1892 / 84 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 Apr 1892 18:00:01 GMT) scan diff

oder dem Kreise zu. Ist dagegen die Concession kurz bemessen, muß der Unternehmer sich sagen, ob ich mein Kapital amortisiren kann in der furzen Periode, ob ich nicht fünf, sechs Jahre mit Verlust arbeite, und ob ich in der übrigen Zeit der Dauer meiner Con⸗ cessiöen in der Lage bin, mein Kapital zu tilgen, kann ich nicht übersehen da wird er sich weigern, unentgeltlich das Ganze der Commune zu überweisen. Also in dieser Beziehung, glaube ich, muß man etwas freie Bewegung geben, und unter allen Umständen zu sagen: bei allen diesen Concessionen, wie sie auch beschaffen sein mögen, soll das Unternehmen unentgeltlich an die Kommunen bei Ablauf oder bei Rücknahme der Concession anheimfallen, das, glaube ich, würde der erfahrene Herr Ober-Bürgermeister Becker auch nicht unbedingt vertreten.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Ich möchte mir gestatten, auf zwei von dem Herrn Ober-Bürgermeister Becker geäußerte Bedenken zurückzukommen. Der Herr Ober-Bürgermeister Becker hat die Frage angeregt, ob es es sich nicht empfehlen möchte, in 5 2 die Instanz des Regierungs— Präsidenten auszuschalten, da wo es sich nicht um Berührung mehrerer Kreise handelt, und eine Kunststraße benutzt werden soll. Daß die Genehmigung des Regierungs⸗-Präsidenten hier vorgesehen ist, selbst für den Fall, daß nur ein Kreis berührt, und in demselben eine Kunst— straße benutzt wird, beruht im wesentlichen auf der gegenwärtigen Organisation der Behörden. Der Regierungs⸗-Präsident hat seiner⸗ seits die Wegepolizei auf der Kunststraße, es würde also der Regie⸗ rungs-Präsident, wenn der Landrath die Entscheidung haben sollte, als Vertreter der Wegepolizei der Entscheidung des Landraths unter— stellt werden, und das hat der Staatsregierung nicht als angängig erschienen. Ob es vielleicht in Zukunft zulässig erscheint auf diesem Gebiete, die Zuständigkeit zwischen dem Regierungs-Präsidenten und dem Landrath anderweit zu ordnen, entzieht sich meiner Beurtheilung; so lange die Verhältnisse so liegen, wird die Zuständigkeit in dem Gesetzentwurf kaum anders zu regeln sein.

Dann hat der Herr Ober-Bürgermeister Becker geäußert, daß aus der Regierungsvorlage das Bedenken vielleicht entnommen werden könnte, daß in Zukunft die Staatseisenbahnverwaltung allerdings die Bahnen unterster Ordnung jedem überließe, der sie bauen wollte, dahingegen die Nebenbahnen ohne Ausnahme für sich in Anspruch nähme. Meine Herren, diese Absicht hat der Staatsregierung nicht innegewohnt; allein andererseits läßt sich in abstracto eine Ent— scheidung nicht treffen, ob eine Nebenbahn, also doch immerhin eine Bahn von nicht ganz localer Bedeutung, je nach Lage der Verhält— nisse einem Privatunternehmer überlassen werden kann oder nicht. Es wird in dem einen Falle die Staatsregierung ohne Bedenken die Bahn einem Privatunternehmer überlassen, es sind noch in der letzten Zeit in dieser Beziehung mehrfache Zustimmungserklärungen meiner— seits abgegeben worden, während in anderen Fällen die Staats⸗ eisenbahnverwaltung sich wird dagegen aussprechen müssen, daß die be⸗ treffende Linie einem Privatunternehmer überlassen wird, weil diese Linie sich als eine nothwendige oder doch mindestens sehr nützliche Ergänzung des gesammten Staatseisenbahnnetzes darstellt, oder weil strategische Rücksichten oder sonstige allgemeine Rücksichten dagegen sprechen, die Bahn in eine andere Hand zu legen als in die des Staats.

Der Herr Ober⸗-Bürgermeister Becker hat dann noch sein Be— dauern darüber ausgesprochen, daß der Begriff „Bahnen unterster Ordnung“ nicht genau definirt worden ist. Dieses Bedauern ist von der Commission getheilt worden und in den ersten Anfängen der Construction des Gesetzentwurfs auch wohl von der Staatsregierung. Die Staatsregierung hat allmählich sich dann über diesen Mangel be⸗ ruhigt und geglaubt, daß man auch ohne die Begriffsdefinition zu einem zweckmäßigen Gesetzentwurf kommen könnte. Ich bin in dieser Auffassung durch Herrn Ober-Bürgermeister Becker sehr beruhigt worden, denn er hat seinerseits auch keine Vorschläge machen können. Ich möchte dazu noch bemerken, daß diese Frage auch in dem italieni⸗ schen Parlament zu sehr weitgehenden Debatten geführt hat. Das italienische Parlament hat nämlich zur Zeit auch einen Gesetzentwurf über die Bahnen unterster Ordnung Vieinalbahnen, wie sie dort genannt worden sind berathen, und ist, wenn ich nicht irre, das Gesetz bereits verabschiedet. Man ist da, den individuellen Verhält— nissen entsprechend, allerdings zu einer Definition gekommen, die aber für unsere Verhältnisse absolut unannehmbar sein würde, und diese Definition geht dahin, daß zu den Bahnen unterster Ordnung diejenigen zu rechnen sind, die auf den vorhandenen Straßen gebaut werden, ohne daß der Straßenverkehr von dem Bahnverkehr in irgend einer Weise abgegrenzt wird, ohne daß für den Bahnkörper eine höhere Lagen eine Abgrenzung durch einen Zaun oder sonst Etwas einträte. ist für die italienischen Verhältnisse vielleicht in den meisten Fällen ausreichend; für uns aber würde es absolut ebensowenig passen, als die Unterscheidung nach Spurweite, oder die Unterscheidung nach der Geschwindigkeit, die auch von verschiedenen Seiten vorgeschlagen ist, und wir werden uns daher wohl in diesem Falle, obwohl, ich gebe das zu, es gegen den Strich eines jeden guten Deutschen geht, dabei beruhigen müssen, daß über den Begriff der Bahnen unterster Ordnung in dem Gesetze keine präcise Definition enthalten ist.

Damit schließt die Generaldiscussion.

Die Commission schlägt folgende Resolution vor:

Die Staatsregierung zu ersuchen, den Provinzen durch den nächstjährigen Etat einen Betrag zur Unterstützung des Ausbaues von Bahnen unterster Ordnung überweisen zu wollen.

Fürst von Hatzfeldt beantragt, die Resolution zu fassen,

wie folgt: . Bie Staatsregierung zu ersuchen, in das Ordinarium des Etats einen angemessenen Betrag einzustellen als Dispositions— fonds des Ministers der öffentlichen Arbeiten zur Subventionirung von Eisenbahnunternehmungen unterster Ordnung. Bei 5 JI bemerkt ß . Graf von Mirbach: Der §1 construire ein ganz neues Princip. Auch unter dem gegenwärtigen Zustande habe sich unser Eisen⸗ bahnwesen ganz colossal entwickelt, auch ohne dieses Gesetz seien Local⸗ bahnen gebaut worden. Dem Minister der öffentlichen Arbeiten erwidere er, daß die im Osten gebauten Bahnen strategische Bahnen seien, oder zur Aufschließung Königlicher Forsten dienten. Der Erfolg der Vorlage werde sein, daß in den Industriebezirken die Bau⸗ thätigkeit bezüglich der Tertiärbahnen zunehme, während in den ärmsten Landes theilen gar feine Bahnen mehr gebaut werden würden. Er fürchte, daß er darin Recht behalten werde, wolle sich aber freuen, wenn er sich irre. Finanz⸗-Minister Dr. Miquel: ) ? Ich möchte Sie bitten,

zunehmen. Was sind denn diese

rein localer Bedeutung, welche deswegen den Charakter auch ohne Ihre logische Definition von Tertiärbahnen behalten und anerkannt werden als solche, weil sie kein allgemeines öffentliches Interesse haben. Wenn Sie nun dem Staat, dem doch nicht einmal die Wegebaulast mehr obliegt, die derselbe auf die Provinzen übertragen hat, auferlegen, Subventionen für diese rein localen Interessen zu geben, so werfen Sie dadurch den ganzen Charakter dieses Gesetzes um. Der Staat will sich eben nur mit großen Linien und Secundärbahnen beschäftigen, welche direct auf die großen Linien Einfluß üben, damit in Zusammenhang stehen, als Anschluß an Bahnen den Verkehr auf den großen Linien befördern, Tertiärbahnen sind eben solche, die diesen Charakter nicht haben, sondern rein locale Bedeutung. Wir haben den ganzen Wegebau auf die Provinzen übertragen. Tertiärbahnen treten sehr häufig, gewissermaßen an die Stelle der Chausseen. Sie haben sogar auf die Unterhaltungslast der Chausseen eine sehr große Wirkung. Wenn ich nicht irre, ist sogar in der Rhein— probinz das System praktisch geworden, die Secundär⸗ bahnen so weit zu unterstützen mit provinziellen Mitteln, als dadurch Unterhaltungskosten der Chausseen gespart werden. Auf einmal sollen wir hier den Sprung machen, für die rein localen Interessen die Generalstaatskasse in Mitleidenschaft zu ziehen. Was würde der Er⸗ folg in der Praxis sein? Ich will einmal annehmen, wir stellen die 10 Millionen ein für solche Bahnen unterster Ordnung: Diejenigen werden an den 10 Millionen den Haupttheil haben, die am schnellsten zu dem Bau von Tertiärbahnen übergehen, die am besten ihre bedürftige Lage zu schildern wissen. Es wird da nach dem alten Liede gehen: Wer zuerst kommt, der mahlt zuerst, und gerade die ärmeren Landes⸗ theile könnten dadurch gefährdet werden, wie ja Herr Graf von Mirbach der Meinung ist, daß diese am wenigsten von dem eigenen Bahn⸗ bau Gebrauch machen können. Ich kann mir denken, daß es Fälle giebt, wo die Frage entsteht, ob eine solche Tertiärbahn nicht doch einmal ein allge⸗ meines Interesse hat, wo man in Aussicht nimmt, sie demnächst in das all⸗ gemeine Staatsbahnnetz einzufügen, daß da der Staat im einzelnen Falle einmal ein Interesse haben kann, durch eine solche Unter— stützung eine Tertiärbahn zu stande zu bringen, die auf andere Weise nicht zu stande gebracht werden kann. In einem solchen Falle greift dasjenige Verfahren Platz, das überhaupt bei Bewilligungen zur Anwendung dieser Art kommt, es werden diese speziellen Unterstützungen in den Etat eingestellt, sie würden auch besonders begründet werden müssen. Da können die anderen Landestheile sich hören lassen, und da können die ein— zelnen Kreise zu ihrem Rechte kommen. Ich bitte daher dringend, abgesehen von der gegenwärtigen Finanzlage, die eine solche neue Be⸗ lastung nicht verträgt, schon aus diesen grundsätzlichen Gesichtspunkten die Resolution abzulehnen und doch nun einmal erst die Erfahrung abzuwarten, wie sich die Praxis auf Grund dieses Gesetzes gestalten wird, und nicht die Thätigkeit der privaten Kräfte in Kreisen und Provinzen zu stören, wenn die Bahnen auch ohne Hilfe des Staats gebaut werden können. Derartige Subventionen des Staats für solche Unternehmungen führen schließlich nothwendig dahin, daß der Staat in diese Unternehmungen eindringen muß, daß er wieder an— fangen muß zu verwalten, daß er controliren muß, wie mit seinem Kapital verfahren wird, und wir kommen allmählich wieder aus der Selbstverwaltung in die staatliche Bevormundung, selbst bezüglich dieser rein localen Institute. Das, glaube ich, wäre geradezu eine Gefahr für diese Entwickelung, die auf der freien Selbstverwaltung beruhen soll, wenn Sie den Staat aufs neue, und zwar gleich von Anfang an hineinziehen. Ich bitte also, diese Resolution abzulehnen.

Graf von der Schulenburg-⸗Beetzendorf: Der Vergleich mit der Ueberweisung der . sei nicht ganz zutreffend, denn die Staatsstraßen seien auf die Provinzen mit Staatsdotation über— nommen worden. Deshalb sei es nicht von der Hand zu weisen, daß der Staat auch für den Tertiärbahnbau Mittel überweise. Die Ver— theilung auf die einzelnen Provinzen werde allerdings sehr schwierig sein, wie die Erfahrungen mit der 16x Huene zeigten. Allerdings würden die Gegenden mit dem stärksten Verkehr immer etwas an Subventionen erhalten, während die weniger verkehrsreichen Landes— theile am schlechtesten fortkämen. Er stimme deswegen gegen die Resolution.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Herr Graf von der Schulenburg-Beetzendorf hat mich miß— verstanden, wenn er die Analogie, die ich gezogen habe, so interpretirte, wie er es gethan hat. Ich habe gesagt: wir haben den gesammten Wegebau auf die Provinzen übertragen, weil dieser Wegebau eine locale oder provinzielle Natur hat und weil wir wünschten, daß die Nächstbetheiligten sich diesem Verwaltungszweig unterziehen sollten, in dem Glauben, sie thäten es am besten. Nun sage ich, diese Tertiärbahnen stehen mit der Unterhaltung der Straßen in aller— engstem Zusammenhange. Deswegen ist es nicht richtig, in diese Verwaltung hier den Staat hineinzubringen, was unzweifelhaft eintreten würde, wenn der Staat anfängt, Unternehmungen dieser Art mit Geld zu unterstützen. Außerdem lag damals hin⸗ sichtlich der Chausseen die Sache anders. Der Staat hatte die Verpflichtung, die Chausseestrecken zu unterhalten, und wenn andere die Unterhaltung übernahmen, so hatte er sie zu entschädigen. Hier aber hat der Staat gar keine Verpflichtung. Bis jetzt hat er über— haupt solche Tertiärbahnen nicht gebaut, er hat daher auch keine zu unterhalten; er überträgt keine vorhandenen Objecte, die Lasten ver⸗ ursachen, auf andere Schultern. Ich benutze hier die Gelegenheit, um dem Herrn Grafen Mirbach auf seine Bemerkung zu antworten, daß das Gesammtkapital des Landes, denn so verstand ich ihn, ja doch in derselben Weise in Anspruch genommen wird, wenn der Staat baut oder wenn der Einzelne baut. Da habe ich einfach zu erwidern, daß das ganz unbedenklich ist, das Kapital in solcher nutzbringenden und culturellen Weise im Inlande productiv zu beschäftigen. Das bedauere ich gar nicht. Wenn aber der Staat nur Secundärbahnen baut und keine Tertiärbahnen, dann tritt der Fall ein, daß für denselben Zweck ein Drittel Kapital etwa mehr gebraucht wird. Ich behaupte, daß die Tertiär⸗ bahnen vielen localen Zwecken genau so gut dienen, wie Secundär⸗ bahnen, wenigstens annähernd so gut, daß sie aber viel weniger Kapital erfordern, als die Secundärbahnen. Es ist also auch nicht zutreffend, daß es für den Verbrauch des Gesammtkapitals im Lande gleichgültig wäre, ob bestimmte Strecken in Form von Tertiärbahnen oder von großen Linien gebaut werden.

Sz 1 wird darauf unverändert angenommen. Bei 5 2, welcher vorschreibt, wer die Genehmigung zu

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ertheilen hat, wendet sich . Ober⸗Bürgermeister Becker dagegen, daß nicht die Polizeibehörde, sondern der Regierungs⸗Präsident die Genehmigung ertheilen solle,

soweit bei Bahnen ohne Maschinenbetrieb Kunststraßen benutzt würden. 2

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Ich mache darauf aufmerksam, daß es im 57; des Gesetzentwurfs und zwar in der Einleitung desselben heißt: „Vor Ertheilung der Genehmigung ist die zuständige Wegepolizeibehörde, und wenn die Eisenbahnanlage sich dem Bereich einer Festung nähert, die zustãndige Festungsbehörde zu hören.“

Also die zuständige Wegebau⸗Polizeibehörde ist jedenfalls zu hören. Es ist diese Bestimmung aufgenommen, weil die Wegepolizeibehörde ein dringendes Interesse daran hat, daß für den Landverkehr der Weg immerhin noch nutzbar sei, daß die Tertiärbahnen, die sich auf den Weg auflegen, die ursprünglichen Zwecke des Weges nicht so weit benachtheiligen, daß alsdann der gewöhnliche Landverkehr sich nicht mehr ordnungsmäßig und mit Sicherheit darauf bewegen kann. Deswegen ist angenommen worden, daß es nothwendig sei, die Wegepolizeibehörde vor Ertheilung der Genehmigung zu hören. Ich glaube auch, daß das richtig ist. Wenn das aber richtig ist, so würde gerade der Fall eintreten, den ich vorhin erwähnt habe, daß, wenn der Landrath die Genehmigung zu ertheilen hätte, er zunächst den Regierungs⸗Präsidenten über seine Ansicht zur Sache zu befragen und dann seine Entscheidung zu treffen hätte. Es würden' also in diesem Falle zwei Behörden zusammenwirken müssen, der Landrath und der Regierungs-Präsident und es würde der auch hier immerhin doch nicht angenehme Fall eintreten, daß der Landrath den Regierungs— Präsidenten als den Vertreter der Wegepolizeibehörde vor sein Forum eitirte. Deswegen ist es einfacher und angemessener erschienen, die Sache so zu ordnen, wie es im Gesetzentwurf geschehen ist.

Sz 2 wird darauf in der Fassung der Commission ange— nommen, desgleichen die übrigen Paragraphen der Vorlage.

Fürst von Hatzfeldt: Der Staat habe eine moralische Ver— pflichtung zur Subventionirung von privaten Eisenbahnunterneh⸗ mungen. 2 eine Localbehörde im stande sei, das Bedürfniß der einzelnen Provinzen in gerechter Weise abzuwägen, sei nicht zu⸗ treffend. Es bestehe im preußischen Etat bereits eine Analogie eines solchen Dispositionsfonds. Der Minister der Landwirthschaft erhalte jährlich eine Summe von 500 000 S zur Subventionirung von kleineren Flußregulirungen. . 2

Graf zu Inn- und Knyphausen spricht sich gegen den An— trag Hatzfeldt aus. Wenn dieser angenommen werde, so werde eine große Zahl von ähnlichen Anträgen auf den Minister losgehen.

Nachdem sich noch Graf von Mirbach für den Antrag Hatzfeldt ausgesprochen, wird der Antrag nebst dem Com⸗ missionsantrage abgelehnt.

Schluß 5 Uhr.

Handel und Gewerbe. Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Qberschlesie n. An der Ruhr sind am 5. d. M. gestellt 9329, nicht recht⸗ zeig gestellt keine Wagen. In Oberschlesten sind am 4. d. M. gestellt 3599, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Zwangs-Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin stand am 4. April 1892 das Grundstück in der Rykestraße 6, dem Zimmer⸗ meister C. F. L. Müller, hier, gehörig, zur Versteigerung; Mindest— gebt 1400 Se; für das Meistgebot von 162 000 M wurde der Destillateur Carl Schley, Schwedterstraße 240, Ersteher. Auf⸗ gehoben wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung, betreffend die Grundstücke Wöhlertstraße 15, dem Kaufmann Paul Timm zu Schöneberg gehörig, sowie Rügenerstraße 6, dem Architekten Fritz Lucas und dem Malermeister H. Moll gehörig.

Bei der in München abgehaltenen Kohlenverdingung der bayerischen Staatsbahnen wurden der „Köln. Ztg. zufolge für Ruhrkohlen von Händlern und Zechen, soweit bis jetzt bekannt, 131 bis 14 ½ per Tonne frei Eisenbahnwagen Gustavsburg gefordert.

Die Direction der Aachener und Münchener Feuer⸗ Versicherungsgesellschaft wird die Vertheilung einer Dividende von 460 MS, die Direction der Aachener Rückversicherungs- gesellschaft eine selche von 120 pro Actie bei der General— versammlung in Vorschlag bringen.

Leipzig, 5. April. (W. T. B.) Kammzug-Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. per April 3,629 . per Mai 3,85 S, per Juni 3,90 AM, per Juli 3,925 „„, per August 3,95 A6, per September 3,95 S, per Oktober 3 95 M, per November 3,95 A6, ver Dezember 3,97 Æ„, per Januar 3,97 , per Februar 3,979 0 Umsatz Jg0 G00 kg.

London, 5. April. (W. T. B.) Wollauction. Wolle stramm, Preise anziehend, Scoured und Schweißwolle gefragter, deutsche Käufer zahlreicher. ,

An der Küste 3 Weizenladungen angeboten.

Manchester, 5. April. (W. T. B.) 121 Water Taylor H5t, 30r Water Taylor 7. 20r Water Leigh 55, 30 Water Clayton 67, 32r Mock Brooke 63, 40r Mayoll 63, 40r Medio Wilkinson?“, z2r Warvcops Lees 64, 36r Warpcops Rowland 7, 40r Double Weston 74, 60r Double courante Qualität 105, 32 116 vards 160 16 grey Printers aus 32r[46r 144. Ruhig. ;

Glasgow, 4. April. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 6576 Tons gegen 4547 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Amsterdam, 5. April. (W. T. B). Die heute von der Niederländischen Handelsgesellschaft abgehaltene Auction über 245 351 Ballen Java⸗ 52 Ball. und 60 Kisten Padang⸗ Kaffee ist wie folgt abgelaufen. Es wurden angeboten: 15 Ball., 60 Kisten Padang W. J. B. Taxe 68 à 70 C., Ablauf 674 à 683 C-, 5500 Ball. Java Preanger Taxe bg à 62 C,, Ablauf 543 à 63 C., 1989 Ball. do. Tagal Taxe 61 à 64 C., Ablauf 58 3 614 C. 12623 Ball. Bezoekie Taxe 56 C., Ablauf 54 àz hat, C., 1975 Ball. do. Probolingo Taxe 535 à 54 C.,. Ablauf 53 à 55 C. 7613 Ball. do. . Tare 534 à 543 G., Ablauf 525 à 535 C., 1689 Ball. do. Solo Taxe 52 à 533 C., Ablauf, 50 à 52 C,, 3057 Ball. do. blaß grünlich Taxe 515 ä, 54 C., Ablauf olg à 5341 C., 274 Ball. do. Ordinär u., Triage Taxe 42 C., Ablauf 445 C., 29 Ball. do. B. S. und Diverse.

stew-⸗York, 5. April (W. T. B., Die Fondsbör e er— öffnete in sehr fester Haltung, später trat Ermattung ein, die bis zum Schluß anhielt. Der Umsatz der Actien betrug 347 990 Stück. Der Silbervorrath wird auf 3300000 Unzen geschätzt. Die Silber verkäufe betrugen 75 000 Unzen.

Der Werth der in der, vergangenen Woche ausgeführten Pro duet e betrug 7857272 Dollars gegen 7075 735 Dollars in der Vorwoche. .

Weizen-Verschiffungen der lehten Woche von den

atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten nach Groß— britannien 67 O9), do. nach Frankreich 64 000, do. nach anderen Häfen des Continents 192 609, do. von Californien und Oregon nach Großbritannien 365 000, do. nach anderen Häfen des Conti⸗ nents Qrts. New York, 5. April. (W. T. B.) Die von der Legislatur in New⸗Jersey angenommene Vorlage, wonach das zwischen der Philadelphig und Reading-Eisenbahn. und anderen Anthracitkohle befördernden Eisenbahnen abgeschlossene Ueberein⸗ kommen genehmigt wird, wurde von dem Gouverneur New Nerseys mit dem Veto belegt. Die amerikanischen Cisenbahnen waren in— folgedessen an der Londoner Börse etwas schwächer.

Zweite Beilage

zun Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

2 S4.

Berlin, Mittwoch, den 6. April

1892.

Deutsches Reich. 3 dermengen,

3

Zeit vom 16. bis 31. März 1892 innerhalb des deutschen Zollgebiets mit dem Anspruch auf Steuervergütung

die n 1 und aus Niederlagen gegen Erstattung der Vergütung in den inländischen Verkehr zurückgebracht worden sind.

abgefert

a: Rohzucker von mindestens 90 Proc. Zuckergehalt und raffinirte Zucker von unter 98, aber mindestens

90 Proc. juckergealt b: E

sogenannte Crystals 2e. C.:

Candis und Zucker in weißen vollen harten Broden ꝛc.,, oder in Gegenwart der Steuerbehörde zerkleinert,

Aller übrige harte Zucker, sowie aller weiße trockene (nicht über 1 Proc. Wasser enthaltende) Zucker in

Krystall⸗ Krümel- und Mehlförm von mindestens 98 Proc. Zuckergehalt.

z Mit Anspruch auf Steuervergütung wurden abgefertigt

Aus öffentlichen oder Privat— Niederlagen wurden gegen Er—

Verwaltungs-⸗Bezirke.

zur unmittelbaren Ausfuhr

stattung der Vergütung in den inländischen Verkehr zurückgebracht

zur Aufnahme in eine öffentliche oder eine Privat⸗Niederlage

.

1060 kg netto.

Preußen. Provinz Westpreußen.....

1 Schlesien . Sachsen, einschl. der Fürstl. schwarzb. Unterherrschaften. 10631 Schleswig⸗Holstei n... 15 k . m ; Rheinland.. ; .

3821 686548 990 16 33 1695 5066 6 126

12333 12761 36003 18279

1256 1700.

Sa. Preußen

Bayern.. ; ö 1000

( ahsen⸗ KJ ö J . 1000

Dessen Hicklenburg Braunschweig . ; K 1618 1 ; . 4170 Bremen.. d 12899

burg k 4 75 624

10 603 63 985

13

n ,, 166 967 Hierzu vom 1. August 1891 bis 15. März /

13497 41605, 1129 26 42365 2 C05 752 329 921 19636 24268

J . 2452 046 1108 90

Zusammen vom 1. August 1891 bis 31. März ͤ J In demselben Zeitraum des Vorjahres“) 2 437 472 1 387 426

2047 3565 357 579 3 4960 1565 363 145 21 346

20 765 245335 1655 0065 5 836

*) Die Abweichungen von der vorjährigen Uebersicht beruhen auf nachträglich eingegangenen Berichtigungen.

Kaiserliches Statistisches Amt. von Scheel.

Berlin, im April 1892.

Revisionsentscheidungen, Bescheide und Beschlüsse des Neichs⸗Versicherungsamts, Abtheilung für Inwaliditäts⸗ und Altersversicherung.

LHR9) Eine Arbeiterin hatte zum Zwecke der Erlangung einer Altersrente nachgewiesen, daß sie vom 1. Juli 1887 bis zum J. März 1889 krank und erwerbsunfähig gewesen war, demnächst aber bis Ende 1890 91 Wochen hindurch in versicherungspflichtiger Beschäftigung gestanden hatte und diese auch noch im Jahre 1891 ausübte. Entgegen den Vorinstanzen hat das Reichs-Versicherungsamt durch Urtheil vom 4. Januar 1852 der Klägerin die Rente zuerkannt. Nachdem in den Gründen zunächst ausgeführt worden, daß wie bereits in der Re— disiongentscheidung 93, Amtliche Nachrichten des R. V.⸗A. J. u. A-V. 1863 Seite 5. näher dargelegt worden von der nachgewie— senen Krankheitszeit gemäß S5 17 Absatz 4 und 158 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgefetzes jedenfalls nur ein Jahr als Arbeitszeit angerechnet werden könne, heißt es weiter: Die Revision ist infofern begründet, als jener einjährige Zeitraum nicht, wie es das Schieds— gericht gethan, vom 1. Juli 1837, sondern erft vom J. Januar 1888 ab berechnet werden darf. Bereits in der Revisionsentscheidung 84 Umtliche Nachrichten des R- V. A. J. u. A.- V.“ 186 e 158) ist ausgeführt, daß eine unter 5 115 des In— . ö Altersber icherungsgefetzes fallende Arbeitsunter⸗ , wenn, ihr Beginn vor dem 1. Januar 1888 liegt Ir e ö. 1 158 4. a. . anrechnungsfähig ist, und dieser Fundenen 2 für, die mit Erwerbzunfähigkeit ber= heit ed, er gelten müssen, sofern, die durch die Krant⸗ pit un, ln e , igung im Falle des Bestehens des Invali— . Ber ern e i herne ge e an lch geeignet gewe en wäre, nicht bestrstten , . 13m . . 185. vol cm heit 9 V, igkeit, welche die Klägerin im Jahre 13 Por Eintritt der fraglichen Krankheit ausgeübt hat, derart war, ,. ö , Inkrafttreken des Gesetzes bie Versicherungspflicht w ö tn, denn aber das Schiedsgericht mit Rück e, darauf, daß die Krankheit bereit; am 1. Fuli iss7 begonnen . JJ . . il . , , n, a n g fen und der Klägerin nur so ist übersehen daß für die Anrech . a, . . haupt nur die Zeit vom ĩ a,, . auf die, Warte eit über⸗ während die weiter urlicklie ende geit . . Bet echt ö des Arbeits verbal rr uche r demett lediglich, auf die Beurtheilung n . gerhältnisses, das die Unterbrechung erlitten hat, von Ein—

fluß, ist. Sollen, wie von dem Gesetzgeber beabsichtigt; die Vor—

schriften üb ̃ U .

. ö. ee e rehm, ven Krankheiten in gleicher Weife

würde ö eine g g gg . ür, die nachgesetzliche Zeit gelten, so

Klägerin auf die n Fenn leichen darin liegen, wenn man der

1855 bis 18h0 nur 26 . ein in Betracht kommende Zeit der a 1h

af . ; Jochen in Anrechnung brin— ; an,, , in Anrec gen wollte, währen bei derselben Krankheit, wenn sie in die Zeit . Inkrafttret. des Gesetzes gefallen wäre ili Föitzangch deim Inkrafttreten en, nnn, , unzweifelhaft 52 Wochen hätten angerechnet erden onen. zelangen, nun von der dis zum 1. März 1889 dauernden . der Klägerin he Wochen zur Anrechnung, fo ift K . . 6 . Puten Git niche enen 8 2 6 n B 4. B h z 3 m vorgeschriebene Zahl von

1H 20) In einer Altersrentensache, daß die Klägerin von ihrem lr e ger J . nur geringe Beträge baaren Geldes erhielt, außerdem aber von den Aftermiethern desselben für gelegentliche Dienstleistungen regelmäßige Trinkgelder in Höhe von 1 6 bis 1 6 50 Z monatlich bezog, har

das Reichs-Versicherungsamt in der Revisionsentscheidung vom 7. Ja— nuar 1892 angenommen, daß diese Trinkgelder als Iden des von dem Arbeitgeber gewährten Lohnes anzusehen seien, wodurch die Anwendung des F 3 Absatz 2 des Invaliditäts- und Alters— versicherungsgesetzes ausgeschlossen werde. In den Gründen des Urtheils heißt es u. a.: Auf dem Gebiete der Unfallversicherung hat das Reichs-Versicherungsamt wiederholt anerkannt, daß auch die dem Arbeitnehmer aus Anlaß feiner Arbeit und mit Rücksicht auf dieselbe von dritter Seite, insbesondere in Form von Trinkgeldern der Kunden des Arbeitgebers zufließenden Nebeneinnahmen als ein Theil des Lohns anzusehen sind, wenn sie einen dem Arbeitsverhältniß eigenthümlichen regelmäßigen, wenn auch in seiner Höhe schwankenden wirthschaft— lichen Vortheil darstellen, auf welchen, wenn auch nur stillschweigend, bei Vereinbarung der Lohnbedingungen zwischen Arbeitgeber und Ar— beitnehmer Rücksicht genommen worden ist. Dieser Grundsatz, dessen Uebertragung auf den Lohnbegriff des Invaliditäts- und Altersver— sicherungsgesetzes unbedenklich erscheint, auch bereits in dem Bescheide 48, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A. J.‘ u. A. -V.“ 1892 Seite 158 anerkannt worden ist, muß in dem vorliegenden Falle dazu führen, bei Ermittelung des Betrages des Arbeitsentgelts, welches die Klägerin von ihrem Dienstherrn bezog, die „Trinkgelder“ der Aftermiether mit in Betracht zu ziehen. Der Umstand, daß die Aftermiether die Klägerin in der Mehrzahl der Fälle unmittelbar mit den Dienstleistungen beauftragt haben mögen, steht dem nicht entgegen, da das Verhältniß zwischen dem Miether eines möblirten Zimmers und dem Vermiether es mit sich bringt, daß der Letztere durch das Personal, welches die gewöhnliche tägliche Bedienung ausführt, auch kleinere Botengänge außer dem Hause, geringere Naäͤharbeiten u. s. w. besorgen läßt, sei es ohne besondere Vergütung als Theil der ausbedungenen Bedienung, sei es gegen ein in seiner Höhe durch den allgemeinen Brauch be— stimmtes, in jedem Einzelfalle an das Dienstpersonal zu entrichtendes Entgelt. Es würde der Anschauung des Verkehrs widersprechen, auch zu einem versicherungsrechtlich unerwünschten Ergebniß führen, wenn man derartige Nebeneinnahmen einer Dienststelle als einen Lohn für eine nebenher für dritte Arbeitgeber geleistete besondere Arbeit an— sehen wollte.

E21) Auf Anregung von betheiligter Seite hat das Reichs⸗ Versicherungsamt den Vorständen der von ihm ressortirenden Ver— sicherungsanstalten unter dem 16. Januar 1892 anempfohlen, die zu den Anträgen auf Bewilligung einer Altersrente eingereiche Quittungs— karte Nr. 1, sofern dieselbe einen anderen Namen als den der fest⸗ setzenden Versicherungsanstalt trägt, nach Abschluß des Verfahrens derjenigen Versicherungsanstalt zu übersenden, deren Namen am Novpfe der Karte eingetragen ist. Für dieses Verfahren spricht der Umnstand, daß durch die Bewilligung der Altersrente das Versicherungsverhältniß des Rentenempfängers an sich nicht beendigt wird, und daß die Auf⸗ bewahrung der saͤmmtlichen Quittungskarten eines Versicherten an einer, gemeinfamen Stelle im § 107 des Invaliditäts., und Alters= verficherungsgesetzes vorgeschrieben ist. Selbstverständlich kann die Ucbersendung der Quittungskarte erst erfolgen, nachdem das Renten⸗ feststellungsperfahren und die Rentenvertheilung endgültig abgeschlossen ift. Um ferner die aufbewahrende Versicherungsanstalt über, den Stand der Sache zu unterrichten und gleichzeitig den Wegfall der Altersrente bei etwaiger späterer Bewilligung von Invalidenrente zu ermöglichen (5 29 Absatz ? a. a. D.), wird es erforderlich sein, daß die festsetzende Versicherungsanstalt bei Uebersendung der Quit⸗ tungskarte auf dieser selbst oder einer Anlage die Bewilligung der Altersrente vermerkt. Ebenso wird von einer etwaigen Ab— lehnung der Alters, oder Invalidenrente Notiz zu nehmen sein, indem hierdurch ein Anhalt gewonnen wird, einer unzuläsigen Wiederholung des Rentenantrages entgegenzutreten (8 84 a. a. O.).

E22) Zur Aufbringung der Invaliditäts- und Altersrenten, welche auf Grund der vollftreckbaren Festsetzung einer Versicherungs⸗ anstalt ausgezahlt, in einer höheren Instanz aber eaberkannt worden Ind ist im Falle der Unmöglichkeit der Wiedereinziehung der gezahlten ö träge auch das Reich gemäß 8 26 Absatz 3 des Invaliditãts⸗ und Alters bersich tungs ge etzes heranzuziehen. Von einer Vertheilung Der vorerwähnten Nentenbeträge auf eine etwaige Mehrzahl von Versicherungsanstalten kann Abstand genommen werden. Abgesehen davon, daß gemäß 8V und 89 des Invaliditäts- und Altersver— sicherungsgeseßes nur die Vertheilung von- rechtskräftig bewilligten Renten zugelassen ist, während es sich hier um Rentenbewilligungen hanzelt⸗ welche infolge n gh tscheidung der höheren Instanz die Rechte kraft nicht beschritten habn, würde eine Betheiligung mehrerer Versicherungsanstalten in vielen Fällen praktisch nicht durchführbar sein, da mit der Aberkennung der Rente die Ungültigkeit der Ver— theilungsunterlagen nicht selten verknüpft sein wird. Auch würde, wenn die Vertheilung auf mehrere Versicherungsanstalten erfolgen sollte, der Fall nicht ausgeschlossen sein, daß, wenn die Bescheinigungen, welche der Rentenfestsetzung zu Grunde gelegen haben, für ungültig erklärt werden, aus Anlaß etwaiger früherer Bescheinigungen aus dem Bezirk einer fremden Versicherungsanstalt die letztere allein zur Auf— bringung der Rente, somit zur Tragung der Folgen der Fehler der festsetzenden Versicherungsanstalt verpflichtet sein würde. (Bescheid vom 18. Januar 1892.) . .

N (123) In einer Rentenvertheilungssar ze hatte die festsetzende Versicherungsanstalt A gemäß 8 160 Absatz 2 des Invaltditäts- und Altersversicherungsgesetzes eine Reihe die Versicherungsanstalt B be— lastender Arbeitsnachweise beigebracht und in einer an das Rechnungs— bureau gerichteten Zuschrift die Erklärung abgegeben, daß fie sich „hinsichtlich der durch Arbeitsbescheinigungen nicht belegten Zeit, in welcher aber der, Rentenempfänger nach seiner eigenen Äussage in ihrem Bezirk beschäftigt. gewesen sei, als belastet er achte. Demgemäß hatte das Rechnungsburegu in der nunmehr aufgestellten Rentenvertheilung die festsetzende Versicherungsanstalt nach Verhältniß derjenigen Zeit⸗ räume belastet, auf welche die vorstehenden Voraussetzungen zutreffen. Gegen diese Rentenvertheilung erhob die Versicheru sstalt Wider⸗ spruch mit dem Antrage, lediglich auf Grund der gei S 161 a. a. D. thatsächlich beigebrachten Arbeitsnachweise eine anderweite Vertheilung herbeizuführen. Bei der in dem gedachten Schreiben zum Ausdruck . freiwilligen Uebernahme der auf gewisse Zeiten entfallenden Rentenantheile sei sie davon ausgegangen, daß das gleiche Verfahren gegenüber der Versicherungsanstalt i zur Anwendung gelangen werde. Sofern diese es ablehne, die für sie selbst in Betracht kommenden Zeiträume zu ihren Lasten zu übernehmen, müsse auch die Versiche—⸗ rungsanstalt A sich für berechtigt erachten, die ihrerseits ertheilte Zu— sage mangels Erfüllung der stillschweigenden Erwartung, unter welcher dieselbe abgegeben worden sei, zu widerrufen. Es rspreche dem Gesetz der Billigkeit, nur der einen Anstalt anzusinnen, daß sie ein als ausreichend

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für die Vorbehaltserklärung verstrichen, sei sie nicht

mit der Zurücknahme jenes Anerkenntnisses ei

klären. Nachdem das Rechnungsbureau die

Anerkenntnisses aufgestellte Rentenvertheilung

halten hatte, ist der hiergegen von der Versicherungs ahnt em n wah 3 a. e... hobene Widerspruch durch Beschluß vom 4. März 1892 aus folgenden Gründen verworfen worden: Zunächst unterliegt es keinem Bedenken, das in dem Schreiben der Versich instalt enthaltene Anerkenntniß als Grundlage für die Be g bei der Renten⸗ vertheilung anzusehen. Wenngleich in den 88 160 und 161 des In— validitäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes ie in bestimmter Form aufgestellten Bescheinigungen als für die Rentenvertheilung maß⸗ gebend erwähnt sind, so schließt dies doch nicht aus, daß außerdem noch andere, jenen Bescheinigungen an Zuverlässigkeit gleichkommende Grundlagen für die Vertheilung zugelassen werden. Bereits in einer früheren Entscheidung hat das Reichs-Versicherungsamt a sprochen, daß unter anderem auch diejenigen Zeiträume bei der Renten⸗ vertheilung zu berücksichtigen seien, während deren das Vorliegen versicherungspflichtiger Arbeits- oder Dienstverhält⸗ ie iht n, en beigebrachten Arbeitsbescheinigungen zu entnehmen, sondern in einem Urtheil des Schieds⸗ gerichts oder des Reichs⸗Versicherungsamts festgestellt worden ist. In gleicher Weise werden auch Anerkenntnisse der Versicherungs⸗ anstalten, welche von den Vorständen der letzteren auf Grund that⸗ sächlicher Ermittelungen abgegeben worden sind, den unter § 161 a. a. O. fallenden Bescheinigungen gleichgeachtet werden müssen: anderen⸗ falls würde man eine Versicherungsanstalt ohnz Grund zwingen, jene formellen Arbeitsnachweise zu beschaffen, obwohl sie die von ihr an⸗ geslellten Erhebungen zu ihrer Belastung selbst als ausreichend erachtet und mit dieser Belastung sich ausdrücklich einverstanden erklärt. Die Abgabe eines derartigen Anerkenntnisses wird in der Regel nur der festfetzenden Versicherungsanstalt, in deren Händen das über die vor⸗ gesetzliche Beschäftigung des Rentenempfängers beschaffte Gesammt⸗ material sich befindet, möglich sein. Indessen steht nichts im Wege, daß auch die übrigen betheiligten Versicherungsanstalten Anerkenntnisse abgeben, sei es, daß die festsetzende Versicherungsanstalt ihnen das Material zur Einsichtnahme übersendet, oder daß bei dem Rechnungs— bureau im einzelnen Falle, beantragt wird, die Aeußerungen jener mitbetheiligten Versicherungsanstalten unter Vorlegung der von der festsetzenden Anstalt eingereichten Acten 2c. einzuholen. Thatsächlich ist auch im vorliegenden Falle die betheiligte Versiche⸗ rungsanstalt z um eine Erklärung ersucht worden. Diefelbe hat je⸗ doch die Abgabe eines gleichen Anerkenntnisses, wie solches die Ver— sicherungsanstalt A abgegeben, abgelehnt. Aus dieser Ablehnung kann die letztere nicht das Recht herleiten, das von ihr bedingungslos erklärte Anerkenntniß zu widerrufen; es würde dies mit dem allgemeinen Rechts— grundsatz im Widerspruch stehen, wonach Willenserklärungen, welche die Rechte Dritter berühren und von diesen acceptirt worden find, nur mit Zustünmung der letzteren beseitigt werden können. Unberührt bleibt hierbei die Frage, ob der Widerruf des Anerkenntnisses etwa dann zulässig gewesen wäre, wenn die Unrichtigkeit der der früheren Er— klärung zu Grunde liegenden Ermittelungen dargethan wäre. Im vorliegenden Falle ist diese Voraussetzung nicht gegeben, und es konnte 2 dem Widerruf des Anerkenntnisses eine Beachtung nicht geschenkt verden.

Statiftik und Volkswirthschaft.

; Lebensmittelverbrauch in Paris 1899. Nach dem Verwaltungsberichte der Seinepräfectur entfiel im

Jahre 1890 auf den Kopf der 2344 550 Seelen betragenden Bevöl⸗

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