1892 / 242 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Oct 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt vom 12. bis 13. Oktober, Mittags, gemel dete Cholera-Erkrankungs⸗ und Todesfälle:

28 .

gestorben

Staat und Bezirk.

erkrankt 0 erkrankt gestorben erkrankt gestorben S

2

Hamburg. Hamburg.

Preußen.

Schleswig. Altona.

Vereinzelte Erkrankungen: Regierungsbezirk Schleswig: in der Stadt Rends⸗ burg 1 Erkrankung. . Regierungsbezirk Potsdam: in der Stadt Ebers— walde 1 tödtlich verlaufende Erkrankung.

Sachsen.

Dresden, 12. Oktober. Seine Majestät der König empfing heute Nachmittag um 4 Uhr, umgeben von Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzen Georg, Johann Georg und Max und gefolgt von dem großen Dienste, im Ballsaale des Königlichen Residenzschlosses die deutschen und die österreichischen Theilnehmer an dem Distanz— ritt. Der preußische Gesandte Graf Dönhoff, der österreichischungarische Gesandte Graf Chotek und der baye⸗ rische Gesandte Freiherr von Niethammer stellten ihre Lands— leute dem Könige vor. Um Ke Uhr fand in zwei Parade— sälen eine Galatafel zu 20 Gedecken statt, der der König, die Königlichen Prinzen, der Minister des Auswärtigen von Metzsch, die erwähnten drei Gesandten sowie die Königlich sächsischen General-Lieutenants von Kirchbach und von Reyher bei— wohnten. Die Galatafel war mit prachtvollem Gold und Silber sowie mit Altmeißener Porzellangeschirr besetzt und mit herrlichem Blumenschmuck ausgestattet. Der König saß zwischen dem Herzog Ernst Günther und dem Prinzen Georg; Seiner Majestät gegenüber waren der Kriegs⸗Minister v. d. Planitz und die beiden Sieger im Distanzritt, Rittmeister

reiherr von Reitzenstein und Ober-Lieutenant Graf von Starhemberg, placirt. Im Verlaufe des Mahles brachte der König, wie „W. T. B.“ meldet, folgenden Trinkspruch aus:

Ich fordere Sie auf, dieses Glas zu leeren auf das Wohl zweier Monarchen, selbst erhabener Vorbilder eines schneidigen Reiter— geistes, welcher durch Sie, meine Herren, so vorzügliche Früchte ge— zeitigt hat. Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich und Seine Majestät der Deutsche Kaiser, Sie leben hoch!“

Nach der Tafel fand Cercle statt. Um 7, Uhr begab sich der König nach dem Offiziercasino des Garde⸗-Reiker— Regiments, wo mit den Distanzreitern ein kameradschaftliches Beisammensein stattfand.

Württemberg.

Stuttgart, 12. Oktober. Das heute ausgegebene Bulletin über das Befinden Ihrer Majestät der Königin— Wittwe hat nach dem „StA. f. W.“ folgenden Wortlaut:

Schloß Friedrichshafen, 12. Oktober, Vormittags 9 Uhr. Ihre Majestät hatte wieder eine sehr unruhige Nacht; im Halb— schlummer treten leichte Delirien auf mit aussetzendem Athem. Im Wachen ist das Bewußtsein ungetrübt. Von Seiten der Athmungs— organe linkerseits keine wesentliche Aenderung, rechts Zunahme der katarrhalischen Erscheinungen. Temperatur nicht erhöht, Puls 126, klein, regelmäßig, Athmungsfrequenz 28. Aeußerste Schwäche.

Dr. Stiegele.

Hessen.

Darmstadt, 12. Oktober. Seine Königliche Hoheit der Großherzog wird, naͤch der „Darmst. 3ig.“, mit Ihrer Großherzoglichen Hoheit der Prinzessin iir morgen von London abreisen und Freitag hier eintreffen.

Mecklenburg⸗Schwerin.

Schwerin, 12. Oktober. Wie beim Ableben Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs Friedrich Franz Jr., so ist, wie die „Meckl. Nachr.“ erfahren, auch jetzt eine Me⸗ daille zur Erinnerung an Ihre Königliche Hoheit die Groß— herzogin-Mutter zur Vertheilung gelangt. Die Vorder— seite schmückt das Bildniß Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin⸗Mutter, die Rückseite ein stehendes Kreuz, um— geben von den Daten des Geburtstags und des Sterbetags der in Gott ruhenden Fürstin.

Der Landtag ist auf den 18. November nach Malchin einberufen worden.

Sachsen⸗Meiningen.

Meiningen, 11. Oktober. Ihre Durchlaucht die Prinzessin Friedrich von Sachsen⸗ Meiningen, Herzogin zu Sachsen, ist heute Vormittag 9 Uhr 50 Minuten zu Cassel von einem Prinzen glücklich entbunden worden.

Renß ä. L.

. Greiz, 13. Oktober. Seine Durchlaucht der Fürsst hat sich gestern Nachmittag zu längerem Jagdaufenthalt nach Schloß Burgk in der gleichnamigen Oberherrschaft begeben. In den nächsten Tagen werden die zur Theilnahme an den Hofjagden eingeladenen Jagdgäste, Cavaliere und Beamten dorthin nachfolgen.

Reuß j. L.

Gera, 12. Oktober. Der Landtag des Fürstenthums ist auf den 28. d. M. einberufen worden.

; Samburg.

Hamburg, 13. Oktober. In der gestrigen Sitzung der Bürgerschaft fand folgender Antrag des hr. Gieschen genügende Unterstützung und gelangt auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung:

-Die Bürgerschaft beschließt und ersucht den Senat um seinẽ K : ö

.Es wird eine gemischte Commission, bestehend aus drei Mit gliedern des Senats und sechs Mitgliedern der Bürgerschaft, nieder⸗ gesetzt mit dem Auftrage, zu prüfen, welche Abänderung unferer Ver⸗ fassung und welche Aenderungen unserer Verwaltung nothwendig sind, damit das Wohl und die Interessen des hamburgischen Staats und seiner Bewohner besser als disher gewahrt und geschützt werden.

Die Commission hat spätestens nach Ablauf von drei Monaten dem Senat und der Br 43 über ihre Berathungen und eventuell über das Resultat derselben Bericht zu erstatten.“

Oe sterreich⸗ Ungarn.

Der Heeresausschuß der 3 Delegation bewilligte gestern, wie das „K. K. Telegr. Corresp. Bur.“ berichtet, nach Entgegennahme ausführlicher Äufklärungen seitens des Reichs⸗Kriegs⸗Ministers Freiherrn von Bauer im Princip die beantragte Erhöhung des Präsenzstandes. Freiherr von Bauer hatte unter anderem erklärt, Oesterreich⸗Ungarn stehe auch nach der bewilligten Erhöhung des Präsenzstandes den anderen Mächten nach. Die Erhöhung könne ohne die geringste Erhöhung des Recrutencontingents plaͤtzgreifen, das die Kriegs⸗ tüchtigkeit eines großen Heeres bedingende Minimum der Cadres sei noch nicht erreicht. Auf eine Anfrage des Delegirten Pulszky wegen der in mehreren Blättern verbreiteten Gerüchte über Unbrauchbarkeit des neu eingeführten rauch⸗ schwachen Pulvers entgegnete der Reichs-Kriegs— Minister, daß er die bezüglichen Voraussetzungen als lückenhaft und die daraus gezogenen Folgerungen als gänzlich unbegründet bezeichnen müsse. Das rauch— schwache Pulver habe im Gegentheil die Probe auf seine Güte bestanden und verdiene, wie auch die in Konstantinopel angestellten Versuche erwiesen hätten, unter den Pulverarten hervorragend geschätzt zu werden. Durch thatkräftiges Vor— gehen des Kriegs-Ministeriums seien die Mängel, die sich anfangs bei dem Pulver noch gezeigt hätten, behoben worden. Erneute Versuche, in Konstantinopel hätten denn auch gezeigt, daß das in Oesterreich-Ungarn hergestellte Präparat in keiner Richtung einem anderen nachstehe. Die Angriffe auf das rauchschwache Pulver seien mithin durchaus un egründet und der Wahrheit nicht entsprechend. Wahrscheinlich habe sie ein gewisser Antagonismus gegen die Einrichtungen der Heeresverwaltung ins Leben gerufen. Auf die vom Delegirten Ugron ausgesprochenen Besorgnisse hinsichtlich der eventuellen chemischen Veränderung der Bestandtheile des rauchschwachen Pulvers bemerkte der Minister ferner, alle durch die Chemie dargebotenen Mittel zur Prüfung des Pulvers auf die Veränderlichkeit seiner Bestandtheile hin seien angeordnet worden. Das Ergebniß verbürge mit Sicherheit, daß die geäußerten Besorgnisse nicht stichhaltig scien. Die Erklärungen des Ministers wurden vom Ausschuß zur Kenntniß genommen.

Großbritannien nnd Irland. In der am Montag abgehaltenen Convention der Par—

nelliten (siehe Nr. 210 des „R- u. St.-A.) sind nach der „A. C.“ folgende Beschlüsse gefaßt worden:

Erstens: Daß teine Beilegung der nationalen Frage als be— friedigend zu erachten sei, die nicht die Errichtung eines von dem irischen Volke erwählten Parlaments enthalte, dem die Gewalt über alle irischen Angelegenheiten einschließlich der Gefetze über Grund— eigenthum gegeben werden muß. Die von diesem Parkament erlassenen Gesetze seien nur dem Veto der Krone oder deren Stellvertreter in Irland zu unterwerfen. Die irische Executive solle nur von diesem Parlament abhängig sein und die Controle über die Polizei, als auch das Ernennungsrecht aller Richter und Magistrate besitzen. Zweitens:; Daß keins Versöhnungspolitik Irland gegenüber als zufriedenstellend anzusehen sei, welche nicht eine vollständige Amnestie für diejenigen einschließe, deren Wunsch, ihrem Vaterlande ehrenhaft zu dienen, Ursache ihrer Gefangenschaft gewesen war.

Frankreich.

In unterrichteten Kreisen verlautet dem „W. T. B.“ zu⸗ folge, die Regierung werde bei der Einbringung des fran— zösisch⸗schweizerischen Handelsübereinkommens ihre Bereitwilligkeit kundgeben, mit der Zollcommission der Kammer betreffs der beantragten Ermäßigungen in Berathungen ein— zutreten.

Ueber die voraussichtliche Thätigkeit der Deputirten— kammer nach ihrem Zusammentreten wird der „Fr. Ztg.“ geschrieben, es erscheine unmöglich, daß der Berichterstatter der Budgetcommission Poincaré in der Lage sein werde, gleich bei Beginn der Session den allgemeinen Bericht über das Budget zu erstatten. Dementsprechend gedenke die Budgetcommission, die Kammer aufzufordern, ihre Be— rathungen mit der Prüfung des Entwurfs zur Reform der Getränkesteuer einzuleiten, die, obwohl sie dem Budget von 1893 einverleibt sei, doch nach der Ansicht der Commission keinerlei Rückwirkung auf dasselbe habe. Ander— seits wird gemeldet, daß Lon Samy, der Präsident der Com— mission für die Bank von Frankreich, diese Commission für den 19. . M. zusammenberufen werde, um über die Mittel zu berathen, durch welche die Kammer veranlaßt werden könne, die unterbrochene Discussion über die Erneuerung des Bank— privilegiums sofort wieder aufzunehmen. Auch handele es sich, nachdem Burdeau Marine⸗-Minister geworden sei, um die Neuwahl eines Berichterstatters über die Erneuerung des Privilegiums. Die Discussion über den Handels vertrag mit der Schweiz werde nicht sofort vor die Kammer kommen können. Der Entwurf, der die Grundlagen der Convention enthalte, könne von der Regierung erst beim Wiederzusammentritt eingebracht werden. Dieser Entwurf werde an eine Commission verwiesen werden, wo er zweifellos den Gegenstand einer lebhaften Debatte bilden werde. Endlich werde die Abfassung des Berichts eine gewisse Frist erfordern, sodaß die Discussion im Plenum frühestens im Laufe des November werde beginnen Fönnen. Die ersten Tage der Session würden mit Interpellationen ausgefüllt werden, vor allen mit der Interpellation über die Vorgänge von Carmaux.

Als französische Delegirte zu der internationalen Münzconferenz in Brüssel sind der frühere Minister Tirard, der Director der Münzverwaltung Lironclairrolles und der Director im Finanz-Ministerium Feville ausersehen.

Gestern war in Paris das Gerücht verbreitet, der Oberst Dodds sei vor Poguessa getsdtet oder ver— wundet worden. Der Marine-Minister hält das Gerücht für völlig unbegründet.

Die von dem „Courier du Soir“ verbreiteten beun— ruhigenden Nachrichten über das Befinden des Marschalls Mac Mahon ssiehe die gestrige Nummer d. Bl.) werden von unterrichteter Seite als unbegründet bezeichnet.

Rußland und Polen. Der Kaiser und der Großfürst Thronfolger haben sich, wie der „Pol. Corresp. geschrieben wird, vorgestern von Skierniewice nach Czenstoch au begeben, um dort der Ent—

hüllung eines Den kmals für Kaiser Alexander I. beizuwohnen. Gestern nahm der Kaiser an einer Jagd bei Lipezk, 17 Werst von Skierniewice, theil, von der er Abends wohlbehalten nach Skiernewice zurückkehrte. Die Rückkehr des Kaisers und der Kaiserin nach St. Petersburg ist, wieW. T. B.“ meldet, auf den 14. d. M. festgesetzt Der Minister des Innern Durnowo, der Verkehrs⸗Minister Kriwoschein und der General Rehbinder, Gehilfe des Com- mandirenden der Gardetruppen und des St. Petersburger Misitär⸗= bezirks Großfürsten Wladimir, würden Allerhöchstdenselben entgegenreisen. ;

Dem „Russkij Invalid“ zufolge ist der Chef des Stabes der 25. Infanterie⸗Division, Oberst Bertels zum Comman- deur des Wiborg schen Infanterie-Regiments, dessen Inhaber Seine Majestät der Kaiser Wilhelm ist, ernannt worden.

Eine in den letzten Tagen in St. Petersburg einge⸗ troffene Mittheilung der amtlichen „Turke st a nsk ij a Wjedomosti“ bringt über die bekannten Vorgänge im Pamirgebiet und über den Zusammenstoß der Truppen des Obersten Janow mit den afghanischen Vorposten folgende Mittheilung: Der Conflict habe am 24. Juli am Alitschur stattgefunden. Der afghanische Capitän habe die Gegend nicht räumen wollen, die Janow auf Grundlage der anglo⸗russischen Vereinbarung vom Jahre 1872 für Rußland in Änspruch ge⸗ nommen habe. Der Streit sei in Folge der Haltung der Afghanen in ein Handgemenge ausgearket. Oberst Janow habe den Kosaken befohlen, die Afghanen zu entwaffnen. Diese hätten mit einer Gewehrsalve geantwortet und einen Kosaken verwundet. Vierzehn Afghanen und der Capitän seien getödtet worden; auf der Kampfstätte seien zehn englische Gewehre nebst Patronen zurückgeblieben. Das amtliche Blatt bezweifelt, daß der Emir von Afghanistan sich an die ostindische Regierung um Hilfe gewendet habe. Sollte dies aber wahr sein, so werde diese ihn zweifellos über die anglo⸗ russische Vereinbarung vom Jahre 1872 belehren, der zufolge Alitschur⸗Pamir zweifellos russisches Territorium sei. Was China betreffe, so werde die bald beendete Grenzregulirung allen Mißverständnissen zwischen Rußland und China ein' Ende machen.

Italien.

Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich ist mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Margarethe gestern Abend 5 Uhr incognito in Mailand eingetroffen und im Hotel Cavour abgestiegen.

Das an lc Blatt hat gestern Abend das vom 10. d. datirte Königliche Decret, wedurch die Auflösung der gegenwärtigen Deputirtenkammer ausgesprochen wird, veröffentlicht. Die allgemeinen Wahlen sind, wie bereits ge⸗ meldet, auf den 6. November, die Stichwahlen auf den 13. November felge ez. Das neue Parlament wird für den 253. November cr. einberufen.

Die „Agenzia Stefani“ veröffentlicht den Wortlaut des Berichts des Ministerraths an den König, worin das Programm des Cabinets dargelegt wird. Der Bericht beginnt wie folgt:

In diesem historischen Augenblick behaupten den ersten Rang die ökonomischen Fragen, deren Losung zur erfolgreichen Behandlung der noch schwierigeren socialen Probleme den Weg bahnt. Die finan— ziellen und ökonomischen Schwierigkeiten sind unübersteigliche Hinder⸗ nisse, welche sich dem Wohlsein der unteren Volksklaffen entgegenstellen. Zur Behebung derselben bedarf es der Segnungen langer Jahre des Friedens, auf welchen Italien glücklicherweife rechnen kann, und zu dessen Erhaltung es beigetragen hat und stets beitragen wird durch seine Bündnisffe und durch sein beständiges Bemühen, das gute Einvernehmen zwischen den Mächten herzustellen und Mißtrauen zu zerstreuen. Italien muß aber auch der Ruhe im Innern genießen, welche die Regierung durch eine Politik aufrecht zu erhalten gedenkt, die, indem sie alle Freiheiten aufmerksam und eifrig hütet und energisch über die Sicherheit der Bürger wacht, dennoch alle Conflicte vermeidet.

Es heißt dann weiter:

Die bis jetzt festgestellten finanziellen Resultate zeigen im Budgetjahre 1891.92 einen Fehlbetrag von 39,6 Millionen zwischen den Einnahmen, und den effectiven Ausgaben. In diesem Deficit sind 49,9 Millionen inbegriffen, welche sich als Ausfall bei dem Abschnitt „‚Kapitalbewegüng“ ergaben. Hierzu kommen noch 3,6 Millionen Pensionen, die aus dem Restbetrage der aufgelösten Pensionskasse bezahlt wurden, sodann 823 Mil— lionen Ausgaben für Eisenbahnen, für welche durch eine ent— sprechenden Renten-Emission vorgesorgt wurde. Kurz, es wurden o55 Millionen neue Schulden gemacht, resp. vorhandene Bestände aufgebraucht, während das Deficit aus dem Finanzgefetze dem Staats— schatz neue, nicht geringe Lasten auferlegte. Nichtdestoweniger muß anerkannt werden, daß sich die finanzielle Situation in der letzten Budgetveriode merklich gebessert hat. Ueberhaupt hat sich in der dreijährigen Periode 1889 bis 1892 eine finanzielle Besferung gezeigt.

Auch im gegenwartigen Zeitpunkte liegen Anzeichen einer besseren wirthschaftlichen Entwickelung vor, und die Ergebnisse der ersten drei Monate der laufenden Budgetperiode lassen? eine Ver⸗ mehrung des Ertrages einiger Einnahmequellen erhoffen. Nichts⸗ destoweniger hat die Regierung, um Enttäuschungen zu vermeiden, diese günstigeren Umstände nicht berücksichtigt, sondern die gemachten Ersparungen strenge aufrecht erhalten und neue zu machen gesucht, um die unabweislichen Lasten vollständig tragen zu können. Von diesen Grundsätzen gehen die Vorlagen aus, welche die Regierung dem neuen Parlament zu unterbreiten gedenkt.

Was das Budget für 1893,93 angehe, so stelle dieses sämmtliche bereits vorgeschlagenen Ersparungen sicher, enthalte weitere Ersparungen und biete eine Buͤrgschaft gegen jede Enttäuschung über die dem Staatsschatz unweigerlich aufzulegenden Lasten. Die effectiven ordentlichen und außerordentlichen Ausgaben für Hegreszwecke seien auf 246 Millionen jährlich Fest= Lebt, Das gegenwärtige Kriegsbudget betrage 241 300 000 Lire. Die Regierung werde fur außerordentliche Ausgaben im Kriegẽ— budget 4500 060 Lire fordern. Hervorzuheben fei, daß das ordent⸗ liche und, außerordentliche Kriegsbudget im Jahre 1888 / S] 405 3090 000, im Jahre 1891/92 260 009 066 betragen habe, während das Marinehudget sich im Jahre 1888,89 auf 157 806 000, im Jahre 1891592 auf. Io 400 506 gestellt habe. Daraus sel er— sichtlich, daß die Ausgaben für mstfitärische Zwecke bereits um beträchtliche Summen vermindert worden feien. Indem gegenwärtig ein Betrag von 246 009 090 in das Budget eingestellt werde, glaube die Regierung die Erfordernisse der nafionalen Vertheidigung mit der finanziellen Lage des Landes in Einklang zu bringen. Die Landesvertheidigung sei übrigens nicht nur durch Maßnahmen, welche Ausgaben im Gefolge hätten, gehoben worden, vielmehr werde die Regierung die Verstärkung derfelben anstreben durch Verbesserung des Aushebungsfystems, der Avancements— berhältnisse, der Visciplin und insbefondere durch Gewöhnung der Bürger an den Gebrauch der Waffen und die An trengungen des Heeresdienstes von frühester Jugend an. Der Fehlbetrag für 1892393, die Bewegung der Kapitalien mit inbegriffen, wird in dem Bericht auf 37700 093 cet, derjenige für 1893.94 wegen des Anwachsens der Lasten des Schatzes infolgeè der Anwendung der neuen Gesetze und infolge der unabweislichen Ausgaben auf 56 So 660. Die

Tas laufende Budget und die Budgets der

nothwendigen Lasten würden im Jahre 1894/95 um 7 409 900, im Jahre 18395 36 um 6 600 90g steigen, dagegen im Jahre 1896 / 9 sich um 10 200 000 niedriger stellen. In den Budgets der nächsten Jahre wärden die Ausgaben infolge der Tilgung der langfristigen Schatz. sceine noch stelgen, alsdann aber allmäblich abnehmen, In fünf Jahren werde der Schatz, wie die Regierung es beabsichtige, be⸗ siimmt zur Consolidirung der bezeichneten Schatzscheine schreiten können. Die Consolidirung werde den Schatz vom Jahre 15957598 ab entlasten. Daher bestehe eine um so größere Nothwendigkeit, f rel nächsten Jahre ins Gleichgewicht zu bringen, um die finanzielle Frage einer günstigen unf entgegenzuführen. Das Cabinet gedenke das Gleichgewicht jetzt bereits herzustellen ohne Einführung neuer und ohne Erhöhung der bestehenden Steuern. Hierbei bringe die Re— gierung die Wirkungen der organischen Reformen nicht in Anschlag, welche in Vorschlag gebracht werden sollen, deren Erfolg aber nicht sogleich eintreten könne.

Die Maßregeln, welche der Ministerrath vorschlagen werde, seien die folgenden: Eine neue Vertheilung der außer— ordentlichen Ausgaben für Wasser⸗ und Wegebauten, sowie Maßregeln, betreffend die bis zum 30. Juni nächsten Jahres eingeschriebenen Pensionen in Höhe von 73 Millionen, indem mit dem bezüg⸗ lichen Dienste die staat liche Depositenkaßfe beauftragt werden soll, die diese Zahlungen zu leisten hat in dreitzig fest— stehenden gleich hohen Annuitäten von je 3,8 Millionen; kur; gesagt, man werde die in 58 Jahren zu tilgende Schuld in eine solche umwandeln, die durch 30 feststehende Annuitäten zu tilgen ist. Da jedoch jene Kasse, unabhängig von dieser Operation, mehrere Jahre hindurch ihre Fonds zu Darlehen an die Gemeinden, Provinzen und Syndikate würde beibehalten müssen, so habe die Regierung die Ge⸗ legenheit für gekommen erachtet, ein wiederholt gegebenes Verfprechen zu erfüllen, nämlich Credite für die Gemeinden und Provinzen durch ein Institut zu schaffen, wie es deren im Auslande in Menge gebe. Für Beamte, welche nach Erlaß des betreffenden Gesetzes in den Staatsdienst treten, werde eine von der staatlichen Devositenkasse verwaltete Versorgungskaffe gegründet werden. Der staatliche Beitrag hierzu werde ein nicht bedeutender sein und nach vielen Jahren die Höhe von 15 Millionen jährlich nicht äber— schreiten. In dieser Weise würden die Pensionen für die gegenwärtig im Staatsdienst befindlichen Beamten eingeschränkt und die daraus dem Staat erwachsenden Lasten herabgemindert werden. Endlich könnten die Ausgaben um 14 weitere Millionen vermindert werden.

Dank diesen Maßnahmen werde das Budget für 1892/983 mit einem Ueberschuß von 6 Millionen und das jenige für 1893/94 im Gleichgewicht abschlie ßen. Die Regierung und das Parlament könnten daher die im Interesse der am meisten bedürftigen Bevölkerungsklassen durch⸗ zuführende Steuerreform mit Gründlichkeit prüfen. ÜUm diese Reform vorzubereiten, werde die Regierung vorschlagen, die Einfuhr und den Verkauf mineralischer Leuchtöle dem Staat vorzu— behalten. Ebenso werde die Regierung im Interesse der Volkswirth— Hat mehrere Abänderungen des allgemeinen Zolltarifs in Vorschlag ringen.

In der Frage der Emissionsbanken werde man schrittweise vorgehen Man werde alsbald die Situation der Anlagekapitalien und des Wechselportefeuilles dieser Banken durch Verstärkung der Metallreserven verbessern. Bezüglich der Geldeirkulation beschãftige sich die Regierung mit den aus verschiedenen Theilen des Landes an sie gerichteten Belchwerden. Gegen den Mangel an Scheidemünze in Silber werde man Maßregeln ergreifen, wodurch eine dauernde Cirkulation solcher Münze gesichert werden könne, ohne doch durch künstliche Mittel die Situation zu verschlimmern oder gegen die Ver— einbarungen mit anderen Ländern zu verstoßen. Es wird sodann die demnächstige Münzeonferenz erwähnt. Der Bericht kündigt ferner Gesetzentwürfe, betreffend die Regulirung der Bezirksverwaltungs⸗ Kassen und den Bau von Secundärbahnen, an. Es folgt eine Dar— legung der organischen Reformen, der Reformen in der inneren Ver— waltung und der socialen Reformen.

Das Programm des Cabinets könne daher wie folgt zusammen gefaßt werden: sofortige und sichere Herstellung des Gleichgewichts im Staatsbudget ohne neue Steuern und ohne Er— höhung der bestehenden Steuern, unter Garantieleistung gegen— über den Steuerzahlern. daß auch später keine Steuner— erhöhungen eintreten sollen; unverzügliche Inangriffnahme der organischen Reform der verschiedenen Verwaltungs— zweige, um diese einfacher, billiger und wirksamer zu gestalten; ruhige und entschiedene Vorbereitung der Steuerreform zu Gunsten der unbemittelten Klassen; Inangriffnahme der spruch⸗ reifen und dringendsten socialen Fragen. Der Bericht schließt: Dies ist unser Programm. Es soll uns freuen, wenn man die fem ein anderes Programm entgegenstellt. Das letztere sollte geschehen, und wir vertrauen darauf, daß es geschehen wird. Diejenigen, welche gern still stehen, und die, welche gern vorwärtsschreiten, können nicht denselben Schritt gehen. Die Verschiedenheit der politischen Parteien ist nöthig für ein regelmäßiges Functioniren der constitutionellen Einrichtungen. Die auftauchenden Fragen wechseln, die Namen verlieren ihre Be— deutung, aber die verschiedenen Bestrebungen und der Wille überleben die alten Fragen und Namen.“

Eyvanien.

In. La Rabida wurde gestern in Gegenwart der önigin-Regentin und einer großen Menschenmenge das Columbus⸗Denkmal enthüllt: viele ausländische Kriegs— schiffe waren zu den Festlichkeiten im Hafen erschienen. Die Königin hat dem Herzog von Veragua, einem Nachkommen don Columbus, die große Kette zum Orden vom goldenen Vließ verliehen.

Belgien.

In der Commission der Deputirtenkammer zur Vor— berathung der Verfassungsreyision erklärte, wie der „Irkf. Zig.“ geschrieben wird, der Deputirte Graux, er würde mit dem System der Regierung einverstanden sein, wenn diese in ihrem Entwurf die eine Beschränkung aufnehmen wolle, daß nur diejenigen Hausmiether oder Hausbesitzer Wähler sein sollten, die schreiben und lesen könnten? Diefer Ausweg wurde durch Jan son sehr energisch bekämpft, scheint aber in liberalen wie in klerikalen Kreisen gut aufgenommen worden zu sein und dürfte die Regierung . in diesem Sinne ihren Entwurf ändern. .

Der Kriegs-Minister hat der „Köln. Ztg.“ zufolge angeordnet, daß in Zukunft jeder Hauptmann für den Unter⸗ richt der des Lesens und Schreibens Unkundigen in feiner Compagnie zu sorgen und zu haften habe. Diese Maßregel soll auf die günstigen Erfolge zurückzuführen sein, die ein Oberst in dieser Beziehung in seinem Regiment erlangt hat.

Griechenland.

In Athen fanden, wie ‚W. T. B.“ meldet, gestern Jachmittag abermals Demon strationen der Studen ten satt. Schließlich zerstreute die Polizei die Manifestanten durch Anwendung von Spritzen.

Rumänien.

Der König und der Prinz Ferdinand von Ru⸗ Ränien begaben sich vorgestern Abend in Begleitung, des riegs⸗Ministers von Sinaja nach Fokschani, besichtigten daselbst geftern die Befestigungslinie! wohnten den Schieß⸗ ätungen bei und folgten dann einer Einladung des Kriegs— anisters zu einem militärischen Dejeuner. Abends kehrten der onig und der Thronfolger nach Sinaja zurück.

Serbien.

Aus Belgrad wird der Wiener „Presse“ gemeldet, die amtlichen Nachweisungen hätten ergeben, daß von den 536 901 . serbischen Staatsbürgern 60 810 für das laufende Jahr gar keine Steuer, und 82 465 nur eine geringe Quote der Steüern bisher gezahlt hätten. Der größte Theil der Rückstände entfalle auf Anhänger der radicalen Partei.

Schweden und Norwegen.

(E. Stockholm. 10. Oktober. Die Staatseinnahmen in den ersten neun Monaten dieses Jahres betrugen: Zölle 28 142 876 Kronen gegen 28 568 179 Kronen, Branntwein steuer 725 2590 Kronen gegen 9103807 Kronen, Rübenzucker⸗ steuer 679 II Kronen gegen 615731 Kronen, Staatseisenbahnen Ueberschüsse) 4400 960 Kronen gegen 4760 0 Kronen oder zusammen 42 918127 Kronen gegen 42 987717 Kronen in der gleichen Zeit des Vorjahres.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Die Festlich keiten zur Feier der Entdeckung Amerikas dauern fort. Nachdem vorgestern Abend in Ne w-Hork ein prächtiges Feuerwerk abgebrannt war, defilirten mehrere Tausend Katholiken New⸗ Yorks vor dem Vice-Präsidenten Morton. Daran schloß sich eine von dem katholischen Klub New⸗Yorks veranstaltete Musikaufführung. Einem Concert deutscher Musik— vereine, die sich unter der Bezeichnung „Columbus freier Sängerbund“ zusammengethan hatten, wohnten der vormalige Präsident Cleveland, der Mayor von New⸗ork und viele hervorragende Deutsche bei. Gestern fand eine große militä⸗ rische Kundgebung und die Enthüllung des der? Stadt Rew— Lork von den dortigen italienischen Vereinen gewidmeten Denkmals für Christoph Columbus sstatt. Der Vice-Präsident Morton hielt bei dieser Gelegenheit im Namen des Präsidenten Harrison eine Rede, worin er die Beziehungen zwischen Italien und den Vereinigten Staaten als sehr herzliche bezeichnete. Aehnliche Kundgebungen haben in Chicago, Philadelphia und Balkimore ssatt— gefunden. Ueberall herrschte große Begeisterung.

Argentinien. Wie dem Reuter 'schen Bureau“ aus Buenos Aires gemeldet wird, ist die außerordentliche Session des Congresses gestern eröffnet worden. Der Präsident Saenz Peng leistetéè den Eid auf die Verfassung und versprach in seiner Rede die Herbeiführung von Reformen. Er erklärte ferner, er werde sich bei der Verwaltung seines Amts nicht vom Parteigeist leiten lassen, damit die Einigkeit unter allen Argentiniern aufrecht erhalten bleibe. Gegen Störenfriede aber werde er rücksichtslos vorgehen. Seine Regierung gedenke, der Verwaltung der Finanzen besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und alle möglichen Erspar— nisse zu fordern. Zum Schluß forderte der Präsident alle hervorragenden Staatsbürger auf, ihn bei den Bemühungen um die Wiedererhebung des Landes zu unterstützen. Der che— malige Präsident Pellegrini wurde in dem Augenblick, als er das Präsidentschaftsgebäude verließ, vom Pöbel aus— gepfiffen. In den Straßen fanden einige Aufläufe statt.

Afien.

In China ist es neuerdings wieder zu Ausschrei— tungen gegen Missionare gekommen. Nach einer Depesche der „Times“ aus Shanghai von gestern habe die Bevölke— rung von Kieng⸗Yong in der Provinz Tukien die Häuser der englischen Missionare angegriffen und das Wohnhaus des Reverend Phillips niedergebrannt. Phillips und seine Frau seien durch chinesische Beamte gerettet worden.

Kunft und Wissenschaft.

Die Wiener Universität beging am Dienstag in fest— licher Weise den fündundzwanzigsten Jahrestag der Berufung Bill— rothe s an diese Hochschule. Zu diesem Feste waren nach einem Be— richt der Presse“ erschienen: Vertreter des Unterrichts-Ministers und des Kriegs-Ministers, ferner Land-Marschall Graf Kinski, Statthalterei-⸗Rath Ritter von Karajan, der Präsident der Akademie der Wissenschaft, Geheimer Rath Ritter von Arneth, Deputationen der Gesellschaft der Aerzte, des medizinischen Doctoren— Collegiums, des Rudolfiner Hauses, der Poliklinik. des österreichisch⸗ patriotischen Hilfsvereins, des militärärztlichen Offizier⸗Corps, des Obersten Sanstätsraths, sowie Vertreter der studentischen Vereini— gungen, fast sämmtliche Prefessoren, der Wiener Universität und die ehemaligen Schüler Billroth's. Die Galerie war von Studenten dicht besetzt. Rechts von der Rednerbühne saß die Familie des Jubilars. Um 13 Uhr erschien unter Vorantritt der studentischen Verbindungen, eines Pedells und des akademischen Senats Professor Billroth an der Seite des Professors Albert. Der Rector Professor Ludwig begrüßte die Festversammlung und richtete namens der Universität herzliche Worte an Billroth, dessen Wirken als Lehrer und Förderer der Universität feiernd. Nach Vorstellung der einzelnen Dexputationen ergriff Profe ssor Albert das Wort zu einer längeren Festrede, worin er u. a. die großen und kühnen Operationen hervorhob, die Billroth in Wien in die Praxis eingeführt die Resection des Oesophagus, die Exstirpation des Kehlkopfes, die Magenresection die in Verbin⸗ dung mit der Lister'schen Methode allgemeine Verbreitung gefunden haben. Jetzt könne man sagen, daß Billroth's Initiative die Chirurgie der Eingeweide ebenso, gefördert habe, wie die Initiative Spencer Well'gz und Péans die Gynäkologie. Auf diese mit Jubel aufgenommene Rede erwiderte Professor Billroth Folgendes: Sie werden es begreifen, daß die Verhältnisse, unter welchen ich heute vor dieser auserlesenen Ver sammlung stehe, es mir nicht leicht machen, die geeigneten Worte zu finden, um den Dank für die mir erwiesene Auszeichnung auszu⸗ sprechen. Dadurch, daß Seine Magnificenz mich in diesen Festsaal einlud, um die Glückwünsche der Universität entgegenzunehmen, und durch die Rede meines Collegen Hofraths Professors Albert wurde die Feier zu einem akademischen Act, der für. mich die höchste akademische Auszeichnung bedeutet.

rofessor Billroth warf dann einen kurzen Rückblick auf seine Lehrthätigkeit und betonte, daß niemand mehr von denen, die ihn bei seinem Eintritt in die Alma mater begleiteten, an derselben wirke. Er schloß mit dem Rufe: Academia Viennensis vixat, Crescat, floreat! Darauf schritt Professor Billroth auf die einzelnen Deputationen zu, dankte den Vertretern für ihr Erscheinen und verließ sodann unter Hochrufen den Festsaal. . .

Aus Lon don, 12. Oktober, wird gemeldet: Die Beerdigungs⸗ feierlichkeit des Dichters Tennyson in der Westminster⸗Abtei ge⸗ staltete sich zu einer sehr imposanten. Das weite Gebäude war dicht gefüllt; die von der Königlichen Familie, von politischen, wissenschaft⸗ lichen und künstlerischen berühmten Persönlichkeiten und von persön⸗ lichen Freunden des Dahingeschiedenen gespendeten zahlreichen Kränze und Blumen wurden bei der zur Aufnahme des Sarges bestimmten Gruft niedergelegt. Letztere befindet sich in dem Theile der Abtei, wo berühmte Dichter beigesetzt werden. Die Bahrtuch⸗Schnüre hielten die Lords Salisbury, Selherne, Roseberv, Dufferin, Kelvin, der Herzog von Argyll, der Geschäftsträger der Vereinigten Staaten von Nord⸗Amerika und andere hervorragende

amilie waren durch Abgesandte vertreten. Im Zuge von dem Kirchenportal zum Grabe schritten die hohe englische Geistlichkeit, sowie Politische, wissenschaftliche und künftlerische Notabilitäten und viele Mitglieder der hohen Aristokratie.

,. Die Königin und die Mitglieder der Königlichen

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Cholera.

Nr. 41. der Veröff. des Kais. Gesundheitsamts. berichtet: Durch die in Russisch⸗Polen stattfindende Ausbreitung der Cholera ist das Weichselstromgebiet nunmehr gefährdet. Jedoch sind dort Erkrankungen bisher nicht vorgekommen. Im übrigen ist im all⸗ gemeinen ein weiterer Rückgang der Cholera zu bemerken. Ins- kesondere sind in Hamburg am 8. Oktober 14 Erkrankungen, 5. Todes⸗ fälle, am 9. Oktober 21 bezw. 4 gemeldet.

An der Controlstation zu Fürstenwalde wurde, wie der Nat. Z. berichtet wird, der. Schiffer Schicht aus Beecksw als choleraverdächtig angehalten und nach dem dortigen Seuchen haus gebracht. Durch die bakteriologische Unterfuchung wurde bei ihm asiatische Cholera festgestellt.

In Ham burg hat die Bürgerschaft 100 0090 M zur An⸗ lage von artesischen (Tief⸗) Brunnen bewilligt, da es nach den bisherigen Erfahrungen mit den angelegten Flach— brunnen zweifelhaft geworden ist, ob auf diesem Wege das erforderliche Trink! und Gebrauchswasser für die Hamburger Be⸗ völkerung gewonnen werden könne. Diese Brunnen sollen nur interi⸗ mistisch bis zur Fertigstellung der Sandfiltration für die Wasserwerke benutzt werden. —der ärztliche Wachtdienst an den sämmtlichen Desinfectionsanstalten in Hamburg hat mit Ablauf des gestrigen Tages aufgehört, da die Zahl der täglich vorkommenden Cholera⸗Erkrankungen nur noch eine ganz geringe ist. Die von Director Fr. Renz veranstaltete Wohlthätigkeits⸗Vorstellung zum Besten der Nothleidenden von Ham⸗ burg⸗Altona hat einen Reinertrag von 2722 ½ 60 3 ergeben, der zu gleichen Theilen an die Nothstands-Comitès in Hamburg und Altona abgeführt worden ist. Dem Nothstands-Comitè wurde von der Drontheim und Bergen Dampfergesellschaft in Norwegen die Summe von 1000 66 überwiesen. ĩ

In Gonda und Alfen am Rhein sind, wie unter dem gestrigen Tage aus Am sterdam gemeldet wird, je zwei Cholera⸗Erkrankungen, in Oudshoorn und Diepenveen je eine Erkrankung und in Rotterdam ein Todesfall vorgekommen. ö

In Brüssel sind zwei Todesfälle an Cholera, in der Vorstadt Molenbeck zwei Todesfälle und zwei Genesungen, im Wäs land im September 56 Todesfälle bei 808 Einwohnern und gestern vier Todesfälle vorgekommen. In Quaregnon ist die Cholera im An⸗ wachsen. In Antwerpen sind gestern zwei Frauen plötzlich an der Cholera gestorben. .

Neuerdings sind in Marseille fünf choleraverdächtige Todes⸗ fälle vorkommen.

In Pest sind von Dienstag Abend 6 Uhr bis gestern Abend 6 Uhr neunzehn Personen an der Cholera erkrankt und dreizehn ge⸗ storben. Außerdem wurden in das dortige Garnisonhospital sieben unter choleraverdächtigen Anzeichen Erkrankte gebracht. Aus Szegedin ist kein weiterer ‚Cholerafall gemeldet worden. Unter den Arbeitern bei der Donauregulirung in Tököhke kamen in den letzten Tagen elf Cholera-Erkrankungen und drei Todesfälle vor. In Krakau sind gestern drei . Erkrankungen vorgekommen; in Niepolomice und Plaszow ist je eine Person erkrankt; in Podgorze ist eine Person gestorben.

Zufolge einer Meldung vom 26. September waren in New⸗ Vork seit mehreren Tagen neue Cholerafälle nicht mehr vorgekom— men. Im ganzen waren bis dahin sieben Todesfälle festgestellt worden. ;

Ueber Choleragefahr und Absperrungsmaßregeln wird weiter berichtet:

Bukarest, 12. Oktober. Infolge der Cholera in Ungarn ist eine achttägige Quarantäne an den Grenzstationen Verciorowa und Predeal angeordnet worden.

Spanien.

Durch Verordnung der Königlich spanischen Regierung vom 1. bezw. 3. Oktober 1852 ist Nachstehendes bestimmt worden:

1) Provenienzen aus Hull, welche nach dem 11. September ab— gegangen sind und nach dem 1. Oktober ankommen, werden, wie immer deren Gesundheitspaß lauten möge, nach dem Lazarethhafen geschickt. Das verdächtige Gebiet erstreckt sich auf einen Umkreis von 165 km.

2) Provenienzen aus Glasgow und Middlesborough, welche mit reinem, vom spanischen Konsul visirtem Gesundheitspaß unter guten hygienischen Bedingungen einlaufen, werden frei zu— gelassen.

3) Provenienzen aus Cherbourg, welche nach dem 11. September abgegangen sind, werden einer dreitägigen sanitätspoltzeilichen Beobachtung unterworfen.

4) Provenienzen aus London, nach dem 20. bezw. 25. September oder 2. Oktober abgegangen sind, solche aus Swanseg, Falmouth, Grimsby und Grange mouth ohne Berücksichtigung des Abgangsdatums werden frei zugelassen, wenn sie mit reinem, vom spanischen Konful visirtem Gesundheitspaß und unter guten hygienischen Bedingungen einlaufen.

Danzig und Kiel, welche 8

Die aus London, Danzig und Kiel eingeführten Waaren müssen bis zum 10. bezw. 15. oder 2. Oktober entsprechend den Be— stimmungen der Königlichen Verordnung vom 25. Sktober 1886 ge⸗ reinigt werden. . Griechenland.

Laut Ordonnanz vom 5. Oktober 1892 sind Passagiere führende Schiffe, welche vom 1. Oktober ab aus österreichisch ungarifchen Hãfen des Adriatischen Meeres ausgelaufen, einer elftägigen Quarantãne, Schiffe ohne Passagiere einer fünftägigen Obfervations⸗QBuagrantäns unterworfen.

Egypten.

Der internationale Quarantänerath zu Alexandrien hat am 15. bezw. 19. September 1892 beschlossen, gegen die Ankünfte aus den Häfen Kurrachee in Hindostan und Tadjura in Abessynien das zur Verhütung der Cholera-Einschleppung beftimmte Reglement in Kraft zu setzen.

Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus.

Ein Werk, das seit Jahrzehnten der Vergessenheit anheim gefallen war, Karl Werder 's Schauspiel Columbus, ging gestern Abend in neuer Einstudirung mit allen Zeichen eines . Erfolges auf der Königlichen Bühne in Scene. Es wurde für würdig er⸗ achtet, den Zeitpunkt, an dem vor vierhundert Jahren der kähne genuesische Seefahrer der alten Welt eine neue erwarb, festlich in Erinnerung zu bringen. Mit historischer Treue ziehen die Erlebnisse des unsterblichen Entdeckers, das Eintreffen des muͤden Wanderers im Kloster La Rabida, seine Zusammenkunft mit dem Prior Perez, dem Vertrauten der Königin Isabella, sein heftiges Ringen mit den feindseligen Ränken beschränkter Gegner, die Seefahrt, die Meuterei des Schiffsvolks und die jubelnde Begrüßung des am nãcht⸗ lichen Horizont aufsteigenden Landes in dramatis her Form vor der Seele und vor den Augen der Zuschauer in farbenprächtigen Bildern wie ein lebendig gewordener Abschnitt aus der Zeit der Ent⸗ deckungsreisen vorüber; Dämmerung senkt sich auf die Kloster⸗ hallen, reiche Processionen ziehen mit wehenden Fahnen zur stolz thronenden Alhambra hinauf; die maurischen Gemächer strahlen in buntem Glanze, das Schiff des Columbus zieht auf den Wasserwogen, unter dem funkelnden Sternenhimmel