1892 / 143 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 20 Jun 1892 18:00:01 GMT) scan diff

gerichtet. Um jedoch eine möglichst große Vollstãndigkeit zu erreichen, der . noch alle ö itekten, welche zur Zeit in der Lage sind, 1 Entwürfe auszustellen, hiermit auf, dieselben bei dem Vorsitzenden Geheimen Baurath Appelius in Berlin oder dem ihren Wohnork vertretenden Ausschußmitglied bis zum 19. Juli d. J. anzumelden. Sollte die zur 2 un af fn, Größe des Ausstellungs⸗ raumes für die Zahl der angemeldelen Entwürfe nicht ausreichen, so wird durch einen aus den Herren Appelius, Ende, Fritsch, Haller, v. d. Hude und Frhr. v. Schmidt bestehenden Sonderausschuß die erforderliche Cinschränkung bewirkt werden. Die Entwürfe werden auf der Ausstellung nicht nach dem Namen der Verfasser, sondern nach dem Gegenstand (Kirchen, Schlösser, Theater u. s. w.) geordnet werden. Wir bemerken, daß für den vorliegenden Zweck in größerem Maß⸗ stab gehaltene Perspectiven, denen der Hauptgrundriß und event. ein . in kleinem Maßstab möglichst mit der perspectivischen Ansicht auf einem Blatt vereinigt beizufügen wären, sowie Modelle vorzugsweise in Betracht zu ziehen, photographische Aufnahmen dagegen nur für unum 2 nothwendige Ergänzungen zulässig sind. Kosten entstehen dem Aussteller nur für die etwaige Neuherstellun der Zeichnungen ꝛc. für deren versandfähige Verpackung un Verschickung bis zur Sammelstelle in Berlin; die Kosten des weiteren Transports bis Chicago, des Rücktransports an die Adresse des Ausstellers, der Tranzport · und ö des Aus⸗ und Einpackens, Auf⸗ hängens bezw. Aufstellens, der Bewachung kurz alle übrigen Kosten wird der Ausschuß aus Mitteln decken, die zum größeren Theil vom Reich bereit rh sind. Es wird jedoch gebeten, den Versicherungsbetrag möglichst niedrig zu bemessen, da die amerikanischen Gesellschaften für die Feuerversicherung sehr hohe Prämien berechnen. Auf eine gute Herrichtung der Zeichnungen in Rahmen wird selbstverständlich Werth gelegt; die deutliche Angabe des Verfassers auf allen Blättern ist erwünscht. Die für die Ausstellung bestimmten Gegenstände sind bis spätestens den 30. November d. J. nach Berlin an die noch näher zu bezeichnende Stelle einzusenden.

Am 16. d. M. ist nach einer Mittheilung der „Kiel. 3. der ordentliche Professor der Geschichte und r th ger Hilfswissen⸗ schaften an der Kieler Universität Dr. Wilhelm Schum gestorben.

Die „Münchener Neuesten Nachrichten' veröffentlichen ein Memorandum des, Vereins ildender Künstler Münchens“, worin die Mitglieder ihren Austritt aus der Künstlergenossenschaft ausführlich motiviren und den Zweck ihrer K darlegen. Dem Memorandum sind ein Verzeichniß zahlreicher ordentlicher Münchener und guswärtiger correspondirender Mitglieder und die Statuten der neuen Vereinigung beigefügt. Dem Aus uf gehören an: Professor Piglhein, Baron k ferner die Künstler Hoecker, Keller, Kuehl, von Uhde, Zuegel, Poetzelberger, Dill, . und Steck.

m 18. d. M. wurde, wie die Frkftr. 3. berichtet, die Baden-Badener Internationale Kunstausstellung unter Anwesenheit Ihrer 5 Hoheiten des Großherzogs, der K,, der Kronprinzessin von Schweden, sowie des Ministers von Eisenlohr, des Stadt-Directors, der Stadträthe, der Vorstände der Kunstgenossenschaft Karlsruhe und der Mitglieder des Comitès von dem neuen Kur⸗Fomitémitgliede von Baligand im Blumen—⸗ saal des Kurhauses mit einer Ansprache eröffnet. Er sprach über die hohe Bedeutung Badens als internationale Bäderstadt, die durch jährliche Kunstausstellungen den Besuchern weitere Anregungen biete, und schloß mit einem Dank für die Unterstützung und das Interesse mit einem dreimaligen Hoch auf den Großherzog. Dieser dankte den Künstlern und dem Kur⸗Comits, besonders dem Herrn von Baligand.

Saatenstand in 4

Aus Budapest wird der Wien. Ztg. Über den Saatenstand am 15. d. M. nach den beim Ackerbau⸗Ministerium eingelangten Daten telegraphisch gemeldet: Angebautes Areal in 8, och: Weizen 5 365 861, Roggen 2135 681, Gerste 1 851008, fer 1ẽ784694. Hiervon sind! Weizen unter mittel 5,39 ou, mittel 64, 140,0, über mittel 30 47 0/0, Roggen unter mittel 32,80 9,0, mittel 59,30 ,, über mittel 7,90 υο, Gerste unter mittel 17,93 0/0, mittel 69,44 o,, über mittel 12,63 , Hafer unter mittel 10,05 0, , mittel 72, 33 , über mittel 17,620.

Weizen und Gerste wurden in mehreren Theilen des Landes vom Roste stark angegriffen. Zu bemerken ist, daß von den oben in Zahlen ausgedrückten Anbauflächen vom Herbstanbau und in einem fleineren Theile vom Frühjahrsanbau ein Theil in Folge von Elementarereignissen zu Grunde ging, wodurch das angebaute Areal einige Veränderung erleidet.

Landwirthschaftliche Ausstellung in Königsberg i. Pr.

Das am Sonnabend Abend zu Ehren der Deutschen Land⸗ wirthschafts-Gefellschaft in der Börse zu Königsberg i. Pr. veranstaltete Concert nahm einen glänzenden Verlauf. Justiz⸗Rath Reich⸗Meyken brachte einen Toast aus auf das gastfreundliche Königs⸗ berg, der Ober ⸗Bürgermeister einen solchen auf die Frauen, und Hof⸗ . Eydt auf die deutschen Sänger. Mittags hatte unter dem en, des Ober⸗Marschalls im Königreich Preußen, Grafen zu Eulenburg⸗Prassen, die Hauptversammlung der Gesellschaft statt⸗ J. in welcher ein Ergebenheits-Telegrmm an Seine Majestät den Kaiser abgesandt wurde. Die nächste Wanderaus⸗ stellung soll im Jahre 1393 in München, die folgenden 1894 in Berlin und 1395 in Köln stattfinden. Zum Präsiden ten der Gesell⸗ schaft für die Jahre 1892 bis 1894 wurde Seine Königliche Hoheit der Prinz Ludwig von Bayern gewählt, welcher die Annahme des Vorsitzes in Aussicht gestellt hatte.

Theater und Musik.

. Adolph⸗Ernst⸗ Theater.

Am Sonnabend brachte die Wiener Theatergesellschaft unter der Leitung des Herrn Franz Josef Graselli die von wiederholten Aufführungen im vorigen Jahre in gutem Andenken stehende Gesangs— posse „Die , , von Theodor Taube, Musik von Karl Kleiber, zum ersten Male zur Darstellung und erzielte auch jetzt wieder mit diesem im Charakter der neuesten Ber⸗ liner Localpossen geschriebenen Stück einen recht bedeutenden Lacherfolg. Die an komischen Verwechselungen reiche, verwickelte und nicht immer ganz klare Handlung unterhielt mit ihren harmlosen in tadellosem Spiel vorgetragenen Scherzen die Zuschauer auf das Beste, sodaß die fröhliche n inn n, sich bis zum Schluß noch in hohem Maße steigerte. Der Hauptantheil des Er— folges fiel wieder den Herren F. Müll ker (Wäschefabrikant Cyprian Schüßwald) und Ewald (Bummler Steidler) zu, die in denselben Rollen auch früher schon ihren unverwüstlichen Humor zur Geltung gebracht hatten. Die im vorigen Jahre von Frl. Schütz dargestellte Rolle der Frau Schüßwald, der preisgekrönten Wettschwimmerin, wurde von Fräulein Kamesch mit dem aus den übrigen diesjährigen Vorstellungen bekannten Geschick gegeben.

Im Thomas-Theater spielt Frau Ilka von Palmay morgen zum letzten Male in der Posse „Heißes Blut?. Am Mittwoch wird

wegen Verwendung der für die internationale Kunst— 2 1891 von der Stadt . Beihilfe hat am en Dienstag, 14. d. M., unter e. des Stadtverordneten⸗ Vorsteher⸗Stellvertreters Dr. Langerhans ö. e,. Beschluß gefaßt: Die Stadtverordneten⸗Versammlung wolle beschließen: 1) gi auf Antrag des Magistrats zufolge Beschlusses der Stadtverordneten Versammlung vom 22. Januar 1891 dem Verein Berliner Künstler bedingungsweise gezahlten und zur Zeit bei der Reichsbank hinterlegten 100 900 M sind an den Magistrat zurückzuzahlen, von diesem zinsbar anzulegen und im Magistrats⸗Depositorium aufzubewahren. 2) Die unter 1 gedachten 100 000 6 nebst den aufgelaufenen und noch auf⸗— laufenden Zinsen werden dem Verein Berliner Künstler als Bei⸗ hilfe der Stadtgemeinde Berlin zum Bau eines Künstlerhauses und lediglich zu diesem Zwecke bewilligt, jedoch mit der Maßgabe, daß diese Bewilligung nur in Kraft tritt, falls mit dem Bau diefes Hauses spätestens am 1. Januar 1909 begonnen sein wird.“

Die Interims kirche, welche Regierungs⸗Baumeister Schilling für die . Maxcusgem einde in der Gubenerstrgße erbaut hat, ist gestern feierlich eingeweiht worden. In der 456 Sitz plätze enthaltenden Basilica des neuen Gotteshauses hatte sich aus diesem Anlaß eine dichtgedrängte Gemeinde versammelt. Für Ihre Wajestät die Kgiserin, Allerhöchstwelche in einem hulddollen Schreiben der Freude über das Gelingen des Werks Ausdruck gegeben, erschien Kabinets⸗Rath Freiherr von der Reck, für das Hire Ministerium Staats-Minister Dr. Bosse, für das Consistorium Präst— dent Schmidt und die Consistorial⸗Räthe Arnold und Berner, für die vereinigten Kreissynoden der Präsident von Meyeren, als Patronats— vertreter Rentier Seibert und für die städtischen Behörden mehrere Stadtverordnete. Die Weihe vollzog Superintendent Kreibig in An— schluß an 1. Mos. 28. 17, die erste Predigt hielt P. Bögehold.

Brüssel, 17. Juni. Die Nachtfröste richten, wie der Voff. Z.“ mitgetheilt wird, in der Provinz Lüttich schlimme Verwüstungen an. Seit drei Nächten friert es scharf; die Kartoffeln sind erfroren, und die Kartoffelpreise steigen Tag für Tag. Im Bezirk Spa sank das Thermometer Nachts auf 23 Grad unter Null. In den Thälern der Vesdre und der Ourthe sind die Kartoffeln und Bohnen, von Spaa bis Pepinster alle Kartoffeln, Gemüse und Blumen der Gärten voll J. erfroren. Auch bei Eupen an der preußisch— belgischen Grenze haben die Nachtfröste großen Schaden angerichtet.

Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.

Berlin, 20. Juni. 9 T. B) Ueber eine vom Bureau Reuter“ gemeldete Niederlage, welche eine deutsche Expedition unter dem Chef Freiherrn von Bülow er⸗ litten haben soll, liegt hier keinerlei amtliche Nach⸗

richt vor.

Aachen, 20 Juni. (W. T. B. Nach einer hier ein— gegangenen Meldung ist der nach Berlin bestimmte Schnellzug bei der Station der Bergisch⸗Märkischen Eisen—⸗ bahn Lindern mit einem Rangirzuge, wahrscheinlich in—

folge falscher Weichenstellung, zusammengestoßen. Mehrere

Darauf folgte der Rundgang, der eine Stunde dauerte.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Ueber die Anbauflächen von Winter- und Sommergetreide Zur im Gouvernement Cherson und den Stand der daselbst zu Ende vorigen Monats erfahren wir F

Wintersgaten: Während die Durchschnittsanbauflaäche 537 193 Dessätinen beträgt, sind nur 294 211 Dessätinen angebaut. sind umgeackert 14 400 Dessätinen und bis auf 780 Dessätinen, welche mit Sommergetreide saaten sind angebaut 1101581 betägt 932 766 Dessätinen, der Wintersaaten war zwischen mittelmäßig und schlecht, der des Sommergetreides befriedigend, in einzelnen Bezirken sogar recht gut. Die Anfang dieses Monats fast überall im Gouvernement Cherson niedergegangenen ausgiebigen Regenfälle haben den Stand der Saaten 6 wesentlich gebessert.

unbebaut blieben, anbaufläche

zum t

Saatenstand.

essätinen. Der

bestellt. Die Durchschnitts⸗ Durchschnittsstand

die Künstlerin in „Nitouche“ treten; es können aber von stattfinden.

festlichen aaten olgendes:

Davon

Sommer⸗ r Platz genommen. Seiner neral von Grolman, die

Hoheit die

zum ersten Male als Denise auf— Nitouche“ nur drei Vorstellungen

Mannigfaltiges.

Invalidenspeisung Frauen- und Jungfrauenvereins am 18. d ischen Garten erschien, wie die N. A. 3. . berichtet, in Vertretung Ihrer Majestät der Kaiserin die Gräfin neur des Invalidenhauses in Berlin, der General von Grolman, als Commandant von Berlin der General-Lieutenant Graf von Schlieffen. An der auf der Terrasse J Tafel hatten 120 Invaliden

Majestät des Kaifers gedachte Ge— estrede hielt Hofprediger g. , ,,. der auch a , get e ge, die ö Ihre unf f kunt Präsidentschafts⸗Candidatur znrückgetreten. Cleveland Duncker gefeiert; auf das Wohl der Armee trank dann General Sasse.

Der von der Stadtverordneten-Versammlung nieder⸗ gesetzte Ausschuß zur Vorberathung der Magistratsvorlage

des 6

im Zoolo⸗

eller, als Gouver⸗ worden.

rathen.

Carl, wurde von dem Major

erhält

lt infolge Illinois, auf welche er bisher nicht sicher rechnen konnte.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Reisende follen erheblich verletzt, auch soll der verursachte Materialschaden bedeutend sein.

Brüssel, V. Juni. (W. T. B.) Der Ministerrath beschloß, die Kammern auf den 12.

Ne w⸗York, 20. Juni. dung des „New⸗Hork Herald“ sind in der letzten Schlacht, die zwischen den Aufständischen und dem Präfidenten Palacio von Venezuela westlich von Caracas statt— gefunden hat, die Truppen des letzteren gänzlich zersprengt Achthundert Mann Der Einzug des Generals Crespo in Caracas werde stündlich erwartet.

Chicago, 20. Juni. (W. T. B.) Palmer Illinois) ist u Gunsten Cleveland's von der

uli einzuberufen. (W. T. B.) Nach einer Mel⸗

seien in Gefangenschaft ge⸗ ewerbung um die demo⸗

dessen auch die Stimmen des Staats

Wetterbericht vom 20. Juni,

8 Uhr M

orgens.

Meeressp red. in Millim

Stationen.

Bar. auf 0 Gr.

u. d.

140R.

ratur elsius

Wind. Wetter.

ĩ.

Tem 3 in 0 506 C

Mullaghmore Aberdeen .. Christiansund Kopenhagen. Stockholm.

. 8g /

Petersbg. Moskau ...

2 bedeckt 3 halb bed. 1 Nebel 3 Dunst 2 bedeckt 2 wolkenlos 3 Regen halb bed.

Cork. Queens⸗ K Cherbourg. . . . . winemünde Neufahrwasser Memel

heiter Regen halb bed. halb bed. wolkig bedeckt heiter!) halb bed.

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. ö K Karlsruhe .. Wieshaden .

. Breslau

wolkenlos

Ile d'Aix .. .

I) Nachts Thau.

3) Gestern Nachm. Regen.

bedeckt al bed. eiter

) Gestern Abend Regen. 9 Thau.

Uebersicht der Witterung. Barometrische Depressionen lagern über Schott⸗

land und Südfinland, .

eine Zone höäöchsten

Luftdrucks von der Biscayasee ostwärts über Deutsch⸗ land hinaus sich nach dem Innern Rußlands erstreckt. In Deutschland dauert die veränderliche vorwiegend trübe Witterung fort, wobei die Temperatur fast

überall gestiegen ist. fanden übera

An der deutschen Nordsee

Gewitter statt, ebenso wurden in

Irland Gewitter beobachtet. Münster meldet O.35, Hangö 24 mm Regen. Die Abnahme des Luftdrucks im Westen hat fortgedauert und daher dürfte weitere Erwärmung demnächst wahrscheinlich

sein. ; Deutsche Seewarte.

Theater ⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern⸗ haus. 158. Vorstellung. Cavalleria rusti- eamn (Banern⸗ Ehre). Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Text nach dem gleich⸗ namigen Volksstück von Verga. In Seene ge⸗ setzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Musikdirector Wegener Cos; Fan tutte. (So machen es Alle!) Komische Oper in 2 Acten von W. A. Mozart. In Scene gesetzt vom Ober⸗ Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr.

Letzte Vorstellung vor den Ferien.

Deutsches Theater. Dienstag: Der Weg zum Herzen. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Stella. Die Mitschuldigen.

Donnerstag: College Crampton.

Die Tageskasse ist von 10 bis 15 Uhr geöffnet.

Berliner Theater. Dienstag: Narciff. (Inna n,, Nuscha Butze, Ludw. Barnay, Ludw.

tahl) Anfang 74 Uhr.

Mittwoch: Narciß.

Donnerstag: Narcist.

Friedrich Wilhelmstädtisches Theater. Dienstag: Zum 503. Male: Die Fledermaus. Operette in 3 Acten von Johann Strauß. Anfang

7 Uhr. Ihm prachtvollen Park:

Militär Doppel ⸗Concert. uftreten von Ge⸗ sangs⸗ und Instrumental⸗Künstlern. Anfang des y Sonntags 5 Uhr, an den Wochentagen

9

Mittwoch: Die Fledermaus. ö Der Bettelstudent. Großes Park⸗

Kroll's Theater. Dienstag: Letztes Gastspiel von Fr. Marcella Sembrich. La TLrariata (1. Act). Violetta: Fr. Sembrich Rigoletto 2. Act). (Gilda: Fr. Sembrich. Die Nacht⸗ wandlerin (3. Act). (Amina: Fr. Sembrich) An⸗

sang 7 Uhr. tittwoch; Die Maeccabäer. Oper in 3 Auf— zügen von Anton Rubinstein.

Donnerstag: 1. Gastspiel des Herrn Heinrich Bötel. Der Troubadour.

Täglich, bei günstigem Wetter: Großes Concert im Sommergarten. Anfang an Sonn⸗ und Festtagen 4 Uhr, an den Wochentagen 54 Uhr.

Belle Alliance Theater. Dienstag: Zum 13. Male: Der Abenteurer. Operette in 3 Acten

von Philipp und Sondermann. Musik von Carl Stix. Dirigent: Max Gabriel.

Im prachtvollen, glänzenden Sommer ⸗Garten vornehmstes und großartigstes Sommer⸗Etablissement der Residenz):

Großes Militär. Doppel Concert.

Auftreten sämmtlicher Specialitäten.

Abends: Feenhafte Illumination des ganzen Garten⸗ Etablissements durch 50 009 Gasflammen. feng des Concerts 6 Uhr, Anfang der Vorstellung

ö. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Adolph Ernst Theater. Dienstag: 21. Ge , , ,. des Wiener Ensemble, zu—⸗ ammengestellt von Mitgliedern des K. K. Josef—⸗ tädter und K. K. Karl⸗Theaters unter der Leitung des Directors Franz Josef Graselli. um 4. Male: Die ettschwimmerinnen. osse mit Gesang in 3 Aeten von Theodor Taube.

3 von Karl Kleiber. 23 73 Uhr.

ittwoch: Dieselbe Vorstellung. Der Sommer⸗Garten ist geöffnet.

Thomas ˖ Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direction: Emil Thomas. Dienstag: 12. Gast⸗ spiel von Ilka von Palmay vom Theater an der Wien in Wien. Zum vorletzten Male: Heißes Blut. bel mit Gesang in 3 Acten und 7 Bildern von Leopold Krenn und Carl Lindau.

In Scene gesetzt von Emil Thomas. (Ilona: Ilka von Palmay, a. G.) Anfang 74 Uhr.

Mittwoch: Zum 1. Male: Nitouche. Vaudeville mit Gesang in 3 Acten von H. Meilhae und A. Millaud. Deutsch von R. Gene. Musik von Herve. (Denise de Flavigny: Ilka von Palmay.)

Der Sommer⸗Garten ist geöffnet.

i3p6ol Hohenzollern⸗Galerie 9 Vorm. 19 Ab. Lehrter Bahnhof. Gr. histor. Rundgemälde 1640 - 1890.

L M Sonntag 50 3. Kinder die Hälfte.

Uranig, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes ⸗Ausstellungs-Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12 —11 Uhr. Täglich Vorstellung im wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel. Anfang 75 Uhr.

. Familien Nachrichten.

Verehelicht: Hr. Regierungs⸗Assessor Richard ack mit girl dhrid ernun (Berlin Schmal⸗ alden i. Th.).

Geboren: Ein Sohn: Rn. Amtsrichter Dr. Kühne (Schmiegeh. Eine Tochter: Hrn. Regierungs⸗Baumeister Seemann (Berlin). Hrn. Max Frhrn. von Hanstein (Glogau). .

Gestorben: Hr. Wilhelm Anton Graf von Lüttichau (Görlitzy. Hr. Superintendent Ulrich Fiedler (Hermsdorf, Katzbach).

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin:

Verlag der Expedition (Schol)y. . Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlag? Anstalt. Berlin 2 Wilhelmstraße Nr. 32. Sechs Beilagen

leinschließlich Börsen⸗Beilage). (l064h

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 143.

Preußischer Landtag.

Herren haus. 22. Sitzung vom Sonnabend, 18. Juni.

Ueber den ersten Theil der Sitzung ist bereits in der Nummer vom Sonnabend kurz berichtet worden. Den Haupt⸗ gegenstand der Berathung bildete der Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung der Befreiung von ordentlichen Per— sonalsteuern gegen Entschädigung.

Die verstärkte Commission für den Staatshaushalts-Etat und für Finanzangelegenheiten befürwortet die unveränderte Annahme der Vorlage und beantragt folgende Resolution:

Die Staatsregierung aufzufordern, zu erwägen, ob aus Billig⸗ keitsgründen den Familien Bentheim⸗-Tecklenburg⸗Rhoda und Sayn— Wittgenstein⸗Berleburg Entschädigungen für die früher von ihnen genossene Befreiung von ordentlichen Personalsteuern zu gewähren sein werden.“ ö

Freiherr von Solemacher beantragt, im S 4 statt der Bemessung der Entschädigung auf den 1531/3f̃achen Betrag der veranlagten Einkommensteuer u beschließen:

„Die Festsetzung der Höhe der Entschädigung für den nach diesen Abzügen , , Theil der für das Jahr 1893,94 rechtskräftig veranlagten Einkommensteuer erfolgt, falls keine güt⸗ liche Einigung zu stande kommt, im Rechtswege'“. Außerdem stellt der Antragsteller noch mehrere Anträge zu 55 2 und b, welche Folgerungen aus dem Hauptantrage sind.

Professor Dr. Dernburg bemerkt als Berichterstatter in der Generaldiscussion: Die Commission habe die Vorlage in zweimaliger Berathung sehr eingehend geprüft und sei dahin gekommen, dem ö die unveränderte Annahme der vom anderen Hause gefaßten Beschlüsse zu empfehlen. Zur Begründung dieses Vorschlags beziehe er sich auf den ausführlichen schriftlichen Commissionsbericht und be— schränke sich für jetzt auf diese wenigen Worte.

Dauntit schließt die Generaldiscussion.

In der Specialberathung wird 5 1 ohne Debatte unver— ändert genehmigt.

S2 (wonach für die Aufhebung des Rechts auf Steuerfreiheit eine Entschädigung aus der Staatskasse durch einmalige Kapitalsabfindung zu gewähren ist) bemerkt

Freiherr von Solemacher: Der Finanz⸗Minister sei, abgesehen von seinen vielen anderen hervorragenden Eigenschaften, seit 25 Jahren der bedeutendste Redner unserer Parlamente; er wisse seinen Ansichten so überzeugenden Ausdruck zu geben, daß man wirklich seiner Ansicht sein zu müssen glaube, wenn man ihm auch thatsächlich nicht beistimmen könne. Minister in der Commission ausgeführt, daß er wie überall nur das Rechte wolle und den ehemals Reichsunmittelbaren mit Wohlwollen entgegentrete; er (Redner) glaube, der Minister werde die Ueberzeugung gewonnen haben, daß auf dem bisher von ihm betretenen Wege sowohl das Recht wie das Wohlwollen großen An— fechtungen ausgesetzt seien. Wenn er ihm mit seinen Anträgen einen Weg zeige, aus diesen Schwierigkeiten herauszukommen, so würden, glaube er, der Minister und seine Freunde damit nur zu⸗ frieden sein und das ganze Haus ihm darin beitreten können von der einen Seite dieses Hauses sei er es von vorn⸗ herein überzeugt, aber auch bei der anderen Seite habe er stets ein lebendiges Rechtsgefühl gefunden und das Bestreben, die Rechte dieses Hauses hoch zu halten. Von allen Rechtstiteln gebe es keinen besseren, als den auf Vertrag begründeten Verjährung, Er— sitzung, Königliche Gnade, Alles begründe Rechte weniger sicher, bei Verträgen sei ein einseitiges Zurücktreten des einen Contra⸗ henten vom Vertrage eigentlich undenkbar. Die Rechte der ehemals Reichsunmittelbaren beruhten aber auf Verträgen völker⸗ rechtlicher oder staatsrechtlicher Natur, die sämmtlich die Unterschrift preußischer Könige trugen. In der absolutistischen Monarchie habe eine Königliche Cabinetsordre solche Verträge nicht aufheben können, ebensowenig könnten dies auch heut die drei gesetzgebenden Factoren ohne Zustimmung derjenigen, mit denen die Verträge geschlossen seien. Dies Haus habe immer als ein Hort der Conservativen und des Rechts gegolten, er wolle es heut davor bewahren, an einem solchen Acte, wie er hier beabsichtigt werde, mitzuwirken. Die das Haus beschäftigende Frage habe in der Presse viel Staub aufgewirbelt, sie sei benützt worden, um gegen den Adel, speciell gegen den hohen Adel, recht gehässige Angriffe zu richten. Nun zeige aber ein Blick auf die alten Verträge, daß den ehemals Neichsunmittelbaren von vielen früheren Rechten jetzt nur noch zwei geblieben seien: das der Befreiung vom Militärdienst und das der Befreiung von Personal— steuern. Wenn der hohe Adel jedoch nicht die Pflicht gehabt habe, im Militär zu dienen, so habe er es sich stets zur Ehre gerechnet, unter Seiner Majestät zum Schutz des Vaterlands die Waffen zu tragen; im französisch⸗deutschen Kriege seien vier seiner Mitglieder ins Feld gezogen, zwei davon seien schwer verwundet worden, ein dritter im Felde schwer erkrankt damit sei bewiesen, daß unser Adel, namentlich der hohe, nicht das alte Wort vergessen habe: „Noblesse oblige“. Anders als mit dem Verzicht auf das erste Recht verhalte es sich aber mit dem Verzicht auf das zweite der noch vor— handenen Rechte. Da habe der Chef des Hauses das Wohl und Wehe aller Familienangehörigen zu vertreten, unter seinem Spruch könnten Wittwen, Kinder und Waisen leiden, darum müßten der Beseitigung dieses Rechts eingehende Verhandlungen voran⸗ gehen. Bei der ursprünglichen Vorlage des vorigen Jahres sei auch auf solche Verhandlungen hingewiesen worden, und die Staats regierung sage, sie sei in die Verhandlungen auch eingetreten. Ja, aber wie! Sie habe zuerst einseitig bestimmt, sie erkenne nur drei⸗ zehn berechtigte Familien an, innerhalb dieser dreizehn Familien habe sie nur bestimmte Personen als berechtigt anerkannt; dann habe sie erklärt: jeder bekommt das 133 fache seines Steuerbetrages, und dann gesagt: Nun wollen wir verhandeln! Da bleibe doch nichts mehr als die Münzsorte, in der die Entschädigung zu zahlen sei, für die Verhandlung übrig! Es würden 4 in Zukunft personal⸗ steuerfreie Personen existiren nach seiner Zusammenstellung seien es vierzig aber, wo hätten diese, z. B. die Mitglieder der hessen⸗nassauischen Herrscherfamilien die Garantie, daß über ihre Rechte nicht so schlankweg einseitig werde verfügt werden, wie es hier geschehe? Indem er seine Anträge gestellt habe, habe er damit zugleich den Gerichten den Weg ge gh auf dem sie das Richtige treffen würden. Das Beste sei, die Regierung betrete noch⸗ mals fr sch, frank, frei und entschlossen den Weg der Verhandlungen, und zwar einzeln mit jedem einzelnen Berechtigten, denn die Rechte der einzelnen Familien beruhten auf ganz verschiedengrtigen Ver⸗ trägen und Recessen, danach müsse auch die Höhe der Entschädigung verschiedenartig bemessen werden. Sollten diese Verhandlungen zu keinem Ziele führen, so trete die Bestimmung des allgemeinen Land⸗ rechts in Kraft, wonach die Entschädigung nur durch Vertrag oder rechts-

ültiges Erkenntniß festgesetzt werden könne. Komme freilich eine gütliche Einigung zu stande, so sei es um so besser; er glaube, der Wille der Derren i ein sehr guter, und schon heut lägen recht befriedigende Be⸗ sthätigungen ihrerseits vor. Schon in der absolutistischen Monarchie habe jeder preußische Ünterthan gewußt, wo er einem Gewaltact gegenüber Recht zu finden habe, schon der Müller von Sanssouci

Nun habe der Finanz⸗

Berlin, Montag, den 20. Juni

habe gesagt: Es gebe ein Kammergericht in Berlin. Jetzt wolle er das Herrenhaus davor bewahren, daß es mithelfe, den ehemals reichsunmittelbaren Herren und Unterthanen des Landes, die eigent lich zur privilegirtesten Klasse gehörten, den Rechtsweg zu be— schränken, der den einfachsten Bürgern des Landes seit Jahrhunderten zustehe. Er bitte, seinen Antrag anzunehmen, aber sollte es ihm nicht gelungen sein, das Haus dazu zu veranlassen, dann möge es die ganze Vorlage ablehnen.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Der Herr Freiherr von Solemacher hat in seiner liebenswürdigen Weise im Eingang seiner Rede Blumen nach allen Seiten hin ausgestreut und hat in dieser angenehmen Form das Haus davor gewarnt, sich von mir durch rednerische Kunst bewegen zu lassen, Dinge zu beschließen, die in sich keine Begründung haben. Ich werde in einer sehr nüchterner und ruhigen Weise lediglich Gründe vor— bringen und ich bin überzeugt, daß auch keine Kunst eines Redners das Haus würde bestimmen können, an sich unbegründete Dinge zu acceptiren. Ich möchte aber im Eingang mir eine allgemeine Be— merkung gestatten. Es hat der Herr Antragsteller auf die hohe Be⸗ deutung dieser Familien hingewiesen, auf ihre Verdienste um den preußischen Staat u. s. w. Meine Herren, ich gehöre gewiß nicht zu denjenigen, die in dieser Beziehung ihm entgegentreten würden. Er hat dann betont, daß dies hier das einzige wesentliche Recht ist, welches von allen Vorrechten den vormals souveränen Familien übrig geblieben ist. Als wenn es sich hier um die Frage handelte, ob das Recht der Steuerfreiheit überhaupt aufzuheben ist oder nicht! Das jetzt vor— liegende Gesetz thut aber weiter nichts, als das Einkommensteuergesetz, in welchem das Prineip der Aufhebung der Steuerfreiheit bereits ent— schieden ist, zur Ausführung zu bringen, und wir werden daher ganz nüchtern zu fragen haben: ist im vorliegenden Falle der Rechtsweg zu gewähren? Wird hier eine hinlängliche Entschädigung angeboten oder nicht? Um diese Frage zu entscheiden nicht nur um formales Rechtsgefühl handelt es sich, sondern auch, um mit den Rücksichten der Billigk it in Einklang zu kommen, müssen Sie nicht allein den Ihnen vorliegenden Multiplicator nehmen, sondern den ganzen Inhalt des Gesetzes und die Bedeutung des Rechts, das hier beseitigt wird, ins Auge fassen. Das Recht beruht nicht auf der Bundesacte, das ist niemals anerkannt worden. Die Bundesacte spricht nur davon, daß den Standesherren die Rechte der privilegirtesten Klassen der Unter⸗ thanen zustehen sollen; daß den Herren dadurch die Freiheit von per— sönlichen Steuern zugesagt sei, ist niemals anerkannt worden. Eine Reihe von deutschen Staaten, gerade sehr bedeutenden deutschen Staaten, haben es auch bis heute nicht anerkannt und haben auch trotz der Bestimmung der Bundesacte die Standesherren zur Personal— besteuerung herangezogen. In Preußen beruht das Recht der Steuer⸗ befreiung der Standesherren auf einer einzigen Quelle nicht auf Recessen und Verträgen —, darauf werde ich gleich zurück— kommen —, sondern allein auf dem Edict von 1815, welches diesen Familien mit Rücksicht auf die ganze historische Entwicklung, allerdings auch mit Rücksicht wohl auf den Inhalt der Bundesacte, welche doch ihnen eine besonders privilegirte Stellung in Aussicht stellt, dies Recht als ein persönliches Recht verlieh. Wenn in den späteren Recessen von dieser Steuerfreiheit die Rede ist, so ist nicht vertragsmäßig durch diese Recesse diese Steuerfreiheit constituirt, sondern eine auf Grund des Edicts von 1815 bestehende Steuerfreiheit ist nur nicht aufgehoben, bezw. anerkannt, und in diesen Recessen be⸗ stätigt. Die Recesse wollten nicht eine neue Steuerfreiheit geben, sondern sie wollten sie entweder aufheben oder bestehen lassen. In einer Reihe derartiger Recesse, die die Rechtsverhältnisse dieser standesherrlichen Familien regelten, sind die Steuerfreiheiten auf— gehoben, in anderen Fällen sind sie bestehen geblieben.

Meine Herren, als dies Recht gegeben wurde, war die höchste persönliche Steuer in Preußen 124 Thaler, darüber konnte überhaupt niemand besteuert werden. Man hat wohl schwer⸗ lich daran gedacht, daß die Personalsteuer eine so gewaltige Entwicklung nehmen, eine so große Bedeutung erlangen würde. Wenn ich einen formellen Rechtsbehelf aus dieser Thatsache nicht herleite, so kann doch die Frage der Billigkeit immerhin wesentlich in Betracht kommen. Nun steckt aber das ganze Gesetz so voller Rechtszweifel, daß, wenn man einmal auf die Gerichte verweist, so wird man nicht einseitig

wie Herr Freiherr v. Solemacher nur den Entschädigungsbetrag an?

die Gerichte verweisen können, Sie können dann nicht einen Punkt herausgreifen, sondern Sie werden dann auf die ganze Frage der Existenz des Rechtes und des Umfanges des Rechtes kommen müssen. Herr Freiherr v. Solemacher hat gewiß, vielleicht etwas ironisch, aber dann mit Unrecht, sonst aber mit Recht gesagt, daß diese Materie mit großem Wohlwollen behandelt ist. Denn, meine Herren, es ist kaum irgend etwas unbestritten in dieser Materie. Bestritten ist von vornherein gewesen die Existenz, ob dies Recht überhaupt noch existirte gegenüber der Verfassung. (Sehr richtig) Dann ist nach einem langen Verfassungsstreit durch Declaration allerdings die Wiederherstellung des Rechts für möglich erklärt und durch Königliche Verordnung die Wiederherstellung des Rechts angeordnet. Nun ist aber wieder streitig: Hat diese Königliche Verordnung selbst die Rechte wiederhergestellt oder gab die Königliche Verordnung von 1855 nur da Rechte, wo durch einen besonderen, auf Grund dieser Königlichen Verordnung erst abzuschließenden Receß die durch die Verfassung aufgehobenen Rechte wiederhergestellt sind. Dies ist noch so praktisch, daß vor ganz Kurzem das Reichsgericht in letzterem Sinne entschieden hat. Dann würde nach der vom Reichs⸗ gericht in letzter Instanz doch auch in Zukunft zu entscheidenden Frage eine Reihe von Standesherren, die keine Recesse auf Grund der König⸗ lichen Verordnung von 1815 abgeschlossen haben, überhaupt ihres Rechtes verlustig geworden sein. Streitig ist ferner der Umfang des Rechts. Im Edict von 1815 heißt es: Von wegen ihrer Standesherrschaften sollen sie frei sein. Thatsächlich wird hier die Steuerfreiheit an⸗ erkannt bezüglich des Gesammteinkommens, ob es aus Allodial⸗ vermögen herrührt oder altem Stammvermögen. Streitig ist ferner: wie ist es mit denjenigen Standesherren, welche in den annectirten Ländern bereits rechtsgültig auf ihre Steuerfreiheit verzichtet haben,

1892.

wie das bei mehreren Standesherren der Fall ist. Dann ist es wiederum die gesammte Steuerfreiheit auch in denjenigen Besitzungen, welche in den Provinzen liegen, bezüglich welcher sie zur Zeit des Bestehens dieser Länder in ihrer Selbständigkeit den damaligen Regierungen gegenüber voll Verzicht leisteten. So könnte ich noch eine Reihe bon ganz ähnlichen Zweifeln vorführen. Ueber alle diese Rechts⸗ zweifel ist die Staatsregierung hinweggegangen und hat den Grundsatz aufgestellt: wir wollen das, was thatsächlich besteht, d. h. diejen d Steuer⸗ freiheit, die thatsächlich gehandhabt ist, ohne Untersuchung dieser schwierigen Rechtsfragen als entschädigungsberechtigt anerkennen. Die Standesherren in der Provinz Hessen releviren aus dem alten Kur⸗ fürstenthum Hessen, ihnen würde vielleicht nicht nach der Absicht des Gesetzgebers, aber doch thatsächlich durch die im Jahre 1867 erfolgte Einführung des preußischen Einkommensteuergesetzes vom Jahre 1851 dieses Gesetz kennt eben keine Steuerbefreiungen wenigstens formell das Recht entzogen; und es liegt nichts weiter vor, Als eine Königliche Ordre an den Finanz⸗Minister, welche aber niemals publicirt ist, durch welche der Finanz⸗Minister ermächtigt wurde, keine Steuer von den betreffenden Standes herren einzuziehen.

Meine Herren, nun sage ich, wenn die Staatsregierung auf der einen Seite diesen ganzen Berg von juristischen Fragen der schwierigsten Art dem Rechtswege entzogen hat, wenn sie gesagt hat: wir wollen darüber nicht an die Gerichte gehen; wir wollen diese Rechte an⸗ erkennen, wie sie thatsächlich gehandhabt sind, so kann dies doch nicht außer Betracht bleiben bei der Frage der Höhe der Entschädigung. Herr von Solemacher hat ausgeführt: die Rechtsverhältnisse seien ganz verschieden. Das ist zwar richtig, aber sie haben alle eine gemeinsame Quelle. Insofern sind sie nicht verschieden. Nun er⸗ scheint ja gewiß auf den ersten Blick eine Entschädigung von 139 fach niedrig, und ich leugne nicht, daß sie mir selbst ursprünglich niedrig er⸗ schienen ist; aber warum erscheint sie so niedrig? Weil das 13 fache nicht ein solches Kapital giebt, welches mit seiner Verzinsung der augenblick⸗ lichen Steuer, die die hohen Herren zu zahlen hätten, gleichkommt, und weil wir uns erinnern, daß die Rechte dieser Art in unserer Agrar gesetzgebung meist mit dem Zwanzigfachen und dem Achtzehnfachen zur Ablösung gekommen sind. Diese Rechte waren aber ganz andrer Art, und darauf bitte ich Sie vorzugsweise Ihre Aufmerksamkeit zu richten. Wenn es sich um ein dingliches Recht handelt, welches unveränderlich mit einem Grundbesitz verbunden, so ist das ein Recht ganz anderer Bedeutung als das Recht auf persönliche Steuerfreiheit, welches ab⸗ hängt von den schwankenden Vermögensverhältnissen des einzelnen In⸗ habers dieses Rechts und von der schwankenden Höhe der Staatssteuer selbst. Wenn die Grundsteuerfreiheit da, wo keine Verträge vor⸗ liegen, mit einer Differenz Les Neunfachen einige Null Komma kommen noch hinzu —, wir können sagen rund des Neunfachen der kapitalisirten Differenz der bisher gezahlten Grundsteuern gegen die in Zukunft zu zahlende neue Grundsteuer abgelöst ist, so lag hier doch ein ganz anderes Recht vor. Das war ein dauerndes Recht, verbunden mit dem Grund und Boden, es war unveränderlich und konnte durch irgend welche persönlichen Umstände des Berechtigten nicht berührt werden. Wenn wir es hier mit einem persönlichen Recht zu thun haben, wo die Bedeutung des Rechts von der augenblicklichen Vermögenslage des Betheiligten abhängt, so kann das doch mit dem anderen Falle nicht verglichen werden. Das 133 fache wurde damals gegeben bei der Ablösung dieser bezeichneten Grundsteuerfreiheit in dem Verhältniß der thatsächlichen geleisteten Grundsteuer zu der landes—⸗ üblichen Grundsteuer, und wenn wir uns daran angeschlossen haben, so geben wir hier ja thatsächlich weit mehr, weil wir das 133 fache geben für die Höhe der zukünftigen Steuer und nicht für den Betrag der vergangenen Steuer. Also ich glaube, schon von diesem Gesichts⸗ punkte aus kann man aus diesen Vorgängen unserer Gesetzgebung ab⸗ leiten, daß die Staatsregierung einen durchaus billigen Satz gegriffen hat, und daß in der Höhe der Entschädigung keinerlei Druck liegt für die Betheiligten.

Meine Herren, nun kommt der Antrag des Freiherrn von Solemacher. Einmal ist mir von vornherein der Antrag in seiner Fassung nicht verständlich. Es heißt hier:

„Die Festsetzung der Höhe der Entschädigung für den nach diesen Abzügen (zu 2) verbleibenden Theil der für das Jahr 1893/94 rechtskräftig veranlagten Einkommensteuer zu 1) erfolgt, falls keine gütliche Eingung zu stande kommt, im Rechtswege.“

Was soll das heißen? Soll dadurch die Staatsregierung ermächtigt sein, ganz beliebig ohne die Zustimmung des Landtags die Ent⸗ schädigungsbeträge im Wege der Güte festzusetzen oder soll das heißen: Alle Vergleiche, die wir nun auf Grund eines solchen Paragraphen etwa machen würden, sollen hinterher noch einmal besonders wieder genehmigt werden vom Landtage? Nun, dann kommen Sie erst recht in das größte Meer der Schwierigkeiten. Freiherr von Solemacher sagt mit Recht, die Rechtsverhältnisse sind verschieden, bei einigen ist das Recht sehr zweifelhaft, bei anderen ist wenigstens der Umfang zweifelhaft. Man würde also auf ganz verschiedene Entscheidungen kommen, und dann würde der Landtag in jedem einzelnen Falle über den Vertrag wieder votiren müssen. Glauben Sie denn, daß ein Landtag gefunden wird und namentlich ein Abgeordnetenhaus, wenn das Herrenhaus etwa dieses hohe Vertrauen zur Staatsregierung hätte, welches uns frei in die Hand gäbe, beliebige Entschädigungsbeträge zu vereinbaren? Meine Herren, das glaube ich nun und nimmermehr. Und davon abgesehen: die Sache soll auf den Rechtsweg verwiesen werden. Freiherr von Solemacher sagt, im Landrecht steht, es soll eine hinlängliche Entschädigung gegeben werden. Gewiß, der Streit ist nur darüber: ist sie hinlänglich, und wie soll das bestimmt werden? Nun berufe ich mich auf die Vorgänge unserer ganzen preußischen Agrargesetz⸗ gebung, ob man bei irgend einer Ablösung die Entschädigung in das Ermessen der Gerichte gestellt hat. Nein, weil man sehr wohl wußte, daß die Gerichte gar nicht in der Lage gewesen wären, die Ent⸗ schädigung richtig abzumessen, hat man sich gesagt, hier hilft nur der Weg der Gesetzgebung, Landtag und Staatsregierung müssen sich darüber verständigen, welches ist der richtige Entschädigungsbetrag.