1892 / 118 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 May 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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Sprache unterzeichnet worden ist, dessen englischer Tert wörtlich folgendermaßen lautet: . ö 6 folgt der englische Tert des deutsch-nordamerikanischen Literar⸗ Abkommens vom 15. Januar d. J. (R. G. BI. S. 473) —; In endlicher Erwägung, daß die amtli Mittheilung, welche Art. Z des gedachten Abkommens vorsieht, der nordameritansschen Re⸗ aan, e ngen ist;

Erkläre und proclamire ich, Benjamin Harrison, Präsident der Vereinigten Staaten ven Amerika, daß die erste der in Section 15 des Gesetzes vom 3. März 1891 enthaltenen Bedingungen bezüglich der Angehörigen des Deutschen Reichs nunmehr * ist.

u Urkund dessen habe ich hierunter meine Unterschrift gesetzt und das Siegel der Vereinigten Staaten beidrucken lassen. 1 Cigebn in der Stadt . am 15. April 1892 und im 116. Jahre der . der Vereinigten Staaten.

enj. Harrison. Auf Befehl des Präsidenten:

James G. Blaine, Staatssecretär.

Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Baden, Commandeur der 4 Garde⸗Infanterie⸗Brigaͤde, ist aus dem Manövergelände hierher zurückgekehrt.

Der Ober⸗Hof⸗ und Haus⸗Marschall und Ober⸗Ceremonien⸗ meister Graf zu Eulenburg ist von seiner im Allerhöchsten Gefolge nach Pꝛommern und Preußen unternommenen Reife urückgekehrt und hat in der Orangerie in Sanssouci bei

ots dam Wohnung genommen.

Der Königliche Gesandte in Darmstadt Freiherr von , . hat einen kurzen Urlaub nach San Remo an⸗ getreten.

Der Präses des Ingenieur⸗Comitès, General-Lieutenant Schulz ist hier wieder eingetroffen.

Banhern.

München, 18. Mai. Die Kammer der Abgeord— neten hat in ihrer heutigen Sitzung den Gesetzentwürf, be—⸗ ö die ö des Krankenversicherungs⸗ gesetzes, nach den Anträgen des Sonderausschusses mit 129 Stimmen angenommen.

Baden.

Karlsruhe, 18. Mai,. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin statteten heute, wie die „Karlsr. Ztg.“ meldet, Ihren Majestãten der Königin⸗Regentin und der Königin der Nieder— lande in Sand einen Gegenbesuch ab. Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin von Schweden und Ror⸗ wegen beabsichtigt, in Rom, wo sie vorgestern eingetroffen ist, einige Tage zu verweilen.

Die 5. Kammer nahm in ihrer gestrigen Sitzung den Gesetzentwurf über die Errichtung von Gewerbe— kammern in der von der en nn vorgeschlagenen Fassung an.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.

Weimar, 18. Mai. Seine Königliche Hoheit der Großherzog gedenkt sich, der „Th. C.“ zufolge, morgen nach Wien zu begeben, um die internationale Ausstellüng für Theater und Musik in Augenschein zu nehmen.

Braunschweig.

Braunschweig, 17. Mai. Dem Landtag sind nach der „Magd. Ztg.“ Regierungsvorlagen über die Erhöhung der Dienstaufwandsgelder . stimm führenden Mit— glieder des Staats⸗Ministeriums um je 1500 und 2000 (66, sowie über Abänderung der Erbschaftssteuer und der Bauordnung zugegangen.

Bremen.

Bremen, 17. Mai. Wie die „Wes-Ztg.“ erfährt, er— giebt die Abrechnung des bremischen Staatshaus— halts für das Budgetjahr 1891/92, trotz erheblicher Nach— bewilligungen, einen Ueberschuß von 55g 000 S6 Nach dem Voranschlag glichen sich Einnahmen und Ausgaben aus. Die gesammten Staatseinnahmen ergaben im letzten Budgetjahre 13 754 000 S6 gegen 12 881 000 M6 im Vorjahre. Von der Mehreinnahme entfallen 400 900 66 allein auf die Einkommen⸗ steuer 300 000 M auf die Erbschaftssteuer, 130 000 M auf den Freihafen und 60 000 6 auf die Häfen in Bremerhaven.

Oe sterreich⸗Ungarn.

Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent von Bayern stattete gestern, wie W. T. B.“ berichtet, der Fürstin Metternich einen längeren Befuch ab und sprach fich sehr an— erkennend über die Internationale Musik⸗ und Theater— ausstellung aus. Die Fürstin dankte dem Prinz-Regenten für die Unterstützung und Förderung des schwierigen Unternehmens. Die Rückehr Seiner Königlichen Hoheit nach München ist auf den B. d. M. angesetzt. Ihre Hoheit die verwittwete Herzogin Friederike von Anhalt-⸗Bernburg und Ihre Burchlaucht die Prinzessin Luise zu Schleswig⸗Holstein⸗Sonder⸗ burg⸗Glücksburg sind gestern zu längerem Aufenthalt in Gries bei Bozen eingetroffen.

Dem „Fremdenblatt“ zufolge ist in den Vertrags ver⸗ handlungen mit Serbien die zweite 8. des öster⸗ reichisch⸗ungarischen Vertragsentwurfs sammt der Viehseuchen— convention beendet worden. Heute soll, wie das genannte Blatt bemerkt, die zweite Lesung des serbischen Vertrags entwurfs beginnen. Nach deren Beendigung wird zu den Einzelverhandlungen über die differirenden Punkte geschritten werden.

Ueber die bereits in der gestrigen Nummer des „R- u. St⸗A. kurz erwähnten Aeußerungen des Finanz⸗Ministers Dr. Steinbach im Polenclub über die Valutaregu⸗ lirung liegt jetzt folgende ausführlichere Mittheilung vor;

Die Nothwendigkeit finanzieller Opfer, erklärte der Minister, sei durch die Aufnahme eines Anlehens gegeben; die jährliche Zinsenlast betrage ca. neun Millionen Gulden, trete aber nicht sofort im vollen Umfang ein. Die Convertirungen könnten dem Staat bis zu 14 Mil—⸗ lionen Gulden ersparen. Keinesfalls werde die Finanzverwaltung ein Wiederaufleben des Deficits dulden. inen günstigen Erfolg des Anlehens halte er für zweifellos. Der Zeit⸗ punkt., der ersten Operation hänge von dem Abschluß der Gr setzs chung ab. Bei der Bestimmung der Relation sei die strengste Objectivität maßgebend gewesen. Der Bimetallismus sei zur Zeit unmöglich, die Beschränkung der Zahlungsmittel sei bereits

im Gesetze vorgesehen. Uebrigens würden die Handels⸗ und Zahlungs⸗ bilanzen voraussichtlich eine günstige r . bringen. Die Auf⸗ nabme der Baarzahlungen müsse ruhig und 33 erfolgen. Weiter erklärte der inister, der vorgeschlagene Umrechnungs⸗ curs stelle eine billige Ausgleichung der widerstreitenden Interessen dar. Eine Vertheuerung des Goldes durch Einführung der Gold- währung sei unwahrscheinlich, der Goldzufluß werde durch die vor⸗ geschlagene Relation begünstigt werden. Eine einseitige Eon= vertirungspolitik werde nicht angestrebt. Zeittermine für die Beendigung der Reform könnten nicht fefst estellt werden. Allerdings könnten außerhalb der Machtsphäre der Re⸗ gierung gelegene Umstände die ganze Reformarbeit unter⸗ brechen; auch in diesem Falle sei jedoch die Lage noch günstiger als bei der Fortdauer der gegenwärtigen Verhältnisse. Betreffs der Be⸗ ziehungen zwischen beiden Staatsgebieten sei eine Zwangslage aus⸗ geschlossen und eine Collision der Interessen unmöglich. Der Ver⸗ trag werde voraussichtlich ein dauerndes Bindeglied zwischen den beiden Staat gebieten schaffen. ö.

Der Rede des Ministers folgte lebhafter Beifall. Der Obmann des Polenclubs sprach dem Minister den Dank des Clubs aus.

Das Abgeordnetenhaus hat gestern den Gesetzentwurf über die Wiener Verkehrsanlagen in zweiter Lesung unver⸗

ändert angenommen.

Großbritannien und Irland.

In parlamentarischen Kreisen nimmt man jetzt an, daß die Auflösung des Unterhauses zum 28. Juni zu er— warten sein dürfte. Die ursprüngliche Absicht, die Auflösung des Parlaments bis zum November oder bis Februar nächsten Jahres zu verschieben, hat die Regierung aufgegeben. Die Ankündigung der Auflösung soll indeß nicht eher erfolgen, als bis die Regierung sicher sei, daß der Erledigung der wichtigsten Vorlagen der Tagung keine Hindernisse seitens der Opposition entgegenstehen. Aus einem Schreiben Gladstone's folgert die Morning⸗Post“, daß darauf bezügliche Unterhand⸗ lungen zwischen der Regierung und den Führern der Opposition bereits eingeleitet seien. Die Liberalen in London hegen den Wunsch, daß Mr. Gladstone noch vor den all⸗ gemeinen Wahlen den Einwohnern der Hauptstadt in einer politischen Versammlung sein Programm darlegen möge, und haben sich mit einer dementsprechenden Bitte an den lberalen Führer gewandt.

In Vorbereitung der kommenden Wahlen hat das Unter— haus am vergangenen Freitag durch e, diejenigen Per⸗ sonen des Stimmrechts er ig erklärt, welche des Schreibens und L sens unkundig sind. (Die bezügliche telegraphische Mel⸗ dung in Nr. 114 d Bl. war in ihrer Fassung unverständlich.) Der Beschluß wurde durch die in Nr. 117 mitgetheilten Ver⸗ hältnisse über die große Zahl der Analphabeien begründet. Das Gesetz von 1873, welches die geheime Ab⸗ stimmung einführte, machte für die Analphabeten wie der „Nat⸗Ztg.“ geschrieben wird eine Ausnahme

in dem sonst üblichen Wahlverfahren. Die Stimmzettel werden

in England von dem Wahlvorsteher dem Wähler ausgehändigt. Jeder Zettel enthält die Namen aller angemeldeten Can—⸗ didaten. Der Wähler hat dann sofort im Wahllocale selbst für sich allein den Namen des von ihm erwählten Be— werbers mit einem Kreuze zu bezeichnen und den Zettel darauf zusammengefaltet dem Wahlvorsteher zum Hinein⸗ werfen in die Urne zu übergeben. Nur Analphabeten dürfen nach einer vom Wahlvorsteher eingeholten Erlaubniß eine andere Person in das Wahllocal bringen und sich von dieser den Stimmzettel ausfüllen lassen. Diese Vergünstigung ist jetzt aufgehoben worden, weil man der Meinung ist, daß hierbei mancherlei Wahlbeeinflussung ausgeübt werde. Ferner stand gestern (Mittwoch) eine von dem Deputirten Shaw⸗Lefevre ein⸗

ebrachte Bill zur Berathung, wonach bei den Wahlen zum

yzarlament Niemand in mehr als einem Wahlkreise stimmberechtigt sein soll. Diese Vorlage wurde indeß mit 2435 gegen 196 Stimmen abgelehnt, nachdem der

Kanzler der Schatzkammer Goschen sich mit der Bemerkung dagegen erklärt hatte, daß eine solche Neuregelung nur zulässig erscheine, wenn gleichzeitig eine Neueintheilung der Wahlbezirke vorgenommen werde.

Der Premier Marquis von Salisbury hat gestern in Hastings vor einer Versammlung conservativer Vereine eine Rede gehalten, worin er sich wieder über die Arbeiter⸗ frage sowie auch über die d aussprach. Zunächst betonte er den durchaus friedlichen Charakter der auswärtigen Angelegenheiten. Alsdann beklagte er den Zwie— spalt zwischen Kapitalisten und Arbeitern: die Arbeiter thäten Un⸗ recht daran, die Hilfe der Gesetzgebung anzurufen; in Zu⸗ kunft würde die Beurtheilung von Ärbeitseinstellungen Schieds— richtern anheimgegeben werden. Im Auslande sei gegenwärtig die protectionistische Bewegung vorherrschend. England müsse Reciprocitäts-Verträge abschließen, um gegen die Nationen, welche den englischen Producten ihren Markt verschlössen, Re⸗ pressalien zu ergreifen.

„Am Dienstag ist in London der zur Vorberathung einer Alters versicherungs-Vorlage eingesetzte parlamen⸗ tarische Ausschuß unter dem Vorsitz Mr. Joseph Cham— berlain s wieder zusammengetreten.

Das canadische Parlament hat laut Meldung aus Ottawa einen Beschluß angenommen, welcher die Anknuͤpfun von Verhandlungen mit der englischen Regierung zum Zwe einer ausgedehnteren Vertretüng canadischer Inkeressen in Washington und den Hauptstädten anderer Länder empfiehlt, soweit eine solche Vertretung wünschenswerth und mit dem guten Verhältniß zum Mutterlande vereinbar

erscheine. Frankreich.

Der Präsident Carnot wird, wie nach dem „Temps“ ver⸗ lautet, seine Reise nach Lothringen am 5. Juni antreten und Bar⸗le⸗Duc, Toul, Nanch und Luneville besuchen. In Bar⸗le⸗ Duc trifft der Präsident am 5. Juni, Morgens um 11 Uhr, ein und bleibt dort bis 3 Uhr Nachmittags. Um 5 Uhr Abends kommt er in Nanch an; um Hi Uhr findet dort der Empfang der Behörden, um 7 Uhr ein Essen auf der re tur dann Zapfenstreich und schließlih im Theater eine Aufführung der Nancy'er Studenten und deren Gäste statt. Nachher begiebt sich Herr Carnot noch in das Militär-Casinö. Am 6. Juni findet große Parade über die Garnison von Nancy auf der Hochebene von

alzéville statt. Den Nachmittag wird der e , dem Turnerfeste widmen und Abends wohnt er dem von der Stadt Nanch ihm angebotenen Festmahl bei. Am folgenden Tage besucht Carnot Lunéville und Toul und kehrt Abends nach Paris zurück.

Zu den wichtigeren Aufgaben, mit denen sich die De pu⸗ tirtenkammer in der näͤchsten Zeit zu beschäftigen haben

wird, gehört in erster Linie die Berathung der ied Anträge über Organisation des e leer ee gn Credits, über die Erneuerung des Privilegiums der Bank von Frankreich und über die Revision der Gesetzgebu betreffs der arkassen. Da die Regierung den 23 der eg nn des landwirthschaftlichen Credits von ver schiedenen Deputirten eingebrachten Gesetzentwürfen eine Je gierungsvorlage gegenüber stellen will, die noch nicht aus gearbeiltet ist, * wird sie beantragen, zuerst mit der Debatte über die Sparkassen zu beginnen. . wird eine An⸗ zahl von Interpellationen zur Berathung kommen zunächst die des Deputirten La vy von der äußersten L über die vor dem 1. Mai vorgenommenen r , Ver⸗ haftungen von An archisten. Da der Minister⸗Präsident diese Interpellation sofort zu beantworten beabsichtigt, so hat er dem „Temps“ zufolge die Zahl der Verhaftungen und Freilassungen von Anarchisten während der letzten drei onate ek lassen. Nach dieser ,, in Paris in der Zeit vom 1. Januar bis zum 2X2. April 19 Anarchisten infolge der Expiosionen auf dem Boulevard St. Germain und in der Rue de Clichy festgenommen. Von diesen wurden sieben, darunter Rauch! verurtheilt und zwölf wieder entlassen. Nach dem 22. April sind in Paris 52 Anarchisten verhaftet worden, von denen acht Ich noch in Untersuchungshaft befinden, während 44 wieder entlassen worden sind. In der Provinz fanden im ganzen 167 Verhaftungen von Anarchisten statt H wurden in Haft behalten, die übrigen 118 entlassen. Außer⸗ dem werden Interpellationen über verschiedene, während der Ferien der Kammer vorgekommene Zwischenfalle und eine von den Radicalen angekündigte Interpellation über die kirchliche Politik der Regierung zur Verhandlung kommen. Die Regierung hat dem Ausschusse des Senats, der eine Vereinigung des Colonialamis mit dem Marine⸗ Ministerium will, mitgetheilt, daß sie durch ein Amendement um Vorschlage des Senats die . eines eigenen inisteriums für die Colonien fordern wird.

Infolge von Reclamationen französischer Kaufleute dar—

Über, daß das jetzige Zollregime die n . eziehungen Frankreichs mit Spanien vollständig 2 hat dem W. T. B.“ zufolge der Vorsitzende der Zollcommission der Deputirtenkammer Méeline an die Minister des Aus—⸗ wärtigen und des Handels das Ersuchen gerichtet, die Zollcommission in if. Beziehun aufzuklären. Beide Minister haben darauf für nächsten Sonnabend ihr Erscheinen vor der Zollcommission angezeigt. Ueber neuerdings vorgekommene Haussuchungen bei Anarchisten wird der „Köln. Ztg.“ mitgetheilt, daß vor— gestern auf Ersuchen der Gerichtsbehörden von Cherbourg bei dem Anarchisten Maugin eine Haussuchung vorgenommen worden ist, bei der anarchistische Schriften und Zeitungen mit Beschlag belegt wurden.

Rußland und Polen.

Nach einer der 65 * Corr.“ aus St. Petersburg zu⸗ 66 Meldung soll in Befolgung der Weisung bes aisers, mit Rücksicht auf den in Rußland herrschenden Nothstand in den Staatsausgaben auf allen Gebieten Sparsam⸗ keit walten zu lassen, in diesem Jahre von der Abhaltung von Heeresmanövern bei St. Petersburg sowie in West—

rußland, welche einen Kostenaufwand von anderthalb Millionen

Rubeln erfordern würden, Abstand genommen werden.

Anfang der nächsten Woche findet der Köln. Ztg. zufolge in Libau die Grundsteinlegung zu dem neuen Kriegs⸗ hafen statt.

Italien.

Ueber das neue Ministerium wird der „Nat-Ztg.“ aus Rom, 15. Mai, geschrieben:

Es war der Wunsch des Königs, daß die Portefeuilles der Marine und des Krieges in den Händen des Admirals Saint⸗Bon und des Generals Pe lloux, welche schon im Cabinet di Rudini gefesfen haben, verblieben. Es sollte hiermit vermieden werden, daß im Aus⸗ lande die Krisis eine irrige Interpretation fände. Denn da in den beiden ö Krisen die militärische Fier als Hauptfact or erschienen war, so hätte die Entfernung des Generals Pelloux zu der Vermuthung Veranlassung geben können, Italien gehe wirklich jener theilweisen Abrüstung entgegen, welche ihm die französischen Blätter anrathen. Das Verbleiben dieser beiden Minister im Amt zeigt also, daß kein Armee⸗Corps in fe gen wird und daß die militäͤrischen Ausgaben auf jener Höhe bleiben, welche die Bedürfnisse des Landes und die interngtionalen Verpflichtungen nothwendig machen. =

Das hauptsächlichste Charakteristikum des neuen Cabinets ist, daß es vollständig homogen ist, denn mit Ausnahme des Admirals Saint⸗ Bon, welcher, nachdem er den größeren Theil seines Lebens auf dem Meere zugebracht, keiner politischen Partei angehört, find sämmtliche übrigen Minister mit Einschluß des Generals Pelloux, Männer der Linken. Der Finanz⸗Minister Ellena saß im Centrum, hat aber stets zur Partei Friepi, mit dem er persönlich intim befreundet ist, gehört. Seit 1876 bis heute hat Italien kein Ministerium so sehr von einer Farbe gehabt, wie das gegenwärtige.

Vom Minister⸗Präsidenten Giolitti ist vor allem zu berichten, daß er, noch nicht fünfzigiährig, immer ein tüchtiger Beamter gewesen ist. Zum Unterschied bon den übrigen hervorragenden Politikern, welche an den Revolutionen und Kämpfen für die Wiedergeburt Italiens einen bedeutenden Theil hatten, hat Gielitti, feinem Alter wie seinem Charakter entsprechend eine friedliche ruhige Vergangenheit hinter sich. Nachdem er die juristische Doctorwürde erlangt, trat er mit zwanzig Jahren die Beamtenlaufbahn an, die er raf durchlief. Bis gestern war er Staatsrath und Präsident verschiedener admini⸗ strativer . Zum Abgeordneten wurde er zum ersten Male 1882 gewählt, sodaß man sagen kann, seine politische Carrisre sei eine no Giolitti's sind ein gesundes Gleichgewicht der geistigen ö. keiten, Klarheit und Bestimmtheit der Ideen, und die große Beharrlichkeit, womit er einmal Vorgenommenes verfolgt. ; Die ausgesprochen te er sonlichtei des gegenwärtigen Cabinets ist der Minister des Auswaͤrtigen Benedetto Brin. Er ist einer der tüchtigsten Schiffsbauingenieure (er ist nicht Admiral) Europas. Duilio“, Dandolo“, Lepanto“ und alle anderen Riesenschiffe, welche den 266 des modernen Italiens bilden, sind sein Werk. 1876 zum Marine⸗Minister ernannt (er war damals weder Abgeordneter noch Senator), hat er fast in sämmtlichen von da an sich ablösenden Ministerien gesessen, siets als Marine ⸗Minister, als Fachmann betrachtet. Es ist das erste Mal, daß er eine politische Stellung ersten Ranges in der Regierung einnimmt. Er ist überzeugter Anhänger des Dreibundes, sodaß sein Name eine unzweifelhafte Bürgschaft für die Verbündeten darstellt. Brin ist, wie Zanardelli, ein intimer Freund Crispi's. Der Finanz Minister Ellena ist eine große Capacitãt in Finanzdingen; mit einer gründlichen Geschäftskenntniß verbindet er eine ausgedehnte wissenschaftliche Bildung. Auch er ist Staatsrath; er war Unter- Staatssecretãr im Ressort für Ackerbau und Handel unter Depretis und Crispi. In den Zolltariffragen ist er Autorität. Mehrmals war er Unterhändler bei Abschlüssen von Handelsverträgen. Genala war Minister der öffentlichen Arbeiten unter Depretis von 1883 bis 1887, er ist der Urheber der damals viel be⸗

raschere als seine administrative. Die Hauptverdienste

fämpften und dann viel bekla Eisenbahnconventionen, dank ,, Sefeisschaften überließ: der Mediterranea, der Adriatica und der Sicula. Lacava war Post⸗ und Telegraphen⸗Minister unter Frispi. Martini, ein eleganter Schriftsteller und Redner, war Unter Staatssecretãr im Unterrichts Ministerium unter is. Finocchia ro zeichnete sich als Königlicher Commissar des Römis unicipiums aus. Bona cci war Unter⸗Staatssecretär des Innern unter Depretis. Nach dem regionalen Gesichtspunkt (der in Italien von großer Wichtigkeit) sind von den zehn Ministern fünf Piemontesen: Giolitti, Brin, Pelloux, Saint⸗Von, Elleng; Bonacci ist aus den Marken; Martini aus Toscana; Genala Lombarde; Lacava aus der Basilicata; Finocchiaro Sicilianer. Man nennt es das piemontesische Cabinet“.

Portugal. Dem „W. T. B.“ wird aus Lissabon über Paris das

Gerücht von einer bevorstehenden Umbildung des portugiesischen Cabinets gemeldet.

Schweiz.

Das ,, ,, hat nunmehr bei dem

Bundesrath die Einführung der mitteleuropäischen Zeit für den Eisenbahn⸗, Post⸗ und Telegraphendienst beantragt. Gleichzeitig soll geprüft werden, ob nicht eine andere Stunden⸗ zãhlung, ann die Zählung von 1 bis 24, für den Verkehr u empfehlen sei. . —⸗ 9 Zürich tagte am 16. d. M. unter dem Vorsitz des Bundesrathsmitglieds Deucher eine intercantonale Con⸗ ferenz für Regulirung der Fischerei im Bodensee und seinen 3a lüssen. Die Conferenz war besucht von Abgeordneten der Cantons Regierungen von Thurgau, St. Gallen, Graubünden und Schaffhausen und dem Präsidenten des schweizerischen Fischereivereins. Sie einigte sich der N. Zürch. Ztg.“ zufolge dahin, eine Revision des bestehenden Concordats mit dem Großherzogthum Baden und die Ausdehnung desselben auf die sämmtlichen Bodensee⸗Uferstaaten zu beantragen. Zu⸗ nächst wird die Aufstellung einer gemeinschaftlichen Ueber⸗ wachungscommission d, e. Im weiteren Verlaufe des Sommers will der Bundesrath dann eine internationale Conferenz mit sämmtlichen betheiligten Staaten, Baden, Württemberg, Bayern, Oesterreich⸗Ungarn und dem deutschen Fischereiverein anregen. .

Dem Geschäftsbericht des eidgenössischen Mi— litär-Departements für das Jahr 1891 entnimmt die

Köln. Ztg.“ folgende Angaben:

Der effective Bestand der Bundesarmee am 1. Januar 1892 war im Auszug 128 499 Mann gegen 127973 vorigen Jahres, in der Landwehr 81 164 gegen 80277 und im Landsturm 276 161 gegen 272 124 vorigen Jahres. Zur Sicherung des Gotthards wurden im Jahre 1891 folgende Hauptarbeiten ausgeführt: Innere Vervoll⸗ ständigungen im Fort Airolo und Tunnelarbeiten daselbst; Infanterie⸗ Vertheidigungsanlagen und Aufstellung von Panzerthürmen am Gott⸗ hardeol; Weiterbau und vollständige Armirung der Werke Bühl und Bätzberg bei Andermatt sowie Vollendung des Werkes auf Brückwald⸗ boden; Vellendung der Straßen und Wege nach dem Bätzberg auf der TDberalp, bis auf wenige Ergänzungsarbeiten; Unterkunftsgebäude auf Oberalp; Weiterbau an den Artillerie⸗ und Infanteriewerken auf Furka. Es wurde ferner an den Geländeaufnahmen für Herstellung von Karten für den Schießdienst weitergearbeitet und verschiedene Versuche für Erprobung von Geschützen und Munition sowie zur Ausarbeitung der Schußtafeln vorgenommen. Von dem Credit von drei Millionen Frances wurden 2485 900 verausgabt, einschließlich 300 000 Fr. für Anschaffung weiterer Armirungsobsecte. Der Unter⸗ halt und die Bewachung der fertigen Werke a. 60 000 Fr.

Belgien.

Der Senat hat am Dienstag die Berathung der

Verfassungsrevision begonnen, deren Verlauf man bei der großen Verschiedenheit der Wünsche auf Seite der Regie⸗ rung und der des Senats mit Spannung erwartet. Wie man dem „Hamb. Corr.“ aus Brüssel schreibt, will der Aus— schuß zwar alle von der Regierung selbst beantragten 12 Ver⸗ fassungsartikel den neuen Kammern zur Entscheidung über— lassen, aber alle Senatoren sind dem Königlichen Refe⸗ rendum und einer ernsten Umgestaltung des Senats feindlich e,, nicht minder dem Wunsche des Königs, enatoren berufen zu dürfen. Der Senat soll von denselben Wählern gewählt werden, wie die Kammer; die clericale Mehrheit will sogar den hohen Census festhalten; sie will eine Reform des Stlmmrechts „mit Loyalität und Gerechtigkeit, sodaß zwischen den Städten und dem flachen Land ein billiges Verhältniß erhalten bleibt“, aber im ganzen Senat sind nicht fünf Mitglieder Anhänger des allgemeinen Stimmrechts. Da jedoch der Senat, um die Vertretung der Minderheiten im Sinne der Regierung einzuführen, au den Art. 48 zur Revision zulassen will, so muß die Kammer, welche diesen Artikel ver⸗ worfen hat, nochmals tagen; man erwartet nunmehr ihre Zustimmung. Gleichzeitig haben liberale und clericale Deputirte die ils feng auch des Art. 57 zur Revision beantragt. Der Artikel bestimmt, daß die Senatoren keinerlei Entschädigungen erhalten durfen. Da die . den Senat zu einer Vertretung aller Interessen umgestalten will, so sind die parlamentarischen Kreise der Ansicht, daß man den Sena— toren auch Diäten bewilligen müsse. . Die Repräsentanten kammer hat sich nach Erledigung sämmtlicher Vorlagen, namentlich des außerordentlichen Etats, am 14. d. M. vertagt und wird später wieder zusammentreten, um, wie schon oben erwähnt, die seitens des Senats zu er⸗ wartenden Aenderungen an den Revisionsanträgen zu berathen. Sodann soll die Auflösung stattfinden. Nach der Verfassung müssen die Wahlen regelmäßig am zweiten Dienstag im Juni stattfinden, also diesmal am 14. n. M. .

Das Zuchtpolizeigericht in Lüttich hat gestern egen die ,,,, Ja motte und Mor⸗ ay, welche angeklagt sind, in der Nacht vom 1. zum 2. Mai sich des Aufruhrs s 65 gemacht und mit bewaffneter Hand

rohungen verübt zu haben, verhandelt. Jamotte wurde zu * Jahren und 2 Monaten Gefängniß sowie 50 Francs Gelb⸗ strafe, Moineau zu 3 Jahren Gefängniß und 50 Francs Geldbuße verurtheilt; Morhay wurde freigesprochen.

Griechenland.

Dem König sind, wie man der „Mgdb. Ztg.“ aus . berichtet, bei seiner Abreise nach Kopenhagen von einer großen

olksmenge begeisterte Kundgebungen dargebracht worden. Gestern wurde das Militär-⸗Avancement veröffentlicht, welches eine der Ursachen des s. 3. zwischen dem Könige und Delyannis entstandenen Zwiespaltes bildete; die Liste enthält die Be⸗ förderung des Kronprinzen zum Brigade⸗General.

Zur Vorgeschichte j des Grenzstreiis zwischen Griechen⸗ land und der Türkei, dessen 66 in Nr. 110 d. Bl. ie n hisc gemeldet worden ist, wird der Pol. Corr.“ be⸗

Griechenland unterhält, ebenso wie die Türkei, eine beträchtliche Anzahl militärisch besetzter Grenzstationen, welche jedoch im Winter, der erschwerten Communication wegen, verlassen werden. Als nun vor etwa zwei Monaten die griechischen Grenzabtheilungen wieder diese Stationen beziehen wollten, fanden sie die Tripimeyni . genannte, oberhalb Tirnowo gelegene, durch ein türkisches Detachement oecupirt, dessen Commandant den Abzug verweigerte und erklärte, daß er Auftrag habe, sich der Besetzung der Station griechischerseits mit 9m entgegenzusetzen. Die griechische Regie⸗ rung erhob unverweilt Reclamationen bei der Pforte und theilte Sachverhalt auch den europäischen Cabinetten mit. Nachdem sodann eine türkisch⸗griechische Commission an Ort und Stelle constatirt hatte, daß sowohl das Territorium wie die Station griechischer Besitz seien, zog die türkische Besatzung ab, und hat seither ein griechisches tachement von der Station Besitz ergriffen. Rumänien.

Der König, der Thronfolger Prinz Ferdinand sowie der . und die Erbprinzessin von 5 Meiningen besichtigten vorgestern laut Meldung des W. T. B. das Arsenal und die Befestigungen von Bukarest. An dem darauf folgenden Galadiner nahmen auch die Minister, die Präsidenten der Kammern, die Generalität sowie der deutsche Gesandte von Bülow mit dem Personale der Gesandtschaft theil. Nachmittags . die höchsten Herrschaften auf dem ESxercirfelde bei Cotroceni den Schießversuchen mit dem neuen Gewehr bei. Der Thronfolger und der Erbprinz von Sachsen⸗ Meiningen begaben sich in der Nacht nach Fokschani, um daselbst die Befestigungen zu besichtigen, und kehrten gestern wieder nach Bukarest zurück. Gestern Abend fand im König⸗ lichen Palais eine Mufiksoirée statt.

Schweden und Norwegen.

(F) Nach der neuesten Rangliste zählt die schwedische Armee, ungerechnet die Reserve⸗Dffiziere, 1824 If und zwar: 2 Generale, 3 General⸗Lieutenants, 10 Genera Majors, 38 Obersten, 47 Oberst⸗Lieutenants, 95 Majors, 524 Capitäne oder Rittmeister, 675 Lieutenants und 1430 Unter⸗Lieutenants.

Dänemark. ; Kopenhagen, 18. Mai. Der König ist mit der ,, von Cumberland und deren Kindern heute achmittag 4 Uhr hier eingetroffen.

Amerika.

Bei der Präsidentenwahl in der Republik Bolivia ist nach einer Meldung der „Köln. Ztg.“ der Candidat der conservativen Partei Mariano Baptista, ehemaliger Minister des Auswärtigen, gewählt worden.

Afrika.

Der Sultan von Marocco hat, wie ‚H. T. B.‘ aus London erfährt, den englischen Abgesandten Sir Euan Smith mit größter Auszeichnung empfangen und sich bereit erklärt, die Wünsche der Königin Victoria, den Handel zwi— schen England und Marocco zu fördern und die Freundschafts⸗ bande enger zu knüpfen, zu erfüllen.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (66) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Graf zu Eulenburg, der Vice⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Dr. von Boet⸗ ticher, der Minister des Innern Herrfurth und der Finanz-Minister hr. Miquel beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß der Abg. Dr. von Koseritz (cons) sein Mandat niedergelegt habe. .

Auf der Tagesordnung stand als erster Gegenstand fol— gender Antrag der Agg. Richter u. Gen.:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, die Königliche Staatsregierung um Auskunft darüber zu ersuchen, ob dieselbe beabsichtigt, in der nächsten Session Gesetzentwürfe vorzulegen

I) über Abänderungen des Landtagswahlrechts aus Anlaß der neuen Steuergesetze,

2) über eine den seit 1860 veränderten Bevölkerungsverhält⸗ nissen entsprechende Neueintheilung der Wahlkreise.

Abg. Richter (dfr.) führte zur Begründung des . aus, daß seine Partei prinzipiell auf dem Boden des Reichswahlrechts stehe, daß aber . vom Standpunkt des bestehenden preußischen Wahlrechts die Wirkung der neuen green ; auf das Wahlrecht in Betracht gezogen werden müsse, da sie infolge der stärkeren

elastung der wohlhabenden und der geringeren Belastung der ärmeren Klassen das Wahlrecht zu Üngunsten der dritten Wählerabtheilung verschoben hätten. Eine Reform des Wahlrechts sei daher dringend geboten. Die Eintheilung der Wahlkreise sei ferner veraltet, da sie auf den Ergebnissen der Volkszählung von 1858, bezw. für die neuen Provinzen von 1864, beruhe. Die industriellen Gegenden könnten mehr Abgeordnete , ,. 3. B. Berlin B statt der pri 9, und bei Zugrundelegung der Steuerleistung könne Berlin sogar 6; Abgeordnete beanspruchen, da es mehr directe Steuern bezahle als die Provinzen Qst⸗ und Westpreußen, Posen und ommern zu⸗ sammen, welche 109 Abgeordnete hätten. Die Regierung würde durch baldigste Vorlegung einer Reformvorlage die Autorität des Hauses stärken. .

Der Minister des Innern Herrfurth erwiderte, daß das Dreiklassenwahlsystem die verfassungsmäßige Grundlage fuͤr die Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses sei und die Re⸗ gierung nicht gewillt sei, an dieser Grundlage der Verfassung zu rütteln. Die Steuerreform habe das Wahlrecht allerdings verschoben, und es hätten deshalb schon Vorbereitungen für eine entsprechende Neformvorlage für das Wahlgesetz stattgefunden; man habe sich aber dabei überzeugt, daß der Zeitpunkt dazu noch nicht gekommen sei, da die Steuerreform noch nicht abgeschlossen 6. Es lasce sich daher nicht absehen, wann eine solche Vorlage , werden könne. Dagegen sei die Eintheilung der Wahlbezirke bereits definitiv durch Gefetz geregelt. Erhebliche Verschiebungen der Bevölkerung seien aller⸗ dings eingetreten, aber die Bevölkerungsziffer sel zwar ein wesentliches, jedoch kein , , . oment. Das Ab⸗ , habe sich selbst wiederholt gegen eine Aenderung er Wahlkreiseintheilung erklärt. Die Regierung habe daher

nicht die Absicht, eine solche Aenderun ö

Abg. Freiherr von Huene (Centr war mit dem ersten unt des Antrags einverstanden, sprach aber

gegen den zweiten. Die w infolge der Steuer⸗ reform bedingten eine Aenderung in den Wählerabtheilungen,

für die Aenderung der Wahlkreise könne sich seine Partei aber nicht erwãrmen. . /

3 Graf zu Limburg⸗Stirum (cons) hielt es nicht für nöthig, daß im Reich und in Preußen ein gleiches 3 system bestehe. Die Wirkungen der Steuerreformen auf das Wahl⸗ recht ließen sich noch nicht völlig übersehen. Die Eintheilung der Wahlkreise müsse eine gewisse Stabilität . und dürfe nicht einem steten Wechsel je nach den Verschiebungen der Bevöl⸗ , dn unterworfen werden. Seine Partei werde daher den Antrag ablehnen ̃ . ö

Rickert (dfr.) sprach f für eine ö des Dreiklgssenmahlsystems aus, da dieses selbst nach der Ansicht des Fürsten Bismarck das elendeste aller = , sei und infolge der Steuerreform noch elender geworben sei. Die ge⸗ setzliche Eintheilung der Wahlkreise sei nicht als definitiv an⸗ zusehen und bedürfe ebenfalls dringend einer Aenderun

Der Minister des Innern Herrfurth Wetonte nochmals, daß eine Aenderung des Wahlgesetzes vor⸗ bereitet werde. Eine Neueiniheilun der Wahlkreise könne ja gesetzlich erfolgen, aber weber die Regierung noch das Haus hätten die Absicht bekundet, von dieser Möglich- keit Gebrauch zu machen. Die Berufung auf den Fürsten Bismarck nehme sich im Munde des Abg. Rickert seltsam aus.

Abg. von n ,,. (Pole) sprach sich namens der Polen für die Aenderung des Wahlrechts aus.

Abg. Freiherr von Zedlitz sfreicons) hielt es für an⸗

emessen, daß in Preußen ein anderes Wahlsystem bestehe als im

eich. Die Reform des Wahlrechts auf dem Boden des Dreiklassen⸗ wahlsystems könne erst nach Abschluß der Steuerreform vor⸗ genommen werden. Auch der Neueintheilung der Wahlkreise könne er nicht zustimmen, seine Partei werde also den Antrag ganz ablehnen.

Abg. Hobrecht (ul.) war für eine baldige Reform des Wahlrechts, jedoch auf dem Boden des 2 Wahl⸗ systems, aber gegen eine Aenderung der Wahkkreise.

An der weiteren Debatte betheiligten sich noch wiederholt die Abgg. Rickert (dfr.), Dr. Lieber (Centr), von Kar⸗ dorff ö . Limburg⸗Stir um (cons.) und Freiherr von Huene (Centr.)

Bei Schluß des Blattes nahm Abg. Richter (dfr) das Schlußwort.

Der Abgeordnete zum Reichstag für den 9. Elsaß⸗ Lothringer Wahlkreis (Straßburg⸗Land) Dr. No rth hat nach . „Nat-⸗Ztg.“ sein Mandat aus Gesundheitsrücksichten nieder⸗ gelegt.

Die Commission des Hauses der Abgeordneten zur Vorberathung des Gesetzentwurfs über die Bahnen unterster Ordnung hat, nachdem eine besondere Subcommission die Beschlüsse erster Lesung redigirt hatte, gestern Abend die zweite Lesung der Vor= lage begonnen und die ersten 28 Paragraphen erledigt.

Nr. 8 des Archivs für Post und Telegraphie (Beiheft zum Amtsblatt des Reichs⸗Postamts, 2 im Auftrage des Reichs Postamts) hat folgenden Inhalt: J. Actenstücke und Aufsätze Die Berathung des Entwurfs eines Gesetzes über das Telegraphen wesen des Deutschen Reichs im Reichstag (Schluß). Die britische . und Telegraphenverwaltung im Jahre 1890/91. II. Kleine

ittheilungen: Der Post⸗Päckereiverkehr im deutschen Reichs Poft⸗ gebiet während der Weihnachtszeit 1891. Steinheil's Büste am neuen Postgebäude in Rappoltsweiler (Elsaß) III. Literatur des Verkehrswesens: Hauptverkehrswege Persiens. Versuch einer Ver⸗ lehrsgeographie dieses Landes von Dr. Paul Freiherr Rausch von 1 . Mit einer Karte und drei Profilen der Hauptverkehrs—⸗ wege. eff a. S. (Tausch u. Große) 1890. 80. 128 S.

Nr. 20 des Centralblatts der Bauverwaltung“ herausgegeben im. Ministerium der öffentlichen Ar— beiten, vom 14. Mai hat folgenden Inhalt: Die Stoßverlaschung der Breitfußschienen. Die Arbeiterwohnungsftage. (Schluß) Die Wirkungen bewegter Lasten auf eiserne Brücken. Vermischtes: Die Gestaltung des Platzes für das Kaiser Wilhelm-Denkmal in Berlin. Explosion eines geschlossenen gußeisernen Warmwasser⸗ , Wiederherstellung vom Kreujgange der Kathedrale in Lincoln.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Ist ein enteignetes Hausgrundstück vor dem Zeitpunkte des die Entschädigung feststellenden Beschlusses durch ein mit der Enteignung nicht in ursächlichem Zusammenhange stehendes Ereigniß (beispiels= weise durch einen Ein sturz der darauf befindlich gewesenen Baulich⸗ keiten) in seinem Werth vermindert worden, so hat, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 13. Januar 1892, in Preußen der Eigenthümer diesen Nachtheil zu tragen; ist infolge dieses Ereignisses die bisherige Benutzungsart nicht dauernd, sondern nur bis zur Wiederherstellung des früheren Zustandes verhindert oder eingeschränkt worden, so ist die bisherige Benützungs⸗ art des Grundstücks bei der Werthabschätzung gemäß g 16 des . Enteignungsgesetzes zu berücksichtigen.

Das preußische Vereinsgesetz vom 11. März 1850 hat im S 2 Vorstehern von Vereinen, welche eine Einwirkung auf oͤffentliche Angelegenheiten bezwecken, bestimmte Verpflich= tungen auferlegt und im § 8 Vereinen, welche bezwecken, politische Gegen stände in Versammlungen zu erörtern, außerdem weitere Be⸗ schränkungen auferlegt. In Bezug auf diese Bestimmungen hat das Reichsgericht, III. Strafs., durch Urtheil vom 25. Januar 1892 ausgesprochen: Ein Gewerk⸗ oder Fachverein, insbesondere ein Be ij arbeiter verein, welcher die Besprechung zeitgemäßer Aenderung der Arbeitsordnungen und die Erlangung günstigerer Lohn⸗ und Arbeitsverhältnisse für die Fachgenossen im alĺNge⸗ meinen bezweckt, ist zwar als ein Verein, welcher eine Einwirkung auf öffentliche Angelegenheiten bezweckt, nicht aber ohne weiteres als ein politischer Verein zu erachten. Nur wenn ein solcher Verein die bewußte Absicht verfolgt, eine Mitwirkung oder In anspruch⸗ nahme des Staates und seiner Organe für die Aenderung des betreffenden Arbeiterverhältnisses als Vereingangelegenheit in Ver⸗ sammlungen zu erörtern, ist er als ein politischer im Sinne des 5 8 des Vereinsgesetzes zu erachten.

Theater und Musik.

In der . . der Cavallerig rusticana- am Sonnabend im Königlichen Opernhause sind die Damen Pierson, Rothazser und Lammert, die Herren Sylva und Bulß beschäftigt. Darauf folgt die Oper Der Waffenschmied? mit den Damen Waitz und Lammert, den Herren Krolop, Fränkel, Lieban und Schmidt. Das Lessing-Theater hat zur Darstellung von Ludwig Anzen⸗ gruber's. Doppel selbstmord noch einige schauspielerische Kräfte heran- gezogen, um durch möglichst viele Darsteller von österreichischer Herkunft die Treue des Localtons überall gewahrt zu sehen. So wird Gustav Kober, der nunmehr von seinem amerikanischen Gastspiel wieder heim⸗=