge Allerhöchsten Befehls die angesetzte Meldung aus, so liegt den betreffenden Com⸗ mandanturen die Verpflichtung ob, die Angemeldeten hiervon möglichst zeitig zu benachrichtigen. 8 Die Anmeldung zur persönlichen Meldung bei Seiner Majestät muß außer dem Anlaß zur Meldung auch die Charge, Marinetheil, sowie die Wohnung bezw. das Absteigequartier des B treffenden enthalten und möglichst frühzeitig, spätestens aber bis Mittag des der Meldung vorausgehenden Tages erfolgen.
I Hat in einzelnen besonderen Fällen eine vorherige rechtzeitige Anmeldung nicht stattfinden können, so sind die Commandanten von Berlin und Potsdam ermächtigt, die Betreffenden, auch ohne daß sie in die Seiner Majestät vorher einzureichende Liste aufgenommen sind, zur Meldung zuzulassen.
10) Alle verabschiedeten, sowie die à la suite der Marine stehen⸗ den, nicht in activen Dienststellungen befindlichen Offiziere, welche bei Seiner Majestät Audienz zu erhalten wünschen, haben sich dieserhalb an das Ober⸗Hof-Marschallamt Seiner Majestät zu wenden.
11) Bei den Meldungen der nicht in Immediatstellungen befind⸗ lichen Offiziere ꝛc. ist der betreffende Commandant ꝛc. zugegen.
12) Offiziere c., welche Audienzen bei Seiner Majestät nach⸗ suchen wollen, haben sich, die Meldung bei ihrem Vorgesetzten voraus— gesetzt, unter Darlegung der Veranlassung schriftlich an den Chef des Marinecabinets zu wenden.
13) Fremdherrliche Offiziere haben bezügliche Wünsche durch Ver— mittelung ihrer Botschaft bezw. Gesandtschaft 2c. an das Auswärtige Amt zu richten, von wo die betreffenden Anträge dem Chef des Marinecabinets übermittelt werden.
S. M. Kreuzer „Condor“ ist der Marinestation der Dstsee zugetheilt worden.
S. M. Kanonenboot „Wolfe,, Commandant Corvetten— Capitän Hellhoff, ist am 4. März in Wuhu angekommen
3 .
und beabsichtigt, am 7. März nach Nanking in See zu gehen.
Das „Marine-Verordnungsblatt“ veröffentlicht folgende Nachrichten über Schiffsbewegungen (Datum vor dem Orte bedeutet Ankunft daselbst, nach dem Ort Abgang
von dort):
S. M. Av. „Blitz! Kiel. (Poststation: Kiel) S. M. S. „Blücher“ Kiel. (Poststaͤtion: Kiel.) S. M. Krzr. Bussard“ 13./12. Apia. — 17.2. Auckland. (Poststation: Sydney.) S. M. Ap. „ Greif“ Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Krzr. „Habicht! 2/2. Capstadt 15.3. — Togo. (Poststation: Kamerun.) S. M. Fhrzg. „Hay“ Wilhelmshaven. (Poststation:; Wilhelmshaven.) S. M. DVacht Hohenzollern · Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Knbt.
BSyäne! 5.2. St. Thoms 8. / 2. — Bonny 20. 2. (Poststation: Kamerun.) S. M. Knbt. „Iltis“ 23/1. Shanghai 11/2. — 16.2. Hongkong. 1 Hongkong.) S. M. Fhrzg. Loreley. Konstantinopel. (Poststation: Nonstantinopel) S. M. S. „Mars“ Wilhelms haven. (Post⸗ Wilhelmshaven. S. M. Krzr. Möwe“ San⸗ sibar 30/1. — 17.2. Calicut 182. 21.2. Bombay. — San⸗ sibar. (Poststation: Sansibar) S. M. S. „Moltke“ 11/2. St. Thomgs 4.3. — La Guayra. (Poststation; Kingston (Jamaica). S. M. Fhrzg. Nachtigal! Kamerun. (Peststatlon; Kamerun.) S. M. Thrzg. „Otter“ Kiel. (Poststation: Kiel) S. M. Transport- dinpfr. „Pelikan“ Kiel. (Poststation: Kiel) S. M. Minenschulschiff Rhein“ Kiel. (Poststation: Kiel) S. M. Krzr. „Schwalbe“ 27.1. Dar⸗es⸗Salam. (Poststation: Sansibar.) S. M. Pzfhrzg. Siegfried? Wilhelmshaven. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. Krzr. Sperber! 6/6. Apia 15,12. — Rundreise durch die deutschen Schutzgebiete. (Poststation: Sydney,) S. M. Av. „Wacht. Kiel. e sfation! Kiel.) S. M. Knbt. Wolf“ Hankow 26.2. — Kinkiang. — Wuhu. (Poststation: Hongkong. Kreuzer-⸗Geschwader: S. M. S. „Leipzig (Flagg⸗ schifff, S. M. S. „Alexandrine“', S. M. S. „Sophie“ 19. /1. Sao Trancisco (Brasilien) 25. / 1. — 21.2. Capstadt 12/3. — Dar es Salam. (Poststation: Dar es Salam) Mansperflotte: S. M. S. „Baden“ (Flaggschiff), S. M. S. „Bayern“ Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. S. „Oldenburg“ Wilhelmshaven. (Poststation: Wilhelmshaven.) Uebungs-Geschwader: S. M. S. Rriedrich Carl“ (Flagg—⸗ schiff S. M. S. „Deutschland“, S. M. S. „Friedrich der Große, S. M. S. „Kronprinz! Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. S. Prinzeß Wilhelm“ Kiel 11/2. — 15. 2. Portsmouth, — Neu⸗ fahrwasser. (Poststation: Neufahrwasser) S. M. Av. „Pfeil“ 19. 12. Wilhelmshaven. (Poststation: Wilhelmshaven.)
Kamerun. — 20. 2.
station:
Merseburg,. 6. März Der 16 Tandtag der Provinz Sachsen wurde heute Mittag, nachdem zuvor im Dom ein Festgottesdienst stattgefunden hatte, durch den Ober⸗-Präsidenten von Pommer-Esche mit folgender An⸗ sprache eröffnet:
Hochgeehrte Herren!
Es gereicht mir zur besonderen Freude, Sie beim Wiederbeginn Ihrer Arbeiten Namens der Königlichen Staatsregierung von neuem willkommen zu heißen.
Seit Sie das letzte Mal hier versammelt waren, ist der Provinz Sachsen die hohe Auszeichnung und Ehre zu theil geworden, Seine Majestät den Kaiser und König mit Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin in ihrer Mitte ehrfurchtsvollst begrüßen zu dürfen. Die huld— vollen Gesinnungen, welche Ihre Majestcten während Ihrer wieder⸗ holten Anwesenheit in der Provinz Allerhöchst auszusprechen geruht haben, werden in der Erinnerung der Bevölkerung unvergeßlich fortleben.
Ihre vorjährigen Beschlüsse haben, soweit sie sich auf die ander— weite Regelung des Wegewesens der Provinz Sachsen bezogen, in der für diese unterm 11. Juli p. J. erlassenen Wegeordnung in weitem Umfange Berücksichtigung gefunden. Die von Ihnen befürwortete Veränderung der Grenzen zwischen dem Saalkreis und dem Stadt kreis Halle a. S. durch Zutheilung des Gutsbezirks Freienfelde an den letzteren ist durch Gesetz vom 19. Mai 1891 verwirklicht worden. Der von Ihnen ferner begutachtete Gesetzentwurf, be⸗ treffend den Rechtszustand der vom Herzogthum Sachsen-Meiningen an Preußen abgetretenen Gebietstheile im Kreise Weißen⸗ fels, sowie die Abtretung preußischer Gebietstheile an Meiningen hat gleichfalls die gesetzliche Sanction erhalten. Ihre gutachtliche Aeußerung über die Ihnen vorgelegte Frage wegen gesetzlicher Regelunkt der Entschädigungspflicht für an Milzbrand gefallene Thiere habe ich den Herren Ressort-Ministern mitgetheilt und in Uebereinstimmung mit Ihnen mich gegen die Ausdehnung der in dieser Beziehung für die hohenzollernschen Lande ergangenen Vorschriften auf die diesseitige Provinz ausgesprochen. Der von Ihnen beschlossene fünfte Nachtrag zu dem Statut des Provinzialverbandes von Sachsen hat in der von Ihnen festgestellten Fassung die Allerhöchste Bestätigung erhalten.
Während der bevorstehenden Tagung nimmt die Königliche Staatsregierung Ihre Mitwirkung für die Wahl der bürgerlichen Mitglieder der Ober-Ersatzcommissionen und für die anderweite Organisation der Denkmalspflege in Anspruch. Zu letzterem Zweck wird die Bildung einer Provinzialcommission und die Anstellung eines besonderen Provinzialeonservators vorgeschlagen. Nachdem die Provinzial-Landtage anderer Provinzen mit diesem Gegenstand befaßt worden sind, soll Ihnen ebenfalls Gelegenheit gegeben werden, sich über diese im Interesse der heimischen Denkmalspflege wichtige An⸗ gelegenheit, sowie insbesondere darüber schlüssig zu machen, ob und inwieweit hierzu Mittel der Provinz zur Verfügung gestellt werden sollen. Weitere Vorlagen der Königlichen Staatsregierung stehen vorläufig nicht in Aussicht.
Ihre diesmaligen Berathungen werden sich daher wesentlich mit den communalen Angelegenheiten des Provinzialverbandes zu be— schäftigen haben. Ueber die Ergebnisse der Provinzialverwaltung in der gegenwärtigen Haushaltungeé periode hat, der Provinzial-Ausschuß in gewohnter Weise einen umfassenden Bericht erstattet, welcher den erfreulichen Beweis liefert, daß die provinzielle Selbstverwaltung Sachsens eine wohlgeordnete ist und den ihr gestellten Aufgaben ge— recht zu werden mit bestem Erfolg bern ist. Der Haus⸗ haltsplan für die beiden nächsten Jahre wird auch dies— mal den Mittelpunkt Ihrer Berathungen bilden. Daneben wird Sie die Herstellung der für Ihre Verwaltung erforder—⸗ lichen Erweiterungs- und Neubauten beschäftigen. Besondere Beach— tung verdienen sodann diejenigen Vorlagen des Provinzial⸗-Ausschusses, die sich auf die Ausführung des Gesetzes vom II. Juli v. J. und die durch dasselbe anderweit geregelte Uebernahme der öffentlichen Für— sorge für Geisteskranke, Epileptische, Taubstumme, Blinde und Idioten beziehen. Unter diesen Vorlagen ist der Ihnen seitens des Provinzial— Ausschusses unterbreitete Vorschlag zur Errichtung einer Pflege⸗ und Heilanstalt für Epileptische von besonderer Bedeutung. Bei den von Jahr zu Jahr wachsenden Aufgaben und Be⸗ dürfnissen des Provinzialverbandes ist es unvermeidlich ge— worden, die Aufnahme einer neuen Anleihe Ihrer Beschlußfassung zu unterbreiten. Ich darf vertrauen, daß Sie mit der bisher bewährten Opferwilligkeit die zur Durchführung der Ihrer Verwaltung gestellten Aufgaben erforderlichen Mittel bewilligen werden. Die außerordent⸗ liche Zunahme der Geschäfte bei der Provinzialverwaltung und namentlich bei der Invaliditäts- und Altersversicherungsanstalt be⸗ dingen eine weitere Vermehrung der oberen Provpinzialbeamten, worüber Ihnen ebenfalls eine Vorlage zugehen wird. Im Zusammenhange hiermit steht die Ihnen vom Provinzial-Ausschuß empfohlene anderweite Regelung der Wahrnehmung der Vorstandsgeschäfte der Versicherungsanstalt Sachsen-⸗Anhalt. Da Ihnen außer den vor⸗ angedeuteten noch weitere mehr oder minder umfangreiche Vorlagen aus dem Gebiete der communalen Provinzialverwaltung unterbreitet worden, so wird Ihre Thätigkeit während der diesmaligen Tagung vollauf in Anspruch genommen sein. Ueberzeugt, daß es Ihnen ge⸗ lingen wird, mit gewohnter Sachkenntniß Ihre mannigfachen Auf— gaben zu lösen, gebe ich dem aufrichtigen Wunsche Ausdruck, daß Ihre Berathungen auch diesmal der Provinz zum Segen gereichen mögen.
Im Allerhöchsten Auftrage erkläre ich den 13. Landtag der Pro⸗ vinz Sachsen für eröffnet. =
Hierauf übernahm der Abg. Sach se-Neuhaldensleben das Alterspräsidium und brachte ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König aus, in das alle Anwesenden drei—⸗ mal begeistert einstimmten. Hierauf wurde die Wahl des Vorstandes vorgenommen. Zum Präsidenten wurde der . 6. l ; . . Fürst zu Stolberg-Wernigerode, zum Vice⸗Präsidenten der Geheime Regierungs-Rath, Ober-Bürgermeister Böttich er—⸗ Magdeburg gewählt.
Bayern.
München, 6. März. Ihre Königliche Hoheit 8 Herzogin Amalie in Bayern hat 6 9. . . meldet, gestern mit Seiner Durchlaucht dem Herzo Wilhelm von Urach verlobt. ö Die Herzogin Amalie, geboren am 24. Dezember 1885 ist die älteste Tochter Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs Carl Theodor und dessen erster Gemahlin, der am 9. Mar 1867 verstorbenen Prinzessin Sophie von Sachsent der Herzog Wilhelm von Urach, geboren am 5. März 186 ist der älteste Sohn des am 17. Juli 18659 verstorbenet Herzogs Wilhelm von Urgch und dessen zweiter Ge— mahlin der Prinzessin Florestine von Monaco. In Bamberg fand nach der „Allg. Zig.“ am 3. d. M im Hofe der Holzhofkaserne die Anheftung der von Seiner Majestät dem Kaiser der Standarte des 1. Bayerischen Ulanen⸗-Regiments Kaiser Wilhelm II. König von Preußen verliehenen Fahnenbänder in feierlicher Weise statt. Zugegen waren Seine Königliche Hoheit der Herzog Max Emanuel in Bayern in der Uniform des 1. Ulanen-Regiments, der General-Major von Passavant, sowie das Offizier-Corpz des H. Infanterie-Regiments. Der Königlich preußische Militär⸗Attaché, Hauptmann im Königlich preußischen Generalstabe von Pritzelwitz vollzog im Auftrage des Kaisers die Anheftung und hielt eine längere Anrede an den Commandeur des Regiments, das zu Fuß aufgestellt war. Der Commandeur, Oberst-Lieutenant von Pos chinger sprach den Dank des Regiments gegenüber seinem Kaiserlichen Oberst-Inhaber aus und forderte zu einem dreifachen Hoch auf Seine Majestät den Kaiser auf, worauf die Regi— mentsmusik die bayerische Nationalhymne abspielte. Sodann defilirte das Regiment in Zugcolonnen vor Seiner König— lichen Hoheit dem Herzog Max und dem Vertreter Seiner Majestät des Kaisers. Nachmittags 2 Uhr fand Diner in der Offiziers-Speiseanstalt des Uanen⸗-Regiments statt.
Die Kammer der Abgeordneten setzte, wie der Köln. Ztg.“ berichtet wird, gestern die Berathung des Cultus— Etats fort. Genehmigt wurden u. a. 24 000 46 zum An— kauf der ostasiatischen Sammlung von Dr. Max Buchner, 130 000 M6 zum Neubau der Kunstgewerbeschule in Nürnberg, 12000 S Zusatz für die Erhaltung kirchlicher und anderer Kunst⸗! und Geschichtsdenkmale, 20 000 6 zum Ankauf der Sulkowski'schen Sammlung für das Germanische Museum in Nürnberg. Der Cultus⸗Minister Dr. von Müller besprach die Nothwendigkeit des Neubaues eines National-Museums in München. Das alte Gebäude sei räumlich ungenügend und feuergefährlich. Die Regierung werde noch in der laufenden Session um die Ermächtigung nach— suchen, einen Bauplatz an der Prinzregentenstraße zu sichern und 120900 S6 für Herstellung von Plänen auszugeben.
Baden. ;
Karlsruhe, 5. März. Die Erste Kammer nahm gestern durch den Berichterstatter über das Budget des Finanz— Ministeriums Anlaß, auf die Stärkung der badischen Finanzen hinzuweisen, wie sie sich in der so bedeutenden Steuerherab— setzung kundgebe unter gleichzeitiger außerordentlich reicher Ausstattung für wichtige Lebensinteressen des Staats, wie die Verstärkung der Dotation der Eisenbahnschulden— tilgungskasse um eine Million, die Erhöhung der Ge— halte der Elementarlehrer, die großen Aufwendungen für Localbahnen, die Erhöhung der Wohnungsgelder für die mittleren und unteren Bediensteten, während gleichzeitig auch die idealeren Interessen der Künste und des Bauwesens der Hilfe des Staates nicht entrathen müssten. Der Bericht— erstatter gab dem Wunsche Ausdruck, es möge an einer Finanzpolitik festgehalten werden, die sich so wohl bewährt und die dem Lande so große Dienste geleistet habe. Bei den Be— rathungen über das Domänenwesen wurden noch die Jagd⸗ verpachtungen der Domänenverwaltung als gelegentlich mit den gesetzlichen Vorschriften nicht völlig sich deckend bezeichnet. Der Finanz-⸗Minister Ellstätter sicherte Prüfung zu. Nächste Sitzung noch unbestimmt.
Die Zweite Kammer erledigte gestern einen Theil des außerordentlichen Budgets des Straßenbaues, bei welchem so ziemlich alle Anforderungen der Regierung ohne Widerspruch schon in der Commission genehmigt waren. In der heutigen Sitzung beschäftigte sich die Kammer nochmals mit dem Etat des Wasser- und Straßenbaues. Für die Unter— suchung der Rheinstromverhältnisse wurden 26 000 (, für Tiefenmessungen und wissenschaftliche Untersuchungen des Bodensees 4000 6, zu Vorarbeiten für einen Kanal zur Zuführung fließenden Wassers vom Rhein nach der Niederung und den Ortschaften von Neuenburg bis Breisach 30 000 6 bewilligt. Hinsichtlich der Einrichtung von Wasserwerken am Rhein bei Rheinfelden hatte die Commission den Antrag gestellt, die Kammer wolle zu 8 erklären, es sei die Regierung zu ersuchen, I) einen Gesetzentwurf vor— zulegen, durch welchen die Benutzung der Gewässer zu elektrotechnischen Zwecken geregelt wird; 2) bis dahin mit der Ertheilung weiterer Concessionen zum Be— triebe größerer elektrischer Anlagen aus öffentlichen Ge— wässern einzuhalten. Hierüber führte die Kammer eine längere grundsätzliche Erörterung. Der Staats— rath Eisenlohr hielt gegenüber dem Abg. Marbe eine Zu⸗ stimmung der Kammern zu dem Staatsvertrag mit der Schweiz nicht für geboten, da der Vertrag keine Veräußerung badischer Rechte enthalte. Auch die von der Stadt Freiburg erhobenen Bedenken kamen zur Sprache. Der Standpunkt der Regierung war, die Angebote der schweizerischen Kapitalisten dem Lande thunlichst nutzbar zu machen. Die Anträge auf Erlassung eines Gesetzes wegen Benutzung elektro— technischer Wasserkräfte und fürsorglichen Einhalts mit Ertheilung von Privatconcessionen wurden angenommen. Die Kammer erklärte sich im allgemeinen gegen das Staatsmonopol der elektrischen Kraft. Der Baudirector HonsFel führte die allzu ausschweifenden Erwartungen hinsichtlich der elektrischen
Wasserkräfte des Großherzogthums auf ihr richtiges Maß
zurück.
Die landesherrliche Verordnung über die Beauf— sichtigung und Leitung des gewerblichen Unter— richtswesens im Großherzogthum enthält, der „Bad. Korr.“ zufolge, folgende Bestimmungen:
§ 1. Zur Beaufsichtigung und Leitung des gewerblichen Schul⸗ und Unterrichtswesens wird eine Central⸗Mittelbehörde errichtet, in
der jeweils ein Mitglied des Ministeriums des Innern den Vorsitz.
Dieselbe ist dem Ministerium der Justiz, des Cultus und Namen
führt. und Unterrichts unmittelbar untergeordnet und führt den Gewerbeschulrath“.
F§ 2. Zum Wirkungskreise des Gewerbeschulraths gehört dem⸗ nach insbesondere: 1) die Sorge für die Vollziehung der auf das ge⸗
rrichtewesen bezüglichen Gesetze und Verordnungen, die e e, 8 . nöthigen Instructionen und Verfügungen sowie 9 Befetzung und Entwerfung neuer allgemeiner Anordnungen, gu ,. ebiet; 2) die Beaufsichtigung und Leitung der gewerblichen lichte anstalte⸗ — gewerbliche For bilbungh schu len n n, ulen Gewerbeschulen. Kunstgewerbeschulen, Baugewerkeschule, . acher⸗ und andere Fachschulen — und zwar namentlich 3. die Ge⸗ migung der Schulgeldtarife, der Lehr⸗ und Stundenpläne, sowie e. Anschaffung der . des Ünterrichts, b. die Prüfung und rb cheidung der jährlichen Berichte der Schulporsti nde über den Juftand der Schulen. und die Anordnung von ve ben istts tien derselben durch Mitglieder des Gewerbeschulraths; 3) . 66 rung der Prüfung der Gewerbeschul⸗ und Zei . kandidaten; ) die Stellung von Anträgen auf, Anstellung, Persetzung, Zuruhesetzung und Entlassung von Lehrern an den gewerblichen Bildungsanstalten, sowie die Dienstpolizei. über diese Lehrer und das Hilfspersonal, soweit die Zuständigkeit hier . Durch anderweite Verordnung abweichend geregelt ist; 5) die Aufsi ht
Verwaltung der Fonds und Kassen der gewerblichen Unterrichts= u faen, sowie' die Abhör der Rechnung derselben, soweit diese nicht 9 Bezirksimtern (Gewerheschulkassen; oder der Ober: Rechnungs⸗ fammer 3, für Gewerbe, Landwirthschaft und Statistik) biegt; 6) die, Verleihung jener Stipendien und Unterstützungsgelder, walche für die ihm unterstehenden Lehranstalten gestiftet. oder bestimmt fund, sofern nicht von den Stiftern etwas anderes verfügt ö
§8 3. Dem Gewerbeschulrath wird zur Erledigung der ihm ob⸗ liegenden Geschäfte die erforderliche Zahl von ordentlichen Mitgliedern und das nöthige Revisions⸗ und Kanzleipersongl zugetheilt. Unter den ordentlichen Mitgliedern soll stets ein Mitglied des Ober⸗-Schul—
aths sein. . . . Außerdem werden dem Gewerbeschulrath im Unterrichts⸗ oder Gewerbewesen erfahrene Persönlichkeiten als außerordentliche Mitglieder beigegeben. Dieselben werden jeweils auf die Dauer von frei Jahren ernannt und haben, wenn sie zur Bergthung beigezogen werden, die . Befugnisse, wie die ständigen Mitglieder des Ge⸗ verbeschulraths. ⸗
: J 5. Die außerordentlichen Mitglieder des Gewerbeschulraths sind namentlich beizuziehen: 1) zur Berathung organisatorischer ö us dem Gebiete des gewerblichen Unterrichts; 2) bei erheblichen Aenderungen des Lehrplans gewerblicher Bildungsanstalten; 3) zur Visitation einzelner dieser Anstalten. Soweit dies in einzelnen Fällen nöthig sein sollte, ist der Gewerbeschulrath befugt, auch andere Sach— verständige beizuziehen. .
§5 6. Im Einverständniß mit dem Ministerium des Innern werden allgemeine, das gewerbliche Unterrichtswesen benrreffende An— ordnungen getroffen, die Mitglieder des Gewerbeschulraths, die Vor⸗ stände der Kunstgewerbeschulen und Fachschulen ernannt, der Staats⸗ poranschlag für das gewerbliche Unterrichtswesen festgestellt. .
§z T7. Unfer Ministerium der Justiz, des Cultus und Unterrichts und uͤnser Ministerium des Innern sind mit dem Vollzuge und der Ausführung des Weiteren beauftragt.
Hessen.
Darmstadt, 6. März. Die „Darmst. Ztg.“ veröffent⸗ lichte am Sonnabend Nachmittag durch Extrablatt ein Bulletin, wonach sich das Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs im Laufe des Tages insofern ver⸗ schlimmert hatte, als das Bewußtsein etwas getrübt war und sich ein Athmungsphänomen eingestellt hatte, das zu ernsten Be⸗ fürchtungen Veranlassung gab. Nach einem gestern Mittag 1Uhr ausgegebenen Bulletin, das auch von dem Geheimen Me— dizinal⸗Rath, Professor Dr. Kußmaul unterzeichnet war, dauerte die Lähmung der rechten Körperhälfte und das Unvermögen der Sprache fort; die Kräfte waren bis dahin erhalten. Im Laufe des gestrigen Nachmittags blieb das Be— finden Seiner Königlichen Hoheit unverändert. Nach einem heute früh 8 Uhr ausgegebenen Bulletin ist in dem Be— finden des Großherzogs keine Besserung eingetreten. Das vorgestern eingetretene Athmungsphänomen besteht mit zeit— weisen Schwankungen in der Länge der Athmungspausen fort.
Neuerer Bestimmung gemäß wird, wie die „Darmst. Ztg.“ mittheilt, die auf Dienstag, den 22. d. M, in Aussicht ge— nommene Sitzung der Ersten Kammer der Stände bereits Freitag, den 18. d. M, stattfinden.
Braunschweig.
Braunschweig, 5. März. Dem Landtag ist nach der „Köln. Ztg.“ eine Vorlage zugegangen, die 780 000 S6 zur Errichtung von Familienwohnungen für Jland— wirthschaftliche Arbeiter auf den Domänen und Kloster— gütern fordert.
Anhalt.
Dessau, 5. März. In der gestrigen Sitzung des Landtags wurde zunächst, wie der „A. St. A. mittheilt, der Hofkammer-Präsident Fitzau zum Zweiten Vice Präsi⸗ denten gewählt. Eine Vorlage wegen Uebernahme von Grund— erwerbskosten für das Salzwerk Leopoldshall auf die Stgats— schulden-Verwaltung wurde an die Finanzcommission, die Vor⸗ lage wegen Veräußerung landesfiscalischen Grundeigenthums zur zweiten Berathung an das Plenum verwiesen. Bei der ersten Lesung des Haupt-Finanz-Etats wurde in der Generaldebatte im allgemeinen der Befriedigung über das vorgelegte Budget Ausdruck gegeben, wenn sich auch die Hoffnung dabei kund that, daß es ohne allzu wesentliche Abstriche gelingen werde, die Zahl der Steuer⸗ einheiten in der bisherigen Höhe (11 statt der geforderten 15) zu erhalten. Nach längerer Debatte wurde beschlossen, den außerordentlichen Etat sowie die Positionen „Eigene Ein⸗ nahme“, „Vom Salzwerke Leopoldshall“, „Bergwerkg⸗ abgaben“, „Zum Unterricht“, „Außerordentliche Einnahme“, Insgemein„, „Eigene Ausgabe“, „Unterricht“, „Salzwerk Leopoldshall“ und „Insgemein“ an die Etatscommission zur Vorberathung zu verweisen, die übrigen Positionen aber im Plenum zu berathen.
Oesterreich⸗Ungarn.
Ihre Magjestät die Kaiserin ist, wie die „Wien, Ztg.“ meldet, am Sonnabend Abend nach Miramar abgereist, um dort einen achttägigen Aufenthalt zu nehmen. Seine Majestät der Kaiser wird Mitte nächster Woche von Budapest aus ebenfalls in Miramar zu kurzem Aufenthalt eintreffen.
Am 3. und 5. d. M. haben Sitzungen der beiderseitigen Delegirten für die Handelsvertragsverhandlungen zwischen Oesterreich-Ungarn und Serbien stattgefunden, und ist nunmehr, dem „Frdbl.“ zufolge, die Erledigung des wichtigsten Punktes, der Veterinärcon vention, unmittel- bar bevorstehend. Der der serbischen Delegation heigegebene serbische Zolldirector Aza Milovanovies hat sich zur Be⸗ richterstatkung nach Belgrad begeben. . .
Der erst kürzlich zum Abgeordneten gewählte, 24 Jahre alte Graf Stephan Cfaky, Sohn des Unterrichts-Ministers, hat sich, wie die Wiener Blätter berichten, vorgestern Nach— mittag im elterlichen Hause erschossen. Ueber das Motiv ist nichts bekannt.
Großbritannien und Irland.
in London haben am Sonnabend die Wahlen zum Grafschaftsrath stattgefunden. Gewählt wurden dem „W. B.“ zufolge 69 Progressisten und 25 Gemäßigte; da nur noch 24 Wahlresultate ausstehen, so ist eine progressistische Majorität gewiß.
Der Secretär der Britisch-Ostafrikanischen Ge— sellschaft erklärt gegenüber der Meldung der Berliner Zeitung „Post“ aus Kairo vom 23. v. M., wonach der Afrikareisende Dr. Finsch die Absicht hätte, Emin-Pascha oder die von ihm früher verwaltete Provinz im Sudan für die genannte Gesellschaft zu gewinnen: Die Gesellschaft wisse nichts von Dr. Finsch und habe niemals daran gedacht, an einem Ver— suche, Emin Pascha zu erreichen, theilzunehmen.
Frankreich.
In einem am Sonnabend abgehaltenen Ministerrath ist dem W. T. B.“ zufolge beschlossen worden, die Municipal⸗ rathswahlen, die verfassungsmäßig am ersten Sonntag im Mai stattzufinden haben, güch in diesem Jahre trotz etwaiger Kundgebungen an diesem Tage vorzunehmen.
Bei der gestrigen Ersatzwahl zur Deputirtenkammer in Bethune (Departement Pas-de-Calais) wurde Lamendin, Socialist, mit 8768 Stimmen gewähtt. Der Gegencandidat Delisse erhielt 7080 Stimmen. — In Brest wurde Msgr. Hulst an Stelle des verstorbenen Bischofs Freppel zum Deputirten gewählt.
Die Deputirtenkam mer setzte vorgestern die Erörte⸗ rung über die Unterdrückung der Theatercensur fort. Nach langer Berathung und nachdem der Unterrichts-Minister er⸗ klärt hatte, die Regierung sei gegen den Antrag, beschloß das Haus, nicht in die Einzelberathung einzutreten. Damit war der Antrag verworfen.
Die Zolleinnahmen im Monat Februar ergaben einen Mehrertrag von 5562 900 Fr. gegenüber dem Budgetvoranschlag und einen stehrertrag von 10 335 000 Fr. im Vergleiche zu denjenigen des gleichen Monats im Vorjahre.
Der Vice⸗Admiral Jurien de la Graviere, Mitglied der französischen Akademie, ist vorgestern gestorben.
Der „Französische Verband der Volksgenossen— schaften“ hat dem Maire und dem Präfecten in Lyon eine von achtzig Gesellschaften des Rhone⸗Departements unter— zeichnete Petition überreicht, welche die freie Einfuhr von Nahrungsmitteln verlangt. Aus Marseille wird ein gleicher c' seitens der Volksliga“ gemeldet.
Rußland und Polen.
Als eifrigster Vertreter der Ansicht, daß die Getreidevor⸗ räthe Rußlands anfangs stark unterschätzt wurden, erweist sich u. a. auch das Stadthaupt von Moskau, Alexejew, der im Auftrage des besonderen unter Vorsitz des Thronfolgers stehenden Hilfscomités den größten Theil der nothleidenden Gebiete bereist und gegenwärtig seine Getreideeinkäufe im Kaukasus beendet hat. Er hat ein ausführliches Memorandum eingereicht, auf Grund dessen constatirt wird, daß die Getreidevorräthe Rußlands den Gesammtbedarf des Landes bis zum November-Monat vollauf decken. Was den zu erhoffenden Ernte⸗Ausfall anbelangt, so vermeiden die Landwirthe jegliche positive Antwort, wie überhaupt alle Aus— künfte sehr reservirt gehalten sind und eher eine mangelnde Zuversicht ausdrücken. Unter derartigen Verhältnissen erachtet das Ministerium des Innern es nicht für opportun, eine ver⸗ frühte Aufhebung der Ausfuhrverbote zu begünstigen.
Der neuernannte Verweser des Ministeriums der Com— municationen, Wirkliche Staatsrath S. J. Witte hat am 2. d. M. die Verwaltung des ihm anvertrauten Ressorts über⸗ nommen. Zu seinem Nachfolger als Director des Eisenbahn⸗ Departements des Finanz-Ministeriums ist, wie die „St. Pet. Ztg.“ erfährt, der bisherige Vice⸗-Director, Wirkliche Staatsrath Romanow ernannt worden. General-Lieutenant Petrow, Präsident der zeitweiligen Kronsbahnen-Verwaltung und stell⸗ vertretender Director des Eisenbahn-Departements des Com⸗ munications⸗-Ministeriums, tritt demselben Blatt zufolge von diesem Posten zurück und wird zum Präsidenten des Technischen Conseils des Ministeriums ernannt. Als seinen Nachfolger auf dem Posten des Eisenbahn-Departements bezeichnet man den Fürsten Chilkow, den einstigen Verkehrs⸗Minister in Bulgarien und nachmaligen Gehilfen des General-Lieutenants Annenkow beim Bau und später bei der Verwaltung der Transkaspi-Bahn.
General-Lieutenant Annenkow, Dirigirender der öffent⸗ lichen Nothsiands⸗Arbeiten, reist nach der vierten Sitzung des „Höchsten Executiv⸗Comités für öffentliche Arbeiten“ in das Innere Rußlands ab. Der General beabsichtigt, eine genaue Inspection der im Gange befindlichen Arbeiten auszuführen und wird auf seiner Reise Nishni Now⸗ gorod, Kasan, Ssamarg, Ssaratow sowie Jekaretinodar und Ssuchum berühren. Das Ministerium der Domänen wird im Gouvernement Ssamara und im Kaukasus zum Besten der nothleidenden Bevölkerung Bewässerungs— arbeiten organisiren. .
General Major Malama, bisher Chef des Generalstabs des Commandeurs von Kijew Generals Dragomirow, hat eine anderweitige Bestimmung erhalten.
Die Aufnahme von Hörern in dem Land- und Forst— wirthschafts-Institut in Nowaja Alexandria (Con—⸗ greßpolen), die seit zwei Jahren wegen Unruhen im Institute * war, ist nunmehr wieder freigegeben worden.
Zur Reform der Städteverwaltung erfährt die „Mosk. Wed.“, daß in Zukunft, außer in den beiden Hauptstädten, die Stadthäupter von der Regierung ernannt werden sollen.
Italien. Wie die „Agenzia Stefani“ aus Rom meldet, üherreichte der schweizerische Gesandte Ba vier gestern dem Minister-Prä— e. Marchese di Rudini die Antwort der Schweiz auf
die italienischen Vorschläge betreffs der . auf Baum⸗
wolle. Die Antwort giebt die Möglichkeit der Erzielung eines Einverständnisses zu, enthält jedoch Bemerkungen, deren Prüfung sich der Minister-Präsident vorbehalten hat.
Der morgen oder an einem der nächsten Tage in der Deputirtenkammer beginnenden Debatte über die Eisen⸗ bahnvorlage wird in politischen Kreisen mit großer Span⸗ nung entgegengesehen. Die Vorlage stellt, wie man dem „Hamb. Cort.“ meldet, die Ausgaben bes Staats für Bahnhauten während des nächsten Quinquenniums 1893 / 1897 auf 180 Mil⸗ lionen Lire fest. Zusammen mit den Bauten, welche von den Betriebsgesellschaften, Gemeinden oder Ländern übernommen wurden und im gleichen Zeitraum 380 Millionen Lire er— fordern, sollen also in diesem Quinquennium 112 Millionen
Lire jährlich für Bahnbauten verausgabt werden. Im laufenden Quinquennium betrug der rn nr 125 Millionen Lire. Von den obenerwähnten 180 Millionen Lire bleiben jedoch nur dreißig für neue Bauten übrig, da einhundertfünfzig bereits durch abgeschlossene, in Ausführung befindliche Verträge ge⸗ bunden sind; um diesen Punkt ist daher ein lebhafter Kampf zu erwarten.
Griechenland.
Der „Pol. Corr.“ wird aus Athen gemeldet, die angeblichen Störungen der Ordnung anläßlich der letzten Ministerkrisis reducirten sich darauf, daß An⸗ hänger von Delyannis eine unerhebliche Kundgebung ver— anstalteten, während sich eine bei weitem größere Volksmenge in die Nähe des Königlichen Schlosses begeben hätte, um ihrer Zustimmung zu dem Entschlusse des Königs Ausdruck zu geben. Seit dem Amtsantritt des neuen Cabinets sei die Ruhe in Athen und im ganzen Lande nicht gestört worden. Die Ursache der letzten Krise habe thatsächlich in einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem König und Delyannis über staatsfinanzielle Maßnahmen gelegen. — In einer am Sonnabend in Athen abgehaltenen sehr zahlreich besuchten Versammlung von Mitgliedern des Parlaments wurde der ö der Deputirtenkammer beauftragt, dem König die Erklärung abzugeben, daß die Kammer alle seine Anstrengungen unterstützen werde, um die Gefahren der gegen⸗ wärtigen Lage zu beseitigen. Diese Deputation der parla— mentarischen Majorität wurde, wie, W. T. B.“ meldet, am Sonn⸗ abend Mittag empfangen. Der König dankte den Deputirten für ihren patriotischen Beschluß und sprach die Hoffnung aus, daß er das Land mit ihrer Unterstützung aus seiner schwierigen Lage werde befreien können. — Das Cabinet ist durch die Ernen⸗ nung Deimezis zum Finanz⸗-Minister vervollständigt wor⸗ den, welcher gestern Vormittag den Eid geleistet hat. Die Er— nennung des ehemaligen Gesandten in Rom Meletopulos zum Minister des Auswärtigen gilt als unmittelbar bevorstehend.
Serbien.
Am 4. d. M. wurde der neue deutsche Gesandte Freiherr von Wäcker-Gotter von den Regenten in Gegenwart des Ministers des Aeußern in feierlicher Audienz empfangen und dessen Acereditive entgegengenommen. Der deutsche Gesandte war durch den Hof⸗Marschall und einen Königlichen Adjutanten in zwei Königlichen Hof⸗Galawagen abgeholt worden und wurde nach serbischem Gebrauch mit Kaffee und Thee be— wirthet.
Die Königin Natalie hat ihren Belgrader Hofstaat aufgelöst. In einem an die Regentschaft gerichteten Schreiben bringt sie diesen Entschluß zur Kenntniß und bemerkt dazu, sie wolle den Gerüchten über ihre Rückkehr entgegentreten. Sie werde nicht eher den Boden Serbiens betreten, als bis man sie rufen werde.
Die Skupschtina hat nach Meldung des „W. T. B.“ in namentlicher Abstimmung mit 73 gegen 12 Stimmen das rectificirte Budget angenommen, welches in den Einnahmen mit 60 135 839, in den Ausgaben mit 60 110595 Fr. ab— schließt. Katics sprach für dasselbe, der bisher regierungs⸗ freundliche Pope Prokopiewies dagegen, weil er überzeugt sei, daß das diesjährige Deficit 5 bis 6 Millionen betragen würde und das Budget überhaupt gegen das Programm der Radicalen verstoße.
Bulgarien.
Vorgestern Vormittag fand in Sofia, wie telegraphisch berichtet wird, für den bulgarischen Agenten Wulkowitsch ein Requiem statt, welchem die Prinzessin Clementine, die Minister und das diplomatische Corps beiwohnten.
Schweden und Norwegen.
(E) Stockholm, 6. März. König Oskar und der Kronprinz wurden auf der Reise von Christiania hierher auf den Haltestationen Karlstad und Arvika auf das feierlichste begrüßt, indem sich fast alle officiellen Corporationen vollzählig und mit Musik eingefunden hatten. In Karlstad sprach der Stadtverordneten-Voörsteher bei der Begrüßung des Königs die Hoffnung aus, daß die in diesen Tagen alle vater— ländischen schwedischen Herzen so tief erregende politische Streitfrage auf gesetzlicher Grundlage zum wirklichen Wohle der Brudervölker gelöst werden möge. Trotzdem jeder officielle Empfang verbeten worden war, hatten sich bei der Ankunft auf dein hiesigen Centralbahnhofe sehr viele hohe Offiziere, eine Menge höherer Civilbeamten, der Qber⸗-Statt⸗ halter sowie fast sämmtliche Reichstags mitglieder zur Begrüßung des Königs und des Kronprinzen eingefunden. Eine große Menge öffentlicher und privater Gebäude sowie die Schiffe im Hafen hatten geflaggt. . . . Auf Befürwortung der Artillerie-⸗Commission hat die Re⸗ gierung jetzt das in Schweden erfundene rauchschwache Pulver Apyxrit für den Staat als Gewehrpulver an⸗ genommen, nachdem vergleichende Versuche zwischen diesem und Nobel's und Wetteren's rauchfreiem Pulver stattgefunden haben. Für die Artillerie ist dagegen Nobel's Pulver an⸗ genommen worden, auch die Marineverwaltung hat ein größeres Quantum davon für die Marinestation in Karls⸗
krona bestellt. Afien.
Der „Times“ wird aus Rangun vom 6.5 März ge⸗ meldet: Lieutenant Ehlers ist wohlbehalten in Zim me an— gekommen, von wo er sich einer Karawane durch die Schan⸗ Stämme nach Jünnan und Talifu anschließen wird.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (189.) Sitzung des Reichstags, welcher die Staatssecretäre Dr. von Boöoetticher, Freiherr von Maltzahn und Freiherr von Marschall beiwohnten, wurde die Etatsberathung bei den Einnahmen und Ausgaben für die Schutzgebiete air enn und die Ausgaben und Einnahmen in den Special-Etats für Kamerun und Togo fast ohne Besprechung bewilligt; der Abg. Richter (dfr.) erklärte nur, daß er die Anträge auf Verminderung der Ausgaben, die in der Commission bereits abgelehnt worden, ihrer ,, wegen im Plenum nicht wieder⸗ holen wolle, und der Berichterstatter Abg. Prinz von Aren⸗ berg (Centr.) beschränkte sich darauf, die bereits belannten Verhandlungen der Commission bei jeder wichtigen Position
zu wiederholen.