Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (197.) Sitzung des Reichstags, welcher der Mann r nul Loöhmann und der Geheime Ober⸗ Regierungs⸗Rath von Woedtke beiwohnten, wurde die dritte Berathung der Novelle zum Krankenkassengesetz fort—⸗ esetzt. . ö.
6 hach S 7ThHa ist den eingeschriebenen Hilfskassen auf ihren Antrag eine amtliche Bescheinigung darüber auszustellen, daß sie, vorbehaltlich der Höhe des Krankengeldes, den Anforde⸗ rungen des 75 genügen. Die Bescheinigung wird ausgestellt: 1) für Kassen, deren Bezirk über die Grenzen eines Bundes⸗ staats nicht hinausreicht, von der Centralbehörde, 2) für Kassen, deren Bezirk über die Grenzen eines Bundesstaats hinausreicht, von dem Reichskanzler. kö
Die freisinnigen Abgg. Dr. Hirsch und Dr. Gutfleisch beantragen den Zusatz: „Der Bescheid ist innerhalb sechs Wochen zu ertheilen“. Sie beantragen ferner zum s J75a zu beschließen, daß in Gemeinden, in denen weniger als zwanzig Mitglieder der betreffenden Kasse be⸗ schäffigt werden, den Mitgliedern an Stelle der Leistungen von freiem Arzt und freier Arzenei in natura die Hälfte des ortsüblichen Tagelohns gewährt werden kannn.
Nach fast zweistündiger Verhandlung, an der sich die Abgg. von der Schulenburg (cons), Freiherr von Stumm (Rp), Ulrich (Soc), Möller (nl. , Dr. Hirsch (dfr.), Dr. Gold⸗ schmidt (dfr., Hitz e (Centr.) und der Commissar der verbündeten Regierungen Geheime Ober⸗Regierungs-Rath von Woedtke betheiligten, wurde der 5 75a mit den beantragten Zusätzen angenommen, desgleichen der Rest der Novelle mit den Com⸗ promißanträgen, die unter dem Namen des Abg. Dr. Gut— fleisch eingebracht sind. .
Da der zwelte Zusatz zu 5 75a dem Hause heute noch nicht gedruckt vorlag, muß, wie der Präsident ankündigte, die Abstimmung morgen wiederholt werden.
Auch die Resolution Rösicke, betr. die Berechnung des ortsüblichen Tagelohns, wurde genehmigt. (Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (35) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister des Innern Herr⸗ furth, der Justiz-Minister Dr. von Schelling, der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch, der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden, der Finanz— Minister Dr. Mique! und der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen beiwohnten, stand auf der ö, die dritte Berathung des Staatshaushalts-Etats für 1892/93. ö
In der Generaldiscussion besprach ö.
Abg. Rickert (dfr) die jüngsten Nachrichten der Presse, welche die Finanzlage Preußens sehr trübe darstellten, die aber, wie er nicht zweifle, vom Finanz-Minister selbst nicht ausgingen. Der laufende Etat solle ein Deficit von 100 Millionen Mark ergeben, namentlich infolge des Rückgangs der Eisenbahneinnahmen.
bericht vom 18. März,
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1) Nachts Reif. ?) Nachts Reif, Horizont dunstig. Uebersicht der Witterung.
Fast ganz Europa steht unter dem Einflusse eines Hochdruckgebietes, dessen Kern mit über 787 mm über
Luftbewegung schwach, in Central-⸗Europg meist mit in 3 südöstlicher bis nordöstlicher Richtung. In Deutsch⸗ fang 4 Uhr. land ist das Wetter im Westen heiter und infolge
der vermehrten Ausstrahlung kälter; im Sften trübe von: Sein bester Freund.
, wärmer, nennenswerthe. Nieder⸗ schläge haben nicht stattgefunden. Ueberhaupt ist auf dem ganzen Gebiete zwischen den Alpen und
Nord⸗Skandinavien die Temperatur sehr gleichmäßig Sonnabend: Mit neuer Ausstattung zum 59. Male:
vertheilt und liegt daselbst allenthalben nahe dem Das Sonntagskind. Operette in 3 Aeten von
Hugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von arl Millöcker.
mir gh Dirigent: Kapellmeister . Die ecorationen aus dem Atelier von
Costume vom Garderoben⸗Inspector Ventzky. An⸗
Gefrierpunkte. . Deutsche Seewarte.
Theater ⸗Anzeigen. sang 7 ühr.
Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern— haus. 72. Vorstellung. Zum 1. Male: Freund Fritz. Lyrische Oper in 3 Acten von P. Mascagni.
und Gaul. Musik von J. Bayer. In Scene gesetzt vom Balletmeister Emil Graeb. Dirigent: Musik⸗ Maskenball. Anfang 7 Uhr.
Sonntag: Opernhaus. 73. Vorstellung. Freund
Tert von P. Suardon (nach Erckmann und Chatrian), deutsch von M. Kalbeck. — e Ober-Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. — Die Puppenfee. Pantomimisches Ballet⸗-Divertissement von Haßreiter und Gaul. ̃ ; Musik von J. Baver. In Scene gesetzt vom Ballet⸗ Unter gütiger Mitwirkung der Kgl. Sächs. Kammer— sängerin Fr. Clementine Schuch-Proska, der Kgl. g. Verstell Wohlth Sängerinnen Fr. 4. ö Lammert, der 79. Vorstellung. Wohlthätige Kgl. Sänger Hrn. Paul, Bu enz ( . ? ; ö Hrn. Eloi Sin, des Hrn. Carl 74 Uhr: Equestrische Gala⸗Vorstellung zum Benefn Tetzlaff, Ober-Regisseur der Kgl. Oper, des Kgl 6 Franz Renz. Zum 1. Male: Hippo= Opernchors und der Kgl. Kapelle, unter Leitung des logisch Kgl. Kapellmeisters Felir Weingartner. e irischer un tischer Rate, Billets 4 10 ½ und Stehplätze à2c½ von heute Diese Nummer enthält sämmtliche Freiheitsdressun
meister Emil Graeb. Dirigent: Musikdirector Hertel.
Schauspielhaus. Lustspiel in 4 Aufzügen von Adolph VArronge. In Seene gesetzt vom Ober⸗-Regisseur Anfang 7 Uhr.
Neutsches Theater.
Pfarrer von Kirchfeld. Anfang 7. Uhr. Sonntag: Der Sohn der Wildniß. Montag: Götz von Berlichingen. Dienstag: Wildfeuer.
Berliner Theater. Sonnabend: Die Königs- lags Aufführung brüder. Anfang 7 hr. Sonntag: Nachmittags 23 Uhr: Uriel Acosta.
Abends 77 Uhr: Schlimme Saat.
Montag: Der Hüttenbefitzer.
Cessing Theater. Sonnabend: Zum 1. Male: Wahrheit? Schauspiel in 3Acten von Paul Heyse.
Wallner ˖ Theater. Sonnabend: Zum 8. Male:
Friedrich Wilhelmstädtisches Theater. Maser.
Sonntag: Zum 60. Male: Das Sonntagskind.
Residenz · Theater. Direction: Sigmund Lauten; Text von P. Suardon (nach Erckmann und Chatrian), burg. Sonnabend: Musotte. Schauspiel in 3 Acten
Er bitte den Finanz-Minister um eine Auskunft über die Eisenbahneinnahmen und über den voraussichtlichen Ertrag der neuen Einkommensteuer. . ö
Der Finanz-Minister Hr. Miguel versicherte, daß die „Berliner Politischen Nachrichten“ irgend wie officielle oder officiöse Nachrichten nicht erhielten und nicht erhalten würden. Die Ergebnisse des laufenden und des nächsten Etats würden allerdings von den Eisenbahneinnahmen abhängen, die sich aber noch nicht übersehen ließen; die rückläufige Tendenz der wirthschaftlichen Verhältnisse bedinge jedoch noch keines⸗ wegs einen Rückgang der Eisenbahneinnahmen. Ueber die Er⸗ gebnisse der Einkommensteuer könne er ein Gesammtbild noch nicht geben, die Zeitungsnachrichten darüber seien zum Theil irrig. k schloß die Generaldiscussion. —
Die Etats des Kriegs⸗-Ministeriums und der Domänenverwaltung wurden ohne Debatte bewilligt.
Beim Etat der Forstverwaltung machte auf Anregung des Abg. von Benda (nl. der Minister für Landwirth⸗ schaft c. von Heyden einige Mittheilungen über den Be— stand an Oedländereien und rechtfertigte sodann die Entlassung des früheren Directors Borggreve von der Forst-Akademie in Münden. ᷣ
Abg. von Schalscha(CEtr)) empfahl eine Beschleunigung der Aufforstung von Oedländereien. In der Provinz Posen hinderten die Taxvorschriften der Landschaft die Aufforstung durch Private. . .
Abg. Dr. Gerlich (freicons) schlug vor, durch gesetz⸗ geberische Maßnahmen die Devastirung des Privatwaldes zu verhüten. ö
. Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von Heyden erklärte sich zu einem solchen Eingriff in das Privateigenthum nicht entschließen zu können.
Abg. von Tiedemann (freicons. widersprach den Aus⸗ führungen des Abg. von Schalscha bezüglich der Posener Landschaft. . J .
Abg. Knebel (ul) hielt die Eingriffe der Gesetzgebung zur Erhaltung der Schutzwaldungen für nöthig,.
Abg. Mooren (Centr) empfahl, bei der Ablösung von Forstserbituten weniger fiscalisch zu verfahren.
Der Etat der Forstverwaltung wurde bewilligt. .
Beim Etat der directen Steuern erklärte auf, eine Anfrage des Abg. Dr. Sattler (nl. der Finanz-Minister Pr. Miquel, daß der Gesetzentwurf über die Entschädigung der Standesherren für die Aufhebung der Steuerfreiheit in den nächsten Tagen dem Hause zugehen werde. /
Beim Etat der Berg-, Hütten- und Salinen— verwaltung besprach . ö
Abg. Letocha (Centr) die Schädigung der oberschlesischen Eisenindustrie durch die Steigerung der Kohlenpreise und wünschte eine bessere Wasserversorgung für Oberschlesien.
Abg. Szmu la (Centr.) schloß sich diesen Ausführungen an.
Der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von
J. Theil: Concert.
Sonnabend: Der an bei Bote & Bock.
86. Male: Der Tanzteufel.
Gustav Steffens.
Sonntag: Der Tanzteufel.
Gewagte Mittel. Lustspiel
Gesangstexte von Isidor Fuchs.
In Seene gesetzt von Julius
Sonntag und Montag: Musotte. Vorher: Ein
Dienstag: Zum 1. Male: Der kleine Schwere
Schauspielhaus. 78. Vorstellung. Narziß. Trauer⸗ nöther, Gerdinamd le nuoeenr; Schwank Populäktes Concert von Bernhard Stavenhagen spiel in 5 Aufzügen von A. E. Brachvogel. In in 4 Aeten von Leon Gaudillot. Scene gesetzt vom Ober-Regisseur Max Grube. An- Schönau.
Kroll's Thealer. Freitag, 26. März, Abends
Fritz. Lyrische Oper in 3Acten von P. Mascagni. 75 Uhr: Zum Besten der Mildwida“ (Trauenverein Soncer; , ? zur Unterstützung der Wittwen und Waisen des rau Bett Waibel. Anfang Uhr,
In Scene gesetzt vom! Allgemeinen deutschen Musiker⸗Verbandes).
Große musikalische Aufführung.
II. Theil: Cavalleria rusticana.
Adolph Ernst-Theater. Sonnabend: Zum Riesenfontäne. Gesangsposse in
2 chuspiel bang . 86 n ftärt. . ᷓ Senn, ian ten fi ür: Tie qöhre. elt denne. Wlbestchnse . g tet; Abende n äüihrs Wluf Heig glam.
Abends 7 Uhr: Wahrheit? , ; , Ernst. Anfang 7 nn. J FKr— 1 „ — *
des Königlich bayerischen Hofschauspielers Conrad
zeit des Reservisten. Posse mit Gesang in 4 Auf⸗ Ian, (nach dem Französischen der Herren Duru und stein). Abend⸗Vorstellung. Letzte Sonntags-Aufführung Chivot) von F. Zell. Musik ven fen in; erm Verehelicht: 7 3 Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Reif⸗Reiflingen. Schwank mit Gesang in 5 Aufzügen von G. von Parquet⸗Fautenil 1 46) Abend⸗Vorstellung: Conrad Dreher a. Gast. Zum 1 66. , 1 ee, . . ö ontag: Zum 1. Male: Der Bureaukrat. Gestorben; Hr. Ober Landesgerichts⸗Rath a. * Lustspiel 9: 4 Acten von G. v. Moser. ö 3
Berlepsch sagte zu, auf, eine Verbesserung der Wasser— verhältnisse Oberschlesiens hinwirken zu wollen, und e. daß sich ber Fiscus an der Kohlenpreistreibere nicht betheing habe, daß er sich aber an die Marktpreise halten müsse.
Abg. Das bach (Centr. wünschte bessere Lohnverhäl— nisse fuͤr die Bergarbeiter im Saarbrücker Bezirk.
An der weiteren Debatte hetheiligten sich die Abgg. Szmula (Centr-), der Minister für Landwirthschaft 2c. von
eyden, der Abg. Dasbach (Centr) und der Minister des Innern Herrfurth, welch letzterer die Klagen des Abg. Szmula in der zweiten Lesung uͤber Mißstände in den Schlaf häusern auf den fiscalischen Gruben als unbegründet zurückwies. . —
Der Etat der Berg-, Hütten- und Salinenverwaltung wurde genehmigt. . .
Beim Etat der Eisenbahnverwaltung befürwortete 4 Jürgensen (nl) eine bessere Gestaltung des Eisenbahn— verkehrs in Schleswig . .
Der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen sagte eine Prüfung des Wunsches durch die Localbehörde zu. (Schluß des Blattes.)
Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.
Duisburg, 18. März. (W. T. B.). Auf dem Schraubendampfer-Schleppboot „Heinrich“, Eigen— thümer Buchloch aus Ruhrort, welches in der Nähe der Werthauser Fähre Hochfeld bei Duisburg liegt, fand der „Rhein- und Ruhrzeitung“ zufolge, gestern Abend 11 Uhr eine Kesselexplosion statt. Das Bootsdeck ist voll— ständig in der Mitte aufgerissen; sechs Personen von der Mannschaft, darunter der Capitän, sind ums Leben gekommen.
Darmstadt, 18. März. (W. T. B.) Die „Darmstädter Zeitung“ veröffentlicht den ärztlichen Bericht über den Krankheitsverlauf bei dem verstorbenen Groß— herzog. Der Bericht schließt mit den. Worten: „Es kann der Wahrheit gemäß die beruhigende Versicherung ertheilt werden, daß der ganze Verlauf der Krankheit ein schmerzloser war, sowie daß das Hinscheiden des Großherzogs in leichter und sanfter Weise eingetreten ist?
St. Petersburg, 18. März. (W. T. B.) Gestern Abend stürzte hier der Neubau eines Sreistöckigen Hauses ein und begrub dreizehn Arbeiter unter seinen Trummern. Ein würde erschlagen, die übrigen mehr oder minder verletzt
Paris, 18. März. (W. T. B.). Die Cen tral— brigaden von Paris und die republikanische Garde sind heute im Interesse der Aufrechterhaltung der Ordnung consignirt worden. Nach Meldungen aus Bordeaux sind daselbst an mehreren Stellen Dynamitpatronen gefunden worden. Infolge dessen wurden Haussuchungen angeordnet.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
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Coneerte. Sing Akademie. Sonnabend, Anfang 7h Uhr
Deuff 3 E 3 Deutsch von unter Mitwirkung von Frau Agnes Stavenhagen.
Concert · Gaus. Sonnabend: Karl Mender⸗ Concert unter gütiger Mitwirkung der Concertsängerin
DOup. „‚Abenceragen! von Cherubini. Rienji— von Wagner. „Martha“ von Flotow. Arie aus der Oper „Der Waffenschmied“ von Lortzing (Frau Waibel). Brief-Arie aus „Don Juan“ bon Mozart (Frau Waibel).
(Kgl. Sächs. Circus Renz. Karlstraße. Sonnabend, Abend
er Congreß von 36 Vollblutpferden larabischer trakehner, englischer, irischer und schottischer Race
des Beneficiaten. — Neu! Alt -Friedericignisch 3 . . j 9 2 . on Quadrille, geritten von 8 Damen und 8 Herren commandirt vom Beneficiaten. — 4 hohe Schulen
. Belle Alliance. Theater. Sonnabend: 11. Gast⸗ zu gleicher Zeit geritten von 4 Damen. — Zum spiel des Kgl. Hofschauspielers August Junckermann. 4. Mord. Old Jo, komische Scene von den Herren „Reuter⸗Ehyelus“. Erster Abend. Einzige Sonn- Franks und GC. Onkel Bräsig. Lebensbild in zer Auf Helgoland weg oder: Ebbe und 5 Acten nach dem Roman Ut mine Stromtid“ Fluth. Große hydrol. Ausstattungs Pantomime in von Fritz Reuter. Für die Bühne eingerichtet von 2 Rbtheilungen vom Director E. Renz. National August Junckermann. Anfang 73 Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
Godlewsky. — Zum Schluß;
tänze (65 Damen) ꝛc. Einlage: Ulanen und Garde Hufaren ꝛc. Dampfschiff⸗ und Bootfahrten, un überraschende Licht- und Feuereffecte. S0 Fuß hohe
Sonntag: 2 Vorstellungen. Nachmittags 1 llbt (1 Kind freih. Auf Verlangen: Die Touristen.
Familien⸗Nachrichten.
dem Innern Rußlands liegt, welcher einen Ausläufer Sein bester Freund. Schwank in 4 Acten pon Thomas Theater. Alte Ir oh str aße Nr. 30. Verlobt: Frl. Sophie Heinke mit Hrn. Pastor. O. westssdweftwärts nach Frankreich entfendet. Rur an Fritz . Karl . rng ö. 7 Direction: Emil Thomas. Sonnabend; 17. Gastspiel en N stküste opas wehen stellenweife steife Sonntag: Nachmittags⸗-Vorstellung zu bedeuten ö. ;
den Nordwestküsten Europas wehen stellenweise steife 9 ch 9 s 93 4
füdöftliche bis füdwestliche Winde, im übrigen ist die ermäßigten Preisen. G . 9. ⸗ eten von Francis Stahl. Parquet 1 An⸗
Bornmann (Schlaupp— Wingendorf)]). — Il. Bertha Grote mit Hrn. Referendar Dr. ut, Rohde (Torgau — Osnabrück). — Rosa Freiin von Kleist mit Hrn. Lieut. Adolph Coupette Allen⸗
Hr. Frhr. von Puttkamer⸗-Jarten thin mit Frl. Helene von Enckebort Voge san — Hr. Rittergutsbesitzer Anton Cleve mit Gr. Anna von Sommerfeld (Leckom — Stettin)
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Pfarrer Rohrmell Schillehnen. — Eine Tochter: Hrn. Gerichte . Parthey (Berlin). 9
Geh. Justiz⸗Rath Carl Delsner (Breslau).
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alk. Die neuen 703791
Hohenzollern⸗Galerie
am Lehrter Bahnhof. — Gr. histor. Rundgemälde 16401890. — 9 Vorm. — 11 Ab. I M Kinder 50 .
Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin:
Verlag der Expedition (Scholy. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt.
deutsch von M. Kalbeck. In Scene gesetzt vom von Guy de Maupassant. In Seene gesetzt von Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park
Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Weingartner.
ttner. Zum 1. Male; Die Puppenfee. Dramolett in 1 Pantomimisches Ballet-Divertissement von Haßreiter! Anfang 743 Uhr.
Dirigent: Kapellmeister Sigmund Lautenburg. Vorher; Ein Maskenball. Geöffnet ven 1211 Uhr. Tä . Act von Gräfin Thun-Waldstein. wissenschaftlichen Theater. Näherez die Ans.
zettel. Anfang 741 Uhr.
Uranig, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Lehrter Bahnhof). ich Vorstellung im
kinn
Anstalt, Berlin sw., Wil helmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen leinschließlich Börsen Beilage,
und das Verzeichniß der gezogenen Prenfi⸗ schen d V Staatsschuldscheine.
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗-Anzeiger.
M 68.
Berlin, Freitag, den 18. März
1892.
Deutscher Reichstag. 196. Sitzung vom Donnerstag, 17. März, 12 Uhr.
Am Tische des Bundesraths der Unter⸗Staatssecretär Dr. von Rottenburg und der Königlich preußische Ministerial⸗ Director Lohmann.
Die dritte . der Novelle zum Kranken—
ssengesetz wird fortgesetzt. ta zg en den die Commission in die Vorlage ein— gefügt hat, kann die höhere. Verwaltungsbehörde auf Antrag zon mindestens dreißig betheiligten Versicherten nach Anhörung ker Kasse und. der Aufsichtsbehörde die Gewährung der Krankenkassenleistungen durch weitere als die von der Kasse betimntten Aerzte, Apotheken und Krankenhäuser verfügen.
Dazu werden folgende Zusätze beantragt: 1) vom Abg. Freiherrn von Stumm (Rp.): „Wenn durch die, von der Kasse getroffenen Anordnungen eine den berechtigten An— forderungen der Versicherten entsprechende Gewährung jener Leistungen nicht gesichert istx 2) von dem Abg. von der Schulenburg (cons: „Die Hilfe von Nichtärzten ist nur dann von der Gemeindekrankenversicherun oder der Krankenkasse zu bezahlen, wenn diese fe auf ärzt⸗ liche Verordnung geleistet oder in dringenden Fällen angerufen ist“, 3) von den freisinnigen Abgg. Dr. Hirsch und Dr. Gutfleisch: „Durch Beschluß der Verwaltung der Gemeindekrankenversicherung und durch das Kassenstatut kann bestimmt werden, daß den Versicherten an Stelle der ärztlichen Behandlung der Ersatz der Aufwendungen, welche sie hierfür gemacht haben, in Höhe des Krankengeldes gewährt werde.“
Abg. Leuschner (Rp.): Man möge gegen die versicherten Kranken jede nur mögliche Humanität walten lassen, aber dieser Pargrapyh würde zu den größten praktischen Mißständen führen. Venn schon dreißig Personen eine anderweitige Arztwahl veranlassen konten, so würde man aus den Klagen und Beschwerden gar nicht herauskommen, und durch die Anstellung neuer Aerzte würden die Kassen aufs Aeußerste belastet. Er bitte deshalb, den ganzen Paragraphen zu streichen.
Abg. Freiherr von Stumm (Rp.) empfiehlt seinen Antrag, welcher der Aufsichtsbehörde eine bestimmte Anleitung gebe und dadurch Klarheit in die Sache bringe.
Abg. Dr. Hirsch (dfr.): Dem Verlangen nach freier Arztwahl,
daß wenigstens die freien Kassen auch ferner ihren Mitgliedern
Krankengeld gewähren dürften, werde entgegen gehalten: es müsse dafür gesorgt werden, daß die Mitglieder der Krankenkasse im Falle der Erkrankung auch wirklich und rechtzeitig die ärztliche Hilfe in Anspruch nähmen; eine solche Sicherheit biete aber die alleinige Erhöhung des Krankengeldes nicht. Diesem Einwande wolle der Antrag seiner Partei Rechnung tragen. Es solle zwar die Natural— leitung des Arztes und der Arznei durch ein wesentlich erhöhtes Krankengeld ersetzt werden, aber nur als Ersatz für die Aufwendungen, welche die Mitglieder wirklich für die Krankheit gemacht hätten. Ein Mitglied würde nicht einen Pfennig dieser Erhöhung beanspruchen können ohne den Nachweis, daß es wirklich ärztliche Hilfe, Arznei u. s. w. gebraucht habe. Die freie Arztwahl habe ja selbst der Staatssecretär Dr. von Boetticher als ein schönes Ideal hingestellt. Der Antrag würde eine wesentliche Verbesserung des Gesetzes sein. Abg. von der Schulenburg CCeons.) : Im Princip sei er auch für eine Streichung des Paragraphen, oder für den Antrag Stumm. Den Antrag Hirsch verwerfe er, weil er eine Abweichung von dem Grundgedanken dieses Gesetzes, der persönlichen Hilfeleistung, enthalte. Sein Antrag wolle, daß den Versicherten die Hilfe nur vom Arzt gewährt werden solle und daß andere Personen von der Hilfeleistung grundsätzlich ausgeschlossen würden. Selbstverständlich fielen nicht unter dieses Verbot der Heilgehilfe als Adlatus des Arztes und der Naturheilkundige, falls er auf ärztliche Anordnung zugezogen werde. Wenn er die Behandlung der Kranken ausdrücklich in die Hände eines wissenschaftlich gebildeten Arztes legen wolle, so habe er dabei nicht das einseitige Interesse des Aerztestandes und ihr materielles Interesss im Auge, sondern ganz hervorragend das Wehl und Wehe der Versicherten selbst. Daß auch Aerzte irrten, würden sie selbst die Ersten sein zuzugeben, aber unzweifelhaft liege doch die größte Sicher— heit einer guten Heilung nur bei den wissenschaftlich gebildeten Aerzten. Unter den Naturärzten mögen ja einige hervorragende Capacitäten Ein, aber wohin gerathe man, wenn man der Wissenschaft ihren Vauptfeind gleichwerthig zur Seite stelle? .
Abg. Dr. Meyer * (dfr.): Dieser Gesetzentwurf leide an einem unheilbaren Widerspruch: er schreibe vor die ärztliche Behandlung in natura zu gewähren, gebe aber keine Erklärung, was unter der arztlichen Behandlung zu verstehen sei. Bei richtiger Auslegung Ws Art. 29 der Gewerbeordnung verstehe sich das, was der Antrag Shulenburg besage, eigentlich von selbst. Aber man habe erlebt, daß eine Krankenkasse mit Erfolg die Behandlung eines Nichtarztes der eines Arztes gleichzustellen versucht habe, und gegen die Wieder— zolung eines . Falles müsse man sich schützen. Die Bestre— bungen, die Thätigkeit der approbirten Aerzte auszuschließen gingen sehr. weit. Hier in Berlin trete ihnen das Polizeipräsidium mit Vwünschtem Nachdruck entgegen. In anderen Landestheilen, werde derselbe Nachdruck vielleicht nicht ausgeübt werden. Art, 29 3 Bewerbeordnung stelle keineswegs approbirte Aerzte, Titularärzte und Richtärzte gleich. Er habe nur die bis— Ligen. Strafbestimmungen gegen die Kurpfuscherei beseitigt. un eine Wiedereinführung dieser Strafbestimmungen könne er sich unter keinen Umständen aussprechen. So lange sie bestanden hätten, abe stets Zweifel darüber obgewaltet, was eine ärztliche Behandlung k Sei es schon eine ärztliche Behandlung, wenn jemand einem andern empfehle, Hoff'schen Malzextract zu trinken, oder sich massiren nuf lassen Darüber sei es zu höchst verdrießlichen Strafprözessen gil men, deren Möglichkeit er beseitigen wolle. Auch sei hr zu vergessen, daß der approbirte Arzt zugleich eine Urkundsperson . daß er Atteste auszustellen habe, von denen Rechtsverhältnisse ab— ien und eine solche Befugniß könne man nicht der freien Concurrenz hterwerfen. Nur approbirte Personen könnten von dein Staate und der 3 nit amtlichen Functionen betraut werden. Dieses Gesetz füge icher in den approbirten Aerzten einen unheilbaren Schaden zu. Es niehr 5 Anzahl von Personen die ärztliche Behandlung zu einem dutch renz Preise zu, als sie sich bei der natürlichen Preisbildung Eo ern ot und Nachfrage herausstellen würde; er zwinge die Aerzte 6 mmesen unter dem Selbstkostenpreise ihre Leistungen zu liefern. üinmer cht lige dies mit humanen Erwägungen, lasse aber einen inn 2 Kreis solcher Leute übrig, die gezwungen würden, in zu , . den Arzt nach Maßgabe seiner wirklichen Thätigkeit 2 9. ung, darin sehe er allerdings eine gefährliche Be⸗ ichen tg ö. ärztlichen Standes; Deutschland könne auf seinen ärzt⸗ würde Sion mit mehr Recht stolz sein, alß irgend ein anderes Land. Er feen ., er in eine schwere Krankheit verfiele, sein Leben für
mein i wenn er nicht von einem deutschen Arzt behandelt würde. we e lf ö Acht in chauvinistischem Sinne; ein österreichischer und fel 6m . rjt, der von der deutschen Wi enschaft vorgebildet sei,
m ebenso lieb. Der Streit über den Vorzug der Staats—
medizin und der sog. Naturärzte lasse sich auf die einfache Frage zurückführen: was ist besser, das Wissen oder die Unwissenheit? Alle die Künste, deren sich die Naturärzte bedienten, seien ja nur Bro— samen vom Tische der Wissenschaft. Das Gefährliche dieser Kur— pfuscherei, wie sie in gewissen Landestheilen künstlich gehegt werde, sei die Verachtung gegen die Wissenschaft. Es würden Anstalten be⸗ gründet, in denen jemand in zwei oder drei Monaten abgerichtet werden solle, alle möglichen Krankheiten zu heilen: trete man dem̃ nicht entgegen, dann lege man die Art an den Baum der Wissenschaft und bereite eine im hohen Grade gefährliche Zukunft vor. Als einziges Beweismittel habe man nur die Halligen entgegengehalten. Man könne doch nicht die ganze Gesetzgebung des Reichs auf dem Fuße dieser armen Inseln und allenfalls einiger Theile Ostpreußens einrichten, in denen es an approbirten Aerzten fehle. Sie würden sich auch dort ansiedeln, wenn ihrer Thätigkeit ein Feld eröffnet würde. Er bitte, den Antrag Schulenbnrg anzunehmen.
Abg. Freiherr von Wendt (Centr.) : 127 Petitionen, meist von ärztlichen Vereinen, verlangten ausschließlich die Zulassung der approbirten Aerzte, 987 dagegen, meist von Kassenvorständen, in einem Falle auch von einem Naturarzt ausgegangen, die Beibehaltung des gegenwärtigen Zustandes. Petitionen gäben zwar keinen Ausschlag, aber so große Zahlen von Interessenten verdienten doch Beachtung. Die Gewerbe⸗ ordnung hebe allerdings durch 5 29 die Bestrafung der Kurpfuscherei auf, aber da, was nicht verboten, erlaubt sei, so sei eben die Aus⸗ übung der Heilkunde auch dem Nichtarzt gestattet, und die Kranken— kassenmitglieder sollte man in der Freiheit, sich den Arzt ihres Ver— trauens zu wählen, ebenso wenig behindern, wie sonst jemand. Die Regelung dieser Frage gehöre nicht hierher, sondern in eine Novelle zur Gewerbeordnung. Die Annahme des Antrags Schulen— burg würde eine ausgedehnte Agitation gegen das Krankenkassengesetz zur Folge haben. Dem Antrag Hirsch-Gutfleisch könne er nicht zu— stimmen, wohl aber dem Antrag Stumm.
Abg. Freiherr von Münch (b. k. F.): Es handele sich um eine genaue Charakterisirung der Naturheilkunde, die hier leider von ver⸗ schiedenen Seiten der Kurpfuscherei völlig gleichgestellt werde. Auch ohne Fachmann zu sein, kenne doch wohl jeder die medizinische Wissenschaft genau genug, um sie zu erklären als die Kunst, krankhafte Veränderungen im menschlichen Organismus zu erkennen und sie zu bekämpfen durch die Anwendung gewisser mehr oder weniger zu⸗ sammengesetzter, durch die Botanik, die anorganische und namentlich die organische Chemie der menschlichen Kenntniß übermittelter In— gredienzien. Dem gegenüber seien andere, und große Massen stimmten ihnen zu, — er verweise nur auf den Pfarrer Kneipp der Ansicht, daß die Krankheiten hervorgerufen seien lediglich durch eine falsche Zu— sammensetzung des Blutes und durch die Behandlung mit kaltem Wasser ent— fernt werden könnten. Bisher habe niemand bewiesen, daß die Natur— heilmethode unwissenschaftlich sei. Darum sei der Antrag Schulen— burg unberechtigt. Es handele sich hier nicht um die Wissenschaft, son⸗ dern um ihre Anwendung auf das leidende Publikum, und nach den Erfolgen des Pfarrers Kneipp könne man die Naturärzte von der Wirksamkeit in Krankenkassen nicht gut ausschließen. Der § 29 der Gewerbeordnung hebe in der That jeden rechtlichen Unterschied zwischen approbirten und den Naturärzten auf, und es sei höchst bedauerlich, daß man Naturärzte bisher noch nicht auch in öffentlich— rechtlichem Sinn, bei der Anstellung von Medizinalbeamten, den studirten Aerzten gleichstellt habe.
Ministerial-Director Lohmann: Wenn der Abg. Dr. Meyer in dem Krankenkassengesetz eine ungeheure Schädigung des ärztlichen Standes erblicke, so vergesse er, daß durch dies Gesetz der Kreis der Personen, die überhaupt eine ärztliche Hilfe in Anspruch nähmen, ganz erheblich erweitert werde. (Abg. Dr. Meyer: Das habe er auch gesagt) Dann habe er es nicht gehört. Außerdem habe er aus § 29 der Gewerbeordnung viel zu weit gehende Folgerungen ge⸗ zogen. Dies Gesetz kenne auch eine Ausübung der Heilkunde durch nicht approbirte Personen, indem der Gewerbebetrieb im Umherziehen auch verboten sei bei der Ausübung der Heilkunde durch nicht approbirte Personen. Auch er glaube nicht, daß es wohlgethan sei, eine Frage, die der Gewerbeordnung vorbehalten bleiben müsse, hier zu regeln. Er möchte bitten, den Antrag Schulenburg abzulehnen, weil er den Krankenkassen und ihren Mit— gliedern etwas zu thun verbiete, was jeder bonus pater familias ohne allen Anstand thun dürfe, daß er nämlich in kleineren Fällen eine Ausübung der . sich verschaffe, ohne einen approbirten Arzt zuzuziehen, ohne sich dem Vorwurf des Leichtsinns auszusetzen. Er bitte, auch den Antrag Hirsch⸗Gutfleisch abzulehnen; letzterer ge⸗ höre nach seiner Meinung nicht in diesen Zusammenhang, sondern eher in den zweiten Absatz des S 6, der von den obligatorischen Leistungen der Krankenkasse handele. Die Bedeutung des Antrags sei die, daß nach dem Beschluß der Gemeindebehörden oder Kassen— vorstände Bezahlung ärztlicher Hilfe nur bis zur Höhe des Kranken— geldes geliefert zu werden brauche. Dadurch würden viele Kassen— mitglieder geschädigt werden, die für ärztliche Behandlung mehr aufwendeten. Das folge schon aus der Statistik. Im Jahre 1890 seien von Gemeinde-Krankenkassen 3 900 000 (. für ärztliche Behandlung und Medizin ausgegeben worden und nur 2500 000 S an Krankengeldern, bei den Betriebs⸗Krankenkassen lauteten die entsprechenden Zahlen 12300 900 und 11 800 000 „, und nur bei den Ortskassen sei an Krankengeldern ein geringer Betrag mehr ausgegeben worden, als für ärztliche Behandlung und Medizin. Die Fassung des Antrags Hirsch⸗Gutfleisch sei übrigens insofern unklar, als er zweifelhaft lasse, ob die Kasse die entsprechende Be⸗ stimmung immer nur für die Gesammtheit der Kassenmitglieder, oder auch für einzelne Klassen solle erlassen dürfen. Namentlich bei Kassen mit einem sehr ausgedehnten Bezirk würden die vom Kassensitz entfernter wohnenden Mitglieder durch die Annahme des Antrags Hirsch⸗Gutfleifch schlechter gestellt werden, als die näher wohnenden.
Abg. Möller (nl. beantragt, außer einer redactionellen Aende⸗ rung des Antrags Schulenburg hinzuzufügen, daß das Krankengeld nur auf Grund von ärztlichen Attesten gezahlt werden solle; nur in dem Falle, wo ein Nichtarzt ausdrücklich zur Behandlung zugelassen und bezahlt worden sei, gelte auch dessen Zeugniß.
Abg. Eberty (dfr.: Die in der Gewerbeordnung verbotene Ausübung der Heilkunde im Umherziehen durch nicht approbirte Personen könne gegen den Antrag Schulenburg gar nichts beweisen. Der Ministerial⸗-Director Lohmann müßte von seinem Standpunkt erst recht für den Antrag Hirsch⸗Gutfleisch eintreten. Die Petitionen, welche die Sache beim Alten zu lassen bäten, könnte man auch für seine Partei in Anspruch nehmen, wenn nicht die eigentlich selbstverständliche Auffassung des Wortes Arzt“ durch eine bedauerliche Praxis unklar ge⸗ worden wäre. Nach der Stellungnahme des Ministerial⸗Directors Lohmann könnten die Kassenmitglieder gezwungen werden, sich der ärztlichen Behandlung durch irgend eine beliebige Person zu unterwerfen. Im Interesse der Versicherten wie der Aerzte — wenn auch das Standes⸗ interesse der Letzteren nicht maßgebend sei — bitte seine Partei um Annahme des Antrags Schulenburg. Durch seine Ablehnung würde keine Ruhe eintreten, sondern die Aerzte würden vielleicht zu Maß— regeln übergehen müssen, die, so bedauerlich sie auch an sich sein mögen, durch die Nothwehr entschuldigt wären. Die Meinung des Ministerial⸗ Directors Lohmann, daß die Annahme des Antrags Schulenburg den Kassenmitgliedern das Recht jedes bonus pater familias schädigen würde, zur Heilung kleinerer Unfälle auf die Zuziehung eines Arztes verzichten zu dürfen, werde einfach dadurch widerlegt, wonach man bei kleineren Unfällen eben immer auf die Hilfe des Arztes verzichte; das sei
selbstverstãndlich, und Selbstverständliches brauche kein Gesetz zu enthalten, auch der Antrag Schulenburg nicht. Die Begriffsbestimmung des Arztes bedürfe keiner Regelung“, diese Regelung gehöre also auch nicht in die Gewerbeordnung; er wundere sich vielmehr, daß es zu dieser an sich so einfachen Erklärung solcher langen Verhandlungen im Deutschen Reichstage bedürfe — außerhalb dieses Hauses werde man das nicht verstehen. Arzt sei, wer die dazu nöthige Befähigung nachgewiesen habe, das müsse man, da leider eine gegentheilige Praxis entstanden sei, durch den Antrag Schulenburg besonders aus⸗ sprechen. Aus diesem Grunde und im Interesse der Ruhe und des Friedens bitte er um Annahme dieses Antrags. Dem Antrag Hirsch⸗ Gutfleisch stehe er sympathisch gegenüber, aber er könne nur zu⸗ gleich mit dem Antrage Schulenburg angenommen werden.
Ministerial⸗-Director Lohmann: Es sei durchaus nicht selbst⸗ verständlich nach dem Antrag Schulenburg, daß untergeordnete Ver⸗ richtungen von einem Heilgehilfen u. s. w. vorgenommen werden dürften. Solche Leistungen von Nichtärzten seien nur dann von der Kasse zu bezahlen, wenn sie auf ärztliche Verordnung oder in dringenden Fällen stattgefunden hätten; so schreibe der Antrag ausdrücklich vor, und das sei auch die Auslegung der Gerichte. Er habe nicht behauptet, daß die Krankenkassen jeden beliebigen Menschen ihrerseits ihren Mit⸗ gliedern als Arzt würden aufdringen können. Eine solche Thorheit zu sagen, würde ihm nicht einfallen.
Abg. Möller (nl.): Er halte es für unglaublich, daß überhaupt in Zweifel gezogen werden könne, ob eine ärztliche Behandlung nur durch einen approbirten Arzt geleistet werden dürfe. In der Com⸗ mission habe er, ohne Widerspruch zu finden, die Ansicht aufgestellt, daß eine ärztliche Behandlung immer nur die eines approbirten Arztes sein könne. Da aber die Dinge durch die Besprechung seit⸗ dem ganz unglücklich verschoben seien, halte er es für dringend noth⸗— wendig, daß man durch den Antrag Schulenburg Klarheit in die Sache bringe, um so mehr, als sie bei § 6 zweifelhaft geblieben sei. Man habe alle Ursache, einen gerechten Wunsch der Aerzte zu erfüllen, eines Standes, dessen man zur Durchführung der socialen Gesetzgebung dringend bedürfe. Daß kleine Leistungen von Nichtärzten gewährt werden könnten, verstehe sich von selbst. Die Voraussetzung seines zweiten Antrages sei die Annahme des 5 55a. Wenn es die Meinung des Hauses sei, daß nur approbirte Aerzte zugelassen werden sollten, dann müsse auch dem vor—⸗ gebeugt werden, daß von Kurpfuschern urkundliche Bescheinigungen ausgestellt würden. Der Antrag Stumm entspreche dem, was in dem Commissionsantrage ursprünglich gestanden habe, nur in anderer Form. Auch er halte diese Einschränkung für nützlich, damit der Willkür der Verwaltungsbehörde eine Anleitung gegeben werde.
Abg. Wurm (Soc.): Die lange Besprechung über diesen Para— graphen beweise nur, daß der Minderheit die Abstimmung von vor⸗ gestern unbequem sei. Die Ausführungen des Ministerial⸗Directors Lohmann lauteten ganz anders, als die gestrige Erklärung des Ministerial⸗ Directors Dr. Bartsch im Abgeordnetenhause. Letzterer habe erklärt, daß nur approbirte Aerzte als Kassenärzte zugelassen werden dürften. Seine Partei stehe nach wie vor auf dem Standpunkte, daß den Mitgliedern der Krankenkassen das größere Recht zu gewähren sei und nicht die Privatinteressen der Aerzte besonders geschützt werden müßten. Wenn die Wissenschaft durch die Kurpfuscher in Gefahr gerathen sollte, dann wäre es sehr traurig um sie bestellt; durch solche kleinlichen Gesetzesvorschriften werde sie jedenfalls nicht geschützt. Kurpfuscher und Naturarzt sei nicht dasselbe. Kurpfuscher könnten sich auch in den appro— birten ärztlichen Stand einschleichen. Die Anhänger der Natur— heilmethode würden aus der Besprechung die Lehre ziehen, daß es nöthig sei, alle Möglichkeiten zu beseitigen, die dem Verdacht Raum gäben, daß sich Kurpfuscher unter ihnen befänden. Im Anfange der Bewegung sei allerdings durch schablonenmäßiges Heilverfahren viel ge— sündigt worden, aber in neuerer Zeit habe sich das vollständig ge⸗ ändert. Es hieße das Kind mit dem Bade ausschütten, wenn man der alten Richtung zu Liebe wegen einiger Mißstände der neuen keine Bahn gewähren wollte. Der Antrag Schulenburg wolle nur nachholen, was vorgestern nicht gelungen sei. Doch das Haus werde hoffentlich nach wie vor die Beschlüsse aufrecht erhalten, wie sie im Interesse der Kranken lägen. Wolle man dies und auch das Interesse der Aerzte wahrnehmen, so möge man den Arzt zum Beamten des Staats machen. Dann werde die Kurpfuscherei von selbst ver—⸗ schwinden.
Ministerial⸗Director Lohmann: Dem Abg. Wurm gegenüber bemerke er, daß ein Widerspruch zwischen seinen Aeußerungen und denen des Ministerial⸗Directors Dr. Bartsch im Abgeordnetenhause nicht bestehe.
Abg. Prinz zu Carolath-Schönaich (b. k. F.): Ihm seien verschiedene Zuschriften zugegangen, die darum bäten, daß ihren Inter— essen bei der gegenwärtigen Berathung Rechnung getragen werde. Der oberschlesische Knappschaftsverband, der über 60 500 Mitglieder zähle, gewähre seinen Mitgliedern freie Kur und Arznei. Derartige Wohlthätigkeitsanstalten dürften nicht geschmälert werden Der An⸗ trag Stumm werde wenigstens einigermaßen den thatsächlichen Be— dürfnissen gerecht. Die Wohnungen der oberschlesischen Arbeiter befänden sich größtentheils in einem sehr traurigen Zustande, daher sei es von großem Vortheile für sie, daß in einem Bezirk von 35 000 Quadrat⸗-Kilometer neun Lazarethe mit tüchtigen Aerzten ent⸗ standen seien, in denen täglich mehr als 1200 Kranke die denkbar beste ärztliche Behandlung fänden. Die Arbeitgeber zahlten zu diesen Kassen fast das Doppelte des gesetzlich verlangten Satzes, nämlich 9400 statt 50 9. Deshalb möchte er bitten, es bei dem bisherigen Zustand zu belassen, denn naturgemäß würden die vermehrten Kosten von den Arbeitern gezahlt werden müssen. Das würde in ihren Kreisen eine Erregung hervorrufen, die seines Erachtens gerade heute thunlichst zu vermeiden sei.
Abg. Dr. Gutfleisch 6 Dem Antrage Stumm stimme er zu, weil er den Vortheil habe, die Richtung anzugeben, in der die Verwaltungsbehörden demnächst thätig sein müßten. Dem An⸗ trage Schulenburg zuzustimmen, sei er zu seinem Bedauern nicht in der Lage. Es habe sich im Laufe der Besprechung die Vorstellung herausgebildet, als ob die Gegner des Antrages Freunde des ge r e er ihren seien; das sei bei seiner Partei durchaus nicht der Fall, sondern sie stimme dagegen aus formellen Gründen. Sie halte es für besser, wenn man sich mit der Frage, ob approbirte Aerzte oder Naturheilkundige, garnicht befaßt hätte; denn sedes materiage sei die Gewerbeordnung und nicht dieses Gesetz. Die Gerichte hätten jetzt schon über die Frage zu entscheiden, ob die Bezahlung nicht approbirter Aerzte gefordert werden könne, z. B. im Falle von Körperverletzungen. Meist hätten sie nur die Kosten der approbirten Aerzte als ersatzfähig betrachtet, aber sie hätten auch Ausnahmen gestattet, und dabei sollte man es belassen. Die Aus⸗ nahmefälle zu formuliren, sei nicht nöthig. Der Antrag Hirsch⸗ Gutfleisch wolle die Möglichkeit schaffen, daß an Stelle der Natural⸗ leistungen, Arzt und Arznei den Versicherten eine Vergütung gegeben werde, was den großen Vortheil einer vollständig freien wah des Arztes gewähre und Mißstände beseitige, die sich aus dem Kassen⸗ zwang ergäben. Auch wolle seine Partei diese Bestimmung auf den 6. ausdehnen. Unter Versicherten seien selbstverständlich nur sämmt⸗ iche Versicherte der betreffenden i gemeint. Das freie Er⸗ messen der Gerichte, ob Krankengeld zu zahlen sei oder nicht, dürfe nicht irgendwie eingeschränkt werden. Es sei mit den Ab⸗ sichten des Gesetzes unverträglich, wenn man sage, die Zahlung
des Krankengeldes solle nur auf Grund eines ärztlichen Attestes er⸗