der bestehen sollten. Die Negierung sei formell berechtigt, auch in diesem Jahre das Gehalt des Vice⸗Präsidenten zu verausgaben; aber das aus reservire sich das Recht, am 1. April 1893 das Gehalt zu treichen, möge es nun 1892193 bezahlt sein oder nicht. Es behalte freie Hand hinsichtlich des ,,, . und des Vice⸗Prä- sidenten. Die Regierung werde das Gehalt des Vice, Präsidenten nicht vberausgaben, weil es ihr am 1. April 1893 gestrichen werden könne. . könne das Haus bei dem Vorschlage der Budgeteommission eiben.
Abg. Dr. Meyer (DEfr.): Der Finanz⸗Minister habe es so dargestellt, als ob sämmtliche Mitglieder der Budgeteommission ge⸗ bunden seien, mit seiner heutigen Erklärung zufrieden zu sein. Auf ihn treffe diese Voraussetzung nicht zu. Er habe in der Commission den Antrag gestellt, in den Etat einzusetzen; der Vice⸗Präsident ohne Gehalt, und habe das vorzugsweise damit begründet, daß das Haus nicht geneigt sein werde, das Gehalt gleichzeitig für den Präsidenten und den Vice⸗Präsidenten zu bewilligen, sondern voraussetze, daß einer dieser beiden Herren irgend ein anderes mit Gehalt, versehenes Ressort bekleide. Dieser Auffassung sei die Commission bis zu einem gewissen Grade einstimmig beigetreten. Der Abg. Graf Limburg⸗Stirum habe hauptsächlich nur den Einwand gegen seinen (des Redners) Antrag geltend gemacht: es sei unbequem, an einer bewilligten Position etwas zu andern. Er habe seinen Antrag, jedoch nicht hiernach, sondern nach einer Erklärung des Abg. Freiherrn von Suene zurückgezogen, der constatirt habe, daß die Commission damit ein⸗ verstanden sei, daß das gleichzeitige Zahlen beider Gehälter unter keinen Umständen erfolgen solle, und daß man eine Erklärung der Staatsregierung abwarten müsse, daß sie diese Voraussetzung als zutreffend anerkenne. Der einzige Punkt, in dem er jetzt vom Abg. von Huene abweiche, sei der, daß er behaupte, die heutigen Erklärungen des Finanz-Ministers genügten nicht, weil sie die Möglichkeit offen ließen, infolge einer persönlichen Veränderung im Laufe dieses Jahres das Gehalt für den Vice Präsidenten zu verausgaben. Sein Antrag sei dahin gegangen, den Nachtrags-Etat in die Commission zurückʒu⸗ verweisen, wenn die Erklärung der Regierung nicht genüge. Diese Voraussetzung sei eingetreten und er stelle daher den Antrag auf Zurück⸗ verweisung in die Commission. 3 .
Abg. Dr. Lieber (Centr.): Er bedaure, daß nach den Erklärungen des Referenten und des Vorsitzenden der Commission und des Finanz Ministers auf den Vorbehalt zurückgekommen sei, Er seinerseits könne nur bestätigen, daß die Erklärungen der Regierung, soweit er im stande sei, sie . aufzufassen, den Sinn hätten, den die Budget⸗ commission erwartet habe. Er wolle der. , freie Hand lassen, den Vice⸗Präsidenten mit Gehalt, beizubehalten, resp. einzu⸗ führen, wenn gleichzeitig der Präsident mit Gehalt aus dem Etat ver— schwinde, indem letzterer ein Fachamt in der Staats⸗ oder Reichs verwal⸗ tung erhalte, welches die Ersparniß seines besondern Präsidentengehalts rechtfertigen würde. Diesem Wunsch trage der Antrag Meyer nicht Rechnung. Die Staateregierung stelle sich mit ihm auf denselben Boden, indem sie erkläre, daß zwei Minister⸗Präsidenten ohne Ressort bei gleichzeitigem Bezuge des Ministergehalts nicht sollten ins Leben treten können, als bis die Genehmigung des Landtags erfolgt sei. Diese Genehmigung zu verweigern, erkenne die Staatsregierung als unbeschränktes Recht des Landtags an. Da die Zurückverweisung be⸗ antragt werde, werde die Regierung vielleicht die Güte haben, die Erklärung nochmals so deutlich zu wiederholen, daß auch jene Herren (links) damit zufrieden sein könnten.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Ob die dritte Erklärung, die ich nun abgeben will, genügt, um Klarheit in die Sache hineinzubringen, für die Herren, welche die Zurückverweisung in die Commission wünschen, ist mir allerdings zweifelhaft. Ich will aber dennoch die Erklärung nochmals abgeben. Ich habe ausdrücklich erklärt, und zwar wurde in der Commission, soviel ich begriffen habe, nichts weiter gewünscht, als daß die Thatsache, daß in diesem Etat formell, obwohl der eine Theil der Position bisher als erspart verrechnet worden ist und auch in Zukunft verrechnet werden wird bei nicht geänderten Verhältnissen, neben dem Gehalt und den übrigen Bezügen des Herrn Minister-Präsidenten auch diejenigen des Vice⸗Präsidenten ausgeworfen bleiben, weil nun der Haupt⸗Etat einmal publicirt ist, der definitiven Regelung dieser beiden Positionen und ihres Verhältnisses zu einander in keiner Weise präjudiciren soll, das wurde in der Budgetcommission gewünscht, daraufhin hat Herr Dr. Meyer seinen Antrag zurückgezogen, als ich erklärte, ich werde darüber eine Erklärung der Staatsregierung im Plenum abgeben. Ich habe diese Erklärung namens der Staatsregierung abgegeben, ich glaube also, meinerseits alles gethan zu haben, was ich thun kann.
Meine Herren, wenn Sie dem Sinn dieser Erklärung aber nun weiter nachgehen wollen, so liegt doch darin zweifellos, daß, wenn die Staatsregierung betont, es solle bei der Berathung des nächsten Etats vollständig freie Bahn sein, diese Frage definitiv zu ordnen, die Staatsregierung sich damit verpflichtet, in der Zwischenzeit nichts zu thun, was diese anderweite Regelung beim nächsten Etat unmöglich macht. Derartige Uebereinkommen, materielle Einverständnisse in Bezug auf Etatsverhältnisse kommen ja täglich vor; wenn wir in dieser Beziehung uns gegenseitig keinen rechten Glauben mehr schenken, dann müssen wir alles derartig ver⸗ clausuliren und formuliren, daß wir nun erst recht in Differenzen kommen. Ich kann die Herren nur versichern, daß wir materiell mit den Ausführungen des Herrn Dr. Lieber durchaus einverstanden sind, daß die Staatsregierung in der Zwischenzeit nichts thun wird, was dem Wunsch des Landtags entgegenträte, für den Minister⸗Präsidenten und den Vice⸗Präsidenten nicht selbständige besondere Bezüge neben⸗ einander zu bewilligen.
Abg. Rickert (Pfr.): Er könne dem Finanz-Minister versichern, wenn seine erste Erklärung so deutlich gewesen wäre, wie er sie jetzt endlich nach langem Reden abgegeben habe, dann würde auch seinemn (des Redners) schwachen Begriffsvermögen die Sache klar geworden sein. Es sei also doch gut gewesen, diese Doctorfrage aufzuwerfen. Er begreife auch gar nicht das Widerstreben der Regierung, diese Frage so zu regeln, wie Fürst Bismarck es für ganz selbstverständlich gehalten habe. Er halte es für zweifellos, daß durch einen Nachtrags-Etat die Positionen des Haupt⸗Etats, wenn er auch bereits in der Gesetz⸗ Sammlung publicirt sei, ohne weiteres geändert werden könnten; denn es sei etwas, was durch Uebereinstimmung der drei gesetzgebenden Factoren zu stande gekommen sei. Er wünsche übrigens dem Herrn von Boetticher eine dauernde Gesundheit, damit diese Sache wirklich ein Provisorium bleibe; er möchte auch das Haus bitten, daß es nichts dazu beitrage, was im stande sei, die Gesundheit des ö. von Boetticher in irgend einer Weise zu erschüttern. (Heiterkeit)
Damit schließt die Discussion. . Abg. Dr. Meyer zieht den Antrag auf Zurückverweisung in die Budgetcommission zurück.
Der Nachtrags⸗Etat wird darauf in seinen einzelnen Titeln
unverändert genehmigt.
Es folgt die zweite Lesung des Gesetzentwurfs wegen Abänderung einzelner Bestimmungen des allgemeinen Berggesetzes, vom 24. Juni 1865. Die Abänderungen sind nothwendig geworden wegen der Aenderung der Vorschriften der Gewerbeordnung.
Zu S5 80 und 80a, welche den § 134 (Arbeitsvertrag) und 1342 (Arbeitsordnung) der Gewerbeordnung entsprechen, liegen Anträge nicht vor. . 2
t
S8 80h enthält entsprechend dem 5 134 der Gewerbe⸗ 6 die Vorschriften über den Inhalt der Arbeits⸗ ordnung.
Nach Nr. 1 sollen diese Vorschriften enthalten über den An⸗ fang und das Ende der regelmäßigen Arbeitszeit, über die Pausen und über die Ueberschichten.
Nr. 1L wird genehmigt.
Nr. Q schreibt vor, daß die Arbeitsordnung Bestimmungen über die Festsetzung des Schichtlohns und der gedingeberech⸗ tigten Personen, über die Zeit des Abschlusses des Gedinges 2c. enthalten muß. Die Commission hat die Bestimmung über die Art der Bemessung des Lohnes für den Fall, daß eine Ver⸗ einbarung nicht zu stande kommt, gestrichen. .
Die Abgg. Eberhard und von Itzenplitz (cons), . der Abg. Hitze (Centr.) und Genossen beantragen überein⸗ timmend die Wiederherstellung dieser Bestimmung.
Abg. Hitze (Centr.); Zwischen der ersten und zweiten Lesung habe auf der anderen Seite des Hauses eine , Wendung der Anschauungen stattgefunden. Er könne nicht umhin, seine Befriedigung über die Einbringung des Antrages Eberhard auszusprechen.
Abg. Eberhard (cons.): Es sei nicht leicht zu bestimmen, was in eine Arbeitsordnung aufzunehmen sei. Es müsse das Verhältniß der Bergwerksbesitzer und der Beamten auf der einen und der Berg⸗ leute auf der anderen Seite durch möglichst klare, jede Mißdeutung ausschließende Bestimmungen geregelt, werden. Es müßten auch solche Punkte berührt werden, welche lediglich nur dazu geeignet seien, einem etwaigen Mißtrauen der Arbeiter vorzubeugen. Die Arbeits= ordnung dürfe aber nicht mit einzelnen Bestimmungen überlastet werden, durch welche die Uebersichtlichkeit gefährdet werde. Von diesen Gesichtspunkten habe sich seine Fraction in der Commission leiten lassen. Sie sei bestrebt gewesen, Licht und 34 gleichmäßig zu ver⸗ theilen, also einerseits die Arbeiter, deren Wohl ihr am Herzen liege und in deren Fürsorge sie niemandem einen Vorrang in diesem Hause einräume, vor Uebervortheilung und vor den schweren Gefahren, welche mit dem Bergbau verknüpft seien, zu schützen, nicht minder aber die Bergwerkbesitzer zu bewahren bor Bestimmungen und Anordnungen, die sie schwer belasteten und ein nach seiner Meinung ungerechtfertigtes Mißtrauen gegen sie enthielten und die durch die Eigenart des Bergbaues nicht geboten seien. In der Commission habe seine Partei sich für die Streichung desjenigen Satzes entschlossen, den sie jetzt wiederum durch seinen An⸗ trag in das Gesetz hineingebracht sehen möchte. Die Arbeitsordnung solle nämlich eine Bestimmung über die Art der Bemessung des Lohnes für den Fall enthalten, daß eine Vereinbarung nicht zu stande komme. Die , dieser Vorschrift hätten darzuthun gesucht, daß es sich im Voraus gar nicht bestimmen lasse, welcher Lohn im einzelnen Fall der angemessene sei. Er habe nun bei dem
roßen Werth, den die Staatsregierung auf die Beibehaltung dieses e, gelegt habe, nach nochmaliger sorgfältiger Prüfung dieses Wunsches die mit Zustimmung seiner Partei gestrichene Bestimmung wieder einführen zu können geglaubt. Er habe sich dabei von der Erwägung leiten lassen, daß die Regelung dieser Angelegenheit, möge auch die Vielgestaltigkeit der dabei in Betracht kommenden Verhältnisse unverkennbare Schwierigkeiten verursachen, doch nicht in das Reich der Unmöglichkeit gehöre und daß durch diese Be⸗ stimmung vielen Streitigkeiten im Keime vorgebeugt werde. Er glaube mit der Regierung, daß man den ortsüblichen Lohn oder den Durchschnittslohn der betreffenden Arbeiterkategorie sehr wohl als Anhalt wählen könne. Es sei ja unverkennbar, daß für die Arbeiter , Nachtheile und Weitläufigkeiten erwüchsen, wenn nicht die Gewerbegerichte, sondern die ordentlichen Gerichte init dem Rechtsstreit betraut werden müßten. Um dies zu vermeiden, habe er seinen Antrag gestellt. Er glaube, damit dem Programm seiner Partei, den wirthschaftlich Schwachen thunlichst zu heben und zu stärken, voll Rechnung getragen zu haben. (Beifall rechts.)
Abg. Schmieding (nl): Die Commission habe die volle Consequenz aus der Arbeiterschutzgesetzgebung ziehen wollen. Was für die Industrie im Reich Gesetz geworden sei, müsse naturgemäß auch in Preußen für den Bergbau gesetzliche Vorschrift werden. Des— halb seien sämmtliche Vorschriften der Reichs⸗Gewerbeordnung, die den Arbeiterschutz beträfen, in das Gesetz aufgenommen und nur solche Aenderungen vorgenommen worden, die durch die Eigenart des Berghaues geboten gewesen seien. Politische Gesichtspunkte hätten seine Freunde bei der Stellungnahme gegenuber der Regierungsvorlage überhaupt nicht bestimmt, sondern nur Zweckmäßigkeitsrücksichten. Von einer Schmälerung der Rechte der Arbeiter hätten seine Freunde sich ebenso fern gehalten, wie von einer unnöthigen Belastung der Industrie. Die Gewerbeordnung enthalte über diese Materie keine Vorschriften, andererseits sei nicht zu be⸗ streiten, daß in dem vorliegenden Falle das Privatrecht nicht ausreiche. Der größte Theil seiner politischen Freunde sei deshalb mit der Wiederherstellung der Regierungsvorlage einverstanden. Schließlich noch eine persönliche Bemerkung! Es sei ihm ein Artikel der den Interessen des Centrums dienenden Tremonig“ zugeschickt worden, der den Bericht der Berggesetzcommission kritisire. Es fehle in dem Bericht, so heiße es, die Schroffheit, die Rücksichtslosigkeit, der Hochmuth und der Hohn, mit dem die Mehrheitsparteien die An— träge der Minderheit abgelehnt hätten. Es sei auch nicht der Haß ge⸗ kennzeichnet worden, mit dem die Schultz, Schmieding und Ritter die Freunde der Arbeiter, das Centrum, beehrten, und zwar umsomehr aus dem tiefsten Herzen heraus, als man ja nicht vor der Oeffentlichkeit ge⸗ tagt habe. Die letztere Bemerkung sei die allein richtige in dem ganzen Artikel. Weil aber die Oeffentlichkeit ausgeschlossen gewesen sei, so gebe es nur zwei Möglichkeiten: daß entweder Commissiensmitglieder dem Verfasser dieses Artikels in dieser Art, wie es geschehen, Mit⸗ theilung gemacht hätten. Das halte er für gänzlich ausgeschlossen, weil die genannten Herren mit den Herren vom Centrum in der an⸗
enehmsten und liebenswürdigsten Form selbstverständlich verkehrt in. Es bleibe also nur die andere Möglichkeit, daß der Verfasser sich vollständig diese Bemerkungen aus den Fingern gesogen habe. Er halte es aber doch für im Interesse des Centrums liegend, das auf seine Presse einen großen Einfluß übe, daß es dahin wirken möge, daß solche persönlichen, gehässigen., ungualificirbaren Angriffe und Verunglimpfungen unterblieben. (Beifall.)
Abg. Dr. Ritter (freicons.): Seine Partei sei genau mit der Auffassung einverstanden, welche der Antrag Eberhard bekunde, und stehe inssammt nach wie vor ein für das Wohlergehen der Arbeiter. Sie lege aber auch Werth darauf, daß die Aufrechterhaltung der Auto— rität nebenher gehe. Seine Freunde hätten nur Bedenken dahin, daß im vorliegenden Falle die Bestimmungen des Gesetzes zu Ungunsten der Arbeiter ausfielen, indem sie nur den Normallohn bekämen.
Abg. Dr. Meyer (df): Das Motiv, daß die Reichs⸗Gewerbe⸗ ordnung über diese Materie nichts vorschreibe, und daß man Ver— anlassung habe, sich in deren Grenzen zu halten, sei überwiegend fer⸗ malistischer Art und könne seine Fraction nicht abhalten, eine Be⸗ stimmung anzunehmen, deren Zweckmäßigkeit von der Regierung dar—⸗ gethan sei und gegenwärtig auch von der Mehrzahl der r fr. mitglieder anerkannt werde. Es sei eine Eigenthümlichkeit des Berg⸗ baues, daß die Voraussetzungen für ein a geschlossene⸗ Gedinge in⸗ folge von Naturereignissen sehr plötzlich fortfielen. In solchen Fällen bestehe eine große Rechtsunsicherheit, die auf die Arbeitnehmer schwerer 3 als auf die Arbeitgeber. Dieser müsse ein Ende gemacht werden.
Abg. Dr. Ham macher (ul.): Es handele sich hier keineswegs um eine Vorschrift für den Fall, daß infolge von Naturereignissen ein vorhandenes Gedinge geändert werden müsse, sondern daß Arbeit⸗ nehmer und Arbeitgeber sich über die Höhe des Lohnes nicht einigen könnten. Die vorliegende Bestimmung sollte dazu dienen, auf dem Gebiet des Lohnes Klarheit zu schaffen, aus diesem Grunde empfehle er ihre Annahme. .
Abg. Hitze (Centr. : Die Centrumspartei habe auf die Presse durchaus nicht den Einfluß, den sie sich wünschen möchte, und könne
für . Inhalt einzelner Zeitungsartikel nicht verantwortlich gemacht werden. Abg.
Dasbach (Centr.): Der Artikel in der Tremonia“ sei e . nicht von einem Mitgliede der Commission verfaßt; seine Schärfe erkläre sich aus den ff en Angriffen, die national⸗ liberale Blätter, so z. B. die ‚Rheini en , Ztg.‘, gegen die Centrumsmitglieder der Commission gerichtet hätten. .
Nr. 2 wird darauf unter Wiederherstellung der Regierungs⸗ ö enehmigt. . .
; ac Nr. 3 sollte die Arbeitsordnung enthalten Be⸗ stimmungen über die Zeit und Art der Abrechnung, über Zeit und Art der Lohnzahlung, über die Voraussetzung der Abzüge für ungenügende Arbeit, über die Vertreter der Bergwerks⸗ besitzer, welche solche Abzüge machen können und über die Ver⸗ wendung der aus Abzügen aufkommenden Geldbeträge.
Die Commission will nur über Berechnung und Zahlung des Lohnes und über die ,. welche die Abzüge be⸗ stimmen, sowie über den Beschwerdeweg Vorschriften in die Arbeitsordnung aufnehmen. . Die Abgg. Hitze und Genossen beantragen, die Vorschriften über die Voraussetzung der Abzüge wieder aufzunehmen; Abg. Eber ty will die . über die Verwendung der Abzüge wieder einfügen; Abg. Dr. Hammacher will die Ho über die Voraussetzung der Abzüge in etwas anderer Form als die Verlage einfügen, indem a „Voraussetzung“ gesagt wird „Fälle“.
Abg. Hitze (Centr. ); Seine Partei habe auch hier ein Interesse daran, möglichst klare Bestimmungen zu geben, wenngleich nicht auf alle Einzelheiten Rücksicht genommen werden könne. Sie müsse im übrigen an das eigene Interesse der Arbeitgeber appelliren und hoffen, daß diese es nach Möglichkeit so einrichten würden, daß Abzüge und Strafen vermieden würden. Er empfehle, den Antrag Eberty abzulehnen, weil an einer anderen Stelle der Vorlage eing Cautel gegen Mißbrauch vorgesehen sei; nur für den Fall der Ablehnung seines Antrages empfehle er den Antrag Hammacher.
Abg. Dr. Ritter (freicons.): Er sei gegen den Antrag Eberty, denn ein Abzug geschehe nur, wenn der Arbeiter unvorschriftsmäßig gehandelt habe und dadurch den Arbeitgeber schädige. Den Antrag Hitze bitte er abzulehnen, weil es ihm unmöglich erscheine, die Voraus⸗ setzungen der Abzüge bis ins einzelne zu regeln. Die Arbeitsordnung würde dadurch eine gewaltige Belastung erfahren. Er bitte deshalb, die Beschlüsse der Commission anzunehmen. .
Abg. Das bach (Centr.): Die Arbeiter klagten vielfach darüber, daß es ihnen an jeder Beurtheilung fehle, ob, wenn wirklich genullt werde, dies nicht in einem zu scharfen Maße geschehe. Man müsse deshalb verlangen, daß nicht jeder Wagen, auch wenn nur wenig fehle, genullt werden dürfe. In Lothringen werde wegen Minder⸗ gewicht überhaupt nicht, genullt, sondern nur ein entsprechender Abzug gemacht. Es sei zweckmäßig, daß den Arbeitern, wenn sie in ein Arbeitsverhältniß träten, gesagt werde, unter welchen Be— dingungen ihnen Abzüge gemacht werden würden.
Abg. Dr. Ham na cn (nl): Es lasse sich nicht im einzelnen von vornherein feststellen, unter welchen Bedingungen Abzüge gemacht werden könnten. Bei einer täglichen Förderung von 20-30 006 Cent-⸗ nern könne nicht jeder Wagen ganz genau geprüft und gemessen werden. Gegen einen Mißbrauch des Nullens seien die Arbeiter durch die Bestimmungen des Gesetzes geschützt, wonach ein Controleur zur Wahrung ihrer Rechte bestellt werde. Wenn wirklich wegen eines halben Centners irgendwo genullt worden sei, so müsse das eine ganz herzlose Verwaltung sein. Der Gedanke des Abg. Das bach sei absolut unverträglich mit den Grundsätzen eines geordneten Be⸗ triebes. Er würde dem Minister dankbar sein, wenn er sich über die vorliegende Frage aussprechen wollte.
Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch:
Meine Herren! Der Sinn, den die Regierung in der Vorlage niederlegen wollte in den Worten: „die Voraussetzungen, unter denen Wagen wegen ungenügender und unvorschriftsmäßiger Arbeit genullt werden können — stimmt überein mit den Auffassungen, die der Abg. Dr. Hammacher eben ausgesprochen hat. Wir sind nicht der Meinung gewesen und konnten nicht der Meinung sein, zu verlangen, daß in einer Arbeitsordnung alle die Fälle specialisirt werden, in denen ein Wagen als unvorschriftsmäßig geladen genullt werden kann. Ich theile die Ansicht, daß das thatsächlich eine Unmöglichkeit ist; die näheren Gründe sind ja eben von dem Herrn Abg. Hammacher zu⸗ treffend dargestellt worden.
Ich füge denselben noch hinzu, daß die Art, wie die unreine Be⸗ ladung auf einer größeren Grube gefunden wird, die Anwendung detaillirter Vorschriften ausschließt.
Wenn der Wagen aus dem Schacht gefördert ist, so wird er auf das Retterwerk gestürzt, und in diesem Augenblick erkennt der Mann, der zur Aufsicht bestellt ist, ob der Wagen unrein ist oder nicht, er ruft, und je nach dem Ruf wird der Wagen genullt. Einen Grad⸗ messer zur Feststellung, ob er zu einem Viertel oder zur Hälfte oder zu vier Fünfteln unrein ist, giebt es nicht; zu untersuchen, wieviel Steine darin sind, ist thatsächlich unmöglich. Das ist das Mißliche an der Strafe des Nullens, daß ein genaues Controliren und Con⸗ statiren des Maßes der Verunreinigung der Ladung nicht stattfinden kann. Wenn man aber zugiebt — und das wird von allen Seiten, auch von den Bergarbeitern, zugegeben —, daß das Nullen nicht zu entbehren ist, — Sie werden das in der Denkschrift wiederholt aus⸗ gesprochen finden — so muß man auch die Consequenzen der Sache tragen und nur bemüht sein, sie nach Möglichkeit abzuschwächen, und das geschieht in der Bestimmung der Vorlage, daß die Arbeiter befugt sein sollen, einen Controleur zu stellen, dem der Bergwerksbesitzer jederzeit das Recht geben muß, sich zu überzeugen, wie mit dem Nullen verfahren wird. Wenn man die Bestimmung der Vorlage so auffaßt, wie ich mir gestattet habe, sie als unserer Meinung entsprechend zu bezeichnen, so fällt sie, glaube ich, mit dem Antrage des Herrn Abg. Dr. Ham⸗ macher fast zusammen. Ich bin nicht in der Lage, einen sehr wesent⸗ lichen Unterschied zwischen dem Worte . Voraussetzungen und „Fälle“ zu finden.
Die Bestimmung, die die rheinisch-westfälische Arbeitsordnung enthält in ihrem § 25: ö
Für Förderwagen, welche nicht vorschriftsmäßig voll oder
unrein geladen sind, wird ein Lohn nicht gezahlt. entspricht der Vorschrift des Gesetzes, wie die Regierung es gemeint hat. Wenn die Commissionsbeschlüsse aber angenommen werden, dann ist über das Nullen überhaupt gar keine Bestimmung in der Arbeits⸗ ordnung vorhanden, und das haben wir vermeiden wollen; wir haben vorschreiben wollen, daß auf keiner Grube genullt wird, wo nicht in der Arbeitsordnung ausgesprochen ist: wenn ihr unrein ladet, wollen wir die Befugniß haben, zu nullen. Etwas Anderes ist wirk⸗ lich mit dem besten Willen meiner Meinung nach nicht zu leisten. Deshalb kann ich mich mit dem Antrage des Herrn Abg. Dr. Ham⸗ macher auch einverstanden erklären.
Was den Antrag des Herrn Abg. Eberty anlangt, so kann ich mich nur der Ausführung des Herrn Abg. Hitze anschließen. Die
Regierung ist der Meinung, daß, nachdem 5 80 d in seinem zweiten Absatz die Bestimmung erhalten hat, daß alle wegen ungenügender oder unvorschriftsmäßiger Arbeit in Abzug gebrachten Lohnbeträge in die Knappschaftskasse oder in eine Unterstützungskasse fließen müssen, der letzte Satz der Nr. 3 überflüssig geworden ist.
Abg. Das bach (Centr.) empfiehlt noch einmal den Antrag Hitze.
Abg. von Bockelberg (eons.) macht geltend. daß die Arbeits⸗ ordnung von allen Zuthaten befreit werden müsse, die zu Miß⸗ verständnissen Anlaß geben könnten, und spricht sich für den Antrag Hammacher aus. Abg. 6. (Centr.): Er möchte nur Bestimmungen darüber haben, in welchen Fällen ganze Wagen genullt und in welchen nur Abꝛüge gemacht werden dürften. ö
Abg. Schmieding (nl): Er glaube, daß nach den Aus— führungen des Ministers ein Zweifel über die Auslegung des Para⸗ graphen nicht mehr entstehen könne, wodurch dem Antrag itz von vornherein die Spitze abgebrochen sei. Er bitte, diesen Antrag abzulehnen. z .
Abg. Dr. Ritter reieons. ); Wenn auch die Erklärung des Ministers eine gewisse Beruhigung herbeiführen könne, so müßten doch die Ausführungen des Abg. Dasbach zu Erwägungen Anlaß geben, und das Resultat dieser Erwägungen sei für ihn, die Annahme der Commissionsvorschläge zu empfehlen.
. für Handel und Gewerbe Freiherr von Ber⸗— epsch:
Um ein etwa mögliches Mißverständniß zu beseitigen, gestatten Sie mir eine kurze Bemerkung. Der Herr Abg. von Bockelberg be⸗ merkt, es gebe eine Reihe Landestheile oder Gruben, wo überhaupt die Sitte des Nullens nicht bestehe, und meint, daß es nicht richtig sei, solchen Verhältnissen gegenüber vorzuschreiben, daß in den Arbeiterordnungen Bestimmungen über das Nullen enthalten fein müssen. Das ist nicht zutreffend. Wo überhaupt nicht genullt wer⸗ den soll, ist es nicht nöthig, daß bezügliche Bestimmungen in der Ar⸗ beiterordnung stehen. Das soll nur da vorgeschrieben werden, wo die Absicht besteht, die Strafe des Nullens zu handhaben.
Abg. Dr. Hammacher (ul.): Nach der Fassung der Commission stehe nicht fest, daß die Bestimmungen über die Handhabung der Strafen in die Arbeitsordnung aufgenommen werden sollten. Wolle das Haus hierüber eine obligatorische Festsetzung machen, so müsse es entweder seinen Antrag oder die ursprüngliche Vorlage annehmen; sonst schaffe es ein Vacuum. Der Abg. Dasbach . ihm keine Garantie dafür, daß sein Antrag, wenn das Haus ihn annehme, so harmlos und unschuldig in der Anwendung bleibe, wie er es hier darstelle. Der Paragraph enthalte ein reiches Material, um den Arbeitern den Glauben beizubringen, daß die zu erlassende Arbeits— ordnung nicht das enthalte, was ö. nach den Ausführungen des Ministers enthalten solle, und er höre schon den Abg. Dasbach im rn eine fulminante Rede über diese „schnöde Gesetzesverletzung“
alten.
Abg. Das bach (Centr): Woher der 16g Hammacher wisse, daß er (Redner) solche „fulminante Rede“ halten wolle, wisse er nicht, vermuthlich aus der ihm nahestehenden Presse, wie „Köln. Ztg.“ und „Rhein. Westf. Ztg. Er bitte ihn aber, sich nur an das zu halten, was er entweder hier im Hause sage, oder mit seiner Unterschrift veröffentliche. Man habe ja vor zwei Jahren hier sogar behauptet, seine Blätter hätten den westfälischen Kohlenstrike hervor— gerufen; als er sich de gen gewandt habe, sei das Stenogramm über die Verhandlungen dahin geändert worden, daß zu seinen Blättern noch „und andere Blätter“ gesetzt worden sei. Aehnliche Aeußerungen fänden sich häufig in der dem Abg. Hammacher nahestehenden Presse, aber man habe noch niemals den Beweis für solche Verleumdungen erbracht. Uebrigens gebe er dem Abg. Hammacher das Versprechen, daß er die von ihm im Geist schon gehörte fulminante Rede nicht halten werde. Er meine aber, es sollten in der Arbeitsordnung auch
enaue Bestimmungen enthalten sein, die dem Vertrauensmann über—
zaupt erst eine ersprießliche Thätigkeit ermöglichten.
Nr. 3 wird mit dem Antrag Hammacher angenommen. Die übrigen Nummern dieses 5 Ss9h, welche über die Kündi⸗ gung und Entlassung aus der Arbeit, über die Strafen, die Verwirkung von Lohnbeträgen und die Berechnung der ge⸗ lieferten Werkzeuge Bestimmungen enthalten, werden ohne De⸗ batte genehmigt.
8 S806 giebt den Arbeitern das Recht, bei nicht erfolgtem Abschluß des Gedinges den Lohn zu verlangen, der an der⸗ selben Arbeitsstelle in der vorhergehenden Lohnperiode gezahlt worden ist; den Arbeitern soll ferner Gelegenheit gegeben werden, auf ihre Kosten von der vorschriftswidrigen Be— ladung u. s. w. Kenntniß zu nehmen.
Sie Abgg. Hitze u. Gen. beantragen einen Zusatz, wonach die Gedinge in ein Buch eingetragen und den Arbeitern offen vorgelegt werden sollen.
Abg. Hitze (Centr. ; Er hoffe, daß dieser von seiner Partei schon in der Commission gestellte Antrag hier zur Annahme gelangen werde. Seine Partei wolle ja eben alle Anlässe zu Streit und Zwistigkeit beseitigen, aber gerade die Gedingeabschlüsse gäben am meisten zu Uneinigkeit Anlaß, und dem begegne man am besten mit der Veroffentlichung der Gedinge. Er bitte, das um so mehr an—⸗ zunehmen, als dadurch so gut wie gar keine Mühen und Kosten den Unternehmern erwachsen würden.
Abg. Dr. Ritter (freicons. : Er bitte, den Antrag abzulehnen, damit das Gesetz nicht zu viel mit Einzelheiten belastet werde. Uebrigens sei der Antrag überflüssig, nachhem im § Sohm bestimmt sei, daß in den Arbeitsordnungen schon die nöthigen Bestimmungen über die Gedinge enthalten sein sollten. Die Durchführung des AÄn— trages Hitze würde bei der Verschiedenheit der Gedinge sehr schwer sein, und irgend welche sachliche Bedeutung könne man ihm nicht beimessen.
Abg. Dasbach (Centr.): Die Bestimmung des § 80b sei nicht ausreichend, weil leicht eine mündliche Bekanntmachung eintreten und gerade diese, häufig zu Meinungsverschiedenheiten Anlaß geben könne. Die Arbeiter brauchten nur die Gedinge einsehen zu können, die sie selbst beträfen, und deren Veröffentlichung biete keine Schwie⸗ rigkeiten. Wenn man die . veröffentliche, vermeide man, daß die Arbeiter zu häufig ihre Beschwerde vor die Gewerbegerichte brächten, sich Kosten verurfachten und fich mißliebig machten, weil sie sich eben über den Umfang ihrer Rechte nicht klar werden könnten, wenn die Gedinge nicht genügend bekannt gemacht seien. ohne s . nr gz DF n ih Hitze ö. unnöthig, weil
l daß die Ge iftli ,, , inge schriftlich bekannt gemacht Abg. Stötzel (Centr): Das Wörtchen „kann“ in solchen Be—
stimmungen sei immer bedenklich. Er sehe keinen Grund, warum man sich gegen den Antrag Hitze erklären wolle. In jeder kleinen Fabrik sei es selbstverständlich, daß jedem Accordarbeiter die Accord⸗ bedingungen schriftlich bekannt gemacht würden, damit er jederzeit sich über seine Ansprüche informiren könne, und beim Bergbau fei das um so nöthiger, da immer mehrere Leute zusammen im Gedinge arbeiteten. Wer die Sache kenne, wisse auch, daß über das Gedinge immer die meisten Streitigkeiten entständen. Man könne sich gegen die Annahme des Antrages höchstens deswegen sträuben, weil eine solche Bestimmung bisher noch nicht bestanden habe und man in ihrer Einführung einen Eingriff in die Rechte der Bergwerksbesitzer sehe; davon sei aber keine Rede, und er bitte, den Antrag anzu⸗ nehmen. Abg. Eberty (dfr. : Das Haus mache heute ein Gesetz, um überall die Quellen der Zwietracht abzugraben. Er sehe auch nicht ein, warum es nicht gut gethan sein solle, diese Einzelheiten in das Gesetz hineinzubringen.
Geheimer . , Wenn ein Zwang dazu bestehe, in jedem Falle die Form eines schriftlichen Vertrages zu wählen, unter den beide Parteien ihre Unterschrift setzen müßten, werde eine sehr unerwünschke Belastung insbesondere des Arbeiters eintreten, zumal solche schriftlichen Gedinge auch stempelyflichtig seien. Er bitte daher, den Antrag abzulehnen und es bei der Regierungsvorlage zu belassen, welche sich vollständig mit den Wünschen der Betheiligten decke,
Abg. Eberty (ͤfr): Der Regierungscommissar mache den Fehler, daß er zu viel beweise, da ein förmlicher Vertrag, den beide Parteien ö müßten, garnicht gefordert werde.
Abg. Bachem (Centr. ): Er könne sich den Worten e . Eberty nur anschließen, da das Verlangen nach einer Unterschri garnicht gestellt sei. Das entspreche auch nicht dem geltenden Ge— brauch und es liege kein Bedürfniß vor, beim Bergbau weiter zu gehen als bei anderen industriellen Betrieben, aber man solle doch wenigstens ebenso weit gehen. Seine Partei wolle ein Gesetz machen, das den socialen Frieden bringe, und Differenzen beseitigen, die zu Un= zufriedenheit Anlaß gegeben hätten. Die Belastung für die Ver—⸗ waltung eines Bergwerks durch die Pflicht zur Ausstellung solcher Bescheinigungen sei eine minimale; für die Arbeiter sei aber ein großer Vortheil daraus zu erwarten. Stände im Reichstag eine solche Bestimmung in Frage, dann würden die Conservativen, die sorst immer auf dem Boden des Arbeiterschutzes ständen, ohne weiteres 31 Antrage zustimmen; er begreife garnicht, warum sie es hier nicht thäten. . ö
Der Antrag Hitze wird mit 130 gegen 100 Stimmen ab⸗ gelehnt und S S0e unverändert angenommen. .
Nach § 80d der Vorlage sollen alle Strafgelder an die Knappschaftskasse oder an die bei einem Bergwerk bestehende Unterstützungskasse abgeführt werden, letzteres aber nur, wenn die Arbeiter an der Verwaltung der Kasse mitbhetheiligt sind und wenn die Kasse dem Ober⸗Bergamt jährlich eine Ueber⸗ sicht über ihren Stand einreicht und diesen auch zur Kenntniß der Arbeiter bringt. .
Die Commission will diese letztere Bestimmung streichen.
Abg. Hitze (Centr) will die Strafgelder nur solchen Kassen zuweisen, an deren Verwaltung die Arbeiter betheiligt seien, an die Knappschaftskassen sollten die Gelder nur gehen, wenn die Arbeiter⸗ beiträge entsprechend ermäßigt würden.
Abg. Szmula (Centr.): In einem soeialdemokratischen Blatt werde behauptet, daß manche Fabrikbesitzer die Arbeiter zu Strafen heranzögen, um die Strafgelder in eigenem Nutzen zu verwenden. Das beweise, daß ein ungeheures Mißtrauen zwischen Arbeitern und Arbeitgebern bestehe. Um dieses zu zerstreuen und aus der Welt zu schaffen, sei im Reichstag zum Gesetz gemacht worden, daß die Strafgelder besonderen Wohlfahrtseinrichtungen für die Arbeiter zu⸗ fließen sollten; auch der Abg. Freiherr von Stumm habe sich für diese Bestimmung erklärt. Wenn die Strafgelder nur den Knapp⸗ schaftskassen zuflossen, würden die Gelder garnicht allen Arbeitern zu gute kommen, weil Viele garnicht diesen Kassen angehörten, die dann gegen die anderen benachtheiligt sein würden. Die Arbeiter müßten zur Verwaltung der Strafgelder zugezogen werden, um eine Controle darüber auszuüben, in welcher Weise die eingezogenen Gelder verwendet würden, damit das Mißtrauen gegen die Arbeit⸗ geber vollständig entfernt werde.
Abg. Dr. Ritter (freicons.): In seinem Revier kenne er keine Kassen, zu denen nicht schon Vertrauensmänner zugezogen würden, sie würden allerdings nicht in geheimer Wahl gewählt, was er auch garnicht für nothwendig halte. Diese Strafgelder seien doch nichts anderes als eine Bestrafung für Schädigung des Werkes. Wenn der Berg— werksbesitzer auf den Anspruch, den er an diesem Ersatze habe, ver⸗ zichte zu Gunsten der Arbeiter, so sei das doch ein Act der, Ge⸗ rechtigkeit, der keinen Anlaß zu Mißtrauen gehe. Wie hier über— haupt ein Mißtrauen herausgelesen werden könne, sei ihm unbegreiflich. wenn die Arbeiter nicht gerade glaubten, daß die Arbeitgeber Be⸗ trüger seien. Dann würden sie aber schon nach dem bestehenden Ge⸗ setz bestraft und es bedürfe nicht einer besonderen Bestimmung in diesem Gesetz. Die Strafgelder seien übrigens nur gering im Verhältniß zu dem Gesammteinkommen der Knappschaftskassen. Er möchte meinen, daß die Frage an sich sehr unwichtig sei. Die Auf⸗ nahme einer solchen Bestimmung in das Gesetz werde von Miß⸗ trauen gegen die Arbeitgeber zeugen, dadurch werde es aber nicht objectiv, fondern subjectiv, und nicht zur Förderung des sorialen Friedens beitragen.
Minister für Handel Berlepsch:
In der Vorlage der Staatsregierung war im zweiten Absatz eine Vorschrift enthalten dahin, daß an die Unterstützungskassen Straf⸗ gelder und Lohnabzüge nur abgeführt werden dürfen, wenn an ihren Verwaltungen die Arbeiter mitbetheiligt sind u. s. w. Diese Bestimmung würde sich demselben Vorwurf aus⸗ setzen, welchen der Herr Abg. Ritter gegen die Vorschriften gerichtet hat, welche von der Centrumspartei beantragt sind, — daß sie von einem unberechtigten Mißtrauen gegen die Arbeitgeber dictirt seien. Ich muß mich dagegen auf das entschiedenste verwahren. Diese Bestimmung ist deshalb in das Gesetz aufgenommen worden, weil sich bei den Bergarbeiterausständen zweifellos gezeigt hat, daß bei den Arbei⸗ tern, nicht anderswo, ein Mißtrauen gegen diese Kassen vorhanden war, weil sie über deren Verwaltung im unklaren gelassen waren. Um diesen Uebelstand zu beseitigen, hat die Regierung es für richtig gehalten, die erwähnte Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen. Ich habe bei den Commissionsverhandlungen zugeben müssen, daß in Bezug auf die Verwaltung der Unterstützungskassen der Bergwerke ein Unter— schied gegenüber den Unterstützungskassen in anderen In⸗ dustrien nicht vorliegt. Weil ich mich mit der Mehrheit in der Commission auf den Standpunkt stellen wollte, daß die Bestim⸗ mungen der Reichs-Gewerbeordnungsnovelle für uns maßgebend sind, daß wir nur da abweichen wollen, wo die Besonderheiten des Berg⸗ werksbetriebs eine besondere Behandlung verlangen, die Reichs⸗ gewerbeordnung aber eine bezügliche Vorschrift nicht enthält, so habe ich erklärt, daß ich gegen das Streichen dieser Bestimmung keinen Widerspruch erheben werde. Aber nochmals betone ich, gegen die Anschauung. daß das Mißtrauen gegen die Personen der Bergwerksbesitzer solche Bestimmungen dictirt hat, muß ich auf das allerentschiedenste Widerspruch erheben. Dazu liegt auch nicht die mindeste Veranlassung vor. Es hat diese Behauptung auch in der Presse eine Rolle gespielt, auch mit einer mir unverständlichen Schlußfolgerung eine Rolle in der neuesten Denkschrift, welche die Bergwerksvereine dem Abgeordnetenhause als Petition vor⸗ gelegt haben. Wenn man in einer so großen Bewegung, wie es die von 1889 war, als zweifellos richtig eonstatiren muß, daß sich eine Reihe von Mißständen findet, die eine langjährige Praxis hat einreißen lassen, und wenn dann die Gesetzgebung dazu übergeht, Vorschläge zu machen, um diese Mißstände zu ändern, dann halte ich die Behauptung, daß hierbei Mißtrauen gegen einen der beiden Betheiligten maßgebend gewesen sei, für völlig unrichtig. Wenn das wahr wäre, dann würde nicht bloß die ganze Gewerbeordnung von einem solchen Mißtrauen dictirt worden sein, sondern unzählige andere Gesetze, die ich in großer Menge anführen könnte; irgend ein gewerbliches oder sonstiges Interesse wird durch die Gesetzgebung immer berührt,
und Gewerbe Freiherr von
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ohne daß man behaupten kann, sie sei von Mißtrauen gegen die Träger dieser Interessen dictirt.
Ich möchte Sie also dringend bitten, von der Anschauung abzu⸗ sehen, daß die VoVllage von Mißtrauẽn gegen einen durchaus achtbaren Stand dictirt sei. Ich habe jahrelang in zwei Yergwerksdistrieten amtlich und geschäftlich mit Vertretern des Bergbaues verkehrt. Ich habe dort meine Erfahrungen gesammelt, es ist gar keine Rede davon, daß diese mich Mißtrauen gegen den Stand und die Personen gelehrt haben; das kann mich aber nicht abhalten, wenn ich finde, daß eine langjährige Praxis zu Mißständen führt, mit einer Vorlage zu kommen und sie wesentlich auf die Denkschrift zu begründen, die, wie alle Parteien hier im Hause zugegeben haben, durchaus objectiv aus⸗ gearbeitet ist.
Abg. Hitze (Centr.): Es sei doch wunderbar, daß die Regierung eine von ihr selbst vorgeschlagene Bestimmung nicht aufrecht er—⸗ halte. Er erkläre ausdrücklich, daß ihm ein Mißtrauen gegen die Arbeitgeber, daß sie im stande seien, Gelder zu unterschlagen oder zu einem anderen Zwecke zu verwenden, durchaus fernliege. Er bitte, seinen Antrag anzunehmen. 9
Abg. von Bockelbergm(cons. ); Dieser Antrag seiß wiel zu complicirt und zu weitgehend. Er bestreite, daß seine Partei bei ifm dieses Gesetzes eine geringere Arbeiterfreundlichkeit gezeigt jabe, als irgend eine andere Partei. Aber ihre Arbeiterfreundlichkeit mache sie nicht blind gegen dasjenige, was sie als gerechtfertigt und praktisch anerkennen müsse. Gerecht nenne sie es, wenn man diese Strafgelder in eine Knappschaftskasse fließen lasse, und nicht in eine besonders construirte Unterstützungskasse. Der Antrag des Centrums müsse den Eindruck auf die Arbeiter machen, als ob er von Mißtrauen gegen die Arbeitgeber dietirt sei. (Beifall rechts.)
Abg. Bachem (Centr.): Diesen Vorwurf missse er entschieden zurückweisen. Unterstützungskassen, wie seine Partei sie für den Bergbau wünsche, beständen bereits bei anderen Betrieben (Zuruf), theilweise auch im Bergbau und hätten sich bewährt. Es sei doch viel besser, wenn die. Strafgelder einem kleinen Kreise der Berufsgenossen zu Gute kämen, als den Knappschaftskassen. Das habe eine viel versöhnendere Wirkung. Es sei ihm nicht eingefallen, der Rechten Arbeiterfreundlichkeit abzusprechen. Aber im Reichstage habe bei den Conservativen in Arbeiterfragen doch ein wärmerer Ton geherrscht als hier. Es handele sich hier um eine neue sociale Institution, welche den sozialen Frieden zu verkörpern geeignet sei. (Lebhafter Beifall im Centrum.)
Abg. Dr. Ham macher (ul.: Auch er gebe einer Bestimmung den Vorzug, wonach die Strafgelder in Unterstützungskassen fließen sollten. Die Gewerbeordnung schreibe vor, daß Strafgelder aus⸗ schließlich zu Nutzen der betr. Arbeiter verwendet werden müßten. Dieselbe ratio legis, welche dies bestimme, liege auch im Bergbau vor. Der Vorredner wolle aber mit der Bestimmung, daß, wo Arbeiter⸗ ausschüsse nicht beständen, die Verwaltung der Kasse von einer aus geheimer Wahl hervorgegangenen Commission der Arbeitnehmer geführt werden solle, den Arbeitgebern einschneidende Beschränkungen auferlegen. Es emxfehle sich nicht, hier so gelegentlich eine solche Bestimmung zu treffen; für die Uebergangsperiode sei eine größere Mannigfaltigkeit in der Ausgestaltung der Arbeiterausschüsse vor⸗ zuziehen. Man werde auch bei den Bergwerken zu Arbeiter⸗ ausschüssen kommen, man werde sie aber nicht segensreich durchführen können, wenn man nicht die Mitwirkung der Arbeitgeber dabei in den Vordergrund stelle.
Abg. Eberty (fr.): Er wünsche, daß die Regierung auf dem von ihr betretenen Wege fortschreiten möge. Wozu diese Ver⸗ sicherungen der Arbeiterfreundlichkeit, wenn man die Anträge der stegierung immer noch weiter abschwäche? Man müsse sich endlich daran gewöhnen, die Bergarbeiter als gleichberechtigte Contrahenten zu behandeln. Er empfehle daher die Annahme des Antrags Hitze.
Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch: ö
Meine Herren! Wir würden ja in diese Vorlage ganz einfach die Bestimmung der Gewerbeordnung aufgenommen haben, wenn uns nicht gerade die Knappschaftskassen ganz besonders am Herzen gelegen hätten. In der Novelle zur Gewerbeordnung lautet die bezügliche Bestim⸗ mung ganz allgemein: alle Strafgelder müssen zum Besten der Arbeiter der Fabrik verwendet werden. Es hätte ungemein nahe gelegen, bezüglich der Strafgelder auf Bergwerken die gleiche Bestimmung aufzunehmen; damit würde alles gedeckt werden, was die Herren wenigstens in Bezug auf die Verwendung der Strafgelder wünschen.
Nun ist es eine der ältesten Rechtsgewohnheiten unseres Berg⸗ baues, daß die Strafgelder, die auf Bergwerken entrichtet werden, in die Knappschaftskassen fließen. Es ist heute nicht mehr überall der Fall, aber doch bei einem großen Theile des Bergbaues, und so viel mir bekannt, haben die Bergleute sich hierüber niemals beschwert. Es ist gesagt worden, es liege auf der Hand, daß die Bergleute sich viel mehr dafür interessiren werden, daß die Strafen, die sie zahlen, in dem engeren Kreis ihrer Belegschaftsgenossen zur Verwendung kommen. Ja, meine Herren, sehen Sie sich einmal diesen engeren Kreis an. Das sind 3000, 6000 und mehr Leute; ob sich das Strafgeld von 1 S oder 1 0 50 3 auf einen Kreis von 3000 oder auf einen Kreis von 30 000 vertheilt, das ist wirklich für den Einzahler ganz und gar gleichgültig, und ich glaube nicht, daß es auf den Bergmann irgend welchen Eindruck macht, wenn man ihm sagt: in Zukunft sollen Deine anderthalb Mark Strafe nicht auf die 30 000 des Knappschaftsvereins, sondern auf die 3000 Deiner Belegschaft vertheilt werden. Also, ich meine, dieser Grund ist wirklich von durchschlagendem Werthe nicht.
Nun kommt die alte Gewohnheit dazu, daß die Strafgelder in die Knappschaftskassen fließen. Dem Gedanken, daß dadurch eine Be⸗ reicherung der Bergwerksbesitzer entstehen könnte oder die Verwendung der Strafgelder zu Gunsten der Bergwerksbesitzer eintreten könnte, liegt ja — das kann ich nicht bestreiten — insofern etwas Richtiges zu Grunde, als die Bergwerksbesitzer zu den Knappschafts⸗ kassen Beiträge zahlen. Wenn Sie sich aber vergegenwärtigen, wie minimal die Strafgelder, die in einem Knappschaftsbezirk ein⸗ gehen, gegenüber den Beiträgen zur Knappschaft sind, so kann das wirklich gar keine Rolle spielen. Ich glaube, das Wort des Herrn Abg. Eberty trifft hier zu: man schießt mit Kanonen nach Spatzen. Ich erinnere z. B. an den großen Oberschlesischen Knappschafts⸗ verein, der bisher die Strafgelder in die Knappschaftskasse bezog. Der Verein bringt Beiträge von ca. 3 400 000 Ss auf; er bezieht jährlich 10 000 M Strafgelder. Da kann man doch wirklich mit bestem Willen nicht davon sprechen, daß irgend eine Bereicherung der Werkbbesitzer einträte. Ich meine, in solchen Dingen, die kein Unfug sind — das kann man doch in keiner Weise behaupten —, die sich historisch entwickelt haben, soll man nicht un⸗ nöthig eingreifen und altgewohnte Verhältnisse zerreißen. Ich bin überzeugt, daß ein großer Theil unserer Knappschaften sowohl wie namentlich der Bergleute es höchst unangenehm empfinden, wenn diese alten, von niemand angefochtenen Einrichtungen durch die Gesetzgebung beseitigt werden. Ich möchte Sie bitten, es dabei zu belassen, daß diese Strafgelder auch in die Knapp⸗ schaftskassen fließen können. Wenn Sie aber anders beschließen sollten