1892 / 262 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 04 Nov 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssecretärs des Innern Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesraths wurde zunächst uber die geschäftliche Be⸗ handlung mehrerer Vorlagen Beschluß gefaßt. Mit der Wieder⸗ vorlegung des Gesetzentwurfs wegen . des Straf⸗ gesetzbuchs, des Gerichtsverfassungsgesetzes ꝛc. an den Reichstag, erklaͤrte sich die Versammlung einverstanden, stimmte dem vom Reichskanzler beantragten Erlaß neuer Bestimmungen für die Statistik der Krankenkassen zu und genehmigte die erforderlich ge⸗ wordene Ueberschreitung des Ausgabetitels zur Remunerirung von Hilfskräften im Besoldungs⸗-Etat der Reichsbank-Beamten. Dem Gesuch eines Reichsbeamten um Anrechnung einer längeren als der gesetzlich pensionsfähigen Dienstzeit bei Fest⸗ ihrn seines Ruhegehalts beschloß der Bundesrath keine Folge zu geben.

In der am 3. d. M. unter dem 6. des Vice⸗

Die Commission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich setzte in den Sitzungen vom 31. Oktober bis 2. November die Berathung des Abschnitts über Schuld⸗ verhältnisse aus unerlaubten Handlungen (SS 704 bis 736) fort.

Die S8 707 bis 709, welche die Frage regeln, ob der⸗ jenige, weicher in einem entschuldbaren Irrthum ge⸗ handelt hat, sowie Geisteskranke und Kinder für den von ihnen zugefügten Schaden verantwortlich sein sollen, führten zu einer lebhaften Discussion. Gegenüber dem Ent⸗ wurfe, der diese Frage, an dem Verschul ungsprincip fest⸗ haltend, verneint, waren von verschiedenen Seiten Gegenvor⸗ schläge gemacht, welche davon , daß in diesen Fällen innerhalb gewisser Grenzen eine Schadensersatzpflicht an⸗ zuerkennen sei. Schließlich wurden die 88 707 bis 70 rundsätzlich gebilligt, jedoch mit der Modification, daß in den

ezeichneten sowie uͤberhaupt in allen Fällen, in denen jemand

durch eine unverschuldete Handlung widerrechtlich einen Schaden age fig hat, eine Verpflichtung zum Schadensersatz insoweit egründet sein soll, als die Billigkeit nach den Umstaͤnden,

insbesondere nach den Verhältnissen der Betheiligten, eine , erfordert und demjenigen, der den Schaden zu⸗ fig hat, diejenigen Mittel nicht entzogen werden, welcher er edarf, um die ihm seinem Ehegatten und seinen Verwandten

gegenüber gesetzlich obliegenden Unterhaltungsverpflichtungen u erfüllen und seinen eigenen standesmäßigen Unterhalt zu

estreiten. Geisteskranke und Kinder sollen indessen auch inner—⸗

halb dieser Grenzen nur insoweit zum Schadensersatz ver⸗ pflichtet sein, als für den von ihnen zige figten Schaden von einem ausfsichtspflichtigen Dritten satz nicht erlangt werden kann. Einvernehmen bestand, daß der 5 79, der den Grundsatz ausspricht, daß derjenige, welcher in einem entschuldbaren Irrthum widerrechtlich einen Schaden zugefügt hat, für den Schaden nicht verantwortlich ist, angesichis des im s 704 zum Ausdruck gelangten Ver⸗ schuldungsprincips entbehrlich und deshalb zu streichen sei Der 3768 Satz 2, welcher denjenigen, dessen Vernunftgebrauch durch selbstverfchuldete Betrunkenheit. ausgeschlossen war, fuͤr den von ihm in diesem Zustande zugefügten Schaden verantwortlich macht, wurde durch die weitergehende Vor⸗ schrift ersetzt, daß, wer sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt hat, wegen eines in diesem Zustande einem Anderen widerrechtlich zugefügten Schadens in gleicher Weise verant—= wortlich sein soll, wie wenn er den Schaden aus Fahrlässigkeit verursacht hätte, es sei denn, daß er ohne Verschulden in diesen Zustand gerathen ist. Im S 709 wurden den Kindern, die das fiebente, aber nicht das acht⸗ zehnte Lebensjahr vollendet haben, taubstumme Personen gleichgestellt; auch sie sollen für den einem Anderen wider⸗ rechtlich zugefügten Schaden grundsätzlich nur dann verant⸗ wortlich sein, wenn sie bei Begehung der beschädigenden Handlung die zur Erkenntniß der Verantwortlichkeit erforder⸗ iche Einsicht besessen haben. Der 5 710, welcher die Haftung desjenigen, welchem kraft Gesetzes die Auf⸗ sicht über einen Anderen obliegt, für den Schaden regelt, welchen der letztere einem Dritten zufügt, fand mit der Abweichung Zustimmung, daß der Auffichts⸗ pflichtige von der Haftung nur dann befreit sein soll, wenn er beweist, daß er das nach dem Inhalt der Aufsichts pflicht ihm obliegende Maß von Sorgfalt beobachtet hatte oder daß der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Außerdem wurde die Vorschrift des 3 710 auf solche Fälle beschränkt, in denen die gesetzliche Aufsichtspflich! über eine Person verletzt wird, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustandes der Beaufsichtigung bedarf. In leicher Weise, wie der kraft Gesetzes zur Führung der Auf⸗

6h Verpflichtete, soll jedoch auch derjenige haften, welcher Führung der Aufsicht übernommen hat Ein Antrag, die Haftung allgemein

für diesen die

8 A0 Abs. 2). 6 all für solche Fälle zu bestimmen, in denen jemand die Führung der Aufsicht über eine der , ,., 1 wenn

auch nicht durch Vertrag mit dem kraft Gesetzes dazu Ver⸗ pflichteten, übernommen hat, wurde abgelehnt. Eine aus⸗ fuͤhrliche Debatte knüpfte sich an die Vorschriften der 8 711, 712 über die elt ung eines Geschäftsherrn (Dienstherrn, Gewerbetreibenden u. . w.) für den Schaden, welchen seine Angestellten oder Arbeiier in Ausführung der ihnen zugewiesenen Verrichtungen einem Dritten widerrecht= lich zufügen. Nach, dem Entwurf soll. der Geschäfis⸗ herr für einen solchen Schaden nur dann haften, wenn er bei der Auswahl der von ihm mit der Aus— führung des Geschäfts betrauten Person oder bei der Aufsicht über die Ausführung des Geschäfts die erforderliche Sorgfalt nicht beobachtet hatte. Von verschiedenen Seiten waren An⸗ träge gestellt, welche theils im Anschluß an den Art, 1384 Abf 3 des code civil, theils nach dem Vorbilde des Art. 62 des Schweizer Obligationenrechls die Haftung des Ge⸗ schäftsherrn, wenigstens für die Fälle des Betriebs eines Erwerbsgeschäfts (gewerblicher und landwirth⸗ schaftlicher Betriebe, mehr oder weniger zu verschärfen bezweckten. Nach Erörterung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte trat die Mehrheit im Princip dem Entwurf bei, jedoch unter Aenderung der Beweislast zu Gunsten des Beschädigien. Der Geschäftsherr soll mithin für den von seinen Leuten in Ausführung der ihnen zugewiesenen Verrichtungen einem Dritten widerrechtlich zugefügten Schaden haften, sofern er nicht beweist, 9. er bei der Auswahl und, sofern die 5. unter seiner Leitung auszuführen war, bei der Aufsicht über die Aus⸗

führung des Geschäfts die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hatte oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. In gleicher Weise soll der⸗ jenige haften, welcher für den Geschäftsherrn die Aufsicht über die Ausführung des Geschäfts übernommen hatte. Im Anschluß an die Vorschriften der 711, 712 wurde ferner beschlossen, in das Einführungsgesetz die Bestimmung aufzunehmen, daß die Vorschriften der Landesgesetze unberührt bleiben, nach welchen der Unternehmer eines Eisenbahn, Dampfschiffahrts- oder ähnlichen mit gemeiner Gefahr verbundenen Betriebes für die aus dem Betriebe entspringenden Gefahren über die . bestimmte Haftung hinaus einzustehen hat, daß ferner auch die Vorschriften der Landesgesetze unberührt bleiben, welche dem⸗ jenigen, der befugter Weise ein dem öffentlichen Gebrauch dienendes Grundstück zu einer Anlage oder einem Betriebe benutzt, die . für den Schaden auferlegen, der infolge der aus der Anlage oder dem Betriebe für den öffentlichen Gebrauch entstehenden Gefahren eintritt. Die SS 713, 714, welche die Haftung mehrerer für einen Schaden verantwortlichen Personen im Verhält— nisse zu dem Beschädigten und untereinander regeln, fanden im wesentlichen Zustimmung. Die Vorschriften des 3 715 über den K im Falle der Entziehung oder Verschlechterung einer Sache wurden gestrichen. Der sachliche Inhalt des 5 716 über die Haftung, wenn nach der Entziehung eines Gegenstandes derselbe durch Zufall unter⸗ gegangen oder verschlechtert worden ist, sowie des 5 717 Abs. 2, welcher dem Beschädigten das Recht giebt, statt der Entschädigung wegen entzogener Nutzungen des entzogenen oder beschädigten Gegenstandes von der Zeit der Entziehung oder Beschädigung an Zinsen von der ihm geschuldeten Ersatzsumme zu fordern, erfuhr keine Anfechtung. Dagegen wurde der 5 717 Abs. 1, der für den Fall der Entziehung von Geldstücken eine beson⸗ dere Bestimmung über die Verzinsungspflicht enthält, ge⸗ strichen. Gegen die den Ersatz von Verwendungen regelnde Vorschrift des 5718 erhob sich kein Widerspruch. Als 718 a wurde die neue Vorschrift hinzugefügt, daß derjenige, welcher wegen Entziehung oder Beschädigung einer beweg⸗ lichen Sache Ersatz zu leisten hat, durch die Leistung an denjenigen befreit wird, in dessen Besitz sich die Sache zur Zeit der Entziehung oder Beschädigung befunden hatte, wenn er das Eigenthum oder das sonstige an der Sache bestehende Recht eines Dritten nicht gekannt hat, seine Unkenntniß auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht hat. Die von der Ver⸗ jährung des Schadensersatzanspruchs handelnden r A9, 720 wurden unter Ablehnung verschiedener

nträge, welche theils die Streichung dieser Vorschriften, theils die Beschränkung der kurzen Verjährung von drei Jahren auf gewisse Fälle (55 709a, 710 bis 712, 5 I4 Satz Y, theils die Verlängerung der kurzen Verjährung für solche Fälle bezweckten, in denen der Schaden durch eine straf— bare Handlung zugefügt ist, nach dem Entwurf angenommen.

Da nach den vorliegenden amtlichen Nachrichten die Cholera⸗-Epidemie in dem zum hamburgischen Staats⸗ gebiet gehörigen Amt Ritzebüttel mit dem Hauptort Cux⸗ haven, sowie in der zu demselben Staatsgebiet gehörigen Stadt Bergedorf schon seit längerer Zeit erloschen ist und die Gefahr der Einschleppung der Seuche von dort aus nicht mehr besteht, haben die Minister des Innern und der geistlichen 2c. Angelegenheiten beschlossen, die in ihrer Rund⸗ verfügung vom 8. September d. J. (Nr. 214 d. R- ü. St-A.“ unter Ziffer 1 und 4 hinsichtlich der Meldefrist und polizeilichen Beobachtung von Per⸗ sonen und der Ein- und Durchfuhr bestimmter Gegenstände gegen das gesammte hamburgische Staats⸗ gebiet angeordneten Maßregeln für die vorgenannten Theile desselben außer Kraft zu setzen. Von diesem Beschluß sind die Regierungs-Präsidenten sowie der Polizei⸗Präsident von Berlin unter dem 31. Oktober zur weiteren Veranlassung in Kenntniß gesetzt worden.

Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt vom 3. bis 4. November Mittags gemeldete Cholera-Erkrankungs⸗ und Todesfälle:

Regierungsbezirk Marienwerder: Bei einem am 31. Oktober zu Schilno, Kreis Thorn, verstorbenen Flößer Cholera nachträglich erwiesen.

Königreich Sachsen: 5 Erkrankungen, 3 Todesfälle.

In Auerswalde bei Chemnitz

Der General⸗Inspecteur der 3. Armee⸗Inspection, General⸗ Feldmarschall Graf von Blumenthal, Chef des Reitenden seldjäger⸗Corps und des Magdeburgischen Füsilier-Regiments Nr. 36, ist hier wieder eingetroffen.

Der Regierungs-Rath Braune zu Koblenz ist an die Königliche Regierung zu Münster und der Regierungs⸗Aässessor

Hippenstiel zu Tassel an die Königliche Regierung zu Koblenz versetzt worden.

Der neuernannte und zur Zeit beurlaubte Regierungs⸗ Assessor Dr. Mauritz aus Düsseldorf ist bis auf weiteres dem Landrath des Kreises Iserlohn und der neuernannte Regierungs⸗Afessor Wilhelm Meyer aus Köslin bis auf weiteres dem Landrath des Kreises Kreuznach zur Hilfeleistung zugetheilt worden.

S. M. Kreuzer Habicht“, Commandant Carvetten⸗ Capitän Heßner, beabsichtigt am 7. November von Lissabon nach Plymouth in See zu gehen.

S. M. Kanonenboot „Iltis“, Commandant Capitän⸗ Lieutenant Graf von Baudissin, ist am 3. November d. J. in Shanghai eingetroffen.

Sigmaringen, 3. November. Seine Majestät der König von Rumänien und der Prinz Ferdinand sind von hier nach Coburg abgereist.

Württemberg. Stuttgart, 4 November. Seine Majestät der

Kaiser traf gestern Abend 9“ Uhr hier ein und wurde von

Seiner Majestät dem König, den Königlichen Prinzen, den fremden Fürstlichkeiten, der Generalität, dem Minister⸗Präsi⸗ denten und den Vertretern der Stadt am Bahnhof empfangen. Die Begrüßung der Monarchen war eine sehr herzliche. 8 Bahnhof war eine Ehren⸗Compagnie vom Infanterie⸗Regiment Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 120 aufgestellt. Die auf dem ganzen Wege vom Bahnhof bis zum Schloß Kopf an Kopf gedrängte Menge begrüßte Ihre Majestãten, Allerhöchstwelche gemeinsam in einem Wagen zum Schlosse fuhren, mit stürmischen Hochrufen, Zum Ehrendienst bei Seiner Majestät dem Kaiser sind der General der Infanterie und commandirende General des Armee⸗Corps von Wölckern, der Oberst und Commandeur des Infanterie⸗Regiments Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 120 von Seckendorff— sowie der Premier⸗Lieutenant von demselben Regiment Ludwig commandirt worden.

WVorgestern Abend waren bereits hier eingetroffen: Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erhgroß⸗ herzogin von Weimar und Ihre Kaiserliche Hoheit die Groß⸗ fürstin Constantin; gestern früh trafen Fehr Königlichen Hoheiten der Herzog und die Herzogin Philipp von Württem⸗ herg mit ihren Kindern, der Herzogin Maria und den Herzogen Robert und Ullrich, Seine Kaiserliche Hoheit der Großfürst Wladimir sowie Ihre Königlichen Hoheiten die Herzoge Wil⸗ helm und Nikolaus von Württemberg, gestern Mittag Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Erzherzog Ludwig Victor ein, der mit militärsschen Ehren empfangen wurde. Abends erfolgte ferner die Ankunft Ihrer Königlichen Hoheiten des Prinzen Ludwig von Bayern und des Prinzen Johann Georg von Sachsen. Später kamen noch Ihre Kaiserlichen Hoheiten die Großfürsten Sergius und Alexis. Besondere Vertreter der Höfe von Hessen, Sachsen-Altenburg, Braunschweig, Mecklen⸗ hurg-Strelitz, Oldenburg und den Niederlanden sind ebenfalls hier eingetroffen.

Gestern Vormittag wurde von 10 bis 1112 Uhr an dem Sarge in der russischen Kapelle eine feierliche Messe abgehalten und dieser darauf unter Vorantritt der russischen Geistlichkeit nach dem alten Marmorsaal über dem Hauptportal des König⸗ lichen Residenzschlosses gebracht, wo abermals ein kurzer rufsischer Gottesdienst stattfand, dem Ihre Majestäten der König und die Königin sowie die bereits anwesenden fremden Fürstlichkeiten beiwohnten. Der Sarg ruhte auf einem Katafalk unter einem Baldachin aus schwarzem Sammet und Silberstoff. Ueber dem Haupt, auf einer Console, lag die Königliche Krone auf Kissen von Goldstoff, zu den Füßen auf schwarzem Tabouret die Ordens-Insignien der hohen Verewigten; rechts und links standen je vier silberne Kandelaber mit brennenden Kerzen, ein weißes Atlaskreuz schmückte den schwarzen Hintergrund. Rings um den Katafalk waren prachtvolle Kränze und Palmen niedergelegt. Neben den Kränzen Ihrer Königlichen Majestäten und der Mitglieder des Königlichen Hauses sah man Kränze von Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin, der Prinzessin Luise von Preußen, der Großfürstin Konstantin, den Erzherzogen Albrecht und Ludwig Victor. Das König⸗ liche Staats⸗Ministerium, der ständische Ausschuß, die Stadt Stuttgart, sämmtliche württembergischen Regimenter, der württembergische Kriegerbund, der Sanitätsverein und ver⸗ schiedene Wohlthätigkeitsanstalten 2c. hatten gleichfalls Kränze niederlegen lassen. Von 1 Uhr ab wurde ei em zahlreichen Publikum der Zutritt zu dem Marmorsaal gestattet.

Heute Vormittag fand die feierliche Beisetzung statt. Bereits um 8 Uhr zog eine Compagnie des Grengdier⸗Regiments „Königin Olga“ mit der Fahne und dem Musik-Corps als Ehrenwache vor dem Hauptportal des Residenzschlosses auf. Um 101½ Uhr wurde vor dem Katafalk in Anmesenheit Seiner Majestät des Kaisers, der Königlichen Familie, der übrigen hier anwesenden fremden Fürsten, der Specialgesandten fremder Höfe, der Hofstaaten, der Standesherren, der Mitglieder des diplomatischen Corps, der Staats-Minister und Mitglieder des Geheimen Raths, des ständischen Ausschusses, der Generalität, des Stadt⸗ Directors, der Vorstände und einer Deputation der bürgerlichen Collegien von Stuttgart, sowie einer Abordnung der hiesigen Geistlichkeit aller Confessionen und anderer besonders ein⸗

geladener Persönlichkeiten ein Gebet durch den Ober⸗Hof⸗

prediger Prälaten Schmid gesprochen und sodann von der russischen Geistlichkeit noch eine kurze Trauerlitanei abgehalten.

Nach Schluß dieses Trauergottesdienstes wurde um 11 Uhr der Sarg von dem Katafalk unter Vorantritt der russischen Geistlichkeit auf den Trauerwagen gebracht, worauf sich fofort der Leichenconduct unter dem Geläute aller Kirchen⸗ locken der Stadt in Bewegung setzte. Den Zug eröffnete die Stuttgarter Stadtgarde zu Helßt der eine Escadron des Dragoner- Regiments Königin Olga. mit der Standarte folgte. An diese schlossen ph an:! die Dienerschaft Ihrer Majestät der verewigten Königin, Höchstderen Oberst⸗ . und die anderen Herren ihres Hof⸗ faats, sodann der Major Freiherr von Crailsheim vom Grenadier⸗Regiment „Königin Ilga“ and der Major Fränzinger vom Dragoner⸗Regiment Königin Olga“, die die Königliche Krone und die Ordens-Insignien der hohen Verewigten trugen und von je zwei Subaltern-Offizieren begleitet waren, sowie die russische Geistlichkeit. Es folgte dann der mit sechs Pferden bespannte Leichenwagen, der von den Kammerherren Freiherr von Röder, Freiherr von Gültlingen, Freiherr von Ifflinger und Graf Reuttner von Weyl, und den Stabsoffizieren Oberst von Miller vom Grenadier⸗ Regiment, Major Griesinger und Major Freiherr von Röder vom Dragoner⸗Regiment und Major von Schraishuon⸗-Seubert vom Grenadier⸗Regiment „Königin Olga“ begleitet wurde. Die Zipfel des Leichentuchs wurden von Inhabern des Groß⸗ kreuzes der württembergischen Orden getragen. Hinter dem Leichenwagen ging die Hofgeistlichkeit. Sodann folgten Seine Majestät der Kaiser mit Seiner Majestät dem König, ferner die Prinzen des, Königlichen Hauses, die anwesenden Fürstlichkeiten, die, besonderen Abgesandten und die übrigen bereits namhaft gemachten Personen. Den Schluß bildete eine weitere Escadron des genannten Dragoner⸗ Regiments. Der Zug ging durch Militärspaliere an dem Hof- Theater vorüber durch die nördliche Allee zur Königs- siraße, auf dieser bis zur oberen Ecke des S i. und weiter über die Planie nach dem westlichen Thor des alten Schlosses, vor dem die Escorte zurückhblieb. Der Leichenwagen fuhr in den Hof des alten Schlosses, in welchem Depulationen der den Namen. „Königin Olga. führenden württembergischen Regimenter aufgestellt waren, vor

Trauerstab und der Hofgeistlichen.

das mittlere Portal der Königlichen Schloßkapelle. Der Sar wurde daselbst vom Wagen gehoben und auf das Trauergerüst vor dem Altar getragen, unter Vortritt eines Hoffouriers mit

Seine Majestät der ö. Seine Majestaͤt der König und die Prinzen des Königlichen Hauses, sowie die fremden Fürsten und Special⸗Abgesandten nahmen an der linken Seite des Sarges gegenüber dem Altar Platz, ebenso Ihre Majestät die Königin Charlotte, Ihre Königliche Doheit die Großherzogin von Baden und die Königlichen Prinzessinnen, Höͤchstwelche den Leichenzug in dem Königlichen Stande der Schloßkapeile erwartet hatten und nunmehr unter Vortritt der hierzu befohlenen Kammerherren sich u dem Altar begaben. Hinter den Höchsten Herr⸗ hafte stellte sich das hierzu besonders befehligte Gefolge auf. Für den Hofstaat. Ihrer Majestät der verewigten Königin war ein Platz bei dem Altar vorbehalten. Die übrigen Hofstaaten nahmen ihren Platz in dem Königlichen Stande die Mitglieder des diplomatischen Corps, des Staats⸗Ministeriums 2c. ꝛc. die für sie vorbehaltenen Plätze ein. Während der Sarg in die Kapelle getragen wurde, wurde die Orgel gespielt, worauf ein kurzer . des Königlichen Singchors folgte. Dann hielt der ber⸗ Hofprediger Prälat Schmid die Trauerrede. Nach der Rede wurde der Sarg in die Gruft gesenkt, während ein Choral gesfungen und von einer Batterie des 2. Württember⸗ gischen Feld⸗Artillerie⸗ Regiments Artilleriesalven abgegeben durden.“ Unter Vortritt des Ober⸗Hofpredigers begaben Sich sodann Seine Majestät der König und die hohen Anverwandten in die Gruft, woselbst die Einsegnung durch die russische Geistlichkeit erfolgte. Während dieser Hand⸗ lung wurde von dem Königlichen Singchor ein Gesang aus⸗ gefuhrt. Nach der Rückkehr aus der Gruft schloß der Hof⸗ prediger Braun die Feier mit einem Gebet.

Braunschweig.

Braunschweig, 3. November. Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzog⸗ thums Braunschweig, läßt sich bei der Beisetzungsfeier der ver⸗ storbenen Königin-Wittwe Olga von Württemberg durch den Herzoglichen Kammerherrn Freiherrn von Münchhausen ver⸗ treten.

Deutsche Colonien.

Eine Sonderausgabe des „Deutschen Colonialblatts“ ver⸗

öffentlicht einen Bericht des Lieutenants Johannes über ein siegreiches Gefecht bei Mhunzi (Kilimandscharo) am 27. August zwischen 60 Mann der 4 Compagnie der Kaiserlichen Schutztruppe und den Mahenge⸗ Mafitis. Johannes hatte in Erfahrung gebracht, daß die Mahenge⸗Mafitis das Dorf Mhunzi überfallen wollten, und marschirte deshalb zum Schutze des Dorfs in der Nacht vom 26. zum 27. . von der neu begründeten Station Kisaki aus dorthin. In der Frühe richteten die Mafitis einen An⸗ griff auf die Boma, in die sie von Norden aus eingedrungen waren; die Schutztruppe trieb sie durch Salven und Schnell⸗ feuer zurück; trotzzem wurden von ihnen noch a Angriffe versucht, die jedoch mit für die Mafitis sehr blutigen Ver⸗ lusten und ohne Verluste für die Schutztruppe n wurden. Keinem Mafiti war es gelungen, in die Reihen der Unfrigen einzudringen. Sie ergriffen schließlich wilde Flucht und müssen einen Verlust von mindestens 200 Mann gehabt haben; die Zahl der Angreifer wird auf etwa 3009 bis 5000 geschätzt. Lieutenant Johannes lobt in seinem Bericht die . und Entschlossenheit des Unteroffiziers Weinberger, und ebenso , die übrigen Chargen sowie die alten Sudanesen über— aupt ihre Pflicht in größtem Maße erfüllt; die neuen Sudanesen hätten sich aber nicht besonders ausgezeichnet, viel⸗ leicht weil sie ihre Waffe noch nicht genau kennen.

Oesterreich⸗Ungarn.

Morgen tritt der Reichs rath zusammen. Unter den Gesetz⸗ entwürfen, die ihm vorgelegt werden . sich dem Wiener 5 zufolge zwei Vorlagen befinden, in denen der Handels⸗

inister um die Ermächtigung zur Verlängerung der bis— herigen Handelsconvention mit Serbien sowie um Verlängerung des derzeitigen Pro visoriums mit Spanien bittet. Ferner wird dem Reichsrath demnächst ein Gesetz⸗ entwurf über die Verstaatlichung des Telephonwesens zugehen. Auch durch Arbeiten im Interesse der Social—⸗ gesetzgebung wird der RNeichsrath in Anspruch ge⸗ nommen werden, da der Handels⸗Minister beabsichtigt, den Gesetzentwurf über die Regelung der Aus⸗ verkäufe einzubringen; die bereits in der Verhand⸗ lung, durch einen Ausschuß stehende Vorlage über die Einigungsämter, die corporative Vertretung der Arbeiter ꝛc., wird n,, von dem Plenum schon in den . Wochen der Sessionsperiode in Berathung gezogen werden.

Vorgestern fand, wie den Wiener Blättern aus Bu da⸗ pest gemeldet wird, daselbst ein unggrischer Minister⸗ rath statt. Die von diesem gefaßten Beschlüsse sind indessen der Conferenz der liberalen Partei des ungarischen Unter⸗ J. nicht mitgetheilt worden, und zwar deshalb, weil die Versammlung der liberalen Abgeordneten nicht vollzählig war und die r Werth darauf legt, daß die Partei bei . Anlässen vo n, vertreten sei. Der Minister⸗Präsident Graf Szaparmy erklärte, daß die Regie⸗ rung demnächst der Partei von ihren Vereinbarungen in Betreff der kirchenpolitischen Fragen Mittheilung machen werde. Die nächste Parteiconferenz soll bald stattfinden.

Die Bilanz der ungarischen Staatskassen im dritten Quartal des Jahres 1892 stellt sich um 408 30793 51. ungünstiger als diejenige im gleichen Quartal des Jahres 1891.

Das Unterhaus beschloß in seiner gestrigen Sitzung, der Verdienste des verstorbenen Abgeordneten Iranyi im Protokoll Erwähnung zu thun, einen Kranz auf der Bahre niederlegen zu lassen und die Kosten für die Be⸗ stattung in Budapest zu übernehmen. Am Tage der Beisetzung wird das Haus keine Sitzung abhalten. ; .

In der gestrigen Sitzung des Finanzau sschusses er⸗ klärte der Finanz- Minister Br. Wekerle, die Prägung von Goldmünzen sei im Gange, die Praͤgung von Silber⸗ münzen beginne in diesem Monat, und auch mit der Prägung von Bronzemünzen werde alsbald begonnen werden. Beireffs der Converfion wünschte der Minister, daß gleich bei Beginn der Operation so erhebliche Ersparungen erzielt würden, daß hierdurch auch die Valuta⸗Regulirung beschleunigt werde.

Großbritannien und Irland.

Eine gestern erschienene Extra-Ausgabe der „London Gazette enthält die Anordnung einer zweiwöchigen Hof⸗ trauer für die verstorbene Königin⸗Wittwe von Württemberg.

Bei einer vor einigen Tagen abgehaltenen Comité⸗Sitzung der Landwirthschaftlichen Kammern wurde ein Bericht des Geschäftsausschusses einstimmig angenommen, worin der Wunsch der vereinigten Kammern, eine nationale landwirthschaft⸗ liche Conferenz abzuhalten, hervorgehoben wird. Nach einer kurzen Discussion beschloß das Comité die Einberufung einer in. Conferenz, die am 7. Dezember im Smithfield Club tagen soll. Aus einem sodann zur Verlesung gelangten Bericht des Comités für Viehkrankheiten wurde auf die erfolgreiche Unterdrückung der Lungenseuche, durch stricte Anwendung des Gesetzes von 1890, hingewiesen. Das Doppel- währungs⸗-Comits drückte die. Hoffnung aus, daß man den Einfluß Englands aufbieten werde, um eine zufriedenstellende Regelung durch internationale Uebereinstim⸗ mung herbeizuführen. So lange die gegenwärtigen Währungs⸗ gesetze fortdauerten, sei eine Besserung in der Landwirthschaft und Hebung des Handels nicht zu erwarten. Man sehe daher mit Spannung dem Resultat der Brüsseler Conferenz ent⸗ gegen, von der man sich einen praktischen Erfolg verspreche.

Ein sehr erfolgreicher Versuch mit den von der ameri—⸗ kanischen Regierung für alle Kriegsschiffe adoptirten, unter dem Namen „High-carbon Nickel Harveyized« bekannten neuen . tten ist an Bord des k „Nettle“ in

ortsUmouth vorgenommen worden. an ließ auf die Platte fünf Schüsse aus einem 6 Zoll⸗Hinterlader abgeben, dessen Ladung aus Pfund von E. . E. Pulver bestand; das Gewicht des Geschosses betrug 100 Pfund und die Schießgeschwindigkeit 19775 Fuß per Secunde. Der Erfolg war, wie die „A. C.“ berichtet, ein geradezu ver⸗ blüffender. Die Platte, die 6 bei 8 Fuß maß und 1016 Zoll dick war, widerstand den Angriffen in einer solchen Weise, daß sie auch nicht einen einzigen Sprung aufzuweisen hatte. Weitere Versuche mit dünneren Platten derselben Construction sollen demnächst angestellt werden.

Frankreich.

Die französische Gesandtschaft an den Sultan von Marokko ist nach Tanger zurückgekehrt. Wie, W. T. B. meldet, umfaßt das von dem Grafen d'Aubigny abgeschlossene Handelsübereinkommen zahlreiche Zollermäßigungen für die Einfuhr französischer Waaren und gestattet die Ausfuhr verschiedener marokkanischer Erzeugnisse, die bisher nicht ausgeführt werden durften. Der Vertrag soll am 31. Dezember d. J. in Kraft treten.

Den Abendblättern zufolge dürfte Oberst Dodds infolge der nothwendigen Verproviantirung der Truppen, und um den letzteren einige Rasttage zu gönnen, erst am 3. November weiter vormarschire n. Nachrichten über die Einnahme Abomenys seien frühestens am 11. November zu erwarten. Wie die Blätter weiter berichten, hätten die Truppen der Dahomeyer in den letzten Gefechten außer über Geschütze auch über Mitrailleusen verfügt.

Der Begleiter des im vorigen Jahre auf einer Reise in Afrika verunglückten Lieutenants Quiquérez, Lieutenant Segonzac, wird in den nächsten Tagen vor ein mili⸗ tärksches Üntersuchungsgericht gestellt werden, weil er zuerst Fieber und später Selbstmord als Todesursache Quiquèrez's angab.

. Meldungen aus Tunis zufolge ist der dortige französische General Resident Massicault nicht nk gh erkrankt.

Rußzland und Polen.

In Anwesenheit des Kaisers und der Kaiser in fand gestern in St. Petersburg die feierliche Kiellegung zu einem neuen Panzerkriegsschiffe und der Stapellauf des mächtigen (in der gestrigen Nummer d. Bl. näher beschriebenen) Panzer⸗ kreuzers „Rjurik“ statt. Dem vom schönsten Wetter be⸗ n fs ei Schauspiele wohnte eine große Menschenmenge bei.

Wie verlautet, hätte das Finanz⸗Ministerium eine Vorlage wegen Erhöhung der Stempelsteuer um 25 Proc. eingebracht.

Italien.

Nunmehr hat auch der Minister-Präsident Giolitti in der gegenwärtigen Wahlbewegung das Wort ergriffen. Bei einem gestern in Rom, im Palast der schönen Künste, ihm zu Ehren veranstalteten Festmahl trat Herr Giolitti nach dem Bericht des „W. T. B.“ für den Finanzplan des Mi⸗ nisteriums ein und erklärte, das Ministerium wolle den letzten Rest des Budget-Deficits beseitigen. Wenn die ministeriellen Vorschläge angenommen würden, so werde ein vollkommenes Gleichgewicht im Budget erreicht werden. Von der auswärtigen Politik werde er nicht sprechen, nachdem der Minister des Auswärtigen Brin bereits den festen Willen Italiens kundgegeben habe, den Bündnissen treu zu bleiben und durch Thatsachen zu beweisen, daß diese Bündnisse ganz allein die Sicherung des Friedens bezweckten, und nachdem Brin dem festen teh ß der Regierung Ausdruck gegeben habe, einerseits darüber zu wachen, daß der legitime Einfluß Italiens nicht vermindert werde, andererseits aber die freundschaftlichen Beziehungen zu allen Staaten zu pflegen. Die Vereinigung von Vertretern fast aller civilisirten r schaft⸗ in Genua habe Italien die Gewißheit gewährt, daß es von allen als eine Bürgschaft des Friedens betrachtet werde. Indem das Ministerium dem augenblicklich überall in Geltung stehenden Schutzzollsystem widerstehe, werde es bestrebt' sein, die internationalen Handelsbeziehungen u verbessern, den italienischen Erzeugnissen neue b⸗ 3. ebiete zu eröffnen und die Handelsflotte 3 heben.

. werde die , ihre Kräfte der Assanirung der römischen Campagna widmen. Er glaube, daß die socialen Fragen vor allem dazu führen würden, die Parteien scharf von einander zu scheiden. arteien werde es immer geben, da die Tendenz vorwärts zu schreiten oder andererseits das Bestehende zu erhalten den Menschen angeboren sei. Gegen⸗ über Rudin! erklärte Giolitti, der Vorschlag, die Parteien in Monarchisten und Republikaner zu scheiden, entspreche nicht den thatfaͤchlichen Verhältnissen in Italien, wo es nur ganz vereinzelte Republikaner gebe. Die ernstesten und fruchtbarsten Meinungskämpfe fänden zwischen Parteien statt, die in gie Weise der Monarchie ergeben und , ,,. seien, daß diese die sicherste Bürgschaft für die Einigkeit, Unabhängigkeit und Freiheit des Vaterlandes sei.

Spanien.

Infolge der Absage des Hofes, nach Granada zu kommen, haben dort vorgestern Abend Straßentumulte 3 Die Triumphbogen und die Königliche Tribüne wurden mit Steinen beworfen und unter dem Rufe: „Es lebe die Republik!“ in Brand gesteckt. Berittene Gendarmerie zerstreute die an der Kundgebung betheiligten Personen, wobei einige Ver⸗ wundungen vorkamen und mehrere Verhaftungen vorgenommen wurden. Nach weiteren aus Granada in Madrid eingetroffenen Nachrichten ist jetzt die Ruhe wiederhergestellt. Der dortige Präfect ist seines Postens enthoben und der Belagerungs⸗ ustand proclamirt worden. Die Minister haben ihre beab⸗ fe en, Reise nach Granada aufgegeben. Der Präfect von Madrid hat seine Entlussung eingereicht. .

Luxemburg.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist gestern Mittag in k eingetroffen und hat sich sofort nach Schloß Walferdingen begeben. ;

Der Staats⸗Minister Dr. Eyschen hat, wie die „Luxb. Ztg.“ meldet, die Abgeordneten benachrichtigt, daß die De⸗ putirtenkammer am 8. d. M, um 3 Uhr Nachmittags, zu ihrer ordentlichen Tagung zĩusammentrist, und daß die Session durch den Staals⸗Minister, im Auftrage Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs, eröffnet werden wird.

Belgien.

Die Commission der Deputirtenkam mer für die Revision der Verfassung hat, einer Meldung des W. T. B.“ zufolge, nach ih rdnul? der von den Deputirten Janson und Feron neuerdings gestellten Abänderungsanträge mit 13 gegen 5 Stimmen das an das Innehaben einer Wohnung geknüpfte Wahlsystem angenommen.

Der Bund der Arbeiterpartei hat beschlossen, bis . nächsten Dienstag, dem Tage der Kammereröffnung, mög⸗ lichst zahlreiche Versammlungen abzuhalten und am Dienstag selbst, bei der Fahrt des Königs zur Kammereröffnung, Kund⸗ gebungen zu veranstalten.

Rumänien. .

In Bezug auf die Zappa-Angelegenheit ist in der gestrigen Nummer d. Bl. der Standpunkt der griechischen Regierung mitgetheilt worden. Jetzt hat auch die rumä⸗ nische Regierung ihre Ansicht darüber kundgegeben, welche nach der Mittheilung der ‚Nat⸗Ztg.“ wie folgt lautet:

Die rumänische Regierung hat der Erbschaftssache Zappa keine große Bedeutung beigelegt und aus diefem Grunde nicht daran ge⸗ dacht, vor der unerwarteten Wendung, die ihr durch die griechische Regierung gegeben wurde, den Thatbestand derselben festzustellen oder diesbezügliche Aufklärungen zu geben. Jetzt aber tritt, diese Nothwendigkeit ein, um die einseitige griechische Darlegung des Sachverhalts richtig zu stellen und der öffentlichen Meinung das Substrat für eine unbefangene Beurtheilung zu geben. Es sei daher vorerst daran erinnert, daß es sich um ein Testam ent handelt, von dessen Bestimmungen einige gültig, andere hingegen augenscheinlich hinfällig waren. Der Erblasser Evangeli Zappa hatte in demselben verschiedene Legate angeordnet, darunter eines zu Gunsten der rumänischen Akademie, andere zu Gunsten von Verwandten nãheren oder entfernteren Grades. Der Fruchtgenuß des erübrigenden Vermögens wurde von Evangeli und seinem Neffen . Zappa vermacht. Insolange der Fruchtnießer lebte, hatte der rumä⸗ nische Staat keine Veranlassung, zu untersuchen, ob Evangeli Zappa das Eigenthumsrecht an seinem Immobiliar⸗Ver⸗ mögen irgend Jemandem rechtmäßig zugewendet hatte, denn die Ver⸗ handlung hierüber konnte erst nach dem Tode des Nutznießers in i. gerathen. Die Thatsache, daß die rumänische Regierung zu ver⸗

chiedenen Malen Handlungen vornahm, die als Anerkennung, nicht der Gültigkeit des Testaments, sondern der damaligen factischen Sach“ lage betrachtet werden konnten, beispielsweise, daß das rumänische Ministerium des Aeußeren in Vertretung und im Namen der Akademie in Bukarest bei der Einziehung der letzterer von Zappa legirten Rente thätig war ein Umstand, auf, den sich, heute die

riechische Regierung beruft konnte weder für die Zukunft ein n . bilden, noch die Anerkennung einer damals noch nicht cxistirenden Rechtslage involpiren. Die Frage nach der Gültigkeit der Verfügungen des Evangeli Zappa in Bezug auf das Eigenthum an seinem Nachlasse blieb daher nothgedrungenerweise eine offene, während Constantin Zappa den ihm gesetzlich vermachten Frucht⸗ genuß ausübte, ohne irgendwie gestört zu werden. Erst nach seinem Tode begann die Frage, wem das Eigenthumsrecht an dem Nach⸗ lasse des Evangeli Zappa. zustehe, acut zu werden. Die rumänischen Gerichte wurden mit Gesuchen um Inbesitzsetzung ange⸗ gangen: I) seitens der griechischen Regierung, die jene Vermächt⸗ niffe beansprucht, welche der ‚Olympischen Commission, hinterlassen worden, Y) seitens der Seiten verwandten des Evangeli Zappa, welche die Rechtsgültigkeit des Testaments bestreiten. Andererseits intervenirt die rumäntsche Regierung, um ihre Rechte für den Fall zu wahren, daß die Verlassenschaft für den Fall, daß die angeblichen gesetzlichen Erben nicht in der Lage wären, ihre Verwandtschaftsverhältnisse nach⸗= ziweisen, herrenlos würde. Bei dieser Gelegen eit sei bemerkt, daß das Testament nicht wegen bestandener Testamentsunfãhigkeit Evangeli Zappa's (Irrsinn ze) angefochten wird, so daß kein innerer Zufammenhang zwischen den verschiedenen Vermächtnissen besteht und einzelne derselben gültig, die anderen unwirksam sein können. Damit wird eines der Argumente der griechischen Regierung hin⸗ fällig. Ganz unabhängig von der Frage der Rechtsgültigkeit der einzelnen Legate, ift aber auch die Intervention der griechischen Regierung an sich nicht gerechtfertigt, denn der Erblasser spricht nir⸗ gend von dieser, fondern immer nur don der. Olympischen Commission., einer juristischen Person, die ihre Entstehung lediglich der Verfügung Evangeli Zappa's verdankt. Wohl ist es richtig, daß Versuche unter, z20ommen worden sind, um festzustellen, daß die Olympische Commission! bereits früher bestanden babe, indem man zwischen ihr und einer vom König Otto gegründeten Institution zur Beförderung der In⸗ dustrie einen Jusammenhang finden wollte, aber es ist nicht ge⸗ lungen, dies zu erweisen; man hat es somit hier mit einer Stiftung zu thun, die von einem Fremden zu Gunsten einer fremden Körper schaft in einem Staate errichtet wurde, in dem analoge Corpora- tionen der staatlichen Ermächtigung bedürfen, um EGigenthum er. werben zu können Es substituirt sich daher der griechische Staat einer juristischen n. die allein im Testament bejeichnet und durch dasselbe ins Leben gerufen erscheint, und um seine Ansprũche durchzusetzen, will er die Grundgesetze eines Landes in Bezug auf die Güter der Todten Hand und auf die Rechtsverhältnisse der un⸗ beweglichen Sachen umftürzen, ganz abgesehen von der Rechts⸗ verweigerung, welche er zum Schaden dritter betheiligter Personen, die seine eigenen Unterthanen sind, herbeizuführen sich bemüht. Zwei Fragen, werfen, sich somit in dieser Streitfrage auf: I) Welches Gericht ist berufen, in Ansehung der unbeweglichen Güter des Nachlasses Evangeli Jappa's ein Urtheil zu fällen und 2) Kann eine fremde in fr e erson in einem anderen Staate Güter besitzen oder erwerben? Diese zweite Frage hat a nur ein subsidiäres Interesse, denn für den Augenblick handelt es sich nur um die erste, die aber nicht schwer zu entscheiden i da kein Land existirt, in dem hierüber eine Controberse besteht., In allen Gesetz⸗ gebungen sind es nämlich die Gerichte desjenigen Landes, in dem sie die Immobilien befinden, welche allein zur , competen

sind, und deshalb ist auch im vorliegenden Fall kein Plaßz für Ver⸗ handlungen von Staat zu Staat oder für ein Laren g, ;