1892 / 149 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 Jun 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Am 25 d. M, Nachmittags 1 Uhr, fand die viertel⸗ jährliche Sitzun des Reichsbank ⸗Curatoriums unter Vorsitz en Stellvertreters des , ,. Staats Ministers Dr. von Boetticher im chsamt des Innern statt. Außer diesem und dem Bericht⸗ erstatter. Reichsbank Präsidenten Dr. Koch nahmen daran theil als Mitglieder die Bevollmächtigten zum Bundes⸗ rath: Gesandter Graf von Hohenthal und Bergen (Sachsen), Ministerial Rath Freiherr von Stengel (Bayern), Director Pr, von Stieglitz (Württemberg)ẽ˖ Auch der Staatssecretär des Veichs⸗- Schaßamts, Wirkliche Geheime Rath Freiherr von Maltzahn wohnte der Sitzung bei.

Die im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellte, in der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des R= u. St⸗=⸗A. veröffentlichte Uebersicht der Betriebs ⸗Er gebnisse deutscher Eisenbahnen für den Monat Mai d. J. ergiebt für die 71 Bahnen, welche auch schon im entsprechen⸗ den Monat des Vorjahres im Betriebe waren und zur Ver⸗

leichung gezogen werden konnten, mit einer Gesammtbetriebs⸗ änge von 3 E68, 90 km Folgendes: Im Mai d. J. be⸗ trug die Einnahme: a. aus dem Personenverkehr: im anzen 7 240 276 S6 oder 5466 899 4 weniger als in dem⸗ elben Monat des Vorjahres, auf 1 Km Betriebslänge 749 oder 17,69 Proc. weniger als in demselben Monat des Vorjahres; b. aus dem Güterverkehr: im ganzen 63 912 977 oder 316240 M mehr als in demselben Monat des Vor⸗ jahres, auf 1 Km Betriebslänge 1729 S oder O63 Proc. weniger als in demselben Monat des Vorjahres. In der Zeit vom Beginn des Etatsjahres bis Ende Mai d. J. betrug die Einnahme: A. Bei denjenigen Bahnen, deren Rechnungs⸗ jahr die Zeit vom 1. April bis 31. März umfaßt, 2. aus dem Personen verkehr: im ganzen 45 436 878 M oder 588 5865 S weniger als in demselben Zeitraum des Vorjahres, auf 1 Km Betriebslänge 1542 S6 oder 2, 62 Proc. weniger als in demselben Zeitraum des Vorjahres; b. aus dem Güter⸗ verkehr: im ganzen 1098 660 836. MS oder 3 182031 weniger als in demselben Zeitraum des Vorjahres, auf 1 Rm Betriebslänge 3624 6 oder 4,10 Proc. weniger als in demselben ö des Vorjahres. B. Bei denjenigen Bahnen, deren Rechnungsjahr mit dem Kalenderjahre zusammen⸗ fällt. . cus dem Personen verkehr? im ganzen 21 786 837 66 oder 799 063 6 weniger als in demselben Zeit⸗ raum des Vorjahres, auf 1 Km Betriebslänge 3157 M oder 359 Proc. weniger als in demselben Zeitraum des Vorjahres; b. aus dem . im ganzen 45 691 123 oder 1 745 931 6 weniger als in demselben Zeitraum des Vor⸗ jahres, auf 1 km Betriebslänge 6556 (6 oder 3 83 Proc. weniger als in demselben Zeitraum des Vorjahres. Eröffnet wurden: am 1. Mai X J eine Strecke der Berliner Ring⸗ bahn bei Wilmersdorf-⸗Friedenau 157 km (Königliche Eisen— bahn⸗Direction zu Berlin) und die Strecke Dillenburg Straß⸗ ebersbach 15,883 km (Königliche Eisenbahn⸗-Direction srechts⸗ theinische zu Köln), am 15. Mai die Strecke Weilburg , km (Königliche Eisenbahn⸗-Direction zu . a. M und am 165. Mai die Strecke Poppschütz= altersdorf 774 km (Königliche Eisenbahn-Direction zu Breslau).

In dem Geschäftsbezirk der General-Commission zu Frankfurt a. O. sind bis jetzt 71 Rentengüter nach Maßgabe des Gesetzes vom 7. Juli 1891 errichtet. Davon liegen 145 in der Provinz Pommern, 2 in der Provinz Brandenburg. Die 71 neuen Stellen umfassen 916 ha; die Erwerber zahlen insgesammt eine jährliche Rentenbankrente von 20 833,70 4, und die Rentengutsausgeber haben zusammen in 3 procentigen Rentenbriefen 503 859 M erhalten. . Der Größe nach vertheilen sich die Rentengüter der⸗ gestalt, daß 10 einen Umfang von 1 „mehr als 15 1 21 1. 21 11 1 1 2 7 1 2 1 ö 2 Restgüter) besitzen. Die kleineren Stellen

145 5 ha 5 10, 10—15, 15 —20 20– 30, 710-75 ,

1M 1,

1 11

: , , rankfurt, , ö. ; ots dam. . Die 3i/a procentigen Brandenburgischen und Pommerschen Rentenbriefe, die anfangs nur 95 standen, haben sich rasch die Gunst des Publikums gewonnen und bereits den Curs— stand von 98, 75 99 erreicht.

Der General⸗Inspecteur des Militär⸗Erziehungs und Bildungswesens, General der Infanterie von 8 eßler ist von Besichtigungsreisen hierher zurückgekehrt.

Der Inspecteur der 1. Cavallerie⸗Inspection, General⸗ Licutenant von Krosigk hat Berlin verlassen.

Der Commandant des Invalidenhauses, General Lieutenant von Blumroeder hat sich mit Urlaub nach Jänkendorf in der Nieder⸗Lausitz begeben.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich niederländischen Hofe, Geheime Legations⸗Rath Graf von Rantzau ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub nach dem

sa, ehe, und hat die Geschn der Gesandtschaft

Der Königliche Gesandte in Oldenburg Graf von der Goltz ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische Geheime Rath Vodel ist hier angekommen.

S. M. Kreuzer⸗ Corvette Sophie“, Commandant Corvetten⸗Capitän Kirchhoff, ist auf der Heimreise am 25. Juni in Aden eingetroffen.

Posen, 26. Juni. Der Minister der geistlichen 2c. An⸗ gelegenheiten Dr. Bosse ist heute Nachmittag hier eingetroffen und von dem Ober⸗Präsidenten von Willamowitz⸗Möllendorf und den Spitzen der Civilbehörden empfangen worden. Bald nach der Ankunft stattete der Minister dem Corps⸗Comman⸗ deur General der Infanterie von Seeckt, dem Ober⸗Präsidenten sowie dem Erzbischof Besuche ab, Abends fand zu Ehren des Ministers bei dem Ober⸗Präsidenten ein Diner statt.

Köln, 2. Juni. Ihre Majestät die Königin von Schweden und . hat am Sonnabend . Honnef verlassen und über Hamburg die Rückreise na Schweden angetreten. Gestern traf au der Reise nach London Seine Majestät der Kön ig von Rumänien hier ein und besichtigte mit dem Fürsten zu Wied den Dom und das Flora⸗ Etablissement. Die Weiterreise erfolgte heute Morgen sig Uhr über Brüssel.

Dortm und, 25. Juni. Heute feierte das Königliche Ober⸗Bergamt zu Dortmund die hundertste Wieder⸗ kehr des Tages seiner Errichtung. Die Belegschaften der in der Umgebung von Dortmund belegenen Jechen hatten bereits am Vorabend dem Ober⸗Bergamt ihre Theilnahme durch einen Fackelzug dargethan. In einer Ansprache, die der Betriebsführer Bruckmann von Zeche „Gneisenau“ bei dieser . an den Berghauptmann Eilert hielt, wies er, wie wir aus dem Bericht der Dortm. Ztg.“ ersehen, auf die großartige Entwicklung hin, die der Bergbau seit den vergangenen hundert Jahren im K Dortmund genommen habe, und bemerkte: der Finsarge ür das Leben und die Gesundheit der Bergleute habe das Ober⸗ Bergamt stets die größte Sorge gewidmet; diese habe stets in erster Reihe gestanden, ihr hätten die besten Verordnungen ge⸗ golten und das wüßten die Bergleute zu würdigen. Bei der heutigen Jubelfeier, die im Sitzungssaale des Königlichen Ober⸗Bergamts stattfand, waren der Minister für Handel. und Gewerbe Freiherr von ö ch und der Ober⸗Präsident der Provinz Westfalen Studt anwesend. Der Minister drückte dem Ober⸗Bergamt in einer i gh Anerkennung und Glückwünsche aus und theilte mit, da Seine Ma jestät der Kaiser und König Allerhöchstsein Bild, das im Sitzungs⸗ saal bereits angebracht war, dem Ober⸗Bergamt mit folgendem Anschreiben zu widmen die Gnade gehabt habe:

Indem Ich dem Königlichen Ober⸗Bergamt zu Dortmund zu der am 25. Juni er. stattfindenden Feier seines hundertjährigen Be⸗ stehens Mein Bildniß verleihe, spreche Ich den Leitern desselben für ihre erfolgreiche Wirksamkeit Meinen Dank aus. Möge der Bergbau in den niederrheinisch⸗westfälischen Landestheilen auch ferner blühen und gedeihen zur Ehre und zum Wohle des Vaterlandes!

Neues Palais, Potsdam, 22. Juni 1892.

Wilhelm II. Rex.“

Ferner konnte der Minister von anderen Gnadenbeweisen wie Ordensverleihungen und anderen Auszeichnungen Mit⸗ theilung machen. Im weiteren Verlaufe der Feier nahmen der Ober⸗Präsident sowie die Vertreter anderer J und Abgesandte von Corporationen das Wort zu Begrüßungs⸗ ansprachen. Mit einer längeren Rede des Berghaupt⸗ manns Eilert, in der er wiederholten Dank ausdrückt und die in einen Toast auf den obersten Bergherrn, Seine Majestät den Kaiser und König, ausklang, endete die schöne und würdige Feier.

Sigmaringen, 2. Juni. Seine Königliche Hoheit der Fürst Leopold von Hohenzollern ist heute nach Eng⸗ land ö und wird dem W. T. B.“ zufolge am König⸗ lichen Hofe mit Seiner MajestäOt dem König von

Rumänien und dem Prinzen Thronfolger von Rumänien sowie der Prinzessin Marie von Edinburg zusammentreffen.

Bayern.

Ueber den Aufenthalt des Fürsten Bismarck in München am Sonnabend ist noch zu berichten, daß der Fürst mit seiner Gemahlin Mittags zunächst das Rathhaus besuchte. Dort wurden ihm von dem Bürgermeister Dr. von Widen⸗ mayer die Mitglieder der städtischen Collegien vorgestellt und ein Ehrentrunk überreicht. Auf eine Ansprache des Bürgermeisters sagte der Fürst: „In diesem Hause verdient an erster Stelle genannt zu werden der Name Ihres erlauchten und tapferen Regenten, der auch mir stets ein gütiger und wohlwollender Herr gewesen. Seine Königliche Hoheit Prinz- Regent Luitpold lebe hoch!! Alsdann nahm er noch einmal das Wort und fte nach der „Köln. Ztg.“ etwa Folgendes:

Ich bin von Hause, aus meiner . abgereist, um eine neue Tochter zu finden. Daß ich so viele Tausende von Freunden gefunden, und ich kann, da ich nicht mehr in Amt und Würden bin, wohl sagen, persönliche Freunde, erfüllt mein Herz mit freudiger Genugthuung. Was mir in den paar Jahren, die ich vielleicht noch zu leben habe, bleibt, ist ein gewisses Maß von Anerkennung bei den lebenden und bei den kommenden Geschlechtern. Wenn ich diese Anerkennung bei den intelligenten Klassen des Bürgerthums finde, bin ich zufrieden. Meine Gedanken beschäftigen sich mehr mit den Zeiten, die nach mir und nach uns sein werden, als mit den jetzigen. Daß ich in den großen Städten Dresden und München, wo ja die Intelligenz zusammensträömt, so freundliche Aufnahme gefunden, ist mir besonders werthvoll. Innig wohlgethan hat mir die ö der studirenden Jugend. Ich bin überzeugt, daß ich auch, wenn i zu andern und kleinern Universitätsstädten käme, eine ebenso freundliche Aufnahme finden würde. Durch die Einigung der deutschen Stämme ist es er⸗ zielt worden, daß wir ein achtunggebietender Factor, daß wir anderen Nationen ebenbürtig sind und daß wir leichtsimnige Angriffe, wie vor einigen zwanzig Jahren und früher, so leicht nicht mehr zu ge⸗ wärtigen haben. Das Blut aller deuts Stämme, unter ihnen der Bavern, ist zu einem Kitt unserer Unabhängigkeit ge⸗

worden. Unvergessen bleibt für alle Zeiten die 563 Pitt cum

res Regenten und der bayerischen ö 2 sie, nein, im Kampfgewühl. Nächst der innern

inigkeit ist für uns das Wichtigfte unser Verhältniß zu der ver- wand ten österreichisch - ungarischen Nachbarnatign. Keine Reichsregierung darf dies Verhältniß vernachlässigen. Es ist besonders wichtig fur k 2 der langen Grenze; wir sind jetzt im Südosten und. Süden gedeckt. .

Fuͤrst Bismarck trug sich darauf in das goldene Buch / des Münchener 1 ein. Als der Fürst und die Fürstin auf den Balcon des Rathhauses hinaustraten, begrüßte sie das Publikum mit be . urufen. Unter erneuten Dvationen und der Absingung der ‚Wacht am Rhein“ erfolgte die Rück⸗ fahrt und dann der Besuch der Kunstausstellung.

ürst Bismarck gab bei sämmilichen Prinzen Karten ab und fuhr Nachmittags bei dem Minister⸗Präsidenten 3 von Crailsheim vor, bei welchem er ungefähr eine halbe Stunde verweilte. Als Freiherr von Crailsheim —̃. Gegen⸗ besuch . sich der Fürst schon zur Kunstausstellung begeben. Am Abend vorher hatten der Regierungs⸗Präsident Leiherr von. Pfeufer und der britische Gesandte rummond dem Fürsten Privatbesuche ab estattet, die er am Sonnabend erwiderte. Am Abend wurde ihm eine Serenade gebracht, an welcher sich gegen 80900 6 der Studentenschaft, der Turnerschaft, den Künstlerkreisen und den Sportsvereinen angehörend, betheiligten. Die Ge— sangvereine trugen Lachner 's. „Vaterlandsgruß“ und die „Wacht am Rhein“ vor. Zwischen den Vorträgen empfin der Fürst eine Deputation der Studentenschaft und ö ihr seinen herzlichsten Dank aus für die Verherr⸗ lichung durch die Jünger der deutschen Wissenschaften und Künste, welche lange Jahre die einzigen Trä er gemeinsamer deutscher Kultur und Vaterlandsidee gewesen feien. Der De— putation des Sängerbundes dankte der Fürst, indem er hervor⸗

* die Macht des deutschen Liedes habe mächtig für die

örderung der nationalen Idee gewirkt und die Vaterlands⸗ liebe erweckt. Unter jubelnden . der Volksmassen zog sich der Fürst zur Abendgesellschaft zurück. ö Am Sonntag Vormittag um 12 Uhr reiste das Fürstliche Paar über Augsburg ö nach Kissingen ab. Bei der Abfahrt in München verabschiedete sich der Fürst im Königssalon von den Herren des Comites und namentlich von dem Bürgermeister Dr. von Widenmayer mit Worten herz- lichen Dankes. Die am Bahnhofe und in dessen Umgebung versammelte zahlreiche Menschenmenge begleitete den sich in Bewegung setzenden Zug mit dem . patriotischer Lieder und mit lebhaften Hochrufen;

der Ankunft in Augsburg wurde der Fürst am Bahnhofe von dem Bürgermeister von Fischer namens der Stadt begrüßt. Unter unausgesetzten jubelnden Kundgebungen der nach Tau— senden zählenden, die Straßen fuͤllenden Menschenmenge machten der . und die Fürstin eine Fahrt durch die Straßen der Stadt nach dem Rathhause, wo der Bürger— meister mit einer Ansprache dem Fürsten den Ehrentrunk bot. Das Publikum sang die Wacht am Rhein“. Hierauf fand die Rückfahrt zum Bahnhofe statt, wo das Frühstück eingenommen wurde. Bei der Abfahrt des gs wie bei der Ankunft spielte Militärmusik. Bei der Ankunft in Würz⸗ burg (um 6ißz Uhr) war Fürst Bismarck ebenfalls von einem nach Tausenden zählenden Publikum begrüßt worden; der Fürstin wurden prächtige Blumensträuße überreicht. Um Sin Uhr Abends trafen der Fürst und die Fürstin in Kissingen ein, wo sie sich alsbald unter lebhaften Hochrufen der zahlreich versammelten Menschenmenge nach ihrem Absteigequartier in der Saline begaben.

Waldeck und Pyrmont.

Arolsen, 26. Juni. Ihre Hoheit die regierende Fürstin zu Waldeck, geborene Prinzessin von Schleswig⸗Holstein⸗ k ist heute von einem Prinzen entbunden worden.

Defterreich⸗ Ungarn. Der Kaiser Franz Joseph ist am Sonntag früh von

Wien zu dem österreichischen Bundesschießen nach—

Brünn abgereist. An der Grenze von Mähren wurde Seine Majestät empfangen und auf allen Stationen von den Be— hörden, den Gemeindevertretungen, der Geistlichkeit und der überaus zahlreich herbeigeströmten Bevölkerung enthusiastisch begrüßt. Der Einzug in Brünn, wo der Kaiser am Bahnhof von dem Bürgermeister in einer Ansprache bewillkommnet wurde, erfolgte unter Kanonendonner und Glocken⸗ geläut und unaufhörlichen begeisterten Ovationen der Bewohner. Nach der Ankunft im Schlosse empfing Seine Majestãäͤt die , eine Deputation des Adels und eine 3 der eistlichkeit unter Führung des Brünner Bischofs Bauer, dann das Offiziercorps, den Landeshauptmann und den Landesausschuß, den Bürgermeister und die Vertreter ahlreicher Beamtenkörperschaften. Auf eine Ansprache . Bischofs Bauer erwiderte der Kaiser: Er danke für die. Bekundung treuer Gesinnung und wünsche, die Geistlichkeit möge in den Herzen der Gläubigen wahren Christensinn und die Gefühle der Liebe und Versohnlichkeit zum Heile des Landes und zum Wohle des Reiches erwecken und stärken. Mittags fand ein glänzender Festzug statt,

welchem der Kaiser von dem Balcon des . es aus

usah. Am Nachmittag verweilte der Kaiser in Begleitung ben Statthalters längere Zeit auf dem Festplatz des Bundes⸗ schießens und gab auf dem Scheibenstand einen Kernschuß ab. Das n versammelte Publikum bereitete dem Kaiser lebhafte Huldigungen. Nach dem Diner unternahm der Monarch eine i ge hrt durch die prächtig illuminirte Stadt, wobei Seine Majestät überall mit Begeisterung begrüßt wurde. Abends wurde dem Kaiser ein glänzender Fackelzug dargebracht, an dem sich etwa Ho00 Fackelträger betheiligten. Der Kaiser sprach wiederholt seinen Dank für die Ovationen aus. .

Nach den bisherigen Dispositionen wird der Kaiser, wie W. T. B. erfährt, am 2. Juli zur Trauung der Herzogin Amalie in Bayern mit dem Herzoge von Urach nach Tegernsee abreisen, um sich alsdann zum Sommeraufenthalt nach Ischl zu begeben. J .

Der Valuta⸗Ausschuß des , Abgeordneten hauses hat in seiner am Sonnabend abgehaltenen Sitzung die anfänglich beanstandete Einführung von Nickelmünzen nun⸗ mehr mit 25 gegen 19 Stimmen beschlossen. Der Ausschuß lehnte . mit 30 gegen 5 Stimmen die Ausprägung. von Fünfzighellerstücken in Silber ab und nahm sodann die

sten h die Locomotive des Zuges war von der Künstlerschaft bekränzt worden. Bei

Ausprägung von Zwanzig- und Zehnhellerstücken in Nickel mit X gegen 5 Stimmen an.

. ö ist ö . . f 262 ustiz⸗ Mini u jährige Führer eutschen ungs⸗ partei, he dun , n Dr. Eduard Herb r Alter von 71 Jahren gestorben.

Großbritannien und Irland.

5 von Rumänien und der Herzog von Edinburg statteten am Donnersta Nachmittag der Königin in Schloß Windsor einen Besuch ab. Am Freitag Abend traf der Herzog von Aosta, begleitet von dem italie nischen Botschafter und dem Prinzen Heinrich von Battenberg, um Besuch Ihrer Majestät in Windsoͤr ein; der Herzog, der

otschafter und der Marquis von Salisbury dinstten pãter

bei Ihrer Majestät und blieben als Gäste der Königin im Schlosse. Heute Abend wird auf Einladung Ihrer Mia— jestät der König von Rumänien im Bu ngham⸗Palast in London erwartet.

Das Oberhaus hat in seiner 8 die Bill . Garantirung der Anleihe für die Insel Mauritius in dritter Lesung angenommen.

Gladstone haite sich am Sonnabend Nachmittag nach Chester begeben, um dort in einer Wa lversam mlung zu reden. Als er sich in den liberalen Club begeben wollte, wurde er, durch einen Wurf im Gesicht verletzs Von der Menge mit lebhaften Kundgebungen begrüßt, hielt Gladstone, obwohl die Verletzung am Auge ihm große Schmerzen verursachte, eine stundenlange Rede. Die Wunde wur e, wie nachträglich festgestellt, durch ein Stück Brot her⸗ vorgerufen, welches von einer in der Menge stehenden Frau gewerfen worden war. Eine starke Blutung veranlaßte den Arzt, dem greisen Staatsmann Schonung anzuempfehlen, um einer Verschlimmerung des Zustandes vorzubeugen. Nach einem in London gestern eingetroffenen Telegramm seines Sohnes Herbert ist das Auge nur leicht verletzt und bereits auf dem Wege der Besserung; eine Entzündung sei nicht ein- getreten und das Allgemeinbefinden ein durchaus befriedigendes.

Der schottische 5 . sich von Gladstone losgesagt. Das Executip⸗Comité dieses Vereins richtete ein Schreiben an ihn, worin dem Bedauern darüber Ausdruck gegeben wird, daß der Verein bei den nächsten Wahlen weder Gladstone noch seine Partei unterstützen könne.

Wie neulich in Dublin, so hat gestern auch in Cork zwischen Parnelliten und Antiparnelliten in den Straßen der Stadt ein ,, , stattgefunden. Viele Thüren und Fenster wurden von der Menge eingeschlagen, und die Polizei vermochte lange Zeit hindurch nicht der Be⸗ wegung Herr zu werden. Nach dem darüber vorliegenden Telegramm sollen fung Personen ziemlich schwer verletzt ins Hospital gebracht worden sein.

J Frankreich.

In dem vorgestrigen Ministerrath legte der Handels⸗

Minister Jules Roche einen Gefe entwurf vor, der dazu bestimmt ist, den Verkehr mit Dynamit und anderen Explosivstoffen in Fabriken, Niederlagen und Verkaufsstellen, sowie beim Transport, Verkauf und bei der Verwendung dieser 834 regeln. Der Präsident Carnot unterzeichnete in dem Ministerrath das Ausführungsdecret zu dem vom J. Juli er. ab zur Anwendung gelangenden Regulativ über den Uus⸗ tausch von Poste olli zwischen Frankreich und dem Auslande. Die Blättermeldung, daß das gegenwärtig vor Algier stationirte Mitte lmeer⸗Geschwa der Befehl erhalten habe, eine Schiffsabtheilung nach Tanger zu entsenden, hat laut Meldung des „Wofff schen Burcaus“ aus Paris bis jetzt keine Bestätigung gefunden. Einer Mittheilung 8 Bureaus zufolge gilt es etzt nahezu als sicher, daß irgend ein Handelsäuäberein⸗ kommen mit Spanien vor dem 360. d. M. nicht zu stande kommen werde.

In der Deputirtenkammer richtete der Abg. Dreyfus am Sonnabend seine angekündigte Anfrage an den Kriegs-Minister de Freycinet wegen der Angriffe des Journals „Libre Parole“ gegen Offiziere israeli⸗ tischen Bekenntnisfses: er wänsche darüber Auskunft, ob s zweierlei Arten Offiziere in der französischen Armee gebe. Der Kriegs⸗Minister erwiderte, er sei, ebenso wie Dreyfus, von dem tragischen Ausgange des Zweikampf es zwischen dem Marquis de Mores und dem (israelitischen) Haupt⸗ mann und Lehrer an der polytechnischen Schule Mayer aufs Schmerzlichste berührt. In der Armee kenne man nur französische Offiziere, nur hingebungsvolle Soldaten; ie Regierung T ge die Polemik der Presse entschieden und bitte die Offiziere ruhig zu bleiben gegenüber Beleidi⸗ gungen, die sie nicht berühren konnten; sie werde allen franzö— sischen Offizieren in gleichem Maße Achtung zu verschaffen wissen. Zwietracht unter den Offizieren zu erregen, sei ein Verbrechen gegen die Nation. (ECebhafter Beifal. Der Abg. Cuneo d Or nano wandelte die Anfrage . in eine Inter⸗ pellation um und verlangte für die katholischen Offiziere dieselbe Achtung wie für die israelitischen. Die Rechte stimmte dem Redner zu; auf der Linken erhob sich großer Lärm. Schließlich wurde eine Tagesordnung angenommen, in welcher die Erklärungen der Regierung gebilligt wurden. Im weiteren Verlauf der Sitzung, beschloß die Kammer mit großer Majorität, die Berathung des IAlntrags auf Tren nung der r ne für öffentliche Straßen von dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten und auf Verbindung dieser Abtheilung mit dem Ministerium des Innern zu ver⸗ 26 Seitens der Regierung war der Antrag bekämpft

orden. Infolge von Enthüllungen des Anarchisten Bricou kennt Et, die Polizei die Urheber des Dy namit⸗-Nüttentats im Restau rant Véry. Es sind dies Bricou selbst, dessen Frau, ein gewisser Francis, genannt Frangois und Meunier. ö. und Meunier sind nach London geflüchtet, wo zwei Polizei⸗ agenten sie überwachen, um fie nach Erledigung der Aus— lieferungsformalitãten festnehmen zu lassen. Bei Francis, der den Plan zu dem Attentat gefaßt hatte, ist die Bombe her⸗ gestellt worden

Der Militär-Attachs der Vereinigten Staaten Lapitün Barup zuürde von dem am eri anischen Ge⸗ and ten um Aufklärung über die Angelegenheit Grenier eg, Nr. L145 d. Bl) ersucht. Er beantworsete die Auf— orderung des Gefandten mit einem, Protestschreiben, welches der Gesandte dem Minister Ribot überbrachte. Wie 8m „W. T. B.“ weiter gemeldet wird, hat Capitän äatun Die. Erklärung abgegeben, daß der Beamte m franzõsischen Marine⸗Ministerlum Grenier ihm allerdings

, m. Schriftstücke übergeben habe, bestreitet jedoch aus⸗ cklich, daß er diese Schriftstücke anderen auswãrtigen Mächten mitgetheilt habe. Verschiedene Pariser Blätter k wissen, der Attachs werde unverzüglich abberufen werden.

Dem 5. internationalen Binnenschtiffahrts⸗ Congreß in Paris, welcher am 21. Juli eröffnet wird, soll eine Bereisung der nordfranzösischen Kanäle voraufgehen, die am 19. Juli in Lille beginnt. Die Theilnehmer . sich in Lille am 18. Juli und werden dort Abends 9 hr von einem besonderen Ausschuß im Hötel de la Socists Industrielle du Nord de la France begrüßt. Am Morgen des 19. werden die Häfen der Kanäle de la Deule und dir mit 9 5 zur Verschiffung der Steinkohlen von Lens,

zruay und Marles besichtigt, am Nachmittag wird der Hafen von Dunkerque besucht. Am folgenden Tage wird das Hebewerk von Fontinettes besichtigt und dem Hafen von Calais eln Besuch ab⸗ estattet. Der zweite Ausflug findet am 23. und 34. Juli

von Havre. Von Hare fahren die Theilnehmer nach Rouen und von da nach Paris zurück. Beschloffen wird der Congreß durch einen Besuch der Centrumskanäle, der Saöne⸗Kanali— sirung und der Rhöne⸗Regulirungsarbeiten, sowie des Furens⸗ behälters bei St. Etienne⸗ 6 Ausflug erreicht sein Ende am 3. August in Lyon. Auf die n,, der verschiedenen Kanäle bezieht sich die in der vorigen Nummer erwähnte Interpellation des Boulangisten Mery, der darin Ge⸗ fahren für die Landesvertheidigung erblickt, weil an dem Con— greß eine große Anzahl Deutscher, Oesterreicher und Italiener theilnehmen. Spanien.

. Die Deputirtenkgmm er hat nach einer bewegten vierundzwanzigstündigen Sitzung gestern das . geneh⸗ migt. Die Republikaner beabsichtigen laut Me ung des „W. T. B.“, gegen das Anleihe⸗Project die Obstruction an⸗ zuwenden; auch die liberalen früheren Minister wollen mit ihren Parteigenossen das Project bekämpfen.

Schweiz.

Nachdem der Ständerath den Beschlüssen des National— raths in Betreff der Regelung der Handelsbeziehungen zu Frankreich und Spanien, der Krie materialanschaffungen für 1893 und der Unterstützung der ,,. auf der Welt⸗ 1 in Chicago zugestimmt hat, ist die Sommerseffion der Bundesversammlüng am Sonnabend geschlossen worden.

Belgien. Die Kam mern treten, wie bekannt, am 12. Juli zu— sammen. Wie dem „Hamb. Corr.“ mitgetheilt wird, beabsichtigt das Ministerium, den Kammern den Vorschlag zu machen, den Antrag auf Revision der Verfassung einem aus 2 Deputirten und 10 Senatoren zählenden Aus schuß zur Ausarbeitung zu übertragen mit dem Auftrag, den Bericht in iner zweiten, erst im November beginnenden Session zur Beschlußfassung vorzulegen. Durch Königlichen Befehl ist ganz Belgien militärisch in vier Tru igt ns⸗Bezirke getheilt worden. Jede ö zerfällt in Militärdistricte und diese Districte wieder in Militärcantone. Jeder der vier Divifions-Bezirke soll eine Division Militär umfassen.

Türkei.

Die im März fällige Rate des ostrumelischen Tributs

ist am Sonnabend bei der Staatsschuldenkasse in Konstantinopel erlegt worden; der rückständige Rest soll im Juli gezahlt werden.

Amerika.

Eine amtliche Depesche, welche der Pariser Gesandtschaft der Republik Venezuela gus Caracas zugegangen ist, bestätigt, daß Palacio auf die Präsidentschaft verzichtet und sich nach Europa eingeschifft hat. Der Vorsitzende des Bundesraths der Republik Dr. Villegas ist mit der Wahrnehmung der Functionen des Präsidenten betraut worden. Demnächst soll der Congreß zusammentreten.

Afrika.

Nach einer Mittheilung der „Köln. Zig. soll in Egypten von der Einführung der englischen Sprache in das Ge— richtswesen abgesehen werden. England wird sich an der Zu⸗ lassung aller in englischer Sprache abgefaßten Eingaben ge⸗ nügen lassen, die von den die Interessen der englischen Staals— angehörigen vertretenden Anwälten an die Gerichtsbehörden gerichtet werden.

Nach in Paris vorliegenden Meldungen aus Tanger soll der englische Specialgesandte Euan Smith darauf ver⸗ zichtet haben, von dem Sultan von Marocco die gefor⸗ derte Erlaubniß zur Herstellung von Telegraphenlinien fowie ur Errichtung einer Bank und zür Freigabe des

affenhandels zu erlangen. Dagegen bestehe der Gesandte darauf, daß den Europäern die Ausfuhr von Cerealien und Vieh gestattet und daß die Con— vention vom Jahre 1890 über den Erwerb von Grundeigen⸗ thum e r, . werde. Der Sultan scheine indeß zu keinerlei e,. nissen geneigt. Ferner wird berichtet, der englische Specialgesandte hätte trotz der Weigerung des Sultans die englische Flagge auf dem Konsulatsgebäude hissen lasfen; in⸗ folge dessen hätte sich eine Volksmenge zusammengerottet und es hätten Truppen zum Schutze des unf n e. heran⸗ gezogen werden müssen.

Nr. 25 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts vom 22. Juni hat folgenden Inhalt: Personal⸗ nachricht. . Hesundheitsftand. Mittheilungen über Volkskrankheiten. Sterbefälle in deutschen Städten mit 46060 und mehr Ein⸗ wohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Er⸗ krankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt. und Landbezirken. Gesundheitsverhältnisse in Prag 1888 und 1889. . Grundwasserstand und Bodenwärme in Berlin und München, Nai. Zeitweilige Ma regeln gegen Volks⸗ krankheiten. (Cypern, Türkei, ae . ierseuchen in Frank⸗ reich 1891, 4. Vierteljahr. dDesgl. in Serbien, 1. Oktober bis 205. Dejember 1881. Desgl. in den Niederlanden. Veterinär? polizeiliche . Großbritannien, Tunis.) Gesetzgebung ꝛc. (Preußen. Viehein fuhr Reg. Bez. Düsseldorf ) Hebammen. JRachcurfe. Beil⸗ und Geheimmittel. Braunschweig) Morphin. Ber e Schafe⸗Durchfuhr. Wasserversorgung. = (Schweiz, Kan fon Waadt.) Ansteckende Krankheiten bei Schulkindern = (Großbritannien.) Maul, und Klauenseuche. Belgien. Kaffee. Verhandlungen bon Vereinen, Congressen u. s. w Deutsches Reich.) 26. deutscher

Aerztetag. = Schwein) Veschlüsffe des Vereins analytiih Cke⸗

katt und gilt den Kanälen der unteren Seine und dem Hafen

Beilage. Nahrungemittelgesetz Titelblatt

in der Beilage und in * 1891 der Bere ,,

Nr. 11 des Archivs für Post und Tele raphie (Beiheft zum Amtsblatt des Reichs⸗Postamts, hera 2 ien! e des Reichs ⸗Postamts) hat folgenden Inhalt: I. Actenftacke und fr, Erkenntniß des preußzis , über die Frage, ob die Reicht Telegray verwaltung zu Vorausleistungen für den Wegebau verpflichtet ist. Die Entwickelung des dänischen Telegraphenwesens (Schluß). Türkisches Poftwesen (Schluß. Japanisches Verkehrswesen. II. Kleine Mittheilungen. Urtheile des Kaisers über die Baupläne zu neuen Poffhäufern.— Statistische Nachrichten über die Posthaltereiverhältniffe, Extrapostverke/ und Gewährung von Futterkostenzuschuß. ö.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die Errichtung einer neuen Feuerstätte ohne polizei⸗ liche Erlaubniß ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, L. Strafsenat, vom 29. März 1892, eine durch 5 365 3. 3 Straf⸗ geseßbuchs mit Strafe bedrohte Uebertretung, welche in drei Monaten nach der Errichtung verjährt; das Fortbe tehenlassen der neuen Anlage an sich 1 nicht strafbar.

Hat ein Lebensversicherungsnehmer bei Beant— wortung der Frage der Declaration über seinen Gesundheit?s; zustand ein Leiden 5 und sich darauf beschränkt, auf die weitere Frage nach seiner ärztlichen Vertrauensperson den ihn behandelnden Arzt als diejenige Person zu bezeichnen, bei welcher in Betreff seines Gesundheitszustandes Nachfrage gehalten werden könne, o hat, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Civilsenats, vom 12. März 1892, die Versicherungsgesellschaft, welche von dieser Er⸗ laubniß keinen Gebrauch macht, sondern ohne die Erkundigung beim Arzt des Versicherungsnehmers die Versicherung abschließt und die Prämie sich zahlen läßt, nach dem Tode des Versicherungsnehmers keine Einrede aus der Verschweigung jenes Leidens, welches sie durch die Nachfrage bei dem bezeichneten Arzt sofort hätte er⸗ fahren können und nur durch ihre Verabsäumung ven diesem erst nach dem Tode des Versicherungsnehmers erfahren Fat.

*

Kunft und Wissenschaft.

Aka demische Kunstausstellung. VI. Genremalerei.

L. K. Die Bezeichnung Genre deckt heute eine Viel heit durchaus unglei hartiger Begriffe. Die moderne Kunst zieht alles in den Kreis ihrer Darstellung, was in irgend einem Sinne Interesse zu wecken vermag, 8 verschmäht auch das scheinbar inhaltslose Existenzbild nicht, sofern es nur irgendwelche Gelegenheit zur Entfaltung malerischer Reize bietet. Während früher den Künstler in erster Linie die in⸗ haltliche Bedeutung eines Vokganges fesselte und zur Wieder⸗ gabe bewog, sind es heute die Farbenwirkungen der äußeren Erscheinung, die seine Phantasie fast ausschließlich befruchten. Freilich ist man auf diesem Wege, indem man vorzugsweise die gebrochenen Töne, das Halbdunkel schlechtbeleuchteter Innen⸗ räume studirte, zu einer bedenklichen Tendenzmalerei gelangt, die erst allerneuestens aus dem Vordergrund des Interesses zurückzuweichen beginnt. Das sogenannte „Armeleutebild“, welches die Nachtseiten des menschlichen Lebens, das sociale Elend mit grausamer Unerbittlichkeit künstlerisch zu fixiren be⸗ müht war, verschwindet mehr und mehr von dem Schauplatz unserer Ausstellungen. Nur einzelne Künstler, wie beispiels⸗ weise der Holländer Israels, der gewissermaßen seinen ganzen malerischen Apparat einseitig ö. diesen Vorwurf eingestellt hat, vermögen sich nicht davon loszusagen. Auch in unferer Ausstellung begegnen wir einzelnen, zum theil nicht unbedeu⸗ tenden Leistungen derart. Am ergreifendsten wirkt E. Dae⸗ len 's „Größenwahn“: In einer Dachkammer sehen wir neben dem Todtenbette seiner Tochter einen herabgekommenen Deli⸗ ranten mit Papierkrone und Ordensstern mit theatralischer Geberde seine wirren Reden declamiren, während am Bett⸗ rande die doppelt unglückliche Mutter, ihr Antlitz in den Händen bergend, sitzt, umgeben von den beiden Kindern, die sich halb scheu, halb tröstend an sie schmiegen. Die Branntweinflasche auf dem Wandbrett des Hintergrundes neben dem Lithographie⸗Porträt Napoleon's J. bilden den stummen Commentar zu dem erschütternden Vorgang. Das Ganze ist in lebensgroßen Verhaͤltnissen F und mit vielem malerischen Geschick wiedergegeben. Gleichwohl hat der Künstler nicht vermocht, die Abscheu weckende Scene tragisch zu veredeln. Man kann den physischen Ekel dem Bilde gegenüber nur schwer überwinden. Auch Herman Hirsch's „Strike“ ist ni t frei von fratzenhafter Verzerrung, und O. Eckmann's Proletarier⸗ weib muthet dem Beschauer die Aufgabe zu, aus dem nächt⸗ lichen Dunkel die Umrisse einer über das Stoppelfeld schleichen= den Frau , was indeß nur einem mit ungewöhn⸗ licher Sehkraft Begabten . dürfte. Andere wiederum, wie der hochbegabte Emile El aus, Fritz Uhde, Her⸗ mann Grobe und Dora iz schildern die Mühsal des Landarbeiters auf sonnigem Felde mit der ganzen Feinheit und Durchsichtigkeit der Luftstimmung, die diesen nach Pariser Vorbildern arbeitenden Künstlern zu Gebote steht. Wie frischer Seewind weht es uns aus den Dünenbildern Max Lieber⸗ manns entgegen, der, wie immer, auch in seinen beiden diesmal auggestellten Bildern „Netzflickerinnen· und Frau mit Ziegen“ (beide im Besitz oͤffentlicher Samm⸗ lungen in München und amburg) es meisterhaft versteht, seine Gestalten mit voller ar cher Schärfe, um⸗ fluthet von Licht und Luft hinzustellen. Seine Farbenscala umfaßt dabei kaum mehr als vler Töne, deren Abwerthun k das verblüffende Geheimniß seiner Kunst bleibt der durchsichtige silbergraue Seedunst über dem hollän⸗ dischen Tieflande zieht nach wie vor unsere Kuͤnstler mächtig an. Wir werden besonders bei der Betrachtung der Landschaften unserer diesjährigen Ausstellung auffällig daran erinnert. Aber auch holländische Interieurs bilden ein stetes Lieblingsthema unserer Impressionisten. Da sind zuerst die Meisterleistungen Gotthard Kühl s zu nennen, der neuerdings seinen Wohnsitz von Paris nach Hamburg ver⸗ legt hat, sodann die äußerst ausdrucksvoll und soͤrgsam urch⸗ earbeitete „Gespenstergeschichte“ von Walter Mac Ewen, 3 Vogels „Dorfpolitiker“ Paul Höcker's Dorf— interieur und Theodor Grust's Konfirmandenandacht. Auch