1892 / 249 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Oct 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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auch heute schon bei dieser Feier uns leiten soll, das Wort aus 1. Kor. 3, 11: Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. Als wir vor etwa 25 Jahren den Grundstein zu diesem Gotteshause legten, da klang in Ansprache und Liedern die Mahnung hindurch: „Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er thut Wunder‘, da bewegte die Herzen inniger Dank, denn es sollte nun doch wahr werden, daß diese so große Kirchengemeinde ihr eigenes Gotteshaus erhalten sollte. Was damals begonnen, ist schneller, als wir dachten, vollendet, heut kann die Erlösergemeinde jubeln, denn sie ist erlöst auch von der Kirchenlosigkeit. Da muß vor allem auch wieder herzlicher Dank uns erfüllen, zunächst gegen Ihre Majestäten, die diesem Werk die Wege gebahnt und als echker Landesvater und echte Landesmutter auch für die geistliche Noth Ihrer Landeskinder offenes Ohr und offene Hand gezeigt haben, dann aber auch Dank gegen alle Personen und Körper⸗ schaften, die mit Gaben, mit Rath und That das Werk gefördert, vor allem aber Dank gegen den lebendigen Gott. der das Werk so gnädig behütet und, ohne irgend welchen Unfall zu Ende efährt hat. Ja, bis hierher hat der Herr geholfen! . wie? Nachdem der Bau vollendet, da redet unser Text noch vom Legen eines Grundes? Was fehlt noch diesem Gebäude, damit es werde eine Wohnung des Allerhöchsten? Das, liebe Seele, sollst du nicht vergessen, daß alles Kirchenbauen nichts hilft, wenn nicht das Erbauen der Gemeinde und der einzelnen Seelen damit Hand in Hand geht. Dies vollendete Gotteshaus soll uns mahnen, daß wir mit rechtem Ernst daran gehen, hier in dieser Kirche und draußen in den einzelnen Häusern den Grund zu legen und zu festigen, ohne den der einzelne Menich nicht zum Frieden and Heil gelangen kann und derauch der Gemeinde allein rechte Kraft, wahren Wohlstand verheißt, das ist Jesus Christus voller Gnade und Wahrheit. Auf ihn die Gemeinde hinzuweisen, ist die Pflicht, die ich durch mein Amt übernommen und an die ich erinnert werde, so oft ich diese Bibel in die Hand nehme. So oft Ihr, von den Mühen der Woche matt, von den Sorgen des Lebens gebeugt, hier erscheint, so oft Ihr im Kampf gegen die Sünde ver⸗ zagt, will ich ihn verkündigen, auf ihn sollen Eure Kinder getauft werden, zu ihm will ich Eure Con⸗ firmanden führen, auf ihn Eure Brautpaare hinweisen. Und dort jener Altar soll die Stätte sein, wo er allen Seelen seine Verheißung erfüllt, und jenes Bild, die Auferweckung von Jairi Töchterlein dar— stellend, soll Euch an den erinnern, der noch heute spricht: Wer an mich glaubt, wird leben, ob er gleich stürbe.! Beweist es, daß Jesus Christus der Grundstein ist in Eurem Leben, hört gern Gottes Wort. das Eure Seele selig machen kann, seid aber nicht bloß Hörer allein, sondern auch Thäter des Worts Gott segne dieses Haus, möge der heutige Tag gleichsam der Geburtstag dieser Gemeinde werden zu neuem göttlichen Leben!“

Mit mächtigen Accorden fiel die Orgel ein und es erscholl der Gesang „Der Grund, da ich mich gruͤnde, ist Christus und sein Blut“. Dann trat nochmals der General⸗Superintendent D. Braun hervor, um Gebet und Segen zu sprechen, worauf der Gesang des „Nun danket alle Gott“, Orgelspiel und Geläut der Glocken die Feier schloß.

Der Entwurf zu dem Kirchenbau ist anlehnend an eine Skizze des Professors Haase in Hannover vom Königlichen Baurath Spitta gefertigt und ausgeführt. Die Kosten für den Bau des Pfarrhauses betragen 54 500 MS, für den Bau der Kirche ohne Einrichtung 236 000 S6, zusammen 290 500 6; sie bleiben mit 10000 S unter dem Kostenanschlag. Von den verschiedensten Seiten sind zum Bau dieser Kirche Geschenke eingegangen. Seine Majestät der Kaiser hat 200 009 , die Rheinprovinz ebenfalls 200 000 6 und die St. Matthäi Gemeinde in Berlin 100 000 6 beigesteuert. Der Magistrat von Berlin hat den Bauplatz unent— geltlich gegeben. Von den Baugeldern ist ein Kapital von 150 000 S6 zur Dotirung der Pfarrstelle ver— wendet worden. Die Kirche ist ein gothischer Back— steinbau in Basilikenform mit Querschiff und polygonaler Choranlage. Sämmtliche Räume sind mit Kreuz- bezw. Stern— gewölben überspannt. Niedrig gehaltene Seitenschiffe lehnen sich an das Hauptschiff und sind ebenso wie das Hauptschiff zu Emporen ausgenutzt. Die Sacristei befindet sich in einem besonderen Anbau hinter dem Chor. Ueber dem Haupteingang erhebt sich ein ungefähr 60 m hoher Thurm. Das Kirchen— schiftf enthält 1930 Sitzplätze, davon 650 in dem unteren Kirchenraum. Acht Ausgänge ermöglichen eine schnelle Ent— leerung der Kirche. Wie die Kosten für den Bau der Kirche durch großmüthige Geschenke zusammengebracht sind, so ist auch die gesammte innere Einrichtung geschenkt worden. Von Ihrer Majestät der Kaiserin rührt eine silberbeschlagene, in Schweinsleder gebundene Bibel mit Allerhöchsteigenhaͤndiger Widmung für den Altar und eine zweite Bibel für die Kanzel her. Einen Hauptschmuck für den Altarraum bildet ein von dem Maler Körner ge— stiftetes Altarbild „Christus als Erretter des in den Fluthen versinkenden Petrus“ in einem vom Tischlermeister Lange gewidmeten Eichenholzrahmen. Die von den Gebrüdern Dinse gefertigte Orgel ist ein Geschenk des Commerzien⸗Raths Eger. Einen großen schmiedeeisernen Kronleuchter in der Vierung hat Albert Gossen geschenkt. Die Firma Pardow und Kurz und Schlossermeister Scheidenrecht haben die Eichenholzthüren der Thurmhalle mit Beschlägen ge— widmet. Als weitere Gaben sind zu verzeichnen das Glocken— geläute vom Bochumer Verein für Gußstahlfabrikation, die Bronzeleuchter für den Altar von der Firma Rakenius, die Altardecke von Julius Aßmann in Lüdenscheid, ein Christus— kopf nebst Kreuz in der Thurmhalle von Rentier Müller in Boxhagen, zwei eichene Sessel für die Kaiserliche Hofloge vom Hoflieferanten C. Pohl, ein Altarteppich vom Commerzien— Rath Protzen, die Kanzeldecke von Fräulein Frieda Eisolt und der Luftheizungsofen vom Fabrikbesitzer Börner. Die Ausstattung des Innern ist im ganzen einfach gehalten. Wände und Gewölbe sind von dem Maler Grimmer farbig ausgemalt. In den reich verglasten Fenstern des Chors sind die Wappen bezw. Siegel oder Namenszüge der verschiedenen bei dem Bau betheiligten Donatoren zur Darstellung gebracht. Das Mittel— fenster am Chor zeigt oben den Ecce homo“ nach Guido Reni, darunter die Alliance⸗Wappen Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin bezw. Ihrer Königlichen Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Albrecht von Preußen. Das erste ö links vom Altar hat als Hauptwappen das von Ihrer Majestät der Kaiserin verliehene Siegel des evange⸗ lischen Hilfsvereins. Außerdem sind hier angebracht: die Wappen oder Monogramme des Reichstags-Präsidenten, Landes-Directors von Levetzön, des Kaufmanns von Hardt, des Grafen zu Dohna-Kotzenau, des Ober-⸗-Hofmeisters Ihrer Majestät der Kaiserin Freiherrn von Mirbach, des Grafen Zieten⸗Schwerin, des Grafen von Hohenthal, des verstorbenen Consistorial-⸗Präsidenten D. Emanuel Hegel, der um die Ent— . der Kirche sich hochverdient gemacht hat, und des Ober⸗Hofpredigers D. Rudolf Kögel. Das zweite Fenster links vom Altar enthält als Hauptwappen das der Rheinprovinz, darunter befindet sich der deutsche Adler mit A. V. (Auguste Victoria auf der Brust. Außerdem sind an diesem Fenster verewigt: Louis Momm (Forest), August Wriedt-Hamburg, Adele Gräfin

von der Goltz, General-Konsul Eduard Schmidt, die Stadt Wiesbaden, reiherr von Stumm⸗Halberg, Eduard und Jo⸗ hanna Frohwein⸗Aachen, Major Ernst Freiherr von Troschke. Das erste Fenster rechts vom Altar schmückt als Haupt—⸗ wappen das der St. Matthäi⸗Gemeinde. Ferner sind hier ver⸗ ewigt: Commerzien-Rath Paul Friedrich Eger, Friedrich

ürst zu Solms-Baruth, August Graf Dönhoff, Baurath Max Spitta, Hugo Graf von Douglas, Major von der Osten⸗ Groß⸗Jannowitz,. Werner von Veltheim (Schönfließ) und der Consistorial-⸗- Rath Johann Wilhelm Arnold. Im zweiten Fenster rechts vom Altar sieht man als Hauptwappen das des Magistrats von Berlin. Daneben wird das Andenken an folgende Personen erhalten: Commerzien⸗ Rath Dehne aus Halle, Handelsrichter Gustav Börner, Hof— marschall. Seiner Majestät des Kaisers Maximilian Graf von Pückler, Wilhelm von Esbeck-Platen, Fabrikant Franz Hein, Gustap Schleicher, Werner Graf von der Schulenburg-Heßler, Cabinets⸗Rath Ihrer Majestät der Kaiserin Eberhard Freiherr von der Reck. Die Mittelfenster im Querschiff „Rosenfenster“ enthalten figürliche Darstellungen: links „Christus die Kinder um sich versammelnd“, rechts „Christus die Tochter des Jairus erweckendꝭ“.! Entwurf und Aus⸗ führung dieser Glasgemälde rühren von Henning und Andres aus Hamburg her, während alle den Donatoren gewidmeten Fenster von Didtmann angefertigt sind. Unter den Rosen sind wieder Donatorenfenster. Links ist als Hauptwappen das von Holstein, darunter befinden sich Rummelsburg, Familie Wühlisch, Eduard Veit, Karl Alexander Martius, Hermann Wallich, Eduard Arnhold, Friedrich Hammacher, Franz Oppenheim, Amtsvorsteher Ferdinand Röder, Maler Ernst Körner, der Gemeindevorsteher von Rummelsburg Adolf Schlicht und Louis Baare. Rechts ist als Hauptwappen das von Hohenzollern. Außerdem sind hier folgende Kirchen dargestellt: Marien⸗ und Nicolai⸗Kirche gemeins . Friedrich⸗Werdersche Kirche, Petri-Kirche, Sophien⸗Kirche, Dom, Jerusalemer⸗, Nazareth⸗, Dankes⸗, Neue⸗, Luisenstadt“, Georgen⸗ und Fran⸗ zösische Kirche. Der Grundstein zu der Kirche ist am 4. Mai 1890 im Beisein Ihrer Majestät der Kaiserin gelegt worden. Eine Gedenktafel in der Thurmhalle erinnert an diese Feier⸗ lichkeit. Am 8. Oktober 1891 wurde die Thurmspitze mit dem Kreuz gekrönt.

In der am 20. d. M. unter dem Vorsitz des Vice— Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssecretärs des Innern Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesraths wurde zunächst über die geschäftliche Behand- lung mehrerer neuer Vorlagen Beschluß gefaßt. Dem Antrage Preußens, betreffend die Beschränkung der früher ertheilten Genehmigung zum Feilbieten von Bier im Umherziehen auf das Gebiet des Herzogthums Anhalt, wurde die Zustimmung ertheilt. Einer Eingabe wegen Festlegung der Feier des Osterfestes sowie mehreren Gesuchen um Gewährung von Ausnahmen von Bestimmungen der Gewerbeordnung beschloß die Versammlung keine Folge zu geben.

Die Commission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich erledigte in den Sitzungen vom 17. bis 19. Oktober zunächst den früher ausgesetzten Titel über den Vergleich (58 666, 667). Der S 666, welcher eine Begriffs⸗ bestimmung des Vergleichs giebt, wurde sachlich im wesent— lichen nach dem Entwurf angenommen, jedoch mit dem Zusatze, daß als ungewiß im Sinne des 5 666 ein Rechtsverhältniß auch dann anzusehen sei, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist. An Stelle der Vorschriften des 5 667 über den Einfluß eines bei der Schließung des Vergleichs unterlaufenden Irrthums, wonach der Irrende für den Fall, daß bei der Schließung des Ver— trags von den Parteien ausdrücklich oder stillschweigend das Nichtvorhandensein eines Umstandes vorausgesetzt ist, welcher den Streit oder die Ungewißheit ausgeschlossen haben würde, einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Vergleichs nach den . der Condictionen haben sollte, entschied sich die Mehrheit für Aufnahme der Vorschrift, daß, wenn nach dem Inhalt des Vergleichs ein Umstand als feststehend zu Grunde gelegt ist, bei dessen Nichtvorhandensein der Streit oder eine Ungewißheit über das Rechtsverhältniß nicht stattgefunden hätte, der Vergleich im Falle des Nicht— bestehens dieses Umstandes unwirksam ist. Die Berathung wandte sich sodann den Vorschriften über die Schuld verschreibung auf Inhaber (68 6803 —– 703) zu. Der Entwurf (8 685 Abs. 1, 8 687) geht davon aus, daß der jeweilige Inhaber der Schuldverschreibung der Gläubiger sei; auch dann, wenn er die Schuldverschreibung in unredlicher Weise erworben habe, und daß der Aussteller des— halb dem Inhaber den Einwand des unredlichen Erwerbs nicht entgegensetzen könne, sofern nicht der Einwand auf einem zwischen dem Aussteller und Inhaber bestehenden per— sönlichen Rechtsverhältnisse beruhe. Nach eingehender Er— örterung entschied sich dagegen die Mehrheit für die Auf— fassung, daß der Inhaber nur ermächtigt a die Rechte des Gläubigers auszuüben, Gläubiger aber der Eigenthümer der Schuldverschreibung sei und dem Aussteller das Recht beigelegt werden müsse, die Legitimation des In— habers zur Verfügung über die Forderung zu prüfen und ihm die Zahlung zu verweigern, wenn er in Wirklichkeit nicht verfügungsberechtigt sei. Man war jedoch der Ansicht, es empfehle . nicht, den Satz, daß der ö der Schuldverschreibung der Gläubiger sei, direct im Gesetz auszusprechen, sondern es verdiene, um der Wissen— schaft in der Construction des Verhältnisses nicht vor— zugreifen, den Vorzug, wenn das Gesetz sich auf die orschrift beschränke, daß der Inhaber der Schuld— verschreibung von dem Aussteller die Leistung verlangen, der Aussteller jedoch die Leistung verweigern duͤrfe, wenn der Inhaber zur Verfügung über die Forderung nicht berechtigt sei. Verschiedene Anträge, welche bezweckten, dem Aussteller unter gewissen Voraussetzungen auch die Pflicht aufzuerlegen, wegen mangelnder Legitimation des Inhabers zur Verfügung über die Forderung die Leistung zu verweigern, wurben abgelehnt,. Gegen den sachlichen Inhalt der Vorschriften des 5 685 Abs. 7 3 über die Herstellung und Form der Unterschrift unter der Schuldverschreibung erhob sich kein Widerspruch. Dagegen führte der 8 686 Satz 1, welcher bestimmt, daß der Aussteller der Urkunde aus dieser auch dann verpflichtet wird, wenn sie ihm gestohlen oder von ihm verloren oder in anderer Weise ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt ist, zu einer

lebhaften Debatte. Von einer Seite war die Streichung dieses Satzes, von anderer Seite an Stelle des selben die Vorschrift beantragt, daß die Verpflichtung des Ausstellers mit der vollendeten Ausgabe der Urkunde beginne, jedoch mit dem einschränkenden Zusatze, daß die Ausgabe der Urkunde vollendet sei, sobald der Aussteller sich des unmittelbaren Innehabens der Urkunde entäußert habe oder sobald bei der Massenausgabe gleichartiger Urkunden ein Theil der Urkunden ausgegeben oder die Massen— ausgabe öffentlich angekündigt worden sei. Die Mehrheit der Commission trat unter Ablehnung beider Anträge dem Entwurfe bei. Auch die Vorschrift des § 685 Satz 2, daß es auf die Wirksamkeit der Verpflichtung aus der Urkunde ohne Einfluß ist, wenn diese ausgegeben wird, nachdem der Aussteller gestorben oder geschäftsunfähig ge— worden, wurde nach dem Entwurf angenommen. Zur Ver— meidung von Mißverständnissen beschloß man aber, diesen zweiten Satz des §S 686 in einen besonderen Paragraphen zu verweisen. Der erste Satz des 3 688, daß der Aussteller nur gegen Aushändigung der Schuldverschreibung zu leisten verpflichtet ist, wurde von keiner Seite beanstandet. Der zweite Satz wurde durch die Vorschrift ersetzt, daß der Aussteller, der gegen Aushändi⸗ gung der Schuldverschreibung leistet, Eigenthümer derselben wird, auch wenn der Inhaber, an den die Leistung erfolgt, zur Verfügung über die Forderung nicht berechtigt sein sollte. Der sachliche Inhalt des § 689, welcher den Keeis der Einwendungen begrenzt, die der Augs— steller dem Inhaber der Schuldverschreibung entgegen— zusetzen berechtigt ist, fand keinen Widerspruch, ebensowenig der 5 690, welcher auch nach der Einlösung der Schuldver⸗ schreibung die ausgegebenen noch nicht fälligen Zinsscheine in Kraft beläßt, den Aussteller aber berechtigt, den Betrag der nicht zurückgegebenen Zinsscheine an der Hauptforderung pe kürzen. Zu einer längeren Debatte führten die Vorschriften es 5 691 über das Erloͤschen der Ansprüche aus der Schuld— verschreibung durch Zeitablauf. Der Entwurf bestimmt für die Einlösung Präsentationsfristen von 30 bezw. von 4 Jahren, geht aber davon aus, daß neben diesen Fristen auch die allgemeinen Vorschriften über die Anspruchsver— jäührung Anwendung finden sollen. Demgegenüber beschloß die Commission, die Anwendung der Verjährungsgrundsätze auf den Fall zu beschränken, wenn innerhalb der Praͤsentationsfrist die Schuldverschreibung zur Einlösung vorgelegt oder der Anspruch aus der Schuldverschreibung gerichtlich geltend gemacht ist. In einem solchen Falle soll der Anspruch in zwei Jahren von dem Ende der Präsentationsfrist ab verjähren. Im Zusammen— hang mit dieser Aenderung wurde die Vorschrift im Absatz 3 des s 691, daß in der Schuldverschreibung das Erlöschen der Ansprüche durch Zeitablauf ausgeschlossen werden könne, gestrichen. Im übrigen fanden die Vorschriften des 3 691 im wesentlichen Zustimmung. Der Sz 69, welcher die Zulässigkeit der Kraftloserklärung abhanden gekommener oder vernichteter Schuldverschreibungen ausspricht, sowie die Vorschriften der s5 693 bis 656 über die Zahlungs sperre und deren Wirkungen, über die Wirkungen des im Aufge— botsverfahren erlassenen Ausschlußurtheils und der Aufhebung des letzteren infolge der Anfechtungsklage wurden sachlich mit geringen Aenderungen nach dem Entwurf angenommen, jedoch mit Aus— nahme des § 694 und des 5 695 Satz? wegen ihres prozessualischen Inhalts und ihres Zusammenhangs mit anderen Bestimmungen der Civilprozeßordnung in diese verwiesen. Auch die Vorschriften des S657 über den Ersatz abhanden ge— kommener oder vernichteter Zinsscheine u. s. w. wurden in wesentlichen genehmigt.

Das „Marine⸗-Verordnungsblatt“ enthält folgende Aller— höchste Cabinetsordres

I) betreffend S. M. Schiffe „Kronprinz“, „Friedrich Carl“, „Arminius“ und „Luise“:

Ich bestimme, daß Meine Panzerschiffe „Kronprinz! und Friedrich Carl“ aus der Liste der Panzerschiffe, Mein Panzerfahr— zeug „Arminius“ aus der Liste der Panzerfahrzeuge und Mein Schiffs— jungen-Schulschiff ‚Luise“ aus der Liste der Schulschiffe und Fahrzeuge gestrichen und in die Liste der Schiffe für andere Zwecke übernommen werden. Sie haben wegen einer dem Zustand der Schiffe entsprechen— den anderweitigen Verwendung das Weitere im Einvernehmen mit dem commandirenden Admiral zu veranlassen. Marmor -Palais, den 19. Oktober 18992. Wilhelm. An den Reichskanzler (Reicht—⸗ Marineamt ).

2 betreffend die Uniform für den General⸗Arzt der Marine im Range eines Contre-Admirals:

Ich bestimme in Erweiterung der durch Meine Ordre vom 25. März 1390 genehmigten Bekleidungsbestimmungen Meiner Marine, daß die Uniform eines General-Arztes der Marine, falls Ich dem—⸗ selben den Rang des Contre⸗Admirals verleihe, folgende Abänderungen erfährt: Hut. Wie der Admirale. Pale tot. Die innere Seite des Brustrevers wie die Admirale. Achselstücke. Zwei goldene, eine silberne schwarz und roth durchwirkte und eine schwarze Schnur. Letztere liegt zwischen der inneren goldenen und der silbernen Schnur. Auf dem Geflecht der silberne Aesculapstab. Die Rangsterne fallen fort. Unterfutter von dunkelblauem Sammet. Epauletten. Dicke, lose, brillantirte, goldene Raupen, über dem Aesculapstab ein goldener Adler und darüber eine goldene Kaiserkrone. Die Rangsterne fallen fort. Aermeltressen. Wie die Contre⸗Admirale, auf dunkel⸗ blauem Sammet liegend. Galabeinkleider. Wie die Admirale. Berlin, den 1. Oktober 1892. Wilhelm. An den Reichskanzler Reichs⸗Marineamt).

Die Beamten der Militärverwaltung sind durch eine Verfügung des Kriegs-Ministers verpflichtet worden, in allen Fällen einer an sie ergehenden gerichtlichen Vor— ladung a. als Sachverständige, b. als außerhalb des Wohn— ortes zu vernehmende Zeugen, (. als Zeugen über Umstände, auf welche sich ihre Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit bezieht, ihrer nächsten vorgesetzten Dienstbehörde unter An— gabe des Gegenstandes der beabsichtigten Vernehmung und unter näherer Darlegung der Grunde, welche etwa im Dienstinteresse die Vernehmung als unzulässig oder nachtheilig erscheinen lassen, sofortige Meldung zu machen, damit die vorgesetzte Behörde noch vor dem Termine das ihr gesetzlich zustehende Einspruchsrecht wahren und gegebenen Falls für die gehörige Vertretung des Geladenen während der zur Wahrnehmung des Termins erforderlichen Zeit sorgen kann. Diese Anordnung erstreckt sich auch auf alle Fälle, in welchen der gedachte Beamte durch einen Angeklagten unmittelbar ge— laden werden sollte.

Der Präfident der Republik Ecuador Luis Cordero ist, wie das „Marine⸗Verordnungsblatt“ mittheilt, von Seiner

Majestät dem Kaiser und König als im Besitz der Regierungs— . befindlich anerkannt worden. t g

Der Königlich großbritannische Botschafter am hiesigen Allerhöchsten Heft Sir Edward B. Malet ist von seinem Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.

Der Königlich sächsische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe Graf von Hohenthal und Bergen hat nach Be— endigung seines Urlaubs die Geschäfte der hiesigen Königlich sächsischen Gesandtschaft wieder übernommen.

Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt vom 20 bis 21. Oktober, Mittags, gemeldete Cholera-Erkrankungs⸗ und Todesfälle: :

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Staat und . .

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Hamburg.

) Durch nachträgliche Meldung berichtigt. Vereinzelte Erkrankungen:

Regierungsbezirk Schleswig: in einem Orte des Kreises Pinneberg kamen am 15. und 16.8. M. 4 Erkrankungen vor, welche sämmtlich tödtlich verliefen.

Regierungsbezirk Marienwerder: in der Stadt Thorn ein zugereister Schiffsgehilfe gestorben.

Regierungsbezirk Magdeburg: in 1 Ort des Kreises Wanzleben 2 Erkrankungen.

Hamburg.

Bayern.

München, 21. Oktober. Seine Königliche Hoheit der Prinz Leopold mit seiner Gemahlin, Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Erzherzogin Gisela, sowie Ihre Königlichen Hoheiten der Herzog und die Herzogin Carl Theodor in Bayern sind, wie „W. T. B.“ meldet, heute früh S8iss Uhr nach Berlin abgereist, um der morgen stattfindenden Taufe der jüngstgeborenen Prinzessin-Tochter Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin in Person bei⸗ zuwohnen.

Sach en.

Dresden, 20. Oktober. Seine Majestät der König und Seine Königliche Hoheit der Prinz Georg haben sich heute Vormittag nach Schloß Sibylkenort in Schlesien begeben. Die Ankunft daselbst erfolgt Nachmittags R, Ühr. Der Aufenthalt des Königs auf der schlesischen Besitzung, wo Ihre Majestät die Königin bereits seit dem 18. d. M. weilt, wird nach dem „Dresd. Journ.“ bis gegen Ende dieses Monats währen; es sollen während dieser Zeit in den dortigen aus— gedehnten und wildreichen Revieren Jagden veranstaltet werden.

Württemberg.

Stuttgart, 20. Oktober. Ihre Majestäten der König und die Königin, welche, der Einladung Seiner Majestät des Kaisers entsprechend, bei der neugeborenen Prinzessin Pathenstelle übernommen haben, aber wegen der schweren Er⸗ krankung Ihrer Majestät der Königin Olga der Tauffeier nicht beiwohnen können, haben, der „Köln. Ztg.“ zufolge, mit ihrer Vertretung den Gesandten von Moser beauftragt.

Das heute Morgen 8 Uhr über das Befinden Ihrer Majestät der Königin⸗-Wittwe in Schloß Friedrichs— hafen ausgegebene Bulletin lautet:

Der gestrige Tag verlief bei gesteigertem Nahrungsbedürfniß und wiederholtem ruhigen Schlaf für Ihre Majestät befriedigend, dagegen war die Nachtruhe durch Anfälle von Beklemmungen und Schwäche sehr gestört. Die zur Zeit vorherrschenden Erscheinungen, die eines gewissen beunruhigenden Charakters nicht entbehren, sind auf Stö⸗ rungen in der Thätigkeit der Nieren zurückzuführen.

Dr. Stiegele. Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Coburg, 20. Oktober. Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Hexzogin von Edinburg ist, der Cob. Ztg.“ zufolge, mit ihren drei ältesten Töchtern, den Prinzessinnen Maria, Victoria und Alexandra, Königlichen Hoheiten, gestern Nacht nach Sigmaringen abgereist.

Anhalt.

Dessau, 20. Oktober. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Christian, sowie Ihre Hoheit die Prinzessin Victoria zu Schleswig-Holstein sind heute Morgen von hier abgereij

Schaumburg⸗Lippe.

Bückeburg, 19. Oktober. Das Befinden Seiner Durch⸗ laucht des, wie seiner Zeit berichtet, durch einen Sturz mit dem Pferde verunglückten Prinzen Hermann läßt, nach einer Mittheilung des Hann. Cour.“ noch viel zu wünschen übrig. Dle heutige Meldung aus Kirch dorf in Oesterreich lautet: „Die Schwäche des Prinzen dauert fort bei großer ner vöser Empfindlichkeit. Das körperliche Befinden im übrigen ist ö Die Nacht war gut.“

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Oesterreich⸗Ungarn.

Der Ausschuß der ungarischen Delegation für den Dcgupationserebit hat laut Meldung aus Budapest diesen Lredit gestern unverändert angenommen ünd dabei zugleich dem Reichs⸗Finanz⸗Minister von Kallay ihr Vertrauen ausge⸗ drückt. Der Minister hob in einer im Verlaufe der Berathung gehaltenen Rede hervor, der Augenblick für die Herabsetzung der Truppenzahl in dem Occupakionsgebiete sei noch nicht ge⸗ kommen, auch eine Abwälzung der durch die Truppen ver⸗ ursachten Kosten auf das Landesbudget wäre verfrüht, da

durch erhöhte Lasten die erfreulichen Fortschritte in den occupirten Ländern gehemmt werden könnten.

Das ungarische Unterhaus hat die Debatte über die Feierlichkeiten bei der Enthüllung des Honved⸗-Denk⸗ mals auch gestern noch nicht zu Ende geführt; die Verhand⸗ lung wird heute fortgesetzt. ö

Die Wiener Meldung der Bohemia“, wonach der Finanz— Minister Dr. Steinbach zu dem jungczechischen Delegirten Eim warnend gesagt haben sollte, durch ein solches Vorgehen würde nur Plener in den Sattel gehoben, wird von der „Pol. Corr.“ als vollkommen erfunden bezeichnet.

Großbritannien und Irland.

Der Staatssecretär des Auswärtigen Earl of Rosebery empfing gestern eine von der britischen Antisklaverei⸗ Gesellschaft entsandte Deputation, welche die Regierung um Uebernahme des Protectorats über Uganda und um Ueber— nahme der Zinsengarantie für die Nombasa⸗Eisenbahn er— suchte. Lord Rosebery erklärte der Deputation, die Regierung

stehe diesen Fragen nicht gleichgültig gegenüber; er ben

trachte das Land sogar als den Schlüssel zu Central Afrika und als ein geeignetes Feld für commerzielle Unternehmungen. Er sei der Ansicht, daß, nachdem die Regierung einmal Hand an den Pflug gelegt habe, sie sich nicht mehr zurückziehen könne; jedoch wolle er mit dieser Erklärung die Regierung an keine bestimmte Politik binden. Er sei aber der festen Ueber— zeugung, daß die von der Deputation befürwortete große Sache einen hervorragenden Platz einnehmen müsse. .

Frankreich.

Auf der ö der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer stand die Berathung des Antrags wegen Einsetzung von Schiedsgerichten für die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Arbeitern und Arbeitgebern, für den die Dringlichkeit beschlossen war. Der ÄÜrtikel 1, wonach Vermittelungsausschüsse sowie schiedsgerichtliche Aus— schüsse eingesetzt werden sollen, denen die Aufgabe obliegt, drohenden Zwistigkeiten zwischen der Gesammtheit der Arbeiker und den Arbeitgebern vorzubeugen und entstandene Streitig— keiten zu regeln, wurde angenommen, ebenso mehrere der folgenden Paragraphen. .

Im Senat interpellirte Fresneau über den in St-Ouen abgehaltenen Congreß socialistischer Municipalräthe, indem er auf die Gefahr hinwies, die in einem solchen Bunde liege. Der Minister des Innern Loubet erwiderte, der Congreß habe keine behördliche Genehmigung gehabt und in einem Café getagt. Die Existenz eines Bundes der socialisti⸗ schen Municsalräthe stellte der Minister in Abrede. Der Senat beschloß hierauf die einfache Tagesordnung.

Der socialistische Deputirte Basly erklärte einem Bericht— erstatter gegenüber, er werde in der Kammer in einer Inter—⸗ pellation über die Streitigkeiten zwischen den franzö— sischen und belgischen Bergarbeitern die Forderung stellen, daß man sich bezüglich der Ausbeutung der Bergwerke auf den Standpunkt der nationalen Vertheidigung stelle und wie bei den Eisenbahnen keine Ausländer beschäftige. Die ,, beschäftigten Ausländer könnten nur unter der

edingung behalten werden, daß sie sich ngturalisiren ließen.

Der Senator Tolain beabsichtigt, einen Antrag einzu— bringen, wonach die Directoren der Bergwerke und Eisen— bahnen vom Staate ernannt werden sollen.

Der „Siecle“ bespricht das am nächsten Sonntag in Brüssel stattfindende Meeting, welches gegen die Aus— treibung der belgischen Arbeiter protestiren soll. Das Blatt nennt die Aufforderung zu dem Meeting „einen Anfall von delirium tremens“ und erklärt, Frankreich könne derartigen Excessen nur Verachtung entgegensetzen.

In der gestrigen Sitzung des Ministerraths theilte der Unter⸗Staatssecretär der Colonien Jamais mehrere Depeschen des General-Gouverneurs von Indo⸗China Lanessan mit, in denen es heißt, daß die Lage in Indo-China eine be— friedigende sei, und die Nachricht, daß chinesische Banden in Tonkin aufgetaucht seien, für unbegründet erklärt wird.

Zu den gestern mitgetheilten, von dem Obersten Dodds eingesandten telegraphischen Nachrichten verlautet aus Porto—⸗ novo weiter: Die Stellung am Katoflusse sei nach dem Ausspruch des Oberst Dodds die letzte von den Dah o meyern besetzte Verschanzung. Das Vorgehen gegen diese Linie müsse zur definitiven Entscheidung führen. Man glaube, daß eine derartige Action nicht vor acht bis zehn Tagen stattfinden könne, da Oberst Dodds sie planmäßig vorzubereiten und alle thun— lichen Vorsichtsmaßregeln zu ergreifen gedenke.

Die von dem französischen Gesandten in Tanger erzielten Handelserleichterungen werden, wie der, Temps“ meint, infolge der Meistbegünstigungsclausel auch anderen Mächten zu gute kommen. In Paris eingegangene briefliche Mittheilungen aus Tanger berichten ferner, daß der dort auf— gestellte internationale Semaphor jetzt in Thätigkeit ist, sowie daß die Engländer die von den Eingeborenen öfter zerstörten Holzbaracken am Cap Juby jetzt durch Steinhäuser ersetzen und den Bau eines Forts vorbereiten.

Rußland und Polen.

Zu der Mittheilung des „Regierungsboten“ über die Maßnahmen des Leiters des Finanz⸗Ministeriums Witte zu Gunsten der russischen Industrie (vgl. die letzten Depeschen in Nr. 247 d. Bl.) bemerkt die „Nowoje Wremja“: Witte beabsichtige nicht nur, die die In⸗ dustrie bedrückenden Umstände zu beseitigen, sondern betrachte die Aufgabe der Regierung gegenüber der Industrie als eine noch weit größere. Im weiteren weist das Blatt auf das entschiedenste die Annahme der „Nowosti“ zurück, die betreffende Industriecommission werde den gegenwärtigen, nach der Meinung der „Nowoje Wremja“ vortrefflichen Zolltarif revidiren. Gleichzeitig spricht das Blatt von der Möglichkeit einer Revision der russischen Handelsverträge, die allerdings veraltet seien und schleunigst

abgeändert werden müßten.

Italien.

In Livorno hat bei einem gestern dort veranstalteten Wahlbankett der Kriegs-Minister Pellouxz, eine Rede gehalten, in der er, nach dem Bericht des ‚W. T. B.“ Fol⸗ gendes ausführte: Bei seinem Amtsantritt habe er ein pro⸗ visorisches Kriegsbudget in Höhe von 265 Millionen vorgefunden, der Betrag des rectificirten Budgets sei noch höher gewesen; heute sei das Kriegs⸗ budget mit 246 Millionen consolidirt. Die erzielte Ersparung sei doppelt so groß, als versprochen war, was nur durch eine außerordentliche Anstrengung zu ermög— lichen gewesen sei. Noch größere Ersparungen zu machen,

ei schwierig, er erkläre dies ausdrücklich, um nicht, im

ublikum Hoffnungen auf weitere Ersparungen im Kriegs⸗ wesen zu erwecken. Der Dreibund sei niemals von Einfluß auf die militärischen Ausgaben Italiens gewesen, eine Politik der Isolirung würde größere Ausgaben ver⸗ ursachen. Das gesammte Cabinet sei darin vollständig einig, daß die Grundlage der militärischen Organisation unverändert bleiben müsse. Dank der eingeführten Organisation sei die Mobilisirung um sechs bis sieben Tage schneller durchzuführen. Der Minister legte sodann die Gründe dar, aus welchen er sich noch nicht für eine zweijährige Dienstzeit habe ent⸗ schließen können. Er werde jedoch dem Parlament einen Gesetzentwurf über die Rekrutirung vorlegen, welcher zwar noch nicht zur . Dienstzeit gelange, thatsächlich jedoch die mittlere Dienstzeit auf ine Dauer herabsetze. Die gegen⸗ wärtige Bewaffnung der Armee mit dem Repetirgewehr vom Jahre 1870 sei eine vortreffliche; die italienische Armee könne, ohne Besorgnisse auch vor Umänr rung der Gewehre ins Feld ziehen. Alle Mächte seien bestrebt, ihre Waffen zu verbessern, Italien habe darin einen Vorsprung vor ihnen. Schließlich erinnerte der Minister an die jüngsten Ereignisse, welche Italiens Ansehen noch gehoben und gezeigt hätten, wie innig die Bande der Sympathie und Er—⸗ gebenheit seien, die die Bevölkerung des Landes mit der ruhm⸗ reichen Dynastie verbänden. Die Rede des Kriegs⸗Ministers wurde mit großem Beifall aufgenommen.

Griechenland.

Von den dänischen und den russischen Majestäten, dem Prinzen und der Prinzessin von Wales sowie dem Herzog von Cumberland nebst Gemahlin wird dem griechischen Königspaar zur silbernen Hochzeit ein goldinkrustirtes Tafelser vice aus Silber dargebracht.

Dem „Wolffsschen Bureau“ wird aus Athen berichtet: Wie in der dortigen Regierung nahestehenden Kreisen ver⸗ sichert werde, habe die Differenz mit Rumänien bisher zu keinen diplomatischen Schritten Griechenlands bei den Mächten geführt. Jedoch habe die griechische Regierung ihre Vertreter im Ausland auf brieflichem Wege angewiesen, die Aufmerksamkeit der Mächte auf den Zwischenfall betreffs der Zappa'schen Erbschaftsangelegenheit zu lenken.

Rumänien.

Der italienische Gesandte Cartopassi in Bu⸗ karest hat von seiner Regierung die amtliche Mittheilung er—⸗ halten, daß Italien den Schutz der rumänischen Unter⸗ thanen in Griechenland übernehme (s. Nr. 248 d. Bl. u. „Italien“) In der bezüglichen Depesche des italienischen Ministers der auswärtigen Angelegenheiten Brin heißt es nach dem „W. T. B.“ wörtlich: „Wir sind glücklich, diesem Vertrauensbeweise entsprechen und bei dieser Gelegenheit unsere lebhafte Freundschaft für Rumänien bezeugen zu können.“ Der rumänische Minister des Aeußern Lahovary ersuchte infolgedessen den Gesandten, seiner Regierung den Dank der rumänischen Regierung zu übermitteln.

Bulgarien.

Wie die „Köln. Ztg.“ aus Sofia von gestern meldet, ist ein Ministerialerlaß ezgangen, in welchem auf die Bestimmungen des neuen Unterrichtsgesetzes hingewiesen wird, wonach den Gemeinden verboten ist, diesenigen Elementar⸗ schulen zu unterstützen, in denen nicht in bulgarischer Sprache unterrichtet wird.

Montenegro. Aus Cetinje wird gemeldet, daß dort gestern ein Aus— lieferungsvertrag zwischen Italien und Montenegro unterzeichnet worden ist.

Dänemark.

Der König hat dem „W. T. B.“ zufolge den Ober—⸗ Hofmarschall von Lövenskiold nach Potsdam entsendet, um die Stellvertretung Seiner Majestät bei der n, Taufe zu übernehmen.

Zum Vertreter Dänemarks bei der internationalen Münzconferenz in Brüssel ist der Geheime Rath Tietgen ernannt worden.

Der Gouverneur der dänisch-westindischen Inseln Arendrup, ist, wie „W. T. B.“ vernimmt, um seine Ent⸗ lassung eingekommen und zu seinem Nachfolger der dänische Gesandte in Washington Graf Sponneck ausersehen.

Amerika.

Die Festlichkeiten zu der heute stattfindenden Einweihung der Gebäude für die Weltaus stellung in Chicago begannen, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern mit einem großen Festzug, an dem gegen 90 0900 Personen Theil nahmen, darunter die Municipalifät, die Gouverneure der verschiedenen Staaten und zahlreiche inländische und auswärtige Gesell⸗ ef e Die Straßen der Stadt sind festlich mit Flaggen geschmückt.

Nach einem weiteren Telegramm des „Reut. Bur.“ aus Buenos⸗Aires halten in der argentinischen Provinz Santiago del Estero die Aufständischen die Hauptstadt besetzt; der Provinzial-Minister und der Gouverneur seien Gefangene. Der Gouverneur habe die Intervention der Nationalregierung in Buenos-Aires erbeten, und die Pro⸗ vinzialgarde bewaffne sich gegen die Rebellen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Cholera.

Nach einer Verfügung der Regierung zu Königs⸗ berg i. Pr. ist wegen der Choleragefahr der Uebertritt von Personen aus Rußland nach Preußen innerhalb der Kreise Neidenburg und Ortelsburg nur bei Illowo und Opa— lenäce gestattet (vergl. die entsprechende Maßregel für die schlesisch⸗ russische Grenze in der i Nummer d. Bl.), bei letzterem Uebergangspunkt . erst von da an, wo eine ärztliche Controle eingerichtet ist. Die Grenz⸗Gendarmerie ist in den Kreisen Neiden⸗ ö Ortelsburg durch Dragoner Unteroffiziere verstärkt worden. Amtliche Nachrichten über neue Cholera⸗Erkrankungen in Lanza und Mlawa sind nicht eingegangen.

Die „Pof. Z. meldet aus Thorn, in der Bromberger Vorstadt daselbst sei heute ein Schiffer Namens Ulawski unter cholera— verdächtigen Erscheinungen gestorben.

Aus Jutfaas und Vianen (Niederlande) wird je ein Cholera⸗ Todesfall gemeldet.

Von Mittwoch Abend 6 Uhr bis gestern Abend 6 Uhr sind in

est 21 Cholera⸗Erkrankungen und sechzehn Todesfälle vorgekommen. Aus Preßburg wird gemeldet, daß gestern ein bei der Donauregulirung beschäftigter Arbeiter an der Cholera