1892 / 71 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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h ich möchte sagen, geschäftliche Erledigungen hinter uns liegen, ohne Verzug die Aufhebung der Beschlagnahme zu bewirken. .

Was die Form dieses Gesetzentwurfes betrifft, so hat sie keineswegs den Zweck, eine auf unbestimmte Zeit etwa zu verlängernde Vollmacht für eine Allerhöchste Verordnung zu erlangen, diese Form ist lediglich durch diese eben bezeichneten geschäftlichen Erledigungen, welche zweck⸗ mäßig vor die unmittelbare Aufhebung der Beschlagnahme zu legen sind, heworgerufen.

Bekanntlich ist nach Maßgabe des Gesetzes vom 15. Februar 1869 die durch die Verordnung vom 2. März 1868 verfügte Beschlagnahme nur durch Gesetz aufzuheben, und es war daher, wenn man unmittelbar nun zur Aufhebung der Beschlagnahme übergehen wollte, von vorn herein nothwendig, dies Gesetz in der von dem jetzigen Entwurf be⸗ absichtigten Weise zu ändern, um dadurch freie Bahn für die jeder⸗ zeitige Aufhebung der Beschlagnahme zu schaffen. Wenn Sie nun fragen, warum nicht der Gesetzentwurf einfach dahin lautet: es wird die Beschlagnahme aufgehoben, so kann ich darauf Folgendes antworten:

In dem Augenblick, wo die Beschlagnahme des Vermögens auf⸗ gehoben wird, tritt der unter dem 29. September 1867 zwischen Seiner Majestät dem Könige von Preußen und Seiner Majestät dem Könige Georg abgeschlossene Vertrag unmittelbar wieder in Kraft. Nun wird aber doch schon an und für sich klar sein, daß manche Einzel⸗ heiten dieses Vertrages schon wegen des inzwischen stattgefundenen Zeitablaufs einer gewissen Modification bedürfen. Es sind aber auch in dem Vertrage, wie sich hinterher herausgestellt hat, manche Unklar⸗ heiten, wo es zweckmäßig ist, durch ein Uebereinkommen diese Zweifel zwischen der Krone Preußen und Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs von Cumberland vollständig klar zu stellen. End— lich sind mehrere einzelne Fragen, die noch ein besonderes Einvernehmen über die Art der Ausführungen dieses unter dem 29. September 1867 abgeschlossenen Vertrages bedürfen. Es ist erwünscht das werden Sie mir als unbestritten zugeben —, daß, sowie die Beschlagnahme aufgehoben wird, von vorn herein der nun nach allen diesen Richtungen hin geklärte Vertrag in Kraft tritt und nicht hinterher noch vielleicht in einzelnen Punkten schwierigere Ver— handlungen eintreten, nachdem die Beschlagnahme bereits auf⸗ gehoben ist.

Ich glaube also, daß, nachdem Uebereinstimmung zwischen der Staatsregierung und dem Landtag denn ich nehme an: die große Mehrheit des Hauses ist mit der Aufhebung der Beschlagnahme ein— verstanden erzielt ist, über die Zweckmäßigkeit und Möglichkeit der Aufhebung der Beschlagnahme ohne Verzug nach Regelung der eben berührten Verhältnisse, daß doch der Glaube gar nicht entstehen kann, daß nun wieder auf unbestimmte Zeit die Beschlagnahme ver— tagt werden soll.

Eine commissarische Berathung, wie der Herr Abg. Richter sie in Aussicht nimmt, würde auch über diese einzelnen Fragen eine genauere Auskunft gar nicht zu Tage fördern; denn es wird doch in keinem Falle gerathen sein, in der Commission seitens des einen Theils über einzelne bestimmte Zweifels und Rechtsfragen vor dem Eintritt der Verhandlungen sich des weiteren auszulassen. Wenn die Hoffnung bestanden, wie ich schon aus einzelnen Fragen des Herrn Abg. Richter herzuleiten glaube, daß die commissarische Berathung dahin führte, über jede einzelne Verwendungsart der bisherigen Beschlagnahme der Revenüen Auskunft zu erhalten, so kann ich von vornherein erklären, daß eine solche Hoffnung gänzlich unbegründet sein würde. Die Staats⸗ regierung ist nach der Beschlagnahme⸗Verordnung zur Rechnungs— legung nicht verpflichtet; es sind diese Fonds in der Beschlagnahme⸗ Verordnung ja wesentlich bestimmt worden für Verwendungen in politischer und polizeilicher Hinsicht. Es ist also klar, daß die Staats— regierung weder rechtlich verpflichtet ist, noch auch in der Sache wohl thun würde, einzelne Fragen entweder mit Ja oder mit Nein zu beantworten.

Meine Herren, ich möchte Sie daher bitten, wenn ich diese Frage des Herrn Abg. Richter nicht beantworte (Lachen links! Hört! hörth, keineswegs daraus herleiten zu wollen, daß das Schweigen eine Zu— stimmung zu der Behauptung ist. (Heiterkeit, Das Schweigen be— deutet in diesem Falle eben nichts. (Große Heiterkeit.)

Meine Herren, ich kann Ihnen nur empfehlen, da doch die allgemeine Uebereinstimmung vorhanden ist, daß die Beschlagnahme jetzt in Wegfall kommen soll, daß Sie keinerlei Verzögerungen in diese Angelegenheit hineinbringen wollen. Wenn wir nach dem Wunsche des Herrn Abg. Richter heute die Aufhebung der Beschlagnahme durch ein bestimmtes Gesetz

zsprächen, so würden die Zweifel, die er angeregt hat, genau ebenso leiben, als wenn später die Aufhebung der Beschlagnahme mittels Königlicher Ordre erfolgte. In dieser Beziehung würde durch ein anderes Verfahren nicht das Geringste geändert werden. Es kann also der Zweck, den der Herr Abg. Richter in dieser Richtung verfolgt, durch eine andere Form des Gesetzes ebenso wenig erreicht werden.

Meine Herren, die Staatsregierung ist gewiß ihrerseits erfreut, daß sie sich der Verwaltung dieses Vermögens in Zukunft nicht weiter zu unterziehen braucht. Sie hat die Hoffnung, daß durch die Auf— ,, der Beschlagnahme in der Provinz Hannover denn daß die Aufhebung der Beschlagnahme in den Wünschen der Provinz Hannover liegt, ist klar genug hervorgegangen aus den, wenn ich nicht irre, einstimmig gefaßten Beschlüssen des Hanneverschen Provinzial-Landtags sie hat, wie gesagt, die Hoffnung, daß die Aufhebung dieser Beschlagnahme zur weiteren Beruhigung der Gemüther in der Provinz Hannover führen und auch nicht ihren Einfluß verfehlen wird auf solche Ge⸗ müther, die bisher, sei es mit Recht, sei es mit Unrecht, in dieser Beschlagnahme eine Behinderung voller Versöhnung mit den in— zwischen gewordenen historischen Thatsachen erblicken.

Meine Herren, es ist in der Presse die Frage aufgeworfen, wie denn nun die Sicherung der ursprünglich auf 16 Millionen Thaler bemessenen Kapitalien, die das Fideicommiß des Gesammthauses Braunschweig⸗Lüneburg bilden, in Zukunft stattfinden werde, ob nicht die Staatsregierung etwa in der Lage sein würde, nach Auf— hebu ig der Beschlagnahme die Sicherung dieses Vermögens aus der Hand zu geben. Diese ganze Ansicht beruht auf einer Unkenntniß der Gesetze, denn in dem Anleihegesetz, mittels dessen die Staatsregierung rmãchtigt wurde, behufs Abfindung der nach dem Vertrage dem Jideicommiß des Braunschweigisch⸗Lüneburgischen Hauses zustehenden Kapitalssumme eine Anleihe aufzunehmen, heißt es ausdrücklich in dem letzten Absatz:

Wird die Anleihe genehmigt vorbehaltlich der Zustimmung des . a. in 54 des mit dem König Georg abgeschlossenen Vertrages vorgesehenen besonderen Anordnungen und definitiven Vereinbarungen.

Diese besonderen Verabredungen in dem § 4 des fraglichen Vertrages lauten nun dahin: ̃

Da von Seiten der Krone Preußen, heißt es im § 4, behufs Sicherstellung dieser Ausgleichssumme besondere Anordnungen nöthig befunden sind, über welche ein Einverständniß noch nicht hat erzielt werden können, so sollen zwischen Organen, welche die Krone Preußen bezeichnen wird, und den Interessenten unverzüglich Verhandlungen darüber eröffnet werden, wie die Sicherstellung der 11 Millionen Thaler in Werthpapieren und der 5 Millionen Thaler baar, der letzteren sowohl in dem Betrage, welchen die Krone Preußen nach den im S9 gestatteten Anrechnungen zu gewähren hat, als auch in dem Betrage, dessen Anrechnung Seiner Majestät dem Könige Georg V. vorbehalten ist, bewirkt werden soll.

Bis diese Verhandlungen zu einer definitiven Vereinbarung geführt haben werden, sollen die von der Krone Preußen zu ge⸗ währenden Werthpapiere und baaren Gelder in der Hand der Krone Preußen deponirt bleiben, die baaren Gelder jedoch in Staats⸗ oder sonstigen sicheren Papieren nach beiderseitigem Einvernehmen zinsbar angelegt und die von dem gesammten Depositum aufkommenden Zinsen in halbjährlichen Raten Seiner Majestät dem Könige Georg V. ausgezahlt werden.

Wenn nun derartige Anordnungen zu stande kommen, dann bedürfen dieselben der Zustimmung des Landtags nach dem eben vor⸗ gelesenen Anleihegesetz. Kommen solche Anordnungen nicht zu stande, dann bleibt nach diesem Vertrage das ganze Kapital in der Hand der Krone Preußen. Von einer Gefährdung also der Sicherstellung dieser hier in Frage stehenden Summen kann garnicht die Rede sein. Der Vertrag, auf Grund dessen die Anleihe damals bewilligt worden ist, ist in diesem Punkte, während er in den übrigen Beziehungen nach der festgehaltenen Auffassung der Staatsregierung einer Genehmigung des Landtags nicht bedurfte, weil er in dem Uebergangsjahre abge⸗ schlossen ist, Theil des Gesetzes geworden. Die Staatsregierung ist also verpflichtet, die gesetzlichen Bestimmungen auszuführen, die dahin gehen: entweder bleibt das Kapital in der Hand der Krone Preußen oder aber es finden andere nur mit Zu⸗ stimmung des Landtags mögliche Anordnungen in Beziehung auf die Art der Verwaltung desselben statt. Diese Befürchtungen können also in keiner Weise als irgendwie stichhaltig und ausschlag⸗ gebend für den Landtag erachtet werden.

Meine Herren, es ist allerdings der Vertrag, da ja die Beschlag⸗ nahme sehr bald nach Abschluß des Vertrages genehmigt wurde, in— sofern noch nicht in vollem Maße ausgeführt, als die Aufrechnung, welche nach dem Vertrage dem König Georg gegenüber auf das ihm zugestandene Gesammtkapital stattfinden sollte wegen solcher Beträge, welche derselbe bereits im Besitz hatte, noch nicht in vollem Maße zur Ausführung gekommen. Es ist das einer der Punkte, die eben noch zur Ausführung gebracht werden müssen; aber eine ganz klare Sachlage liegt in dieser Beziehung vor, und ich zweifle nicht, daß ich mit etwaigen Vertretern des Herzogs von Cumberland in der aller— kürzesten Zeit in dieser Beziehung zu einer vollständigen Ueberein stimmung und Klarheit kommen würde.

Auch die anderen Fragen sind nicht von der Bedeutung, daß man irgendwie daran zweifeln könnte, bei einem beiderseitigen zweifellosen loyalen Verhalten sie bald zu einem befriedigenden Abschluß für beide Theile zu bringen.

Finanzielle Interessen des Staats, da es sich hier um Staats— vermögen nicht handelt, kommen nicht in Frage. Der Herzog von Cumber— land wird nach diesem Vertrage die Revenüen, die Reinerträge der eben bemerkten Fonds, welche das Fideicommiß des braunschweig⸗ lüneburgischen Hauses bilden, sofort erhalten. Andere Beträge, die aus allodialen Besitzungen des Herzogs hervorgehen, im Betrage von etwa einer Million Mark werden ihm sofort als Kapital zufallen; auf diese bezieht sich der 54 des fraglichen Vertrages vom 20. September 1867 überhaupt nicht.

Meine Herren, ich spreche Ihnen den Wunsch aus, diesem Gesetzentwurf, da wir, die Königliche Staatsregierung, mit dem Land— tage in dem Ziel und in der Sache selbst völlig einverstanden sind, ohne commissarische Berathung heute Ihre Zustimmung ertheilen zu wollen.

Abg. Dr; Freiherr von He er em an. (Centr. ;: Seine Partei begrüße die Vorlage der Regierung mit besonderer Befriedigung und werde ihr ihre Zustimmung ertheilen in der Voraussetzung, daß die Regierung, nachdem der Gesetzentwurf fertiggestellt sei, ohne Verzug alle diejenigen Maßregeln treffen werde, welche nöthig seien, um die Verpflichtungen zu erfüllen, welche sie durch den Vertrag von 1869 übernommen habe. Sie halte eine möglichst rasche Erledigung der Angelegenheit für wünschenswerth und eine commissarische Berathung nicht fur nöthig. Die Gründe, welche der Abg. Richter dafür an—⸗ geführt habe, Falte er Redner) nicht für durchschlagend. Da anzu⸗ nehmen sei, daß eine Reihe von Abwickelungsgeschäften zur voll— ständigen Regelung nothwendig sein werde, halte er es für gut, wenn es Königlicher Vererdnung vorbehalten bleibe, die nöthigen Verein— barungen zum Abschluß zu bringen.

Abg. Dr. Krause (ul): Namens seiner politischen Freunde möchte er deren Genugthuung darüber Ausdruck geben, daß die Auf— hebung der Beschlagnahme stattfinden solle. Sie glaubten, daß die Voraussetzungen dazu zuträfen und meinten, daß der Brief des Herzogs von Cumberland sowohl ihn selbst als auch unsere Pelitik ehre. Sie seien überzeugt, daß . die Versöhnung im Deutschen Reiche fort— schreiten werde, Ihrer Ansicht nach sei auch die Aufhebung der Beschlag⸗ nahme im höchsten Grade wünschenswerth, damit nicht noch länger ein großer Betrag von Geldern uncontrolirbar der Regierung zur Ver⸗ fügung stehe. Was die Tragweite dieses Schrittes anbetreffe, so seien sie übereinstimmend der Ansicht, daß durch diese Aufhebung die Frage der etwaigen Herausgabe des Kapitalvermögens des braunschweigisch⸗ lüneburgischen Hauses in keiner Weise durch den vorgeschlagenen Sesetzentwurf berührt werde. Es unterliege keinem Zweifel, daß der § 4 des Vertrages von 1868 in Kraft bleibe, daß nur durch Maß⸗ nahmen der Gesetzgebung unter Mitwirkung der Landesvertretung eine Ausantwortung des Kapitals erfolgen könne, wie der Fürst Bismarck damals selbst erklärt habe. Trotzdem bestehe bei einigen seiner politischen Freunde ein Zweifel darüber, ob es nicht besser sein würde, in den Gesetzentwurf eine Klausel einzufügen, welche ausdrück⸗ lich erkläre, daß das Gesetz von 18658 in keiner Weise außer Kraft gesetzt werde. Eine andere Frage sei, ob irgend eine Veranlassung vorliege, im gegenwärtigen Zeitpunkt, wo die Zustimmung des ganzen Hauses der Regierung sicher sei, einen Schwebezustand einzuführen und die definitive Aufhebung einer Königlichen Verordnung zu über⸗ lassen. Er glaube, daß ein Grund hierzu nicht vorliege, und daß man in einer Commission die Frage prüfen müsse, ob durch König liche Verordnung oder durch gesetzliche Regelung die Beschlagnahme aufgehoben werden solle. Er beantrage daher die Wahl einer Com-= mission von 21 Mitgliedern.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Ich möchte noch einige Bemerkungen zu den Aeußerungen des Herrn

Vorredners machen. Meine Herren! Es kann doch gar nicht zweifel⸗

haft sein, daß das ganze Werk, welches wir hier vor uns viel einfacher, leichter und latter abwickeln wird, wenn vor Aust . fc Beschlagnahme alle diese aus dem Vertrag vom 29. Sextember n. sultirenden Fragen durch ein Einvernehmen, zwischen der 2. te⸗ Staatsregierung und dem Herzog von Cumberland erledigt sind. M. erst die Beschlagnahme aufhebt . wenn man ie Beschlagnahme aufhebt und dann hinterhe diese Fragen herantritt. Das, glaube ich, wird das Haus ö an durchfühlen, daß die Lage der preußischen Staatsregierung gũnsti sich gestaltet bei dem Verfahren, welches sie hier vorschlägt, als ae. man von vornherein die Beschlagnahme aufhöbe, ohne daß diese e. wendig der Regelung bedürftigen Fragen geregelt werden. J Wenn nun der Herr Abgeordnete die Frage aufwirft, ohm . , , . ; ob ez nicht doch möglich sei, in diesem Gesetzentwurf noch einmal wieder den Kapitalienfonds zu sichern, so wäre das doch ein ganz unn bis in idem. Er ist selbst mit mir darin einverstanden, daz . Sicherung des Kapitals und des Fonds, welcher das Fideicommij [n. braunschneigisch läncburgische Hanseg bildet, ven der Auftetn, . Beschlagnahme völlig unberührt bleibt. Also selbst wenn wir duct Gesctz an diesem Tage die Beschlagnahme aufhöben, so würde ir Frage auch gar nicht anders zu entscheiden sein. 3. Nach dieser Richtung ist eine commissarische Verhandluns ö. meiner Meinung ohne jede Bedeutung. Ich bin ja erfreut dag he * * * * 7 * 166 Stimmen, die hier im Hause laut werden, mit dem Vorgehen der . . . ; . . den der Staatsregierung, mit dem Ziel, welches sie verfolgt, durchaus einder standen sind. Es ist daher für uns die Frage einer Verweisung . die Commission allerdings nur eine Geschäftsordnungsfrage. Ez wun dadurch vielleicht die Sache einigermaßen verzögert. Aber ich Ie einen genügenden Grund, hier eine commissarische Berathung 6. treten zu lassen, nicht finden, und der Zweck, der hier und da mit einer Verweisung an eine Commission möglicher Weise verfolgt werden könnte, wird durch die commissarische Berathung nicht erreicht werden Ich bin überzeugt, Sie werden vor der commissarischen Berathung nicht mehr und nicht weniger wissen als nach derselben. Heiterkeit Abg. Graf zu Limburg⸗Stixum (cons.): Seine volitischen Freunde begrüßten die Vorlage mit Befriedigung. Sie hätten es Ke dauert, daß die Versöhnung des Herzogs von Cumberland mit den bestehenden Zuständen in Hannover nicht schon früher habe zu stande kommen können. Sie erkennten aber jetzt an, deß die Voraussetzungen, die damals zur Beschlagnahme geführt hätten, heute nicht meßr be ständen. Der letzte Brief des Herzogs sei, was bisher nicht der Fall gewesen sei, adressirt an des Kaisers Majestät; das sei nicht allen eine Form, sondern eine Sache von greßer politischer Bedeutun Es handle sich hier nur um die Frage, ob die Aufhebung der e schlagnahme gleich auf die Revenüen ausgedehnt werden solle, dem auf dem größten Theil des betreffenden Vermögens ruhe ja noch a einem anderen Titel die Beschlagnahme, da der 5 4 noch der At führung harre. Sowohl bei der Genehmigung des Vertrages den 1867. als auch bei der Beschlagnahme habe die Regierung nicht auf die Mitwirkung des Landtags durch gesetzliche Regelung verzichtet Wenn das Haus damals einem 9 Kaiser und einem großen Staatsmanne nicht eine unbedingte Vollmacht gegeben habe, so scheine s ihm gut zu sein, auch heute nicht darauf zu verzichten und die Angelegenheit durch Gesetz zu regeln. Und dies sei der Grund, warur auch seine Freunde für eine Commissionsberathung stimmen würden. Er zweifle nicht, daß man in der Commission zu einer Verständigung kommen werde; sollte man nachweisen, daß es nicht gut möglich sei, die Aufhebung der Beschlagnahme durch Gesetz zu stande zu bringen, so werde sich seine Partei auch fügen. Er glaube, daß durch eine Tommissionsberathung unnütze Debatten erspart werden würden. Seine Freunde würden allen etwaigen Anfragen, welche sich auf die Vergangenheit bezögen, energischen Widerspruch entgegensetzen, an Sensations nachrichten hätten sie keine Freude. In der Hoffnung, daß die Erledigung dieser Frage zur Versöhnung der Geister in der Pro— vinz Hannover beitragen werde, würden sie für den Gesetzentwurf stimmen. Nach der zwar starren aber loyalen Haltung, die der Herzog von Cumberland in der ganzen Zeit angenommen habe, habe er Nedner) die Ueberzeugung, daß, wenn die Herren sich einmal mit dem bestehenden Zustande versöhnt haben würden, sie nichts unternehmen würden, was die Sicherheit des Deutschen Reiches untergraben könne. Finanz⸗-Minister Dr. Miquel: Meine Herren! Ich wollte bloß, weil bei dieser Frage so viele Mißverständnisse entstanden sind, gegen ein Won

den

des Herrn Grafen Limburg⸗Stirum mich wenden. Er hat den Ausdruck gebraucht, es bliebe bezüglich des Kapitalbetrages bon 16 Millionen Thalern die Beschlagnahme noch bestehen. Dieser Ans— druck ist wohl durchaus nicht zutreffend, sondern bezüglich dieses Kapi= tals tritt der Vertrag in Kraft, nach welchem die Gesammtrevenüen desselben an den Herzog von Cumberland abzuführen sind und jede weitere Verwendung seitens der preußischen Krone ausgeschlossen ist. Meine Herren, diese Vertragsbestimmung erklärt sich ja sehr ein⸗ fach. Der Vertrag unterscheidet überhaupt zwischen Allodialvermögen, welches dem König Georg, jetzt dem Herzog von Cumberland, zusteht. und zwischen dem Fideicommißvermögen des Braunschweig⸗-Lüneburgischen Hauses. Diese gesammte Abfindung sollte ein Aequivalent, eine Ent⸗ schädigung sein für die Ablösung derjenigen Rechte, welche dem Ge— sammthause Braunschweig-Lüneburg an dem hannoverschen Domanium zustanden. Es könnte dieses Kapital, also welches an die Stelle dieser Domänen und der Rechte des Braunschweig⸗Lüneburgischen Hauses an denselben treten sollte, nicht zur freien Disposition des Herzogs von Cumberland, bezw. des Königs Georg gestellt, sondern sollte eben für das Gesammthaus gesichert werden; es hatten ja an dieser Sicherung nicht bloß der zeitige Inhaber des Fideicemmihses— sondern namentlich auch die Agnaten ein sehr wesentliches Interesse. Daraus erklärt sich die Bestimmung aus 5 4, an welcher, wie ich wiederhole, auch nach Aufhebung der Beschlagnahme nichts geändert rde rr pn 9 . 2 5 1 131 len A so werden kann, ohne die Zustimmung des Landtags einzuholen. Alf von einer Beschlagnahme auf dieses Fideicommißvermögen kann unter keinen Umständen in Zukünft mehr die Rede sein.

Abg. Richter (fr.): Es sei ein Mißverständniß, wenn man aun, nehme, er wolle erst die Beschlagnahme aufheben und dann eins einbarung mit dem Herzog treffen, gerade umgekehrt wolle er es h . Die Vorlage könne ja in der Commissien 1. bleiben, bis 2 Regierung zu einer Vereinbarung gelangt sei. Baraus entstehe durk aus keine Verzögerung, da ja doch die Aufhebung der Beschlagnahm erst ausgesprochen werden solle, wenn eine Vereinbarung erfielt r Eine Verzögerung würde nur dann entstehen, wenn der Landtag Ostern geschlossen würde, welche Absicht aber nicht vorhanden zu n. scheine. Auch für die Nebenpunkte müsse eine Genehmigung des . tags eingeholt werden; denn seiner Ansicht nach sei der ganz e. trag damals von dem Landtage genehmigt worden und könnt, Arn. jetzt nicht ohne Zustimmung desselben in irgend einem un te ee. geändert werden. Was die Revenüen anbetreffe, so habe der m hm mit großem Geschick gejagt, er wolle sich gar nicht über die kon nn (Redner angeführten Beispiele äußern und wolle nichts damit gen haben. Aber aus der Heiterkeit des Hauses werde man (mne ersehen haben, daß man dieses in der That für, pas Zustimmung gelten lassen könne. Sonst würde man dringendste Interesse haben, die betreffenden Personen mischten Gesellschaft der Kostgänger des Reptilienfonds z

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daß über alle diese Sachen das Geheimniß

ö 3. , . eine Rechnung gelegt zu werden brauche. Er wo

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le er nicht zurückkommen, Er wolle nur die Bilanz er-

t der Rertilienfonds abschließe Er wolle wissen, ob

4 ad lichteiten für die Zukunft, vorhanden seien, ob nech eine

stung beabsichtigt werde, bis auch der letzte unglückselige Hehe man diesem Fonds gesterken sei. Es könne sich andernfa

. . Haft flicht des preußischen Staates herausstelen Solche

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Sachen ig noch babe. Wenn selbst der greße Kaiser und der große

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5 ate mam, . seien. so dürfe man unter den heutigen Verhältnissen

h ; a müsse die Ent⸗ . renigstht en, . e ee fl g ri un elf seien. sbeidung so lange at . ; Finanʒ⸗ Minister Dr. Mi quel: . .

Meine Herren! Ich muß mich doch sofert ãußern auf eine Rechts ufaffung des Herrn Abg. Richter in Beriehung auf die Befugniß a Staatsregierung in Betreff der Ausfũhrung des hier darliegenden ern ages, damit daraus nicht neue Ungerat heiten 2 Der Vertrag vom 20. Seytember 186? ist niemals vom Landtag geneh⸗ nigt worden. Die Staatẽ regierung bat ausdrũcklich die Nothwendig⸗ keit dieser Genehmigung bestritten; sie hat gesagt: dieser Vertrag ist abgeschloen während der Uebergangs periode, wãhrend der sogenannten Dictatureriode, wo der König allein die Gesetzgebung hatte in eien Lãndern. Später kam das Anleihegesetz, welches den Zweck batte, die erforderlichen Mittel. welche der Vertrag bedingte, durch ine Anleihe berbeizuschaffen. Und auch da, in dem Anleihegesetz, ist en einer nachtrãglichen Genehmigung des Vertrages nicht die Rede; sie ist auch gar nicht angeferdert seitens der Regierung, bloß eine einzige Cautel ist bineingebracht seitens des Landtags, welche sch bezieht auf den mehrfach berührten 8 4 des Vertrages vom 3 Sertember 1867. Da nun zweifellos das Vermögen, auf welches sch dieser Vertrag bezieht, gegenwärtig kein preußisches Staats. ermõgen ist, sondern nur unter Seguesterverwaltung steht, da also n dem Augenblick, wo die Beschlagnahme aufhört, das fragliche Ver⸗ nögen wieder die vertragsmäßige Bestimmung erhält, welche der Ver⸗ . pom 29. September anzeigt, so können Modificationen des Ver⸗ ugs soweit allein von der Verwaltung stattfinden darũber lann 9 kein Zweifel sein als diese Modificationen nicht neue preußische Rttel erfordern und die preußische Staatskasse unberührt lassen. Dien Standpunkt muß die Staatsregierung unbedingt festhalten.

Wenn nun der Herr Graf zu Limburg⸗Stirum gemeint hat, rem man früher gegenüber einem so großen Staatsmann wie dem zürsten Bismarck die Aufhebung der Beschlagnahme von der Zustimmung s Landtags abhängig gemacht hätte, so sei das doch jetzt noch viel⸗ mehr indicirt, so kann ich doch diese Auffassung in keiner Weise teilen. Was war denn damals die Absicht des Landtags? Der Landtag wollte eine vorzeitige Aufhebung der Beschlagnahme ver⸗ bindern. Das konnte allein die Bestimmung des in Rede stehenden Veorbehalts sein. Heute ist ja aber alle Welt einverstanden, daß es sich nicht mehr darum handelt, die vorzeitige Aufhebung der Beschlag⸗ nahme zu verhindern, auch Herr Graf Limburg⸗Stirum begrüßt ja die allseitige Absicht, mit der Aufhebung der Beschlagnahme unver⸗ mittelbar voranzugehen, mit Freuden und erblickt darin eine sehr nütz⸗ liche That der Staatsregierung. Also die Verhältnisse haben sich ben vollständig geändert; der damalige Zweck war der gerade ent⸗ gegengesetzte, den das heutige Gesetz verfolgt. Es wird sich immer cließllich um die Frage handeln, ob Sie glauben, daß diese Regelung der vertrags mäßigen Verhältnisse zweckmäßiger nach oder vor Auf bebung der Beschlagnahme stattfindet und nützlicher für die preußische Staatsverwaltung und für die Krone Preußens, und ich glaube, darüber kann nicht der geringste Zweifel sein, ich bin auch fest, wie ch die Verhältnisse kenne, davon durchdrungen, daß es gar keiner

Zeit bedürfen wird, um diese Regelung herbeizuführen. in dem Augenblick, wo das Vermögen wieder frei wird, miß diese Regelung vorangegangen sein. Wollen Sie zu diesem Behufe, um sich hiervon in vollem Maße zu überzeugen, wenn die beutige Debatte das noch nicht ermöglicht hat, eine com missarische Berathung, nun, das ist eine Geschäftsordnungsfrage, das muß ich dam schließlich Ihnen überlassen. Ich finde nur in einer solchen emmissarischen Berathung, was der Staatsregierung nicht erwünscht ie Möglichkeit einer längeren Verzögerung der Erledigung der ; Aber, wie gesagt, das ist eine Geschäftsordnungsfrage; wenn e Herren glauben, durch die Generaldiscussion nicht genügend nnstruirt zu sein, kann ich ja nur anheimstellen, diese commissarische

Berathung eintreten zu lassen. Abg. von Tzschoppe freicons. ): Seine volitischen Freunde sähen in der Einbringung dieser Vorlage das Bestreben der Re⸗ j die aus den bistörischen Verhältnissen und aus dem Ver— andenen Schwierigkeiten ihrer dem⸗

führen und würden die Regienung 2 Ver⸗

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FinanzMinister Dr. Miquel: r Meine Herren! Ich möchte doch diese Berathungen nicht zu 2 gehen lassen, ohne die Stellung, die der Herr Abg. Richter zu 6. ihm gestellten Fragen und den Consequenzen, die er aus

Nichtbeantwortung dieser Fragen zieht, nicht unwidersprochen zu

Meine Herren, ich habe mich auf den Standpunkt gestellt, alle derartigen Fragen über einzelne Verwendungen des Fonds nicht zu beantworten. Es kann daher unmöglich, wenn eine einzelne Be⸗ hauptung aufgestellt und eine Frage daran geknüpft wird, diese Frage aber von mir nicht beantwortet wird, concludirt werden, daß man sie nicht mit Nein beantworten könnte. In dem Augen⸗ blick, wo ich diesen Standpunkt verlasse, wird eine Frage auf die andere kommen, und jedesmal wird man das aus meinem Schweigen her⸗ leiten, was gerade der Antragsteller bejaht oder verneint sehen will. Nun halte ich mich nach Lage der Dinge weder berechtigt, noch als Finanz⸗Minister obendrein im stande denn diese Verwendungen haben vom Finanz⸗Ministerium aus gar nicht stattgefunden noch, ich betone es, liegt es im Interesse des Landes, auf solche einzelnen Fragen zu antworten. Ich meine, wir haben alle das größte Interesse in dieser Beziehung, uns auf Einzelheiten nicht einzulassen; das kann nach keiner Seite bin Nutzen bringen, wohl aber erheblichen Schaden (Bravo.)

Abg. Dr. Sattler (nl): Als Eingeborener der Provinz Han⸗ nover, der hier Vertrauen entgegengebracht werde, spreche er sich für die Vorlage aus. Die Provinz verdiene durchaus das in sie gesetzte Vertrauen. Die Stellungnahme seiner Freunde ergebe sich aus den Vertragsverhandlungen, wie sie in den Jahren 1867 92 über diese Frage geführt worden seien. Sie begrüßten mit außerordentlicher . die Aufhebung der Beschlagnahme. Wenn er trotzdem die Vorlage einer Commission überweisen wolle, so thue er das nicht, um Einzelfragen erörtert zu sehen. Es sei aber doch möglich, daß die Verhandlungen nicht zu der Aufhebung führten. Da infolge des Gesetzes von 1859 dem Landtag eine Mitwirkung an der Aufhebun zustehe, so müsse in der Commission die Frage erörtert werden, o die Aufhebung der Beschlagnahme einer Königlichen Verordnung überlassen bleiben oder ob eine bestimmende Frist dafür gesetzt werden solle. Er glaube, man werde möglichst einmüthig zum Ziel gelangen, wenn commissarische Berathung dieser Frage vorangehe.

Abg. Dr. Brüel (Centr. : Bei früheren Gelegenheiten habe er sich für verpflichtet gehalten, sich eingehend an den Verhandlungen des Haufes über diese Frage zu betheiligen. Nachdem gegenwärtig in er⸗ freulichster Weise zwischen den Interessenten ein Einvernehmen er⸗ reicht sei zur gütigen Beilegung der Frage und nachdem in diesem Hause alle Parteien sich dahin erklärt hätten, dieses Bestreben güt⸗ licher Erledigung der Angelegenheit ihrerseits fördern zu wollen, sei er der Meinung, daß es die Sache am besten fördere, wenn er sich eines Eingreifens in die Debatte möglichst enthalte. Er habe nur das aussprechen wollen, daß, wenn er schweige, es nicht als eine Zu⸗ stimmung zu den politischen Auffassungen gedeutet werden dürfe, die hier im Hause geäußert worden seien.

Abg Richter sdfr.: Er wolle seine Anfragen beschränken auf diejenigen Verbindlichkeiten, die über die Dauer der Beschlagnahme noch hinausgingen. Um das klarzustellen, halte er eine Commissions— berathung für nothwendig.

Damit schließt die Discussion.

Die Vorlage wird gegen die Stimmen des Centrums einer besonderen Commission von 21 Mitgliedern überwiesen.

Abg. Richter sofr. : Es folge jetzt wieder eine Vorlage aus dem Ressort des Cultus-Ministeriums. Er beantrage die Absetzung derselben von der Tagesordnung.

Abg. von Eynern (nl) schließt sich diesem Antrage an.

Der Antrag wird gegen die Stimmen der Freisinnigen und Nationalliberalen ö

Abg. Richter (fr.) erklärt darauf, daß die Freisinnigen sich in Abwesenheit des verantwortlichen Ministers nicht an der Berathung betheiligen könnten. ; J

In der ersten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Sterbe- und Gnadenzeit bei Pfarrstellen u. s. w., erklärt .

Abg. Bachem (Centr.): daß das Centrum sich an der Berathung dieser die evangelische Kirche betreffenden Vorlage nicht betheiligen, sondern nur darüber abstimmen könne.

Damit schließt die erste Berathung. Der Antrag des Abg. von Eynern, die zweite Berathung abzusetzen, wird abgelehnt.

Die Vorlage wird in zweiter Berathung ohne Debatte angenommen. .

Die Rechnung der Kasse der Ober-Rechnungs— kammer für 1896,91 wird der Rechnungscommission über— wiesen. .

Schluß U Uhr.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Der Gesundheitsstand in Berlin blieb auch in der Woche vom 6. bis 12. März ein günstiger, die Sterblichkeit, wenngleich eine etwas höhere als in der Vorwoche, eine mäßig hohe (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 19.9). Etwas häufiger als in der Vorwoche kamen wieder acute Entzündungen der AÄthmungsorgane zum Vorschein, die auch in etwas gesteigerter Zahl zum Tode führten. Dagegen kamen Erkrankungen an epide⸗ mischer Grippe nur wenig zur Kenntniß und wurden aus der der Berichtswoche vorangegangenen Woche nur noch 3 Todesfälle an Grippe berichtet. Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder traten selten zu Tage; auch die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb eine mäßig hohe; von je 10900 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 59 Säuglinge. Die Infectionskrankheiten zeigten sich ebenfalls meist seltener, nur Erkrankungen an Scharlach kamen etwas häufiger, aber aus keinem Stadttheile in nennenswerther Zahl, zur Anzeige. Erkrankungen an Masern und Diphtherie, von denen erstere sich in Moabit, letztere in der jenfeitigen Luisenstadt am häufigsten zeigten, haben abgenommen. Erkrankungen an Unterleibstyphus blieben in beschränkter Zahl; an Kindbettfieber wurden 3 Erkrankungen bekannt. Auch rosenartige Ent zündungen des Zellgewebes der Haut gelangten seltener als in der Vorwoche zur aͤrztlichen Behandlung, während Erkrankungen an Keuchhusten etwas häufiger zur . kamen und auch öfter in II Fällen) tödtlich endeten. Nheumatische Beschwerden aller Art kamen erheblich seltener als in der Vorwoche zur ärztlichen Behandlung.

Wernigerode, 17. März. Der, Mgdb. 3. wird geschrieben; Im benachbarten Ilsenburg ist ein dem Schöppen Carl Meinert gehörender Hund erkrankt. Der Kreis-Thierarzt Dr. Achilles hat Tollwuth als Krankheitsursache festgestellt und die Tödtung des Thieres angeordnet. Jetzt ist vom Amtsvorsteher Webers für einen Zeitraum von drei Monaten über den Amtsbezirk Ilsenburg die Hundesperre verhängt worden.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks

an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 21. d. M. gestellt 9533, nicht rechtzeitis zestellt keine Wagen. . ,, en,,

Beim Königlichen Amtsgericht J Berlin stand am 21. März 1892 das Grundstück Soldinerstraße 46 und Freienwalder⸗ straße 28, dem Maurer Paul Hennig, hier gehörig, zur Ver— steigerung; Mindestgebot 68 709 z für das Meistgebot von 7I 500 S wurde der Banquier Max Stern in Berlin Ersteher.

Bein Königlichen Amtsgericht 11 Berlin stand am 21. März 1892 das Grundstück der Kaufleute H. R. Mölle zu

Hamburg und E. . Moelle zu Bremen, in Lankwitz belegen, zur eigerung, Fläche 39 13 a. Nutzun Swerth 1500 *; Mindest⸗ gebot 360 M; für das Meistgebot von 25 0909 1 wurde der Eigen⸗ thümer Carl Köhler zu Berlin, Neue Roßstraße 4 Ersteher.

In der Sitzung des Aufsichtsraths der Allgemeinen Glertricit a?? . Gifnff 5 tt vom 19. d. M. legte der Vorstand einen Bericht über die gegenwärtige finanzielle und technische Lage der Gesellschaft vor. Es wurde festgestellt, daß die . der Berliner Betriebe, entsprechend der Lage aller übrigen Industrie⸗ zweige, zwar um einige hundert Mann und die Beschäftigungszeit in der Maschinenfabrik von 10 auf 9 Stunden täglich verkürzt wurde daß aber einzelne Zweige, wie die Glüblampenfabrik, ihre Leistungsfähig⸗ keit um 20 9 erhöht haben. Der Gewinn aus dem gegen das Vor= jahr nicht wefentlich geringeren Waarenumsatz stellt sich in den ersten sieben Monaten des laufenden Geschäftsjahres procentual höher, als im Vorjahre, wo noch viele Arbeiten für die Berliner Elektricitäts- werke geliefert wurden, die vertragsmäßig mit geringem Nutzen aus⸗ geführt werden mußten. Auch fur die nächsten fünk Monate liegen zute Bestellungen vor. Die Resultate der Lauffener Kraftüber⸗ tragung und der Eisenbahnumwandlungen in Halle und Gera, fowie die bahnbrechende Thätigkeit, welche die Allgemeine Elektricitãts-Gefellschaft durch die Vereinigung des elektrischen Licht⸗ und Kraftbetriebs, unter Benutzüng von Accumulatoren, entwickelt hat, haben eine Reihe von geschäftlichen Anerbieten gezeitigt, die weitere Beschäftigung in Aussicht stellen. Die gegenwärtig wegen des Baues einer elektrischen Untergrundbahn in Berlin schwebenden Verhandlungen werden voraussichtlich zuOr Bildung eines Consortiums fuhren, das der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft den Auftrag zur Herstellung eines Probetunnels zu geben beabsichtigt, sobald eine officielle Erklärung der maßgebenden Behörden über dieses Project dahin gegeben wird, daß über die Concessionsfrage nicht früher entschieden werden soll, als bis ein solcher praktischer Versuch beobachtet worden ist. Jedenfalls würde sich die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft“ an diesem Syndikat nur mit einem mäßigen Betrage betheiligen, sodaß ihr aus einem solchen Unternehmen bei dem geringen Obligo nur Vortheile erwachsen können. Hinsichtlich der Finanzlage der Gesellschaft wurde berichtet., daß die amerikanischen Engagements sämmtlich und zwar mit Gewinn abgewickelt seien und daß die Gefellschaft gegenwärtig 35 Millionen Mark bei ihren Banquiers und etwa 8 Millionen Mark bei den Berliner Elektricitätswerken aussteben habe. Die Unternehmungen der Gesellschaft im Aus— lande, die sich im wesentlichen auf eine Betheiligung bei der Central⸗ station in Madrid und der Aluminium-Industrie Actien-Gesellschaft in Neuhausen beschränken, sind in schnellem und hoffnungsvollem Fort⸗ schritt begriffen, während die Rente der Betheiligung an der All⸗ gemeinen Lecal⸗ und Straßenbahn-⸗-Gesellschaft und an der Spinn schen Beleuchtungskörper⸗Fabrik sich in dem vorhergesehenen Rahmen weiterentwickelt.

Ueber die Resultate der Vereinigten Königs- und Laurahütte“ im 1. Semester des laufenden Geschäftsjahres werden nachstehende authentische Angaben mitgetheilt: Die Production an Steinkohlen hat rund 866 000, an Walzwerks-Waaren aller Art 74 750, an Roheisen 78 450 t betragen, ist also in den ersten beiden Artikeln sehr erheblich, d. i. um 131 000 t und 11380 t gestiegen, während sie in Roheisen um S500 * zurück= geblieben ist. Gegen den Schluß des Jahres 1891, namentlich aber im Januar und Februar d. J. ist infolge des milden Winters die Rachfrage in Steinkohlen geringer geworden, während die Preise fast unverändert geblieben, sogar eine Kleinigkeit gewachsen sind. Die Steige⸗ rung der Production in Walzwerkswgaren entfällt zum großen Theil auf die Erzeugnisse in Eisenbahn-Oberbaumaterial, zum theil jedoch auf das sogenannte Stab- und Handelseisen, auch der Export hat fich erheblich besser gestaltet und wie für die Königs- und Laura⸗ hütte gilt das Gesagte für die Oberschlesischen Walzwerke überhaupt; es beziehen sich also die laut gewordenen Klagen über die ungünstige Lage der Eisengeschäfte mehr auf die unbefriedigenden Preise.— Die Brutto⸗Baar⸗Einnahme betrug für das J. Semester 1891/97 15 950 000.16 sie ist infolge des Verkaufs größerer Waarenmengen um 1 532 760.6 wachsen. doch ist der Bruttogewinn wegen des Rückganges der Walzeisenpreise er betrug 21530 870 ½ um 455 270 4 niedriger gewesen, als im J. Semester 1890/91. Der Absatz in Steinkohlen und Walzeisen verharrt zur Zeit in ruhigem Verlauf; die ersten

Monate des laufenden Jahres zeigen gegen den Schluß der verflossenen schon eine Steigerung des Umsatzes von Eisen, ein verhältnißmäßig befriedigender Zustand, besonders wenn man erwägt, daß die Speculation vollständig ruht und die zum Verkauf gelangende Waare zumeist direct in den Consum übergeht.

Die Hauptversammlung des Essener Bergwerkvereins König Wilhelm“ genehmigte einstimmig eine Dividende von 27 0lo für die Prioritäts⸗- und von 22 9 für die Stammactien. Die aus⸗ scheidenden Mitglieder des Aufsichtsrathes wurden wieder- und der Director des A. Schaaffhausen'schen Bankvereins C. Klönne⸗Berlin neugewählt. Die Umwandelung sämmtlicher Anleihen in 45 o sei unter Mitwirkung des A. Schaaffhausen'schen Bankvereins und der Essener Creditanstalt geplant.

Die „Rhein. ⸗Westf. Ztg. bezeichnet die Meldung, daß der Bochumer Gußstahlverein nur noch wenig beschäftigt sei und daß für Ende April zahlreiche Arbeiter-Entlassungen zu befürchten feien, als unrichtig. Die vorliegenden Bestellungen sicherten vielmehr für das ganze Jahr dem Verein vollauf Beschäftigung. Von Arbeiter entlassungen sei keine Rede.

== Wie die „Köln. Itg. aus Essen erfährt, hat die Bergbau- Actien Gefellschaft „Pluto“ im abgelaufenen Jahre einen Mehrgewinn von 200 000 6 erzielt: zur Vertheilung werde indeß eine um 10 niedrigere Dividende als im Vorjahre kommen, weil ein neuer Luftschacht, Wasserhaltungs- und Wäschebauten ausgeführt werden müßten.

Leipzig, 21. März. Kammzug-Termin⸗

La . Grundmuster B. ver März 3,32 , per April 3,32 ai 3,35 , per Jun 3,373 A, per Juli 3.374 „, ver August 3.37 , ver September 3,40 , per Oktober 342 per November 3.423 6, ver Dezember 3423 M, per Januar 3,42 per Februar 3,42 9 Umsatz 400090 kg.

Wien, 21. März. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Oesterreichischen Länder bank“ genehmigte die Bilanz, nach der sich der Reingewinn des verflossenen Geschäftsjahres auf 3074736 81. stellt, und beschloß, der Generalversammlung zur Vertheilung an die Actionäre eine Dividende von 11 Fl. sowie die Zuweisung von 50 600 Fl. an die im Vorjahre errichtete Specialreserve vor⸗ zuschlagen.

22. März. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn in der Woche vom 11. bis 17. März 713 904 Fl., Mindereinnahme 47 990 Fl.

London, 21. März. (W. T. B.) Die Herren Anthony Gibbs u. Sons sind von der griechischen Regierung amtlich verständigt worden, daß die für die Einlösung der am 1. April 1892 fällig werdenden Coupoens der 400 Goldrente bestimmten Fonds am Sonnabend von Athen abgeschickt worden sind. Nach Eintreffen derselben in London wird die öffentliche Kundmachung wegen der Einlösung erfolgen. .

An der Küste 97 Weizenladungen angeboten.

Glasgow, 2. März. (W. T. B.) Die Ve schiffung en von Roheifen betrugen in der vorigen Woche SII7 Tons gegen 25843 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 21. März. (W. T. B. Wolle ruhig, aber stetig, für Garne mäßige Frage zu niedrigsten Notirungen; für Thirties 5 sh. geboten, Stoffe gedrückt, jedoch mehr Webstühle arbeitend. . .

Paris, 22. März. (W. T. B.) Einer Meldung aus Rio de Janeiro zufolge verlangen die Actionäre der dortigen Bank für Han del und FIndu strie die freiwillige, gütliche Ligu idation.

Rach Meldungen aus Montevideo vom. 22. März hat der Senat die Gesetzesvorlage, betreffend die Gründung einer Rationalbank von Urugugy mit einem Kapital von 8 Millie⸗ nen Pesos genehmigt. Das Gesetz soll sofort in Kraft treten.

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