1892 / 209 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 05 Sep 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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fahren. Um 10/“ Uhr Abends trat Seine Majestät von Swinemünde aus die Rückreise nach Berlin an. Bei der Abfahrt wurden Seiner Majestät von Seiten des nach Tau⸗ senden zählenden Publikums begeisterte Kundgebungen dar⸗ gebracht, für die Allerhöchstderselbe unausgesetzt von dem Fenster des Salonwagens aus dankte; die Gebäude in der Nähe des Bahnhofs waren prächtig erleuchtte.

Das Manöver⸗Geschwader, welches von Seiner Majestãt besichtigt wurde, war, wie die „N. A. 3.“ mittheilt, wie folgt, zusammengesetzt: . . .

Flaggschiff: Artillerie⸗Schulschiff „Mars (Capitän z. S. Valetie Erstes Geschwader. Erste Divisign: Chef Vice⸗Admiral Schröder. Panzerschiff Baden“, Flaggschiff (Capitän z. S. Fritze); Panzerschiff Bayern“ (Corvetten⸗ Capitän von Ahlefeldt); Panzerschiff „Württemberg“ (Capitän z. S. Herz); Panzerfahrzeug „Beowulf“ (Capitün z. S. Prinz Heinrich von Preußen); Aviso „Ziethen! (Corvetten-Capitän Freiherr von Lyncker). Zweite Division: Chef Contre-Admiral Karcher. Panzerschiff „Friedrich Carl“, Flaggschiff (Capitän z. S. Aschenborn); Panzerschiff „Kronprinz“ (Cpt. z. S. von Schuckmann); Panzerschiff „Deutschland“ (Cpt. z. S. Bendemann); Panzerschiff „Friedrich der Große“ (Cpt. z. S. von Schuckmann I). Zweites Geschwader. Vierte Division, Chef Contre-Admiral Qldekop. Transport— dampfer „Pelikan“ (CEpt.-Lt. Bachem); Aviso „Falke“ (Corv.⸗ Cpt. Stiefe); Panzer⸗Fahrzeug „Siegfried“ (Corv.-Cpt. Gruner). Fünfte Division: Chef Contre⸗Admiral Thom⸗ son. Cadetten⸗Schulschiff Stosch“, Flaggschiff (Cpt. z. S. Ritt⸗ meyer); Schiffsjungenschulschiff, Gneisenau“ (Corv.⸗Cpt. Stuben⸗ rauch); Schiffsjungenschulschiff „Moltke“ (Cpt. z. S. Freiherr von Ehrhardt); Panzerfahrzeug „Bremse“ (Cpt.- Lt. Meyer I): Aviso „Wacht“ (Corv.-⸗Cpt. . Erste Torpedo—⸗ boot-Flottille: Chef Corv.-⸗Ept. Schmidt. Flottillenfahrzeug Aviso „Blitz“ (Cpt-Lt. Schröder J.. A⸗-Division: Divi⸗ sionsboot „H 1“ (Cpt⸗Lt. Rottmann); Torpedoboot „S 7“ (Et. z. S. Zimmermann); Torpedoboot „8 12“ (Lt. z. S. Schaumann II.); Torpedoboot „S 9“ (Lt. z. S. Berger); Torpedoboot „8 14“ (Lt. z. S. Starke); Torpedoboot „S 109“ (Et. z. S. Senner) B-⸗Division: Divisionsboot „D S“ (Cpt.Lt. Grely); Torpedoboot „S 15“ (Lt. z. S. von Möller); Torpedoboot 8 19 (Lt. z. S. Paschen); Torpedoboot „S 17“ (Lt. z. S. Wilken); Torpedoboot 8 20“ (Lt. z. S. Schulte); Torpedoboot „8 18“ (Lt. z. S. Mauern). 3weite Torpedoboot⸗-Flottille: Chef Corv⸗Capt. Zeye. Flotten—⸗ fahrzeug Ayviso. „Grille“ (Capt. -Lt. Derzewskis. C Division: Divisionsboot „D 4“ ((Capt.⸗-Lt. Lilie); Torpedoboot „S 2“ (Lt. z. S. Kölle); Torpedoboot „S8 4“ (Lt. z. S. Wuthmann); Torpedoboot „8 3“ Ext. z. S. Philipp); Torpedoboot ‚8 1“ (Lt. z. S. Wil⸗ brandt). D-Division: Divisionsboot „D 5 (Capt. t. Colomb): Torpedoboot „HM 1“ (Lt. z. S. Recke): Torpedoboot „S 8“ (Lt. z. S. Kirchhoff); Torpedoboot „8 16“ (Lt. z. S. Frhr. von Rössing). Division der Beischiffe: Minenschulschiff Rhein“ (Capt-Lt. Wallmann); Dampfer „Mietzing“ (Capt. Lt. Poowe); Dampfer „Emily Rickert“ (Lt. z. S. v. Kühl⸗ wetter). ö .

Die gesammte Flotte setzte sich sonach aus sieben Panzer— schiffen, drei Panzerfahrzeugen, fünf Schulschiffen, fünf givifos, drei Beischiffen, einer Torpedo⸗Division und siebzehn Torpedo— booten, im ganzen 44 an der Zahl, zusammen.

Der General-Inspecteur der Fuß⸗Artillerie, General der Artillerie Sallbach hat Berlin verlassen.

S. M. S. „Alexandrine“, Commandant Capitän zur See von Frantzius, ist am 2. September in Chemulpo Halbinsel Korea) eingetroffen und beabsichtigt, am 10. die Reise fortzusetzen.

Cassel, 5. September. Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, sowie die Prinzen Eitel Friedrich und Adalbert sind vorgestern Nachmittag aus Norderney wieder auf Wilhelmshöhe eingetroffen. Die Prinzen August Wilhelm, Oscar und Joachim sind heute Vormittag von dort nach Potsdam abgereist.

Hessen.

Darmstadt, 5. September. Seine Königliche Hoheit der Großherzeg wird sich, der „Darmst. Ztg.“ zufolge, heute Vachmittag nach Maßinz begeben, um von dort aus den Divisions-Manövern in Rheinhessen beizuwohnen. Der Aufent⸗ halt Seiner Königlichen Hoheit in Mainz dauert voraussichtlich bis zum 17. d. M.

Reuß ä. L.

Greiz, 2. September. Seine Durchlaucht der Fürst hat sich gestern von hier zu mehrtägigem Aufenthalt nach Anhalgcz in Ungarn begeben.

Oefterreich⸗ Ungarn.

Der Kaiser, der am Sonnabend dem Schlußmanöver der Wiener Garnison beiwohnte, begiebt sich, wie die Wiener Blätter melden, heute Abend nach Böhmen, um morgen einer Uebung bei Theresienstadt und übermorgen einer solchen zwischen Josephstadt und Königgrätz beizuwohnen.

Frankreich.

Der Präsident Carnot ist am Sonnabend Nachmittag 5 Uhr in Chambésry eingetroffen und von der Bevölkerung herzlich begrüßt worden. Gestern Vormittag nahm der Präsident eine Revue über die Truppen der Garnison ab und empfing darauf in der Präfectur mehrere Vertreter der Departe— mentsbehörden sowie Abordnungen von Arbeitern, die in ihren Ansprachen die Versicherung der treuen Anhäng— lichkeit der Bewohner Savoyens an Frankreich und an die Republik Ausdruck gaben. Bei dem von der Municipalität veranstalteten Festmahl erwiderte der Präsident Carnot auf eine Ansprache des Bürgermeisters, der die Einmüthigkeit in den Gesinnungen der Bewohner von Savoyen betonk hatte, die Republik habe keine treueren Bürger als die Savonarden, welche die Interessen des Landes über die Parteikämpfe stellten. Die Parteien müßten jetzt

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vor dem Willen der Nation die Waffen strecken und sich vereint um die Fahne der Republik schaaren. Darin liege der wahre Patriotismus, welcher bedeute, 3 glücklich im Innern, geachtet im Auslande, 2 und friedli zu machen und der Welt Vertrauen zu der Republik einzu— flößen. Der Präsident schloß mit einem Hoch auf das einige Frankreich und Frankreichs Söhne. Die Rede wurde mit großem Beifall aufgenommen.

Die Minister Ribot und de Freycinet werden heute, wie „W. T. B.“ meldet, in Aix-les-Bains, während der Präsident Car not auf der Durchreise daselbst verweilt, dem König von Griechenland einen Besuch abstatten, um ihn namens der französischen Regierung zu begrüßen. Der König wird darauf dem Präsidenten der Republik einen Be— such machen, den dieser alsbald erwidern wird.

Die Einstellung von Einjährig-Freiwilligen mit denjenigen Rechten und Pflichten, wie sie dieser Klasse von Militärpflichtigen vor dem Erlaß des Wehrgesetzes vom 15. Juli 1889 zugestanden war, wird dem „Avenir Mili⸗ taire“ zufolge auch im Laufe des gegenwärtigen Jahres noch stattfinden. Sie betrifft diejenigen jungen Leute, die die Be⸗ rechtigung, nur ein Jahr activ zu dienen, schon vor dem In— krafttreten jenes Gesetzes erworben hatten, damals wegen körperlicher h von der Einstellung m, waren, jetzt aber für tüchtig erklärt sind. Sie hatten sich bis zum 15. Juli d. J. zu melden und müssen am 15. September die durch das Gesetz vom Jahre 1872 vorgeschriebene Prüfung ablegen. Ihre Zahl ist natürlicherweise nur gering und nimmt immer mehr ab. Beispielsweise hatten sich im Departement der Seine im vergangenen Jahr nur 24 gestellt. Mit dem Jahre 1895 wird diese Klasse von Wehrpflichtigen ganz aus den Recrutirungslisten verschwinden, weil sie alsdann sämmtlich das 24. Lebensjahr vollendet haben müssen.

Der Berichterstatter für das Unterrichts-Ministerium in der Budgetcommission Charles Dupuy hat jetzt sein Refergt über die Unterrichtsanstalten fertig gestellt, dem die „Fr. C.“ nachstehende Angaben entnimmt:

Die französischen Mittelschulen zählen im ganzen 174 857 Zög— linge, wovon 85 000 in den Gymnasien und Realschulen unter⸗ gebracht sind, 155608 freie Laienanstalten, 50 699 geistliche Anstalten esuchen und 23 359 den kleinen Seminarien angehören. Die Mädchen -Lyceen und Collèges sehen von Jahr zu Jahr ihre Schüler— schaft wachsen. Diese wies während des Schuljahres 1891,92 11647 Zöglinge auf, 700 mehr als im Vorjahre. Die Staatsfacultäten wurden im letzten Schuljahre von 22328 Studirenden, 12365 mehr, als im Jahre 1875, besucht Den größten Zuwachs liefern die Studirenden der Medizin, den ge— ringsten die der Theologie. Fremde Studirende waren im Schul— jahr 1890,91 1170, letztes Jahr 1397. Sie vertheilten sich wie folgt: 4 auf sprotestantische) Theologie, 330 auf die Rechtsfacultäten, 839 auf die Medizin, 890 auf die Naturwissenschaften, 116 auf die Philologie, 28 auf die Pharmaceutik. Unter den 839 Medizinern befanden sich 37 Hissen (und Nissinten und 1 Türen. Die Gesammtziffer der Ausgaben für das Unterrichtswesen, 176 002370 Fr., vertheilt sich auf folgende Posten: Central⸗ verwaltung 3 764070 Fr., höherer Unterricht 15 198 615 Fr., Secretariat 3 156210 Fr., Mittelunterricht 19783 348 Fr., Primar⸗ unterricht 125 110446 Fr., verschiedene Dienstzweige 8948681 Fr. Der Credit für den Primarunterricht ist um 2295 196 Fr. höher, als für, das laufende Jahr. Die Zahl der Schüler der Volksschulen

ist um 5150 zurückgegangen, von 6308 632 auf 6303 482. Diese

Abnahme steht nach der Versicherung des Professors Levasseur mit der Entrölkerung in engem Zusammenhang.

Die Voruntersuchung gegen den Anarchisten Bricou und dessen Geliebte, die der Theilnahme an der Explosion im Restaurant Very verdächtig sind, ist der „Köln. Ztg.“ zu⸗ folge beendet. Die Verhandlungen werden im November statt— sinden; der Untersuchungsrichter Athalin hat darauf verzichtet, sie aufzuschieben, bis die noch unentdeckten Anarchisten Francis und Meunier aufgefunden sein würden.

Italien.

Ueber die Einweihung des Denkmals für den König Victor Emanuel in Livorno wird dem „Hamb. Corresp.“ unter dem 28. August von dort geschrieben: „Heute früh um 8 Uhr bewegte sich von der Piazza Cisternone aus ein imposanter Festzug, dem mehrere Musikkapellen voran— schritten und etwa 130 Fahnen verschiedener Gewerke voran— getragen wurden, nach dem Platz, auf dem das neue Victor Emanuel -Denkmal errichtet ist, und nahm hinter dem Monument Aufstellung. Ein Kanonenschuß, der vom Fort Nuova aus abgegeben wurde, und dem die Schüsse vom Panzer— schiffe ‚„Morosine“ und von den andern im Hafen vor Anker liegenden Schiffen antworteten, meldete alsbald die Ankunft Seiner Majestät des Königs. Der König wurde von dem Grafen von Turin und den Ministern Giolitti, Pelloux und Saint⸗Bon am Bahnhof erwartet und auf dem Wege zum Festplatz von dem Volke, das dichtgedrängt Spalier bildete, sehr lebhaft begrüßt. Fast alle Häuser der Stadt waren mit Teppichen, Fahnen und Blumengehängen prachtvoll geschmückt. Kurz vor 11 Uhr langte der König unter dem brausenden Beifallsjubel des versammelten Volkes auf der Piazza Vittorio Emanuele an, wo die Musik die Königshymne intonirte. Die Piazza gewährte einen herrlichen Anblick: an den Söllern, Erkern und Balkons waren die Wappen der italienischen Städte angebracht, und fast überall sah man Täfelchen, auf denen historische Worte aus den Reden und Proclamationen Victor Emanuel's standen. Punkt 11 Uhr fiel auf ein gegebenes Zeichen die Leinwand, die das Denkmal umhüllte. Der Sindaco von Livorno, Herr Costella, hielt die Festrede. Dann intonirten sämmtliche Musikkapellen den Königsmarsch, während der König mit dem Grafen von Turin und den Ministern das Denkmal besichtigte und sich längere Zeit mit dem Schöpfer der herrlichen Statue, dem Bildhauer Rivalta, unterhielt. Zuletzt wurde von den Kapellen des 37. und 38. Infanterie⸗Regiments der von Mascagni componirte ,,, gespielt, der mit großem Beifall aufgenommen wurde.“

König Humbert trifft am 8. September zum Co— lumbusfest und der Flottenschau in Genua ein. An der letzteren werden im ganzen 19 italienische und etwa 25 fremde Kriegsschiffe theilnehmen. Die Ankerordnung für die Geschwader der verschiedenen Mächte weist dem deutschen Schiffe, wie der „Magd. Ztg.“ geschrieben wird, den äußersten rechten Flügel an. Neben der „Prinzeß Wilhelm“ ankert das Geschwader der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika, dann folgen die drei österreichischen Schiffe, die spanischen, die französischen und endlich eine Ab— theilung des italienischen Geschwaders. Im Centrum des Hafens ankert die englische Flotte mit einem zweiten italie— nischen Geschwader, auf dem linken Flügel endlich die Schiffe der kleineren Staaten mit der dritten Abtheilung der italie— nischen Flotte. Der Königliche Besuch in Genua und die An—

wesenheit der fremden Kriegsschiffe werden bis zum 13. Sep⸗

tember dauern.

ESyanien.

Madrid, 3. September. Die schwebende Schuld blieb, wie ‚W. T. B.“ berichtet, im Monat August auf der unveränderten Höhe von 168 341 000 Pesetas. Während des Finanzjahres 1891/92 hat sich die schwebende Schuld um 3731 000 Pesetas erhöht.

Serbien.

Wie der „Kölnischen Zeitung“ aus Belgrad gemeldet wird, hat die zur Untersuchung des Standes der Finanzen eingesetzte Commission festgestellt, daß Pasitsch 30 Millionen Franes schwebende Schuld zurückgelassen hat.

Amerika.

Die chilenische Regierung hat, nach einer Mittheilun der chilenischen Gesandtschaft in Paris, den Fang von See⸗ hunden, Robben und Ottern in den Gewässern des Chiloꝑe Archipels, des Magellan-Territoriums und der Inseln Juan Fernandez untersagt.

Asien.

Die ursprünglich Lord Roberts zugedachte Mission an den Emir von Afghanistan soll nunmehr Mortimer Durand und Georges Greaves anvertraut werden. Sie werden, wie der „Pol. Corr.“ mitgetheilt wird, die Aufgabe haben, den Emir über die von England an der Nordwestgrenze Indiens einzuschlagende Politik aufzuklären.

Wie der Times“ aus Simla vom 1. d. M. gemeldet wird, macht der fruchtlos gebliebene Versuch des Sbersten Lockhart, die Stämme der schwarzen Berge zu bewegen, den früheren Chef der Hassanzais Hashim Ali entweder auszuliefern oder aus dem Lande zu verweisen, die Be⸗ strafung derselben zur Nothwendigkeit. Eine Expedition, be⸗ stehend aus 4000 Mann, wird nächsten Monat abrücken, um Hashim Ali zu vertreiben.

Außer den Truppen, die mobilisirt worden sind, um etwaige Ruhestörungen im Gomul-Thale zu unterdrücken, haben sich das 22. Punjaub-Infanterie⸗Regiment von Multan und zwei Schwadronen des 2. Punjaub⸗-Cavallerie⸗ Regiments von Rajanpur für den Dienst im Gomul⸗ Thal bereit zu halten. Es ist indessen nicht die Absicht, diese Truppen schon jetzt dahin abmarschiren zu lassen. Die Be⸗ satzung Kajuri Kach's wird rechtzeitig verstärkt werden, sodaß, falls die Afghanen fortfahren, die Grenzstämme zu belästigen, der Einmarsch am 1. Oktober beginnen kann. Die im Umlauf besindlichen Gerüchte über die Mobilisirung des J. Armee⸗ Corps entbehren der Begründung.

Afrika.

Der Sultan von Marocco hatte mit den Aufständischen wegen Auslieferung der Gefangenen verhandelt. Der Führer der letzteren Hamam hat nun alle Gefangenen an den Sultan zurückgesandt; sie kamen mit Geschenken an und erklärten die Bereitwilligkeit Hamam's zur Unterwerfung unter folgenden Bedingungen: Entfernung des Gouverneurs von Tanger und Zusicherung weitgehender Freiheiten. Bis zum Eintreffen der Antwort des Sultans sind die Feindseligkeiten eingestellt.

Parlamentarische Nachrichten.

Im 2. Mindener Reichstags wahlkreise Herford— Halle i. W. ist an Stelle des verstorbenen Abgeordneten von Kleist⸗Retzow Freiherr von Hammerstein mit 7630 Stimmen zum Mitgliede des Reichstags gewählt worden. Delius, national⸗ liberal, erhielt 3160, Buskühl, fortschrittlich, 1884, Zwiener, socialdemokratisch, 1785 Stimmen. 28 Stimmen waren zer⸗ splittert.

Nach dem nunmehr aus sämmtlichen Ortschaften des Reichstagswahlkreises Sagan-Sprottgu über die gestrige Stichwahl vorliegenden Ergebniß sind für von Klitzing (conservativ) 7304 Stimmen und für Dr. Müller sfreisinnig) 8379 Stimmen gezählt worden. 47 Stimmen sind ungültig.

Kunft und Wissenschaft.

Aus Wien wird berichtet. Zum 25 jährigen Professor— Jubiläum des Hofraths, Professors Dr. Theodor Billroth werden große Vorbereitungen getroffen. Unter anderem wird dem Gefeierten eine künstlerisch ausgestattete Festschrift überreicht werden, in welcher die Leistungen Billroth's auf chirurgischem und humani⸗ tärem Gebiete durch ehemalige und gegenwärtige Schüler des Professors verzeichnet werden sollen. An dem Werke arbeiten bereits zahlreiche Chirurgen in allen Ländern, und das Redactionscomité hat ein gewaltiges Material zu bewäl⸗ tigen. Auch die akademischen Behörden, speciell das medizinische Professorencollegium mit dem Decan Professor Ludwig an der Spitze, planen Ovationen. Die Studentenschaft gedenkt, einen Festeommers und einen Fackelzug zu veranstalten. Die Festlichkeiten werden bei Beginn der Wintervorlesungen stattfinden.

Heute (5. September) tritt in Lon don der neunte inter⸗ nationale Congreß der Hrientalisten zusammen. Die Sitzungen werden bis zum 12. September dauern. Professor Max Muͤller von Oxford wird das Präsidium führen und die Versamm⸗ lung mit einer Rede über „orientalische Forschungen“ eröff nen. Das bei weitem größte Interesse für Nicht-Specialisten dürfte, wie der Frkf. Ztg.“ geschrieben wird, ein Vortrag über „das archaische Griechenland und den Orient“ erregen, den Gladstone zu halten ver⸗ sprochen hat. = Wie das Stockholmer „Aftenbl. mittheilt, hat der König von Schweden den Grafen Carlo Landberg beauftragt, dem Vorsitzenden ein goldenes Trinkhorn zu überreichen. Das Horn soll sich von dem einen Präsidenten auf die nächsten Präsidenten bei diesen Congressen vererben. J .

Der „New. York Herald“ veröffentlicht unter dem 1. d. M. einen Bericht des DHawarder Astronomen, Professor Pickering, der von dem in Arequipa in Peru erbauten Observatorium Mars⸗ beobachtungen angestellt hat. Pickering theilt mit, daß er zwei Höhenzüge auf dem Planeten nördlich von dem grünen Fleck unweit des Südpols entdeckt hat. Zwischen den beiden

ebirgszügen hat sich der Schnee angestaut, ehe er nach Nor⸗ den abfließt. In den. Gebirgen am Aequator ist Schneg ge⸗ fallen. Am 5. August bedeckte er zwei Gipfel. Am 7. August war der Schnee geschmolzen. Ich habe elf Seen von verschiedener Größe beobachtet“, schreibt der Professor. „Diese Seen verzweigten sich in dunkle Linien, doch diese standen hier in Verbindung mit zwei greßen dunklen Flächen, die wie Seen aussahen, aber nicht blau waren. Seit dem Schmelzen des Schnees hat es viel Störungen ge⸗ geben, was aus den dichten, sich aufthürmenden Wolken zu erkennen war. Die Wolken waren nicht weiß, fondern gelblich und theilweise durchsichtig. Sie scheinen sich jetzt zu zerstreuen, aber hängen noch

dicht um die südlichen Berge. Der nördliche grüne Fleck ist photo⸗ graphirt worden. Professor Pickering berichtet endlich, daß viele von den von Schiaparelli erwähnten Kanälen auch von ihm beobachtet worden sind. Doch waren sie einzeln und nicht doppelt, wie Schia⸗ parelli angiebt.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ . Maßregeln.

; Cholera.

Im Krankenhause Moabit ist der an der asigtischen Cholera erkrankte Zugführer Ostheern verstorben. Weitere Erkrankungsfälle sind nicht zur Anmeldung gekommen.

Die städtische Medizinal⸗Commission in Bremen macht bekannt, daß der Tod eines am 31. August gestorbenen Schiffers durch asiatische Cholera herbeigeführt ist. Nach amtlicher Mittheilung sind dort am 3. d. M. zwei Personen an der Cholera gestorben und eine erkrankt.

Nach Mittheilung des Medizinalamts sind in Lübeck vom 3. d. M. Mittags bis gestern Mittag 2 Erkrankungen an Cholera vorgekommen, von denen eine tödtlich verlief.

Am 3. d. M. ist in Hannover ein Cholera⸗Erkrankungsfall vorgekommen, wobei asiatijche Cholera nachgewiesen wurde. Der Krankheitsverlauf ist ein leichter. Zwei weitere Kranke sind als choleraverdächtig in das Krankenhaus eingeliefert. Alle drei Erkrankten waren von Hamburg zugereist.

In Nr. 207 des „R. u. St. A.“ war unter Stralsund unter anderem gemeldet: „Ein neuer Cholerafall ist nicht vorgekommen“. Wie uns die dortige Königliche Polizei⸗Direction mittheilt, ist in Stralsund ein Cholerafall überhaupt nicht vorgekommen, weder ein Erkrankungs⸗, noch ein Sterbefall.

Wie aus Rathenow berichtet wird, ist dort am 3. d. M. das Kind eines Arbeiters Keßler an der Cholera gestorben.

Der Königliche Polizei⸗Director zu Koblenz Graf Brühl hat“

gestern folgende Bekanntmachung durch Extrablatt veröffentlichen lassen: „Ein Kaufmann, der am 24. August Hamburg verließ, am 29. August hier eintraf und an Brechdurchfall erkrankte, ist am 31. August in der Isolirbaracke gestorben. Die Krankheits— erscheinungen und die Obduction ergaben keinen Beweis für das Vorhandensein von Cholera. Am 2. d. Mts. er— krankten aber die beiden Pflegekräfte des Verstorbenen unter den Anzeichen der echten Cholera und starben beide am 3. d. M. Die noch nicht vollständig abgeschlossene bacteriologische Untersuchung hat mit großer ,, das Vorhandensein des Cholerapilzes ergeben. Ein wandernder Schneidergeselle, der über Hannover von Hamburg gekommen sein wollte, erkrankte heute Nacht in der Her⸗ erge „Zur ö unter den Erscheinungen eines choleraber—⸗ dächtigen Brechdurchfalls. Der Kranke ist in die Isolirbaracke gebracht. Die Desinfection der Herberge ist sofort unter Leitung des betreffenden Arztes ausgeführt worden. Cholera⸗Erkrankungen von Einheimischen sind, abgesehen von den beiden Pflegekräften in der Isolirbaracke, bis jetzt nicht gemeldet. Die bisher in der Stadt vorgekommenen Er— krankungen haben sich als gewöhnliche Brechdurchfälle erwiesen.“

Nach der amtlichen Statistik sind in die Krankenhäuser zu Paris am 2. d. M. 59 unter choleragartigen Erscheinungen erkrankte Personen eingeliefert worden; von früher Erkrankten sind 42 Persenen gestorben. Vom 4. d. M. werden 41 Cholera⸗Erkrankungen und 4 Todes fälle gemeldet. Es werden alle irgend geeigneten Vorsichts— maßregeln getroffen, insbesondere werden die Straßen mit Zink— chlorür besprengt. In St. Ouen bei Paris sind am 3. . M. fünf Cholerg-Erkrankungen und ein Todesfall in Rouen ist seit dem 2. d. M. kein Todesfall vorgekommen. Sieben Cholerakranke liegen im Hospital; einer ist dort gestorben. Der Gesundheitszustand in Düntkirchen ist ausgezeichnet. In St. Vaast (Departement Manche) kamen zwei Cholera-Erkrankungen und ein Todesfall vor.

Am 3. d. M. sind in Havre 43 choleraähnliche Fälle vorge— kommen, 12 Personen sind gestorben. Vom 4. d. M. werden 36 Choleratodesfälle gemeldet.

Der „Tribuna“ wird aus Capri telegraphirt, von einem aus Damburg mit zwei Kindern daselbst eingetroffenen Ehepaar sei die Frau am 2. d. M. infolge von Kolik gestorben. Die Behörde habe das Haus abgesperrt und desinficirt. Der Ehemann und die Kinder befänden sich wohl; nach der Versicherung des ersteren habe der Todesfall mit Cholera nichts zu thun. Wie dem W. T. B.“ aus St. Peters burg gemeldet wird ist die Cholera neu aufgetreten in Kiew, wo bis zum 2. September 47 Erkrankungen und 8 Todesfälle vorkamen. Im Gouvernement Kiew erkrankten am 1. September 16 und starben 8 Personen, im Gouvernement Wologda sind am 1. September 3 ö an Cholera erkrankt. Ferner kamen vor im Gouvernement Saratow am 1. September 543 Erkrankungen und 237 Todesfälle, am 2. September 362 Erkrankungen und 187 Todesfälle, in Kasan am 1. September 176 Erkrankungen und 74 Todesfälle, in Orenburg 296 Erkrankungen und 132 Todesfälle, im Dongebiet am 31. August 732 Erkrankungen und 290 Todesfälle, in Woronesh durchschnittlich täglich 600 Erkrankungen und etwa 260 Todesfälle. Nach den Berichten der nach Ardebil in Perfien geschickten Aerzte ist, wie aus St. Petersburg, gemeldet wird, daselbst die Pest nicht aufgetreten; die Cholera ist in Ardebil ganzlich erloschen.

Die Nachricht von dem Auftreten der Cholera in Athen ent— behrt der Begründung. Das Blatt, welches diefe Nachricht verbreitet hatte, soll gerichtlich verfolgt werden. .

Das am 2. d. M. an der Börse in Zürich verbreitete Gerücht, in einem dortigen Gasthof sei ein Cholerafall vorgekommen, wird von amtlicher Seite für unbegründet erklärt.

Nach einer Meldung des . D. B. H. aus Malmö, 4. Sep- tember, scheint sich trotz der energischen Absperrungsmaßnahmen die Cholera doch auch nach Schweden verbreiten zu wollen. Wie Yr. Bergquist in Tomelille mittheilt, ist in der Station Esperöd der Ystad-EelöfEisenbahn ein sehr schwerer Fall von Cholerine vorge⸗ lommen. Der Communalvorsteher meldete dagegen der Provinzial⸗ Verwaltung, 2aß dort mehrere verdächtige Erkrankungsfaͤlle vorge⸗ kommen seien.

Ein auf einem Schooner aus Hamburg krank in Christiansand angekommener Matrose ist am 4. d. M. an der asiatischen Cholera gestorben.

Wie aus New⸗York vom 4. d. M. geneldet wird, kamen an Bord der dort eingetroffenen Rug ia“ 5 Todesfälle und 5 Erkran- kungen vor. Die Normannia“ hatte während der Reise 7 Todes fälle und 4 Erkrankungen. Die ebenfalls in New-⸗Jork eingetroffenen Dampfer Cimbria“ „City of Rome“ und „Seythia“ hatten keine Krankheitsfälle an Bord. City of Berlin', Europe“ und „Lahn“ werden heute von der Quarantäne befreit. Der gestern dort an— gekommene Dampfer Lg Bourgogne“ berichtet, an Bord sei alles wohl. Wie dem. W. T. B.‘ heute berichtet wird, sind an Bord der Normannia? im Verlaufe des gestrigen Tages drei, auf der Moragvia“ zwei weitere Todes fälle, auf der ‚Rugia“n noch ein Todesfall vorgekommen. Während sechs an Bord der Normannia“ Neuerkrankte nach der Swinburne⸗Insel gebracht wurden, wurden die Zwischendeckspassagiere des Dampfers, unter denen eine große Panik entstanden war, auf der Hoffmann-Insel an Land gesetzt.

Ueber Choleragefahr und Absperrungsmaßregeln wird weiter berichtet:

In der Sanitätsecom mission, die heute Mittag unter Vorsitz des Bürgermeisters Zelle im Magistrats⸗Sitzungssaale tagte, wurde beschlossen, die Vorsteher von Privat⸗Krankenhäusern aufzufordern, für den Fall der Verbreitung der Cholera in Berlin Vorbereitung zur Aufnahme von Kranken zu treffen. In den Krantenhäusern am Urban und im Friedrichshain sollen Pavillons zu diesem Zwecke ein— gerichtet werden. Für die übrigen Pavillons erstehe hieraus keine Gefahr, da wissenschaftlich festgestellt worden ist, daß nur durch Berührung die Ansteckungsgefahr vorliege. Sollte der Fall eintreten, daß sich die

holera in Berlin verbreite, fo soll das Obdach zur Aufnahme von

Cholerakranken eingerichtet werden, während für die Obdachlofen anderweitig gesorgt werden soll. t

9. ie Vereinigung der Berliner Sanitätswachen tagte, wie wir der N. A. 3. entnehmen, am Freitag im Rathhause, um ge— meinsame Maßna men zur Abwehr der Cholera zu treffen. Der Vorsitzende theilte mit, daß Ihre Majestät die Kaiserin der Vereinigung mit Rücksicht auf die in der Cholerazeit zu vermehrende . 1000 0 hat zugehen lassen. Stadtrath Straßmann tellte den Wachen die nöthigen Mittel zur Eröffnung des vollen Tagesdienstes in ,. Aussicht. Es wurde beschlossen, diesen Tages dienst auf allen Sanitätswachen zu eröffnen, sobald diejenigen drei . die sich bisher auf Aerztenachweis beschränkten, geeignete Locale gefunden haben, was bis Donnerstag von ihnen verspröchen worden ist. Demnach sollen auf allen Sanitätswachen von Mütt⸗ woch früh ab zu jeder Zeit mindestens ein Arzt und ein Heilgehilfe anwesend sein. Erkrankte erhalten dann ärztlichen BVeistand und Medikamente; Desinfectionsmittel werden ebenfalls ver— abreicht. Unbemittelte genießen diese Wohlthaten unentgeltlich. Ein Antrag, den Tagesdienst nur auf choleraverdächtige Erscheinungen zu beschränken, wurde abgelehnt und bestimmt, in dringenden Fällen keinen Hilfesuchenden abzuweisen. Diese Einrichtung des Tagesdienstes soll nur während des Bestehens der Choleragefahr beibehalten werden, nach Beseitigung dieser Gefahr soll sie auch ihre Endschaft erreichen. Mit den anwesenden Aerzten sprachen sich Regierungs⸗Rath Wernich vom Polizei⸗Präsidium und Stadtrath Straßmann dahin aus, daß eine Gefahr zur Zeit nicht vorhanden ist, und wenn auch Vorsicht dringend geboten ist, so liege doch kein Grund zur Beunruhigung vor. ö ö wohnten Delegirte aus Charlottenburg und Friedrichs— erg bei.

Die städtischen Fluß Badeanstalten sind heute im Hinblick auf die drohende Choleragefahr geschloßsen worden.

Das Central-Comitéè des Rothen Kreuzes trat am Sonn— abend hierselbst unter Vorsitz des stellvertretenden Präsidenten Kammerherrn von dem Knesebeck zu einer Sitzung zufammen, in der eine namhafte Summe bewilligt wurde zum soforkig en En gagement don Aerzten und Krankenwärtern, die im Falle dringender Noth nach den von der Cholera besonders heimgefuchten Gegenden entsandt werden sollen. General-Arzt Mehlhausen, der dirigirende Chefarzt der Chaxité, ist mit der Aufgabe betraut worden, dem Comité geeignete Aerzte namhaft zu machen.

Halle a. S., 5. September. Auf Ersuchen der Cholera— commissien des Hamburger Senats an die medizinischen Facul⸗ täten verschiedener Unipersttäten hat sich eine Anzahl hiesiger jüngerer Aerzte nach Hamburg begeben.

Wernigerode, 3. September. Die hiesige Polizei— verwaltung erläßt heute eine Bekanntmachung, der zufolge aus Anlaß der zunehmenden und näherrückenden Choleragefahr den aus Hamburg und anderen Orten, in denen die Cholera zum Ausbruch gekommen ist, zureisenden Personen der Aufenthalt im Polizei⸗ bezirk der Stadt Wernigerode untersagt und der hiesigen Ein— wohnerschaft verboten wird, solche Personen bei sich aufzunehmen und ihnen Obdach zu gewähren. Juwiderhandlungen gegen diefes Gebot werden den Strafbestimmungen des 327 des Strafgefetzbuchs für das Deutsche Reich unterliegen. ö

Bad Na uh sim, 4. September. Laut kreisamtlicher Verfügung dürfen in Bad Nauheim Fremde aus choleraverdächtigen Orten bei Strafe nicht aufgenommen werden.

Augsburg, 3. September. Aus Aerzten und Vertretern der Stadt hat sich eine Gesundheitscommission gebildet. Auf dem Bahn— höofe ist ein Ueberwachungsdienst eingerichtet worden. Mehrere aus Hamburg zugereiste Personen sind fünf Tage hindurch im Krankenhaufe beobachtet worden und gegenwärtig wieder als gesund entlassen. Der Magistrat bewilligte zur Vorbereitung von Maßnahmen gegen die Cholera 10 000 .

Bremen, 4. September. Der Geheime Medizinal-Rath Dr. Koch, der gestern aus Berlin hier eingetroffen ist, hat sich heute Mittag nach Bremerhaven zur Prüfung der dortigen Gesundheits⸗ verhältnisse begeben. Die hiesige Handelskammer hat eine Erklärung erlassen, worin unter Hinweis auf die vollständige Beschränkung der Cholera auf von auswärts zugereiste Personen und die äußerft ge— ringe Verbreitung der Krankheit (überhaupt im ganzen drei ver— dächtige Todesfälle, von denen bei einem die asiatische Cholera nicht nachgewiesen ist) die Stadt Bremen sowie die Häfen der unteren Weser als an sich völlig seuchenfrei, auch die Aussichten auf ein dauerndes Befreitbleiben von der Seuche bei den vorzüglichen sani— tären Verhältnissen Bremens als sehr günstig bezeichnet werden. Die Erklärung schließt mit der Bitte an alle Betheiligten, sich nicht durch übertriebene Berichte fremder Zeitungen beunruhigen und zu einem Abbruch der geschäftlichen Beziehungen mit Bremen bewegen zu laffen.

Wien, 4. September. Durch eine heute veröffentlichte Ministerial⸗ verordnung wird die Ein- und Durchfuhr von Hadern, alten Kleidern, altem Tauwerk, benutzter Leibwäsche, be⸗ nutztem Bettzeuge, frischem Obst und Gemüse, sowie von nicht in Blechbuͤchsen verschlossenen conservirten Fischen und rohen thierischen Pao due ten aus Deutschkand dberboten. Der Kaiser berief gestern Nachmittag den Bürgerineister Dr. Prir zur Berichterstattung über die gegen die Choleragefahr getroffenen Maßnahmen. Der Bürgermelster theilte dem Kaiser in ausführ— licher Weise mit, was bisher von der Gemeindevertretung und den städtischen Aemtern in dieser Richtung theils durch geführt, theils verfügt worden ist, sowohl in Bezug auf die Reinlichkeitspolizei, als auch rücksichtlich jener Anordnungen, die für den Fall des Ausbruchs der Cholera für den ärztlichen Dlenft, die Krankenpflege und den Krankentransport getroffen werden müssen. Leider war der Bürgermeister bei diefer Berichterstattung ge nöthigt. mitzutheilen, daß eine durchgreifende Spülung der Kanäle nicht möglich sei, da wegen des Mangels einer Nutzwasserleitung das erforderliche Wasser hierzu fehle; man müsse sich daher auf eine möglichst gründliche Räumung der Kanäle beschränken. Dr. Prix berichtete Seiner Majestät ferner, daß der Gemeinderath von Wien sich bereit erklärt habe, alle Auslagen, die zur Beseitigung der drohen— den Gefahr nöthig sein werden, 9 weiteres zu bewilligen, und daß der Gemeinderath in Anerkennung der Nothwendigkeit, jede Ver— zögerung zu vermeiden, den Bürgermeister mit den umfassendsten Vollmachten ausgestattet habe. Schließlich versicherte Dr. Prir, daß von der Gemeinde alles geschehen werde, was überhaupt verlangt und geleistet werden könne. Der Kaiser nahm den Bericht des Bürger— meisters mit Befriedigung entgegen und ersuchte ihn, dieser das Wohl der Bevölkerung so tief berührenden Angelegenheit seine ganze Obsorge und Thatkraft zu widmen.

Pest, 4. September. Die aus den deutschen und belgischen Nordseehäfen kommenden Schiffe werden in den ungarischen Häfen einer siebentägigen Beobachtung unterworfen.

Madrid, 4. September. uch einer Königlichen Verordnung werden alle Herkünfte aus Riga sowie den übrigen Häfen Livlands und des finnischen Meerbusens einer Quarantäne unter— zogen.

Athen, 3. September. Für Provenienzen aus Havre ist eine elftägige Quarantäne angeordnet.

Die Generalversammlung des Vereins für Social— politit, welche am 29. und 30. September in Posen stattfinden sollte, ist wie uns der Vorsitzende des Ausschusses Professor Dr. G. Schmoller mittheilt, wegen der Cholera auf nächstes Fruͤh—⸗ jahr verschoben worden. Wegen Gefahr der Cholera⸗Einschleppung ist die ö der ür Breslau Ende September geplanten Obst- und Gartenbau— Aus stellung und des Pom ologen-Congresses von der Regierung untersagt.

Aus dem gleichen Grunde wurde der Beginn der Michaelis⸗ messe in Leipzig auf den 3. Oktober mit einer Dauer von nur 14 Tagen festgesetzt. ö .

Die in Köln für den 12 bis 14. d. M. beabsichtigte Haupt⸗ versammlung der deutschen Gewerbevereine ist abgesagt worden.

Dester reich⸗ Ungarn.

Die Königlich ungarische Regierung hat infolge Auftretens der Cholera in Hamburg angeordnet, daß nicht nur die alls Rußland, sondern auch die aus Deutschland, ferner aus Galizien und der Bukowina sowie die an den Grenzen des Landes, und zwar von den vier Einfallstationen Csacza, Orlo, Luxkov, Volocz kommenden Reisenden ärztlich untersucht und an ihrem Niederlassungsorte einer fünftägigen Beobachtung unterzogen werden. Gleichzeitig ist die Einfuhr ge⸗ brauchter Wäsche, Kleider, Lebensmittel und anderer zur Einschleppung der Cholera geeigneten Waaren aus Hamburg und Altona verboten worden. . 6

Die Kaiserlich Königliche Seebehörde zu Triest hat für Pro⸗ venienzen aus Häfen der französischen Nordküste von der belgischen Grenze bis einschließlich Cherbourg eine siebentägige Quarantäne an⸗ geordnet.

Italien.

Durch Verordnung der Königlich italienischen Regierung vom 26. August 1892 sind gegen Provenienzen aus den französischen Häfen des Atlantischen Meeres, aus den belgischen, holländischen und de schen Häfen der Nordfee seinschließlich Samburg) fanitätspolizelliche Maßregeln angeordnet worden. Die aus den deutschen Nordfeehäfen kommenden Schiffe unterliegen in Italien einer sanitätspolizeilichen Untersuchung und, falls während der Ueberfahrt Cholerafälle vorge⸗ kommen sind, einer Beobachtungs⸗Quarantäne auf den Inseln Asinara oder Popeglia, deren Dauer von Fall zu Fall bestimm wird.

Spanien.

Zufolge einer in der ‚„Gaceta de Madrid“ vom 27. August 1892 veröffentlichten Verordnung des Königlich spanischen Ministers des Innern sind gegen Provenienzen von Altona und. Jon Havre Quarantänemaßregeln angeordnet worden.

Zufolge einer in der ‚Gaceta de Madrid“ vom 30. August 1892 veröffentlichten Verordnung der Königlich spanischen Regierung sind gegen Provenienzen aus Bremen Quarantänemaßregeln angeordnet worden. ;

Portugal.

Durch eine im „Diario do Governo“ vom 26. August 1892 ver— öffentlichte Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern ist der Hafen von Altona für von Cholera verseucht erklärt worden. Gleichzeitig ist die Einfuhr von Postpacketen und Waaren— proben, deren Beförderung über Hamburg und Antwerpen stattgefunden hat, verboten worden.

Durch eine im „Diario do Governo“ vom 22. August 1892 ver⸗ öffentlichte Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern ist der Hafen von Parä seit dem J. Juli d. J. für rein vom Gelbfieber erklärt worden.

Niederlande.

Zufolge einer im ederlandsche Staats-Gourant“ veröffent—m lichten Verfügung des Königlich niederländischen Ministers des Innern vom 27. August 1892 sind alle deutschen Häfen, welche an der Nord⸗ see oder an in letztere mündenden Wasserläufen gelegen sind, für von der asiatischen Cholera verseucht erklärt worden.

Griechenland.

Das Königlich griechische Departement des Innern hat statt der bisherigen elftägigen Quarantäne für alle Dampf⸗ und Segelschiffe, welche aus den jzwischen Beirut und Jaffa gelegenen Häfen kommen, eine solche von fünf Tagen, und zwar vom 6. August 1892 ab, ange⸗ ordnet. Diese Quarantäne kann in jedem griechischen Hafen, in dem sich ein Gesundheitsamt befindet, abgehalten werden.

Schweden.

Die Königlich schwedische Regierung hat sämmtliche deutschen Häfen für choleraverdächtig erklärt. Schiffe, die von dort kommen, werden einer Beobachtungsquarantäne von 48 Stunden unterworfen.

Dänemark.

Durch Bekanntmachung des, Königlich dänischen Justiz— Ministeriums vom 25. August 1892 ist angeordnet worden, daß die Ueberschreitung der dänischen Landesgrenze, soweit diese mittels Eisenbahn geschieht, bis auf weiteres nur über Vamdrup zu er— folgen hat.

Gleichzeitig sind die gesetzlichen Bestimmungen über die gesund— heitspolizeiliche Untersuchung gegenüber denjenigen Schiffen in Kraft gesetzt worden, welche aus belgischen Häfen kommen oder mit von dort kommenden Schiffen auf der Reise verkehrt haben.

Brasilien.

Die brasilianische Regierung hat den Hafen von Hamburg als von der Cholera verseucht und alle übrigen deutschen Häfen, welche an den Küsten der Nord- und Ostsee, sowie an in letztere mündenden Wasserläufen gelegen sind, als derselben Krankheit verdächtig erklärt. Gleichzeitig ist angeordnet worden, daß die aus den erwähnten Häfen ankommenden Schiffe sich bei ihrer Ankunft in Brasilien nach dem Quarantäne⸗Lazareth auf Ilha Grande begeben müssen.

Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus.

Die zweite Rolle des Herrn Adolf Klein am Sonnabend war die des Nathan. Der Künstler gab sie schlicht und einfach, ohne jede gesuchte Künstelei; wirksam war namentlich die Erzählung von den drei Ringen, wobei die ruhige, vornehme Haltung dem Sultan gegenüber angenehm berührte. Auch in seinem Verhältniß zur Recha und zum Tempelherrn traf dieser Nathan durchweg den richtigen Ton. Die Aufführung war auch im ganzen eine in jeder Beziehung hervorragende. Herr Matkowsky (Tempelherr) kehrte in des Dichters Sinn den stolz⸗bescheidenen, trotzigen Jüngling mit dem ihm eigenen lebendigen Temperament hervor, leidenschaftlich und voll Leben war der Saladin des Herrn Ludwig; nicht minder hatten an dem, künstlerischen Erfolge die Damen Frau von Hochenburger (Recha) und Frau Schramm (Dajah) ihren vollgemessenen Antheil.

Berliner Theater. ;

Die Aufführung des alten Lustspiels „Krieg im Frieden“ von G. von Moser und Franz von Schönthan wurde am Sonn abend mit großem Beifall begrüßt. Ein frischer, fröhlicher Humor spricht aus Wort und Handlung; während des ganzen Abends herrschte die gute Laune auf der Bühne und im Hause, und die tolle Lustigkeit der Vorgänge reißt die Zuschauer zu heiterem Lachen e d hin. Freilich, der stärkste Trieb der neuesten Jünger der dramatischen Literatur, alles möglichst natürlich zu begründen und darzustellen, sei es noch so langweilig oder wider⸗ wärtig, bleibt in diesem alten schwankartigen Lustspiel noch völlig unbeachtet. Man muß manche Motive ungefragt als selbstverständlich hinnehmen; aber die Wirkungen der nicht immer felsenfest begründeten Ursachen sind zumeist unwiderstehlich komisch, und das herzliche Lachen siegt über alle Bedenken des Verstandes. Die Darsteller hielten sich alle vortrefflich. Frau Sorma als Ilka Etvös sprühte von jugendlichem Maͤdchenübermuth und trotzte der Lehre von der pedantischen Schüchternheit in der berückendsten Weise. Die Verschmelzung von eigenwilliger Launenhaftigkeit und mädchen⸗ haftem Zartgefühl giebt sie stets in künstlerischer. Vollendung. Fräulein Poenig spielte die Agnes zufriedenstellend und Fräulein Braga gab eine kleine Naive, Elsa Henkel, recht frisch. Der ritterliche Ulanen-Lieutenant Kurt von Folgen fand in Herrn Stahl einen eleganten und geschmackvollen Vertreter, und Herr Schindler er⸗ freute durch die Wiedergabe des schüchternen verliebten Apothekers. Als Reif⸗Reiflingen trat Herr Formes auf; er versuchte der Rolle starke humoristische Lichter aufzusetzen, die aber wegen der hervor— tretenden Absichtlichkeit nicht immer die gewünschte heitere Wirkung hervorbrachten. ch dessing - Theater,

Am Sonnabend gelangte Oscar Blumenthal's Schauspiel „Ein Tropfen Gift“ an der vom Verfasser geleiteten Kunststätte zur ersten Aufführung und bewährte auch hier die dramatische Kraft, die es bei seinem ersten Erscheinen im Deutschen Theater gezeigt hatte. Die Hauptrollen befanden sich in den Händen des Fräulein Reisenhofer und des Herrn Pansa. Fräulein Reisenhofer gab die Rolle der Hertha mit außerordentlicher Feinfühligkeit, wenn fie auch ihrer größeren Vorgängerin, Frau Niemann⸗Raabe, nik in