1892 / 61 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 10 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

handlungen in der Zweiten Kammer des badischen Landtags zu ver— weisen. die ihm wohl bekannt seien. 36 ;

Damit schließt die Besprechung. Der Titel Zölle“ wird bewilligt. Die Abstimmung über den Antrag Menzer bleibt nach Probe und Gegenprobe zweifelhaft. Die Auszählung er—⸗ giebt die Beschlußunfähigkeit des Hauses; es sind nur 178 Ab⸗ geordnete anwesend, von denen 93 mit Ja, 85 mit Nein stimmen. Der Präsident beraumt die nächste Sitzung auf 10 Minuten später, auf / Uhr, zur Fortsetzung der Tages—⸗ ordnung an. ö. 2 . .

Abg. ven Massow (Ccons.): Der Abg. Freiherr von Manteuffel habe kürzlich die Ansicht ausgesprochen, daß die Frage des Unter— stützungswohnsitzes einer Neuregelung bedürfe, und der Reichskanzler habe die Güte gehabt, zu erklären, daß eine solche Aenderung in Vor— bereitung sei und dem Hause noch in dieser Session zugehen werde. Diese Aeußerung des Reichskanzlers habe in weiten Kreisen im Lande hohe Befriedigung hervorgerufen; namentlich in landwirthschaftlichen Kreisen sehe man der Sache mit großer Freude entgegen, und er richte an den Präsidenten die Anfrage, ob er in der Lage sei. Aus— kunft darüber zu geben, in welchem Stadium der Vorbereitungen die Angelegenheit sich befinde. . ; ;

Präsident von Levetzow; Wenn ihm eine Vorlage zugehe, so theile er dies dem Hause am nächsten Tage mit. Da er dem Hause keine Mittheilung gemacht habe, sei ihm auch keine Vorlage zu— gegangen. Heiterkeit.)

Staatssecretär Dr. von Boetticher:

Ich bin sehr gern bereit, die Wißbegierde des Herrn Abg. von Massow zu befriedigen (Zuruf) und auch diejenige des Landes! und zu sagen, daß mit Ermächtigung Seiner Majestät des Kaisers dem Bundesrath eine Novelle zum Unterstützungswohnsitzgesetz zu— gegangen ist. Welche Zeit der Bundesrath nöthig haben wird, um diese Novelle durchzuberathen, kann ich selbstverständlich nicht wissen; ich bin also außer stande, heute den Termin zu bezeichnen, an welchem der Reichstag in die Berathung dieser Novelle wird eintreten können.

Schluß 4 Uhr 35 Minuten.

192. Sitzung vom Mittwoch, 9. März. P ½ Uhr.

Am Bundesrathstische die Staatssecretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Maltzahn.

Die Etatsberathung wird fortgesetzt beim Einnahmetitel „Tabacksteuer“ 10773000 66 Die Position wird be— willigt, ebenso ohne Besprechung die Titel „Zuckersteuer“ a. Materialsteuer 11 573000 6, b. Verbrauchsabgabe 56 523 000 S6, „Salzsteuer“ 41 514 000 6, „Branntwein— steuer“ a. Maisch- Bottich- und Branntweinmaterialsteuer 17452900 6, b. Verbrauchsabgabe und Zuschlag dazu 102 607 000 sM½, „Brausteuer“ und Uebergangsabgabe für Bier 23 877 000 , desgl. die Aversen. ;

An Reichsstempelabgaben sind in den Etat ein— gestellt 37 109 000 S6 Die Bewilligung erfolgt ohne Be— sprechung; ebenso wird der Etat des Reichs-Schatzamts ohne Berathung unverändert bewilligt, desgleichen die bayerischen Quoten und die Ausgaben zur Erstattung auf aus Landes— mitteln aufgewendete Kasernenbaukosten sowie für die Ver— vollständigung des deutschen Eisenbahnnetzes im Interesse der Landesvertheidigung, ferner die Einnahme⸗Kapitel: Besonderer Beitrag von Elsaß-Lothringen, Zinsen aus belegten Reichs— geldern, Ueberschüsse aus früheren Jahren, Matricularbeiträge und außerordentliche Deckungsmittel, letztere beiden Kapitel unter Vorbehalt der endgültigen Feststellung der Ziffern.

Der Etat der Reichsschuld erfordert eine Ausgabe von 60 Std 00 M

Das Haus bewilligte auch diesen Etat ohne Besprechung und genehmigte in gleicher Weise das Etats- und An— leihegesetz.

Die Petitionen wegen Bewilligung von Ehrenzulagen an die Inhaber des Eisernen Kreuzes von 1870/71 sollen nach dem Antrage der Budgetcommission den verbündeten Ne— gierungen zur Erwägung, die Petition der Handelskammer zu Flensburg wegen Herabsetzung der Fernsprechgebühren u. s. w. als Material überwiesen werden. Die Abstimmung wird in der dritten Lesung erfolgen, ebenso die Abstimmung über die Resolutionen Menzer und Bar, wegen des Tabackzolls und der Auslieferungsverträge.

Damit ist die zweite Berathung des Etats erledigt.

Präsident von Levetzow: Ich setze die nächste Sitzung nicht auf morgen an, sondern schlage Ihnen vor, die nächsté Sitzung Montag, 14. März, Mittags 1 Uhr zu halten, hoffe dann aber auf eine zahlreichere Versammlung und richte an alle Parteien die Bitte, ihre Mitglieder zu einem regeren Besuch der Sitzung zu veranlassen; wir machen die Geschäfte des Reichstags sonst unmöglich und setzen den Reichstag vor der ganzen Welt ö (Beifall.) Auf die Tages⸗ ordnung setze ich: dritte Berathung des Krankenkassengesetzes. z

Schluß ½M Uhr.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 28. Sitzung vom Mittwoch, 9. März.

Der Sitzung wohnen der Finanz-Minister Dr. Miquel und der Minister der geistlichen Zc. Angelegenheiten Graf von Zedlitz bei.

Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Berathung des Staatshaushalts-Etats für 1892,93, und zwar des Etats des Ministeriums der geist— lichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegen— heiten.

Die Berathung wird fortgesetzt bei Kap. 120: Höhere Lehranstalten, Tit. 2: Zuschuͤsse an die vom Staat zu unterhaltenden Anstalten.

Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole) wünscht die Einführung des Polnischen als Unterrichtssprache an den höheren Lehranstalten der Provin; Posen.

Geheimer Ober-Regierungs-Rath r. Stauder: Er sei selbst längere Zeit an den Lehranstalten der Provinz Posen thätig gewesen und könne nach seinen Erfahrungen keinen Grund einsehen, weshalb die Regierung dem Verlangen des Vorredners nachkommen solle.

Abg. Dr. Mever (dfr.) weist darauf hin, daß das in Schöneberg bei Berlin neu errichtete West-⸗Gymnasium eigentlich nach Berlin habe kommen sollen, wenn man dort einen passenden Bauplatz gefunden hätte. Schüler und Lehrer wohnten meist in Berlin, die Lehrer erhielten aber nicht den Berliner Wohnungsgeldzuschuß. Diesem Mißstande sollte der Finanz⸗Minister abhelfen, indem die Vororte der Stadt Berlin gleichgesteht würden.

Geheimer Ober⸗Finanz Rath Germar erklärt, daß das letztere zu großen Schwierigkeiten führen würde.

Abg. Dr. von Jazdzewskiz (Pole): Man sollte wenigstens dafür sorgen, daß die polnischen Schüler nicht bloß Briefe schrieben, sondern auch historische und sonstige Aufsätze verfaßten.

Abg. Mooren (Centr. bemängelt, daß die Unterrichtsverwaltung über sehr große Dispositionsfonds verfüge, aus denen sie nach un“ gleichem Maße Zuschüsse gewähre; das sollte endlich einmal aufhören.

Abg. Lückhoff (freicons.) tritt den Ausführungen des Abg. Dr. Meyer bei. . 1 .

Abg. von Eynern (ul) weist darauf hin, daß die Gemeinden, welche ihre höheren Lehranstalten selbst unterhielten, benachtheiligt seien gegenüber denen mit staatlichen Lehranstalten. Auch Berlin sei bevorzugt, da es sieben staatliche Anstalten habe. .

Abg. Kropatscheck (eons: In dieser Beziehung könne er dem Abg. von Eynern nicht beitreten; es könne gar nicht davon die Rede sein, daß der Staat in dieser Beziehung, für Berlin zu viel gethan habe. „Berlin und seine Vororte“ sei kein richtiger Aus— druck. Sollten Steglitz und Charlottenburg auch zu den Vororten gehören? Das würde zu großen Mißständen führen.

Abg. Knörcke (dfr. : Der Abg. von Exnern scheine die Berliner Verhältnisse nicht zu kennen. Der Staat habe wirklich für Berlin nichts Erhebliches bezüglich der höheren Lehraustalten gethan. Der Abg. von Eynern sei wohl der Letzte, der der Stadt Berlin auf dem Gebiete der Schulen Vorhaltungen machen könne. . Abg. Pr. Meyer (dfr. weist auf die Leistungen Berlins in der Gründung höherer Lehranstalten hin, die weit hinausgingen über die Leistungen anderer Städte. Für eine städtische Anstalt habe er nicht gesprochen, sondern für eine staatliche Anstalt und deren Lehrer. Abg. Pr. Virchow (8fr.) : Bisher habe allgemein die Vor⸗ stellung bestanden, daß nicht die Städte, sondern der Staat die höheren Lehranstalten zu schaffen habe; da der Staat seiner Ver— pflichtung nicht nachgekommen sei, so sei Berlin zur Gründung von solchen Anstalten übergegangen, weil die Bevölkerung mit, Rücksicht auf, den Militärdienst solche Schulen verlangt habe. Die großen Aufwendungen, die Paris für Universitätszwecke machen solle, seien eine Mythe; in dem Etat von Paris sei davon nichts zu finden. Es handele sich um den reinen Provinzialneid: es sei doch komisch, daß man etwa. Barmen zur Metropole machen wolle. Wenn eine neue Anstalt sich als nothwendig herausstelle, dann müsse sie an den richtigen Ort gestellt werden, ohne Rücksicht darauf, ob die Berliner etwas dabei verdienten.

Ninister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Graf von Zedlitz:

Meine Herren! Ich beabsichtige nicht, auf die Auseinander— setzungen bezüglich Berlins einzugehen, außer mit einer ganz kurzen Bemerkung, und zwar in Antwort auf eine Anfrage, die glaube ich der Abg. Dr. Meyer an mich gerichtet hat. Ich bin auch meinerseits durchaus bereit, mich dem Urtheil meines Herrn Amts— vorgängers über die Leistungen der Stadt Berlin auf dem Gebiete des Schulwesens anzuschließen. Ich freue mich, Gelegenheit zu haben, das hier heute aussprechen zu können, was ich übrigens schon früher gethan habe.

Dann will ich mit ein paar Worten auf die Rede des Abg. von

Jazdzewski eingehen. Ich habe leider seine erste Rede nicht gehört, da ich dienstlich verhindert war, von Anfang an der Sitzung des hohen Hauses beizuwohnen; aber soweit ich informirt bin, geht sein wesentlicher Wunsch dahin, den facultativen polnischen Unterricht, wie er jetzt an den höheren Lehranstalten der Provinz Posen nicht überall, aber zum größeren Theil be— steht, in einen Unterrichtscursus für polnische und für deutsche Schüler zu zerlegen. (Rufe bei den Polen: Auf der Unterstufe! Diesen Wünschen kann ich meinerseits eine Erfüllung nicht zusagen. Ich würde glauben, daß das auch ein recht bedenklicher Vorgang sein würde. Wenn der Herr Abgeordnete darauf hingewiesen hat, daß das jetzt herrschende System zu erheblich geringeren Leistungen in den höheren Unterrichtsanstalten der polnischen Landestheile in Bezug auf die deutsche Sprache geführt habe, so glaube ich, widerspricht diese Behauptung direct dem, was alle Sachverständigen auf diesem Gebiet, und ich glaube sogar weite Kreise, die nicht zu den Sachverständigen gehören, als den Eindruck der Leistungen der letzten Jahre gehabt haben. Ich selbst kenne und ich kenne ja die höheren Lehranstalten in diesen Landestheilen auch schon länger als ein Decennium gerade entgegengesetzte Meinungen, und alle Pädagogen haben mir versichert, daß die jetzige sehr scharfe Betonung den Anforderungen im Deutschen zu einer sehr erheblich erweiterten Kenntnißnahme dieses Lehrgegen— standes auch unter den polnischen Schülern geführt habe. Ja, es ist mir von Directoren verschiedener Anstalten auf das Bestimmteste ver— sichert worden, daß es jetzt was früher nicht der Fall gewesen eine große Zahl polnischer Schüler gebe, die auch im deutschen Aufsatz das Beste leisteten und den deutschen Schülern in jeder Beziehung gleichgekommen seien. Ist das aber richtig, dann glaube ich, können die Behauptungen des Abg. von Jazdzewski über den Rückgang der deutschen Sprachwissenschaft auf unseren Schulen nicht zutreffend sein. Mn r Virche w dfr. : Was wollten ihre Gegner denn eigent⸗ lich von der Stadt Berlin? Es würden allgemeine Redewendungen gebraucht, aber es würden keine einzelnen Punkte angegeben, wo sie etwaz thun solle, ; J ö. Abg.. Rickert (Sfr: Wohin solle es denn führen, wenn solche Anforderungen gestellt würden, und sogar von den Vertretern der Regierung; bei den Universitäten habe gestern der Commissar ge— sagt, die Ausführungen des Abg. von Eynern möchten in Berlin auf guten Boden fallen. Er habe nicht finden können, daß Paris 27 Mil— lionen für die Universität ausgebe.

Abg. Pleß (Centr. : Was die Berliner bei dem Polizeikosten— gesetz gethan hätten, zeuge nicht von Aufopferungsfähigkeit; die Ber— liner thäten nur das, wozu sie gezwungen seien.

Abg. von Eynern (nl. : Seine Mittheilungen über Paris stammten aus dem Buche eines französischen Regierungsbeamten über diese Frage.

Abg. Knörcke (dfr.: Bei dem Unterrichtswesen sei die Stadt Berlin vorgegangen, ohne gezwungen zu werden.

„Abg. Dr. Virchow (dfr. : Die Mehrausgaben beim Polizei

kostengesetz seien doch so erheblich, daß man sich habe dagegen wehren müssen; wenn eine Sache nicht streitig gewesen sei, habe fich Berlin niemals geweigert. . Schmelzer (nl): Die Berliner Gymnasien seien über— füllt, sodaß die nach Berlin versetzten Beamten ihre Kinder oft nicht unterbringen könnten; da müßten Stadt und Staat gemeinsam vorgehen.

Abg. Rickert (dfr. ):: Aus dem Buche, welches ihm der Abg. von Eynern übergeben, gehe hervor, daß nicht bloß Paris, sondern alle französischen Städte für die Schulen Erhebliches ausgäben. Abg. von. Eynern (ul.: Er habe das Buch seit Wochen studirt und seine Schlüsse daraus gezogen; Herr Rickert habe es nur 5 Minuten in Händen. t Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole) wendet sich gegen die Aus— führungen des. Ministers und bestreitet, daß jetzt die polnischen Schüler mehr im Deutschen leisteten, als früher.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Graf von Zedlitz:

Ich wollte mich nur gegen die Interpretation meiner Ausfüb— rung verwahren, als hätte ich, weil ich gesagt habe, einzelne Schüler auf den höheren Lehranstalten leisteten Vorzügliches, damit ausdrücken wollen, daß nun die Mehrzahl Geringes leiste oder Geringeres, als früher. Nein, auch die deutschen Schüler auf den deutschen Gymnasien unterscheiden sich dadurch, daß manche Genügendes und andere Vor— zügliches leisten. Meine Bemerkung hatte nur hervorheben sollen, daß die Schüler der polnischen Muttersprache an den höheren Lehr—

anstalten zu meiner Freude jetzt von unzweifelhaft Sachverstãndigen ebenso klassifizirt werden wie die deutschen Schüler. Das ist sehr chrenrall fir diese polnischen Schiler, da ammuertem! ist, daß sie eine größere Leistung prästiren müssen als unsere deutschen Kinder: aber wenn manche von ihnen n. nur Genügendes leisten, so beweist das nicht, daß der Zustand früher ein besserer gewesen wäre. Ich glaube, der Ser Abg. Dr. von Jazdzewski wird das auch nicht aufrechterhalten kõnnen und wer in der Provinz Posen lebt, weiß ganz genau, daß diejenigen Herren, welche in der früheren Zeit auf dem Gymnasium gewesen sind, das Deutsche nicht in dem Maße beherrschten, wie diejenigen die jetzt da sind. Die Herren Abgeordneten nehme ich aus und Ein zelne überhaupt. (Heiterkeit.)

Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole): Die polnis Sch hätten ein Recht, in ihrer irn ne, unt fh .

Der Titel wird genehmigt, ebenso die Titel 3 und 4. Zuschüsse für die vom Staate und Anderen gemeinschaftlic zu unterhaltenden Anstalten, und für die von Anderen zu unterhaltenden, vom Staate zu unterstützenden Anstalten wobei Abg. Som bart (ul) die Ausbildung der technischen Mittelschulen empfahl. j

In Titel 5 werden mehr verlangt 11400 000 zur Durchführung des Normal-Ctats von 1892 für die Directoren und Lehrer der höheren Lehranstalten sowie zur Remuneratijon für Hilfsunterricht.

Der Normal-Etat von 1892 tritt an die Stelle des Normal⸗Etats von 1872. Dazu liegen folgende Anträge vor

L von der Budgetecom mission:

Den Normal -Etat durch Hewilligung des Titels 5 für erledigt zu erklären, jedoch mit dem Ersuchen an die Staatsregierung, auch die über vier Jahre hinausgehende Thätigkeit als remunerirter Hilf⸗⸗ lehren für , zu . .

von den Abgg. Korsch.⸗ Hr. Kropatscheck (eons.) und Genossen: von der . Dienstzeit des Leiters . nk als wissenschaftlicher Lehrer einen solchen Theil für anrechenbar zu erklären, daß ihm in seiner Stellung als Leiter ein gleich hohez Gehalt gewährt werden kann, wie es ihm zustehen würde, wenn er in der Stellung eines wissenschaftlichen Lehrers geblieben wäre.“

3)] von den Abgg. Dürre (ul., Graf-Elberfeld (nl) und

Genossen: „Den bexeits definitiv angestellten, sowie den demnächst anzu— stellenden ordentlichen wissenschaftlichen Lehrern auf ihr Dienstalter den über drei Jahre hinausgehenden Theil der Dienftzeit remunerirte Hilfslehrer anzurechnen, soweit nicht diese längere Dauer der Hilfslehrerzeit durch Ablehnung angebotener Stellen als ordent— licher Lehrer veranlaßt ist. 4 Abg. Dr. Meyer (dfr.) will die Gehaltssätze für Berlin auch für dessen Vororte gelten lassen . 5) Abg. Sperlich (Centr.) will den Unterschied der Gehalts sätze zwischen Städten über und unter 50 000 Einwohnern aufheben; das Aufsteigen im Gehalt für die Leiter der Vollanstalten mit je 305 nach J, 14 und 20 Dienstjahren stattfinden lassen und bei den wissen⸗ schaftlichen Lehrern das Dienstalter vom dritten Jahre nach Beendigung des berechnen. .

3) Die Abgg. Dr. Kropatscheck (cons.) und Genossen wolle das Gehalt, der Leiter der Vollanstalten in den k 9 als 30 09 Einwohnern statt nach 7, 14, 20 Dienstjahren nach 5, 16 15 Dienstjahren um je 300 „0 steigen lassen.

Ferner beantragen 7) die Abgg. Dr. Dürre (nl.) u. Gen. die Staatsregierung aufzufordern:

1) die mit dem Normal-Etat herbeigeführte Verbesserung in den Einkoinmensverhältnissen der Lehrer an den höheren Lehranstakten als abgeschlossen nicht zu erachten und gelegentlich der allgemeinen Auf— ,, der Beamtengehälter weiter zu führen,

22) Maßregeln zu treffen, um den Normal-Etat für die staat— lichen höheren Lehranstalten auch für alle nichtstaatlichen höheren Lehranstalten zur Durchführung zu bringen,

3) die durch die Organisation der Schulen dauernd noth— wendig gewordenen oder dauernd nothwendig werdenden Stellen bald— thunlichst mit definitiv angestellten Lehrern zu besetzen.

s) Die Abgg. Kor sch (cons.)u. Gen. beantragen: die Staatsregierung zu ersuchen, die von dem Hause der Abgeordneten wiederholt als noth— wendig anerkannte Gleichstellung der Lehrer an den höheren Lehr— anstalten in ihrem Diensteinkommen mit den Richtern erster In— stanz sobald als möglich herbeizuführen.

Mit diesem Titel zusammen berathen wird der erste Titel des Kapitels: Provinzial-Schulcollegien, in welchem für die Provinzial-Schulräthe mit Rücksicht auf die Gehaltserhöhung der Leiter der höheren Lehranstalten ebenfalls eine Erhöhung des Maximalgehalts von 5190 (6 auf 5460 vorgesehen ist.

Referent Abg. Dr. Sattler (nl. : Die ner, der Com- mission sei der Meinung gewesen, daß der Normal⸗-Etat keine Vorlage, sondern eine Denkschrift sei, welche ebenso gut in den Erläuterungen des Etats hätte stehen können. Deswegen habe die Commission keine Anträge zu den einzelnen Vorschriften gestellt, sondern nur zu dieser Denkschrift im Allgemeinen. Da die Unterhaltung der höheren Schulen dem Staate, den Städten und den Eltern obliege, fo habe man es für richtig gehalten, zu den Mehrausgaben, welche die Gehaltsaufhesserung erfordere, die Eltern der Schüler heranzuziehen durch Erhöhung des Schulgeldes.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Graf von Zedlitz:

Meine Herren! Wenn ich in dem gegenwärtigen Stadium schon das Wort ergreife, so beabsichtige ich damit nicht, auf die Einzel⸗ heiten und auf die zu dem Normal-⸗Etat gestellten Anträge, die aus dem Hause gestellt worden sind, im Detail einzugehen, sondern ledig lich diejenigen Gesichtspunkte meinerseits näher zu erörtern, welche seitens des Herrn Referenten Ihres Hauses als von grundsätzlicher Bedeutung für die ganzen Verhandlungen dieses Etatstitels bezeichnet worden sind.

Es war das zunächst die Anfrage an mich, ob ich mich auch meinerseits ausdrücklich zu denjenigen Erklärungen bekennen wolle, welche seitens meines Herr Commissars in der Budget— commission bezüglich der Verwendung der 900 6 Zulage abgegeben worden sind. Ich trete diesen Erklärungen im vollen Umfange bei. Auch nach meiner Auffassung wird die Zubilligung dieser Zulage principal an diejenigen Lehrer zu geschehen haben, welche ein volles Zeugniß besitzen, und bei diesen principal nach der Anciennität. Es müssen aber Ausnahmen zulässig sein; einmal bezüglich der Lehrer, welche mit einem vollen Zeugniß in der praktischen Lehrthätigkeit sich nicht be⸗ währt haben, und zweitens umgekehrt bezüglich der Lehrer, welche zwar das volle Zeugniß nicht besitzen, aber eine hervorragende prak— tische Lehrbefähigung im Laufe der Zeit bewiesen haben. Auch diesen muß die Zulage zugebilligt werden können. Endlich ist die Ancien— nität meiner Auffassung nach mit der Einschränkung zu verstehen und dies wird wohl auch von sämmtlichen Herren als selbstverständ— lich erachtet werden, daß die verschiedenen Facultäten dabei Be⸗ rücksichtigung finden, daß also sehr wohl der Fall eintreten kann, daß ein Herr, welcher an sich an die 00 heran wäre, zurücktreten muß, weil gerade eine Facultät für ihn nicht frei ist.

Der zweite Punkt betrifft die Hilfslehrer. Ich würde meinerseits

ar dankbar anerkennen können, falls sich mein College von der Finan damit einverstanden erklärt, wenn der Punkt angenommen werden würde; indessen werden wir uns über diese Frage noch des Weiteren unterhalten. Was die Frage anbetrifft, ob die Durchführung der Bestimmungen des Normal- Etats auch bei denjenigen Stãdten, welche nicht Zuschüsse von der Staatsregierung erhalten, eventuell im Wege der Gesetzgebung erfolgen solle, und ob darüber Erwägungen in der Staatsregierung schweben, so kann ich dies meinerseits bestã⸗ tigen. Ich hoffe aber, daß diese Erwãgungen in kurzem abgeschlossen sein werden, und daß dem hohen Hause in nicht zu ferner Zeit noch in dieser Session ein darauf hingehender Gesetzesvorschlag rird unterbreitet werden können. (Beifall.)

Finanz⸗-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ich möchte mir gestatten, einige finanzielle Gesichts⸗· punkte bei dieser Gelegenheit vorzutragen. (Heiterkeit) Meine Herren, es ist der Finanzverwaltung nicht leicht geworden, in einer Zeit, wo der Staat mit seinen Finanzen in einer schwierigen Lage sich befindet, in einer Zeit, wo es nicht möglich war, in dem zwischen dem Landtag und der Staatsregierung bestehenden Einvernehmen die als nothwendig anerkannte Gehaltserhöhung unserer Beamten von unten auf in diesem Jahre weiter zu führen, wo in einer großen An— zabl von Dienstzweigen, die durchaus allseitig als berechtigt an⸗ erkannten Wünsche wegen Aufbesserung der Gehaltsverhältnisse unbefriedigt bleiben mußten, in allen diesen Beziehungen eine Ausnahme zu Gunsten der Lehrer an den höheren, Schulen zu machen. Wir haben uns aber nichtsdestoweniger dazu entschließen zu müssen und zu entschließen berechtigt geglaubt, weil wir allerdings anerkennen mußten, daß hier ganz besonders dringliche Verhältnisse vorlagen. Es hat von uns nicht bestritten werden können, daß die Gehaltsverhältnisse an den höheren Schulen in besonders starkem Grade zurückgeblieben waren, sodaß selbst der Zugang zu dem philo— logischen Studium durch die weitere Hinausschiebung einer Ver⸗ besserung der Gehaltsverhältnisse der Lehrer an den höheren Schulen gefährdet werden könne, und endlich hat man sich sagen müssen, daß es sich empfehle, diese durchaus in den letzten Jahren als nothwendig erkannte Aufbesserung im Anschluß an die jetzt bevorstehende Neu— organisation der Schulfragen, an die Schulreform durchzuführen.

Meine Herren, die Finanzverwaltung und namentlich der Finanz— Minister hat nicht entfernt die Hoffnung haben können, daß mit den zur Disposition gestellten Mitteln eine volle Zufriedenheit und Be⸗ friedigung erreicht werden würde, weil wir längst die Erfahrung gemacht haben, daß wenigstens in der gegenwärtigen Zeit durch Gehaltsauf— besserungen eine solche abschließende Beruhigung und Zufriedenheit überhaupt nicht erzielt werden kann. (Sehr richtig! rechts) Meine Herren, aber auch wenigstens was meine Person betrifft, habe ich nicht entfernt auf irgend eine Anerkennung in dieser Beziehung rechnen können, wohl aber habe ich erwarten dürfen, daß wenigstens eine ge— wisse objective Beurtheilung der Gesammtlage, aus der diese bedeutende Gehaltsaufbesserung hervorgeht, zu Tage treten würde. Auch hier habe ich mich wohl getäuscht; ich bin nicht einmal von persönlichen Angriffen frei geblieben, hat man doch sogar in einem hervorragenden vädagogischen Blatt mir die Barbarei zugetraut, daß ich

mit der böswilligen Absicht umgehe, die hochgebildeten Lehrer, auf denen unsere ganze höhere Bildung beruht,

mit den Förstern gleichzustellen. s wird das alles aber mich nicht stören in der vollen persönlichen Befriedigung, daß es hat er⸗ möglicht werden können, in so erheblicher Weise die Verhältnisse der Lehrer an den höheren Schulen aufzubessern.

Man hat hier und in der Presse das Ganze als etwas Unbedeu— tendes hingestellt. Nun, wenn für die Lehrer an den höheren Schulen im ganzen rund vier Millionen zur Verwendung kommen, wenn der Staat davon 1400000 und die Gemeinden nach diesem Plan etwa 500 000 übernehmen, während durch die Erhöhung des Schul⸗ geldes ein Mehrbetrag von etwa 2 Millionen Mark erzielt werden soll, so kann das doch nicht als etwas Unbedeutendes angesehen werden. Die Gehälter unserer Lehrer an den höheren Schulen werden infolge dieser Aufbesserung sich höher stellen, als die in fast sämmtlichen deutschen Staaten mit wenigen Ausnahmen. (Hört! hört) Daraus geht doch auch hervor, daß hier doch ein sehr erheblicher Schritt ge— schehen ist.

Wenn nun verschiedene Anträge, namentlich der Antrag des Herrn Dr. Kropatscheck und ein anderer Antrag der Herren Dürre und Ge— nossen, von vornherein diesen Schritt wieder als ein nach ihrer Meinung wahrscheinlich kurzes Provisorium bezeichnen, so möchte ich doch davon abrathen. Ich will gar nicht auf die Frage eingehen, ob es nicht disparate Verhältnisse mechanisch gleich behandeln heißt, wenn man die Gehaltsverhältnisse der Lehrer unbedingt in allen Beziehungen mit denen der Richter gleichstellt. Ich will diese Frage ganz dahin gestellt sein lassen; ich will auch die Frage unberührt lassen, ob, wenn es gelingen wird, bei der allgemeinen Finanzlage, eine allgemeine generelle Aufbesserung der Gehalte in allen Dienst— zweigen eintreten zu lassen, ob dann das, was wir jetzt für die Lehrer thun, nun unbedingt unverändert bleiben soll und nicht noch ein Schritt weiter gegangen werden kann. Aber von vornherein diese Neunormirung nun wieder für ein Provisorium zu erklären, die Be— unruhigung zu verewigen, fortwährend neue Anträge zu provociren, das halte ich vom Standpunkte des Landtags jedenfalls nicht für richtig. (Sehr wahr! rechts.) Ich glaube, unsere Lehrer können sich wohl aus den ganzen Vorgängen überzeugt halten, daß man mit dem größten Wohlwollen ihnen gegenüber handelt, sowohl seitens der Staatsregierung als seitens des Landtags, und daß wenn unsere Ver⸗ hältnisse sich einmal so gestalten, daß, ohne die größte Disparität in die Gehaltsverhältnisse der Staatsbeamten überhaupt zu bringen, es möglich ist, hier noch weiter Aufbesserungen eintreten zu lassen, sie aus den bis— herigen Vorgängen das Vertrauen gewinnen dürfen, daß das auch ge— schehen wird, einer ausdrücklichen Beschlußfassung des Landtags in dieser Beziehung bedarf es nach meiner Ueberzeugung nicht. (Sehr richtig!)

Meine Yerren, die Sachen sind doch auch nicht so leicht, wie manche Herren außerhalb der Staatsverwaltung sich das vorstellen. Wir alle gönnen den Lehrern höhere Titel und höhere Rang— verhältnisse. Wenn aber diese Anträge seitens des Herrn Cultus— Ministers an mich gerichtet werden, so dauert es nicht lange und mit vollem Recht kommen alle übrigen Ressorts und melden ähnliche Forderungen. Daß man da doch mit einer gewissen Vorsicht vorgeht und nicht bloß Wohlwollen allein walten lassen kann, daß ein Minister die gesammten Verhältnisse übersehen und nach ausgleichender

Gerechtigkeit suchen muß, nicht besondere Begünstigungen für einzelne Beamtenklassen in den Vordergrund stellen kann, das werden die Herren mir gewiß zugeben.

Wenn ich nun auf die einzelnen Anträge übergehe, so möchte ich dringend bitten, alle diejenigen Anträge, welche Abänderungen des Normal⸗Etats selbst hier zu beschließen beantragen, abzulehnen. Der Herr Referent der Budgeteommission hat in dieser Beziehung durchaus das Zutreffende gesagt. Eine solche Beschlußfassung ist nach meiner Ueberzeugung überhaupt formell nicht zulässig, denn es handelt sich hier gar nicht um einen Gesetzentwurf; der Normal-Etat ist kein Gesetzentwurf, sondern eine Denkschrift, durch welche die Etatspositionen motivirt werden sollen, und in welcher die Staatsregierung ausspricht, daß sie in Zukunft die durch den Staatshaushalts-Etat ihr zur Dispo— sition gestellten Mittel in der Weise verwenden wolle, wie es diese Denkschrift ausdrückt. Im übrigen ist stets festzuhalten, daß die Ver— wendung der Mittel für Gehaltszwecke, die im Etat ausgeworfen sind, Sache der Staatsregierung ist, und es ist nur eine moralische Ver— pflichtung, welche die Staatsregierung contrahirt durch die Vorlegung dieser Denkschrift dem Landtag gegenüber, in Gemäßheit der Bestimmungen derselben zu verfahren. Hieraus ergiebt sich ganz von selbst, daß Anträge, die die Denkschrift der Staatsregierung in diesem Sinne modificiren, garnicht in der Competenz des Hauses liegen. Dann aber auch, wohin sollte das führen? Diese Anträge, sei es nun, daß sie sich auf die Zeiten, in denen das Aufrücken statt— finden soll, oder auf die Gehaltssätze selbst oder auf die Unterschiede, die aus den verschiedenen Localitäten der Schulen hervorgehen, be— ziehen, würden, wenn angenommen, die Etatspositionen selbst als un— zutreffend erscheinen lassen. Sie würden also einen Beschluß dahin fassen: die Etatspositionen bleiben, aber wir zwingen die Staats— regierung, die Etatspositionen nicht inne zu halten, schon in dem Augenblick, wo die Etatspositionen votirt werden. Ich möchte die Herren dringend bitten, die Anträge nicht aufrecht zu erhalten, wenigstens das Haus, die Anträge nicht anzunehmen.

Meine Herren, mit dem Antrage der Herren Abg. Korsch und Dr. Kropatscheck, welcher sich auf Nr. 74 befindet, kann ich mich ein— verstanden erklären. Er bezielt ja eine Anrechnung der früheren Dienstzeit des Leiters einer Anstalt als wissenschaftlicher Lehrer in— soweit, daß demselben in seiner Stellung als Leiter ein gleich hohes Gehalt gewährt werden kann, wie es ihm zustehen würde, wenn er in der Stellung als wissenschaftlicher Lehrer geblieben wäre. Meine Herren, ich kann mich nicht mit diesem Antrage einverstanden erklären, obwohl ich glaube, daß die Unzuträglichkeit, welche die Herren Antrag— steller beseitigen wollen, keineswegs bloß in diesem Falle vorkommt, sondern wir haben eine ganze Reihe von Fällen, wo allerdings das Aufrücken in eine höhere Stellung augenblicklich mit einem Verlust an Gehalt verbunden ist. Da aber finanziell die Sache nicht von einer entscheidenden Bedeutung ist, da außerdem ein großes Gewicht darauf zu legen ist, daß der Herr Cultus— Minister in der Wahl der geeigneten Personen, bei der wichtigen Stellung eines Leiters einer höheren Schule nicht beeinträchtigt werden möchte, will ich mich mit diesem Antrage vollkommen einverstanden erklären. Ebenso habe ich keine Bedenken gegen die Annahme des Antrags der Budgetcommission selbst.

Meine Herren, was nun den Antrag des Herrn Abg. Dürre und Genossen betrifft, so habe ich mich über die Berechtigung des An— trags sub ! bereits geäußert.

Was dagegen die Nr. IL dieses Antrags betrifft:

Maßregeln zu treffen, um den Normal-Etat für die staatlichen

höheren Lehranstalten auch für alle nichtstaatlichen höheren Lehr—

anstalten zur Durchführung zu bringen, so will ich in dieser Beziehung bemerken, daß wir ja eine Position von 900 000 . aufgenommen haben, um denjenigen Anstalten, welche bisher schon staatlich subventionirt worden, die Durchführung des Normal-Etats zu ermöglichen. Es bleiben dann wesentlich diejenigen großen Communen übrig, welche Subventionen für ihre betreffenden Schulen bis dahin nicht erhalten haben, und wir rechnen darauf, daß in dieser Beziehung die Communen an sich keine Bedenken tragen werden und auch in der Lage sein werden, den Normal-Etat durch- zuführen.

Aber es ist auch nach dieser Richtung noch eine weitere Maßregel in Erwägung, von der ich nicht leugne, daß sie mir persönlich ursprünglich auch manche Bedenken verursacht hat, die aber doch überwunden sind, den betreffenden leistungsfähigen Com— munen die sofortige Durchführung des Normal-Etats obligatorisch aufzuerlegen. Unter diesen Umständen könnten, glaube ich, die Herren die Nr. Il des fraglichen Antrages wohl fallen lassen.

Wenn endlich der Wunsch ausgesprochen wird:

die durch die Organisation der Schulen dauernd nothwendig ge—

wordenen oder dauernd nothwendig werdenden Stellen baldthunlichst

mit definitiv angestellten Lehrern zu besetzen, so theilen wir in der Staatsverwaltung denselben; aber man kann nicht alle Wünsche sofort befriedigen, man muß die erforderlichen Mittel dazu haben. Die hier vorliegenden Verhältnisse erkenne ich als reformbedürftig an; aber ich kann doch als Finanz⸗Minister nicht die zur Disposition stehenden Mittel vorzugsweise auf solche einzelnen Fälle verwenden, während wir es hier mit einem generellen Bedürfniß der Staatsverwaltung zu thun haben. Ich erinnere an meine Ausführungen über die Gesammtstellung der Diä— tarien in unserem preußischen Staatswesen und an das Hilfsbeamten— wesen in vielen anderen Dienstzweigen. Man wird also, soweit die Finanzlage es gestattet, gewiß auch diesem Wunsche der Antragsteller nach Möglichkeit entsprechen. Weiteres kann ich aber nicht zusagen und würde es auch nicht zusagen können, wenn der fragliche Antrag ange⸗ nommen wird.

Indem ich Ihnen empfehle, diese Anträge nach diesen Gesichts⸗ punkten zu behandeln, kann ich nur meine Freude aussprechen, daß die Budgetecommission sich in durchaus entgegenkommender Weise auf den Standpunkt der Regierung gestellt hat, und ich hoffe, das Haus wird dasselbe thun, und wir werden alle dazu beitragen, daß endlich Ruhe und Befriedigung in die Gemüther unserer höheren Lehrer einzieht. (Bravo!)

Abg. Knörcke (dfr.) bedauert, daß der Finanz⸗Minister sich so sehr dagegen verwahrt habe, daß es sich hier nur um ein Provisorium handle; hoffentlich werde trotzdem recht bald eine Aenderung eintreten. Der Normal-Etat habe gefetzlich festgestellt werden müssen, denn sonst fehle jede Möglichkeit der Controle seitens der Ober-Rechnungs⸗ kammer. Die Directoren und die Hilfslehrer seien am wenigsten

berücksichtigt worden; manche. Directoren würden jetzt schlechter stehen, als wenn sie Oberlehrer geblieben wären. Die Functionszulage werde

leicht dazu benutzt werden, um ein gewisses Streberthum zu züchten. Die Erhöhung des Schulgeldes treffe diejenigen Klassen, welche durch die Einkommenfteuer mehr belastet seien; das Odium für die Erhöhung des Schulgeldes werde auf die Lehrer fallen, denen daraus eine Gehalts⸗ aufbesserung gewährt werde. Die Stellung der Hilfslehrer werde durch den neuen Neormal⸗Etat verschoben; denn die Hilfslehrer, welche doch nur in Nothfällen eintreten sollten, würden eine feste Ein- richtung; sie könnten zehn Jahre lang Hilfslehrer bleiben und müßten dann in die unterste Gehaltsklasse einrücken. Das müsse besser geordnet werden. . ö . ö ö

Abg. Dr. Graf⸗Elberfeld (nl. erkennt dankbar an, daß die Ver⸗ hältniffe jetzt besser geregelt würden, aber es sei manches noch zu machen. Die Gleichstellung der Lehrer mit den Richtern erster Instanz beruhe auf einem Beschlusse des Hauses; deshalb müsse diefes erklären, daß noch nicht alle Wünsche befriedigt seien. Seine Partei habe das im ersten Antrag Dürre in einer Form zum Ausdruck gebracht, welche vom ganzen Hause gebilligt werden könne; er gehe weiter und stimme in erster LZinie für den Antrag Krepatscheck-Kersch (Nr. 38. Die Hilfslehrer, die in großer Zahl angestellt seien, sollten auch in Zukunft dadurch geschädigt werden, daß ihnen diese Zeit ihrer Hilfslehrerschaft nicht angerechnet werden, solle. Die Reso⸗ lutien der Budgetcommission reiche durchaus nicht zu: denn es sei falsch, nur die Zeit über vier Jahre hinaus anzurechnen, und zwar solle das nach dem Antrage der Commission auch nur facultativ geschehen. Der Antrag seiner Partei sei besser; er empfehle denselben zur Annahme.

Finanz⸗Minister Dr. Miguel:

Der Herr Vorredner ist wieder zurückgekommen auf das unge— nügende Verhältniß der Hilfslehrer zu den definitiv angestellten Lehrern. Das veranlaßt mich doch, was die Staatsanstalten anbetrifft, darauf hinzuweisen, daß dort, wie auch in der Budgeteommission an— erkannt worden ist, das Verhältniß im Ganzen durchaus entsprechend bereits geregelt ist. Denn wenn wir 2093 definitiv angestellte Lehrer daselbst haben und nur 185 Hilfslehrer, so entspricht das ganz den natürlichen Anforderungen, da doch der Herr Vorredner auch nicht wird bestreiten können, daß eine gewisse Anzahl Hilfslehrer durchaus unentbehrlich ist. Also wenn gesprochen wird von einem dringend abzuhelfenden Mißstande in dieser Beziehung, so kann ich das auf die Staatsanstalten nicht beziehen, wie überhaupt in diesen Dingen gegen wärtig die Verhältnisse nach manchen Richtungen auch den Herren Abgeordneten gegenüber, natürlich nicht von denselben, übertrieben werden.

Dagegen erkenne ich an, daß ein Bedürfniß in der bezeichneten Richtung wohl vorhanden ist bei verschiedenen communalen Anstalten, und in so fern habe ich schon vorher ausgesprochen, daß man bestrebt sein muß, hier ein richtiges Verhältniß nach Maßgabe der zur Disposition stehenden Mittel zwischen den Hilfslehrern und den definitiv angestellten Lehrern herzustellen. Wenn der Herr Vorredner dann noch auf die Nummer h seines Antrags eingegangen ist, so will ich noch hervorheben, daß, wenn Sie hier nach diesem Antrage vorschreiben, daß allen „bereits definitiv angestellten sowie den demnächst anzustellenden ordentlichen wissenschaftlichen Lehrern auf ihr Dienstalter der über drei Jahre hinausgehende Theil der Dienstzeit als remunerirte Hilfslehrer obligatorisch angerechnet werden soll', dann der Etatstitel nicht mehr paßt. Der Etatstitel bleibt bestehen, unberührt, wenn dem Herrn Cultus-Minister in dieser Beziehung die Facultät eingeräumt wird, und außerdem unterscheidet sich die betreffende Vorlage in Beziehung auf die Zeit, die hier in Betracht kommt, drei statt vier Jahre. Schreiben Sie aber dies obli— gatorisch vor, und ändern sie nicht den Titel in der betreffenden Summe, so ist der Antrag so gar nicht auszuführen, oder Sie müssen die Stufen, innerhalb deren das Aufrücken stattfindet, ändern. Ich glaube also, der Antrag ist so, wie er hier vorliegt, nicht anzunehmen. Von keiner Seite kann wohl die Absicht obwalten, namentlich mit Rücksicht auf eine solche Frage, daß von dem doch von jeher festgehal⸗ tenen Princip nach welchem nicht einfach die Gehaltssätze, wie der Etat sie vorsieht, vom Landtag erhöht werden und eine höhere Etats— summe eingestellt wird, ein Verfahren, das zu den allergefährlichsten Consequenzen nach jeder Richtung führen könnte abgewichen werden sollte.

Abg. Dr. Dürre (n.); Der Normal⸗Ftat enthalte manches Gute und Dankenswerthe, er bleibe aber in vielen Punkten hinter den Er—⸗ wartungen zurück, und deshalb könne er keinen Abschluß bilden. Es handele sich nicht um eine vorübergehende. Mißstimmung, sondern um eine andauernde Erbitterung über die nicht erfüllten Hoffnungen. Man verlange von den Lehrern größere Anstrengungen und größeren Patriotismus, aber man habe die Stellung der Lehrer nicht genügend gebessert zum Schaden der Schule. Bei der schlechten Finanzlage habe das Haus sich Ersparnisse auferlegen müssen, aber an der Schule solle man nicht sparen. Der Staat übernehme 1 400 0090 t von der Mehrausgabe, die Eltern müßten 1500990 ½ übernehmen; das sei eine schwere Last. Was den Provinzial-Schulräthen mehr gegeben werde, eine Aufbesserung von 150 „0, entspreche nicht ihrer Stellung und Verantwortung. Die Gleichstellung der Lehrer mit den Richtern sei eine durchaus berechtigte Forderung zu der die Regierung jetzt schön Stellung nehmen sollte. Warum sollten die Diree⸗ toren der Nicht-Vollanstalten weniger Gehalt haben als die der Vollanstalten? Die Einführung der Dienstalterszulagen sei ein Vorzug des Normal-Etats, der über manche Fehler hinweghelfe Man habe mit dem früheren System der Besoldungsgemeinschaften so schlechte Erfahrungen gemacht, daß es gar nicht zu begreifen sei, wie man das alte System bei den communalen Anstalten erhalten könne.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Graf von Zedlitz:

Meine Herren! Ich werde auf die einzelnen Punkte, welche bisher in der Discussion zu Bemängelungen Veranlassung gegeben haben, der Reihe nach eingehen und mich zuletzt über die allgemeinen Verhältnisse aussprechen, welche zu der Vorlage bezüglich der Er— höhung der Lehrergehälter geführt haben.

Von mehreren der Herren Vorredner ist allerdings mit ver— schiedenen Betonungen wiederholt die Frage gestreift worden, ob es angezeigt sei, die bekannte 900 „Zulage nicht einfach an alle Lehrer nach der Anciennetät zu vertheilen, statt, wie die Regierung es Ihnen vorgeschlagen hat, für diese Vertheilung den Aufsichtsbehörden eine gewisse Freiheit der Bewegung zu überlassen. Ich glaube, bei näherer Erwägung werden Sie finden, daß die Regierung nicht nur aus all— gemeinen, sondern auch aus speciell technischen und schultechnischen Gründen allein so hat handeln müssen, wie sie gehandelt hat. Es ist unumgänglich nothwendig, bei dem Aufrücken in gewisse Fächer und bei dem Aufrücken in gewisse Stellen eine Auswahl unter einem größeren Lehrkörper zu treffen. Unsere höheren Lehrer können ja nicht so vorgebildet sein, daß sie für jede Klasse und für jede Aufgabe ihres Lehrziels durch den ganzen preußischen Staat völlig gleich verwendbar sind. Das ist ein Punkt, der bei dieser ganzen Besoldungsfrage sehr wesentlich mitspricht. Eine gewisse Auswahl muß also getroffen werden, und diese Auswahl wird hier

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