fälle vorgekommen. B. Privatbahnen (bei zusammen 231,40 Km Betriebslänge und 26 958 672 geförderten Achs⸗ kilometern) 11 i davon sind verhältnißmäßig auf der Krefelder Eisenbahn und auf der Hessischen Ludwigs⸗-Eisen⸗ bahn die meisten Unfälle vorgekommen.
Der Königliche Gesandte in Oldenburg Graf von der Goltz hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten.
Der bisher bei dem Königlichen Ober⸗Präsidium zu Münster beschäftigte Regierungs⸗-Assessor Schwarz ist der Königlichen Regierung zu Düsseldorf zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden. Dem Regierungs-⸗Assessor Dr. jur. Vüllers zu Breslau ist die commissarische Verwal⸗ tung des Landrathsamts im Kreise Jülich, Regierungsbezirk Aachen, übertragen worden. Der zur Zeit dem Landrath zu Goslar, Regierungsbezirk Hildesheim, als Hilfsarbeiter zu⸗ etheilte ge G or von der Osten ist dem König⸗ ichen Ober⸗Präsidium zu Münster zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
Stettin, 9. Mai. Der Corps-Arzt des II. Armee⸗ Corps, General⸗Arzt erster Klasse Dr. Abel ist, wie, W. T. B.“ meldet, heute gestorben.
Baden.
Karlsruhe, 9. Mai. Seine Majestät der König von Schweden und Norwegen traf nach einer Meldung des „W. T. B.“ heute Nachmittag gegen 4isz Uhr hier ein und wurde am ne, von Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog, der schwedische Generals-Uniform trug, be⸗ grüßt. Im Schloß wurde der König von Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin und dem gesammten Hofstaat empfangen. Hierauf ö. große Hoftafel statt; für heute Abend ist ein Besuch der Vorstellung im Hoftheater in Aus— sicht genommen.
Die Zweite Kammer erledigte in Sitzung die Berathung des Eisenbahn⸗Etats.
Mecklenburg⸗Schwerin.
Schwerin, 9. Mai. Ihre Kaiserliche Hoheit die Großherzogin hat, wie den „Meckl. Nachr.“ berichtet wird, Cannes verlassen, um bei ihrem Vater, dem Großfürsten Michael, einen mehrwöchigen Aufenthalt zu . f der Reise nach St. Petersburg wird die Großherzogin Ende nächster Woche nach Schwerin kommen, um an dem Sarge der hochseligen Groß—⸗ herzogin⸗Mutter, an deren Beisetzung sie aus Rücksicht auf die Gesundheit des Großherzogs nicht theilnehmen konnte, zu beten und die Mitglieder der Großherzoglichen Familie zu begrüßen. Seine Königliche Hoheit der Großher 35 verläßt mit den Fürstlichen Kindern Cannes 6 s in den nächsten Tagen, um langsam heimwärts zu reisen. Zunächst begiebt go ersclh sich in Begleitung Seiner Königlichen Hoheit des , nach Aix⸗les-Bains, während die Herzoginnen Alexandrine und Cecilie zum Kurgebrauch nach Wiesbaden reisen. Die Rückkehr der Höchsten Herrschaften nach Mecklenburg, und zwar nach Schwerin, ist für Mitte Juni in Aussicht genommen, wofern das Befinden des Groß— herzogs, das zur Zeit ein recht befriedigendes ist, und die Witterung zu jenem Zeitpunkt es gestatten.
Braunschweig. Braunschweig, 8. Mai. Seine Königliche Hoheit der
Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, kehrte am 6. d. M. von ih zurück. Zur
ihrer gestrigen
Regenten fand gestern Zapfenstreich der Garnison vor dem Schlosse statt. Am 8. Mai, dem Geburtstage Seiner König— lichen Hoheit, wurde, nach Beendigung des Gottesdienstes, um 111 Uhr große Parade der gesammten Garnison auf dem Schloßplatze abgehalten, die von Seiner Königlichen Hoheit, begleitet von den Königlichen Prinzen und einer größeren Suite, abgenommen wurde. Nachher war im Residenz— schlosse große Gratulationscour mit darauf folgendem Dejeuner. Mittags begaben sich die Höchsten Herrschaften nebst Gefolge mittels Extrazugs nach Schloß Blankenburg zu einem mehr— wöchigen Aufenthalt. Deutsche Colonien.
Ein Berliner Blatt hatte sich aus Sansibar das angeblich von Arabern aus dem Innern an die Küste gebrachte Gerücht telegraphiren lassen, Emin Pascha sei gestorben. Dem „Reuter'schen Bureau“ wird dagegen aus Sansibar von gestern gemeldet, von dem Tode Emin sch sei dort nicht das Geringste bekannt; gerüchtweise habe nur verlautet, daß Emin Pascha erkrankt gewesen sei. Das letztere wurde neulich auch anläßlich der Mittheilung von der Ankunft seines Reise— gefährten Dr. Stuhlmann in Bukoba gemeldet.
Vorfeier des , Seiner Königlichen Hoheit des
Oefsterreich⸗Ungarn.
In dem gestern unter dem Vorsitz des Kaisers ab— gehaltenen Ministerrath wurden die den Delegationen vorzulegenden Gesetzentwürfe endgültig festgestellt. Dem „Fremdenblatt“ zufolge werden die Delegationen für die zweite Hälfte des Monats Septem ber einberufen.
Nach einer Meldung der „Budapester Correspondenz“ sind weitere Verhandlungen der beiden Finanz-Minister Dr. Ste in— bach und Dr. Wekerle über die für die Valutareguli— rung nothwendigen Creditoperationen für jetzt nicht in Aus— sicht genommen.
Der ungarische Handels-Minister von Baroß, dessen Tod gestern unter den nach Schluß der Redaction eingetroffenen Depeschen gemeldet wurde, ist nach einer Mel ung des „W. T. B.“ kurz nach einer Operation verschieden, der er sich hatte unterziehen müssen. Die Nachricht von dem Tode rief überall die größte Trauer hervor. Vielfach wurden in Budapest Trauerfahnen gehißt. Der Kaiser ließ sofort nach Empfang der Nachricht der Wittwe sein Beileid ausdrücken. Das Unter⸗ haus hob sogleich die Sitzung auf. Nach deren Wiederaufnahme beantragte der Präsident, die Verhandlungen überhaupt abzu⸗ brechen und in der heutigen Sitzung Anordnungen in Bezug auf die Betheiligung an den Trauerfeierlichkeiten zu treffen. Die Führer aller Parteien schlossen sich dem Antrage des Präsidenten unter ausdrücklicher Anerkennung der großen
Berdienste des erstorbenen an. Das Haus beschloß hierauf, h in der heutigen Sitzung ausschließlich mit den erforder⸗ lichen Maßnahmen fü f Ein sofort zusammenberufener Ministerrath beschäftigte sich mit den näheren Bestimmungen über die Beisetzungsfeierlichkeiten. Sämmtliche Budapester Abendblätter würdigten in Extra⸗ ausgaben in eingehendster Weise die Verdienste des ver⸗ storbenen Handels Ministers. Aus allen Landestheilen und Städten werden Trauerkundgebungen gemeldet.
Wie es heißt, wird der Finanz Minister Pr. Wekerle in den nächsten Tagen formell, aber nur interimistisch, das Handels⸗Ministerium übernehmen.
Großbritannien und Irland.
Die Königin wird den englischen Blättern zufolge voraussichtlich am 19. Mai von Windsor nach Balmoxal übersiedeln und in diesem Jahre keiner der großen Hoffestlich⸗ keiten persönlich beiwohnen. Die beiden am 16. und 18. Mai statt⸗ findenden Damenempfänge im Londoner St. James⸗Palast wird die , zu Schleswig-Holstein als Ver⸗ treterin Ihrer Majestät leiten, und bei dem Herrenempfang am nächsten Donnerstag wird der Herzog von Connaught die Vorstellungen entgegennehmen.
Wenn auch die neuen Wahlen für das Parlament fürs Erste noch nicht in Aussicht stehen, so fehlt es . nicht an Kundgebungen, welche den Zweck haben, für die Wahlen be⸗ stimmte Programme aufzustellen und den Standpunkt der Parteien zu präcisiren. Von der Regierung scheint ins⸗ besondere die Homerulefrage hierbei in den Vordergrund gestellt zu werden. Wie der Marquis von Salisbury, so hat sich hierüber jetzt auch der erste Lord des Schatzes und frühere irische Ober-⸗Secretär Balfour , . In einer am Sonnabend vor seinen Wählern in Ostmanchester gehaltenen Rede gab er sanachst einen Rechen⸗ schaftsbericht über die von Lord Salisbury im Jahre 1886 eingeleitete energische irische Verwaltung und erklärte, daß er auch die volle Verantwortlichkeit . die Verbrechen⸗Acte über⸗ nehme. Gerade sie habe den Boden bereitet für die später so erfolgreiche positive Gesetzgebung. Jetzt sei das Zwangsgesetz fast überflüssig geworden. Die Zahl der Personen, welche i Zeit wegen Uebertretung der Zwangsacte in irischen Ge⸗ ängnissen sitze, lasse sich an den Fingern herzählen. Auch die Gladstonianer leugneten nicht, daß Gesetz und Ordnung in Irland wieder eingekehrt seien; nur gäben sie als Grund die sichere Hoffnung an, welche die Iren hegten, daß Gladstone ihnen ehestens die ö Homerule schenken würde. Wie stimme zu dieser Ansicht die wiederholte Erklärung irischer Abgeordneter, daß man von jedem englischen Ministerium, sei es liberal oder conservativ, gesetzliche Wohl⸗ thaten für Irland mit Gewalt erzwingen müsse? ladstone habe seine alte Homerulebill in zweierlei Weise motivirt: etwas müsse gethan werden, und Zwangsmaßregeln würden die Dinge schlimmer und nicht besser machen. Diese Grund⸗ lage der Gladstone'schen Beweisführung sei in den letzten fünf Jahren Lügen gestraft worden. Der Beweis sei erbracht, daß sich sehr wohl gesetzliche Zustände in Irland einführen ließen und man nicht rathlos an der Lösung der irischen Fragen ö. . Grundlage der britischen Verfassung zu verzweifeln rauche.
Der neue katholische Erzbischof von Westminster Dr. Vaughan, bisheriger ch von Salford, wurde am Sonntag er iht in der Pro⸗-Kathedrale von Kensington (London) inthronisirt. Die Begrüßungsadressen der Geistlich⸗ keit und der Laien, welche letzteren der Herzog von Norfolk vertrat, beantwortete der neue Erzbischof mit einer längeren Rede. Als die Ziele, die er sich . habe, verkündigte er darin: katholische Erziehung für jedes katholische Kind, Eingreifen der Kirche in die sockale Frage auf Grundlage der vom Papste selbst erlassenen Vorschriften und Förderung der Eintracht unter den verschiedenen Nationalitäten, welche die Bevölkerung Londons bilden.
Frankreich.
Der französische Klerus scheint seinen Widerstand gegen die vom Papst gewünschte Unterordnung unter die Re⸗ publik fortsetzen zu wollen. Wie der „Köln. Htg.“ berichtet wird, hat sich der Deputirte Msgr. d'Hulst in einem Interview entschieden gegen das letzte Schreiben des Papstes ausgesprochen. Der Brief, erklärte er, habe ihn tief betrübt, und er begreife seht wohl, daß viele Mon⸗ archisten sich entschieden weigerten, dem Willen des Papstes nachzukommen. Damit träten sie keineswegs in Widerspruch zu den Gesetzen der Kirche; nur wenn es sich um Dogmen und die Erklärung grundsätzlicher Wahrheiten handle, sei der Papst absolut, in allen anderen Fragen und namentlich in der jetzt aufgeworfenen, habe er nur diejenige Autorität, die ihm seine politische Erfahrung und sein guter Wille geben könnten. Mit einem Worte, der Papst sei nicht ö viele glaubten, daß er sich entschieden täusche, jedenfalls hätten seine Rathschläge die heftigste Erregung bei Männern hervorgerufen, die sonst die päpstlichen Entscheidungen nie bekrittelten. Weiter führte Msgr. d'Hulst aus, daß der Wider⸗ stand gegen den Brief des Papstes für die Widerstrebenden keine kirchlichen Nachtheile zur Folge haben könne, da der Papst nicht ex cathedra gesprochen habe. Wörtlich fuhr er dann fort: „Der Papst konnte es nicht und durfte es nicht; er glaubte, es sei zeitgemäß, so zu handeln, weiter hatte es keinen Grund. Er wollte Opportunismus treiben, darin ist man weder gehalten, ihm zu gehorchen, noch ihm nachzuahmen.“ Da sich in Paris das Gerücht verbreitet hatte, der Brief des Papstes sei die Folge von Ver⸗ handlungen zwischen der französischen Regierung und dem Vatican, so läßt die Regierung dies für falsch erklären.
Der Cultus⸗Minister hat den Erzbischof von Aix benachrichtigt, daß er ihn wegen seines Hirtenbriefes vom 20. April und wegen achtunddreißig Lehren seines Katechismus vor den Staatsrath verwiesen habe und sich weitere Maß— regeln vorbehalte.
Ein vorgestern aus Porto Novo in Paris eingetroffenes Telegramm meldet, die Besatzung könne mit den am 3. ds. eingetroffenen Verstärkungen den Dahomeyern erfolgreich Widerstand leisten. Die M torn von Regis sei gut befestigt und von 70 Schützen besetzt, sie sei jetzt uneinnehmbar. Bis dahin hatten die Dahomeyer den Verkehr zwischen Abome— Kalavy und Kotonu noch nicht unterbrochen. Der König von Dahomey hindere a. die europäischen Agenten abzureisen, und er werde die Ausfuhr verbieten, falls die dortigen Kauf— leute die Einfuhr europäischer Waaren einstellten.
Der Minister des Innern hat nach der „Köln. Ztg.“ jetzt gleichfalls an die Präfecten ein Rundschreiben gerichtet, das die Ueberwachung von Dynamit und anderen
für eine Trauerkundgebung zu befassen.
Sprengstoffen in den Lagerräumen behandelt. Die Prä werden darin angewiesen, sich mit den er ern e, vernehmen zu setzen, ihnen die sorgfältigste Ueberwachung der Sprengstoffe zu empfehlen und sie auf die große Verantwort= lichkeit aufmerksam zu machen, die sie treffen würde, falls sie diese Ueberwachung vernachlässigten.
Die Erplosion am Boulevard Magenta hat jetzt ein zweites Opfer gefordert. Der Restaurateur Very ist in der vergangenen Nacht gestorben.
Bel dem gestrigen . amonod's auf dem Pere Lachaise hielt, wie W. T. B.“ berichtet, der Präfi⸗ dent des Pariser Municipalrathes eine Ansprache worin er die anaxchistischen Attentate auf das heftigfte brandmarkte. Die Feierlichkeit verlief ohne Zwischenfall. Wie übrigens der „Courrier de la Loire“ wissen will, wäre Hamonod nicht ein Opfer des Attentats, sondern ein Theil nehmer daran gewesen.
Rußland und Polen.
Der Kaiser hat die Verstaatlichung der Warschau— Te res poler Eisenbahn sanctionirt.
Die Vergünstigungstarife für Getreide aus Häfen der westlichen Landesgrenze nach Stationen im Innern des Landes, sowie die im Innern 8. tatteten Umschlagstarife für, Getreide sollen, wie ‚W. T. B.“ aus St. Petersburg
erfährt, morgen, Mittwoch, für einen Monat später gekündigt
werden.
Nach einer St. Petersburger Meldung der „Kölnischen
Zeitung“ hat der dortige Verein deutscher Reichs— angehöriger dem scheidenden deutschen General⸗Konsul Frei⸗ herrn von Lamezan eine künstlerisch ausgeführte und in warmen Worten abgefaßte Adresse überreicht. .
Der Stadthauptmann von St Petersburg, General⸗Lieutenant Gresser, ist schwer erkrankt. Anders lautenden Mittheilungen , vernimmt das „Wolff 'sche Bureau“ über den Grund
er Erkrankung: es wäre ihm eine Einspritzung von „Vitalin“ gemacht worden, die hierbei gebrauchte Spritze sei aber nicht rein gewesen, auch sei eine Vene . worden und hier⸗ auf sei Gangräne (Brand) eingetreten. Einer Mittheilung der „Nord. Tel, Ag.“ zufolge besteht die Erkrankung in einer acuten Entzündung der subcutanen Zellenhaut beider Beine. Das Vitalin“ selbst solle nach der Erklärung seines Erfinders, des Ingenieurs Gatschkowsky, lediglich aus Borax und Gly⸗
cerin bestehen und bei verschiedenen Personen bereits heilend
gewirkt haben.
Italien.
Ueber den Verlauf der Ministerkrisis und der Ver⸗ handlungen wegen Bildung eines neuen Cabinets stellen
wir zunächst aus den vorliegenden telegraphischen Meldungen
Folgendes zusammen:
König Humbert hatte am Sonntag eine Besprechung mit Crispi, die anderthalb Stunden dauerte. Wie der „Nat⸗Itg.“ gemeldet wird, faßte letzterer seine Meinung dahin zusammen, daß die Lage allerdings schwierig sei, daß jedoch ein Tabinet, das Autorität und Macht habe, alle Schwierig⸗ keiten werde überwinden können. Am Montag Vor⸗ mittag war Zanardelli zur Besprechung befohlen. In Mailand soll dieser, derselben Quelle zufolge, zu einem Freunde gesagt haben, er halte die finanzielle Lage für bedenklich und werde ablehnen, in das Cabinet einzutreten. Zanardelli, welcher anderthalb Stunden bei dem Könige blieb, erklärte diesem, daß nur Crispi die inneren Schwierigkeiten werde überwinden können, ohne Mißtrauen im Auslande her⸗ vorzurufen. Nachmittags conferirte der König mit dem Prä—⸗ sidenten des Senats Farini, der gleichfalls auf Crispi als den geeigneten Nachfolger Rudiniss hinwies, und Abends mit dem Präsidenten der Deputirtenkammer Biancheri. Abends war in parlamentarischen Kreisen das Gerücht verbreitet, der König werde heute Giolitti den Auftrag zur Cabinetsbildung ertheilen; doch bezweifelte „Fanfulla“, daß Giolitti das Präsidium übernehmen werde. Giolitti hat bei dem Sturz des Cabinets Rudini-⸗Luzzatti ebenso wie Crispi und Zanardelli eine Rolle gespielt. Er ist Chef der piemon⸗ tesischen Gruppe und war früher Schatz-Minister im Cabinet Crispi. In der Kammersitzung vom 5. Mai, welche die Niederlage Rudini's herbeiführte, hatte er seine Stellung zu der schwebenden finanziellen Frage in Folgendem präcisirt: Die besonderen Vollmachten, welche sich die Regierung erbittet, so führte er aus, um eine Reform der Staatsverwaltung durch⸗ zuführen, erscheinen nicht praktisch, umsoweniger, als Rudini augen— scheinlich nicht mehr lange am Ruder bleiben werde. Und dann: welch klaren Begriff werden sich die Minister binnen zwei Jahren von den Nothwendigkeiten der Staatsverwaltung machen können, wenn sie
bisher auch nicht die leiseste Ahnung von denselben zu haben bewiesen? Die
Regierung wolle zuviel auf einmal. Zuvörderst möge sie den Ausfall im ordentlichen Theil des Haushalts decken. Sei dies geschehen, dann werde sich alles übrige finden; daß aber dem Volk neue Qpfer zu⸗ gemuthet werden, weil der Schatz⸗Minister den heroischen Entschluß gefaßt hat, auch die Ausgaben für Eisenbahnbauten aus den gewöhn⸗ lichen Einnahmen zu bestreiten, das dünke ihm theoretisch richtig,
praktisch aber in Hinsicht auf die wirthschaftliche Lage des Landes.
eine nicht zu verantwortende Härte (Beifall, welche er nicht auf sich nehmen werde. Ein Gleichgewicht., wie es der c ggg ihne fordere, sei eine Chimäre, und das Volk könne mit Recht verlangen, daß es mit solchen Versuchen verschont werde. Vor drei Monaten habe Redner die . ausgesprochen, daß Rudini sich ermannen und einen den wahren Bedürfnissen des Landes entsprechenden Reform⸗ plan vorlegen werde. Diese Hoffnung habe sich nicht erfüllt. Unter solchen Umständen bleibe ihm nichts Üübrig, als gegen die Regierung zu stimmen; höher als die ihm persönlich werthen Männer stehen die k des Landes, welches einer zielbewußten klaren Führung edürfe.
Wir knüpfen hieran auf Grund des jetzt vorlie henden Berichts über jene nn nf g die Mittheilung, daß die Redner der Opposition sich namentlich darüber be⸗ klagten, daß das Cabinet Rudini-Luzzatti dreimal sein Finanzprogramm geändert habe. Es wurden die vorgeschla⸗ genen neuen Steuern — Reform der Erbschaftssteuer und . h , erregt — für unzulänglich erklärt und namentlich Ersparungen durch gründliche Umgestaltung aller Dienstzweige, Abschaffung verschiedener überfluͤssiger Aemter, Cassationshöfe, Schulen, Präfecturen u. s. w. gefordert und die Ueberzeugung ausgesprochen, daß hierdurch die finanziellen Schwierigkeiten beglichen werden könnten.
Zu den Persönlichkeiten, welche von dem König in den letzten Tagen empfangen wurden — die „Nat.⸗Ztg.“ macht übrigens darauf aufmerksam, daß die Berufung der ver⸗ schiedenen politischen Persönlichkeiten keineswegs beweise, daß mit jeder von diesen wegen des eventuellen Eintritts in das neue Cabinet verhandelt werde; der König pflege vielmehr wie sein Vater stets in solchen Fällen sich mit den verschiedensten Persönlichkeiten zu berathen —, gehörte auch Saracco—
Dieser soll von dem König als Mittel zur . der fnanziellen Schwierigkeiten die Unterdrückung zweier Armee⸗ Corps . haben; e, , . nahm er an der Com⸗ bination über die Neubildung des Cabinets nicht mehr theil.
Portugal.
Laut Meldung der Times“ aus QOporto ist infolge von Ruhestörungen der Studenten seitens der Regierung die Schließung der Universität Coim bra angeordnet und außerdem verfügt worden, daß die nicht ansässigen Studenten binnen 24 Stunden die Stadt verlassen müssen.
Belgien.
Aus Lüttich werden dem „H. T. B.“ vier neue Ver— haftungen von Angrchisten gemeldet. Bei einem der Ver⸗ hafteten, Namens Pouills, wurde eine Dynamitbombe vor⸗ gefunden, mit welcher er eingestandenermaßen ein großes weideutiges Haus in die Luft sprengen wollte. Ein anderer, e ineau mit Namen, hat gestanden, das Attentat gegen den Geheimen Rath Renson im März verübt zu haben. — Der Gemeinderath von Lüttich hat 25 099 Fr. für Verstärkung der Polizei und zu Gratificationen bewilligt. — In Antwerpen 9 zwei französische Angrchisten festgenommen worden. Der „Köln. Ztg.“ wird von dort berichtet; ⸗
Schon am 1. Mai hatte die Pariser Staatsanwaltschaft nach zwei französischen Anarchisten angefragt, die sich in Antwerpen ver= borgen halten sollten. Alle Bemühungen, die Leute zu entdecken, waren volle acht Tage umsonst. Am 8. d. M, wurden sie zufällig in der Vorstadt Berchem aufgefunden, wo sie als Arbeiter in einer Wachs⸗ leinwandfabrik thätig waren. Der eine Namens Gauthier Lavigne, 1570 in Grenoble geboren, war im Besitze einer Nummer des Blatts „Missre“, dessen Druckerei in Brüssel in einem Taubenschlag ent⸗ deckt worden ist. Der andere heißt Emile Voyez und ist 1871 zu Transloy geboren. Bei ihm fand man zwei mit Bleistift geschriebene aarchistische Artikel, die er selbst niedergeschrieben hat. Das fran⸗ zöfische Gericht verfolgt beide wegen mehrerer Strafthaten.
Schweden und Norwegen.
Stockholm, 9. Mai. Der Reichstag berieth vor⸗ estern und heute die industriellen Zölle. Die Erste Kammer nahm im wesentlichen die Vorschläge der Regierung an, die Zweite Kammer dagegen sprach sich fir die Vorschläge des Ausschusses aus, welcher die Zollsätze niedriger normirt hatte, als die Regierungsvorlage. Die für unvorher⸗ ges ehene Umstände, insbesondere für den Fall eines Krieges, verfassungsmäßig ins Budget einzustellenden Be— träge find vom Reichstag von 116 resp. 3 Millionen Kronen auf An resp. 5 Millionen Kronen erhöht worden.
Dänemark.
(E) Kopenhagen, 8. Mai. Die Herzogin Thyra von Cumberland wird zum 17. d. mit ihren Kindern hier erwartet. König Christian gedenkt, wie die „Nat. Tid.“ ver⸗ nimmt, die er zogin mit dem Dampfer „Danebrog“ in Lübeck abzuholen.
ö Amerika.
Nach einem Telegramm des „New⸗York Herald“ aus Caracas in Venezuela hat bei Lostegues ein Kampf zwischen 400 Mann Regierungstruppen, welche eine Ab⸗ theilung Ingenieure begleiteten, und 300 Insurgenten statt⸗ gefunden. Die letzteren mußten sich unter Verlust von etwa 100 Mann, welche todt oder verwundet auf dem Platze blieben, zurückziehen. Der Verlust der Regierungstruppen wird auf 25 Todte und 13 Verwundete angegeben.
Afrika.
Aus Kairo meldet man den „Daily News“: Eine Ab⸗ theilung Derwische, bestehend aus mehreren Hundert Mann Reiterei und Fußvolkl, stehe in Suarden und beabsichtige augenscheinlich, einen Einfall über die egyptische Grenze zu machen. Die egyptischen Truppen ergriffen besondere Vor⸗ sichtsmaßregeln gegen eine Ueberrumpelung.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (61) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, der der Minister des Innern Herrfurth, der Finanz-Minister Dr. Miquel, der Minister der öffentlichen Arbeit n Thielen und der Minister der geistlichen 2c. Ange— legenheiten Dr. Bosse beiwohnten, stand als erster Gegenstand auf der in rn n die Berathung der von der Budget— commission zu dem Gesetzentwurf, betreffend die Erweite⸗ rung, Vervollständigung und bessere Ausrüstung des Staatseisenbahnnetzes, vorgeschlagenen Resolution:
„Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, die für den Er⸗ neuerungsbau von Bahnhöfen erforderlichen . in den
Staatshaushalts⸗Etat aufzubringen und demgemäß die Mittel zur
Befriedigung derselben auf dem für den Staatshaushalts⸗Etat ge⸗
gebenen Wege zu beschaffen.“
Der Berichterstatter Abg. Dr. Hammacher (nl,) be— gründete die Resolution damit, daß die Erneuerungsbauten nicht als Kapitalsanlage zu betrachten seien, und daß es un⸗ 4 sei, alle Ausgaben dafür auf Anleihe zu über⸗ nehmen.
Abg. Schmieding (nl.) hielt es für besser, anstatt der nur einen Punkt einseitig regelnden Resolution folgenden gleich— falls in der Commission ö Antrag anzunehmen:
Die Königliche Staatsregierung , . die Frage einer Beschränkung der von der Eisenbahn⸗Verwaltung für andere Staats⸗ ausgaben zur Verfügung zu stellenden Summen auf einen festen, in 1 . Zeiträumen zu revidirenden Betrag in Erwägung zu nehmen.“
Erst dann könne der Eisenbahn⸗-Minister seinen wirthschaft⸗ lichen Aufgaben durch die Durchführung der Tarifreformen gerecht werden.
Abg. Dr. Lieber (Centr.) sprach sich für die Resolution der Commission aus, die jedoch nur einen ersten Schritt auf dem Wege darstelle, die bisher aus Anleihen entnommenen Eisenbahngusgaben auf den Etat zu übernehmen.
Der Finanz⸗Minister Dr. Miquel erkannte an, daß das Eisenbahngarankiegesetz nicht die ö . fur die Finanzverwaltung geschaffen habe und daß vielleicht in den ersten zehn Jahren der Verstaatlichung hier und da fehl gegriffen sei Er sei daher in der Tendenz mit den Anträgen einverstanden, am meisten würde ihm aber der in der Commission gleichfalls trörterte Antrag zusggen; darauf Bedacht zu nehmen, daß thun⸗ lichst bald für gewisse Ausgaben die Deckung in den Betriebs— einnahmen gesucht werde. Der Antrag der Commission binde die Regierung zu sehr. Sparsamkeit sei aber jetzt wichtiger als die Art der Verrechnung. Die Regierung stehe auf dem
oden der Anträge, wiffe aber noch' kein Mittel, wie sie durchzuführen seien.
Die Abgg. Dr. Lieber (Centr) und Schmieding (nl.) brachten hierauf folgenden in der Commission abgelehnten Antrag ein:
Die Königliche r aufzufordern, darauf Bedacht zu nehmen, daß thunlichst bald die Kosten für Anlage zweiter und weiterer Geleise, für Um⸗ und Erneuerungsbauten von Bahnhöfen und. für Vermehrung von Betriebs mitteln für die bereits bestehenden Bahnen in dem Staatshaus⸗ haltsplan ausgebracht und demgemäß die Mittel zur Befriedigung dieser Bedürfnisse schrittweise aus den Betriebseinnahmen der Staatseisenbahnen beschafft werden“.
Abg. Graf zu Limb urg⸗S tirum (cons.) hielt es nicht für möglich, ganz feste Grundsätze für die Verrechnung auf⸗ zustellen; es ö. vielmehr von Fall zu . entschieden werden. Ob der Antrag Lieber oder der der Commission an— genommen werde, sei ziemlich gleichgültig.
Abg. Dr. Sattler (nl. wollte in erster Linie für den Antrag Lieber und, wenn dieser abgelehnt werde, für den Commissionsantrag stimmen.
Abg. Stengel (freicons.) wünschte ebenfalls, daß mög⸗ lichst viele kö aus laufenden Mitteln gedeckt würden, und wollte für diejenige Resolution stimmen, die zuerst zur Abstimmung käme.
Abg. Rickert (dfr. wollte für keine Resolution stimmen, weil dieselben doch bedeutungslos seien; es müsse in jedem Falle der Vorlegung. des Etats und des Anleihegesetzes ent⸗ r nen werden. Ohne eine quotisirte Steuer sei eine ein⸗ schneidende Aenderung der . nicht denkbar.
Der Antrag Lieber⸗-Schmieding wurde angenommen, der Commissionsantrag abgelehnt.
Es folgte die erste Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die Gewährung einer Staatsrente für Stolgebührenentschädigungen in der evangelisch— lutherischen Kirche der . Hannover.
Abg. von Voß , hielt eine Commissionsberathung nicht für nöthig, weil diese Vorlage dem in der Commission J Gesetz für die älteren Provinzen völlig ent⸗ preche.
Die Agg. Simon von Zastrow (cons), Dr. Sattler ih und Br. Brüel (Centr.) schlossen sich diesen Aus⸗ ührungen an, und das Haus beschloß demgemäß.
Bei Schluß des Blattes begann die erste Berathung des , . betreffend die Geheimhaltung der Er⸗—⸗ (. nisse der Veranlagung zur Staatseinkommen— teuer. ö
— Die Commission des Hauses der Abgeordneten zur
Vorberathung des Gesetzentwurfs über die Bahnen unterster
Ord nung erledigte in ihrer gestrigen Sitzung die 8 7 bis 13.
Kunsft und Wissenschaft.
Die „Nat. Ztg.“ schreibt: Eine fast totale Mond⸗ finsterniß werden wir am Abend des morgigen Bußtages bei günstiger Witterung zu beobachten Gelegenheit haben. Die Finsterniß, die sich bis über 0, 956 Theile des Monddurchmessers erskrecken wird, beginnt etwas über der Mitte des linken Randes Abends um 19 Uhr 4 Min. mittlerer Berliner Zeit, erreicht ihr Maximum um 11 Uhr 47 Min. und hört um 1 Uhr 30 Min. auf. Die letzte Spur des Erdschattens wird am rechten Mondrande zwischen der Mitte und oben sichtbar sein. Ueberall auf der Erde, wo der Mond zu dieser Zeit über dem Horizont steht — in Berlin geht er am 11. Mai um Uhr 29 Min. auf — ist die Finsterniß in annähernd gleicher Weise sichtbar. — In der Urania wird Herr Dr. Körber morgen bei diesem Anlaß um 9 Uhr über Mondfinsternisse sprechen, und die Sternwarte des Instituts wird für die Beobachtung des Phänomens dem . bis zum Schluß der Verfinsterung gegen den gewöhnlichen Eintritts⸗ preis von O,. 50, M geöffnet sein.
— Wie die Tägl. Rdsch. erfährt, hat Seine Maje stät der Kaiser für die Festschrift, welche die hiesige Gesellschaft für Erd⸗ kunde zur 400jährigen Feier der Entdeckung von Amerika her⸗ ausgeben wird, einen Beitrag von 15 900 ½ aus Allerhöchstseinem Disphositionsfonds bewilligt. Die Festschrist wird von Dr. Konrad en bearbeitet, der im Vorjahre von der Gesellschaft unter finanzieller Beihilfe des Cultus⸗Ministers nach Italien geschickt war, um in den dortigen Bibliotheken Studien über die Vorgeschichte der Entdeckung von Amerika zu machen. Die Festschrift wird aus einem Band Tert und einem Band „Atlas“ von 35 Blättern (darunter 31 völlig neue Karten) bestehen; sie ist bereits im Druck (in der Reichsdruckerei) und wird zum August fertig sein.
— In dem Wettbewerb zum Kaiser⸗Friedrich⸗Denkmal bei Wörth sind, wie die „Voss. Ztg. vernimmt, die Bildhauer Eberlein, Baumbach und Hidding als Sieger hervorgegangen.
— Gestern fand in Bonn die Feier der Eröffnung des Colle⸗ gium Albertinum, des erzbischöflichen Convicts für Studirende der katholischen Theologie, statt. Anwesend waren Erzbischof Krementz sowie der Curator und der Rector der Universität.
Verkehrs⸗Anftalten.
Bremen, 9. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Dampfer , hat gestern Quessant passirt. — 10. Mai. (W. T. B.) Der Schnelldampfer Ems“, am 30. April von New⸗JYork abgegangen, ist am 8. Mai Abends in Southampton angekommen und hat die Reise nach Bremen fort⸗ gesetzt; er überbringt 428 Passagiere und volle Ladung. Der Schnell—⸗ dampfer „Aller“ hat am 8. Mai Nachm. die Reise von Southampton nach New⸗Jork Ffortgesetzt. Der Schnell⸗ dampfer „Saale“ ist am 7. Mai Nachm. von New⸗ Vork via Southampton nach der Weser abgegangen. Der Schnelldampfer Werra“ ist am 7. Mar Mor⸗ ens von New⸗York via Gibraltar nach Genua abgegangen. Der , . Nürnberg“, nach Ost⸗Asien bestimmt, f am 8. Mai bends in Genua angekommen. Der Postdampfer Dresden“, von Baltimore kommend, hat am 8. Mai Nachmittags Lizard passirt. Der Postdampfer Baltimore“ hat am 8. Mai Nachmittags die Reise von Vigo nach dem La Plata fortgesetzt. Der Postdampfer Weser“, von New⸗NVork kommend, hat am. 9. Mai Vormittags Do ver passirt. Der Reichs⸗Postdampfer Kagiser Wilhelm II.“, von Australien kommend, ist am 9. Mai Nachmittags in Colombo angekommen. . London, 9. Mai. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Con war Castle“ hat am Sonnabend auf der Heimreise die Cangrischen Inseln passirt. Der Castle⸗Dampfer „Hawarden Castle“ ist 5 auf der Heimreise in London angekommen. Der Union⸗-Dampfer „Anglian“ ist gestern auf der Heimreise in Southampton angekommen. Der Union-Dampfer „Dane“ hat am Sonnabend auf der Heimreise Madeira passirt.
Theater und Musik.
Des Bußtages wegen bleiben morgen die Königlichen Theater geschlossen. Am Donnerstag geht im König lichen Opernhause „Freund Fritz! mit den Damen Pierson, Rothauser und Lammert, den Herren Sylva, Betz, Philipp und Krasa in Scene. Der Oper folgt das Ballet „Die Puppenfee“. Am Freitag . Siegfried“ (Ring des Nibelungen, Zweiter Abend) mit den Damen Sucher, Herzog und Lammert, den Herren Gudehus, Mödlinger, Betz, Lieban und Schmidt zur Darstellung.
Am Donnerstag findet wieder im Königlichen Schauspiel⸗ haue eine Aufführung der drei Einacter statt. In 3 22 am Freitag Die Weisheit Salomo's spielt Herr Ludwig den König Salomo, den Abdul Herr Kahle, die Sulamsthe Frau von Hochen⸗ burger, die Adischa Frau Stollberg, den Hadad Herr Purschian, den Ben Isbah Herr Keßler, den Saphat Herr Plaschke und die Königin von Saba Fräulein Poppe.
Im Lessing⸗Theater gelangt unter Abänderung des Wochen⸗ Spielplans am Donnerstag in Begleitung der Plauderei Die Ball⸗ schuhe der Schwank irg, 339 (Fiacre 177) zur Aufführung. Am Freitag wird Die Großstadtluft‘ wiederholt. n Sonnabend findet eine Wiederaufführung von, Sodoms Ende“ statt und am Sonntag Abend wird Die Cameliendame“ gegeben werden, während als Iach⸗ mittagesvorstellung der Schwank „ Die Großstadtluft“ angesetzt ist.
ie volksthümlichen Vorstellungen der Posse: „Ehrliche Arbeit“ zu ermäßigten Preisenæ im Wallner⸗Theater müssen mit nächstem Sonnabend ihr Ende erreichen, da am Sonntag eine Wohlthätig⸗ keits-Vorstellung zum Besten der Unterstützungskassen des Vereins Berliner Presse“ die Thätigkeit der provisorischen Directign beschließen wird. Zur Aufführung gelangt dabei das Moser , Girndt'sche Lustspiel „Die Sternschnr ben mit QIscar Blencke als Gast, dẽm der General⸗Intendant der Wöniglichen Schguspiele Graf von Hochberg wegen des wohlthätigen Zweckes die Bewilligung zu diesem e gie ertheilte. Die Herren Gimnig und Ottbert sowie Fräulein Josefine Glöckner werden sich an diesem Tage vom Berliner Publikum verabschieden.
Anton Ruhinstein hat gestern im Kroll'schen Theater bereits die erste Probe seiner er Die Maccabäer“ abgehalten. Die Direction hat dazu das Orchester sowie die Chöre erheblich ver⸗ stärkt und für eine entsprechende Ausstattung Sorge getragen. Für die erste Aufführung der Oper sind sämmtliche, Sitzplätze verkauft. Einige Stehplätze ind noch abzugeben, doch wird, wie bereits mit⸗ getheilt, nur eine beschränkte Anzahl davon zum Verkauf gelangen.
„Fräulein Feldwebel! geht am Donnerstag im Adolph Ernst⸗ Theater bereits zum 25. Male in Scene; morgen fällt die Vor⸗ stellung des Bußtags wegen aus.
Das Thomas-Theater bläbt morgen des Bußtags wegen . Vormerkungen zu der Operette „Die Ulanen“ können
is einschließlich Sonntag bewirkt werden. .
Morgen, am Buß⸗ und Bettag findet, wie bereits angekündigt, um 7 Uhr Abends in der Neuen Kirche am Gendarmenmarkt das Concert des Orgelvirtuosen Hermann Deckert statt, worin die Concertsängerin ö. Katharina Müller⸗Ronneburger und der König liche Kammermusiker Herr Albert Rüdel (Cello) mitwirken. .
Morgen, am n und Bettage, ö das Philharmonische Qrchester unter Mitwirkung des Schnöpf'schen Gesangvereins (Direction: Königlicher Musikdirector P. Schnöpf) in der Phil⸗ harmonie (76 Uhr) Mendelssohn's Oratorium „Paulus“ zur Auf⸗ führung. Die Soli haben Fräulein Lydia Müller (Sopran), Frau Hedwig H. Wolfradt (Alt), sowie die Herren O. Vetter (Tenor) und E. Severin (Baß) übernommen, die Orgel spielt Herr Dr. Reimann.
Jagd.
Unter den Hasen herrscht, wie der .A. f. d. H.“ mittheilt, in hiesiger Gegend eine Krankheit, die nach Aussage der Förster den Pocken ähnlich ist; namentlich werden die älteren Thiere davon er⸗ faßt und verenden in kurzer Zeit. Allenthalben findet man in den Jagdrevieren todte Hasen.
Mannigfaltiges.
Der Grundstein der Ap ostel-Paulus-Kirche in Schöne⸗— berg ist heute feierlich gelegt worden. Die ehemalige Fichtenkoppel, jener Theil des Akazienwäldchens, auf dem das neue Gotteshaus seinen Platz finden wird, war reich geschmückt, die be⸗ nachbarten Häuser waren Hekränzt und beflaggt. Rechts und links vom Kaiserzelt erhoben sich Tribünen, vor diesen und gegen⸗ über dem Zelt hatten die Schüler des Orts, die Krieger- und andere Vereine mit ihren Fahnen Aufstellung genommen. In dem Zelt selbst sammelten sich die Ehrengäste. In Vertretung Ihrer Mgestät der Kaiserin, der Patronin des Kirchenbaues, erschien der Ober⸗Hofmeister Freiherr von Mirbach; die Staats⸗ behörden waren durch den Minister⸗Präsidenten Grafen Eulenburg, den Cultus⸗Minister Dr. Bosse, den Ober⸗Präsidenten Dr. von Achenbach, den Regierungs⸗Präsidenten Grafen Hue de Grais und den Landrath Stubenrauch vertreten. Ferner waren anwesend: der Vorsitzende des Kirchbauvereins,. Minister des Königlichen Hauses von Wedell, der ö des Evangelischen Ober⸗Kirchenraths D. Barkhausen, der
onsistorial⸗Präsident Schmidt, der General⸗Superintendent D. Braun und zahlreiche Geistliche, der Ober⸗Befehlshaber in den Marken und Gouverneur bon Berlin, General⸗Oberst von Pape, der Commandant von Berlin, General-Lieutenant Graf von Schlieffen, der Commandeur der Eisenbahnbrigade, General-⸗Major Knappe und zahlreiche Offiziere. Vor der Feier überreichte der Cultus⸗-Minister dem Ortspfarrer, Superintendenten Vorberg den ihm von Seiner Majestät den Kaiser verliehenen Rothen Adler⸗-Orden IV. Klasse. Gegen 10 Uhr erschien in Vertretung Seiner Majestät des Kaisers Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold mit Gemahlin. Nach⸗ dem, begleitet vom Musikcorps der Eisenbahnbrigade, die Festversamm⸗ lung das Lutherlied , hatte, hielt Superintendent Vorberg die Festansprache über Eph. 2, 19— 22. Darauf verlas der Lirchen⸗ älteste Gustav Müller folgende von Ihrer Majestät der Kaiserin vollzogene Stiftungsurkunde: .
Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. .
Aus dem stillen Dorfe Schöneberg, welches einst im breiten Gürtel seiner Felder vor den Thoren Berlins lag, ist im Zeitraum eines Menschenalters ein stark bevölkerter Vorort der Residenz ge⸗ worden, welcher neben den Spuren ehemaligen ländlichen Wesens einen großstädtischen Zug aufweist. Auf der alten Feldmark erheben sich nun die prangenden Straßenfluthen des westlichen Viertels unserer deutschen Reichshauptstadt. . q
Namentlich die letzten sieben Jahre haben bei dem starken Zuzug und einer kühnen Bauihätigkeit eine völlige Verschmelzung mit Berlin herbeigeführt und die Seelenzahl von 13 600 auf 36 000 gesteigert.
it diesem Wachsthum der Gemeinde, mit der Zunahme des Wohlstandes und der eingehenden Fürsorge für Schulwesen und Ein⸗ richtungen der öffentlichen Wohlfahrt hat die Entwicklung des kirch⸗ lichen Eilers nicht Schritt gehalten. Namentlich wurde die ganz un⸗ zureichende Räumlichkeit der kleinen alten Kirche als eine Beschränkun für die nachdrückliche Verkündigung des Evangeliums schmerzli empfunden. . ; .
Die Nothwendigkeit der Erbauung eines neuen großen Gottes⸗ hauses war längst eingesehen. Doch stellten sich der Ausführung manche Schwierigkeiten in den . da die Kirchengemeinde kein Vermögen besitzt, die reichen Mittel der Pfarre ordnungsmäßig für andere Zwecke aufgespart bleiben mußten und eine Umlage zur Auf⸗ bringung der nöthigen kirchlichen Mittel auch nicht zu stande ge— kommen war. ;
Nur einzelne treue Glieder der Gemeinde bezeugten dann und wann ihre Freudigkeit zur Erfüllung dieser heiligen Liebespflicht. Im Testamente eines jungen Mannes, Theodor. Bergeingnn, welcher der Heimath fern, nach langem Leiden entschlief, fand sich für den Bau der neuen , die Gabe von 3000 ausgesetzt. Eine ungenannte Kirchgängerin brachte zweimal „Bausteine“ im Betrage von 190 und 50 M Auch andere Spenden wurden den Geistlichen anvertraut. Doch konnten auf diesem Wege namhafte Mittel nicht zusammen⸗ kommen. ö ;
Da trat mit einmüthigem Beschluß die Kirchgemeinde hervor, rief den Beistand der bürgerlichen Gemeinde an und bat Ihre Majestät die Kaiserin Auguste Victoria um Uebernahme des Schutz⸗ amts für den Kirchenban. J ;
Nun gelang es in verhältnißmäßig kurzer Zeit, die im. Besitz der Pfarrpfründe wie die in der Gemeinde vorhandenen Mittel flüssig