1892 / 139 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Jun 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Inf. . Friedrich König von Preußen Nr. 125, zu Pr. 5

rdert.

Abjch iedsbewilligungen. Im activen Heere. 10. Funi. Peuerle, Wberst Zt. 3. D., mit der Erlaubniß zum Tragen der Uni— sorm des 4. Inf. Negts. Nr. 122 Kaiser Franz Joseph von Dester⸗ reich en Don Ungarn, von der Stellung als Commandeur des Landw. Bezirks Gmünd, Berrer, Major z. D., unter Verleihung des Charakters als Oberst⸗Lt. und der Erlaubniß zum Tragen der Uniferm des Gren. Regts. Königin 5 Nr. 119, von der Stellunz als Commandeur des Landw. Bezirks Eßlingen, enthoben.

Im Beurlaubtenstande. 10. Funi. Adlung, * Lt. ven der Cav. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Ellwangen, ahl, Ser Lt, der Ref., des Train⸗Bats. Nr. I3, behufs Uebertritts in Königlich Preußische Militärdienste, Frhr. x. Herman, Sec. Lt. der Res. des Ulan. Regts. Nr. 19, der Abschied bewilligt.

Im Sanitäts-Coryps. 16. Jun i. Dr. Gu mm ert, Unter⸗ arzt der Res. vom Landw. Bezirk Reutlingen, zum Assist. Arzt 2. Kl. ernannt. J

Preußischer Landtag. Herrenhaus.

19. Sitzung vom Dienstag, 14. Juni.

Neu berufen in das Haus ist auf Präsentation der Stadt Wiesbaden der dortige Ober⸗Bürgermeister Dr. von Ibell.

Das Andenken des verstorbenen Mitglieds Stadtraths Lam beck ehrt das Haus in der üblichen Weise.

Auf der Tagesordnung stehen Petitionen.

Ueber die Petition des Zeichenlehrers Friese am Realgym⸗ nasium J. zu Hannover u. Gen.: dahin zu wirken, daß das Gehalt der Zeichenlehrer an höheren Lehranstalten so erhöht werde, daß sie nicht mehr, wie bisher, mit den Elementar⸗ und Volks⸗ schullehrern auf einer Stufe stehen, sondern den ordentlichen Lehrern der höheren Schulen gleich, oder während einer Uebergangsperiode wenigstens annähernd gleichgestellt werden, geht das Haus auf An⸗ trag der Petitionscommission ohne Debatte zur Tagesordnung über.

Bezüglich der Petition der vormärzlichen schleswig— holsteinschen Offiziere, Oberst a. D. von . mann u. Gen,, ihren Antrag auf Nachzahlung der ihnen in den Jahren 1851 bis 1864 vorenthaltenen Pensionen der Königlichen Staatsregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, beschließt das

us auf Antrag der Petitionscommission: in Erwägung, daß den

enten ein Rechtsanspruch nicht zur Seite stehe; daß die sinan⸗ Fielle Lage des Staats nicht 3 weitere Billigkeits rücksichten geltend zu machen, nachdem solche den Petenten bereits zu theil ge— worden seien; daß ferner die Conseguenzen einer Befürwortung der Petition zur Zeit nicht zu übersehen seien, über diese Petition zur Tagesordnung überzugehen. .

Die Petition des Presbyteriums der evangelischen Ge— meinde zu M⸗Gladbach um Erwirkung der ministeriellen Er—⸗ laubniß zur Erweiterung des evangelischen Begräbniß— platzes daselbst beantragt die Petitionscommission der Regierung zur Erwägung zu überweisen. .

Freiherr von Durant spricht sich für antrag aus. ö . .

Das Haus beschließt nach diesem Antrag.

Bezüglich der Petition des Jakob Ewert Uu. Gen., Bewohner der Thorner linksseitigen Niederung, um Erwirkung einer staatlichen Unterstützung für die durch das Hochwasser der Weichsel erlittenen Schäden beantragt die Petitionscommission mit Rücksicht darauf, daß von der Königlichen Staatsregierung eine wohl⸗ wollende Erwägung der in Rede stehenden Angelegenheit zugesagt worden sei, über die Petition zur Tagesordnung überzugehen.

Ober⸗Bürgermeister Bend er erkennt die bedeutende Verbesserung der Weichsel durch die Stromregulirungen an, schildert aber die traurigen Zustände der Thorner Niederung bei Hochwasser und beantragt, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung dahin zu überweisen, daß den Petenten, insofern sie in den Verhältnissen ihres Nahrungs- und Hausstandes bedroht seien, aus Staatsmitteln Beihilfen oder billige Darlehen gewährt würden.

Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Kruse theilt mit, daß bereits ein Minifterialerlaß an die Provinzialregierung ergangen sei, um festzustellen, wie die Lage der Leute in dieser Niederung fei. Soweit die Leute in ihrem Haus⸗ und Nahrungsstande bedroht seien, sei die Regierung zur Unterstũtzung derselben bereit.

Herr von Woyrsch spricht sich für den Antrag Bender aus.

Der Commissionsantrag wird angenommen.

Ueber die Petition des P. Kraaz zu Stralsund, Vorsitzenden des Centralvereins preußischer Berufsfischer, um Abänderung der 5 11 bis 18 des Fischereigesetzes vom 30. Mai 1871 und den Erlaß von Vorschriften, daß gesetzliche Verordnungen im Fischereigebiete fortan nur unter Zuziehung einer aus Berufsfischern zu bildenden Commission erlassen werden können, beantragt die Com- mission zur Tagesordnung überzugehen.

Fürst zu Putbus beantragt, die Petition der Regierung zur Erwägung zu überweisen, damit die Regierung eingehende Er⸗ örterungen über die Angelegenheit bei der Regierung in Stralsund anftellen kõnne. . .

Das Haus beschließt nach dem Antrage des Fürsten Putbus.

Ueber die Petition der Gemeindevorstände zu Bardowick, Wittorf und Handorf, Regierungsbezirk Lüneburg, um Er richtung einer Apotheke oder einer Filial⸗Apotheke in Bardowick geht das Haus auf Antrag der Commission in Erwägung, daß anscheinend der Instanzenzug nicht erschöpft sei, zur Tagesordnung über.

Schluß gegen B., Uhr.

den Commissions⸗

Haus der Abgeordneten. 74. Sitzung vom Dienstag, 14 Juni. Der Sitzung wohnt der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen bei. . ö Die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die

Bahnen unterster Ordnung, wird fortgesetzt Nach f 13 kann der Bau von Bahnen, die für den Be⸗ M

trieb mit Maschinenkraft bestimmt sind, nicht eher beginnen, als bis der Plan festgestellt ist, zur Einsicht ausgelegen hat und die Einwendungen dagegen erledigt sind. Der letzte Abfatz lautet: Wenn aus der beabsichtigten Bahnanlage Nachtheile oder erhebliche Belästigungen der benachbarten Grundbesitzer und des öffentlichen Verkehrs nicht zu erwarten sind, kann der Minister der öffentlichen Arbeiten den Beginn des Baues ohne vorgängige Planfestsetzung gestatten. .

Abg. Hansen beantragt, diesen Absatz zu streichen oder wenigstens hinter kann“ , „sofern es sich nicht um die Benutzung öffentlicher Wege handelt“.

Abg. Hanf en (freicons . Seine Anträge seien gestellt, um die Anwohner öffentlicher Straßen zu schützen gegen eine Gefährdung, die ihnen erwachsen könne aus der Benutzung 53 öffentlichen Straßen durch Eisenbahnen. Die Straßenbahn von Hamburg nach Altona gehe auf einer Straße, die deswegen ängstlich von den Anwohnern ge⸗ mieden werde, die ostfriesische Küstenbahn habe schon viel Ungluͤck hervorgerufen; von einer andern Straßenbahn sei der Abg. von Halen, nachdem er über die Gefahren, die diese Bahn veranlasse, hier offent⸗ . Klage geführt habe, wenige Tage nach Schluß der Session ge⸗ fährlich verletzt worden. Nun verlange ja 8 5 die Zustimmung der Wegeunterhaltungepflichtigen zur Errichtung der Bahn; aber wo die Unterhaltungepflicht der Prodinz obliege, genüge das nicht, son—

dern es müsse auch den von der Bahn berührten Kreisen und Cemmunen ein Einspruchsrecht zustehen. Ein dahingehender Antrag sei auch in der Commission gestellt, aber, trotzdem er von der Regierung gutgeheißen worden sei, von der Commission abgelehnt worden. Sein zu 5 13 gestellter Antrag gebe nun 3 nde Ga⸗ rantie gegen Gefährdung von Straßenpassanten durch die isenbahn. Eine gewisse Belaäͤstigung der Gemeinden werde ja dadurch allerdings hervorgerufen, aber diese konne gegen die damit erkaufte Sicherheit des Verkehrs nicht in Betracht kommen.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Ich möchte dem hohen Hause empfehlen, den Antrag Hansen ab⸗ zulehnen. Zunächst möchte ich bemerken, daß die Erwägungen, von denen der Antrag ausgeht, soweit sie nämlich als berechtigt anzuerkennen sind, bereits im Gesetzentwurfe vollständige Berücksichtigung gefunden haben. Es heißt dort:

Wenn aus der beabsichtigten Bahnanlage Nachtheile oder er⸗ hebliche Belãstigungen der benachbarten Grundbesitzer und des öffentlichen Verkehrs nicht zu erwarten sind, kann der Minister der öffentlichen Arbeiten den Beginn des Baues ohne vorgängige Plan⸗ festsetzung gestatten.

Also, meine Herren, wo solche erheblichen Nachtheile und Be—⸗ lästigungen zu erwarten sind, da muß das Planfestsetzungsverfahren in jedem Falle stattfinden, und es unterliegt garkeinem Zweifel, daß die Nachtheile, die der Herr Vorredner geschildert hat, als erhebliche Belästigungen, ja als Gefahren zu betrachten sind. ;

Meine Herren, der Antrag ist aber meines Erachtens nicht nur entbehrlich, sondern wird meines Erachtens geradezu bedenklich dadurch, daß er die Erleichterungen aufhebt, die dieser Absatz beabsichtigte. Denn es wird dann in jedem einzelnen Falle das Planfestsetzungs— verfahren stattfinden müssen; denn es ist fast kein Fall denkbar, daß eine Kleinbahn nicht auf irgend einer Strecke, und sei es auch nur querhinüber, einen öffentlichen Steg berührt. Es würde damit das Verfahren eine unnöthige Erweiterung und Hemmung erfahren. Ich bitte deshalb, den Antrag abzulehnen.

Abg. Hansen (freicons): Sr meine eben, daß die Behörden der Ansicht sein könnten, es entstehe durch die Kleinbahn keine er⸗ hebliche Beeinträchtigung der Anwohner, während eine solche that⸗ sächlich doch erfolge, und für diese Fälle solle sein Antrag gerade Vorsorge treffen. In der Commission habe sich der Minister übrigens doch mehr in dem von ihm (Redner) vertretenen Sinn ausgesprochen. . .

Abg. Frentz scons.) erklärt sich ebenfalls für den Antrag Hansen.

Darauf wird der Eventualantrag Hansen (die Einschaltung der Worte ssofern es sich nicht um die Benutzung öffentlicher Wege handelt“ und mit dieser Abänderung 3 15 genehmigt, desgleichen ohne Debatte und unverändert 8 14.

S 15 lautet:

Zum Beginn des Betriebes bedarf es der Erlaubniß der zur Ertheilung der Genehmigung zuständigen Behörde. Die Erlaubniß ist zu versagen, sofern wesentliche, in der Bau⸗ und Betriebs genehmigung gestellte Bedingungen nicht erfüllt sind. .

Abg. Jansen (Centr beantragt, den § 15 wie folgt zu

andern: ; A2. Im Eingang statt Zum Beginn zu setzen: Zur Er⸗ öffnung“. b. Als Absatz hinzuzufügen: In dieser Erlaubniß ist für die Eröffnung des Betriebes eine Frsst zu bestimmen; auch kann für den Fall, daß diese Frist nicht innegehalten wird, die Er— legung von Geldstrafen und Sicherstellung hierfür gefordert werden. . Als Absatz 3 hinzuzufügen: Die Eröffnung des Betriebes ist der jzuständigen Behörde anzuzeigen‘.

Ministerial⸗Director Brefeld: Er bitte den Antrag abzulehnen, zumal es ja im eigenen Interesse des Unternehmers liege, die Er⸗ öffnung des Betriebes rechtzeitig öffentlich bekannt zu machen.

Abg. Broemel (ofr) bittet um Aufklärung über den Sinn des zweiten Satzes des 5 15.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Die gewünschte Erklärung kann ich dahin abgeben, daß auch ich es als selbstverstãndlich betrachte, daß, wenn alle Bedingungen erfüllt sind, die betreffende Behörde die Genehmigung zu ertheilen hat.

Der 5 15 wird mit dem Antrage Jansen angenommen, desgl. S 15. . . .

Dem §z 17 hat die Commission folgenden Zusatz gegeben:

Die angesetzten Beförderungspreise haben gleichmäßig für alle

Personen oder Güter Anwendung zu finden.

Abg. Rickert sofr. hält den Zusatz für bedenklich, wenn er nicht genügend declarirt werde, denn er könne zu Mißverstãndnissen führen. z. B. der Transport von Massengũtern billiger sein könne, als der Transport von einzelnen Frachtftücken, sei wohl selbstverständlich; es solle wohl nur ausgedrückt werden, daß keine Person bei Bemessung der Tarife begünstigt werden solle

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Von den zwei Alternativen, die der Herr Abg. Rickert erwähnt hat, hat natürlich nur die eine Anwendung finden sollen. Die Bestimmung bedeutet ihrem Sinn und ihrem Wortlaute nach: Die Anwendung der Tarife für Personen und Güter hat für alle Interessenten gleichmäßig und ohne Ansehen der Person zu er⸗ folgen. Es ist das derselbe Grundsatz, der auch in dem Gesetz vom 3. November 1838 Ausdruck gefunden hat. Ursprünglich ist dieser Grundsatz in die Regierungsvorlage darum nicht ausdrũcklich aufge⸗ nommen worden, weil beabsichtigt war, dies in die betreffende Con⸗ cessionsurkunde hineinzuschreiben. Die Staatsregierung hat sich aber überzeugt, daß es zweckmäßiger ist, diesen Grundsatz auch in dem Gesetz zum Ausdruck zu bringen, und darum hat sie dem Vorschlag der Commission zugestimmt; ich möchte daher auch empfehlen, die Bestimmung beizubehalten. Ueber den Sinn der Worte kann meiner Ansicht nach kein Zweifel obwalten; und wenn einer obgewaltet hãtte, hoffe ich, daß er jetzt durch meine Erklärung beseitigt sein wird.

Auf Wunsch des Abg. Rickert erklärt der Berichterstatter Abg. don Bismarck (cons.), daß in der Commission ebenfalls die Meinung geherrscht habe, daß keine Person bei den Tarifen besonders begũnstigt werden solle. ;

8 17 wird unverändert genehmigt. .

. u S 18 befürwortet Abg. von Strom beck (Centr.) folgenden Zusatz:

Tritt infolge der Erweiterung des Unternehmens ein Wechsel

der Aufsichts behörde ein, so ist dieser Wechsel und der Zeitpunkt desselben auf Kosten des Unternehmers bekannt zu machen.

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Freiherr von Zedlitz: Er bitte den Antrag abzulehnen, der theils Jweifel in das Gesetz einführe, theils geradezu gern die Absicht der Commission verstoße.

Der 5 18 wird angenommen mit dem Zusatz des Abg. von Strombeck bezüglich des Zeitpunktes des Wechsels der Aufsichtsbehõrde; desgleichen JI9.

Zu 20 wird beschlossen, daß die Genehmigung zurück⸗ genommen werden kann, wenn gegen die dem Ünternehmer obliegenden Verpflichtungen in ,, Beziehungen“ ver⸗ stoßen wird; die Worte „in wesentlichen Beziehungen“ fehlten in der Vorlage.

S 2 wird ohne Debatte angenommen.

——

Nach 8 2 wird bein Erlöschen ader hei der ZuräckJühnm.

der Genehmigung die bestellte Sicherhei

t 23 . die Wegeunterhaltungspflichtigen 6 echt, 8

Wiederherstellung des früheren Zustandes unter Beseitigu in den Weg eingebauter Theile Bahnanlage, oder gi angemessene Entschädigung den Uebergang der letzteren in ihr Eigenthum zu verlangen. Die Commission hat den Zusatz ge macht; im . en Interesse kann die Aufsichtabed l eine Frist festsetzen, vor deren Ablauf der Unterhaltunge pflichtige nicht berechtigt ist, die Wiederherstellung des früheren Zustandes zu verlangen.“

. * Jerusglem sCentr.) beantragt, den letzten Satz, der zu irrthümlichen Schlüssen führen könne, zu streichen. Sei eine Com- cession erloschen oder zurückgenommen, so könne doch nicht eine längere Frist gewãhrt werden. Wenn einem Unternehmer die Con- cessien genommen sei, so habe er natürlich nicht mehr das Recht, das Unternehmen als Ganzes an einen Anderen zu veräußern. Der letzte Satz habe also gar kein Interesse mehr.

Abg. Dr. Hammacher (nl): Er stimme dem Vorredner darin bei, daß ein Unternehmer nach Entziehung der Conceffion nn die einzelnen Theile seines Unternehmens verfaufen könne, nicht abet das Ganze als solches. Trotzdem glaube er doch, daß der betreffende Satz beibehalten werden müsse, um für den Fall, daß ein Unter nehmer in finanzielle Schwierigkeiten gerathe, das Unternehmen, wenn es im öffentlichen Interesse liege, von einem anderen Unternehmer weiter führen zu lassen. . .

Ministerial⸗Director Brefeld: Die Zustimmung der Behörde zu der Uebertragung des Unternehmens von einem Unternehmer auf einen anderen sei unter allen Umständen erforderlich. Er bitte den betreffenden Satz beizubehalten. .

Der Antrag Jerusalem wird darauf abgelehnt, 8 2 un— verändert angenommen. .

§ 23 bestimmt über den Verfall der Geldstrafen, über

welche der Minister entscheiden soll; dieselben sollen für das Unternehmen oder für ähnliche Unternehmungen in den be treffenden Landestheilen verwendet werden. Ma Jerusalem (Centr.) beantragt, daß die Strafgelder in erster Linie den Gläubigern des Unternehmens zu gute kommen sollten; er verweise darauf, daß die Bauhandwerker für ãhnliche Forderungen ein Vorrecht verlangten.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Ich möchte Sie bitten, diesem Antrage nicht zu⸗ zustimmen, und zwar bewegen mich zunächst egoistische Gründe dazu. Der Minister der öffentlichen Arbeiten würde in eine sehr fatale Lage kommen, wenn er die Vertheilung der Gelder zwischen den Gläubigern des bankerotten Unternehmers vornehmen müßte. Diese Gelder rühren aber auch garnicht aus privatrechtlichen Verhältnissen her, sondern aus öffentlich rechtlichen Beziehungen; sie sind Conventional- strafen dafür, daß das Verkehrsinteresse von den Unternebmern nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt ist, und gehören mit ihrer Verwendung auch dahin, wohin sie gewiesen sind durch die Vorlage bezw. durch die Vorlage, wie sie seitens der Commission geändert ist. Ich mõchte daher bitten, hier in die Privatverhältnisse des Gläubigers nicht ein⸗ zugreifen, sondern es bei der Vorlage bewenden zu lassen.

Abg. von Tiedem ann⸗Bom st (freicons.) schließt sich den Ausführungen des Ministers an. ö Abg. Pr. Krause (nl) bemerkt, daß es unnatürlich sei,. Glän⸗ bigern, die leichtsinnig Credit gäben und mit denen man kein Mitleid zu haben brauche, diese Strafgelder hinzugeben.

Abg. Frentz (cons) spricht sich gegen den Antrag aus.

Der Antrag wird vom Antragsteller zurückgezogen und § 3 nach den Beschlüssen der Commission unverändert ange⸗ nommen, desgleichen S 21 ohne Debatte. .

Nach 8 5 können die Unternehmer von Kleinbahnen den Anschluß an Bahnen, welche dem Eisenbahngesetz von 1835 unterliegen, verlangen.

Abg. Broe mel (öfr.) wiederholt die bereits in der Commission gestellte Frage, ob auch die Staatsbahnen sich den Anschluß der WVleinbahnen gefallen lassen müßten; die bejahende Antwort des Ministers sei in dem Bericht nicht enthalten.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Ich nehme keinen Anstand, das zu bestätigen.

s B wird genehmigt

S 26 bestimmt, daß die Localbahnen, welche die Bedeu⸗ tung gewonnen haben, daß sie Theile des allgemeinen Staats— eisenhahnnetzes sind, vom Staat erworben werden können.

Die Commission hat eingefügt, daß die Unternehmer sich dem Eisenbahngesetz von 1838 unterwerfen können:; erst wenn dies verweigert wird, kann der Staat nach einjähriger Kündi⸗ gungsfrist den Ankauf vornehmen.

Diesen Zusatz der Commission beantragen die Abgg. Frentz und Gen. zu streichen.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Auch die Staatsregierung ist in der Lage, gegen die Fassung, welche die Commission diesem Paragraphen gegeben hat, die schwerwiegendsten Bedenken geltend zu machen. Das Staatẽ⸗ bahnsystem, welches in Preußen doch nun einmal durchgeführt ist, macht es unumgänglich nothwendig, der Staatsregierung die Möglich⸗ keit offen zu halten, im gegebenen Falle, wenn das Staatẽ⸗ interesse es erheischt, eine Bahn zu erwerben, die allmählich zu einem Gliede des allgemeinen großen Eisenbahnnetzes heran gereift ist. Diese Möglichkeit wird durch die Faffung, welche dem Paragraphen seitens der Commission gegeben worden ist, zu Gunsten des möglicherweise eintretenden luerum eessans des Unter⸗ nehmens in Frage gestellt, oder doch wenigstens bezüglich der Zeit des Erwerbes in das Belieben des betreffenden Unternehmers gestellt.

Die nächste Folge, welche auch bereits vom Herrn Berichterstatter angedeutet worden ist, wird die sein, daß die Staats regierung ganz gegen ihren Willen und ihre Absicht dahin gedrängt wird, bei Ge⸗ nehmigung von Kleinbahnen mit größter Vorsicht zu intersuchen, ob die Möglichkeit vorliegt, daß aus dieser Bahn demnächst in abseh barer Zeit ein Glied des großen Eisenbahnnetzes werden könnte, und in allen denjenigen Fällen, wo diese Frage bejaht werden muß, die Genehmigung, die Bahn als Kleinbahn zu bauen, zu. versagen. Wenn aber trotzdem, entweder, weil die Genehmigungsbehörde sich getäuscht hat, oder den einer anderen toleranteren Auffassung ausgegangen ist, die Concession ertheilt ist und hinterher sich herausstellt, daß die Bahn zur y. gänzung des Staatebahnnetzes nothwendig ist, dann wird die Staats. eisenbahnverwaltung durch diese Bestimmung vielleicht dazu gedrãngt werden, Concurrenzlinien zu bauen, die an und für sich wirthschaftlich nicht gerechtfertigt sein würden. 3

Meine Herren, die Entschädigungen, welche dem Unternehmer y. den Fall des Erwerbs seiner Bahn durch den Staat in nn tigen Gesetz bestimmt sind, sind meines Erachtens so hinreichend, so reichlich bemessen, daß weitaus in den meisten Fällen der ee. nehmer das beste Geschäft macht, wenn er seine 6 an den Staat verkauft. Durch die Bestimmung, daß der Unternehen

erst dann gezwungen ist, sich den Erwerb der Bahn durch den Staat

en zu lassen, wenn er die Unterwerfung unter das Gesetz vom 3. November 1838 abgelehnt hat, würden die Unterhandlungen mit dem Unternehmer in dem Falle, daß der Erwerb seiner Bahn aus allge⸗ meinen Staatsrüũcksichten nothwendig sein möchte, erheblich erschwert und verzögert und die Unternehmer dazu verleitet, diese Verhandlungen möõglichst in die Lãnge zu ziehen. Dem Unternehmer wird nahe ge⸗ legt, zunächst zu sagen: ich will mich dem Gesetze vom 3. November 1838 unterwerfen; sage mir deine Bedingungen. Dann beginnen die Verhandlungen auf dieser Grundlage; es werden mit dem Unter⸗ nehmer die Bedingungen erörtert bezüglich seiner Unterwerfung unter das Gesetz vom 3. November 1838 und die auf Grund desselben zu er⸗ theilende Concessiorß; Jahr und Tag wird darüber hingehen, und endlich wird der Unternehmer sagen: die Unterwerfung unter das Gesetz von 1838 paßt mir nicht; die Concession nehme ich nicht an. Dann beginnen von neuem die Unterhandlungen bezüglich der Er⸗ werbung des Unternehmens durch den Staat, wenn der Staat nicht vorher schon mürbe geworden ist durch die endlosen Verhandlungen. Der Staat kommt also entweder in die Lage, den nothwendigen Erwerb des betreffenden Unternehmens auf lange Zeit hinausschieben oder sich entschließen zu müssen, das Unternehmen freihändig zu erwerben und zu dem Ende außerhalb des Rahmens des Gesetzes dem Unternehmer größere Entschãdigungen zu zahlen. ö

Meine Herren, Sie werden mit mir der Ueberzeugung sein, selbst wenn Sie grundsätzliche Gegner des Staatsbahnsystems sind, daß dieser Weg kein praktischer ist, daß es sich vielmehr empfiehlt, die einfachen und klaren Bestimmungen der ursprünglichen Regierungs- vorlage wiederherzuftellen, und darum möchte ich Sie dringend bitten.

Abg. Dr. Krause (ul): Obwohl er ein Freund des Staats⸗ eisenbahnspystems sei, müßsse er doch dem Commissionsbeschluß bei⸗ stimmen, weil dieser sowohl die Interessen des Staats als der Unter nehmer berücksichtige. Es handele sich hier um die Expropriation

eines ganzen Unternehmens, und eine solche sei nur üblich, wenn Rücksichten auf das allgemeine Wohl sie erforderten. Warum solle der Staat mehr beanspruchen können, als was ibm nach dem Eisen⸗ bahngesetz von 1838 zustehe, nämlich das Recht, Bahnen zu erwerben? Die staatlichen Behörden ließen sich nicht so leicht muͤrbe machen, im Gegentheil, sie hätten den Unternehmer in der Hand. Wenn die Unternehmer, wie der Minister meine, die reichlich bemessene Ent⸗ schädigung gern annähmen, dann brauche man diese Bestimmungen

i Svorlage nicht. ö k 9 H—— n⸗Bomst ffreicons) und Cremer (b. k. P treten für den Antrag Frentz ein, während Abg. Jerusalem (Centr. die Aufrechterhaltung der Commissionsbeschlüsse befürwortet.

Abg. Dr. Hamm acher (nk): Wenn der Staat das Recht er⸗ halte, in jedem Augenblicke solche Localbahnen zu verstaatlichen, so werde das Kapital sich nicht sehr geneigt zeigen, sich an dem Bau solcher Bahnen zu betheiligen. Das Kapital werde nur anzuziehen sein durch die Aussicht auf einen außergewöhnlichen Ertrag. .

Abg. Graf zu Lim burg⸗Stirum (cons.): Die Regierung erkläre, daß sje nicht geneigt sein werde, Concessionen zu geben, wenn die Commissionsbeschlüsse angenommen würden. Das dürfe wohl das größere Uebel sein und deshalb empfehle sich die Wieder⸗ herstellung der Vorlage, zumal die Entschädigungen ganz reichlich hemessen zu sein pflegten und daher keine Gefahr vorliege, daß das Kapital irgendwie verloren gehen könne.

Abg. Dr. Lieber (Centr.): Man könne doch nicht ernsthaft an⸗ nehmen, daß die Regierung, wenn der Commissionsbeschluß ange⸗ nommen werden sollte, mit der Ertheilung von Genehmigungen spar⸗ sam sein werde; das würde doch nur eine kleinliche Rache sein. Weit efährlicher sei es, wenn man das Kapital abschrecke. Was könne das Angebot einer Concession seitens des Staats nützen, wenn niemand da sei, der sie haben wolle? Nachdem die Unternehmer bei den großen Bahnen die Erfahrung gemacht hätten, daß in einem für den Staat günstigen Augenblick die Verstaatlichung eintrete, so sei es für sie nicht gerade verlockend, sich bei den Kleinbahnen in dieselbe Gefahr hineinzubegeben. Man solle bei der Genehmigung der Kleinbahnen recht weitherzig sein.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Sie werden weder durch die Fassung der Com⸗ mission das Kapital anlocken, noch durch die Fassung der Regierung das Kapital abschrecken. (Sehr richtig! rechts) Meine Herren, um welche Bahnen handelt es sich denn hier in dieser Frage? doch nur um solche, die erbaut werden als Kleinbahnen, weil sie die Regierung ihrerseits als Nebenbahnen nicht bauen will oder kann. Wenn sie die Regierung als Nebenbahnen bauen wollte, so wäre das sämmtlichen Interessenten der Bahn jedenfalls sehr viel lieber. Aber da die Regierung nicht die Aufgabe und auch nicht die Mittel hat, überallhin Nebenbahnen zu bauen, so wird und muß sie dem Privatkapital einen Theil dieser Bahnen überlassen. Die Regierung ist allerdings bisher in der Con— cessionirung von solchen Bahnen, die hier vielleicht in Frage kommen könnten, vorsichtig und, wenn Sie wollen, auch rigoros gewesen, nämlich dann, wenn diese Bahnen ihrer ganzen Tendenz nach als solche sich darstellten, die bestimmt waren, den Verkehr zwischen zwei größeren Staatsbahnstrecken für sich in Anspruch zu nehmen, aus dem großen Staatsbahnteiche ihrerseits Fische zu fangen. In der Be⸗ ziehung wird die Staatsregierung auch in Zukunft und das ist ihre Pflicht die Augen offen halten müssen. Sie wird sich auch in Zukunft fragen müssen: liegt hier wirklich ein öffentliches Verkehrs— interesse vor, dem durch die betreffenden Anträge gedient werden soll, oder liegt ein reines Unternehmerinteresse vor? Dieses letztere Interesse an sich werden Sie ebenso wenig begünstigen wollen wie die Staateregierung. Auch Sie interessiren sich für das allgemeine Ver⸗ kehrsinteresse des Landes. Sie wollen nur dann, wenn das Ver— kehrebedürfniß des Landes durch Privatunternehmer befriedigt worden ist, diese Pivatunternehmer in ihren Rechten thunlichst schützen, damit der Nacker von Staat nicht nachträglich kommt und erntet dort, wo nicht er, sondern vielleicht mit vieler Mühe und manchen Opfern der Privatunternehmer gesäet hat. Das geschieht aber ausreichend durch die Bestimmungen des Gesetzes. Der Staatsregierung können Sie mit Recht nicht nachsagen, daß sie bei dem Erwerb von Bahnen von rein fiscalischen Rücksichten sich bisher hat leiten lassen. Das wird sie auch in Zukunft nicht thun. Auch in Zukunft werden nicht die fiscalischen Räcksichten bei dem Erwerb der Bahnen für die Staatsregierung aus— schlaggebend sein, sondern entweder Betriebsrücksichten, Rüchfichten auf die bessere Durchführung in Bedienung des Verkehrs oder strategische Rücksichten. Die rechtzeitige und ausgiebige Wahrung dieser Rück— sichten wird aber durch die Fassung der Commission möglicher Weise im gegebenen Falle verhindert oder wenigstens verzögert.

Der Herr Abg. Dr. Hammacher hat sich auf das Gesetz vom 3. November 1858 berufen. Meine Herren, dieses Gesetz ist zu einer Zeit erlassen worden, wo von dem Staatsbahnfystem noch nicht die Rede war; heute stehen wir aber mitten im Staatsbahnsystem und

daher auch in unserer Gesetzgebung nach meiner Auffassung

diesem Staatsbahnsystem und seinen Consequenzen Rechnung zu tragen. Das wird in dem vorliegenden Gesetzeniwurf, wenn Sie die Regierungs vorlage annehmen, geschehen, und zwar in wirksamerer Weise, als es meines Grachtens nach dem Commissionsvorschlag möglich sein wird. Ich möchte daher nochmals die Bitte an das hohe Haus richten, sich dem Antrage Frentz anzuschließen und die Regie⸗ rung vorlage wiederherzustellen.

Abg. Dr. Krause: Es scheine ihm ein Widerspruch, daß der Staat den Bau dieser Kleinbahnen ablehne, aber fofort eine Vor— schrift in das Gesetz bringen wolle, die ihm die Verftaatlichung der⸗ selben erleichtere.

Berichterstatter Abg. von Bismarck scons) theilt mit, daß die Commissionsfassung mit 9 gegen 8 Stimmen von der Com- mission angenommen worden sei, legt die Gründe dar, welche sowohl für die Auffassung der Majorität als der Minoritãt vorgebracht worden seien, und stellt schließlich dem Hause anheim, ob es für die Regierungsvorlage oder die Commissionsfasfung stimmen wolle.

Abg. Rickert (fr.: Der Referent habe die Ansichten der Majorität der Commission hier zu vertreten und nicht dem Saufe seinen Beschluß anheimzuftellen. Er sei der Meinung, daß die Auf⸗ fassung des Referenten, welche aus seinem Schlußsatz hervorgehe, nicht unwidersprochen bleiben dürfe.

Berichterstatter Abg. von Bismarck (cons.): Er habe die Auffaffung, daß der Referent sowohl die Meinung der Majoritãt als der Minorität aus Ter Commission zur Geltung zu bringen habe. Er habe dies gethan und halte sich dazu für vollkommen berechtigt.

Abg. Graf zu Lim burg-Stirum (cons): Es sei ganz einerlei, ob der Referent gesagt habe er empfehle die Beschkäffe der Commission, oder er stelle die Beschlußfassung anheim. Der Angriff des Abg. Rickert sei ganz ungerechtfertigt. .

Nachdem noch Abg. hr. Lieber (Centr) im Sinne des Abg. Rickert gesprochen, Abg. von Kröcher (cons) das Ver⸗ fahren des Berichterstatters vertheidigt, wird der Beschluß der Commission gegen die Stimmen der Conservativen und Frei⸗ conservativen aufrecht erhalten. ;

5 A handelt von der Abmessung der beim Erwerb der Kleinbahn durch den Staat zu zahlenden Entschädigung.

Abg. Dr. Lang erhans (df): 52 enthalte die Bestimmung, daß, a das ketreffende Unternehmen noch nicht fünf Jahre in Be— trieb sei, für die Berechnung der Entschädigung der Durchschnitt des bisher gezahlten Reingewinns maßgebend sein solle. Diese Beftimmung scheine ihm zu hart, denn im allgemeinen sei bei einem jungen Unternehmen der Reingewinn erheblich kleiner, als er sich spaͤter dauernd zu gestalten pflege. Er bitte, aus diesem Grunde die er— wähnte Bestimmung zu streichen.

Geheimer Ober ⸗Regierungs⸗Rath Gleim: Die vom Abg. Langerhans angefochtene Bestimmung fei abfolut nothwendig, denn § 26 werde sonst illusorisch werden. F 42 des allgemeinen Eisenbahn⸗ gesetzes setze als Entschädigung beim Erwerb einer Bahn das 265 fache des durchschnittlichen Werthes der Diridende der letzten fünf Betriebs⸗ jahre fest; bei Bahnen, die noch nicht so lange beständen, müsse eben der Durchschnittswerth des erzielten Reingewinns dafür eintreten.

Abg. Dr. Krause (nl) schließt sich diesen Ausführungen des Regierungsvertreters an.

Abg. Dr. Gerlich (freicons.): Da allerdings in den ersten Jahren der Reingewinn unverhältnißmäßig niedrig zu sein pflege, würde die Annahme der vom Abg. Langerhans angefochtenen Bestimmung aller— dings eine Härte entfalten, die einfache Streichung aber würde eine Lücke im Gesetz lassen; er empfehle deshalb dem Abg. Langerhans, zur dritten Lesung einen Vorschlag etwa dahingehend zu machen, daß bei Unternehmungen von weniger als fünfjährigem Bestehen bei der Entschädigungsabmessung der durchschnittliche Reinerwerb unter Nicht⸗ berücksichtigung der ersten beiden Jahre des Bestehens der Bahn anzusetzen sei. .

Hiernach wird S 27 unverändert genehmigt, desgleichen ohne Debatte die nächsten Paragraphen bis einschließlich 8 34, welche noch Specialbestimmungen über Ermittelung des Erwerbswerthes enthalten.

§ 5 hatte in der Regierungsvorlage gelautet:

Zur Anlegung von Bahnen in den Straßen Berlins und Potsdams bedarf es Königlicher Genehmigungnin .

Die Commission schlägt dafür folgende Fassung vor:

An dem Erforderniß der Königlichen Genehmigung für die Anlegung von Bahnen in den Straßen Berlins und Potsdams wird durch das gegenwärtige Gesetz nichts geändert.“

Abg. Dr. Lieber (Centr.): Er könne sich mit der Commis⸗ sionsfaffung nicht befreunden; wolle man eine besondere Behandlung Berlins und Potsdams überhaupt beibehalten, so könne dies nur in der Form der ursprünglichen Regierungsvorlage geschehen. Die HSaupt⸗ und Residenzstãdte hätten von diesem Charakter allerdings große und mannigfache Vertheile; abgesehen von allem anderen bemillige das Haus jährlich Millionen für diese Städte als Haupt- und Residenzstädte, und sie könnten sich unmöglich der Pflicht ent⸗ ziehen, nun auch die kleinen Beschränkungen zu ertragen, die untrennbar mit diesen Vortheilen verbunden seien. Die ge— schichtliche Entwickelung des Königlichen Einspruchsrechts habe durchaus nichts anderes geschaffen, als was die Regierungs— vorlage enthalte. Der König habe einen Theil dieser Rechte im Jahre 1874 an den Minister delegirt, aber eben nur delegirt, könne sie also jeden Augenblick wieder für sich in Anspruch nehmen. Die zu Recht bestehende Königliche Cabinetsordre nehme besondere Rechte in Bezug auf die eleganteren Stadttheile in Anspruch das sei ein nach den wechselnden Verkehrs- und Entwicklungsverhältnissen der

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Stadt durchaus wechselnder Begriff, und die hier bestehende Unklarheit

könne man nicht im Gesetz fixiren; darum sei es besser, man mache jede Straßenbahn in Berlin und Potsdam überhaupt von der König— lichen Genehmigung abhängig, und so empfehle er die Wiederherstellung der Regierungsvorlage.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Auch namens der Staatsregierung kann ich nur die schwer— wiegendsten Bedenken gegen die Fassung der Commissionsvorlage geltend machen und mich in dieser Beziehung vollinhaltlich den Aus⸗ führungen anschließen, die der Herr Vorredner, Herr Dr. Lieber, Ihnen vorgetragen hat. Meine Herren, bereits das Gesetz vom 2. Juni 1875, betreffend die Anlegung und Veränderung der Straßen und Plätze in den Städten und ländlichen Ortschaften hat, in voller Würdigung des Charakters der Stãdte Berlin und Potsdam als Königlicher Residenzen, die Bestimmung getroffen, daß zur Festsetzung von neuen Bebauungs⸗ plänen und zu ihrer Abänderung die Königliche Genehmigung erforderlich sei. In durchaus richtiger und consequenter Anlehnung an diese Bestimmung enthielt 5 35 der Regierungsvorlage die Be⸗ stimmung:

Zur Anlegung von Bahnen in den Straßen Berlins und Potsdams bedarf es Königlicher Genehmigung. ;

Statt dessen hat die Commission dieses hohen Hauses folgenden Beschluß gefaßt:

An dem Erforderniß der Königlichen Genehmigung für die Anlegung von Bahnen in den Straßen Berlins und Potsdams wird durch das gegenwärtige Gesetz nichts geändert.

Während die Regierungsvorlage eine klare und unzweifelhafte Rechtsgrundlage schafft für die Königliche Genehmigung, regt der Beschluß der Commission nur Zweifel an und giebt zu Erörterungen Veranlassung, die nach meiner Auffassung im allseitigen Interesse durchaus zu beseitigen sind. (Sehr richtig!)

Meine Herren, die Befürchtungen, es könnte durch diese Be—

stimmung die Anlage von Straßenbahnen in Berlin und Potsdam gehemmt oder die Genehmigungsprocedur erschwert werden, sind meines Erachtens vollstãändig unbegründet, und es bedarf wobl keines Hinweises auf die warme Fürsorge und das stete Interesse der Herrscher des Hohenzollernbauses für ihre Residenzen, insbesondere für ihre Stadt Berlin, um diese Befürchtungen zu zerstreuen. In Bezug auf die Befürchtung, daß durch Nachsuchung der Königlichen Genehmigung die Anlage der Bahn verzögert werden könnte, erlaube ich mir noch darauf hinzuweisen, wie auch der Herr Vorredner bereits gethan hat, daß bezüglich der mehr untergeordneten Stadttheile die Allerhöchste Genehmigung schon seither delegirt gewesen ist auf die Behörde, und daß kein Anlaß vorliegt, anzunehmen, daß das künftig nicht auch der Fall sein wird. Ich bitte daher recht dringend, daß das hohe Haus die ursprüngliche Regierungsvorlage wiederherftellen wolle. (Bravo)

Abg. Graf zu Lim burg-Stirum (eons.): Seine Freunde ständen auf dem Standpunkt, daß man sehr vorsichtig⸗ * in müsse, wenn es sich um Rechte der Krone handele. Durch die Camnmissions⸗ vorlage werde dieses Recht der Krone einigermaßen in Zweifel gestellt. Sobald man ein Gesetz mache und nicht lediglich die Verwaltungs⸗ praxis aufrecht erhalte, müsse man auch in das Gesetz klar und be⸗ stimmt hineinschreiben, daß die Königliche Prärogative, in den Städten Berlin und Potsdam Straßenbahnen zu genehmigen oder nicht zu genehmigen, bestehen bleibe. Daß diese Allerhöchste Befugniß nicht in einem Sinne gehandhabt werden werde, die dem Verkehr oder der Entwickelung der Städte schade, dafür bürge die Vergangenheit, tee. das Recht der Krone wolle er nicht angetastet wissen. (Beifall rechts.)

Abg. Dr,. Krause (nl): Auch seine Partei wolle das Königliche Vorrecht nicht einschränken, aber er meine, auch der Commifsions— beschluß ändere daran nichts. Ursache des Commissionsbeschlusses sei die Begründung des 535 gewesen, in der es heiße, daß deffen Vor⸗ schrift fir die eleganten Stadttheile Berlins dem bestebenden Rechte entspreche. Daraus sei geschlossen, daß es sich für die anderen Stadt⸗ theile um eine Erweiterung des . Rechts handele; deshalb sei die anderweitige Fassung gewählt worden, für die auch die Mit⸗ glieder des Centrums gestimmt hätten, die jetzt allerdings ihre Mei⸗ nung geändert zu haben schienen. Die Conservativen seien vollkommen consequent geblieben. Alle anderen Parteien aber hätten den Com⸗ missionsbeschluß angenommen, und er sei erstaunt, daß das Centrum e , Commission und zweiter Lesung seine Meinung geändert habe.

Abg. von Strembeck (Cent.): Die Centrumsmitglieder der Commission hätten allerdings für den jetzt vorliegenden Beschluß ge⸗ stimmt, sie hätten sich aber inzwischen uͤberzeugt, daß dadurch Zweifel entstehen könnten bezüglich der Rechte der Krone, die 1874 delegirt worden seien, deshalb würden sie jetzt für die Regierungsvorlage stimmen. .

Abg. Broemel (oft): Bei geschickterer Begründung der Vor⸗ lage und wenn die Centrumsmitglieder sich früher unterrichtet hätten, hätte dem Hause diese Erörterung ganz erspart werden können. Praktisch habe die Frage gar keine Bedeutung mehr, da nach den Er⸗ klärungen vom Regierungstische wohl zu hoffen sei, daß die Rechte der Krone in demselben Umfange wie bisher delegirt werden würden. Der Abg, Lieber scheine die Tragweite dieser Frage nicht vollkommen zu verstehen. Gegenüber den Ausführungen des Ministers bei der ersten Lesung müsse er bemerken, daß seine Angabe, die Verwaltung der Großen Berliner Pferdebahn habe den Uebergang über die Linden zunächst von der Kanonierstraße beantragt, nicht zutreffe. Ursprünglich habe der Plan bestanden, im Zuge der Friedrichstraße die Linden zu überschreiten. Nachdem sich dies als unmöglich er⸗ wiesen habe, sei das Projget aufgestellt worden, die Linden über die Charlottenstraße zu üͤderschreiten. Hiergegen habe allerdings der Minister Einspruch erhoben unter Hinweis auf die ver⸗ hältnißmäßig geringe Breite der Charlottenftraße zwischen Behren⸗ straße und den Linden. Es gebe aber in Berlin mehrere Straßen von geringerer Breite als die Charlottenstraße zwischen Behren⸗ straße und den Linden, in denen neben einem ungeheuer großen Wagenverkehr noch die Pferdebahnwagen führen, ohne daß ernstliche Uebelstände entstanden seien. In der Spandauerstraße zwischen Molkenmarkt und Rathhaus pajsire alle 35 Secunden ein Pferdebahn⸗ wagen, in der Gertraudtenstraße alle 20 Secunden. Er müsse hier entschiedenen Widerspruch dagegen erheben, daß durch den Commissions⸗ beschluß die Rechte der Krone in Frage gestellt würden.

Abg. Stengel ffreicons.): Auf solche Einzelheiten gehe er nicht ein; er freue sich, daß die Erörterung dem Hause nicht erspart geblieben sei; denn dadurch werde wenigstens die Uebereinstimmung der Parteien festgestellt dahin, daß die Rechte der Krone unper⸗= ändert bleiben sollten. Das werde am deutlichsten durch die Vorlage ausgesprochen, und deshalb werde seine Partei für diese stimmen.

Abg. Jan sen (Centr.) nimmt seine Partei gegen den Vorwurf des Abg. Krause in Schutz. .

Abg. Dr. Lieber (Centr.: Der Abg. Broemel scheine die Linden nicht zu den eleganten Stadttheilen Berlins zu rechnen. Die Stadt Berlin möge sich bei ihm dafür bedanken. Seine (des Redners) Partei stimme jetzt nur deshalb für die Regierungsvorlage, weil in zwischen Zweifel entstanden seien, ob Pferdebahnanlagen in den nicht eleganten Stadttheilen Berlins der Königlichen Genehmigung unter⸗ lägen oder nicht. Sie sei also keineswegs inconsequent gewesen, und man hätte sich die anzüglichen Redensarten sparen können.

Abg. Broemel (dfr. ): Der Vorredner suppeditire ihm, er habe die Linden nicht zu den eleganteren Stadttheilen gerechnet. Er habe nur ein Beispiel anführen wollen, wie diese Bestimmung geeignet sein könne, den Verkehr zu erschweren. . ö

s 35 wird gegen die Stimmen der Freisinnigen und einiger Nationalliberaler nach der Regierungsvorlage an⸗— genommen. .

Nach 536 der Vorlage sollten die Localbahnen verpflichtet sein, die Militäranwärter nach den für den Staatsbahndienst geltenden Bestimmungen anzustellen. .

Die Commission hatte diesen Paragraphen gestrichen.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Die Staatsregierung muß ja zugeben, daß die Erweiterung der Anstellungsfähigkeit der Militäranwärter durch das gegenwärtige Gesetz nicht eine sehr wesentliche werden wird. Immerhin ist es aber der Armee doch erwünscht, auch die Kleinbahnen in den Rahmen derjenigen Institute mit hineinzubeziehen, bei denen Militär= anwärter Verwendung finden können. Die Staatsregierung ist von der Auffassung ausgegangen, daß die damit den Kleinbahnen aufgebürdete Last, welche als eine große gewiß nicht zu bezeichnen ist, doch wohl mit Fug und Recht einem Unternehmen auferlegt werden kann, welches in vielfacher Beziehung staatliche Begünstigung und staat⸗ liche Privilegien durch die gesetzlichen Bestimmungen erhält.

Ich möchte daher die Bitte aussprechen, das hohe Haus möchte sich dem Vorschlage der Commission nicht anschließen, sondern die ursprungliche Regierungsvorlage wieder herstellen.

§ 36 wird entsprechend dem Antrage der Commission ver⸗ worfen.

Abg. von Tiedemann⸗Bomst (freicons.) beantragt, folgenden 5 37 a neu einzuschieben:

Die auf Grund des Dotationsgesetzes vom 8. Juli 1875 den

Provinzen überwiesenen Dotationen koͤnnen auch zur Förderun des Baues von Kleinbahnen verwendet werden. 5 9

Abg. Ludo wieg (nl) beantragt, auch das Dotations⸗ gesetz von 1858 (für die Provinz Hannover) hier zu citiren.