Major im 8. Inf. Regt. Nr. 125, Großherzog Friedrich von Baden, TLevering, Major im Gren. Regt. König Karl Nr. 123, Haag, Major im Inf. Regt Kaiser Friedrich König von Preußen Nr. 125, — ein Patent ihrer Charge verliehen. Wibbekink, Hauptm. und Comp. Chef. im Inf. Regt. König Wilhelin J. Nr. 124, zum überzähl. Major befördert. Cleß, Hauptm. in demselben Regt, zum Comp. Chef ernannt. v. Knoerzer, Pr. Lt. im Drag. Regt. Königin Olga Nr. 25, in den Generalstab à 1a suite desselben versetzt und unter fernerer Belassung in dem Commando zur Dienstleistung bei dem Großen Generalstabe, zum Hauptm. befördert. Roth, Hauptm. und Battr. Chef im 2. Feld⸗Art. Regt. Nr. 29 , — von Bayern, in die erste Hauptmannsstelle des Feld⸗Art. Regts. König Karl Nr. 13 versetzt. Lotterer, Hauptm. im Teld⸗Art. Regt. König Karl Nr. 153, zum Battr. Chef ernannt. v. Sonntag, 2 à la suite des Feld⸗Art. Regts. König Karl Nr. 13, von dem Commando als Adjutant der 13. Feld⸗Art. Brig. (Königl. Württemberg) enthoben und als Battr. Chef in das 2. Feld⸗Art. Regt. Nr. 29 Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern versetz. Winter, Pr. Lt. im 2. Feld⸗Art. Regiment Nr. 29 Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern, à la suite des Regts, estellt und als Adjutant zur 13. Feld⸗Art. Brig. Kö . Gre len erg) commandirt. Köh ler, Sec. Lt. im Feld-Art. Regt. König Karl Nr. 13, zum Pr. Lt. befördert. Graf Schenk von Stauffenberg, Pr. Lt. im Ulan. Regt. König Wilhelm J. Nr. 20, ein Patent seiner Charge verliehen. rg ig Sec. Lt. im
Drag. Regt. i. Olga Nr. 25, zum Pr. Lt. befördert. Wundt,
, im 4. Inf. Regt. Nr. 122 Kaiser Franz Joseph von esterreich König von Ungarn, Strölin, Pr. Lt. im Gren. Regt. Nr. 119, — zum 1. April d. J. von dem Commando zur Die g. leistung bei dem Großen Generalstabe enthoben. Baun, Sec. Lt. im 2. Feld ⸗Art, egt Nr. 29 Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern, Pichler, Sec. Tt. im Feld⸗Art. Regt. Nr. 13, — in das Train⸗Bat. Nr. 13 versetzt.
30. März. v. Grävenitz, Pr. Lt. à la suite des Inf. Regts. König Wilhelm J. Nr. 174, von dem Commando als Adjutant der 54. Wu Brig. (4. Königl. Württemberg.) enthoben, in das Gren. Regt. König Karl Nr. 123 à Ua zuite degselben versetzt und nach Preußen commandirt zur Dienstleistung bei dem Leib⸗Gren. Regt. König Friedrich Wilhelm III. (J. Brandenburg.) Nr. 8.
Hessen.
Darm stadt, 22. März. Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben Allerhöchstsich den Rang eines Großherzoglich Hess. Obersten beigelegt, und zwar a 14 suste des J. Großherzogl. Inf. Eeib⸗Garde⸗) Regts. Nr. 115. .
Beamte der k ö
Darm stadt, 1. April. Dauber, Intend. Rath a. D., der Charakter als Kriegsrath verliehen.
Preußischer Landtag. Herrenhaus.
12. Sitzung vom Dienstag, 5. April.
Der Sitzung wohnen der Vice-Präsident des Staats—⸗ Ministeriums, Staats-Minister Dr. von Boetticher, der Finanz⸗Minister Dr. Miquel, der Minister für Landwirth⸗ schaft ꝛc. von Heyden und der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen bei. ̃ ö .
Auf der Tagesordnung steht zunächst eine Petition des Rittergutsbesitzers Hörig zu Körnitz bei Trachenberg und Genossen, welche bitten, zu veranlassen, daß die Staats regierung auf denjenigen Strecken der mittleren Bartsch, auf denen der Domänen⸗- und Forstfiscus räumungspflichtig sei, die nach der Polizeiverorduung vom 21. Dezember 1861 vor— geschriebene Normalbreite herstelle und den übrigen Räumungs⸗ pflichtigen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen angemessene Beihilfen gewähre. ᷣ .
Die ns emmissisn beantragt, die Petition der Staatsregierung zur Berücksichtigung in dem Sinne zu überweisen, daß bezüglich des Bartschflusses der Domänen⸗ und Forstfiscus seinen Räumungsverpflichtungen nachkomme und — in soweit nöthig — eine anderweitige feste Regulirung der Räumungspflicht erfolge. .
Herr von Schöning befürwortet als Referent den Antrag der Commission. Der gegenwärtige Zustand der Bartsch habe zu vielfachen inn der Interessenten Anlaß gegeben und eine Be⸗ schwerde beim Ministerium des Innern zur Folge gehabt. Nach der maßgebenden Polizeiverordnung von 1861 müsse die Bartsch eine Breite von 15 im haben. Es schwebe zur Zeit über die Räumungs— pflicht der Bartsch eine Klage des Fürsten von Hatzfeld Trachenberg gegen den Fiscus. Die Commission sei entgegen dem Minister der Meinung gewesen, daß die Angelegenheit nicht bis zur Beendigung dieses Prozesses ruhen dürfe, da es einen schlechten Eindruck mache, wenn die Regierung Anordnungen erlasse und diese selbst nicht erfülle.
Der Antrag der Commission wird darauf ohne Debatte angenommen.
Zur einmaligen Schlußberathung steht der Gesetzentwurf, betreffend die Tagegelder und Reisekosten der Mit⸗ glieder der J .
Der Berichterstatter Ober-⸗Bürgermeister Boie empfiehlt die un⸗ veränderte Annahme.
Graf von Klinckowstroem: Am liebsten möchte er die zu— sammengelegten Voreinschätzungs⸗-Commissionsbezirke ganz beseitigen. Man habe mit ihnen fehr schlechte Erfahrungen gemacht und es seien dadurch erhebliche Mehrausgaben hervorgerufen worden.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Ich habe schon im Abgeordnetenhause gesagt, daß wir im Finanz⸗Ministerium für diese größeren zusammengesetzten Bezirke durchaus nicht unbedingt eingenommen sind. Es ist aber eine Frage complexer Natur. Mit den Bezirken, die wir ja auch früher bereits hatten und die sich wesentlich auf die Gemeinden beschränkten, sind vielfach keine günstigen Erfahrungen gemacht; die nachbarliche Freundschaft kann da doch etwas stärker einwirken, als in etwas größeren Bezirken. Andererseits gebe ich zu, daß in größeren Bezirken es sich sehr leicht so gestalten kann, daß ein Vertreter der einen Gemeinde eine gewisse Gefälligkeit empfängt von einem Vertreter der anderen Gemeinde, und daß die Gefälligkeiten die Tendenz haben, mit der Steuer herunterzugehen. Es ist dies ja ähnlich wie mit den großen Armenverbänden; da ist die Neigung umgekehrt. Jede Gemeinde vertritt der Schulze und schiebt gern die Last auf den großen Beutel, und da jeder dasselbe thut, vergrößern sich die Kosten der Armen⸗ verwaltung ins ungemessene. Ich möchte in dieser Beziehung nech keine bestimmte Meinung aussprechen. Wir haben die Absicht, bei diesem ganz neuen Veranlagungsverfahren über die verschiedenen Punkte uns überhaupt erst dann schlüssig zu machen, wenn wir die einzuholen⸗ den Berichte der Landräthe, die Erfahrungen, die sie gemacht haben, vor uns haben, sodaß man dann sich für eine bestimmte Richtung entscheiden kann. Aber die Herren können versichert sein, daß wir auch diesen Punkt in der allersorgfältigsten Weise im Auge be⸗ halten werden.
Daß man bei einem so neuen Veranlagungsverfahren allerhand Erfahrungen macht, die man a priori sich nicht construirt, das werden die Herren sehr natürlich finden. Auch jetzt gehen beispielsweise über
die großen Veranlagungsbezirke die Meinungen noch sehr aus- einander in verschiedenen Landestheilen und bei den Vorsitzenden der Veranlagungs⸗ und Berufungsscommissionen. Man wird sich auch nicht darüber wundern können, daß selbst dann, wenn man die nicht unbedingt nothwendigen Kosten, die durch das Veranlagungssystem entstehen, verwendet, doch die Gesammtkosten der Veranlagung in Zukunft höher bleiben als bisher, einfach aus dem Grunde, weil wir bisher zu wenig auf diese wichtigste Seite unserer gesammten directen Steuern verwandt haben. Die Veranlagung muß mit größerer Sorgfalt durchgeführt werden, infolgedessen braucht man mehr Kräfte, das kann gar nicht ausbleiben. Es ist eben eine inten⸗ sivere Wirthschaft nöthig, die größere Erträge bringt, aber auch größere Kosten verursacht. Bisher war das Veranlagungsgeschäft nur so ein Nebengeschäft, während es doch im wesentlichen eins der wichtigsten Geschäfte unseres Staatslebens sein muß, und daher entstanden bis dahin weniger Kosten. Wenn das Veranlagungs⸗ wesen ein intensives sein soll, dann muß auch intensiv gewirthschaftet werden, und das wird natürlich die Kosten erhöhen, darüber kann kein Zweifel sein. Die Vorlage wird angenommen.
Es folgt die Berathung des Gesetzentwurfs über die Bahnen unterster Ordnung. ö .
Graf zu Eulenburg empfiehlt die von der. Commission mehr⸗ fach abgeänderte Vorlage. e n!! habe die Commission die Tendenz des Gesetes, den Eifenbahnverkehr fruchtbringender, ö. ge⸗ stalten, anerkannt. Man habe zwar befürchtet daß die Tertiärbahnen dem Secundärbahnwesen 8 mr, . könnten; der Minister habe aber diese Bedenken zerstreut. ie Vorlage werde namentlich der
ĩ aft zu gute kommen. ö ⸗ , x ⸗ rbach: Das Haus stehe hier einer Vorlage von großer Tragweite und immenser ö gegenüber. Er habe am J. r dein Eisenbahn⸗-Minister seine besondere Anerkennung aus- gesprochen für dessen Haltung 5 den Personentarifen und dem System der Staffeltarife. enn er heute dieser Vorlage gegen⸗
über zu einem anderen Resultat komme, so möchte er ihn bitten, von eh. annehmen zu wollen, daß nur sachliche Gründe seinen Erwägungen zu Grunde lägen. Er würde dies nicht sagen, wenn er nicht Mitglied der conservativen Partei wäre. Vor wenigen Monaten sei die Staatsregierung, vertreten durch die berufensten Organe, mit großer Entschiedenheit für eine Vorlage eingetreten; dieselbe Regierung habe diese Vorlage fallen lassen. Wenn nun die confervative Partei an ihrem Standpunkt festhalte, so werde ihr daraus jetzt — er müsse dies auf das lebhafteste bedauern und zurückweisen— der Vorwurf gemacht, sie verfuche eine vrincipielle Opposition gegen die Regierung. Gegen eine derartige Unlogik brauche er eigentlich kein Wort zu verlieren. Was der frühere K der nationalliberalen Partei concedirt habe, nehme auch die conservative Partei für sich in Anspruch: daß sie vollkommen selbständig handle und prüfe und auf Grund ihrer Ueberzeugung entscheide, na Pflicht und Gewissen. Darin liege keine Spur einer principiellen Opposition. Allerdings sei der Schaden, den diese Vorlage zufügen könne, nach seiner Ueberzeugung größer als der Nutzen, der zweifellos auf der anderen Seite hervortreten werde. Er sei der Staatsregierung sehr dankbar dafür, daß sie diese Frage hier angeregt habe. Es . sich nur, ob es zweckmäßig sei, sie schon jetzt im vollen Umfange zu lösen. Er theile wefentlich den Standpunkt, den Herr von Stumm neulich hier zum Ausdruck gebracht habe, als er gesagt habe: er wünsche ganz entschieden den weiteren Ausbau des Secundärbahnsystems in dem⸗ selben Umfange wie bisher. Auch er (Redner) halte dies für nothwendig egenüber der wirthschaftlichen Lage vieler Landestheile. Nun habe der inister gesagt, man habe mit den Secundärbahnen schlechte Er⸗ fahrungen gemacht. In dieser Erklärung liege eine sehr erhebliche Einschränkung in Bezug auf den weiteren Ausbau der Secundär⸗ bahnen. Er habe allerdings nach dem Freiherrn von. Stumm den letzteren Gedanken mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen, aber beide Acußerungen seien nicht congruent. Er wisse nicht, welcher von beiden Ausführungen er folgen olle. Er habe keinen Grund zu irgend welchem Mißtrauen gegen den jetzigen Minister, aber auch die Minister unterlägen dem Wechsel, wie alles Irdische. Er möchte deshalb desfen Person vollstandig bei Seite schieben bei der Berathung diefer Vorlage. Er glaube in dieser Vorlage auch den Ein- fluß des Finanz⸗Ministers zu erkennen, eine Bethätigung seines Programms, dem Sparfamkeitsrücksichten zu Grunde lagen. Auch er wünsche, daß die einzelnen Staaten sich nach der Decke streckten. Allein der Ausbau der Bahnen sei doch eine Sache, die man nicht leicht zurückschieben könne. Er gebe zu, daß in dein weiteren An⸗ wachsen des Eisenbahnnetzes eine gewisse Gefahr für die preußische k 53 liege. Je größer das Eisenbahnnetz sei, je größere Summen darin steckten, um * schwerer werde es der Finanzverwal⸗ tung sein, jeden wirthschaftlichen Rückgang, jeden Ausfall zu decken. Ferner werde der Finanz⸗Minister außerordentlich vinculirt durch die fortwährenden sehr bedeutenden Credite, welche die Staatseisenbahn⸗ verwaltung nachsuche, wenn an dem gegenwärtigen System festgehalten werde. Er gebe zu, daß die Besorgniß des Finanz-Ministers zu eliminiten sein würde, wenn es gelänge, von den Schulden des Staates einen Theil auf die Com⸗ munen abzuwälzen. Andererseits würde aber der Umstand, daß die Communalverbände, die juristischen Personen, im Stande sein würden, den Weg der Anleihe zu beschreiten, einen Druck auf den Geldmarkt ausüben, der nicht zu vermeiden sein würde. Man könne den Finanz— Minister nur befriedigen, wenn im Eisenbahnhau ein ö Tempo eingeschlagen werde. Diese Vorlage werfe bereits ihren Schatten voraus in Bezug auf die Secundärbahnvorlage, welche dem anderen Hause unterbreitet sei. Er wohne in einem Kreise, der bis jetzt von einer Eisenbahn nicht berührt werde. Dieser Kreis sei bei der Secundärbahnvorlage leer ,, Er hoffe, daß die Regierung das ersäumte bald nachholen werde. Er habe ja zur. Regierung alles Vertrauen. 5 * habe sie speciell für seinen Regierungsbezirk in der letzten Zeit nicht das gethan, was man dort gehofft habe. Er meine aber, wenn durch diese Vorlage der Secundärbahnbau wesentlich abgeschwächt werde, so müsse man doch dafür irgend welchen Ersatz finden, und er meine, daß man in dem jetzigen Mement, wo die Communalverbände in ihrer Prä⸗ stationsfähigkeit ohnehin erheblich geschwächt seien, ihnen nicht noch höhere Lasten auferlegen solle. Er möchte deshalb das Haus bitten, diese Vorlage nicht ohne weiteres zu acceptiren. Er Persönlich würde sich nur entschließen, für sie zu stimmen, wenn seine Bedenken erheblich abgeschwächt würden. Hochentwickelten Industriegegenden werde sie gewiß nützen, er fürchte aber, daß ein weniger wohlwollender Minister als der jetzige in vielen Gegenden ein öffentliches Interesse nicht für vorliegend erachten und den Bau weiterer Secundärbahnen infolge⸗ dessen ablehnen werde. So lange diese Bedenken nicht entkräftet seien, sei er nicht in der Lage, dem Gesetz seine Zustimmung zu er⸗ theilen. (Beifall.)
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Die Befürchtungen, die Herr Graf Mirbach aus⸗ gesprochen und an diese Vorlage geknüpft hat, scheinen mir in keiner Weise begründet. Ich muß in dieser Beziehung etwas weiter aus— holen.
Meine Herren, ich persönlich bin der Meinnng, auf Grund meiner langjährigen Erfahrungen in der Verwaltung und im wirthschaftlichen Leben, daß das, was der Einzelne thun kann, der Einzelne am besten thut, was eine Verbindung, eine Mehrheit Einzelner leisten kann, diese thun soll, was die Communen mit eigener Kraft fertig bringen können, sie nicht auf den größeren Verband abschieben sollen und daß die großen Communalverbände nicht von dem leider in den
letzten Jahren immer wachsenden Bestreben erfüllt sein sollen, nun auf die größte Körperschaft, auf den Staat, alles abzuwälzen. Wir sind in dieser Beziehung nach meinem Gefühl in den letzten Jahren in eine etwas gefährliche Richtung gekommen. Wer als Finanz⸗Minister die wachsenden Anforderungen an den großen Staatsbeutel, die aus allen Provinzen, von allen Klassen, von allen Verbänden unter Verweigerung oder Ablehnung eigener Thätigkeit täglich herantreten, kennt, der hat das Gefühl, daß eine solche Richtung mit den größten Gefahren verbunden ist. Wir haben infolgedessen der allgemeinen Staatskasse in den letzten Jahren Lasten aufgelegt, deren Folgen wir heute vor uns haben, wir sind auf allen Gebieten heute in ein System der Hilfeleistung an geringere Verbände gekommen für solche Aufgaben selbst, die, wie bei den Elementarschulen, ihnen ver⸗ fassungsmaͤhig allein oblagen. Ich bin einer der lebhaftesten Ver— treter der Bestrebungen wegen Verstaatlichung der großen Verkehrswege gewesen, ich habe als Abgeordneter mit der größten Entschiedenheit dafür gekämpft; aber wenn man auch dieses Princip aufstellt, daß die großen Verkehrslinien in der Hand des Staats sein, von ihm gebaut und betrieben werden müssen, so folgt daraus noch keineswegs die Aufgabe des Staats, jede kleinste Localverbindung mit seinen Mitteln herzustellen. Ob wir nicht in den letzten Jahren, ganz abgesehen von der finan⸗ ziellen Seite der Sache und den großen Bedenken, die nach der Richtung hin für den Staat vorliegen, und von denen wir ja auch heute die Er— fahrung machen, selbst vom wirthschaftlichen Standpunkt aus zu weit gegangen sind — ob wir, trotzdem der Staat 7000 km Secundär⸗ bahnen in zehn Jahren gebaut hat, dadurch, daß wir vielleicht allzu schroff und allzu stark das Princip des Staatsbetriebs auf alle, auch die kleinen Localbahnen angewendet haben, der Entwickelung des Landes so gedient haben, als wenn wir mehr Freiheit der Bewegung in dieser Beziehung gegeben hätten, ist noch sehr die Frage. Jedenfalls sehen wir, daß in Ländern, wo dieses System in der Schroff⸗ heit nicht durchgeführt ist, wo man mehr der Selbsthilfe der Ver⸗ bände Raum gegeben hat und den Localinteressenten, das Klein⸗ verkehrswesen in bedeutenderer Weise entwickelt ist, wie in Preußen. Das ist nicht bloß im Auslande der Fall, das ist selbst in einem Theil von Süddeutschland der Fall, von Holland, Belgien, von Ober -Italien gar nicht zu sprechen, einem Lande, das uns an Wohlhabenheit keineswegs sehr voransteht. Es ist garnicht die Absicht der Staatsregierung, nun eine plötzliche Schwenkung in dieser Beziehung zu machen, sich von dem Bau von Secundärbahnen ganz zurückzuziehen, denn die Secundär⸗ bahnen, wenn man sie richtig klassifieirt, unterscheiden sich von diesen Tertiärbahnen, die eine rein locale Bedeutung haben, die nicht An⸗ schlußlinien an die großen durchgehenden Staatslinien sind, die über⸗ haupt gar keinen Anschluß zu haben brauchen, so grundsätzlich, daß mit der Erleichterung des Tertiärbahnbaues noch nicht entfernt die Erklärung der Staatsregierung unzertrennlich verbunden gedacht werden kann, daß nun in Zukunst die Tertiärbahnen die Secundärbahnen vollständig ersetzen könnten und sollten. Einer der wesentlichsten Vortheile der Verstaatlichung der Eisenbahnen war zweifellos der — und derselbe war beab⸗ sichtigt —, daß der Staat in den Besitz der großen durch⸗ gehenden rentablen Linien und dadurch in die Lage kommen sollte, auch unrentable Linien wesentlich aus dem Gesichtspunkte der Landesmelioration zu bauen. Und ich glaube, die Verstaatlichung der Eisenbahnen hat das, was sie versprochen, bisher in reichem Maße erfüllt. Wenn wir in der kurzen Zeit eine große Zahl von Sercundär⸗ bahnen gebaut haben, fast ein Drittel des ganzen allgemeinen Eisen⸗ bahnnetzes, so kann man sich doch nicht beklagen; und wir würden dieses Eisenbahnnetz nicht haben, wenn wir nicht zur Verstaatlichung übergegangen wären, weil viele von diesen Secundärbahnen des Vortheils wegen nicht gebaut werden konnten und die Communalverbände dazu auch die Kraft nicht hatten. So lange der Staat im Besitz der großen Linien ist, wird er sich der ihm naturgemäß zufallenden Aufgabe der Landes melioration durch Herstellung von Secundärbahnen nicht ent⸗ ziehen wollen und nicht entziehen können. (Ruf: Hört! hört) Und Herr Graf von Mirbach braucht in dieser Beziehnng nicht über⸗ mäßig ängstlich zu sein. Aber bei allen wirthschaftlichen Dingen muß man doch Zeit und Umständen Rechnung tragen. Wenn der Staat selbst in Deficit steckt, wenn die Inanspruchnahme des allgemeinen Geldmarktes durch das Reich und Preußen Jahr aus Jahr ein mehrere hundert Millionen erreicht; wenn gleichzeitig die Communen zu meinem großen Bedauern — es vergeht kaum ein Tag, wo ich nicht ein Privilegium zu unterschreiben habe — im Schuldenmachen dem Staate die lebhafteste Concurrenz machen, muß man doch zu dem Gedanken kommen: festina lente. Man kann doch nicht in jeder Zeit alles thun auf die allerausgiebigste Weise. Wir leben nun einmal in einem eisernen Zeitalter — das muß sich jeder sagen — wir können uns der großen Aufgaben der Landesvertheidigung nicht entziehen. Deshalb müssen wir auf anderen Gebieten sparen und unsere Aus⸗ gaben beschränken. Wenn Sie also jetzt nicht eine große Zahl Secundärbahnen in der Vorlage vorgeschlagen finden, so liegt dies auch daran, daß Sie sehr bedeutende Summen vor⸗ geschlagen finden für zweite, dritte und vierte Geleise, für Bahnhofs— umbauten und für Deckung von Ueberschreitungen sehr bedeutender Art früherer Unternehmungen. Wenn Sie sich die Eisenbahnanleihen seit dem Jahre 1880 ansehen, so werden Sie finden, daß die 90 Millionen, die jetzt wieder beantragt sind, weit über den Durchschnitt der Anleihen in den letzten zehn Jahren hinaus gehen. Also man kann sich nicht beklagen, daß wir von einem Extrem ins andere gegangen wären. Man wird aber unter den gegenwärtigen Umständen das Streben des Staates, das Uebermaß von jährlich sich wiederholenden Anleihen zu verringern, billigen müssen. Nun hält Herr Graf von Mirbach den Bau einer Tertiärbahn unter allen Umständen für einen baaren Verlust derjenigen, die sich einem solchen Unternehmen widmen. Das lehrt die Erfahrung aber durchaus nicht, auch nicht, daß von den Tertiärbahnen nur in reichen Industriegegenden mit großem Verkehr Gebrauch gemacht werden könnte. Das trifft nicht zu. Wir haben z. B. in Holstein eine Tertiärbahn in rein ländlicher Gegend mit sehr schwachem Verkehr, die wenn auch eine mäßige, doch eine landesübliche Verzinsung gewährt. Wodurch wird das bewirkt? Durch die freie Bewegung, welche den Unternehmern eingeräumt ist in Beziehung auf den Bau, die Ein richtung und die Art des Betriebes der Bahn. Ich glaube, ich habe das schon einmal gelegentlich hier ausgesprochen und ich kann es nur
56 kann sein) Daß in deni und deren Verhältnif
leistet, zulegen Syystem.
der Landrath ein.
nächsten steht, ist der Landrath.
sofern der Betrieb der Bahn unterster Ordnung nicht mit Maschinen⸗ kraft beabsichtigt ist, und zwar sofern Kunststraßen benutzt oder von
wirken der verschiedenen Instanzen nirung solcher Bahnen unterster O
ĩ en: wir müssen unsere Aufmerksamkeit weniger auf neue Ein— . als auf Verminderung und Ersparung von Ausgaben. Diese Tertiärbahnen werden, durch Interessenten, durch Gommunal⸗ rerbände, durch Kreise und Provinzen hergestellt, weit billiger gebaut und betrieben werden können als der Staat es nach einer ganzen Organisation und nach der nothwendigen Normalisirung seiner Einrichtungen zu thun im stande ist, und des halb werden auch in solchen Gegenden solche Tertiãrbahnen sich rentiren können, die gerade nicht eine so dichte Bevölkerung und einen so reichen Verkehr haben, wie der Herr Graf von Mirbach das als nothwendig anzusehen
glaubt. Jedenfalls stebt so viel fest, daß in vielen Landestheilen diese
Borlage mit der größten Freude begrüßt worden ist. Guruf: Das
enigen Landestheilen, die die Kraft nicht haben sse es nicht gestatten, solche Tertiärbahnen herzu⸗ der Staat seiner natürlichen Aufgabe nach helfen muß, . ö gewiß am allerwenigsten bestreiten. Aber ich bin nicht der Meinung, daß es richtig ist, daß die Nãchstbetheiligten sich nicht hei Allen diefen Dingen zuerst selbst ernstlich prüfen: können wir es nicht machen ohne Staatshilfe? Es muß ihrer Ehre entsprechen, auch ohne Staatshilfe, soweit möglich, zu handeln, und wenn sie garnicht das leisten können, dann erst mag der Staat helfen. Aber on vornherein angenommen wird; da es bequemer, der Staat brauchen wir uns keine besondere Anstrengung auf⸗ das halte ich für ein sehr übles Ich meine also. auch im Sinne der östlichen Provinzen kann ich in dieser Vorlage durchaus keinen Nachtheil finden. Ich glaube, daß wir schon in der Vergangenheit manche Bahnen aus⸗ gebaut haben als Secundärbahnen, die vielleicht ebenso gut und jeden⸗ falls billiger hätten als Tertiärbahnen hergestellt und betrieben werden können, und ich werde doch nicht auf Widerspruch stoßen, wenn ich sage, daß das, was in Form einer Tertiärbahn geleistet werden kann, zweckmäßiger auch in dieser Form geschieht. Ich glaube also, diese Beun⸗ ruhigung, die sich an diese Vorlage anknüpft, die Befürchtung, die heimliche Sorge: das sei eine List des Finanz⸗Ministers (Heiterkeit), um den Staat aus dem Eisenbahnbau mehr herauszuziehen, — das ist alles nicht zutreffend; von diesem Standpunkt hat die Staatsregierung die Sache nie aufgefaßt. Ich bin überzeugt, das Gesetz wird nach und nach in vielen Landestheilen eine sehr bedeutende Anwendung finden, und man wird aus der Erfahrung entnehmen, daß das Gesetz sehr wohlthätig für das Land gewirkt hat. (Bravo)
Fürst zu Putbus: Er habe den Gesetzentwurf mit großer Freude begrüßt, bedaure aber, daß auch in ihm wieder ein System zum Vorschein komme, das unsere ganze i,, durchziehe, nämlich das System der Bevormundung und des beschränkten Unter- thanenverstandes; bei einer Neuconcessionirung müßten fo viele Be— hörden ihre Zustimmung geben: locale Polizeiverwaltung, Kreis— ausschuß, Bezirksausschuß, Provinzialausschuß, Telegraphenverwaltung, eisenbahntechnische Verwaltung und noch mehr, daß bei dem be— kannten langsamen Geschãft gang der in vielen Behörden herrsche, bis zur Ertheilung der Concession Jahre vergehen könnten. Ferner heiße es im S26 der Vorlage: „Wenn eine Bahn von untergeordneter Be— deutung nach Entscheidung des Staats-Ministeriums eine solche Be— deutung für den öffentlichen Verkehr bedingt, daß sie als Theil des allgemeinen Eisenbahnnetzes zu behandeln ist, kann der Staat den Eigenthumserwerh gegen Entschädigung des vollen Werthes bean⸗ spruchen. Der Staat müsse ja allerdings Bahnen zu erwerben das Recht haben, aber er meine, der Staat solle nicht berechtigt sein, einzelne Strecken aus einer Concession herauszunehmen, sondern der Kauf müsse 16. auf die sämmtlichen in einer Concessionsurkunde ent— haltenen Bahnen beziehen. Er hoffe, daß die Regierung dieser Auf⸗ fassung durch eine besondere Erklärung beitreten werde, ev. werde er einen Abänderungsantrag stellen müssen.
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:
Meine derren! Ich halte die Befürchtungen, die Herr Fütrst zu Putbus aus gesprochen hat, nicht für begründet. Diese Befürchtungen beziehen sich junãchst darauf, daß nach Auffassung des Herrn Fürsten der Gesetzentwurf in Bezug auf die mit der Concessionirung der Bahnen unterster Ordnung befaßten Behörden eine Complication
wenn v
enthalte, die möglicherweise zu langwieriger Verzögerung in der Ge—
nehmigung einer Bahn unterster Ordnung führen könne. Meine Herren, ich glaube gerade, daß der Gesetzentwurf gegenüber dem
. n Verfahren eine erhebliche Vereinfachung enthält, nur diejenigen ; ö dn. ⸗ 2364 5 . ; Behörden bei der Genehmigung betheiligt sind, deren Mitwirkung aus sachlichen Gründen unentbehrlich ist. Meine Herren, wenn Sie
den § 2, der in dieser Hinsicht maßgebend ist, ansehen wollen, so
werden Sie darin finden, daß „sofern das Unternehmen innerhalb eines Polizeibezirks verbleibt“, die Ortspolizeibehörde für die Erthei⸗ . lung der Genehmigung maßgebend ist. Wenn also in einer Stadt eine Pferdebahn concessionirt werden soll, so ertheilt die Ortspolizei⸗ behörde ohne weiteres die Genehmigung dazu; sofern aber meh—
.
des selben Landkreises berührt werden, tritt . Es ist ja natürlich, daß eine Zusammen⸗ er Interessen in irgend einer Person, in einer stattfinden muß, und die gegebene Behörde, die am Nun heißt es weiter unter Nr. 2.
rere Polizeibezirke
assung der Behörde
der Bahn mehrere reise oder nicht preußische Landestheile berührt werden sollen: der Regierungs⸗Präsident, für den Stadtkreis Berlin der Polizei⸗Präsident, und nur dann tritt die Eisenbahnbehörde, die
vom Minister der öffentlichen Arbeiten bezeichnet worden ist, hinzu
wenn unter obigen Voraussetzungen die Bahn mit schi f betrieben werden soll. Die übrigen Behörden, die . Putbus genannt hat, sind Vertreter derjenigen Interessen, die im gegebenen Falle berührt werden können, also beispielsweise die Tele⸗ graphenverwaltung, wenn die Bahn das Gestänge oder die Kabel der
Telegraphenverwaltung in irgend ei ise berũ fä
— Fah gend einer Weise berührt oder gefährdet.
. . durchaus nothwendig, daß der Eigenthümer und Unter— ö. i, ,,. der Wege ebenfalls beitreten muß, wenn eine Bahn unterster Ordnung auf die bestehenden Wege gelegt werden soll. Ich
glaube daher, daß die Befürchtung, es möchten aus diesem Zusammen⸗
ö. Behörden für die Concessio— n. ü 1dnung sich Verhandlungen und Verzögerungen ergeben nicht berechtigt ist; im Gegentheil ö ö daß gerade diejenigen Vorschriften, die hier vorgeschlagen sind gegen die augenblickliche Verwaltungspraxis zu erheblichen Erleichterun en und Abkürzung des Verfahrens führen werden. ; Das zweite Bedenken, welches Herr Fürst f f ꝛ i . zu Putbus hat, bezieht sich auf den 5 26. Es heißt dort: JJ Wenn eine Bahn unterster Ordnung nach Entschei eine . ach eidung des Staats⸗Ministeriums eine solche Bedeutung für ,, Verkehr gewinnt, daß sie als Theil des allgemeinen Eisenbahnnetzes
zu behandeln ist, kann der Staat den eigenthümlichen Erwerb der⸗ selben gegen Entschädigung des vollen Werthes beanspruchen.
Hier liegt schon zunächst eine Sicherung gegen etwaigen frivolen Er⸗ werb seitens des betreffenden annectirungslustigen Eisenbahnministers darin, daß nicht er darüber zu entscheiden hat, ob eine Bahn unterster Ordnung dem großen Staatsbahnnetz zugefügt werden soll, sondern die Entscheidung ist dem Staats⸗Ministerium übertragen. Ich glaube, daß an und für sich diese Uebertragung an das Staats-Ministerium vollständig genügend ist, um dem Betreffenden den nöthigen Schutz zu ertheilen. Außerdem ist aber durchaus nicht gemeint, daß aus solch einer Concession etwa das beste Stückchen herausgegriffen und dem Staatseisenbahnnetz einverleibt werden könnte, sondern es ist mit dem § 26 der Sinn und die Absicht verbunden, daß der Staat diejenigen Bahnen, die in einer Genehmigungsurkunde concessionirt worden sind, erwerben kann unter den Voraussetzungen, die im § 26 und den fol—⸗ genden bestimmt sind. Ich glaube, es wird auch kein Minister der öffentlichen Arbeiten und kein Finanz⸗Minister daran denken, eine sich rentirende Bahn unterster Ordnung lediglich aus dem Grunde, weil sie den Interessenten eine Rente abwirft, dem Reichseisenbahnnetze einzuverleiben. Ich glaube, diese Befürchtung ist in jedem Falle voll—⸗ kommen ausgeschlossen. Ich glaube im Gegentheil, die beiden Ressort⸗ Chefs würden sich freuen, wenn auch das Privatkapital im Eisenbahn⸗ wesen zu einer ausgiebigen Rente gelangt. Der Fall des Erwerbes durch den Staat wird nur dann eintreten, wenn die Bahn unterster Ordnung in ihrer ganzen Entwicklung und Bedeutung sich als eine nothwendige Er— gänzung des Staatsbahnnetzes im Laufe der Zeiten darstellen sollte, sei es nun, daß hierbei Verkehrs- oder strategische Rücksichten maß⸗ gebend sind. Für diese Fälle aber muß die Staatsregierung meines Erachtens sich die Befugniß vorbehalten, die Bahnen zu erwerben. Die Bedingungen, unter denen die Staatsregierung eine derartige Bahn erwerben kann, sind im 5 27 folgende so normirt, daß meines Erachtens im allgemeinen jede Unternehmung sehr zufrieden sein würde, wenn der Staat an sie herantritt mit der Frage, ob sie nicht in seine Arme aufgenommen werden will. Die Bestimmungen sind entschieden günstiger, als die Bestimmungen, welche das Gesetz vom 3. November 1838 über Eisenbahnunternehmungen vorgesehen hat. Ich glaube daher, daß aus diesen Bestimmungen das Privatkapital und die com— munalen Körperschaften kein Bedenken entnehmen werden, ihrerseits an den Bau und den Betrieb von Bahnen unterster Ordnung heran— zutreten.
Meine Herren, ich fühle mich verpflichtet, noch dem Herrn Grafen Mirbach meinen ganz besonderen und warmen Dank auszu⸗ sprechen für die freundliche Art, in der er meiner persönlich gedacht hat und ich glaube, ich kann meinen Dank auch nach der ausführlichen Darlegung des Herrn Finanz⸗Ministers am besten dadurch bethätigen, daß ich den Momenten der Beruhigung, die der Herr Finanz⸗-Minister angeführt hat, noch zwei kurze hinzufüge (hört, hört!), und zwar zu— nächst möchte ich darauf aufmerksam machen, daß in keiner anderen Provinz des preußischen Staats in den letzten zehn Jahren so viele Bahnen seitens des Staats gebaut sind, als in der Provinz Ost— preußen. (Heiterkeit. )
Leider — wir bedauern das, der Herr Finanz-⸗Minister sowohl wie ich — ist die Provinz Ostpreußen in der diesjährigen Gesetzvorlage nicht berücksichtigt. Daß es nicht in der Absicht der Staatsregierung liegt, auch in Zukunft die Provinz zu übergehen, das hat, glaube ich, der Herr Finanz⸗Minister schon mit beredteren Worten ausgeführt.
Dann möchte ich aber noch Einiges hervorheben, was auch nach meiner Ansicht dem Grafen Mirbach zur Beruhigung dienen kann. Die östlichen Provinzen und die Bewohner derselben denken nicht alle so wie er, im Gegentheil, in der Provinz Pommern ist man schon mit Vorbereitungen für zwei solcher Tertiärbahnen beschäftigt, und dieselben sind, wie mir mitgetheilt worden ist, schon in einem solchen Stadium, daß man mit ziemlicher Gewißheit annehmen kann, wenn der Gesetzentwurf verabschiedet wird, wird die Sache ins Leben treten. Ich werde mich sehr freuen, wenn das in den anderen östlichen Provinzen recht bald Nachahmung findet. Hierbei verkenne ich durchaus nicht die Schwierigkeiten, die gerade in den östlichen Provinzen bestehen und die im wesentlichen darin liegen, daß die wirthschaftliche Lage sowie die Verkehrsverhältnisse nicht so günstig sind, wie in dem großen Theil der westlichen Provinzen, allein ich möchte auch in der Beziehung darauf hinweisen, daß das, was in den westlichen Provinzen bisher an Tertiärbahnen unterster Ordnung gebaut ist, zum theil doch auch in Gegenden gebaut ist, die in ihrem Verkehr und in ihrem Handel und Wandel weniger entwickelt sind, als dies im Durchschnitt in jenen Provinzen der Fall ist. Eine Reihe von diesen Bahnen, ich erinnere z. B. an die Bröl— thalbahn, an die Bahnen im westfälischen Lenne⸗-Gebiete, die mit ähn⸗ lichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, wie das im Osten der Fall ist, wozu noch die besonderen Schwierigkeiten kommen, daß die Bahnen hier in Gebirgsgegenden gebaut werden müssen, mit verhältnißmäßig hohen Kosten. Trotzdem sind auch diese, nachdem sie die Kinderkrank— heiten überwunden haben, doch in leidlich befriedigende Lage gekommen. Und diese Bahnen haben sich durchringen müssen unter den harten
Bedingungen, die das Gesetz vom 3. November 1838 ihnen auferlegt
hat. Um so mehr ist es zu erwarten, daß unter den Bedingungen des Gesetzentwurfs, der Ihnen vorgelegt werden wird, die Kinderkrank— heiten, wenn sie überhaupt vorkommen, viel rascher schwinden werden. Ich hoffe daher, daß trotz der Ausführungen des Herrn Grafen von Mirbach und des Fürsten zu Putbus sich sehr bald nach Ver⸗ abschiedung dieses Gesetzentwurfs auch in den östlichen Provinzen Private oder Corporationen finden werden, die es wagen, Tertiar— bahnen zu bauen und zu betreiben. Meinerseits kann ich nur ver— sichern, daß, so viel an mir liegt, ich bemüht sein werde, die Schwierig⸗ keiten aus dem Wege zu räumen, die sich ihnen etwa entgegenstellen.
Ober⸗Bürgermeister Becker: Der vorliegende K 86 be⸗ rüchichtige sowohl die Interessen des Landes als der Städte, von einem Gegenfatz zwischen Stadt und Land, oder zwischen Ost und Westen sei nicht im geringsten die Rede. Er danke der Regierung, daß sie diesen Gesetzentwurf eingebracht habe. Wenn dieser Gesetz⸗ entwurf nicht zu stande komme, würden deswegen doch nicht mehr Secundärbahnen gebaut werden. So lange die Regierung sich in ungünstiger , befinde, werde sie sich immer etwas zurück⸗ haltender mit dem Bau von Bahnen verhalten. Je mehr Secundär— und Tertiärbahnen aber durch Communalverbände u. s. w. ent— ständen, desto mehr behalte der Staat freie Hand, auf, dem Secundärbahnwesen seine Mittel zur Anwendung zu bringen. Er sei mit dem Fürsten Putbus der Ansicht, daß der ere ff den vollen Segen nur gewähren könne, wenn er nicht bureaukratis
gehandhabt werde. Er wünsche, daß in unserem Staatseisenbahn⸗ wesen diese kühle buregukratische Richtung etwas mehr ersetzt werde durch eine sich für die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Ge—
meinden lebhafter interessirende. Er würde es beklagen, wenn der Staat den Bau von Secundärbahnen ganz für sich in Anspruch nehmen wolle; er möge ja die Linien bauen, welche er wolle; aber wenn er nur die gute Absicht habe und sie nicht ausführe, dann solle er wenigstens den Communen und dem Privatkapital die reiheit lassen, es ihrerseits zu thun. Gebe der Staat diese reiheit nicht, so werde das eine nicht gute Beschränkung der ntwickelung unseres Secundärbahnwesens bedeuten. Einen bureau⸗ kratischen Zug sehe er auch im 5 2 des Gesetzentwurfs, nach welchem der Regierungs⸗Präsident die Concession zum Bau von Bahnen auf Kunststraßen erktheilen folle. Es fehle jeder Grund, warum dies nicht dem Landrath übertragen werden könne, wenn nur Chausseen eines Kreises in Betracht kimen. Wenn das Gesetz rationell ange⸗ wendet werde, würden alle Gemeinden die Bahnen bekommen, welche sie wünschten, auch werde der Betrieb billiger werden. Er bedaure, daß es nicht gelungen sei, den Begriff genau klar zu stellen, was eine Bahn untergeordneter Bedeutung sei. Er selbst habe zwar auch kein Kriterium dafür finden können. Er könne nur . . ö 3 n den , . . erden möchten, und daß es gelingen möge, den Gesetzentwurf möglichst bald zu verabschieden. . ‚. 3
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Ich möchte an den letzten Punkt noch einmal wieder anknüpfen, um auch meinersr 3 meine Ueberzeugung dahin aus— zusprechen, daß dieses ganze Gesetz ein todter Buchstabe bleiben würde, wenn der Inhalt desselben so abschreckend und riskant für Communen, Kreise, Provinzen, einzelne Gemeinden und Unternehmer würde, daß sie Bedenken tragen, so viel Kapital in die Sache hineinzustecken, welches sie ja nicht wieder flüssig machen können. Dazu ist nach meiner Meinung erforderlich, daß man die Garantien giebt, daß die ertheilte Concession nicht unter Bedingungen wieder zurückgezogen werden kann, welche dem Concessionar zwar das Risiko des Unternehmens giebt, ihn aber in die Gefahr bringt, wenn das Geschäft gut geht, seinen Vor—⸗ theil zu verlieren. Unter solchen Umständen würden weder Communen noch einzelne auf derartige Unternehmen sich einlassen. Ich habe beobachtet aus meiner eigenen Praxis und bekenne mich sogar persönlich schuldig, in dieser Beziehung selbst verkehrte Dinge gemacht zu haben, daß gerade die Communen geneigt sind, die Bedingungen so zu stellen, in ihrem eigenen Vortheile, daß sie dem Unternehmer zwar gütig genug sind, zu gestatten, sein Kapital in die Sache hinein—⸗ zustecken, aber jederzeit die Hand darauf halten, um die Sache wieder an sich zu bringen, wenn das Geschäft eine gute Rente bringt. Ich glaube, wenn Sie sich die Vorlage genau ansehen, so werden Sie finden, daß die Königliche Staatsregierung auf das sorgsamste sich bemüht hat, diese Gefahr zu vermindern. Nur einen Punkt haben wir ausgenommen, aber auch mit solchen Cautelen umgeben, daß er abschreckend nicht wirken kann. Wir haben der Staatsregierung das Recht nicht beigelegt, die Rückgabe der Concession und die Uebertragung des Unternehmens an das Staatseigenthum aus dem Grunde zu fordern, wie das der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten schon betont hat, weil es eine gute Rente bringt. Wir ( gönnen dem Unternehmer, der das Risiko hat, auch die Vortheile, die es ihm bringt; und wenn er eine gute Rente er— reicht, während die Staatsregierung ja auf den Tarif einen Einfluß behält, so ist das ein Beweis, daß hier einem wirthschaftlichen Be— dürfnisse Befriedigung gewährt ist. Wenn die Staatsregierung von diesem Rechte der Rücknahme Gebrauch macht, so muß das allein auf die Voraussetzung gestützt sein, daß die allgemeine Entwickelung der Verhältnisse ein dringendes Bedürfniß herbeigeführt hat, diese Bahn— strecke in das allgemeine Verkehrsnetz hineinzuziehen. Nur unter dieser Voraussetzung kann der Staat die Zurücknahme fordern und dann unter voller Entschädigung. Ich erkläre ausdrücklich, daß ich unter voller Entschädigung verstehe nicht bloß die Taxation der Materialien und Baukosten, sondern die Entschädigung des vollen Werthes des Unternehmens. (Hört, hört) Das ist ein sehr bedeutender Unterschied. Man soll nicht einem Mann, der vielleicht zehn Jahre lang mit einem Deficit ge⸗ wirtschaftet, aber mit großen Opfern es dahin gebracht hat, die Bahn zu einer rentablen zu machen, einfach sagen: Jetzt wo die Bahn ren— tabel ist, wollen wir die Bahn übernehmen, und wir geben dir nur den Werth, der an Kapital und Material in der Bahn steckt; nein, wir wollen den vollen Werth als Entschädigung geben. Ich glaube also, in dieser Beziehung ist man doch sehr vorsichtig gewesen. Auch nach anderer Richtung hin hat die Königliche Staatsregierung zu erreichen gesucht, daß der Unternehmer nicht zu sehr belastet wird, namentlich auch gegenüber der Reichspost, aber auch gegenüber den Communen und gegenüber den Eigenthümern der Wegzüge. Es soll auch in dieser Beziehung die Entschädigung in höherer Instanz bei Streit⸗ fällen festgestellt werden, während bisher die Behörden annahmen, daß ein Wegeigenthümer beliebige Forderungen stellen könnte. Er war berechtigt, die Herstellung eines Bahnzuges auf seinem Wege überhaupt zu untersagen, folglich konnte er auch die Entschädigung beliebig hoch bemessen. Ich weiß aus Erfahrung, daß die Communen vielfach so weit gegangen sind, daß die Unternehmer sich deshalb von dieser Sache zurückzogen und sagten: unter diesen Umständen können wir das Unternehmen nicht wagen. Nun ist Ihre Commission, wie Herr Oberbürgermeister Becker schon erwähnt hat, in diesem Punkte noch einen Schritt weiter gegangen und hat den Unternehmern auch in dem Falle, wenn die Concession verfällt, eine Entschädigung zubilligen wollen. Das ist eine Frage, die auch von den Communen verschieden gehandhabt wurde. Denn wir haben bereits eine große Anzahl von Tertiärbahnen, beispiels⸗ weise in Frankfurt a. M. sind nach mehreren Seiten hin verschiedene so⸗ genannte Vorortsbahnen, die von den Straßen der inneren Stadt ausgehen, mit Dampf betrieben werden, und in die Vororte laufen und un— gemein segensreich wirken, weil sie ermöglichen, daß die großen Ar— beitermassen draußen billig wohnen können und sich nicht alles in der Stadt concentrirt und in die Stadt hineindrängt. Da sind, wie gesagt, die Communen nach meiner Meinung hier und da zu weit gegangen, aber es ist auch sehr verschiedenartig gehandhabt. In sehr vielen Concessionen ist einfach gesagt worden: wenn der Unternehmer seine Pflicht nicht erfüllt, verliert er seine Concession und das ganze Unternehmen fällt unentgeltlich an die Stadt zurück, oder: wenn eine auf Zeit gegebene Concession abläuft, so fällt das ganze Unternehmen nach Ablauf der Zeit unentgeltlich an die Commune. Ich glaube, daß es sehr schwer sein würde, in dieser Beziehung allgemeine Vorschriften zu geben; das wird von der Art der Concession und den sonstigen wirth⸗ schaftlichen Verhältnissen abhängen. Beispielsweise ist bei einer Con— cession, die auf 50 Jahre gegeben ist, der Unternehmer vollständig in der Lage, wenn er annehmen kann, daß das Unternehmen überhaupt prosperirt, sein ganzes Kapital zu amortisiren, und da wird er in der Regel wenig Widerstand leisten, wenn ihm gesagt wird: nach Ablauf
der 50 Jahre fällt das ganze Unternehmen unentgeltlich der Gemeinde