1892 / 77 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Ich nehme keinen Anstand za erklären, daß ich persönlich auf dem Boden des positiven christlichen Bekenntnisses stehe. (Bravo!) Meine Herren, es gehört nicht zu meinen Gepflogenheiten, diese meine per⸗ sönliche religiöse Stellung anderen Leuten ohne Noth aufzudrängen. Ich habe aber auch keine Veranlassung, mich dieser zu schämen. (Bravo) Ich schäme mich des Bekenntnisses zum Evangelium nicht (Bravo) und, meine Herren, ich thue das um so weniger, als ich tief davon durchdrungen bin, daß die Annahme, daß mit dieser persönlichen Stellung zum Bekenntnisse Unduldsamkeit, Engherzigkeit, Fanatismus verbunden sein müsse, unberechtigt ist. (Bravo) Ich darf versichern, bei mir ist diese Annahme nicht zu⸗ treffend. Im Gegentheil, ich sehe gerade in dieser Stellung zum Bekenntnisse die Gewähr für die innerliche Freiheit und für den un— befangenen Blick, der nothwendig ist, um auch in Zukunft die Unter⸗ richtsverwaltung in Preußen auf dem Boden der Parität mit Ge⸗ rechtigkeit und Wohlwollen zu führen, so wie es durch die Verfassung gewährleistet und durch unsere Traditionen festgestellt ist. (Lebhaftes Bravo!)

Herr von Jerin erklärt, daß Herr von Kleist-Retzow nicht im Namen der Tonserpativen Partei, sondern nur im Namen seiner näheren Freunde gesprochen habe.

Ober-Bürgermeister Bräsicke bestreitet, daß die Osten Socialdemokraten seien und mahnt die Grundbesitzer, Arbeiter mehr anzunehmen. ö

Wirklicher Geheimer Rath von Kleist-Retzow dankt dem

Cultus⸗Minister für seine Erklärung, und meint, seine (des Redners) Bemerkung verliere nicht an Bedeutung dadurch, daß er nicht im

Namen der Partei gesprochen. . Damit schließt die Generaldebatte. Die Specialdebatte

wird um 4 Uhr auf Dienstag 1 Uhr vertagt.

Arbeiter im sich ihrer

Haus der Abgeordneten. 42. Sitzung vom Montag, 28. März.

Der Sitzung wohnen der Präsident des Staats⸗ Ministeriums, Staats⸗Minister Graf zu Eulenburg, der Vice⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Br. von Boetticher, der Minister des Innern Herr— fürth, der Minister für Handel, und Gewerbe Freiherr von Berlepsch, der Finanz-Minister Dr. Miquel, der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden und der Minifter der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse bei.

Präsident des Staats-Ministeriums, Staats-Minister Graf zu Eulenburg:

Meine Herren! Der Mittheilung, welche Ihnen über Per— sonalveränderungen im Königlichen Staats-Ministerium zugegangen ist, möchte ich Folgendes hinzufügen: Die Vereinigung der Aemter des Reichskanzlers und des Präsidenten des preußischen Staats— Ministeriums bringt, wie nicht erst in neuerer Zeit erkannt worden ist, ein Maß von Arbeit und Verantwortung mit sich, welches die Kräfte auch des leistungsfähigsten Mannes vorzeitig aufzureiben ge⸗ eignet ist. Dazu kommt, daß die Stellung des Reichskanzlers eine freiere wird, wenn dieselbe von Zwischenfällen unabhängig ist, welche allein innere preußische Angelegenheiten betreffen. Wenn diese Erwägungen dazu geführt haben, das Amt des Präsidenten des preußischen Staats-Ministeriums von dem Amte des Reichs⸗ kanzlers zu trennen, so ist dadurch, daß der Reichskanzler Minister der auswärtigen Angelegenheiten und Mitglied des preußischen Staats— Ministeriums bleibt, zugleich Fürsorge getroffen, daß die einheitliche Leitung der auswärtigen Angelegenheiten und das bisherige gegen⸗ seitige Verhältniß des Reichs und Preußens nicht beeinträchtigt werden.

Was sodann den Ihnen vorgelegten Gesetzentwurf über die Volksschule betrifft, so hat die Erörterung desselben in diesem Hause wie im Lande scharfe Gegensätze hervortreten lassen, welche sich bisher unvermittelt gegenüberstehen; auch die Berathungen Ihrer Kom⸗ mission haben zu einer Verständigung nicht geführt (Unruhe rechts und im Centrum), und die Aussicht, daß sich eine solche würde er— reichen lassen, nicht eröffnet. Widerspruch rechts und im Centrum.) Da unter diesen Umständen ein befriedigendes Ergebniß nicht zu erwarten ist, verzichtet die Königliche Staatsregierung auf die Fortsetzung der Berathung des vorliegenden Gesetzes (Bravo! links; Zischen rechts und im Centrum) und behält weiterer Erwägung vor, wann und in welcher Weise innerhalb des durch die Verfassung gegebenen Rahmens auf die Angelegenheit zurückzukommen sein wird. (Lebhaftes Bravo links.)

Abg. Rickert (dfr):; Er glaube, es werde den Empfindungen aller Mltglieder des Hauses entsprechen, wenn er dem Wunsche Alus⸗ druck gebe, die Rede des Minister-Präsidenten sofort in Besprechung zu nehmen. Er habe sich deshalb bei dem Präsidenten zum Wort gemeldet; dieser habe ihm dasselbe nicht ertheilt (Beifall rechts), weil das im Widerspruch mit der Geschäftsordnung stehe. Er behalte sich vor, die Antwort dem Minister-Präsidenten zu geben bei der . i, n., wo er dazu nach der Geschäftsordnung in der Lage sein werde.

In dritter Berathung genehmigt das Haus, den Gesetzentwurf, betreffend das Ruhegehalt der Geistlichen und die Fürsorge für deren Wittwen und Wgisen.

Bei der ersten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die äußere Heilighaltung der Sonn⸗ und Festtage in den Provinzen Schleswig-Holstein, Hannover und 6 sowie in den hohenzollernschen

anden, spricht

Abg. Im Walle (Ctr.) den Wunsch aus, daß der rxeligiöse Geist, der durch die älteren Polizeiverordnungen wehe, auch in die neueren Verordnungen übergehen möge.

Minister für Handel Berlepsch:

Ich bin zu meinem Bedauern nicht in der Lage gewesen, alle Ausführungen des Herrn Vorredners zu verstehen; indessen aus dem Schluß seiner Worte darf ich schließen, daß es ihm wesentlich darauf ankommt, auszusprechen, daß es sein Wunsch und der Wunsch seiner Partei sei, die Sonntagsruhe und Sonntagsheiligung in vollstem Maße aufrecht erhalten zu sehen, sowie sie bisher in denjenigen Polizeiverordnungen aufrecht erhalten ist, die ihr gelten.

Es haben zwischen den betheiligten Ressorts Verhandlungen stattgefunden über einen vorläufigen Entwurf, der als Muster für die Ober-Präsidenten resp. die Regierungs⸗Präsidenten dienen soll, wenn sie seinerzeit an den Erlaß einer neuen Polizeiverordnung gehen. Diese Besprechungen haben zu einer vorläufigen Uebereinstimmung geführt, ich zweifle nicht, daß die Uebereinstimmung eine volle werden wird, und ich hoffe auch, daß es möglich sein wird, mit den deutschen Bundesstaaten sich in Verbindung zu setzen, um auch diese zu vermögen, ähnliche Bestim—

und Gewerbe Freiherr von

Zustände im Deutschen Reiche sowohl vom Standpunkte der Ruhe des Arbeiters aus, wie vom Standpunkte der Heilighaltung des Sonntags, möglichst gleiche werden. Wenn ich als Minister für Handel und Gewerbe das ausspreche, so muß mich ja zunächst die Frage der gewerblichen Concurrenz dabei leiten. Inzwischen ist es ja auch für mich eines der wesentlichsten Momente in unserer heutigen Entwicklung, daß die Sonntagsruhe und Sonntagsheiligung zu ihrem Rechte kommen, und ich werde meinerseits durchaus alles thun, was in meinen Kräften steht, um den Wünschen, welche der Herr Vorredner ausgesprochen hat, zu folgen, in den Grenzen, die möglich sind, in den Grenzen, daß nicht jede Arbeit am Sonntag verboten wird, daß berechtigte Interessen ihre Berücksichtigung finden. Meine Herren, ich meine, Sie könnten in der Beziehung mit einer gewissen Beruhigung in die Zukunft blicken, wenn Sie sich ver⸗ gegenwärtigen, daß die Bestimmungen über die Sonntagsruhe in die Gewerbeordnung auf Antrag der preußischen Regierung gelangt sind. Ich habe mir bereits gestattet, im Herrenhause auf eine ähnliche Interpellation zu sagen: eine Regierung, die davon ausgegangen ist, daß durch Gesetz das möglichste geschehen muß, um die gewerbliche Arbeit an Sonntagen einzuschränken, wird nicht im Wege von Polizei⸗ perordnungen das zustande gekommene Werk wieder zerstören. Ich glaube, der Herr Vorredner kann der Zupersicht sein, daß seitens der Regierung das möglichste geschieht, um seinen Wünschen nachzukommen. (Bravo!)

Abg. Sack (eons.): Man solle doch in Bezug auf die Sonntags⸗ ruhe keinen Rückschritt machen, ein solcher liege aber in dieser Vor⸗

lage vor gegenüber den strengeren bisherigen Bestimmungen. Eigentlich würde die Vorlage eine gründliche commissarische— erathung er⸗

fordern, aber dazu sei wohl keine Aussicht,

Abg. Francke⸗Tondern (nl) empfiehlt ebenfalls eine kommissa⸗ rische Beratung, weill festgestellt werden müsse, wie weit die Be— fugniß der Ober⸗Präsidenten gehen solle. Die Srundlg ge. für die Sonntags ruhe gebe die Gewerbeordnung; Sache des Ober-⸗-Präsidenten werde es seiner Meinung nach nur sein, für die äußere Heilighaltung des Sonntags zu forgen. Es werde mitgetheilt, daß das Schema für die Verordnung bereits ausgearbeitet sei; vielleicht könne dasselbe der Commission vorgelegt werden.

Minister für Handel Berlepsch:

Mir scheint, als ob die Bedenken, welche den Herrn Vorredner bestimmen, zu beantragen, daß die Vorlage an eine Commission ver— wiesen werde, doch nicht in dem Maße begründet sind, wie er annimmt. Was zunächst die Competenzfrage anlangt, so scheint sie mir völlig klar zu liegen, und eine Erörterung in der Commission halte ich nicht für erforderlich. Es ist gar nicht zweifelhaft, daß den Ober⸗Präsidenten nur die Competenz zusteht, die Frage der Sonntagsruhe von dem Standpunkt der Heilighaltung des Sonntags aus zu regeln. Alle die Polizeiverordnungen, welche in der preußischen Monarchie und zwar in allen alten Provinzen bereits bestehen, stehen auf diesem Grundsatz. Ich erlaube mir kurz die für die Rheinprovinz geltende Polizei⸗ verordnung anzuführen. Sie fängt überhaupt mit folgenden Worten an:

Um den äußeren Störungen entgegenzutreten, welche eine würdige Feier der Sonn- und Festtage beeinträchtigen, sehen wir uns u. s. w. veranlaßt, folgende Bestimmungen zu treffen.

Damit ist bereits der Rahmen gegeben, innerhalb dessen sich die Bestimmungen der Ober-Präsidenten bewegen können. In der näheren Ausführung heißt es in §. 2:

Alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten sowohl als alle geräusch— vollen Beschäftigungen in den Häusern werden an Sonn- und den in 5. 11 genannten Festtagen untersagt.

Zu den hiernach verbotenen Beschäftigungen gehören beispiels— weise:

a. die gewöhnlichen Arbeiten der Feldbestellung, Saat- Ernte⸗,

Düngerfahrens und ⸗ausstreu,

b. alle sonstigen Erdarbeiten in Gärten, Weinbergen u. s. w.

Das sind also diejenigen Arbeiten, die öffentlich oder geräuschvoll vorgenommen werden und dadurch die Heilighaltung des Sonntags beeinträchtigen können, und die sollen in Wegfall kommen vorbehaltlich der nothwendigen Ausnahmen.

Der Herr Vorredner geht von der Ansicht aus, daß es möglich sei, durch Polizeiverordnung die Bestimmungen der Gewerbeordnungs⸗ nopelle vom 1. Juni v. J. auf die Landwirthschaft auszudehnen. Das ist unrichtig, meine Herren, das können diese Polizeiverordnungen nicht. Sie . aber von dem Standpunkt der Heilighaltung des Sonn— tags aus Bestimmungen treffen, die zu ähnlichen Resultaten für die Landwirthschaft gelangen, wie sie die Gewerbeordnung für die gewerblichen Arbeiten bringt. Wenn ich verbiete, daß am Sonntage Dreschmaschinen gehen, so verordne ich allerdings die Ruhe von der Arbeit an diesen Maschinen für den landwirthschaft— lichen Arbeiter. Also in ihrer Wirkung können ja Polizeiverord— nung und Gewerbeordnungsnovelle sehr häufig zusammentreffen, die Basis bei beiden ist aber eine verschiedene. Die Lage ändert sich für die älteren preußischen Provinzen garnicht, sondern nur in den⸗ jenigen preußischen Provinzen, in denen zum Theil veraltete landes⸗ gesetzliche Bestimmungen die Sonntagsheiligung regeln. Der Herr Vorredner hat sodann den Wunsch ausgesprochen, man möge dem Landtage Kenntniß von dem Schema der Polizeiverordnung, welches von den betheiligten Ministerien ausgearbeitet wird, geben. Ich hätte gar keine Bedenken, es ihm mitzutheilen, es liegt nicht der mindeste Grund vor, den Entwurf als Geheimniß zu behandeln. Aber eine Erörterung dieses Entwurfs in der Commission kann ich wirklich nicht für nöthig erachten. Meine Herren, haben Sie nur die Güte, sich die bestehenden altpreußischen Polizeiverordnungen an⸗ zusehen, Sie werden dann die Basis finden, auf der sich der Entwurf ganz nothwendig bewegen muß. Wir wollen durchaus nicht mit der Aufstellung des Entwurfs die Ober-Präsidenten und Regierungs— Präsidenten nöthigen, nun alle genau denselben Entwurf zu machen. Es giebt in unseren verschiedenen Provinzen eine Reihe von lokalen Eigenthümlichkeiten, die meines Erachtens sehr wohl Berücksichtigung werden finden können. Der Entwurf, der hier geboten wird, hat nichts weiter zum Ziel, als die großen Grundzüge festzustellen und dafür zu sorgen, daß die verschiedenen Gewerbebetriebe in den verschiedenen Provinzen nicht verschieden behandelt werden in Bezug auf die Frage der Arbeiten an Sonntagen, immer auf Grundlage der Heilighaltung des Sonntages.

Wenn die Polizeiverordnung hier festgestellt ist, so wird sie zunächst zur Berichterstattung an die Ober-Präsidenten und bethei⸗ ligten Behörden gehen, und bevor die Polizeiverordnung in Kraft

und Gewerbe Freiherr von

nungen über die Heilighaltung des Sonntags zu erlassen, damit die

tritt, werden die betreffenden in den Landesverwaltungsgesetzen vor—

gesehenen Instanzen der Selbstverwaltung sich damit zu beschart

haben, Provinzialrath oder Bezirksausschuß, je nachdem der Ober Präsident oder der Regierungs⸗Präsident die Verordnung erläßt kann demnach die Gefahr nicht anerkennen, daß eine zu * Schematisirung stattfinden könnte, und glaube auch in dieser B . ; hung nicht, daß es einer Vorberathung in einer Commission .

Abg. Hansen (ffreicons.) empfiehlt die Annahme ; ohne . Berathung; . Erörterung . a, T Vorlage in der Commission gehe doch nicht an. Redner bitte n Minister, auf die Verhältnisse der Landwirthschaft Rücksicht zu 2 men und nicht über die bestehenden Verordnungen hinauszu chen ch.

Abg. von Rauchhaupt (cons.) hält es für praktisch, daß i Vorschriften über die Sonntagsruhe provinziell geregelt würden; 6 6. viel mehr für die Sonntagsheiligung geschehen als durch .

esetz.

Damit schließt die erste Berathung; die Commissions berathung wird abgelehnt und die Vorlage in zweiter Be, rathung genehmigt.

Es folgt die erste und zweite Berathung des Ge setzentwurfs, betreffend die Auf hebung älterer, in der Provinz Hessen-Nassau geltenden gesetzlichen Be— stimmungen über die Untersuchung des Schlachi— pviehs und die Ausstellung von Viehgesundheits— scheinen; die Vorlage wird ohne Debatte genehmigt.

Zur ersten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die ö für an Milzbrand gefallene Thiere ühr

Abg. Freiherr von Erffa (eons.) aus, daß einige Provi sich 6 chi en zur Vorlage verhalten eee. wolle . . Widerspruch . erheben, daß die Frage hier facultativ gesetzlich

Olle.

geregelt werden

„Abg. Knebel (nl: Er halte, die Vertheilung der Ent— schädigung auf die ganze Provinz für nicht gerechtfertigt. In ein— zelnen Provinzen vertheile sich die Seuche ganz verschieden; so würden die Gebirgstheile viel mehr verschont, als die Ebene. Es sei daher zu , innerhalb der einzelnen Provinzen Entschädigungsbezirke zu bilden.

Geheimer Ober⸗Re inn ,, Sterneberg: Die Regierung sei mit dieser Vorlage den Wünschen beider Häuser des Landtag nachgekommen, f erwarte davon den Vortheil, daß nunmehr . Fälle von Milzbrand zur Anzeige kommen würden. Was die Pe— fürchtung anbetreffe, daß man einem Theile der Provinz. Ausgaben auflegen werde, die einem anderen Theile zufielen, so sei doch die Zahl der Milzbrandfälle eine so geringe, daß eine minutiöse Einthi— fung nach Seuchenbezirken sich nicht rechtfertigen würde, Wohl aber könnten die Provinzialperbände für die einzelnen Bezirke verschiedene Entschädigungssätze einführen.

Abg. Dr. Gerlich (cons) Man könne der Vorlage ruhig in— stimmen, da es den Provinzialorganen überlassen bleibe, die Ange legenheit näher zu regeln. ;

Abg. v. Schalfcha (Centr) spricht sich ebenfalls für die Vor— lage aus, hält aber die Gewährung von 4j3 des Gehalts als Ent—⸗ schädigung für zu hoch.

Abg. Knebek (nl) beantragt, die zweite Berathung von der Tagesordnung abzusetzen, da er für die zweite Lesung noch einen Ankrag vorbereite.

Der Antrag fort in zweiter

Es folgt der Befreiung von gegen Entschädigung.

Abg. Dr. Freiherr von Heereman (Centr.) beantragt, die Vorlage einer Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen. Dit Begründung der Vorlage lasse nicht erkennen, in welcher Weise mit den in Betracht kommenden Reichsunmittelbaren verhandelt sei. Darüber sei eine genaue Yi fun 6

Knebel wird abgelehnt und die Vorlage so— erathung ohne Debatte angenommen,

der Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung ordentlichen Personalsteuern

nöthig. Die Regierung scheine bei diesen Vei⸗ handkungen nicht sehr entgegenkommend verfahren zu sein. Erworben Rechte könnten nach Ansicht seiner Partei nur bei hinreichender Ent⸗ schädigung aufgehoben werden. Daß die Reichsunmittelbaren ein Recht auf Steuerfreiheit hätten, sei anerkannt. Die vorgeschlagene Ent schädigung sei nicht nach einem gerechten Maßstab bemessen. Rechte müßten unter allen Umständen gewahrt werden. (Beifall im Centrum.) ö U Abg. Rickert (dfr.): Er wolle der Commissionsberathung nicht widersprechen. Er habe erwartet, daß Lie Reichsunmittelbaren unter Anerkennung der Grundlagen der Verfassung freiwillig auf die Steuer⸗ freiheit verzichten würden, aber nur zwei derselben seien überhaupt mu der Vorlage einverstanden. Seine Partei erblicke in dieser Sten, freiheit kein wohlerworbenes Recht und werde gegen jede Ent⸗ schädigung stimmen. Die Rechtsfrage müsse noch eingehend g prüft werden und auch erwogen werden, ob die Entschädigung nicht viel zu hoch sei. Nach dem Einkommensteuergesetz hätte die Regierunm schon ohne Entschädigung die Reichsunmitelbaren. zur Steuer heranziehen können und ihnen dann die Vertretung ihrer vermeinn⸗ lichen Rechte im Rechtswege überlassen können. .

General ⸗Steuerdirector Burghart: Gerade nach dem Ein⸗ kommensteuergesetz könnten die Reichsunmittelbaren nur zur Steuer herangezogen werden, wenn die Entschädigungsfrage gesetzlich geregelt fei. Die Verhandlungen mit den Betreffenden über die Hoͤhe det Entschädigung feien im Geiste vollster Loyalität und vollsten Wohl⸗ wollens von der Regierung geführt worden. Wie die Regierung i der vorgeschlagenen Höhe der, Entschädigung gekommen sei, darllber werde in der Commission bereitwillig Auskunft gegeben werden.

Abg. von Rauchhaupt (con): Er beantrage die Ueberweisum an die Budgeteommission, da es sich um eine budgetmäßige Frage handele. Es handele sich hier um alte wohlerworbene, Rechte, und das habe auch das neue Einkommensteuergesetz ausdrücklich anerkannt, fo daß es fich nur noch um die Höhe der Entschädigung handel könne, und in dieser Beziehung stimme seine Partei den Vorschlãgen der Vorlage zu. . . ;

Abg. von Tiedem ann-Bomst (freicons.); Auch seine Partei halte dafür, daß es sich um wohlerworbene Rechte handele, und schließe sich im ibrigen den Äusführungen des Abg. von Rauchhaumt vollkommen an. ö.

Abg. von Frie dberg (ul.): Seinen Freunden sei es zweit haft, ob in dem einzelnen Fall ein Rechtsanspruch auf Steuerfreiheit porliege; da indessen das Einkommensteuergesetz das Recht darauf 1. erkannt habe, erübrige es, die Rechtsfrage noch zu behandeln. vorgeschlagene Gn dem scheine reichlich hoch bemessen, und sein Partei schließe fich daher behufs näherer Prüfung dem Antrage alf uͤeberweisung an die Budgetcommission an. ö .

Darauf wird die Vorlage der Budgetcommission über wiesen.

Schluß U“ Uhr. Auf der Tagesordnun Gesetzentwurfs, betreffen und Festtage in den Provinzen und em e sann sowie in d In Verbindung damit bezügliche Petitionen. 2) Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Au hebung älterer in der Provinz Hessen⸗Nassau geltender geseß licher Bestimmungen über die Untersuchung des Schig ch und die Ausstellung von Viehgesundheitsscheinen. 3) ritt Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Entschãd gung für an Milzbrand gefallene Thiere. 4 Eẽrst und zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend ö Abänderung von Amtsgerichtsbezirken. 5) Ershe un zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die / Erric kung eines Amtsgerichts in der Gemeinde Lechenich.

stehen; I) Dritte Berathung deb die äußere Heilighaltung der Sonn Schleswig⸗Holstein, Hannobet

den den Hohenzollernschen ,

Nächste Sitzung. Mittwoch 12 Um

zur Benutzung für die Zeit des Bedürfnisses zu überweisen,

sicher zu skellen.

dem

Mündlicher Bericht der Commission für die Agrarverhält⸗ n, 3 Petition des Eigenthümers Freitag und Genossen n Hroß · Drensen und Groß⸗Kotten wegen dern chung zu den zosten der Melicration des Kottenbruchs Antrag: Tages⸗ rbnung. - 7) Erster Bericht der Commission für Petitionen äber die Petition des Dr. Stolp in Charlottenburg, betreffend die Gewährung des Vorzugsrechtes fuͤr Bauforderungen Antrag: Ueberweisung. 3) Mündliche Berichte der gom— niffion für Petitionen. 1 Verschiedene Petitionen um Erlaß tines Verbotes der Anwendung körperlicher Zwangsmittel bei der Inpfung Antrag; Ueberweisung. II. Petition des Tuchfabrikanten Loll und Genossen in Falkenburg (⸗Pommerm), wegen Errichtung von Bekleidungsämtern für die Eisen— hahn und Postbegmten Antrgg: Tagesordnung. Y Erster Bericht der Commission fuͤr das Unterrichtswesen äber bie Petitionen des Vorstandes des Vereins Frauenwohl in Berlin und des Vorstandes des Frauenvereins Reform in Reimar, betreffend die Zulassung der Frauen zum Universitäts— studium u. s. w. Antrag: Ueberweisung.

Parlamentarische Nachrichten.

Der dem Hause der Abgeordneten zugegangene Gesetz entwurf, etreffend die Erweiterung, Ver voll— ständlgung und bessere Ausrüstung des Staats— eisenbahnnetzes, lautet:

§1. Die Staatsregierung wird ermächtigt:

ö . von Eisenbahnen und der durch dieselbe bedingten . des Fuhrparks der Staatsbahnen, und zwar: 3. Zum Bau einer Eisenbahn: I) von Gramenz. nach Bublitz die Summe von 1999900 (,t, 2 von Schivelbein nach Polzin die Summe von 2450 009 c, 3H) von Stettin, nach Jasenitz die Summe von 5300 900 c, ch von Geestemünde nach Stade die Summe von 6569 000 (, 3) von Paderborn nach Büren die Summe von 3290 000 6 6) von BVierfeld nach Türkismühle die Summe von 3 009 00 (60 b. Zur Befchaffung von Betriebsmitteln: die Summe von 690 600 ½ , zusammen 26 289 000 ,

II. Zur Anlage des zweiten bezw. dritten und vierten Gleises auf den nachstehend bezeichneten Strecken und zu den dadurch bedingten Ergänzungen und Gleisver⸗ änderungen auf den Bahnhöfen: 1) Thorn (Katharinenflur) Korschen die Summe von 4 816 329 66, 2) Trier, LU. Landes- grenze bei Sierck die Summe von 1275 500 6, 3) Chorzow = Georg⸗ grube die Summe von 1 050 000 , 4) Kosel⸗Kandrzin —Nendza die Summe von 1270 000 . ö) Breslau Königszelt (Grund⸗ erwerb) die Summe von 409 000 6. 6) Berliner Ringbahn zwischen Schöneberg und Signalstation Vdp. die Summe von 150 000 (0 I Berliner Ringbahn zwischen Wilmersdorf S Friedenau und Halensee beziehungsweise Halensee Grunewald die Summe von 1537 000 6 s. Eharkottenburg Grunewald die Summe von S55 000 -½ι 9) Halle Nauendorf und Sandersleben Aschersleben die Summe von 13653 000 „, 10 Bahrenfeld - Blankenese die Summe von 9h Moa, 11) Harburg = Buxtehude die Summe von 1 000 000 , 12) Sande— beck Altenbeken, nebst Beseitigung des Schleifgeleises im Alten— bekener Tunnel die Summe von 398 900 „, 13) Sagehorn =- Bremen die Summe von 559 000 M, 14) Langendreer (Rh. Dortmund Rh. Welver die Summe bon 1 750 600 6, 15) Werden —Kupfer⸗ dreh die Summe von 860 000 M, 16) Bahnhof Eller —Blockstation Eller die Summe von 75 000 . 17) Mehrhoog Praest die Summe von 500 000 S, 18) Elsdorf —üren die Summe von 670 090 (1, zusammen 19 104 929 (63

III. Zu nachstehenden J I) für den Ausbau der Bahnstrecken Mornenreth· 3 . Karf ein⸗ schließlich Erweiterung der Bahnhöfe Morgenroth, Borsigwerk, Peis⸗ kretscham, Karf und Beuthen O.⸗S. die Summe von 7400 900 , N zur Deckung der Mehrkosten für den Bau der Eisenbahn von Deutsch⸗Wette nach Groß⸗Kunzendorf die Summe von 372900 6, zur Deckung der Mehrkosten für den Bau der Eisenbahn von Strehlen nach Grottkau mit Abzweigung nach Wansen die Summe bon 63 000 „6, 4 zur Deckung der Mehrkosten für den Bau der Eisenbahn von Nimptsch nach Gnadenfrei die Summe Hon 16050 M, 5) Zur Deckung, der Mehrkosten für den Bau der Eisenbahn von Neusalz a. O. über Freistadt einerseits nach Sagan, andererseits nach Reisicht die Summe von Sl0 9090 (66, 6) für den Umbau des Bahnhofs Westend der Berliner Ringbahn die Summe von 1 150000 46, 7) zur Deckung der Mehrkosten: a. für die Anlage des dritten und vierten Gleises auf der Strecke Berlin Zehlendorf und für die Erweiterung der Bahnhöfe auf dieser Strecke die Summe von 9lö 00 d, P. für die Anlage des dritten und vierten Gleises auf der Strecke Neubabelsberg Potsdam die Summe bon 359 00 , 8) zur Deckung der Mehrkosten für den Bau der ELisenbahn von Zella-Mehlis über Schmalkalden nach Klein⸗ Schmalkalden die Summe von 2200 009 „6, 9) zur Deckung der Mehrkosten für den Bau der Eisenbahn von Ohrdruf nach Gräfenroda die Summe von 420 000 M, 10) für den Umbau des Bahnhofs Kiel die Summe von 5 40 000 „M, Ul) für den Umbau des Bahnhofs Altenbeken die Summe von 16037 0060 6, 12) für den Umbau des Bahnhofs Soest die Summe von 1 509 00h „ο, 13) zur Deckung der Mehrkosten für den Bau der Eisenbahn von Weilburg nach Laubuseschbach die Summe von 190 G00 M06, 14) zur Deckung der Mehrkosten für die Umgestaltung der Bahnhofs anlagen zu Münster . die Summe von 89 000 „, ö) für die Herstellung einer Bahnverbindung zwischen Remscheid und Menninghaufen die Summe von 560 000 w, 16) zur Deckung der Mehrkosten für die Umgestaltung der Bahnanlagen innerhalb des Festungsgebiets der Stadt Köln die Summe von 7400000 6, 17) für Anlage von Straßen und. Er⸗ werb von Grund und Boden beef Verwerthung der infolge Umgestaltung der Bahnhofsanlagen in Düsseldorf frei ewordenen Grundftücke die Summe von j 445 000 6, 18) für den Ausbau ver— schiedener Strecken zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit derselben die Summe von 69 840 6, 19) für die Errichtung von Wohnhäusern für Arbeiter der Eisenbahnverwaltung in Frankfurt a, M. die Summe Bon 330 o00 , zo) für die Vermehrung, Erweiterung und bessere Lugrüstung der Werkstätten und J die Summe von 2500 000 0, zusammen 35 363 840 . . ;

V. Zur Beschaffung von Betriebsmitteln für die bereits bestehenden Staatsbahnen die Summe von 10 099 000 M, insgesammt 90 757760 6 zu verwenden. . „Mit der Ausführung der vorstehend unter Nr. lätt. a gulge— führten Bahnen ift erft dann vorzugehen, wenn nachstehende Bedin⸗ gungen erfüllt sind: A. Der gesammte zum Bau der Bahnen nnd eren Nebenanlagen nach Maßgabe der von dem der Minister öffent— lichen Arbeiten oder im Enteignungsverfahren festzustellenden Entwürfe erforderliche Grund und Boden iff der Staalsregierung in dem Um⸗ ange, in, welchem derselbe nach den landesgesetzlichen Bestimmungen . Enteignung unterworfen ist, unentgeltlich und lastenfrei der auernd erforderliche zum Eigenthum, der vorübergehend ö oder die Erstattung der fämmtlichen staatzsseitig für dessen Beschaffung im Dege der frelen Vereinbarung oder Enteignung gufzuwendenden Kosten, ö aller Nebenentschädigungen für r r e beef n ern ff und sonstige Nachtheile in rechtsgültiger Form zu übernehmen und

Vorstehende Verpflichtung erstreckt sich insbesondere auch auf die r ge ih und laftenfreie Hergabe des für die Ausführung der— senigen Anlagen erforderlichen Grund und Bodens, deren Herstellung

Eisenbahnunternehmer im öffentlichen Interesse oder im

. des benachbarten Grundeigenthums auf Grund landesgesetz⸗ licher Bestimmungen obliegt oder auferlegt wird. u den Grund⸗ erwerbskosten für nachfolgende Bahnen so staatsseitig ein Zuschuß 66 werden, und zwar: a. für die Bahn zu Nr. 4 (Geestemünde Stade) von 128 000 66. b. für die im diesseitigen Staatsgebiet be⸗ legene Theilstrecke der Bahn zu Nr. 5 (Bierfeld —Türkismühle) von 110 0090 . B. Die Mitbenutzung der Chausseen und öffentlichen Wege ist, soweit dies die Aufsichtsbehörde für zulässig erachtet, seitens der daran betheiligten Interessenten unentgeltlich und ohne ö Entschädigung für die Dauer des Bestehens und Betriebes der Bahnen zu gestatten.

§ 2. Die Staatsregierung wird ermächtigt: 1) zur Deckung der zu den im 51 unter Nr. I bis IV vorgesehenen Bauausführungen und Beschaffungen erforderlichen Mittel von 90 757 760 4 die ver⸗ fügbaren Restbestände der im S3 des Gesetzes, betreffend den weiteren Erwerb von Privateisenbahnen für den Staat, vom 9. Mai 1890 (Gesetz⸗Samml. S. 69) bezeichneten Fonds im Betrage von mindestens 246 714 M 72 8 zu verwenden, 2) zur Deckung des alsdann noch verbleibenden Restbetrages von höchstens 90 511 045 M 28 3 Staats⸗ schuldverschreibungen auszugeben.

§ 3. Wann, durch welche Stelle und in welchen Beträgen, zu welchem Zinsfuß, zu welchen Bedingungen der Kündigung und zu welchen Cursen die Schuldverschreibungen verausgabt werden sollen 8 2), bestimmt der Finanz⸗-Minister. Im übrigen kommen wegen Verwaltung und Tilgung der Anleihe und wegen Verjährung der Zinsen die Vorschriften des Gesetzes vom 19. Dezember 1869 (Gesetz— Samml. S. 1197) zur Anwendung.

§ 4. Jede Verfügung der Staatsregierung über die im 81 unter Nr. I, II und Il bezeichneten Eisenbahnen beziehungsweise Eisenbahn⸗ theile durch Veräußerung bedarf zu ihrer Rechtsgültigkeit der ustim⸗ mung beider Häuser bes Landtags. Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf die beweglichen Bestandtheile und Zubehörungen dieser Eisen⸗ bahnen beziehungsweise Eisenbahntheile und auf die unbeweglichen in⸗ soweit nicht, als dieselben nach der Erklärung des Ministers der öffent⸗ en . für den Betrieb der betreffenden Eisenbahn entbehr⸗ ich sind.

§ 5. Dieses Gesetz tritt am Tage seiner Verkündigung in Lratt.

Die Begründung dazu lautet:

FD dem vorstehenden Gesetzentwurf werden nach dem Vorgang früherer Jahre wiederum Geldmittel für eine im Verkehrsinteresse wie zur Erhöhung der Sicherheit des Betriebs und der militärischen Leistungsfähigkeit nothwendig gewordene Erweiterung, Vervoll⸗ ständigung und bessere Ausrüstung des Staatseisenbahnnetzes erbeten.

Durch die Herstellung der im S 1 unter Nr. L des ge e , vorgesehenen neuen Eisenbahnlinien soll einerseits die von den Inter— essenten dringend gewünschte und, von den Provinzialbehörden warm befürwortete Erschließung verschiedener, mit, Schienenverbindungen noch nicht bedachter Landestheile, andererseits eine aus Rücksichten auf wichtige Interessen gebotene Ergänzung und Erweiterung des Staats— eisenbahnnetzes herbeigeführt werden.

Den feither beobachteten Grundsätzen entsprechend, ist auch die Herstellung der in diesem Gesetzentwurf vorgeschlagenen Nebenbahn⸗ linien von einer angemessenen Betheiligung der Interessenten ab— hängig gemacht, und demgemäß unter Berücksichtigung einerseits der Leistungsfähigkeit der Interessenten, andererseits der für sie aus der Bahnanlage zu erwartenden Vortheile und endlich der Höhe der Grunderwerbskosten bestimmt worden:

1) daß für fämmtliche unter Nr. 1 Litt. a. aufgeführte Linien neben der Einräumung des Rechts auf unentgeltliche Mitbenutzung der Chausseen und sonstigen öffentlichen Wege nur der erforderliche Grund und Boden unentgeltlich herzugeben,

2) zu den Grunderwerbskosten der unter Nr. und 6 aufge⸗ führten Linien und zwar bezüglich der zugleich Oldenburgisches Gebiet berührenden Linie unter Rr. 6 für die im diesseitigen Staats— gebiete belegene Theilstrecke ein Staatszuschuß zu gewähren ist.

Bei den Bahnen unter Nr. 4 (Geestemünde—Stade) und 6 (GBierfeld Türkismühle) hat die Gewährung eines Staatszuschusses in Ausficht genommen werden müssen, weil die betheiligten Inter⸗ essenten nach den angestellten Ermittelungen bei ihrer nur be— schränkten Teistungsfählgkeit zur Aufbringung der gesammten, bei Rr. 4 auf I87 500 V und bei Nr. 6 für ie preußische Theilstrecke auf 164000 60 geschätzten Grunderwerbz⸗ kosten nicht im stande sein würden. Der mit Rücksicht hierauf auf 129 000 6 bezw. 1109 009 ( bemessene Staatszuschuß steht ungefähr in demselben Verhältniß zu den gesammten Grund⸗ erwerbskösten, in welchem der Stgat unter ähnlichen Verhältnissen auf Grund des Gesetzes vom 10. Mai 1890 (Gesetz⸗Samml. S. 90) zu den Grunderwerbskosten der Bahnen von Geestemünde nach Cur⸗ haven mit Abzeigung nach Bederkesa und von Hermeskeil nach Wem⸗ metsweiler Zuschüsse geleistet hat. . ; .

Die Faäͤffung der im F 1 unter Litt, A ung B für den staats— seitigen Ausbau der einzelnen Linien gestellten Bedingungen stimmt im wefentlichen mit dem Wortlaut der letztjährigen Gesetze überein.

Wenngleich die Erfüllung der Bedingungen, unter welchen hier⸗ nach und nach den näheren. Darlegungen der als Anlage J heigefügten Denkschriften der staatsseitige usbau der geplanten Eisenbahnen gemäß den Bestimmungen im F W unter Litt. A und B erfolgen soll, noch nicht überall durch formelle Beschlüsse, der Interesntzn gesichert ist, so kann doch nach dem Ergebniß der eingeleiteten Verhandlungen im allgemeinen erwartet werden, daß die Interessenten auch im vor⸗ liegenden Falle durch Uebernahme der von ihnen verlangten Leistungen die a ühenz der einzelnen Linien ö 6 werden. .

Die Bahn Bierfeld Türkismühle liegt zum theil auf olden⸗ burgischem Staatsgebiete. Wenn gleichwohl ihre Herstellung. für Jechnung des preußischen Staats vorgeschlagen wird, so ist hierfür die Erwägung maßgebend gewesen, daß Diese Linie neben der durch das Gesetz vom 16. Mai 1890 GesetzSamml. S. 90) genehmigten Bahnlinié Hermeskeil Wemmetsweiler zur weiteren rschließung des Hochwaäldes besonders geeignet und wünschenswerth erscheint. Wegen Durchführung der Bahn durch oldenburgisches Gebiet sind die erforderlichen Verhandlungen mit der Großherzoglichen Regierung eingeleitet. ; . ; K ;

Die staatsseitig erforderlichen Aufwendungen sind für sämmtliche im § 1 unter Nr. 1 bezeichneten, insgesammt ungefähr 184,5 km langen Bahnen auf 22 599 000 eM veranschlagt. Hlerzu treten noch für die durch die bevorstehende Erweiterung des Staatseisenbahn⸗ netzes nothwendig werdende Vermehrung des Fuhrparks der Staats⸗ bahnen für 184,5 km Nebenbahnen zu 20 000 ( für das Kilometer 3 590 O00 S, sodaß die Gesammtaufwendung für die im S1 unter Nr. J vorgeschlagenen Eisenbahnen 26 289 000 60 beträgt.

Von dem zum Bau der unter Nr itt. a 4 und 5, bezeichneten Bahnen erforderlichen Grund und Boden befinden sich etwa 15,4 ha mit einem Werthe von ungefähr 23 800 „6 bereits im domänen⸗- und forstfiscalischen Besitz, für dessen Hergabe zu dem veränderten Ver⸗ wendungszweck an iz auch im vorliegenden Falle eine Entschädigung nicht beansprucht werden soll. Ob und inwieweit indessen für die indirecten Nachtheile dieser Abtretung (verfrühter Bestandsabtrieb, Abschneiden unbrauchbarer Parzellen, erschwerte Zugänglichkeit der dem . verbleibenden Grundstücke u. s. w.) seitens der Interessenten

ntschädigungen zu leisten sein möchten, muß der Feststellung in jedem einzelnen Falle vorbehalten bleiben. . Nach dem Ergebniß der über den voraussichtlichen Ertrag der einzelnen Linien angestellten rn , läßt sich annehmen, daß die in Aussicht genͤmmenen neuen isenbahnlinien aus ihren un⸗ mittelbaren Erträgnissen bereits in den ersten Betriebsjahren eine mäßige, zum theil eine ausreichende Verzinsung der staatsseitig auf— zuwendenden Baumittel zulassen werden. —ͤ eber die Rothwendigkeit der im 8 1 unter 11 bis IV des Gesetzentwurfs zwecks Vervollstandigung und besserer Ausrüstung des Staatseifenbahnnetzes vorgesehenen Aufwendungen im Betrage

i , 1494 920 M,

III ,

1

Der Baubedarf berechnet sich hiernach: : .. 26 289 909 , 19104920 , 35 363 840 . 10000000

insgesanmt auf. . 90 757 760 *

Zur theilweisen Deckung dieses Betrages ist die Verwendung des Restbestandes der auf Grund des Gesetzes vom 9. Mai 1890 (Gesetz⸗ Samml. S. 69), betreffend den weiteren Erwerb von k bahnen für den Staat, dem letzteren anheimgefallenen Bestände der Reserve⸗ und Erneuerungsfonds der Wernshausen⸗Schmalkaldener, der Unterelbeschen, der w, und der Schleswig⸗Holsteinischen Marschbahn in Aussicht genommen.

Die Bestimmung im Schlußsatze des 5 3 des vorbezeichneten Gesetzes geht zwar von der Voraussetzung aus, daß die auf insgesammt LIN 546 4 einstweilen angenommenen Bestände der Reserve⸗ und Erneuerungsfonds der genannten Eisenbahnunternehmungen zur Be— streitung der den Mitgliedern der Gesellschafts-Directionen für die Aufgabe ihrer vertragsmäßigen Rechte zu zahlenden Abfindungen in der vorläufig ermittelten Bhe von zusammen 353 159 M, und der im § 3 unter 1—3 a. a. D. festgesetzten.! baaren Zuzahlungen an die Actionäre von zusammen 1 682 396 , in Summa 20635 546 nicht ausreichen, sondern darüber hinaus zur Aufbringung des Be⸗ trages von höchstens 237 700 M Staatsschuldverschreibungen auszu⸗ geben seien.

Hierzu ist jedoch zu bemerken, daß der Ermittelung des letzteren Betrages die Bestände der Reserve und Erneuerungsfonds zu Grunde liegen, wie e. sich nach den Abschlüssen Ende 1888 und Ende März 1889 ergaben und bei Vorlage des Gesetzentwurfs anzunehmen waren, während bei der zugleich mit dem Uebergang der Eisenbahn⸗ Unternehmungen auf den Staat am 1. Juli 1890 erfolgten end gültigen Schließung gegenüber jener früheren Annahme ein um. 103 177,10 höherer Bestand sich, herausstellte. Dazu kommt noch, daß gemäß der Vorschrift im Schlußsatz des Abfatzes 4 des F 8 des dem Gesetze vom 9. Mai 1890 beigedruckten. Vertrags vom 27. 26. Januar 1890 den Direc⸗ toren der Schleswig⸗Holsteinischen Marschbahngesellschaft an Abfindung ein Betrag von 790 000 M weniger, als ursprünglich angenommen, zu zahlen war. Es sind demnach gegenüber den Vorausetzungen des 8 3 des mehrbezeichneten Gesetzes aus den in Rede stehenden Fonds im ganzen 473 177,10 M mehr zur Verfügung geblieben, sodaß nach

eckung des auf die Ausgabe von Staatsschuldverschreibungen ver⸗ wiesenen ö von 237 700 noch ein Betrag von 235 477,10 6 unverwendet geblieben ist. Durch Verzinsung 3c. hat dieser Bestand sich inzwischen auf zur Zeit 246714 M 72 erhöht, über welche Summe nunmehr hier verfügt werden kann.

Nach Abzug der Bestände dieser Fonds in der vorangegebenen Höhe von 246 714 4 72 werden für die im § 1 unter Nr. J. bis IV. vorgesehenen Bauausführungen und Beschaffungen noch 90 511 045 6 28 erforderlich und durch Ausgabe von Staats— schuldverschreibungen aufzubringen sein. Es wird daher auch nur in Höhe desjenigen Betrages, welcher in Staatsschuldverschreibungen aus— zugeben ist, um jene Baarsumme von 90 511 045 66 23 3 zu be⸗ schaffen. , den vorliegenden Gesetzentwurf eine Vermehrung der Staatsschuld herbeigeführt.

Die Commission des Hauses der Abgeordneten zur Vorberathung des Gesetzentwurfs, betr. die Aufhebung der durch Verordnung vom 2. März 1868 verhängten Beschlag⸗ nahme des Vermögens des Königs Georg, trat, wie wir den Morgenblättern entnehmen, gestern Abend unter Vorsitz des Abg. Branden burg (Centr zusammen. Die Staatsregierung war durch den Finanz⸗Minister r. Miguel und den Geheimen Ober⸗Finanz⸗ Rath Grandke vertreten. Seitens des Abg. von Rauchhaupt (conf.) wurde mit Unterstützung aller anderen Parteien außer der frei⸗ sinnigen beantragt, die Regierungsvorlage, welche die Aufhebung der Beschlagnahme Königlicher Verordnung vorbehalten wolle, abzulehnen, dagegen folgenden Gesetzentwurf anzu⸗ nehmen: Art. 1: Die durch Verordnung vom 2. März 1868 über das Vermögen des Königs Georg verhängte Beschlagnahme wird auf⸗ gehoben. Art. 2: Mit Ausführung dieses Gesetzes wird der Finanz⸗ Minister beauftragt. Abg. Richter (dfr. beantragte, die König⸗ liche Staatsregierung zu ersuchen, der Commission den mit dem Herzog von Cumberland geschlossenen Vertrag vorzulegen. Auf Anfragen des Abg. Freiherrn von Zedlitz (freicons) erklärte sich der Finanz⸗Minister Br. Miquel mit dem Antrage von Rauchhaupt einverstanden. Abg. Richter (dfr. : Durch diese Erklärung sei die Berathung wesentlich erleichtert. Aber eine Mittheilung über das von der Staatsregierung beabsichtigte Verfahren sei nicht nur wünschens⸗ werth, fondern auch nothwendig. Der Vertrag der Krone mit dem Herzog von Cumberland müsse der Volksvertretung mit⸗ getheilt werden. Finanz⸗Minister Dr. Miquel hielt die Auffassung des Abg. Richter nicht sär zutreffend, da der Vertrag vom September 1867 niemals dem Landtag vorgelegt worden sei; er sei rechtsgültig. Der Landtag habe sich früher diefer Auffassung angeschlossen. Die Regierung sei . Verträge ohne Genehmigung des Landtags abzuschließen, insofern die Staatskasse nicht belastet werde. Das liege auch hier nicht vor. Eine Restver⸗ waltung sei nicht beabsichtigt, die Sache werde jetzt ganz erledigt werden. Zwischen der Krone und dem Herzog von Cumberland seien alle Modalitäten für die Ausführung des Vertrags vereinbart worden. Er müsse es aber ablehnen, den Vertrag vorzulegen. Abg. Simon von Zastrow (cons) pflichtete dieser Auffassung bei. Der Landtag habe nie den Anspruch erhoben, den Vertrag kennen zu lernen. Der . habe mit der Aufhebung der Beschlagnahme nichts zu thun. Abg. Hr. Krause (ul) trat diesen Ausführungen bei. Es handele sich nicht um eine Abänderung des Vertrages von 1867. sondern nur um eine Aufhebung der Be— schlagnahme. Abg. Richter (dfr.):; Das Abgeordnetenhaus habe stets den Standpunkt vertreten, daß der Vertrag vom Sep⸗ tember 1867 der Genehmigung bedürfe. Er habe nicht ver⸗ langt, den neuen Vertrag zur Genehmigung vorgelegt zu sehen, er wolle aber klar sehen, wie es mit der Restberwaltung stehe. Finanz⸗ Minister Hr. Miguel: Alle Parteien wollten die Aufhebung der Beschlagnahme. Die Beträge, um die es sich handele, sollten in der Hand der Krone bleiben, welche ein Recht habe, Verträge zu schließen, wenn durch diese dem Staate keine Lasten auferlegt würden. Abg. Freiherr von Zedlitz (freicons.): Bedenken erheblicher Art sprächen dagegen, auf Einzelheiten des Vertrags mit dem Herzog von Cumberland einzugehen; anders würde es sein, wenn mit der Ausführung des Vertrags eine finanzielle Belastung des Landes verbunden sei. In dieser Be⸗ ziehung begnüge er sich mit der Versicherung des Ministers. Eine rechtliche Begründung des Antrags Richter vermöge er nicht anzu⸗ erkennen. ö. Richter (dfr.): In Hannover werde eine neue Garnifonkirche gebaut. Wo kämen die Gelder dazu her? Solle der anze beschlagnahmte Fonds abgeführt werden, oder behalte sich die Fegierung einen Betrag vor, um die Kirche fertig zu stellen? Finanz⸗ Minister Dr. Miguel lehnte es ab, über einzelne Fragen wegen der Garnisonkirche in Hannever Auskunft. zu gehen. er Landtag habe es nur mit der Aufhebung der Beschlagnahme, nicht aber mit den Verträgen zu thun. Bei der Abstimmung wurde der Antrag Richter mit allen gegen, seine Stimme abgelehnt, der Ankrag von Rauchhaupt mit allen gegen die Stimme des Abg. Richter an genom men. Zum Hen hure r für das Plenum wurde der Abg. Br. Krause (nl) bestellt.

Die Commission des Hauses der Abgeordneten zur Verberathung des Gesetzentwurfs über die Abänderung einzelner Bestimmungen des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 18655, besteht aus den , wn, Vopelius, Vorsitzender, Schmie ding, Stellvertreter des Vorsitzenden, von Bockelberg, Kletschke, Dasbach, Schriftführer, Bohtz, von Itzenplitz, Eberhard, Graf von Kanitz, Knobel, von Ploetz, Engels, Hr. Ritter, Burghardt Eauban), Pr. Schulß (Bochum), Hitze, Letocha, Sperlich, Stötzel,

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1H 66h og. . Denkschriften das Nähere.

k ergeben die als Anlage I! beigeschlossenen

Eberty und Dr. Meyer.