Vor der Panama⸗Untersuchungscommission er⸗ klärte gestern der Director eines Speculationshauses Thierrge, da Baron Reinach bei der Bank von Frankreich 39009000 Fr. für Rechnung des Hauses eingezahlt habe, so habe diese 27 Checks von Reinach eingeloͤst. Thierrée weigerte 1 die Namen der Empfänger zu nennen; drei Mitglieder der Commission begleiteten infolge dessen Thierrse in sein Geschäfts local, um die betreffenden Checkabschnitte einzu⸗ sehen. Dort konnten sie den Betrag sowie die Zahl der Checks feststellen; es sind deren sechsundzwanzig, davon lauten zwei auf je eine Million. Der Vice⸗Präsidenk der Commission hat sich an den JustizMinister Ricard mit dem Antrage gewandt, die Checks mit Beschlag belegen zu lassen; dieser antwortete, er habe den Antrag dem General-⸗Staatsanwalt zugehen lassen. Der Schreibsachwerständige Flory, der die Bücher der Panama⸗ Gesellschaft geprüft hat, weigerte sich, Aussagen zu machen, indem er sich hinter das ihm obliegende Ge ,, . verschanzte. Die Commission vernahm sodann den Vorgänger Flory's, Ross ignol, der bestätigte, daß Reinach von der
anama⸗Gesellschaft 9 Millionen Francs einkassirt habe; die Summe sei in den Büchern der Gesellschaft eingetragen, jedoch ohne Begründung. Rossignol gab sodann Einzelheiten über die durch die Panama⸗Gesellschaft an jedes Journal zur Vertheilung ekommenen Summen; die unter der Bezeichnung „Kosten für
eröffentlichung“ ausgegebenen Summen überstiegen 20 Mil⸗ ionen Francs. Ferner erklärte er im Verlauf seiner Ver⸗ nehmung, er habe unter den Namen keine politisch bekanntere Persönlichkeit gefunden.
Bezüglich der gestern erwähnten Erklärung des General⸗ Staatsdnwalls Quesnay de Bea urepaire an den Prä— . der Panama⸗Untersuchungscommission verlautet,
aß der General⸗-Staatsanwalt darin die Trennung der Gewalten als die Grundlage des öffentlichen Rechts er— kläre. Er sei bereit, in der Vertheidigung der Rechte des Richterstandes und der Advocatur zu fallen, und könne keinerlei Einmischung in die Sphäre des Gerichts acceptiren. Er wolle nicht seine Entlassung nehmen, sondern seine Absetzung abwarten, damit die Frage der Unabhängigkeit der Gerichte principiell gelöst werde. ⸗
Der General Dodos hat telegraphisch angezeigt, daß er am X. November Abomey verlassen habe und am 30. No⸗ vember in Portonovo angekommen sei. Der Oberst—
Lieutenant Gregoire befehllge die in Abomey zurück—⸗ gebliebenen Truppen. Die Einwohner von Wydah hätten erklärt, die Oberhoheit Frankreichs anzuerkennen. Nach der Besetzung Wydah's werße eine Abtheilung Truppen. nach Allada gehen und direct bis Abomey vorrücken, um die voll⸗ ständige Besetzung des Landes zu sichern.
Italien.
Im Se nat wies gestern, wie telegraphisch berichtet wird, in Beantwortung einer Interpellation Lambertico's wegen der Weinzollctausel der Minister des Auswärtigen Brin auf die glücklich beendeten Wiener Pourparlers hin und zählte die Italien gewährten Vortheile auf. Alle weinbaulichen Interessen Italiens seien gewahrt worden Die Zulassung der seitens nationaler Institute ausgestellten Certificate über die Analyse beseitige endlich gewisse Unzukömmlichkeiten des Erlasses vom 10. August. Er sei sest überzeugt, daß die Weinzollclausel die praktische Wirkung haben werde, welche die Interessenten gerechterweise erwarten könnten. Lambertico erklärte sich durch die Antwort vollständig zufrieden⸗ gestellt. In geheimer Abstimmung wurde sodann mit 9 gegen 582 Stimmen die Gültigkeit der Ernennung des früheren Deputirten Zuccaro zum Senator verworfen.
Spanien.
Der Minister des Innern Villaverde hat infolge einer Meinungsverschiedenheit über die Frage der Aufiösung der Municipalität von Madrid seine Entlassung genommen. Die Königin-Regentin unterzeichnete gestern, wie „W. T. B.“ meldet, die Ernennung Dan villas, Vice⸗ Präsidenten der Kammer, zum Minister des Innern an Stelle Villaverde's. — Der Bürgermeister von Madrid wird seine Entlassung geben.
Belgien.
Vor einigen Tagen war in Brüssel die Nachricht von einer Niedermetzelung der Antisklaverei-Expeditionen unter Capitän Jacques und Capitän Boa am Tanganyka verbreitet worden. Eine gestern von dem Gouverneur des Congostaats in Brüssel eingetroffene Depesche erwähnt dem „W. T. B.“ zufolge diese Vorfälle nicht. .
Griechenland.
In der gestrigen Sitzung der Kammer legte der Minister Präsident Trikupis das Budget für 1893 vor. Darin beziffern sich, wie ‚W. T. B.“ meldet, die Einnahmen auf 110 Millionen, die Ausgaben auf 104 Millionen, was also einen Ueberschuß von 6 Millionen ergiebt. Gegenüber dem jetzigen Budget enthält das neue Budget Ersparungen im Be— trage von 5 Millionen, darunter 1 Million im Kriegs— budget und 3 Millionen im Budget der öffentlichen Arbeiten. Die Erhöhung der Einnahmen erscheint ver⸗ bürgt durch das wachsende Erträgniß der Tabacksteuer, die Revision des olltarifs, sowie die Reform des . Der Tonnenzoll der fremden Schiffe und die um 20 Procent erniedrigten Ausfuhrzölle sollen fernerhin in Gold gezahlt werden; sie bringen der Regierung eine Ein— nahme von Hi/g Millionen und sind zur Sicherung der Ver⸗ zinfung der Anleihen, zur Einschränkung des Zwangscurses und zur Bezahlung der Münzdifferenzen bestimmt. Trikupis erklärte die Bezahlung des nächsten Coupons für gesichert und hob hervor, daß die Verhandlungen behufs Ueberlassung des Eisenbahnbaues Piräus⸗Larissa an eine Baugesellschaft auf gutem Wege seien.
Bulgarien.
Der Prinz Ferdinand hat, laut Meldung des „W. T. B.“ die Demission des Finanz⸗Ministers Natschowitsch nunmehr angenommen. Der Prinz und die Collegen des Finanz⸗Ministers hatten sich wiederholt bemüht, Natschowitsch ur Zurückziehung des Entlassungsgesuchs zu bewegen; dieser estand jedoch auf seiner Demission, auch nachdem ein in der Swoboda“ veröffentlichter Artikel die Insinualion des „Malak Vestnik“y, daß Natschowitsch gegen die liberale Partei und gegen Stambulow Ränke schmiede, zurück⸗ gewiesen und die correcte Haltung des Finanz-Ministers her⸗ vorgehoben hatte. In der gestrigen Sitzung der Sobranje machte sodann der Minister⸗Präsident Stambulow von dem
Ukas Mittheilung, durch den der Justiz Minister Sallabaschew interimistisch mik der Leitung der Finanzen betraut wird.
Parlamentarische Nachrichten.
Deutscher Reichstag. 6. Sitzung vom 1. Dezember U Uhr.
Der Sitzung wohnen bei der Reichskanzler Graf von Caprivi, die Staalssecretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Maktzahn, Freiherr von Marschall und Hollmann, sowie der Königlich preußische Kriegs-Minister von Kalten⸗ born⸗Stachau. .
Die erste Berathung des Reichshaushalts-Etats für 1893351 nebst dem Anleihegesetz und dem Etat für die . wird fortgesetzt.
Abg. Dr. Bu hl (nk): Auf die Militarvorlage will ich nur eingehen, soweit sie den Etat berührt, Nach der vorjährigen Rede des Reichskanzlers hätte die öffentliche Meinung nicht eine so gewaltige Heeresverstärkung erwartet. Durch die ganze Art, wie die Geruchte sich verbreiteten, wie die Nachrichten durchsickerten, wurde die öffentliche Meinung irre geführt. Von unserer Partei kann ich behaupten, daß sie den militärischen Forderungen der Regierung stets willig nachgegeben hat. Unsere bisherigen Bewilligungen wurden uns erleichtert dadurch, daß wir das unbedingte Vertrauen in die Lei⸗ tung der auswärtigen Angelegenheiten hatten, daß wir die Ueberzeu⸗ gung hatten, daß die eurcpäische Weltlage sorg fältig überwacht würde, daß die militärischen Forderungen mit n gt auf die Noth⸗ wendigkeit gestellt würden. Ich würde 8 für einen Fehler halten, in principielle Opposition gegen die Regierung zu treten wegen der Militärvorlage. Wir müssen sie unbefangen prüfen, unsere Abstimmung wird kein Vertrauensvotum sein, sondern wir wollen nur das Vaterland sichern. Die Bedeutung der zweijährigen Dienstzeit für die Volkswirthschaft haben wir stets anerkannt. Der Abg. Dr. von Bennigsen und ich baben dies in der vorigen Session näher auseinandergesetzt. Eine Statistik darüber, wieviel Personen zwei oder drei Jahre gedient haben und wie diese ihrem früheren Erwerbe entfremdet sind, würde sehr interessant sein. Ich glaube vielmehr, daß ein großer Theil der ländlichen Arbeiter, die drei Jahre gedient haben, ihrer ländlichen Beschäftigung entfremdet werden. Für die Durch⸗ führung der zweijährigen Dienstzeit werden wir alles bewilligen. Die Veröffentlichung des ‚Militär⸗Wochenblatts“ über die Landwehr⸗ seute hat mich tief beträbt, und sie hat den Landwehrleuten die Erinnerung an ihre Dienstzeit getrübt. Ich bedaure, daß die Ver⸗ offentlichung gerade in Preußen möglich, war, wo die Er⸗ innerung an 1813 vorhanden ist. Eine. Verjüngung der Armee halte ich für erstrebenswerth, aber es wird uns niemals gelingen, die verbeiratheten Leut? von der Feldarmee gänzlich fern zu halten. Wieviel verheirathete Leute ibr Leben 1575 gelassen haben, zeigen die Zahlen der Wittwen, welche aus dem Pensions fonds unterstützt werden. Wenn man so große Spfer für die Armee verlangt, dann müssen vorher alle die dringenden Reformen durchgeführt werden, die von allen Seiten einmüthig verlangt worden sind. (Schluß des Blattes.)
Ueber den weiteren Verlauf der Verhandlung werden wir morgen berichten.
Die Steuerreform: Com mission des Abgeorzneten⸗
hauses hat im weiteren Verlauf ihrer gestrigen Berathung die Generaldiscussion über die Deckungsfrage zu Ende geführt und schließlich, nachdem die anderen Anträge zurückgezogen worden waren, den ersten der schon gestern mitgetheilten Anträge des Abg. Dr. Sa ttler (ni, welcher lautet? Die Nothwendigkeit eines Ersatzes für den Ausfall an Staatseinnahmen infolge des Verzichts auf die Realsteuern ist, wenn auch nicht in der vollen von der Regierung geforderten Höhe, anzuerkennen“, mit allen gegen zwei Stimmen angenommen. Heute begann die Commission die Berathung des Ergänzungs⸗ teuergesetzes. 5 1 der Regierungsvorlage lautet: Vom 1. April i895 ab wird eine Ergänzungssteuer nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen erhoben. Die Abgg. Stengel, Freiherr von Zeplitz, von Tiedemann-Bomst und Schlabitz (freicons.) deantragen, zu beschließen, den zur Durchführung der Steuer⸗ reform 'erforderlichen Ergänzungsbetrag im Wege einer Erbschafts— steuer aufzubringen, während der Abg. Br. Wuermeling (Eentr.) vorschlägt, den zur Durchführung der Steuerreform erforder⸗ lichen Ergänzungsbetrag im Wege der stärkeren Heranziehung des fundirten Einkommens gegenüber dem nichtfundirten unter entsprechen⸗ der Abänderung des Einkommensteuergesetzes herbeizuführen. Abg. br. Friedberg (n) hatte unter Ablehnung der Regierungs⸗ vorlage eine Novelle zum Einkommensteuergesetz beantragt, um in dessen Rahmen eine unterschiedliche Besteuerung des fundirten und unfundirten Einkommens herbeizuführen. Diese (schon gestern mitgetheilte) Novelle wird heute vom Antragsteller aus technischen Gründen zurückgezogen mit dem Be— merken, er behalte sich vor, später einen Antrag in derselben Rich⸗ tung, in verbesserter Form, wieder einzubringen. Der Vorsitzende Freiherr von Huene schlägt vor, die Anträge Stengel und Wuerme⸗ Üng einer Subcommissicn zu überweisen. Abg. Stengel, tritt für die Erbschaftssteuer ein; die Lösung im Rahmen der Einkommen⸗ steuer sei schwer möglich. Abg. von Eynern (nl) schließt sich der letzteren Auffassung an, glaubt aber, daß das Declarations verfahren bei der Vermögenssteuer sich wesentlich mildern und verbessern lasse. Abg. Höppner (cons.) hält die Vermögenssteuer für den einzig gang—⸗ baren Weg, wünscht aber eine Milderung des Declarationsverfahrens. Finanz- Minister Dr. Miquel erläutert die der Commission vor- gelegte Nachweisung über die Erbschaftssteuer. Der Minister weist auf die ungleiche Wirkung dieser Steuer und auf die Mannigfaltigkeit des Eherechts hin, welches diese Ungleich⸗ heit noch steigere. Alle Versuche im Finanz⸗Ministerium zur Lösung der Frage im Rahmen der Einkommensteuer seien geschei⸗ tert. Er ,, deshalb, daß schließlich die Commission zu demselben Resultat kommen werde, wie das Finanz- Ministerium. Graf Hoens⸗ broech (Centr) spricht sich gegen die Erbschaftssteuer aus. General⸗ Steuer⸗Director Burghart weist auf die Steuerfreiheit zeitweilig ertragloser Einkommen hin; der Weg der italienischen Einkommen⸗ steuer sei nicht empfehlenswerth. — Bei Schluß des Blatts wurde die Berathung durch eine Pause unterbrochen.
Nr. 48 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ beitsamts vom 36. November hat folgenden Inhalt: Gesundheits— stand, Mittheilungen über Volkskrankheiten, insbesondere Cholera. — Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. = Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Land- bezirken. Witterung. — Maßregeln gegen Cholera 2c, — Gesetz= gebung u. s. w. (Preußen. Reg. Bez Schleswig.) Viehschlachten. — Württemberg. Stuttgart. Gesundheitspolizeiliche Anordnungen für Schulen. — Mecklenburg⸗Schwerin.) Typhusausbrüche. — Frank⸗ reich Wein gus getrockneten Trauben. — (Rußland) Desinfections⸗ mittel. — (Ohio) Käse. — Thierseuchen im Deutschen Reiche, Oktober. — Desgl. in Belgien. 1. Vierteljabr. — Veterinär- velizeiliche Maßregeln. (Elsaß Lothringen, Desterreich, Belgien — Recht sprechung. (Schöffengericht Wandsbek) Absperrungsmaßregeln und Einfuhrverbote aus Anlaß der Choleragefahr. — Verhandlungen von gesetzgebenden Körperschaften. Deutsches Reich Kuppelei, Zuhälterthum u. s. w. Entwurf. — Auswanderungswesen. Entwurf.
— Etit für das Gesundheitsamt 1893594 und Erundstück für ein Dienstgebäude desselben. — Vermischtes. (Australien, Victoria. Irrenanstalten 1890. — Beilage. Gerichtliche Entscheidungen zum Nahrungsmittelgesetz. (Bier, Wein.)
Entscheidungen des Reichsgerichts.
In Bezug auf die Bestimmung des 5 73 des Gen ossenschafte⸗ gesetzes vom 1. Mai 1359: „Wird die Genossenschaft binnen sechs Monaten nach dem Ausscheiden des Genossen aufgelöst. so gilt das⸗ selbe als nicht erfolgt = hat das Reichsgericht. Il. Cirilsenat., durch UÜrtheil vom 16. September 1892 ausgesprechen, daß der Ausgeschiedene infolge der Auflösung der Genossenschaft in Ansehung der Liquidation so zu behandeln ist, als ob er nicht aus geschieden sei, auch wenn er zu den nach seinem formellen Ausscheiden stattgehabten Generalversammlungen nicht zugezogen worden ist.
— Böörsenspeeulationsgeschäfte zwischen dem Banquier und seinen Committenten in so großem Umfange, daß die Vermögens⸗ verhältnisse des Committenten, . dem Banguier bekannt waren oder bei einer Nachforschung bekannt werden mußten, zu effectiver Erfüllung dieser Geschäfte durchaus unzu⸗ reichend sind, sind, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Civil⸗ senats, vom 12. Oktober 1892, in der Regel als nicht klagbare Differenzgeschäfte zu erachten, auch wenn vertragsmäßig das beiderseitige Recht, effective Erfällung zu verlangen, nicht ausge⸗ schlossen war.
Statistik und Volkswirthschaft.
Bewegung der Bevölkerung des Deutschen Reichs im Jahre 1891.
Die im Kagiserlichen Statistischen Amt zusammengestellten Nach⸗ weise über die Bewegung der Bevölkerung im Jahre 1891 ergeben, daß im Deutschen Reich stattgefunden haben:
. im Durch ⸗ auf 100 der . schnitt von Bevölkerung w 188291 1391 1882/91 Eheschließungen 399 398 373 840 8 oz 7, 86 Geburten einschließlich 1 903 1890 1814226 38.24 33,16 Sterbrfälle Todtgeburten 1 227409 1247918 24,66 26,25 Mehr Geburten als 8, 675 751 566 306 13,58 1,91 Die Zahl der Eheschließungen und Geburten war demzufolge im vergangenen Jahre absolut wie relativ größer, die der Sterbefãlle dagegen kleiner als im Durchschnitt der zehnjährigen Periode 1882 bis 1891 und der Geburten⸗Ueberschuß erreichte eine vergleichsweise sehr bedeutende Höhe. Unter den Geborenen waren: im Jahre im Durchschnitt Procent der Geborenen 1891 von 1382 91 1891 1882/91 Unehelich Geborene. 172 456 168 898 9.96 931 Todtgeborene .. 62988 66 409 3431 3.56
Molkereigenossenschaften in Oesterreich 1891.
Um einen Ueberblick über die Entwickelung des Genossenschafts⸗ wesens auf dem Gebiete der Molkerei und dadurch indirect dieses wichtigen und ertragreichen Zweiges der Landwirthschaft zu gewinnen, hat das österreichische Ackerbau⸗Ministerium zu Ende des vorigen Jahres durch die Vermittelung der Landesculturräthe und Landwirth— schaftsgesellschaften der einzelnen Länder Erhebungen über die zu Ende des Jahres 1891 bestehenden eigentlichen Molkereigenossenschaften und die Ddenselben ähnlichen Vereinigungen, sowie über deren Ge bahrung im Jahre 1891 veranlaßt,. Die Ergebnisse dieser durch Fragebogen für jede einzelne Genossenschaft, bewirkten Er— mittelungen sind im Oktoberheft der „Statistischen Monatsschrift“ veröffentlicht worden. Wir entnehmen denselben, daß im Berichts jahre in den im Reichsrath vertretenenen Königreichen und Ländern 321 solcher Unternehmungen bestanden. Davon entfielen 92 auf das kleine Vorarlberg und 1879 auf Tirol, während in Oberösterreich, Saljburg, Schlefien, Triest, Istrien, Dalmatien und in der Bukowina keine gemeinschaftliche Milchverwerthung bestand. Unter der Gesammt⸗ zahl befinden sich auch einige Milchverwerthungs⸗Unternehmungen. und zwar sehr alten Datums, welche, wie die Gemeindelatterien und die „Fatterie sociali? in Welschtirol, nicht eigent⸗ lich Genossenschaften sind, aber zur Kennzeichnung der Verhäãltnisse der Milchverwerthung in diesem Gebiete doch in das Verzeichniß auf⸗ genommen wurden. Die Gesammtzahl der Genossenschafter bezw. Milchlieferanten betrug 16211, die Menge der im Jahre 1891 ver⸗ arbeiteten Milch 29 588 000 kg. An 6 r, wurden während des Berichtsjahres erzeugt: 577 000 kg Butter, 1 254 000 k Kãse und 10 255 065 Eg andere Producte (Voll⸗ und Magermilch, Butter⸗ milch, Weichkäse, Molke u. s. w.). Der gesammte Bruttoerlös für die erzeugte Waare belief sich auf 1 865 000 Gulden, die Betriebs⸗ auslagen erreichten eine Höhe von 339 0090 Gulden. Von den Molkerei⸗ genoffenschaften waren 42 (darunter 37 in Tirol) das ganze Jahr . im Betrieb und haben 25 alle ihre Erzeugnisse direct verkauft. . . Das Resultat der Erhebungen, namentlich aber die nicht sehr erfreulichen Angaben über den Ertrag der meisten Molkerei⸗Unter⸗ nehmungen und der Mangel an gehöriger Einrichtun derselben, die geringe Anzahl von Centrifugen, welche bis jetzt in Vesflerel für die Verwerthung der Molkereiproducte wenigstens in gemeinschaft⸗ lichen Sennereibetrieben verwendet werden, zeigen, daß die Association auf diefem Gebiete, welche namentlich für . von kleinen Milchmengen dort, wo kein directer Absatz für Milch besteht, der einzige Weg ist. dieselben einer entsprechenden Bearbeitung und Ver⸗ werthung zuzuführen, in Oesterreich noch nicht genug gewürdigt wird.
. Zur Arbeiterbewegung. ö
In vielen Orten fanden in letzter Zeit socialdemokratische Versammlungen statt, in denen der Berliner socialdemokratische Parteitag Gegenstand der Verhandlung war und die Beschlüsse des Parteitages zumeist Zustimmung fanden. Ueber eine solche Versammlung in Frankfurt a. M. berichtet die Frkf. Ztg.
Der Referent Herr Hoch beschäftigte sich in der Hauptsache mit der abweichenden Stellung des Delegirten zu den verschiedenen Be⸗ schlüffen des Parteitages. U a. stellte er sich auf, die Seite Lieb⸗ knecht's hinfichtlich des von diesem bezogenen Gebglts und bedauerte, daß der Parteitag dieses Gehalt nicht fest bestimmt habe. Herr Knoop erklärte sich in der an das Referat anschließenden Debatte mit vielem nicht einverstanden. Liebknecht's Gehalt sei viel zu hoch. Wenn man ohne alle Sorgen leben könne, sei man nicht in der Lage. mit, dem arbeitenden Volke zu fühlen. Die Frage der Maifeier hätte auch eine andere Tösung, finden müssen. Die Erklärung der Fractjon im vorigen Jahre habe der Gewerk⸗ schaftsbewegung einen Knüppel zwischen die Füße geworfen; eweis dafür feien die Hamburger Aussperrungen. Ueberhaupt seien die Machtbefugnisse des Parteivorstandes viel zu groß. Anträge, die ihm nicht Paßten, fieken regelmähig, was nicht für die. Behauptung des Refe⸗ renten spreche, daß alle Delegirten selbständig dächten und handelten.. Die Besprechung foll am Sonntag Vormittag fortgesetzt werden.
In Halte a. S. fand am Montag eine Versammlung zun⸗ abhängiger. Soeialdemokraten stalt die sich dort, wie der Ger. Itg.“ geschrieben wird, revolutionäre Socialisten nennen. Buch⸗ drucker Werner aus Berlin sprach vor etwa 300 Personen und griff namentlich die socialdemokratische Partei und ihre Führer an. Mehrere in der Versammlung anwesende sorialdemokratische Wort- führer verfuchten erfolglos, den Redner zu widerlegen. Die „‚Un⸗
Geräth. Angeschlossen ist
—
abhängigen! gewinnen, wie das Blatt bemerkt, immer mehr Anhang aus den Reihen der Soeialde rriohtaten.
Sämmtliche mãnnlichen Ar beiter der Vereinigten Dresdener Stroh⸗ und Filzhutfa b rik haben, wie der Vorwärts“ be⸗ richtet, infolge von Lohnkürzu rng ihr Arbeite verhältniß gekündigt.
In Leipzig fand am Dienstag eine von socialdem okratischer Seite veranftaltefe und geleitete Versammlung statt und wäblte eine Abordnung von drei Peron SrI, die beim Rath wegen Beschaffung von Arbeitsgelegenheit vorste lig werden sollte. Am Nachmittag empfing, wie dem Bregdn. Journ.“ g Sschrieben wird, der Ober Bürgermeister Pr. Georgi die Abordnung, die ihm die Wünsche der Arbeitslosen vortruüg und bat, daß die städ rischen Arbeiten auch im Winter so viel wie möglich gefördert, und da Z Liese Arbeiten in städtische Regie ge⸗ nommen werden möchten. D Sr Ober⸗Bürgermeister sagte hierauf zwar eine Beschleunigung der städti schen Arbeiten zu, bemerkte aber, daß eine Uebernahme durch die Stadtverwaltung aus wohlerwogenen Gründen abgelehnt werden mi üßte. ö
Aus Fürth wird dem — Vomärts“ mitgetheilt, daß der dortige socialdemokratische Wahlverin beschlossen habe, das Bier der Brauerei Evora (vgl. tr 283 d. Bl) so lange zu meiden, . 2 Streit zwischen der Arbeitern und dem Arbeitgeber bei⸗ gelegt sei. ᷣ . .
Aus Lüttich meldet eire Wolff sches Telegramm vom heutigen Tage: In der Kohleng ru Be ju Horloz brach gestern Vormittag ein partieller Strike aus, der im Laufe des Abends allgemein wurde. Die Zahl der Strikenden be Luft sich auf ungefähr 1000.
unsft 1nd Wissenschaft.
44 Der im modernen Runstschaffen immer energischer durch⸗ dringende Individualismus rägt sich auch in den öffentlichen Kunst⸗ darbietungen unverkennbar ara S: FGongertprogramme, welche qusschließ⸗ lich einem Gomponiften oder Spieler zewidmet sind Ausstellungen, welche ausschließlich die Werke eines Malers oder Bildhauers vor⸗ führen, begegnen uns von JW hr ju Jahr häufiger. Solche Sonder⸗ ausftellungen setzen ein SDerderinteresse für die Persönlichkeit des Schaffenden voraus und Fr dem in gewissem Sinne von dem Ge— ,, Verzicht auf die Ftoffliche Anregung der Kunstwerke; ihr Erfolg ist in erster Linie abb Angig von der Theilnahme, die die In⸗ dipldunlität des Künstlers errweckt, gesichert nur bei einer wirklich hervor⸗ ragenden Bedeutung derselberz, welche die nothwendige Einförmigkeit der Leistungen vergessen mach t. Her mann Hendrich, der gegen wärtig fünfundzwanzig seiner Bilder in dem Salen von F. Gurlitt ausgestellt hat, darf den Arispruch auf solche Theilnabme erheben. Die Eigenart feines künstleri F chen Empfindens drängt sich nicht durch
relle Ueberraschung und Eff Scthascherei auf, aber je länger man sich n seine Bilder versenkt, um Fo reicher und inniger wird ihre Sprache. Die Tondramen Richard Wagner's haben seine, Einbildungskraft infpirirt, jedoch erhebt dier S sich nicht zu stürmischer Leidenschaft, sondern ist faft ausschließ l ch auf weiche lvrische Clänge gestimmt. Wie ergreifend versteht es Hen Drich zum Beispiel, den Stimmungẽgehalt. der traurigen Weise“ aus Tristan und. Isolde in Farben festzu⸗ haltẽn! Auf einem steil ire 3 Meer abfallenden Felsen erblicken wir die Gestaft des schalmeiblare raden Hirten, hinausspäbend auf die weite, von Wolkem verdunkelte Flath: ‚Ded und leer das Meer!“ Die ganze Sehnfucht und Todesahnung der melancholisch absteigenden Tonfolge flingt aus den gedeckten Far Ben dieses Aquarells uns entgegen,. Tief erfaßt ist auch das naturg ewaltige Wesen der in Zauberschlaf ge⸗ bannten Brünnhilde;: in ein BbSitlich violettem Eislicht leuchtet der Fels, aus dessen starren Massen fich der Leib der Wunschmaid! Wotan's wie ein Naturgebilde lost st. Unwillkürlich erinnert man sich der verwandten Auffassung in Böllin's gefesseltem Prometheus. Der Gedanke, daß die GestaCten der germanischen Heldensage aus Personificationen der MTäAturgewalten hervorgegangen, durch⸗ zieht alle Darstellungen ders e Lben; auch Thor, der seinen Blitzhammer gegen die Midgardschlange scHwingt, ragt aus den zerfetzten Wolken⸗ massen wie eine phantastisch= Naturerscheinung, und aus den zarten Rebelschleiern der Rheinflut Ben dringt der Glanz des von Alberich geraubten Goldes, wie das Spiegellicht des Mondes zur Oberfläche empor. — Weniger glücklich r st Hendrich in der Wiedergabe dramatisch erregter Scenen, wenn er etrwg Siegfried vor der Höhle Fafner's mit cktem Schwert darstellt. Auch hier fesselt den Maler mehr das Märchenhafte der landschaf lichen Umgebung, das phosphorescirende Schillern des Drachenleibes, wihrend es der Heldengestalt an Kraft und markiger Action gebricht. Unablässig beschäftigen die Einbildungskraft Hendrich's Die Farbenprobleme des im Wasser sich spiegelnden Lichts; felsige WMrrtiefen belebt er mit Najaden, an deren Goldhaar das geheimnißvo LS Licht zauberkräftiger Edelsteingeschmeide hervorsprüht, in dem vom SSonnenstrahl getroffenen Gischt des Meeres erscheint der Leib eines berückenden Meerweibes Iris“, und von steil⸗ ragendem Fels erglũht das vor einer Frauengestalt gehaltene Zauberlicht “*, das den Schiffer ins Verderb e nn lockt. Ueberall klingt der gleiche Grundton wieder durch. Auch das große Bild die Bucht der Abgeschie denen bewegt sich in diesem Stimmungskrerfe. Ueber der von mattem Mondlicht be⸗ schienenen Brandung am TRelegestade der Bretagne erscheinen nebel⸗ haft die Gestalten derer, die Bier ihren Tod gefunden, Ruhe und Frieden suchend. Daß Hendrich indes auch andere, lebensvolle Farben auf seiner Palette hat, beweifen eine Anzahl sebr liebenswürdiger Landschafts⸗ studien, die, durchaus modern empfunden und aufgefaßt, nichts von ungesunder Sentimentalität Verrathen. Freilich liegt ihm die muntere Lebhaftigkeit, mit der Lo watti seine italienischen Veduten farben⸗ sicher hinwirft, fern; auch Dill übertrifft ihn mit seinen veneziani⸗ schen Kanalbildern, was Unmittelbarkeit des Eindrucks anlangt. Dafür fehlt aber diesen Wer ken, die im elektrisch erleuchteten Neben⸗ saal die Aufmerksamkeit ber 2nders fesseln, jene Tiefe des Empfindens, welche über den augenblick Lichen künstlerischen Eindruck hinaus den Beschauer bewegt und anregt. . .
— Im TLichthofe des SE unstgewerbe⸗Mu seu ms sind zur Zeit die Gewerkszeichen aus gestellt, welche der Verein Ornament“ für sein Costümfest zum S5 jäͤbrigen Jubiläum des Kunstgewerbe⸗ Museums angefertigt hatte. Die in dem Festzug viel bewunderten Stücke sind decordtix be Andest, aber mit großem Geschmag und Humor ausgeführt. Man Findet darunter die Abzeichen und Meister⸗ stücke der Goldschmiede, Weber, Schlosser. Kupferschmiede, Töpfer, Tischler, Maler, Bildhauer,. Meistersinger, Bildschnitzer u. s. wi außer⸗ dem die geschnitzten Keulen Der Büttner und Tänzer und anderes lustiges dieser Ausstellung der Entwurf einer monumentalen Uhr, welche der Verein Ornament, aus ehemaligen Schülern des Museums BSstehend, der Mutteranstalt zum Ebren⸗ geschenke machen wird, sorwie das Banner des Kunstgewerbe⸗ Vereins, welches am 12. Nobember festlich eingeweiht wurde. Zu
gleicher Zeit ist im Licht Hofe eine Sammlung altjapanischer
Lackarbeiten von ungew S hnlicher Schönheit, Eigenthum des Herrn R. Wagner (Dessauerstraße Nr. 2), ausgestellt.
— Das Germanische National⸗Museum in Nürnberg hat, wie der Anzeiger“ anittheilt, aus der Höch'schen Galerie in München, die im Septem Ber dort zur Versteigerung gelangte, eine Anjahl hervbrragender Bi L Der erworben, darunter ein Ecce homo von Schäufelein, das Bruftbild eines älteren Mannes von einem niederdeutschen Meister de 16. Jahrhunderts sowie eine Reihe von Werken niederländischer YTEister aus dem 17. Jahrhundert. Bei den von dem Muserm selbst Veranstalteten Ausgrabungen wurden ge⸗ funden: eine fränkische, goldene, runde Fibel, ein goldener Fingerring mit aufgesetztem Filigrart, ein silberner Fingerring und einige silberne Ohrringe, zwei gro Se, durchbrochene Jierscheiben von Bronze, die eine in einem beinernerr, die andere in einem Bronze Ringe, ver⸗ schiedene silbertauschirte BesFschlaͤge, einige eiserne Waffen, Thonperlen, Bruchstücke von Thongefäßerr u. a. — Ilhrliche Beiträge haben neu zuge⸗ sagt Seine Königliche Hoh Sit der Herzog Ernst August von Cumberland (650 M und Seine Könlgliche Hoheit der Großherzog Ernst Ludwig von
2 (200 66). — Nach Dem Ableben des Ersten Directors, Geheimen
aths Pr. A. von Essenmw ein, hat der Rechtsconsulent des Museums, Advocat und Rechtsanwalt Ga. Freiherr von Kreß, den Vorsitz im Verwaltungs und TZocalart Sschuse des Museums, der Zweite Director
Sans Bösch die Leitung der Geschäfte des Museums übernommen. Von
weiteren Personalverãnderungen wird gemeldet daß Dr. Theodor Volbehr am 1. September aus den Diensten des Museums ausgetreten ist. um einem Ruf nach Magdeburg Folge zu leisten. In seine Stelle rückte Dr. . zuletzt im Archis des Museums beschãftigt, vor. wel zugleich mit der Verwaltung der Bibliothek betraut ist. Die Stelle eines AÄssistenten des Archivs wurde dem Dr. R. Schmidt aus Sülze in Mecklenburg übertragen. Dr. Ernst Gasner ist am 1. Ok- fober aus dem Beamtenperfonal des Museums ausgetreten; an seiner Stelle ward Dr. Ludwig Fränkel aus Leipzig zum Assistenten der kunst⸗ und culturgeschichtlichen Sammlungen ernannt,
= Der Geheime Regierungs ⸗Rath Professor W. Förster hat. wie die ‚Voss. Ztg. erfährt, an den Reckor der Universität Padua Professor Ferraris ein Schreiben gerichtet, in dem er mittheilt, daß er als Vertreter der Berliner Universitat am 6. Dezember zur Theil⸗ nahme an den zu Ehren Galilei s dort zu veranstaltenden Festlichkeiten eintreffen werde. Aus München wird Professor Sohn ke, aus Karls⸗ ruhe Professor Keller eintreffen.
Gefundheitswesen, Thierkrautheilen und Abfperrungs⸗ Maßregeln.
Cholera.
Pest, 30. Noventber. In den letzten 24 Stunden sind bier vier Cholera⸗Erkrankungen und ein Todesfall vorgekommen. Den BVeröffentlichungen des Deutschen Kaiserlichen Gesundheitsamts“ jufolge sind vom 13. bis einschließlich 19. November nachstehende CFholera⸗Erkrankungen und Todesfälle stageweise geordnet) gemeldet worden: 3:4, 11: 1, 3: 3, 6:2, 10: 6, 7: 2, 5: 5, insgesammt 45: 23.
Spanien.
Die Quarantäne gegen Altong und Duisburg ist am 30. No⸗ vember 1892 aufgehoben worden. (Vergl. R. A. Nr. 209 v. 5.9. und 239 v. 10. 10. 92.)
Portugal.
Durch eine im „Diario do Goberno“ vom 25. Nopember 1892 veröffentlichte Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern wird der Hafen von Cherbourg für seit dem 12. d. M. von Cholera „verseucht“ erklärt.
Durch eine gleiche im Diario do Governo' vom 26. November 1892 veröffentlichte Verfügung werden ferner alle Häfen des Departe⸗ ments Morbiban in Frankreich seit dem 15. d. M. für von Cholera verseucht“ erklärt. .
Türkei.
Der internationale Gesundheitsrath zu Konstantincpel hat am 15. November 1892 die zehntägige Quarantäne gegen Provenienzen von Sebastovol, welche ohne Passagiere anlangen, auf 5 Tage er⸗ mäßigt; die Schiffe sind in Kawak der Desinfection zu unterziehen. Die Provenienzen von Trie st, welche in Korfu drei Tage Quarantäne nebst Desinfection durchgemacht und während zweier Tage der Weiterreise von griechischen Gesundheitswächtern begleitet worden sind, werden ebenso wie die griechischen Provenienzen behandelt und erhalten in türkischen Häfen sofort freie Pratika. Die Quarantäne zwischen Bajazid und Frjerum, fowie die Quarantäne in Kiötek gegen Kars wird auf fünf Tage herabgesetzt.
Griechenland.
Für die nach dem 15. November 1832 aus deutschen Häfen ab⸗ gegangenen Schiffe ist in Griechenland die bisher geforderte fünftägige Daarantäne aufgehoben worden (vergl. ‚Reichs-Anzeiger“ Nr. 270 vom 14. November 1892). .
Frische Häute, welche nicht vor dem 21. November verladen sind, werden fortan zur Einfuhr zugelassen (bergl. . Reichs-Anzeiger“ Nr. 235 vom 5. Oktober 1892).
Bulgarien. Die elftägige Personen⸗Quarantäne in Zaribrod ist auf acht Tage herabgesetzt worden. Schweden. Zufolge Königlich schwedischer Verordnung vom 15. November 1892 dürfen gebrauchte Betten und getragene Kleider nur
dann in Schweden eingeführt werden, wenn dieselben zum versönlichen
Gebrauch des Eigenthümerg, seiner Familie oder seiner Dienerschaft bestimmt sind. (Vergl. R. -A.‘ Nr. 239 v. 10/10. 92.)
Egypten.
Die unter dem 22. September 1892 gegen Herkünfte aus den europäischen Mittelmeerhäfen verfügte ärztliche Controle bezw. Unter⸗ fuchung ist seit dem 17. November 1892 in Bezug auf italienische Provenienzen außer Kraft getreten. (Vergl. . R. A.“ Nr. 245 vom
17. /10. 92.) ö Marokko.
Der Gesundheitsrath in Tanger hat die Häfen von Ant⸗ werven, Rotterdam und Marseil le unter dem 22. November 1892 bedingungslos für scholerafrei' erklärt.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 30. v. M. gestellt 10 884, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 29. v. M. gestellt 4859, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
Zwangs ⸗Versteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht ! Berlin standen am 30. November die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Colbergerstraße 27, dem Zimmermeister W. Wienecke gehörig; Mindestgebot 149 500 Æ, für das Meistgebot von 153 000 C wurde der 1 Louis Lebbin zu Berlin Ersteher. — Dunker⸗ straße, dem Architekten F. Brodt zu Berlin gehörig; Mindestgebot 600 S, für das Her est von 1600 S wurde der Berliner Bauverein in Liqu. zu Berlin Ersteher. — Aufgehoben wurde das Verfahren der Theilung halber eingeleiteten Zwangs⸗ verfteigerung wegen des Dreyer'schen Grundstücks Garten st r. 61.
— In der Generalversammlung der Berliner Maschinen⸗ bau-Actiengesellschaft vormals L. Schwartz kopff vom 536. v. M. waren 3382 Stimmen mit einem Kapital von 2 029 200 vertreten. Dem Vorstande und Aufsichtsrath wurde] unter Ge⸗ nehmigung der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung Entlastung ertheili. Das ausscheidende Mitglied des Aufsichtsraths Herr Ge⸗ heimer Commerzien⸗Rath Conrad wurde wieder gewählt. Die auf 18 0 festgesetzte Dividende gelangt von heute ab zur Auszahlung.
Vom ober fchlesischen Stein kohlenmarkt berichtet die Rhl. Itg. . Der rege Geschäftsverkehr hat in den letzten Tagen ast auf sämmtlichen oberschlesischen Gruben etwas nachgelassen. Immerhin jedoch ist der Geschäftsverkehr noch ziemlich lebhaft, be⸗ sonders nachdem die galizisch⸗österreichische Grenze für den Wagen⸗ verkehr wieber geöffnek wurd. Während im Inlande hauptsächlich die kleineren Sortimente, als Nuß II, Erbs⸗, Gries⸗ und Kleinkohlen, für den Hausbrand entnommen werden, sieht man von den ausländischen Fuhren meistentheils nur Stück, Würfel und Nuß l verladen, sfodaß die östlich und der Grenze am nächsten gelegenen Gruben mehr Absatz auf die groben Sorten haben, während bei den anderen Gruben Cgdenmartig mehr Aufträge auf die feineren Sortimente ein⸗ gehen. Die Förderung ist bis jetzt noch auf keiner Grube verstärkt worden, man hat es dort, wo die eingegangenen Aufträge das tãgliche Förderquantum überschritten haben, vorgezogen, die Bestände in An⸗ griff zu nehmen. — Ueber die Lage des Koksmarkts läßt sich Besse res wie in den früheren Berichten nicht sagen.
Köln, 30. November. (B. T. B) Einer Meldung der Köln. Itg.“ aus Bochum zufolge hat die Monats versammlung des Koks symdikats beschloffen, die bisherige Einschränkung der Pro⸗ duction für De zem ber beizubehalten sowie für nächstes Jahr den Verrechnungapreis (Einkaufspreis nicht Verkaufspreis) einzelner Sieb⸗ und Brecherzeugnisse um * die Tonne herabzusetzen. .
k 0. November. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. a Plata. Grundmuster B., per Dezember 350 *. per Januar 3. 85 4, per Februar 3,827 46, Ver März 3, 85 , ver April 3,8. 6, per Mai 3,87 4, ver Juni 3.877 , per Juli 3377 66, per August 337, per Sextember 3,387 4, per
BDtktober 3,37 4, ver November . Umsatz 190 0090 kg.
London, 30. Nowember. (W. T. B) Wollauction. Lebhafter Begehr, namentlich für feine. Preise fest behauptet.
An der Küste 5 Weizenladungen angeboten.
Amsterdam, 30. November. (W. T. B.) . Bei der heute von der Nie derländischen Handel sgesellschaft gehaltenen Zinnauction wurden 31 737 Blöcke Bancazinn zu⸗5ß à 561, durchschnittlich 564, verkauft.
New-⸗ York, 30. November. (WBW. T. B.) Die Börse er⸗ öffnete und verlief schwach. Der Schluß war stetig. Der Umsatz der Actien betrug 414 600 Stück. Der Silbervorrath wird auf 1330000 Unzen geschätzt. Die Silberverkãufe betrugen 100 09090 Unzen.
Hunderttausend Dollars Gold wurden heute zur Ausfuhr nach Europa dem Schatzamt entnommen. Man erwartet, daß am Sonnabend zwei Millionen Dollars eingeschifft werden.
Weizen anfangs niedriger, für einige Zeit besser, dann wieder schwächer auf großes Angebot. Schluß stetig = Mais anfangs ar 2 späteren Verlauf befestigt auf Deckungen der Baissiers. Schluß fest.
Eh ie ago, 30. November. (B. T. B) Weizen niedriger auf Realisitungen der Haussters. Schluß stetig. Ma is eröffnete niedriger, befestigte sich aber später auf Deckungskäufe der Baissiers. Schluß fest.
Verdingungen im Auslande.
Portugal. 9g. Dejember, 1 Uhr. Direction der Minho⸗ und Douro⸗Eisen⸗ bahnen, Secretariat der Hauptmagazine in Porto: Lieferung von 2600 c Kreofot. Voranschlag 22006 Reis pro Tonne. Vorläufige Faution 110 000 Reis. Acht Tage vor dem Termin ist eine Probe von 1 kg an die genannte Verwaltung einzusenden.
Griechenland.
Ohne Datum. Post« und Telegraphen⸗Directign in Athen: Lieferung von S000 Kg weißem Papierband für Morse⸗Apparate. Näheres an Ort und Stelle.
Rumänien.
19. Dezember. Kriegs⸗-Ministerium in Bukarest: Lieferung don 24 060 Serien kleiner Riemen von verschiedener Dimension zur Um⸗ wandlung der Patronentaschen Modell 1877. .
23. Dezember, ebenda: Lieferung von 270 0900 Knöpfen.
2s, Dezember, ebenda: Lieferung von 1149 m rothem Tuch,
24. Januar 1893 ebenda: Lieferung von 39 000 m grauer Lein⸗ wand und 1300 m indigoblauer Leinwand.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 30. Novẽmber. (W. T. B. Rorddeutscher Llovd. Der Postdampfer Salier‘, von New⸗Pork kommend, ist am 29. November Morgens auf der Weser angekommen. Der Reichs⸗ Postdampfer Darm stadt , am 11. Oktober von Bremen abge⸗ gangen, ist am 29. Nobember Nachmittags in Shanghai an⸗ gekommen. Der Schnelldampfer Elben von New⸗Nork kommend, sst am 29. November Morgens auf der Weser angekommen. Der Postdampfer Dresden“, am 17. November von Bremen abgegangen, sst am 29. November Morgens in New⸗York angekommen.
— 1. Dezember. W. T. B.). Der Schnelldampfer Havel hat am 29. November Nachm. die Reise von Southampton nach Bremen fortgefetzt; er überbringt 325 Passagiere und volle Ladung. Der Schnelldamper Ems“ ist am 29. November Nachm. von Rewe Fork via Palermo nach Neapel abgegangen Der Post⸗ dampfer Straßburg“, vom La Plata kommend, hat am 29. No⸗ vember Abends Las Palm as passirt. Der Postdampfer . Weser.! ift am 29. November Vormittags in Vigo angekommen und bat Nachmittags die Reise nach dem La Plata fortgesetzt. Der SchnelldamBpfer ‚Kaiser Wilhelm II. ist am 30. No⸗ dember Vormittags von Genua via Gibraltar nach New⸗ Vork abgegangen. Der Schnelldampfer Havel“, von New⸗Jork fommend, ift am 30. November Nachmittags auf der Weser an⸗ gekommen. Der Schnelldampfer Trave, nach NewYork bestimmt,
at am 36. November Nachmittags Dover passirt. Der Postdampfer Berlin? hat am 36. November Vormittags die Reise von Ant wöerven nach Lissabon fortgesetzt. Der Reichs ⸗Postdampfer Neck ar⸗ hat am 36. Robember Morgens die Reise von Antwerpen nach Bremen fortgesetzt.
London, 35. November. (W. T. B. Der Union⸗Dampfer Athenian“ ist heute auf der Ausreise von Madeira abgegangen.
Theater und Mufik.
Saal Bechstein.
Der erste von den drei Kam mermusik⸗Abenden der Herren Waldemar Meyer (Violine) und Felix Dreyschock (Klavier) fand gestern vor einem zahlreich erschienenen Publikum statt. Die ftilvolle, in den beiden letzten Sätzen besonders anziehende Senate für Piano und Violine (op. 78) von Brahms eröffnete den Abend. Es folgte Bach's Suite in E-dur für Vigline allein, die won. Herrn Meyer sehr lobenswerth gespielt wurde. Auch der Pianist leistete in feinem Solovortrage, der Phantasie dur von Schumann, vorzũgliches. Den Schluß des Abends machte Beethoven's unvergleichlich schöne Kreutzersonate (-dur), deren Ausführung nicht so ganz die Tiefe
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diefes Werks erfaßte, wie es andern Künstlern gelungen ist.
Am Sonnabend wird im Königlichen Opernhause die Oper Das goldene Kreuz. mit den Damen Weitz und Hiedler, den Herren Philipp, Schmidt und Krolop zur Aufführung kommen. Der Oper folgt das Ballet . Die Puppenfee“.
Die erste Aufführung des neueinstudirten Macbeth“ wird am Berkiner Theater mit Arthur Kraußneck in der Titelrolle und Anna Haverland als Lady Macbeth am Montag, 3. Dezember, statt⸗ finden. Frau Haverland spielt die Lady Macbeth überhaupt zum ersten Mal. .
Wegen des noch immer anhaltenden Unwohlseins des Sgr. Stagno ist die auf Freitag im Kroll'schen Thea ter angeseßzte Borstellung der Oper A Santa Lucia“ nicht möglich; dafür wird Tortzing'' Dper Undine; in Scene gehen, .
Die Münchener im Thomas⸗Theater werden im Hinblick auf die andauernde Zugkraft des Volksstücks Almenrausch und Edel⸗ weiß“ diefes Stück zunächft auf dem Sxielplan belassen und die erste Aufführung eines in Vorbereitung befindlichen Anzengruber schen Stücks auf nächste Woche verlegen. .
Das Programm des zweiten und letzten Klavier-Abends von Clotilde feeberg im Saal Bechstein am Sonnaßend Abend 7 Uhr bringt u. a. Beethovens Sonate op. 31 Nr. 3, die Variationen in Es-dur von Mendelssohn, Schumann's Romanze in Pemoll, eine Serie Chopin'scher Werke, ferner Stücke von Schubert, Tschaikowski u. s. w. — Im ersten Kammermusik⸗Abend der Herren