rtommunalen Haushalt, sobald aus irgend einer Veranlassung das besteuerte Einkommen in der einzelnen Gemeinde sinkt. Die hieraus entspringenden Folgen äußern sich für den Gemeindebaushait namentlich der kleineren und mittleren Gemeinden weit rascher und empfindlicher als für den Haushalt des Staats. Ein wirthschaft⸗ licher Rückgang ist häufig nur ein localer oder auf einzelne Erwerbs zweige beschränkter; während sich die Folgen iu dem großen Staats⸗ gebiete ausgleichen, machen sie sich in dem kleineren Gemeindewesen um so rascher und drückender fühlbar. Hier kann selbst schon der Ausfall der Einkommensteuer eines einzigen, bis dahin hochbesteuerten Gemeindeangehörigen eine empfindliche Störung im communalen Haus⸗ halte verursachen. Ein Gemeinwesen, welches ausschließlich oder vor- zugsweise sich auf die in der Gemeinde aufkommenden Perfonalsteuern stützt, stellt den in der Regel nicht zu vermindernden Ausgabenetat auf unsichere und schwankende Einnahmen, welche bei wirthschaftlichem Rückgange eines in der Gemeinde bestehenden Haupterwerbzweiges gerade in solchen Zeiten versagen, in welchen die Ausgaben der Gemeinden steigen.
Eine als ungerecht und drückend empfundene communale Ein⸗ kommensbesteuerung muß an sich die gesunde Entwickelung der Gemeinde hemmen, insbesondere seitdem mit der neuen Ein— kommensteuer das Einkommen nicht nur in vollem Betrage erfaßt, sondern auch in den höheren Stufen mit höheren Sätzen belaftet wird. Hiermit macht sich der durch die communale Einkommensbesteuerung ausgeübte Steuerdruck in gesteigertem Maße fühlbar. Während vor⸗ dem bei unverhältnißmäßig niedriger Veranlagung der Principalsteuer die hohen Einkommenstenerzuschläge vielleicht ohne übermäßigen Druck getragen wurden, hat nunmehr eine Verschiebung der Steuerlast statt⸗ gefunden, welche nicht nur oft wohlhabende oder reiche Perfonen von dem Zuzuge in eine Gemeinde mit hoher Einkom mensteuerbelastung abhalten, 1 gerade die steuerkräftigsten Einwohner, welche nicht durch ihre Erwerbsthätigkeit oder durch starke persönliche Beziehungen gn die Gemeinde gefesselt sind, dazu führen wird, ihren Wohnfitz oder Aufenthalt in eine Gemeinde mit niedrigerer Einkommensteuerbelastung zu verlegen. Eine überwiegende und unvorsichtige Anknüpfung der Communalbesteuerung an die staatliche Einkommensteuer kann daher namentlich in kleineren und mittleren Gemeinden nur zu leicht zur Folge haben, daß die Gemeinden sich selbst ihrer leistungsfãhigsten Steuerkräfte berauben, und hiermit zugleich die ungefunde Entwickelung einzelner Großstädte fördern, in welchen sich wegen der Concentration des Kapitals in denselben die communale Einkommensbesteuerung in mäßigerer Höhe bewegt.
Die Gemeinden sind hiernach durch ihr eigenes Interesse darauf angewiesen, bei der Vertheilung ihres Steuerbedarfs mit Realsteuern in dem vollen, durch allgemeine volkswirthschaftliche Rücksichten und durch die besonderen Verhältnisse gebotenen Umfange auch diejenigen Objecte zu belasten, welche mit ihnen in einer unzertrennlichen Ver⸗ bindung stehen und daher die sicherste Fundirung des Gemeindehaus⸗ halts gewähren. Vorbedingung aber einer folchen Finanzpolitik der Communalverbände ist wiederum die Freigabe dieser Objecte aus der bisherigen staatlichen Besteuerung. Dies entspricht nicht minder einem dringenden Gebot der Staatsfinanzen. Nach allen bisher gemachten Erfahrungen ist es nicht so sehr die Höhe der staatlichen Einkommen steuer, als ihre Vervielfältigung durch übermäßige Zuschläge, welche die weitverbreiteten Klagen über Steuerdruck hervorgerufen hat. Es leuchtet ein, daß mit der Höhe der Zuschläge das Bestreben der Steuer⸗ pflichtigen zunimmt, die Principalsteuer möglichst herabzudrücken. Eine dem Geiste des Einkommensteuergesetzes entsprechende Veranlagung ist nur möglich, wenn die Steuerpflichtigen selbst nicht nur in' den eigenen Steuererklärungen ihr Einkommen richtig und ohne Rückhalt angeben, sondern auch, sfoweit sie den Veranlagungs- und Berufungs⸗ commissionen angehören, sich bei ihren amtlichen Obliegenheiten von dem Bestreben leiten lassen, das gesammte Einkommen aller Steuer— nach den Vorschriften des Gesetzes zur Besteuerung heran⸗ zuziehen.
Beides ist in vollem Maße nur zu erreichen, sofern die Ueber— lastung mit Zuschlägen aufhört. Wenn unter dem Drucke übermäßiger Zuschläge sich eine allgemeine Abneigung gegen die staatliche Einkommen⸗ steuer selbst herausbildet, so ist eine dem Geiste des Gesetzes ent⸗ sprechende Veranlagung der Einkommensteuer, der Hauptsteuer des Staats, in hohem Grade erschwert und gefährdet.
Nach dem Vorstehenden erscheint es auch vom Standpunkte der gommunalen Besteue rung geboten, die Aufhebung der staat⸗ lichen Ertragssteuern vorzuschlagen, um hiermit den Ge⸗ meinden diejenigen Steuerquellen zu eröffnen, deren sie für die richtige Ausgestaltung ihres Steuerwesens bedürfen.
Den Schluß dieses Abschnittes bilde ein kurzer Hinweis auf die Richtung, in welcher sich das Verhältniß von Personal- und Real—
esteuerung in den Steuersystemen Europäischer und namentlich der Deutschen Staaten in neuerer Zeit entwickelt oder zu entwickeln begonnen hat.
Am frühesten und vollständigsten hat sich unter den außerdeutschen Staaten in England die Ausscheidung der Realsteuern vollzogen. Von gewissen gewerblichen Licenzsteuern und von Resten der alten. schon zu Ende des vorigen Jahrhunderts für ablösbar erklärten Grund— steuer abgesehen, besteht in England überhaupt keine staatliche Real— besteuerung mehr. Im Bereiche der directen Steuern ist die Ein— kommensteuer die fast ausschließliche Trägerin der Steuerlast geworden. Die Bodenbesteuerung ist im wefentlichen in das Communalsteuer⸗ system der verschiedenen Verbände übergegangen.
Im ausgeprägtesten Gegensatze zu der Entwickelung in England hat sich die Ausbildung der directen Steuern in Frankreich voll⸗ zogen. Das in seinen Grundzügen aus dem Ende des vorigen Jahr⸗ hunderts stammende System der directen Steuern umfaßt die Grund⸗ steuer, die Mobilien- und Personalsteuer, die Thür⸗ und Fenstersteuer und die Patentgewerhesteuer. Neuerdings ist eine fehr unvollkommene Rentenbesteuerung eingeführt; eine Einkommensteuer besteht nicht. Die Mängel des Systems gelangen am deutlichsten zur äußeren Er⸗ scheinung in den fast ununterbrochenen, aber im wesentlichen 'ergebniß⸗ losen Kämpfen um eine rationelle Fortbildung der Grundsteuer, sowie in den vergeblichen Bemühungen um die Einführung einer Ein⸗ kommensteuer; der letzte Versuch zur Einführung der Einkommen— steuer wurde im Jahre 1888 unternommen. Soweit sich aus den Aeußerungen in der französischen Presse und Literatur ein Urtheil ge⸗ winnen läßt, scheint aber die Bewegung für eine Umgestaltung des Steuersystems in der Richtung einer Zurückdrängung der Realsteuern und der Ueherlassung derselben an die Gemeinden Decentralisation) unter Einführung einer allgemeinen Einkommensteuer in fortdauerndem Wachsen zu sein.
In Italien besteht neben einer Grund und Gebäudesteuer eine Einkommensteuer, welche im wesentlichen das nicht aus Grund- und Gebäudebesitz herrührende Einkommen ergreift. Befonders hervor⸗ zuheben ist das Bestreben, durch Abstufungen des Steuerfußes die ver— schie dene Steuerkraft des fundirten und des nicht fundirten Einkommens zu berücksichtigen. .
Eine eigenartige Entwickelung hat in der Schweiz stattgefunden. Die ursprüngliche Besteuerunge form hat in der größten Pöehrzahl der Cantone die Vermögenssteuer gebildet, zu 35 ergänzende Einkommensteuern hinzugetreten sind; die umgekehrte Ent⸗ wickelung hat sich in Baselstadt vollzogen, wofelbst der zuerst ausge⸗ bildeten allgemeinen Einkommensteuer erst spãter die Vermögensstener zugefügt worden ist. Gegenwärtig besteht in allen schweizerischen Cantonen eine Vermögenssteuer; die Einkommensteuer entbehren nur vereinzelte Cantone, welche an deren Stelle, wie Freiburg und Wallis, eine Gewerbestener, oder, wie Glarus, Nidwalden und Schwöz, eine Kopfsteuer erheben.
Im übrigen sind Realsteuern unbekannt.
In. Oesterreich wird durch eine Regierungsvorlage vom Jahre 1592 eine umfassende Umgestaltung des gefammten Systems der directen Steuern angebahnt, um durch einen einzuführende allge⸗ meine Personalein fommensteuer die Steuerlast, der Leistungs äahigkeit entsprechend, gerechter zu vertheilen, und um zugleich die Mittel für eine Ermäßigung der Ertragsstenern und für die Zuweisung
er in späterer Folge
eigener Einnahmen an die Lande gr, durch die Steuerreform erzielte , soll verwendet werden: theils unmittelbar in der Gestalt von Nachläffen an den Rirecten Ertragssteuern, theils mittelbar, indem eine gewisse Quote der zu gewãrtigenden Steuererträgnisse den Lãndern über⸗ wiesen wird., wodurch selbstverständlich die Landesverwaltungen in die Lage kommen werden, das Ausmaß der bisher zur Deckung des Landeserfordernisses eingehobenen Zuschläge zu den directen Steuern 6 herabzusetzen ; ; Hierdurch wird zugleich ein erster Schritt in einer Ri tung ethan, in welcher gleichfalls ebenso lebhafte als wohlberechtigte eformwünsche Rich geltend gemacht haben; in der Richtung nämlich, durch Zuweisung eigener Einnahmen die Finanzwirth⸗ chaften der autonomen Körper von der Nothwendigkeit zu befreien, die Deckung ihrer wachsenden Bedürfnisse immerfort nur durch Häufung der Zuschläge zu den directen Staatssteuern suchen zu müssen.“ = (S. 2 der Motive zu der Regierungsvorlage eines Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die directen Personalsteuern“, 3860 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Abgeordneten hauses — XI. Session 1892, Wien, Kaiserlich Königliche Hof⸗ und Staatsdruckerei 1892.)
In Deutschland hat unter den nord- und mitteldeutschen Bundesstaaten eine übereinstimmende Entwickelung dazu geführt, die allgemeine Einkommensteuer unter Zurückdrängung der Realfteuern bezw. Ausscheidung einzelner Arten derselben oder Theilen von solchen, als Hauptträgerin der Steuerlast im Bereiche der directen Steuern auszugestalten. An dem Ertragssteuersystem hat nur Mecklenburg festgehalten, und in Reuß ä. L. besteht nur eine partielle, sich auf das Einkommen aus Grundeigenthum nicht erstreckende Einkommensteuer.
Besonders hervorzuheben ist der Entwickelungsgang im Königreich Sachsen. Nach langem Streite ist dort im Jahre 1878 das Ertrags⸗ steuersystem, unter Aufhebung der alten Gewerbe⸗ und Perfonalstener sowie unter Ermäßigung der Grundsteuer, verlassen und eine allgemeine Einkommensteuer eingeführt worden, deren Ergebnisse überaus befrie⸗ digend sind. In der neuesten Zeit ist der Ertrag der Grundsteuer zur Hälfte den Schulgemeinden überwiesen worden.
Die gleiche Richtung in der Fortbildung der allgemeinen Ein⸗ kommensteuer zeigt sich in den thüringischen Staaten.
Eine von der Entwickelung in den nord- und mitteldeutschen Staaten wesentlich abweichende Richtung haben die süddeutschen Staaten eingeschlagen.
Unter den Steuereinrichtungen der süddeutsch en Staaten lassen sich zwei Gruppen unterscheiden, von denen die eine durch Bayern und Württemberg, die andere durch Baden und Hessen vertreten wird.
Die erstere Gruppe hat durch neuere Gesetze das reine Ertrags⸗ steuersystem; unter Abstandnahme von einer allgemeinen Einkommen⸗ steuer, den Bedürfnissen und Anforderungen der Gegenwart anzupassen gesucht, während sich in der letzteren Gruppe die fortschreitende Ent⸗ wickelung in der Einführung einer allgemeinen Einkommensteuer neben dem vollständig ausgebildeten Ertragssteuersystem geäußert hat.
In Württemberg besteht neben der Grund, Gebäude- und Gewerbesteuer eine Steuer von Kapital⸗, Renten⸗, Dienst⸗ und Berufs⸗ einkommen. Mit letzterer wird einerseiis das den bezeichneten Ertrags⸗ steuern nicht unterliegende Einkommen aus Geldkapital — Kapitallen und Renten (Leibgedinge, Leibrenten, Zeitrenten und vererbliche Renten jeder Art) — ohne Abzug von Passivsinfen und Schulden, andererfeits das reine Arbeitseinkommen (Dienst- und Berufscinkommen jeder Art) besteuert.
Bayern besitzt neben der Grund⸗ Haus⸗, Gewerbe⸗ und Kapital⸗ rentensteuer eine besondere Einkommensteuer, welche alles von jenen nicht getroffene (unfundirte) Einkommen, unter Anwendung geringerer Steuersãtze, zur Besteuerung heranzieht. Bei der Kapital⸗ rentensteuer sind saͤmmtliche Schuldenzinsen, bei der Gewerbe? und Einkommensteuer im wesentlichen nur die Zinsen der wegen des Erwerbes eingegangenen Schulden abzugsfähig.
Des näheren Eingehens auf die Steuersysteme beider Staaten wird es nicht bedürfen. Ein Zurückgehen auf das reine Ertrags⸗ steuersystem ist für Preußen völlig ausgefchlossen, seitdem die Umgestaltung der Einkommensteuer in der Absicht und mit der Wirkung vollzogen ist, die reformirte Einkommensteuer zum Hauptträger der directen Staatsbesteuerung zu machen vergl. die Begründung des Entwurfs zum Einkommensteuergesetze S. 31). Ueberdies darf das reine Ertragssteuersystem, wie das Vorgehen aller deutschen Staaten, mit Ausnahme von Bayern, Württemberg, Mecklenburg und Elsaß⸗Lothringen gezeigt hat, als einer im wesentlichen . Epoche angehörend erachtet werden. Auch die Königlich bayerische Staatsregierung hatte sich dieser Auffassung zugeneigt, indem sie im Jahre 1879 der Kammer der Abgeyrrdneten neben verschiedenen, auf eine Abänderung der Ertrags— steuern abzielenden Gesetzentwürfen eine Vorlage zugehen ließ, welche die Umwandlung der bestehenden partiellen in eine allgemeine Ein— kommensteuer bezweckte. Nur an dem Widerstande diefer Kammer ist die Vorlage gescheitert.
Die badische und die hessische Steuergesetzgebung haben sich mit der Einführung einer allgemeinen Einkommensteuer dem preußi⸗ ,, Sypsteme der Ertrags- und Einkommensbesteuerung genähert.
Sie übertreffen dasselbe durch eine vollständigere und feinere Durchbildung der Ertragssteuern, denen die Aufgabe zufallen soll, das Besitzeinkemmen neben der allgemeinen Einkommenfteuer mit einer seiner höheren Steuerkraft entfprechenden Vorbelastung zu erfassen. Inwieweit diese Absicht erreicht wird, möge die folgende Darstellung der Grundzüge der badischen Ertragssteuern, welche sich durch conseauente und feine Durchbildung besonders auszeichnen, ergeben.
Das badische Ertragssteuersystem umfaßt die Grund⸗, die Häuser⸗, die Gewerbe⸗ und die Kapitakrentensteuer. .
Die Grundsteuer trifft den eines wirthschaftlichen Ertrages fãhigen Boden und die auf diesem ruhenden Grundlasten (Zins-, Gält. und Lehnrechte). Die Verschiedenheit der Ertragsfähigkeit findet ihre Be⸗ rücksichtigung in den für die Werthberechnung maßgebenden Culturarten und Bonitätsklassen.
Der Gebäudesteuer unterliegen im wesentlichen alle ertragsfãhigen Gebäude, einschließlich der zum Gewerbebetriebe dienenden Gebãude, . die auf ihnen ruhenden Grundlasten Sins⸗, Gült⸗ und Lehn⸗ rechte).
Die Gewerbesteuer erfaßt das Betriebskapital der gewerblichen Unternehmungen mit Ausschluß der bereits bon der Grund und Häusersteuer getroffenen Gegenstände. Die Kapitalrentensteuer ergreift den Ertrag aus Kapitalvermögen, Renten und ähnlichen Bezügen, so⸗ weit diese Erträge nicht unmittelbar aus Grund. und Hausbefitz und Gewerbebetrieb herrühren, oder ein Entgelt für Arbeit, Dienstleistung und Berufsthätigkeit bilden.
Die für die Bemessung der Steuer maßgebende Grundlage der Besteuerung bilden hinsichtlich sämmtlicher Steuerarten die sogenannten Steuerkapitalien, d. h. die gemäß den hierfür geltenden besonderen Gesetzesbestimmungen ermittelten Geldwerthe der Steuerobjecte.
Bei der Grundsteuer wurde das Steuerkapital nach dem mittleren Kaufwerthe bemessen, welchen die Grundstücke der betreffenden Cultur⸗ art und Klasse nach den mittleren Güterpreisen der Fahre 1828 bis 1847 gehabt haben; in Ermangelung eines genügenden Anhaltes aus Kaufpreisen war das Steuerkapital nach dem 25 fachen Betrage des jährlichen Pachtertrages, event. eines durch Schätzung zu er⸗ mittelnden Reinertrages, zu bestimmen. Nach desen Rücksichten wurde der Werth für jede Culturart und Klasse einer Gemarkung auf den Morgen Landes festgestellt und hiernach für jedes einzeln Grundstück die Einschätzung bewirkt. Das Steuerkavital der Wal— dungen wurde mit deni 15 fachen Betrage des durchschnittlichen jãhr⸗ lichen Haubarkeitsertrages angefetzt.
Das Steuerkapital der Gebäude bestimmte sich regelmãßig nach dem mittleren Kaufwerthe aus den Jahren 1853 bis 1563.
Die Veränderungen in den Steuerobjecten der Grund und Häusersteuer werden in weiterem Umfange durch jährliche Ab⸗ und Zuschreibungen vom bezw. zum Steuerkapital berũcksichtigt. All⸗ gemeine Revisionen der Veranlagung sind nicht vorgefehen.
gleichmäßig wirkende Ertragssteuern.
Das Ste obligatorischer Steuererklãrungen der n. Werthe der nach mittlerem Jahresstande angenom enen Betriebskapitalien, regelmãßig ohne Abzug von Schuldenzinsen, be⸗ rechnet. Betriebskapitalien unter 700 4 kommen nicht zum Ansatz.
Bei der Kapitalrentensteuer wird nach Abzug der Schul denʒinsen und Lasten das auf Grund e, /. Steuererklãrungen ermittelte jährliche Zins und Renteneinkommen durch Verviefsfa ung mit 20, bei Leibrenten und ähnlichen Bezügen bejw. bei Waisenbeneficien aber nur durch Vervielfachung mit 8 bezw. J zum Steuerkapital erhoben. Bei dieser Steuer finden in weiterem Umfange Freilassungen statt; insbesendere sind diejenigen befreit, deren steuerbare Zinfen und Renten nach Abzug der Schuldenzinsen und Laften die Summe von 66 60 jährlich nicht übersteigen.
Der Steuerfuß wird für alle Steuern durch das jährliche Finanz gesetz auf je 100 M Steuerkapital bestimmt.
Von der dem badischen Steuerspsteme eigenthümlichen Bildung von Steuerkapitalien kann hier abgesehen werden. Wenn man Ertrag und Einkommen als Maßstäbe der Besteuerung zu Grunde legt, so erscheint die Bildung von Steuerkapitalien als ein Umweg, dessen Beschreitung sich nicht zur Nachahmung empfehlen würde.
In übrigen ist nicht zu verkennen, daß diese auf Grund neuer 8 auch im einzelnen Turchgebildete Steuerverfassung fich vor dem bestehenden . Systeme durch Vollständigkeit, fowie durch 6 , eit und Einheitlichkeit vortheilhaft auszeichnet.
benso zweiselles ist es aber, daß auch in dem badischen Systeme das Ziel, mittels der Ertragssteuern die höhere Leistungsfähigkeit des Besitzeinkommens gleichmãßig und einheitlich zu treffen, nicht mit einem zur Nachahmung aufferdernden Erfolge erreicht wird.
Auffallend ist zunächst die völlige Verschiedenheit der Bemessungs⸗ grundlagen. Die nach weit zurückliegenden Zeiten bemessenen Kauf⸗ preise von Grundstücken und Gebäuden, das jeweilige Betriebs kapital gewerblicher Unternehmungen, die Jahresbetrãge der Fife und Renten bilden überhaupt keine commenfurablen Größen für einheitlich und
Die Starrheit der Grund⸗ und Häusersteuer ist zwar gegenüber den preußifchen Einrichtungen wesentlich gemildert, besteht aber grundsätzlich hier wie dort. Die badische Gewerbesteuer trägt bei ihrer, den Ertrag völlig außer Acht lassenden, ausschließlichen Anknüpfung an das Betriebs kapital den Charakter der Objectsteuer in weit böherem Grade an sich, als die neue preu⸗ ßische Gewerbesteuer. Die völlige Außerachtlassung der Leistungs⸗ sähigkeit hei der badischen Grund- und Häͤufersteuer erscheint im auf⸗ fallenden Gegensatze zu der, zum theil weitgehenden Berücksichtigung der fun, et und der sonstigen persönlichen Verhältnisse der Gewerbe⸗ und Kapitalrentensteuerpflichtigen. Insbesondere zeigt sich bei der Kapitalrentensteuer in der Zulaffung des Abzuges von Schulden⸗ zinsen und Lasten und in den Abstufungen bei Bildung der Steuer⸗ kapitalien ein charakteristischer Verfuch der Annäherung an die Ein⸗ kommensteuer, welcher bei einer Anwendung auf die übrigen Ertrags— . mit Nothwendigkeit sich als gänzlich undurchführbar erweisen wirde.
In einem Lande von dem Umfange des badischen Staates mit wesentlich gleichartigen Verhältnissen seiner einzelnen Theile und mit einer, die Neuregelung des Steuerwesens vorbereitenden steuerlichen Entwickelung mag der Versuch, die Realsteuern mit der allgemeinen Einkommensteuer zu einem brauchbaren Systeme auszugestalten, bis zu einem gewissen Grade geglückt sein. Für den größeren preußischen Staat, mit seiner Zusammensetzung aus Gebietstheilen bon höchst verschiedener wirthschaftlicher Entfaltung und mit völlig abweichender geschichtlicher Entwickelung auf steuerlichem Gebiete, würde der Vor⸗ gang Badens nicht mit gleichem Erfolge nachgeahmt werden können.
Für die Richtung der preußischen Steuerreform würden eher die steuerlichen Umgestaltungen in Sachsen als Beispiel aufgestellt werden dürfen. Wie vordem dort, so zeigt sich jetzt in Preußen die Unzu⸗ länglichkeit der Realsteuern und die Nothwendigkeit ihrer Preisgebung an andere öffentliche Verbände. Ueberhaurt tritt, wie der obige Rück= blick dargethan hat, in den europäischen Staaten mehr und mehr be⸗ stimmt ein gemeinschaftlicher Zug der Entwickelung hervor: die Zurück⸗ drängung der Realsteuern im staatlichen Steuerfystem und die Aus⸗ gestaltung der allgemeinen Einkommensteuer als Hauptträgerin der Steuerlast. Wenn Preußen jetzt dieser Richtung folgt, ja mit der vollständigen Beseitigung der Ertragsftenern aus feinem Steuerfysteme sich an die Spitze der Bewegung stellt, so erscheint dies nicht als etwas Zufälliges und Willkürliches, sondern als eine innerlich be— gründete, dem allgemeinen Entwicklungsgange entsprechende Noth⸗ wendigkeit.
III.
Reformplan. Bevor die Steuerverfassung des Staates in ihren bisherigen
Grundlagen geändert werden konnke und durfte, mußte die Per sonal⸗
steuer eine verbesserte Einrichtung erhalten und das auf dieses Ziel gerichtete Einkommensteuergesetz vom 24. Juni 1891 die erste Probe zestehen.
Die Ergebnisse der ersten auf Grund dieses Gesetzes stattgehabten Einkommensteuerveranlagung sind an anderer Stelle in allen Einzel⸗ heiten mitgetheilt und seien hier in den Hauptziffern wiederholt.
Das gesammte Veranlagungssoll beträgt für das Jahr 189295 124 842 848
10056743 114 756 16065
iervon entfallen auf die nichtphysischen Personen 1f die physischen Personen ... ür das Jahr 1891/92 betrug — nach Abrech— nung der entlassenen Monatsraten — das gesammte Hebungssoll an Klassen⸗ und klassifieirter Einkommensteuer 1892/93 ergiebt sich somit für die phvsischen Personen ein Mehr von 35227278 . In welchem Maße dieses Ergebniß einerseits der Wirkung des veränderten Steuertarifs, andererseits der Vermehrung oder schärferen Erfassung des steuerpflichtigen Einkommens zuzufchreiben ist, erhellt
aus der anliegenden (hier jedoch nicht abgedruckten) Uebersicht, in deren Spalte 8s nach den verschiedenen Einkommensgrurpen die Beträge nach⸗ gewiesen sind, welche von dem für das Jahr 1857/93 veranlagten Ein⸗ kommen nach dem alten Steuertarif zu erheben gewesen sein würden.
Die Steuersätze für die Einkommen von mehr als So M haben, theils in Folge der Vermehrung der Steuerstufen, theils — und zwar für die Einkommen von mehr als 30 500 S — durch das allmähliche Ansteigen des Steuerfußes bis auf 4 Mo, Erhöhungen erfahren, welche im Vergleich zu den Steuersätzen des alten Tarifes ein Mehr⸗ aufkommen von J . S 963 780 4 ergeben.
Dem stehen für die Einkommen von mehr als 00 bis 8000 6 Tarife rmäßigungen gegenüber in dem Gesammtbetrage bon rund....
4925 833 . sodaß der neue Tarif im Ganzen ein Mehr von. 1657 947 zur Folge hat. Hierbei sind, wie ausdrücklich hervorgehoben sei, nicht berücksichtigt diejenigen Erleichterungen, welche das Einkommensteuer⸗ Lesetz im s 18 außerdem durch die dort vorgesehenen Abzüge den 6 mit Einkommen von mehr als 900 bis 3600 gewährt. ; Der oben berechnete Mehrertrag von 35 227 278 ist also den Tarifveränderungen mit 4037947 . dagegen in Höhe von. . theils der natürlichen Steigerung, theils und hauptsächlich der richtigeren Veranlagung zu verdanken. Dementsprechend betrug die Zahl der steuerpflichtigen phvsischen Personen ie ,,, . im Jahre 1891/92 1997638 , nee,, Der Gesammtbetrag des zur Steuer veranlagten Einkommens
der physischen Personen 1892/93. 5 724 323 767 1891/92 - 4273 703 217. 1892/93 also mehr 14560 6230550 6
XY b58 827.
k 8 10 4 men, 66 pain 8 2 2 war; im Vergleiche zu den Er⸗
gebnissen des Jahres 1891/92 hat sich die Zahl der Steuerpflichtigen
um mehr als 1,3, das veranlagte Einkommen um mehr als 15z ver= mehrt. Wenngleich die Wirkungen des neuen Gesetzes erst nach mehr⸗ jähriger Anwendung desselben vollständig zu übersehen sein werden, gestatten doch schon die vorliegenden Ergebnisse das Urtheil, daß durch das verhesserte Veranlagungs verfahren eine gleichmäßigere, den wirk— lichen Einkommensverbältnissen mehr entsprechende Veranlagung berbeigeführt und der Erfolg, welcher davon erwartet werden konnte, im großen und ganzen erreicht ist. . .
Zugleich wird durch das Resultat die dringende Nothwendigkeit der stattgehabten Einkommensteuerreform vollauf bestätigt.
Schon in der Begründung zum Einkommensteuergefetze ist davon ausgegangen und bei den Berathungen desselben von Seiten der Ver treter der Staatsregierung unter allseitigem Einverständniß wiederholt betont, daß durch die Reform der Einkommensteuer nicht eine Ver— mehrung der Staatseinnahmen, sondern die Beschaffung der Mittel für einen gerechten Ausgleich in der Vertheilung der Steuerlast bezweckt werde, und daß die etwaigen Mehrerträge zur Erleichterung der Steuerpflichtigen auf anderen Gebieten Verwendung finden sollen.
Den gleichen Gedanken verfolgt das mit dem Landtage über den weiteren Fortgang der Reform vereinbarte, im § 82 des Einkommen⸗ steuergesetzes verlautbarte Programm. .
Danach ist die Beseitigung der Grund⸗ und Gebäudesteuer als Staatssteuer bezw. die Ueberweisung derselben an Communalverbände ins Auge gefaßt und vorgeschrieben, daß zu diesem Zwecke der durch die ,, der Einkommensteuer erzielte Mehrertrag verwendet werden soll. ⸗. .
Dem Wortlaute dieser dem Lande gegebenen Verheißung würde
enügt werden, wenn man sich darauf beschränkte, einen dem jährlichen
ehrertrage der Einkommensteuer entsprechenden Theilbetrag der Grund⸗ und Gebäudesteuer, also etwa die Hälfte derselben zu erlassen oder den Gemeinden oder weiteren Communalverbänden zu überweisen.
Dieser anscheinend nächstliegende und einfachste Weg würde indessen zu einem befriedigenden Abschluß der Steuerreform nicht führen, sondern die dringlichsten Aufgaben derselben ungelöst lassen und zu der Beibehaltung und weiteren Ausbildung des Realsteuer⸗ systems drängen, welches, wie früher gezeigt, für Preußen undurch⸗ führbar sein und einen großen Rückschritt in unserer Steuerverfassung bedeuten würde. Wie im vorigen Abschnitt (1) dargelegt worden ist, wurzeln die Mängel des directen Steuerwesens gerade in dem Bestehen der überdies unvollkommen ausgebildeten Ertragssteuern als Staats⸗ steu ern, also in dem geltenden Systeme selbst. 3 .
Für eine Reform, welche sich auf dem Gebiete der Staats⸗ sowie der K die durchgreifende Beseitigung der vorhan⸗ denen Uebelstände zur Aufgabe stellt, muß deshalb der gänzliche Verzicht des Staates auf die Grund⸗, Gebäude⸗ und SGewerbesteuer den gemeinsamen Ausgangspunkt bilden. Die Durchführung dieser tiefeinschneidenden Maßregel bedingt eine organische Neugestaltung des gesammten directen Steuerwesens in Staat und Gemeinde, welche bei dem engen inneren Zusammenhange beider Gebiete gl eichzeitig in Angriff zu nehmen ist, und nur in einem Acte zu einem befriedi⸗ genden Abschluß gebracht werden kann. ö .
Ihre Vorschläge zur Erreichung des angestrebten Zieles unter⸗ breitet die Staatsregierung dem Landtage in drei Gesetzentwürfen, deren wesentlicher Inhalt sich um die folgenden Hauptpunkte gruppirt:
1) die Aussonderung der Ertrags⸗ (Real⸗ Object⸗) Steuern in ihrer bisherigen Form aus dem Systeme der Staalssteuern;
2) die Eröffnung neuer Einnahmequellen für den Staat als 9mm für die aufgegebenen Steuern, und zu diesem Zwecke insbesondere
N die Einführung einer Ergänzungssteuer;
4) die Regelung des Gemeindesteuerwesens durch ein Communal⸗ abgaben⸗Gesetz. ö .
Die vorgeschlagenen Maßnahmen bedingen und ergänzen sich gegen⸗ seitig. Dr die Herausnahme eines der vorbezeichneten Glieder würde der ein untrennbares Ganzes bildende Gesammtplan in seinen Grundlagen erschüttert werden.
A. Die Aufhebung der Ertrags-(Real-, Object) Steuern.
Nicht eine Ueberweisung vom Staate erhobener Steuern an Gemeinden oder andere Communalverbände steht in Frage, nach den früheren Ausführungen kann es sich nur um die völlige Aussonderung der sämmtlichen Ertragssteuern aus dem Systeme der directen Staats⸗ steuern handeln. ;
Es leuchtet ein, daß die erörterten Uebelstände keine wirksame Abhilfe finden würden durch eine Maßregel, welche sich darauf be⸗ schränkt, zur Erleichterung der Steuerlast in den Gemeinden denselben 0 000 900 M oder irgend eine andere Summe aus den Erträgen der Staatssteuern zu überweisen. Auf dem Gebiete der Staatsbesteuerung würden mit der Grund⸗, Gebäude⸗ und Gewerbesteuer in der gegen⸗ wärtigen Form auch die nachgewiesenen Härten und Unbilligkeiten un— verändert bestehen bleiben. Innerhalb der Gemeinde könnte allerdings eine augenblickliche Herabminderung der Gemeindesteuern und dadurch einige Erleichterung der Pflichtigen erreicht, eine dauernde Gesundung des Steuerwesens aber auch hier nicht erzielt werden. Ein zutreffen der Maßstab der Vertheilung solcher Zuwendungen an die Gemeinden wäre ohnehin noch viel schwieriger zu finden, als bei den Ueber⸗ weisungen an die Kreise.
Die Zuwendung von Staatsrenten an communale Verbände kann gerechtfertigt sein und wohlthätig wirken, wenn es sich darum handelt, denselben zur Erfüllung bestimmter staatlicher Aufgaben die erforder⸗ lichen Mittel zur Verfügung zu ftellen. Als Grundlage für die Steuerverfassung und die Selbstverwaltung der Communalverbände dagegen err sich ein derartiges Dokationssystem nicht. In Preußen besitzen die communalen Verbände, insbesondere die Ge—⸗ meinden ein weitgehendes Selbstbestimmungsrecht in der Verwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten, auch in der Begrenzung der Aufgaben, welche sie in den Kreis des communalen Interesfes ziehen wollen. Eine nothwendige Ergänzung dieses wichtigen Rechts bildet die Ver= pflichtung, für die Beschaffung der Mittel zur Bestreitung des Haus— halts die Sorge und Verantwortung zu tragen. Wie auch der Vertheilungsmaßstab gedacht werden möge, unausführbar wäre cs, die Ueberweisungsrenten nach den besonderen Bedürfnissen und Verhält⸗ nissen der einzelnen Gemeinden zu bemessen. Die ohne Rũcksicht hierauf vertheilten Mittel würden der einen Gemeinde keine wirkfame
ilfe bringen, der anderen ohne wirkliches Bedürfniß und auf die Gefahr unwirthschaftlicher Verwendung zufließen.
Es kommt darauf an, den Gemeinden selbständige Steuer— quellen zu eröffnen, welche sie nach den aus der Ratur der Gemeinde folgenden Gesichtspunkten und nach ihren beson— deren Bedürfnissen zu benutzen und unter Verantwortlichkeit ihrer eigenen Organe zu bewirthschaften haben. Nur durch den endgültigen und dauernden Verzicht, des Staates auf die Ertragssteuern wird daher für eine gerechte Einrichtung des Staatsẽsteuersystems die Voraussetzung, für eine zweckmäßige Gestaltung des Gemeindesteuer⸗ wesens und somit für eine wohlthätige Decentralisation die sichere Grundlage geschaffen. ö
Zu den aufzuhebenden Ertragssteuern gehören .
a. die nach den Gesetzen vom 21. Mai 1861 (Gesetz⸗Samml. S. 253 und zi?) sowie den dieselben ergänzenden und abändernden 8 veranlagte Grund- und Gebäudesteuer, .
die nach dem Gesetze vom 24 Juni 1891 (Sesetz Samml. S. 205) veranlagte Steuer vom stehenden Gewerbebetriebe ein · schließlich der Bekriebssteuer; der Gewerbestener find gleichʒustellen
S die von den Bergwerken — mit Ausnahme des Eisenerzberg⸗ baues — zu entrichtenden Bergwerksabgaben. Dieselben werden in Höhe von 2 9,0 der Bruttoproduction, berechnet nach dem Werthe der ab⸗ gesetten Producte zur Zeit des Absatzes, erhoben, wogegen der Berg-
au der Gew erbesteuer nicht unterliegt (3 4 Nr. 5 des Gewerbe= steuergesetzes vom 24. Juni 1851). Es kann hier dahingestellt bleiben,
ob den. aben die Natur von Ertragssteuern beimohnt. Mit den Zielen der gegenwärtigen Reform würde es nicht vereinbar sein und von den Betheiligten als eine . Beschwerung empfunden werden, wollte man die hohe und drückende ruttobelastung, welcher eine Nettobesteuerung von 4 bis 5 09 gleichkommt, bei dem Bergbau bestehen lassen, während die übrigen Sbjectsteuern, ing⸗ besondere die Gewerbesteuer, als deren Ersaßß die Bergwerksabgabe thatsächlich seither gegolten hat, in ihrem ganzen Umfange wegfallen.
Im Uebrigen darf in dieser Hinsicht auf den Entwurf eines Ge⸗ setzes wegen Aufhebung directer Staatsfteuern und die demselben bei⸗ gegebene Begründung verwiesen werden. Ebenda find die infolge und zur Ausführung dieser Maßregel weiter erforderlichen Vor⸗ kehrungen angegeben und erläutert. ö
Hier bleibt zu vrüfen, ob der vom Standpunkte der Steuerreform für nothwendig erkannten Verzichtleistung des Staates etwa aus anderen Gesichtspunkten begründete Bedenken entgegenstehen.
1) In erster Reihe werden von dieser einschneidenden Maßregel die allgemeinen Finanzinteressen des Staates berührt.
Die Grund⸗ und Gebäudesteuer hat mit Recht von jeher als eine der zuverlässigsten Staatseinnahmen gegolten und ihre Aufhebung ist nur unter der Voraussetzung statthaft, daß dafür. vokler Ersatz geschaffen wird; dagegen ist die Sicherheit der Staats— finanzen von der Beibehaltung gerade dieser Steuerform nicht ab— hängig. Die Grundsteuerverfassung hat sich zu einer Jeit entwickelt, als im Vergleiche zum Grundbesitz andere Formen des Kapitals und der Production einen minder bedeutsamen Factor des Volkswohlftandes in Preußen bildeten. So lange diese Voraussetzung zutraf, hatte das System der directen Staatssfteuern in dem Aufkommen der Grund— steuer seinen natürlichen Schwerpunkt, zumal die Personalbesteuerung auch technisch noch wenig ausgebildet war. Seit der gewaltigen Ent⸗ wickelung von Handel und Industrie und mit der steigenden Macht des beweglichen Kapitals haben sich diese Verhältnisse namentlich im Verlaufe des letzten Menschenalters wesentlich verschoben. Die Ver— änderung, welche in der Bedeutung der Grundsteuern für den preußischen Staatshaushalt auch nach dem Verhältniß ihres Ertrages zum Staats bedarfe vor sich gegangen ist, wird an der folgenden Ueberficht deutlich erkennbar. ö
Es sind veranschlagt:
Gesammte ordentliche Ausgaben
Von der Summe abzüglich der in Spalte 3
Betriebs⸗ betrãgt ausgaben in 1e e,.
Grund⸗ und Gebãudesteuer * 2 . in Millionen
Im Staatshaushaltsetat
für das Jahr — ; Jah ah umme in Millionen ö
6.
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Andererseits wächst die Bedeutung der Personalsteuern.
Ein wesentlicher Vorzug der Grundsteuer wird mit Recht darin erblickt, daß mit Sicherheit auf den unverkürzten Eingang der ver⸗ anschlagten Steuer ohne wesentliche Ausfälle gerechnet werden darf. Auf Grund langjähriger Erfahrung ist aber auch der an den Ver⸗ sonalsteuern zu erwartende Ausfall mit hinreichender Zuverlãssigkeit vorher zu bestimmen, sodaß dieses Moment bei deim Voranschlage in Rechnung gezogen werden kann. Ueberdies ist das Hauptgewicht der Personalsteuern mehr und mehr auf die Schultern des wohl⸗ habenderen Theils der Bevölkerung verlegt, und hierdurch der Ein⸗ gang der veranlagten Beträge in höherem Grade als früher gesichert. Während für das Jahr 1876 an Klassen⸗ und klassificirter Ein—⸗ kommensteuer zusammen rund 751½ Millionen Mark, darunter an Klassensteuer rund 4h / 2 Millionen, also nahezu 3/8 des Gesammt⸗ betrages veranlagt waren, beläuft sich das Einkommensteuersoll der physischen Personen für 1892/93 überhaupt auf rund 1143 Millionen Mark, wovon rund 322.3 Millionen, also noch nicht io auf die Steuerpflichtigen mit Einkommen von nicht mehr als 3000 40 entfallen.
Rechnet man hierzu die Einkommensteuer der nicht physischen Personen, so kann es nicht wohl zweifelhaft sein, daß die heutige Personalsteuer mit einer vermuthlichen Isteinnahme von rund 120 Millionen Mark auch relativ von größerer Bedeutung für die Sicherheit des Staatshaushalts ist, als die ganz überwiegend auf den geringeren Einkommen beruhende und nur mit einem Gefammtertrage von 19 bezw. 23 Millionen Mark veranschlagte Klassensteuer der Jahre 1821 und 1851. U
Wenn vielfach die Grundsteuer als ein besonders werthvoller Rückhalt für Kriegs- und andere Nothfälle gilt, so beruht auch diese Anschauung im wesentlichen auf Voraussetzungen, welche in der Ver⸗ gangenheit liegen, jetzt aber schon deshalb nicht mehr zutreffen, weil die ungleichmäßig und ohne Rücksicht auf die Verschuldung veranlagte Grundsteuer am allerwenigsten bei un günstiger Lage des gesammten Erwerbs und Wirthschaftslebens als ein brauchbarer Maßstab zur Ver⸗ theilung von Lasten angesehen werden kann. .
Der ganze Reformplan zielt darauf ab, das directe Steuerwesen nach allen Richtungen hin den Verhältnissen der Gegenwart anzupassen, und es wird sich zeigen, daß bei Annahme der unten folgen⸗ den Vorschläge nicht eine Schwächung der Staatsfinanzen zu beforgen, sondern im Gegentheil eine Stärkung derselben zu erwarten ist.
2) Es ist allerdings nicht zu leugnen, daß die Grundsteuer in den älteren Provinzen, woselbst die Grundsteuer bereits mit dem Jahre 1865 in Hebung getreten ist, infolge der stattgehabten Besitz⸗ wechsel zum Theil thatsächlich, wenn auch nicht rechtlich, einen renten⸗ artigen Charakter angenommen hat. Für die neuen Landestheile, woselbst die Grundsteuer erst mit dem Jahre 1876 bezw. 1878 zur Hebung gelangt ist (Gesetz vom 3. Januar 1874 — Gesetz⸗Samml. S. 5), wird jedoch eine derartige Wirkung höchstens in vereinzelten Fällen angenommen werden können. ö
Es würde aber verfehlt sein, aus dem rentenartigen Charakter, welchen die Grundsteuer in einem Theile des Staatsgebietes an⸗ genommen haben mag, einen Grund für eine abweichende Behandlung dieser Steuer bei der Reform des ganzen Systems zu entnehmen.
Einestheils würde dieser Einwand zum Theil auch bei der Ge— bäudesteuer und selbst der Gewerbesteuer erhoben werden können. Anderntheils ist zu erwägen, daß auch bisher Grund und Boden und Gewerbe als solche der Gemeindebesteuerung unterworfen waren und daß die veränderlichen Zuschläge zu den Realsteuern die Incrustirung dieser Steuern vielfach verhindert haben. Endlich aber handelt es sich bei der geplanten Reform überhaupt nicht um eine völlige Freistelluug des Grund und Bodens und der Gewerbe von jeder Besteuerung, vielmehr bleiben dieselben in vollem Maße der Communalbesteuerung unterworfen. Von einem Geschenk einer auf dem Boden haftenden Rente an den augenblicklichen Besitzer kann daber im Rahmen des Reformplanes nicht die Rede sein. Es handelt sich um eine Erleichte⸗ rung der eommunalen Lasten der Gemeinden und der Gutsbezirke durch den Verzicht des Staates auf die unmittelbare Besteuerung der Abjecte, und das Maß der hierdurch eintretenden Verminderung der Belastung der einzelnen Objecte ist bedingt durch Verhältnisse, welche sich für den einzelnen Verband nicht überfehen lassen. Jeden⸗ falls bleibt die Steuerpflicht der Objecte selbst bestehen. Dices gilt, wenn auch zum theil in anderer Form insbesondere auch von denjenigen Besitzungen. welche einem Gemeindeverbande nicht angehören, sondern einen selbständigen Gutsbezirk bilden. Abgesehen davon, daß der Be⸗ sitzer eines solchen Gutes nach wie vor der unmittelbare Träger der
einmunallasten innerhalb des Gutsbezirks bleibt, wird er als An— ehöriger der weiteren Communalverbände auch fernerhin der Kreis— . unterliegen und durch diese in der Regel schärfer als bisher getroffen werden, falls nach den Vorschlägen der Staats— regierung die Ueberweisung von Ueberschüssen aus den Getreide⸗ und Viehjöllen nach Maßgabe des Gesetzes vom 14. Mai 15855 in Zukunft fortfãllt. Wenn allgemein die staatliche Doppelbesteuerung durch den Ver⸗
zicht auf die Realsteuern beseitigt werden soll, ist es selbstverständlich gänzlich unthunlich, Grundbesttzungen und Hewerbebetriebe um des= willen davon auszuschließen, weil sie zu dem Politischen Verbande eines Gutsbezirkes gehören.
3) Ehbenso wenig ist ein Grund gegen den Verzicht des Staates auf die Grund- und Gebäudesteuer daraus herzuleiten, daß bei Auf⸗ erlegung dieser Abgabe Entschädigungen für die damals bestehenden Grundsteuerbefreiungen und Bevorzugungen gewährt worden sind. Allerdings würde es nicht gerechtfertigt sein, den Entschädigten nun⸗ mehr die Last wieder abzunehmen und daneben die Entschadigung zu belassen, deren, Voraussetzungen mit dem Verzichte des Staates auf die Hrundsteuer hinfällig werden. Durch den Erlaß der Leistung wird die Verpflichtung zur Erstattung der als Gegenleiftung k Entschädigung begründet. Eine nothwendige Einschränkung erleidet dieser Grundsatz nur hinsichtlich derjenigen Grundstücke, welche nach erfolgter Entschädigung durch lästiges Rechtsgeschäft — mit Ausnahme des Falles der Erbtheilung — veräußert worden sind; hier fehlt es
an einem Erstattungepflichtigen, weil der gegenwärtige Besitzer
bon der Entschädigung keinen Vortheil bezogen hat, dem tj chädigten Vorbesitzer aber die Aufhebung der Grundsteua nicht zu gute kommt. Wenn in derartigen Fällen, wie in der Begründung des er⸗ wähnten Gesetzentwurfes dargethan ist, von der Nückforderung der Entschädigungssumme abgesehen werden muß, so ist dieser ÜUmstand von untergeordneter Bedeutung und in keinem Falle dazu angethan, den Fortgang der für nothwendig erkannten Steuerreform in Frage zu stellen. B.
Die Ersetzung der Ertragssteuern durch neue Einnahme—⸗ quellen. Mit der Aufgabe der Ertragssteuern verzichtet der Staat auf folgende sichere Einnahmen: Grundsteuer 39 907 000 Ge nee,, Steuer vom stehenden Gewerbebetriebe
19 51 606 Bergwerks abgaben ö
6 260090 - zusammen 101 739 000 M Unter Abrundung auf Tausende sind hierbei die Grund-, Gebaude— Bergwerkssteuer nach d 38 E 8
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1s 400, somit die zu erwartende Isteinnahme auf rund 120 000 900 S½ und der für die Staatskasse verfügbare Ueberschuß auf nicht mehr als 40 000 090 0 ju veranschlagen. Die Einstellung eines höheren Betrages in diefe Rechnung wäre unftatthaft, kann insbesendere auch nicht durch den Hinweis darauf begründet werden, daß bis zum Inkrafttreten der Reformgesetze — 1. April 15855 — der Jahresertrag der Einkommensteuer naturgemäß steigen werde. Wenn auch diese Voraussetzung unter normalen Verhältniffen im allgemeinen zutrifft, so ist doch in allen Fällen mit der Thatfache zu rechnen, daß die Steigerung der nothwendigen Staatsausgaben mit derjenigen der Einnahmen mindesteng gleichen Schritt hält; den Grundsãtzen einer richtigen Finanzwirthschäft, welche die dauernde Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Ausgaben anzuftreben' hat, würde es daher nicht entsprechen, wenn man zum Zwecke der Balancirung ohne Rücksicht auf die sichere Vermehrung der Aus gaben nur die Einnghmen nach ihrem künftigen Mehrertrage einstellen wollte. Ueberdies darf für die nächsten Fahre auf den im FS 382 des Ein⸗ kommensteuergeseßes angenommenen jährlichen Zuwachs der Einkommen⸗ steuer nicht mit Sicherheit gerechnet werden.
Unter der Herrschaft des aufgehobenen Einkommensteuergesetzes war die regelmäßige jährliche Steigerung des Veranlagungfolls zum nicht geringen Theil dem Umstande zuzuschreiben, daß es alljährlich in gewissem Umfange gelang, bisher verborgenes Einkommen neu zur Be⸗ steuerung heranzuziehen. Dieses Moment wird künftig von minderer Bedeutung sein, nachdem in gleicher Richtung die erstmakige Abgabe der Steuererklärungen mit einem Schlage eine weitgebende Wirkung geãußert hat. Fortan ist das Wachsthum des Einkommensteuerertrages in der Hauptsache durch die Erwerbsverhältnisse und die des Volks⸗ wohlstandes
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2) Sodann sind zur Deckung des Ausfalles diejenigen Bet für die Staatskasse in Anspruch zu nehmen, welche gegenwärt: Grund des Gesetzes vom 14. Mai 1885 (GefetzSamml. S. 1 Kreisen aus den landwirthschaftlichen Zöllen zufließen.
Die gegen das Ueberweisungsprincip im allgemeinen sprechenden Gründe sind bereits dargelegt; dieselben treffen in verstärktem Maße auf die in ihrem Betrage veränderlichen Ueberweisungen an die Kresse zu. Die Aufgaben und folglich die Bedürfnisse gerade der Kreife sind in den verschiedenen Theilen der Monarchie fehr verschieden; die Vertheilung der Zolläberschüsse geschieht aber ohne Rücksicht auf die Verschiedenheit der Aufgaben und der dadurch bedingten Aufwendungen. Wenn daher auch für zahlreiche Kreise die nützliche Verwendung der überwiesenen Mittel und eine wohlthätige Wirkung des bezeichneten Hesetzes anzuerkennen ist, so hat doch auch vielfach das Gegentheil stattgefunden und sind mit den den Kreisen ohne eigene Opfer zu⸗ geflossenen Mitteln Ausgaben für Zwecke gemacht, für welche ein dringendes Bedürfniß nicht vorlag, oder deten Befriedigung in ver— schiedenen Provinzen besser den Gemeinden zu überlassen gewesen wäre.
In der Natur dieser Ueberweisungen liegt die Gefahr, daß sie an der einen Stelle Bedürfnisse hervorrufen und an der anderen Stelle nicht decken und überall zu einer leichten Bewilligung von Ausgaben verleiten, ohne daß der Werth derselben an den entfyrechenden dafür zu bringenden Opfern gemessen wird.
Eine solche Einrichtung würde 66 auch, abgesehen von der Nothwendigkeit der Heranziehung der Uebkrweifungen zur Deckung des finanziellen Ausfalls bei einer endgültigen . des gesammten communalen Steuerwesens nicht ferner aufrecht erhalten werden können.
Wie die Berathungen über das Gesetz vom 14. Mai 18585 er— geben, war sie in der That auch von ibren Urhebern von vornherein als eine nur vorübergehende Maßregel gedacht, welche bezweckte, die Ueberweisung der Grund und Gebãudesteuer materiell vorzubereiten. Stenogr. Ber, über die Verhandlungen des Haufes der Abgeordneten Sessien 1885 Bd. II S. 1612 Drucks. Rr. 593)
So sebr das Gesetz vom 14. Mai 1855 gegenwärtig die Durch⸗ führung einer erganischen Reform erleichtert, so findet in derselben doch jene provisorische Ausstattung der Communalverbände keinen Raum mehr.)
Auch vom Standpunkte des Haushaltes der Kreise kann die Auf⸗ hebung des Gesetzes vom 14 Mai 1855 keine Bedenken finden, inso= fern für die fortfallende Einnahme ein mehr als entsprechender Ersatz
) Anm. Die besonderen Gründe, aus welchen den Kreisen künftig die Betriebssteuer überwiesen werden soll, sind in der Be— gründung des Gesetzentwurfs ausführlich dargelegt.