1892 / 142 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Jun 1892 18:00:01 GMT) scan diff

v. Eynern (nl. ei . 9 Senn 9. mr n , nf, Erfahrungen nicht zu besorgen.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Auch von meinem Standpunkte aus möchte ich dringend empfehlen, den Antrag Hammacher anzunehmen. Wenn der Herr Abg. Hansen den Antrag, der vorgestern hier im Hause angenommen worden ist, durch seinen heutigen Antrag erheblich abgeschwächt hat, so hat er wohl selbst eingesehen, daß das Erforderniß eines förmlichen Plan⸗ feststellungsverfahrens in allen Fällen, wo ein öffentlicher Weg be⸗ rührt wird, über das Ziel hinausschießt, ich möchte aber meinen, daß auch das noch, was jetzt übrig geblieben ist, sich als ein Hemmniß darstellt für die Entwickelung des Kleinbahnenwesens, ins⸗ besondere als ein Hemmniß, wenn man diejenigen Gründe in Betracht zieht, die der Herr Abg. Hansen für seinen Antrag anführte. Auch ich betrachte es für die Entwicklung der Kleinbahnen als absolut entscheidend, daß die öffentlichen Wege für dieselben hergegeben werden.

Meine Herren, ich bin fest überzeugt, daß alle Belästigungen und Gefahren, welche die Herren voraussehen, in Wirklichkeit nicht, oder doch bei weitem nicht in dem gefürchteten Maße eintreten werden. Wenn die Pferde im Osten bei einer Begegnung mit einem Zuge scheuen, so liegt es doch wohl hauptsächlich daran, daß Sie dort nicht genug Bahnen haben; wenn die Pferde im Osten auf den Straßen erst so viele Bahnen und Locomotiven sehen werden, wie in Mitteldeutschland und im Westen schon jetzt, dann werden sie sich dort auch ebenso rasch daran gewöhnen, wie hier, und, wie schon mit Recht hervorgehoben worden ist, auch in andern Ländern. In den West⸗ provinzen, speciell in dem Directionsbezirk, den ich sechs Jahre ver⸗ waltet habe, giebt es eine ganze Reihe von dergleichen Nebenbahnen wit zum theil sehr erheblichem Betriebe, die fast ausschließlich auf den Straßen liegen, und zwar in Gegenden mit dichter Bevölkerung Ich erinnere auch an die Aggerthal⸗Bahn von Siegburg nach Derschlag mit 51 km Ausdehnung, die zum überwiegenden Theile auf und im übrigen dicht neben den Straßen liegt und in jeder Richtung 7 Züge hat. Der Betrieb wird mit großen Locomotiven, mit dem gewöhn⸗ lichen Eisenbahnbetriebsmaterial in einem vielfach gekrümmten und daher unübersichtlichen, dicht bebauten Thale bewerkstelligt, und gleich⸗ wohl hat man von Unglücksfällen auf dieser verhältnißmäßig langen Strecke noch fast garnichts gehört. Wo aber sich Unglücksfälle ereignen auf solchen Bahnen, sind sie meist durch grobe Nachlässigkeit der betreffenden Fuhrleute herbeigeführt.

Deshalb, meine Herren, möchte ich dringend bitten, den Antrag Hammacher anzunehmen und damit einen Riegel wieder wegzuziehen, den der Antrag Hansen der Entwickelung der Kleinbahnen auf den öffentlichen Wegen vorschieben will. Es ist ganz richtig, wie Herr Dr. Hammacher sagt, daß durch ein unnöthiges Planfeststellungs⸗ verfahren die Genehmigung auf Monate verzögert werden kann; denn die Behörde kann sich der Prüfung auch solcher Einwände nicht ent⸗ ziehen, die sie von vornherein selber für ungerechtfertigt erkennt; sie muß auch nach dieser Richtung ein Verfahren einleiten, und dieses Verfahren kostet Zeit und kostet Geld.

Ich bitte also um Wiederherstellung der Fassung der Commission und demgemäß um Annahme des Antrags Dr. Hammacher. (Bravo!)

Abg. Frentz (cons.) spricht sich für Aufrechterhaltung des Be⸗ schlusses zweiter Lesung unter Acceptirung der heute von dem Abg. Hansen beantragten Abschwächung aus.

Abg. Hansen (freicons.) tritt wiederholt für seinen Antrag ein. Man müsse für die Landstraßen größere Vorsicht aufwenden, als sie für die städtischen Straßen angezeigt sei.

Abg. Brandenburg (Centr.) bestätigt, daß auch auf den olden⸗ burgischen Localbahnen vielfach Unglücksfälle durch Scheuwerden der Pferde vorgekommen seien.

Abg. Jerusalem (Centr.) theilt dem gegenüber mit, daß auf der Localbahn Krefeld⸗Uerdingen sich nur anfangs einige kleine Unglücks⸗ fälle ereignet hätten.

Abg. von Eynern (nl) verweist den Antragsteller Hansen auf die Erfahrungen mit der Grunewaldbahn, an welcher täglich Hunderte von Pferden vorbeigingen, ohne scheu zu werden.

Abg. Hansen (freicons.): In diesem Falle handele es sich doch meist nur um Berliner Droschkenpferde, die an Straßengeräusch ge⸗ wöhnt seien. Einige kleine Unglücksfällen, von denen der Abg. Jerusalem gesprochen habe, genügten gerade, um seine (des Redners) Ausführungen zu bestätigen.

Sz 17 wird nach der Fassung zweiter Lesung mit dem An— trage Hansen angenommen; ebenso ohne Debatte SS 18 bis 29.

Nach 8 30 der Beschlüsse zweiter Berathung kann der Staat eine Kleinbahn erwerben, wenn sie eine solche Bedeu⸗ tung für den öffentlichen Verkehr gewonnen hat, daß sie als Theil des allgemeinen Eisenbahnnetzes zu behandeln ist. Doch ist dazu erforderlich, daß der Unternehmer der Bahn sich weigert, sich dem Eisenbahngesetz von 1838 zu unterwerfen, außerdem soll eine einjährige Kündigungsfrist vorangehen.

Die Abgg. Graf zu Lim burg-⸗Stirum (cons.) und von Bismarck (cons.) wollen die Clausel bezüglich der Unterwerfung unter das Eisenbahngesetz von 1838 streichen.

Abg. von Bismarck (cons.) empfiehlt diesen Antrag, der die Wiederherstellung der Vorlage bezwecke und der Staatsregierung die volle Freiheit wiedergebe, deren sie gegenüber den Kleinbahnen be⸗ dürfe. Halte man an dem Beschlusse zweiter Lesung fest, so werde die Regierung in der Ertheilung von Concessionen sparsamer sein. Auch mit Rücksicht auf das Herrenhaus möge man den gestellten An⸗ trag annehmen.

Abg. Dr. Hammacher (nl): Wie das Herrenhaus ent⸗ scheiden werde, wisse niemand. Seine Partei halte an den Beschlüssen zweiter Lesung fest.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Ich kann ganz aus denselben Gründen, die Herr Abg. von Bis⸗ marck seinerseits angeführt hat, seinen Antrag nur dringend empfehlen. Ich verzichte auch meinerseits darauf, nochmals meritorisch auf die Sache einzugehen. Die Gründe, welche die Staatsregierung dazu bewogen haben, gegen den Commissionsvorschlag anzukämpfen, habe ich bereits in den Commissionsverhandlungen wie in der zweiten Lesung ausführlich dargelegt. Ich möchte nur ganz kurz diesen Gründen noch einen hinzufügen.

Als seiner Zeit in den Commissionsberathungen unter den ver⸗ schiedenen Ressorts diese Frage behandelt wurde, entschied man sich für die Fassung der Regierungsvorlage und normirte dementsprechend die Entschädigungssätze für den Unternehmer im Fall des Er⸗ werbes seiner Bahn durch den Staat. Gerade mit Rücksicht darauf, daß dem Staat das unbedingte Recht vorbehalten würde, im gegebenen Falle, wenn das Staatsinteresse es erheischt, die Bahn zu erwerben, wurden die Sätze, die dem Unternehmer zu zahlen sind, wesentlich erhöht. Es würden also, wenn diese Verpflichtung dem Unternehmer abgenommen würde, die Sätze meines Erachtens nicht mehr im rich⸗

tigen Verhältniß stehen. Also auch aus diesem Grunde würde ich befürworten, den Antrag Limburg⸗Bismarck anzunehmen und den Zwischensatz wieder auszuscheiden.

Abg. Jerusalem (Centr.): Das Centrum halte an den Be⸗ schlüssen zweiter Lesung fest.

§ 30 wird unverändert nach den Beschlüssen zweiter Lesung angenommen.

In der e ner n n, die bei der Geringfügig-— keit der e. beschlossenen Abänderungen sofort vorgenommen wird, gelangt das Gesetz einstimmig zur Annahme.

Auf Antrag der Geschäftsordnungscommission erklärt das . daß der Abg. Landrichter Jerusalem durch seine

rnennung . Landgerichts -Rath Sitz und Stimme im Hause der Abgeordneten nicht verloren hat. Es folgen Commissionsberichte über Petitionen.

Ueber die Petition von Rohloff und Genossen in Lobbe, in welcher beantragt wird, das Domänenvorwerk oder 30 ha Acker und Wiesen desselben als Rentengüterbesitzungen zu vergeben, geht das Haus nach dem Antrag der Agrarcommission zur Tages⸗ ordnung über.

Die Petition des Landgerichts⸗Secretärs Bernards in Köln um Bewilligung einer Theuerungszulage für die in Köln wohnenden Staatsbeamten beantragt die Budgetcommission der Staatsregierung als Material zu überweisen.

Abg. Lehmann (Centr.) beantragt, die Petition der Regierung zur Erwägung zu überweisen. Die Kölner Beamten hätten hier nichts weiter gefordert, als was ihren Collegen in Berlin, Breslau, Altona und Frankfurt a. M. schon zugestanden worden sei. Das gleiche Quantum Fleisch, Butter, Getreide und sonstiger Nahrungs⸗ mittel koste in der Provinz Posen 101 66, in Westpreußen 162, in Schlesien 105, in Sachsen 110, in Ostpreußen 110, in Frank⸗ furt 111, in Hannover 115, in Westfalen 116, in Brandenburg aus⸗ schließlich Berlin 116, in Hessen-⸗Nassau 121, in Schleswig-Holstein 121, im Stadtkreise Berlin 122, in der Rheinprovinz aber 125 S]! Bei solchen exorbitanten Preisen auch die Wohnungsmiethen seien, ab⸗ gesehen von Berlin, nirgends so hoch, wie in Köln empfehle es sich, die Petition doch mindestens zur Erwägung zu überweisen.

Abg. Bachem (Centr. schließt sich diesem Antrage an und ver⸗ weist namentlich noch darauf, daß die Amtsstunden in Köln nicht zusammenhingen, sondern durch eine zweiundeinhalbstündige Mittags— pause zerschnitten seien, sodaß die Beamten gezwungen seien, in der Nähe ihrer Amtslocale die dort natürlich theuren Wohnungen zu miethen. Es sei gleichgültig, ob den Beamten eine Zuwendung in Gestalt von Theuerungszulagen, oder von Localjulagen oder aus dem Dispositionsfonds des Justijz⸗Ministeriums gegeben werde, aber etwas müsse geschehen. Eine Verlegung von Ortschaften in höhere Servis—⸗ klassen sei bisher nur da vorgekommen, wo die Militärverwaltung die Initiative ergriffen habe; es sei zu wünschen, daß auch die Justizverwaltung für die zu ihrem Ressort gehörenden Beamten in gleichem Sinne Fürsorge treffe.

Abg. Dr. Sattler (nl. beantragt, die Petition zur principiellen Erledigung der Frage der Theuerungszulagen nochmals in die Com⸗ mission zurückzuverweisen, zumal kein Regierungscommissar zur Aus⸗ kunftertheilung anwesend sei.

Abg. Bachem (Centr. schließt sich diesem Antrage unter der Voraussetzung an, daß die Sache wiederum auf die morgige Tages⸗ ordnung gesetzt werde.

Abg. Lehmann (Centr.) bittet dagegen, die Verhandlung zu Ende zu führen. .

Der Antrag auf Zurückverweisung wird abgelehnt.

Abg. von Tiedem ann-Bomst (freicons.) spricht sich für den Commissionsantrag aus; wenn es darauf ankomme, hohe Lebens⸗ mittelpreise nachzuweisen, so könne man das für jeden beliebigen Ort, man müsse aber auch nachweisen, daß die hohen Preise nicht Aus⸗ nahmspreise seien, sondern die landesüblichen.

Abg. Dr. Gerlich (freicons.) bittet ebenfalls um Ablehnung des Antrages Lehmann. Wenn in Köln Fleisch und Getreide sehr theuer sei, so seien dagegen die Kohlen und andere Gebrauchsgegen⸗ stände in Ostpreußen sehr theuer, eine besondere Berücksichtigung des Westens sei also nicht motivirt. Uebrigens sei es sehr bedenklich, in Zeiten, in denen die Lebensmittelpreise hoch seien, nur gerade für die einzelne Klasse der Stagtsbeamten Hilfe zu beschaffen, während man andere zahlreiche Klassen der Bevölkerung, z. B. die Bauern, unberüũcksichtigt lasse.

Hiernach wird der Antrag Lehmann, die Petition der Regie⸗ rung zur Erwägung zu überweisen, mit geringer Mehrheit ange⸗ nommen.

Die Petition des Bergmanns Kelter in Altenkessel um Ab⸗ änderung der jetzigen Regeln für Gewährung staatlicher Prämien an Berg⸗ und Hüttenleute, welche in der Nähe von Staatswerkstätten sich Wohnhäuser bauen, soll nach Antrag der Budgeteommission der Regierung zur Erwägung dahin überwiesen werden, ob die Ver— loosung der Bauprämien und zu Bauzwecken bewilligten unverzins—⸗ lichen Darlehen nicht anstatt im Frühjahr bereits im vorhergehenden Herbst vorgenommen werden könne.

Abg. En gels (freiconf.) bezeichnet diesen Commissionsantrag als nicht ausführbar. Ehe der Etat festzestellt sei, könne man die Verloosung der Prämien nicht vornehmen. Es sei daher der Ueber⸗ gang zur Tagesordnung über die Petition geboten.

Geheimer Ober⸗Bergrath Eskens erklärt dieses Bedenken des Vorredners für wohlbegründet, und bittet ebenfalls um Uebergang zur Tagesordnung.

Abg. Francke⸗Tondern (nl. : Allerdings könne die Regierung den einzelnen Bergleuten nicht die Prämien fest zusagen, bevor sie hier im Hause bewilligt seien. Thatsächlich seien aber seit 1842 be⸗ reits solche Bauprämien regelmäßig gegeben worden und niemals habe sich im Abgeordnetenhaus die geringste Opposition dagegen geltend gemacht. Da nun den Bergleuten aus dem späten Termin der 6 große Schwierigkeiten erwüchsen, so lasse sich doch wohl die Verloosung schon vorher vornehmen, um diese Schwierigkeiten aus dem Wege zu räumen.

Der Commissionsantrag wird angenommen.

Die Petition von Kanzleidiätarien und Kanzlei— gehilfen im Bezirk des Ober⸗Landesgerichts in Köln wegen Vermehrung der etatsmäßigen Kanzlistenstellen bei den Justiz behörden wird der Regierung zur fortdauernden Erwägung über⸗ wiesen, desgleichen die Petition einer Anzahl von Justizkanzlei⸗ gehilfen wegen Verbesserung ihrer Lage, mit der Maßgabe, a) ob nach einer Beschäftigung von drei Jahren für die Kanzleigehilfen eine dreimonatliche Kündigungsfrist gesetzt werden solle, und b) ob, beziehungsweise durch welche Maßregeln den Wünschen der Petenten bezüglich der Versorgung im Falle der Dienstunfähigkeit, sowie der Versorgung ihrer Hinterbliebenen Rechnung getragen werden könne.

Ueber die Petition von Hilfs-Gerichtsdienern wegen Verbesserung ihrer Lage wird zur Tagesordnung übergegangen.

Die Petition des Neulander Deichverbandes um staatliche Entschädigung für durch staatliche Bauten verursachten Deichbruch will die Agrarcommission der Regierung zur Berücksichtigung dahin überweisen, daß unter Zuziehung der Betheiligten nochmals geprüft werde, ob nicht die dem Neulander Deichverbande im Jahre 1875 erwachsenen Hochwasserbeschädigungen im vollen Umfang auf die Verlängerung des Hauer Flügeldeichs zurückzuführen seien.

Abg. Greiß (Centr.) regt die Zuziehung von Sachverständigen bei der Prüfung dieser Frage an.

Berichterstatter Abg. Knebel (nl) erklärt, daß die Zuziehung von Sach verstandigen ö. im Sinne der Commissionsbeschlüsse liege. Darüber, welche Sachverständige hinzuzuziehen seien, könne das Haus jedoch keine Entscheidung fällen.

Der Commissionsantrag wird angenommen.

Die Wester⸗ und Lintelermarscher Deichacht im Kreise Norden bittet das Abgeordnetenhaus, die Regierung zu veranlassen, ihr aus Staatsmitteln eine Anleihe von 1161 05900 S zu 20,

ZAnsen und 1060 Amortisation zu gewähren, um eine Besteinung ihres Seedeiches vornehmen zu können.

Die Agrarcommission ist mit 7 gegen 5 Stimmen über die Petition in der Erwägung zur Tagesordnung übergegangen, daß die Provinz 4 ß k sei, die geforderte Unterstützung ein⸗

en zu lassen.

Abg. Fegter (nl), der die Petition eingereicht hat, bittet die Regierung, den Petenten in der erwähnten Weise entgegenzukommen. Alle ihre Versuche, bei Banken Geld zu erlangen, seien gescheitert, da. überall der Credit verweigert worden sei. Mangels der Be⸗ steinung könne der sehr gute Marschboden nicht ausgenutzt werden, und die Leute seien in eine dauernde Nothlage gerathen. Er be⸗

antrage, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu über⸗

weisen.

Abg. Brandenburg (Centr) schließt sich diesem Antrag an. In früheren Jahren seien in Hannover die Deichlasten indirect vom Staate getragen worden, indem zunächst die Interessenten für die Kosten aufgekommen seien und dann durch Abzug an den Grundsteuern eine k vom Staate erhalten hätten. Auch für die Provinz Schleswig Holstein seien vor einer Reihe von Jahren in ähnlichen Fällen Beihilfen seitens des Staates bewilligt worden. Die Lage der Petenten sei eine geradezu unerträgliche und sie könnten sich aus eigenen Kräften nicht helfen.

Abg. von Erffa (cons): Wenn die Besteinung vorgenommen werde, sänken die Unterhaltungskosten auf ein achtel des bisherigen Betrages, das sei von der Regierung selbst anerkannt. Der Deich⸗ verband könne diese Besteinung thatsächlich ohne fremde Hilfe nicht schaffen, da er bereits mit 117060 des Grundsteuer⸗Reinertrages belastet sei. Die dortigen Verhältnisse seien deshalb merkwürdig unglücklich, weil nicht, wie in anderen Provinzen, ganze Kreise zu den Kosten der Deichunterhaltung beitrügen, sondern nur die Adjacenten. Der Minister habe auf verschiedenes Nachsuchen geantwortet, daß er die Hälfte der Kosten geben wolle, wenn die Provinz die andere Hälfte gebe. Die Provinz gebe aber gar nichts. Das sei etwas, was er hier oͤffentlich rügen müsse. Die finanzielle Lage der ö, fei nicht un⸗ günstig, denn sie erhebe keine Provinzialabgaben. Er bitte, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen, damit diese die . winge, für solche Zwecke Provinziglabgaben zu erheben.

an stehe der Nothlage einer fleißigen, arbeitsamen Bevölkerung gegenüber, die sich die größte Mühe gebe, ihre Heimath gegen die Sturmfluth zu schützen; hier müsse geholfen werden. . Abg. Freiherr von Huene (Centr. ): Der Commissionsantrag sei der einzig correcte. Man könne hier nicht eine Petition der Regierung in dem Sinne zur Berücksichtigung überweisen, daß sie nunmehr die Provinz zur Gewährung von Unterstützungen anhalten solle. Die Berücksichtigung wollten alle, aber der von dem Vor⸗ redner empfohlene Weg könne nicht dazu führen.

Abg. Dr. Sattler (nl): Aus welchen Motiven die verschiedenen Parteien für die Berücksichtigung stimmten, solle ihm gleich sein, wenn sie nur dafür stimmten. Ob die hier erforderliche Besteinun eine Melioration sei im Sinne der Provinzialordnung sei ihm ö zweifelhaft. ;

Nachdem noch Abg. Hottendorff (nl) sich für Ueber- weisung zur Berücksichtigung ausgesprochen, wird demgemäß beschlossen.

Schluß 4 Uhr.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache in der Ab— icht, dieselbe sich nicht anzueignen, sondern nur rechtswidrig vor⸗ bergehend zu benutzen und sodann wieder zurückzustellen, 6 6.

s 4 i 2

nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IJ. Strafsenats, vom Februar 1892, nicht als Diebstahl zu bestrafen.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Landwirthschaftliche Ausstellung in Königsberg i. Pr.

Ueber die bereits telegraphisch gemeldete Eröffnung der Aus— stellung am 16. Juni ist noch zu berichten, daß die Eröffnung um 12 Uhr Mittags erfolgte. Der Präsident der Deutschen Landwirthschafts⸗ Gesellschaft, Ober⸗Marschall Graf zu Eulenburg⸗Prassen, trat auf die Tribüne und hielt eine Ansprache, in der er, wie wir der ‚Post“ entnehmen, die Bedeutung dieser Wander⸗Ausstellungen für die deutsche Landwirthschaft mit überzeugenden Worten dar⸗ legte. Begeistert stimmten die Versammelten in das dreifache Hoch ein, welches er auf Seine Majestät den Kaiser, den erhabenen Schirmherrn der Deutschen Landwirthschafts— gesellschaft, ausbrachte. Der Minister für Landwirthschaft von Heyden ergriff das Wort, um das Wirken der Deutschen Landwirth⸗ schaftsgesellschaft zu rühmen. Besonders anerkennenswerth sei deren selbständiges und unabhängiges Vorgehen. Während andere land⸗ wirthschaftliche Vereinigungen in der Regel Ansprüche an den Staat machen, zeichne der Grundsatz der Selbsthilfe diese Gesellschaft ganz besonders aus, und die Erfolge, welche sie auf dieser Grundlage er⸗ zielt habe, seien deshalb um so achtungswerthere. Redner schloß mit einem Hoch auf den Präsidenten der Gefellschaft. Ihm folgte der Präsident des Ostpreußischen landwirthschaftlichen Centralvereins, Geheimer Justiz-Rath und Rittergutsbesitzer Reich⸗Meyken mit einem Hoch auf die Landwirthschaft, ferner Ober⸗Bürgermeister Selke⸗Königsberg, der namens der von ihm vertretenen Stadt der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft Dank dafür aussprach, daß sie Königsberg zum Ausstellungsorte gewählt habe; er widmete sein Hoch der ger g n für welche nunmehr deren Director, Geheimer Rath Eyth mit einem Hoch auf die gastliche Stadt Königsberg erwiderte. Damit war die Festhandlung vorüber, und es begann der Rundgang des Ministers wie der Ehrengäste und Vorstandsmitglieder durch die Ausstellung.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Türkei.

Infolge des Auftretens der Cholera in Abessinien werden die Provenienzen von Zeilah (Golf von Aden) von der afrikani⸗ schen Küste, und zwar vom Kap Guardafui bis Suakim, mit Ein— schluß letzterer Stadt, und endlich die Probenienzen von der arabi⸗ schen sste, und zwar von Aden (diese Stadt mit einbegriffen) bis zur Meerenge von Bab el Mandeb, einer zehntägigen Quarantäne unterzogen.

Egypten.

Der internationale Quarantänerath zu Alexandrien hat am 30. Mai 1892 beschlossen, gegen Ankünfte aus Madras his auf weiteres das zur Verhütung der Cholera⸗Einschleppung bestimmte Quarantäne⸗Reglement in Kraft zu setzen.

Der internationale Quarantänerath zu Alexandrien hat am 2. Juni 1892 beschlossen, bis auf weiteres gegen Ankünfte von Bassorah das zur Verhütung der Pest-Einschleppung bestimmte Reglement in Kraft zu setzen.

Der internationale Quarantänerath zu Alexandrien hat am 1. Juni 1892 beschlossen, gegen ;

I) die Ankünfte von der afrika nischen ste zwischen Cap Guardafui und Suakim, jedoch ausschließlich der Häfen Suakim, Massowah und Assab,

2) die Ankünfte von der arabischen Küste des Rothen Meeres zwischen der Meerenge von Bab el Mandeb und Aden, jedoch letztgenannten Hafen ausgenommen, .

das zur Verhütung der Cholera, Einschleppung bestimmte Quarantäne⸗ Reglement in Kraft zu setzen.

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs⸗-A1nzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 142.

Berlin, Sonnabend, den 18. Juni

1892.

——— ——

Königreich Preußen.

Coneessions⸗ Urkunde für die Blankensee⸗Woldeg k-Strasburger Eisen— bahn⸗Gesellschaft, betreffend den Bau und Betrieb der auf das preußische Staatsgebiet entfallenden Strecke einer Eisenbahn von Blankensee über Woldegk nach Strasburg in der Ucker mark.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen c. Nachdem von dem Vorstande der zu Woldegk im Groß— herzogthum Mecklenburg⸗Strelitz errichteten Blankensee⸗Woldegk⸗ Strasburger Eisenbahn⸗Gesellschaft darauf angetragen worden ist, dieser Gesellschast die Concession zum Bau und Betrieb einer für den Betrieb mittels . und für die Be⸗ förderung von Personen und Gütern im öffentlichen Verkehr be— stimmten, den Bestimmungen der Bahnordnung für deutsche Eisen—⸗ bahnen untergeordneter Bedeutung unterworfenen Bahn von Blankensee nach Strasburg für das preußische Staatsgebiet zu ertheilen, wollen Wir in Gemäßheit des zwischen Preußen und Mecklenburg-Strelitz wegen Herstellung der genannten Bahn abgeschlossenen Staatsvertrages vom 4. September 1891 diese Concession sowie das Recht zur Entziehung und“ Be⸗ schränkung des Grundeigenthums nach Maßgabe der gesetzlichen . unter den nachstehenden Bedingungen hierdurch

ertheilen. .

.

Die Eisenbahn⸗Gesellschaft ist den bestehenden, wie den künftig er⸗ gehenden Reichs- und Landesgesetzen sowie dem eingangs erwähnten Staatspertrage unterworfen, dessen Bestimmungen dieselbe Gültigkeit für die Gesellschaft haben sollen, als wenn sie ausdrücklich in diefe Concession aufgenommen wären. ;

11.

Für den Bau insbesondere gelten folgende Bestimmungen:

I) Der Staatsregierung bleibt borkekalten:

die Feststellung der Bahnlinie in ihrer vollständigen Durch—

führung durch alle Zwischenpunkte,

die Bestimmung der Zahl und der Lage der Stationen und

Haltestellen,

die Feststellung der Entwürfe aller für den Betrieb der Bahn

bestimmten baulichen Anlagen und Einrichtungen.

Für alle durch die Ausführung der genehmigten Entwürfe be— ugten Benachtheiligungen des Eigenthums oder sonstiger Rechte des Staats bleibt demselben der Anspruch auf vollständige Entschädigung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen gegen den Concessionar vorbehalten. .

2) Der Concessionar hat allen Anordnungen, welche wegen volizei⸗ licher Beaufsichtigung der beim Bahnbau beschäftigten Arbeiter ge⸗ troffen werden mögen, nachzukommen.

3) Für den Fall, daß der Concessionar mit der Erfüllung der ihm bezüglich des Bahnbaues obliegenden Verpflichtungen, insbesondere der rechtzeitigen plan⸗ und anschlagsmäßigen Ausführung und Aus— rüstung der Bahn, in Verzug kommen sollte, ist derselbe zur Zahlung einer Conventionalstrafe von 135 000 M mit der Maßgabe verpflichtet, daß die Entscheidung darüber, ob und bis zu welchem Betrage die Conventionalstrafe als verfallen anzusehen ist, mit Ausschluß des Rechtsweges, dem Minister der öffentlichen Arbeiten zusteht.

Zur Sicherstellung dieser Verpflichtungen hat der Concessionar

„'i der General-Staatskasse den Betrag von 15 009 46. in Worten: »Fünfzehntausend Mark“, baar oder in preußischen Staats- oder vom Staat garantirten Papieren oder in inländischen Eisenbahnanleihe— scheinen, unter Berechnung aller dieser Werthpapiere nach dem Curs— werthe, nebst den noch nicht fälligen Zinsscheinen und Zinsschein— anweisungen zu hinterlegen und in gerichtlicher oder notarieller Ur— kunde mit der Maßgabe zum Pfande zu bestellen, daß dem Minister der öffentlichen Arbeiten die Befugniß zusteht, durch Ver— wendung derselben., bezw. durch Veräußerung der verpfändeten Effercten zum jeweiligen Börsencurse die verfallenen Strafbeträge ein— zuziehen. Die Rückgabe der zur Caution etwa gehörigen Zinsscheine erfolgt in deren Verfallterminen, kann jedoch von dem bezeichneten Minister eingestellt werden, wenn nach dessen lediglich maßgebendem Urtheile der Concessionar den Bau verzögern sollte. Auch ist der bezeichnete Minister ermächtigt, nach Maßgabe des Fortschritts des Baues und der Ausrüstung der Bahn einen entsprechenden Theil der Caution schen vor völliger Vollendung des Baues und der Ausrüstung der Bahn zurückgeben zu lassen. 4 Falls die im Artikel 3 des Staatsvertrages festgesetzte Bau— frist nicht inne gehalten wird, kann nicht bloß die bezeichnete Con⸗ ventionalstrafe eingezogen, sondern auch die ertheilte Concession durch landesherrlichen Erlaß zurückgenommen und die im § 21 des Gesetzes bom 3. November 1833 vorbehaltene Versteigerung der vorhandenen Bahnanlagen eingeleitet werden. Sofern die Regierung von dem Vorbehalt der Versteigerung der Bahnanlagen Gebrauch zu machen beabsichtigt, foll jedoch die Zurücknahme der Cencession nicht vor Ablauf der in dem allegirten 3 21 festgesetzten Schlußfrist erfolgen.

III.

Nach Eröffnung des Betriebes ist der Concessionar zur Aenderung und Erweiterung der Bahnhofsanlagen verpflichtet, sofern und soweit solches der Minister der öffentlichen Arbeiten im Interesse des Eisen— bahnverkehrs, insbesondere im Interesse der Sicherheit des Betriebes, für erforderlich erachtet.

.

Anderen Unternehmern bleibt sowohl der Anschluß an die Bahn mittels Zweigbahnen, als die Mitbenutzung der Bahn ganz oder theilweife gegen zu vereinbarende, eventuell vom Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten festzusetzende Fracht- oder Bahngeld-⸗Sätze vorbehalten.

V.

Die Staatsregierung behält sich das Recht vor, das Eigenthum der in Preußen belegenen Bahnstrecke nebst allem beweglichen und unbeweglichen Zubehör nach Ablauf von 50 Jahren, vom Tage der Betriebseröffnung an gerechnet, oder auch später nach einer in beiden Fällen mindestens 1 Jahr vorher zu bewirkenden Ankündigung käuflich zu erwerben. Als Kaufpreis für das schulden⸗ und laftenfrei zu übertragende Eigenthum der bezeichneten Bahnstrecke zahlt die Staatsregierung das auf diese Strecke verwandte, in S6 des preußischen Gesetzes vom 16. März 1867 (Gesetz⸗Samml. S. 465) näher bezeichnete Anlage- Kapital abzüglich der durch drei Sachverständige von denen einen die Preußische

egierung, den zweiten die Eisenbahngesellschaft bezeichnet, wahrend der dritte als Obmann von den beiden anderen gemeinschaft⸗ lich gewählt und, wenn diese sich nicht einigen können, von dem Reichs. Eisenbahnamt . wird, zu bestimmenden etwaigen Werthverminderung der Bahn und des Zubehörs. Zu dem vorbezeich— neten Zubehör gehört insbesondere ein der Lange der in Preußen be⸗ genen Strecke entsprechender Theil des für die Bahn beschafften Betriebematerials, fowie das zur Bahnverwaltung und zur Trans⸗ portverwaltung dieser Strecke gebörige Inventarium.

VI.

Die Aushändigung einer Ausfertigung dieser Concessions⸗Urkunde

an den Concessionar und die Veroffentlichung derselben in Gemäßheit

des Gesetzes vom 10. April 1872 erfolgt erst, nachdem die Hinter⸗ legung der unter II3 vorgeschriebenen Cautien und Verpfändungs⸗ Urkunde stattgefunden hat. . Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen schrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben Stettin, den 14. Mai 1892. I. S. Wilhelm R. Graf zu Eulenburg. von Boetticher. Herrfurth. von Schelling. Freiherr von Berlepsch. Miguel.

von Kaltenborn. von Heyden. Thielen. Bosffe.

Unter⸗

Bekanntmachung,

betreffend die Verloosung der vormals Hannoverschen,

49½ Staatsschuldverschreibungen Fitt. S8. für das Jahr vom 1. April 1892.93.

Bei der am 4. d. M. in Gegenwart eines Königlichen Notars stattgehabten Ausloosung der vormals Hannoverschen Staatsschuld⸗ verschreibungen Litt. 8. zur Tilgung für das Jahr vom 1. April 1892 93 sind die nachfolgend verzeichneten Nummern gezogen worden: ö Nr. 234 263 443 544 553 über je 1000 Thlr. Gold und Nr. 703 708 747 S521 g07 947 1005 1918 10921 1059 108 1535 1448 1591 1683 1762 1789 20901 über je 500 Thlr. Gold.

Dieselben werden den Besitzern hierdurch auf den 3. Januar 1893 zur baaren Rückzahlung gekündigt.

Die ausgeloosten Schuldverschreibungen lauten auf Gold, und wird deren Rückzahlung in Reichswährung nach den Bestimmungen der Bekanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom 6. Dezember 1873, betreffend die Außercurssetzung der Landesgoldmünzen ꝛc. (Reichs- An⸗ zeiger Nr. 292), sowie nach den Ausführungsbestimmungen des Herrn Finanz Ministers vom 17. März 1874 (Reichs-Anzeiger Nr. 68, Po— sition 3) erfolgen. ]

Die Kapitalbeträge werden schon vom 15. Dezember d. J. ab gegen Quittung und Einlieferung der Schuldverschreibungen nebst den zu— gehörigen Zinsschein⸗Anweisungen und den nach dem 2. Januar 1893 fälligen Zinsscheinen Nr. 5 15 an den Geschäftstagen bei der Re— gierungs⸗Hauptkasse hierselbst, von 9 12 Uhr Vormittags, ausgezahlt. Die Einlösung der Schuldverschreibungen kann auch bei sämmt— lichen übrigen Regierungs -Hauptkassen, bei der Staatsschulden⸗Tilgungs⸗ kasse in Berlin, sowie bei der Kreiskasse zu Frankfurt a. M. bewirkt werden.

Zu diesem Zwecke sind die Schuldverschreibungen nebst den zu— gehörigen Zinsschein⸗Anweisungen und Zinsscheinen schon vom 1. De— zember d. J. ab bei einer der letztgedachten Kassen einzureichen, welche dieselben der hiesigen Regierungs-Hauptkasse übersenden und, nach er— folgter Feststellung, die Auszahlung besorgen wird. ;

Bemerkt wird:

1) Die Einsendung der Schuldverschreibungen nebst den zu— gehörigen Zinsschein⸗Anweisungen und Zinsscheinen mit oder ohne Werthangabe muß portofrei geschehen. . .

2) Sollte die Abforderung des gekündigten Kapitals bis zum Fälligkeitstermine nicht erfolgen, so tritt dasfelbe von dem gedachten Jen ante ab zum Nachtheile der Gläubiger außer Verzinfung.

Schließlich wird darauf aufmerkfam gemacht, daß alle übrigen 33 und 4 0,½ vormals Hannoverschen Landes⸗ und Eisen— bahn⸗Schuldverschreibungen bereits früher gekündigt sind, und wer— den deshalb die Inhaber der unten verzeichneten, noch nicht ein— gelieferten, mit dem Kündigungstermine außer Verzinsung getre— tenen Hannoverschen Staatsschuldverschreibungen an die Erhebung der Kapitalien derselben bei der hiesigen Regierungs-Hauptkasse hier— durch nochmals erinnert. .

Hannover, den 8. Juni 1892. Der Regierungs⸗-Präsident. Graf von Bismarck.

Verzeichniß der bereits früher gekündigten und bis jetzt nicht eingelieferten, nicht mehr verzinslichen vormals Hannoverschen Landes- und Eisenbahn— Schuldverschreibungen. X

Litt. H. 35 0 auf 2. Januar 1874 gekündigt: Nr. 830 über 100 Thlr. Courant.

Litt. N. 35 0 auf 2. Januar 1873 gekündigt: Nr. 4163 über 100 Thlr. Gold, auf 1. Dezember 1874 gekündigt: Nr. 4162 über 100 Thlr. Gold.

Litt. EI. 4 0, auf 1. Dezember 1874 gekündigt: Nr. 2880 über 100 Thlr. Courant.

itt. FI. 400 auf 1. Dezember 1874 über 500 Thlr. Gold.

itt. G I. 4 0 auf 1. Dezember 1874 1465, 5421 über je 100 Thlr. Courant.

itt. HI. 4560 auf 1. Dezember 1874 gekündigt: Nr. 4580 über 200 Thlr. Courant. Nr. 1320 über 100 Thlr. Courant.

gekündigt: Nr. 14110

gekündigt: 1464,

Per sonalver änderungen.

Königlich Preußische Armee.

Offiziere, Portepee-Fähnriche ꝛc. Ernennungen, förderungen und Versetzungen. Im activen Heere— ues Palais, 10. Juni. Prinz Albert zu Schleswig- lstein⸗Sonderburg-⸗Glücksburg Hoheit, Pr. Lt. vom Regt.

der Gardes du Corps, der Charakter als Rittm. verliehen.

Neues Palais, 14. Juni. Herzog von Arenberg, in der Armee, und zwar als Sec. Lt. à la suite des Cür. Regts. von Driesen (Westfäl.) Nr. 4, unter Vorbehalt der Patentirung, ange⸗ stellt. Graf v. Schlieffen II., Gen. Lt. und Chef des General⸗ stabes der Armee, unter Belassung in diesem Dienstverhältniß, zum Gen. Adjutanten Seiner Majestät des Kaisers und Königs ernannt. Erbgraf von Pückler⸗Limpurg, in der Armee, und zwar als Sec. Lt. à la suite des 1. Garde⸗Regts. zu Fuß, unter Vorbehalt der Patentirung, angestellt.

Abschiedsbewilligungen. Im aetiven Heere. Neues Palais, 14. Juni. Chi den, Major a. D, zuletzt Bats. Com⸗ mandeur im Inf. Regt. Graf Schwerin (3. Pomm.) Nr. 14, unter Ertheilung der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Uniform des ge— dachten Regts., mit seiner Pension zur Disp. gestellt.

XII. (Röniglich Sächsisches) Armee⸗Corps.

Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛe. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im activen Heere, 106. Juni. Frhr. v. Gayl, Rittm. und Escadr. Chef vom 1. Königs⸗Hus. Regt. Nr. 18, vom 15. Juni 1892 ab, unter Stellung à la suite des Regts, auf ein Jahr beurlaubt.

Abschiedsbewilligungen. Im activen Heere. 29. Mai. Rausenberger, Sec. Lt. vom Fuß⸗Art. Regt. Nr. 12, aus- geschieden und zu den Offizieren der . des Regts. übergeführt.

3. Juni. Stoß. Sec. Lt. vom 4. Inf. Regt. Nr. 103, aus⸗ geschieden und zu den Offizieren der Res. des Regts. übergeführt. 1 13. Juni. Bucher, Oberst und Commandeur des 7. Inf. Regts. Prinz Georg Nr, 196, in Genehmigung seines Abschiedsgefuchs mit Pension und der Erlaubniß zum Forttragen seiner bisherigen Uniform mit den vorgeschrieben Abzeichen zur Disp. gestellt.

Begmte der Militär-⸗Verwaltung.

Durch Verfügung des Kriegs-⸗Ministerium s. 8. Juni. Dietrich, bisher Oekonomieverwalter, als Wirthschafts⸗Fusp. des Remontedepots Kalkreuth angestellt. ö

XIII. (Röniglich Württembergisches) Armee⸗Corps.

Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im activen Heere. 14. Juni. v. Krosigk, Königl. Preuß. Oberst à Ua suite des Drag. Regts. von Bredow (1. Schles.) Rr. 4 von dem Commando des Drag. Regts. König Nr. 25 enthoben. Frhr. v. Kirchbach, Königl. Preuß. Major à la suite des Drag. Regts. König Friedrich III. (2. Schles) Nr. 8, commandirt nach Württemberg, das Jommando des Drag. Regts. Nr. 26 übertragen.

Kaiserliche Marine.

Offiziere z. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Berlin, 13. Juni. Goecke, Capitän Vt, Com- mandant S. M. Kanonenboot „Syäne“, zum Corv. Capitän, Grumme, Nickels, Lts. zur See, zu Capitän-Lts, v. Abeken, v. Trotha, Unter⸗Lts, zur See, zu Lts. zur See, Bock, Vice— Seecadett der Res. im Landw. Bezirk J. Oldenburg, zum Unter Lt. zur See der Res. der Matrosen⸗Art.,, Brunk, Vice⸗Feldw. der Ref. im Landw. Bezirk Ludwigshafen . Rh., zum Sec. Lt. der Reserve des 2. See⸗Bataillons, befördert. Plachte, Cor— vetten⸗Capitän, Assistent des Ober⸗Werftdirectors der Werft zu Kiel, Graf v. Moltke II., Corv. Capitän, commandirt beim Stabe des Ober ⸗Commandos der Marine, Patente ihrer Charge vom 11. April 13892 erhalten, unter Feststellung ihrer Anciennetät in vorstehender Reihenfolge unmittelbar hinter den Corvetten-Capitän Westphal.

Abschiedsbewilligungen. Berlin, 13. Juni. Frhr. v. Sohlern, Capitän-Lt., auf Grund nachgewiesener Invalidität mit der gesetzlichen Pension ausgeschieden. Flatters, Maschinen⸗Unter⸗ Ingen., unter Verleihung des Charakters als Maschinen-Ingen., mit Pension, Aussicht auf Anstellung im Civildienst und der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform der Abschied bewilligt.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Jahresberichte der Königlich preußischen Regierungs- und Gewerberäthe und Bergbehörden für das Jahr 1891, die vorgestern von uns angekündigt wurden, sind soeben erschienen. (Amtliche Ausgabe, Verlag von W. T. Bruer, 1892). In dem Verichtsjahre ist mit der Neuregelung des Gewerbeaufsichts⸗ dienstes, entsprechend den Grundsätzen, die in der dem Staatshaushalts⸗ Etat für 1891/92 hbeigegebeken Denkschrift näher dargelegt sind, begonnen worden. Diese Neuregelung, für welche ein Zeitraum von vier Jahren in Aussicht genommen ist, hat zum Ziele, daß in der Regel bei jeder Regierung ein Regierungs- und Gewerbe⸗Rath als fachkundige Beihilfe für den Regierungs⸗Präsidenten angestellt und jeder Negierungsbezirk in Gewerbe⸗Inspectionsbezirke eingetheilt wird, denen Gewerbe⸗Inspectoren vorstehen. Letzteren ist auch die Revision

der Dampfkessel übertragen worden. ;

Wie stets, so äußern sich auch die vorliegenden Berichte über die wirthschaftlichen und sittlichen Zustände der Arbeiter⸗ bevölkerung. Wir heben Einiges daraus hervor:

In Ostpreußen sind im allgemeinen Aufbesserungen der Lohn— verhältnisse eingetreten, die indeß mit der Vertheuerung der Lebens— mittel nicht gleichen Schritt hielten. In den Regierungsbezirken Frankfurt und Potsdam wird die wirthschaftliche Lage der Arbeiterbevölkerung als eine nicht günstige bezeichnet. Zwar habe sich die durch die Ausstände im Jahre 1890 erkaufte Lohn⸗ erhöhung im allgemeinen auf derselben Stufe erhalten, doch sei der gewonnene Vortheil durch die geringere Arbeits⸗ gẽlegenheit und kürzere Arbeitsdauer zum Theil wieder aufgehoben worden; vereinzelt sprachen Industrielle die Befürchtung einer nothwendig werdenden Lohnherabsetzung aus. In den Regierungs⸗ bezirken Breslau und Liegnitz hat in wenigen Industriezweigen eine Erhöhung des Arbeitslohnes stattgefunden. In kleinen Orten stehen die Löhne unverhältnißmäßig niedrig gegenüber denen in größeren Städten. Die lc af! ih; Lage der Arbeiter wurde mehr durch das gegen Ende des Jahres eingetretene Sinken der Preise der Lebensmittel als durch Erhöhung der Löhne gefördert. Im Regierungsbezirk Oppeln ist in der Lage der Industrie eine bedeutende Verschlechterung ein- getreten, die sich für die Arbeiter mehr noch durch die eingeschobenen

„Feierschichten als durch Herabsetzung der Löhne empfindlich bemerkbar

machte. Im Magdeburgischen war die wirthschaftliche Lage der Arbeiter ungünstiger als im Vorjahre; die Zuckerfabriken wurden bei Beginn der Campagne von Arbeitsuchenden überlaufen. Arbeiter⸗ entlassungen und Einschränkungen der Arbeitszeit machten sich namentlich in der Eisen⸗ und Metallindustrie geltend. Bei 21 von 49 Fabriken, über welche besondere Erhebungen angestellt wurden, belief sich die Zahl der Entlassenen auf 891 von inẽgesammt 6864 Arbeitern, d. h. 13 der in den betreffenden Fabriken beschäftigten Arbeiter oder 9, 8 Cn der Arbeiter aller 49 Fabriken; in 3 Fabriken wurden 1080 Arbeiter in abgekürzten Schichten (von 5,7 und 8 Stunden) beschäftigt. Die Verkürzung der Schichten wurde vorgenommen, um weiteren Entlassungen vorzubeugen, was von dem größten Theil der Arbeiterschaft sehr gebilligt wurde. Lohnherabsetzungen sind sonst nicht vorgekommen. Im Regierungs⸗ bezirk Erfurt mußte ein Theil, der mechanischen Webereien, Por—⸗ zellan⸗ und Glasinstrumentenfabriken die tägliche Arbeitszeit abkürzen, um ihre Arbeiter für die geringen Aufträge weiter beschäftigen zu können. Vielfach nachtheilig beeinflußt wurden die wirthschaftlichen Verhältnisse derjenigen Industrien, in welchen die Neigung zu Arbeits⸗ einstellungen vorhanden gewesen ist, insbesondere der Arbeiter in den Schuhfabriken der Städte Weißenfels, Erfurt und Sanger⸗ hausen. Im Regierungsbezirk Düsseldorf haben viele Fabrikanten, theils durch Gewährung von Theuerungszulagen, theils durch Be⸗ schaffung von Lebensmitteln im großen, ihren Arbeitern geholfen.

Allenthalben wird in den Berichten der Wohnungsfrage große Aufmerksamkeit zugewandt. Wir werden hierauf demnächst zurückkommen.

Das Wirthschaftsjahr 1891.

Die Handelskammer des Kreises Thorn constatirt, daß im Jahre 1891 ein Rückgang in Handel und Industrie eingetreten sei, erhofft aber von den neuen Handelsverträgen eine kräftigere Entwicke⸗ lung. Die Bauthätigkeit habe erheblich nachgelassen; die Lage der Arbeiter sei aber infolge des milden Winters trotz der hohen Lebens⸗ mittelpreise keine besonders nothleidende gewesen; private und . Wohlthätigkeits⸗Anstalten hätten viel zur Linderung der

oth beigetragen.