Aichtamtliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 5. Dezember.
Seine Majestät der Kaiser und König sind in der Nacht zum Sonntag aus Dresden im Neuen Palais wieder eingetroffen.
Gestern wohnten Beide Majestäten dem Gottesdienst in der Friedenskirche bei.
Heute hörten Seine ei e der Kaiser im Neuen Palais um g/ ö. Morgens den Vortrag des Chefs des Civil⸗ cabinets, Wirklichen Geheimen Raths Dr. von Lucanus, von 11 bis 1 Uhr die Vorträge des commandirenden Admirals Freiherrn von der Goltz, sowie des Vice⸗Admirals Hollmann und des Contre⸗Admirals Freiherrn von Senden⸗Bibran. Um 2 Uhr begaben Seine Majestät Sich nach Berlin, nahmen den neuen orhang im J Opernhause in Augen⸗ schein, besichtigten im Atelier des Professors Begas das Modell zu dem Denkmal für den Hochseligen Kaiser Wilhelm J. und hörten sodann die Vorträge des Staatssecretärs des Auswärtigen Amts Freiherrn von Marschall und des Ministers des Königlichen Hauses von Wedel.
Heute Abend gedenken Seine Majestät der Vorstellung im Opernhause beizuwohnen.
Ueber den Besuch Seiner Majestät des Kaisers am Hofe Seiner Majestät des Königs von Sachsen entnehmen wir dem „Dresdner Journal“ noch folgende Mit— theilungen:
Am Freitag Nachmittag ũ um 5 Uhr fand in der Villa zu Strehlen don ghz Familientafel statt. Abends be⸗ suchten die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften die Dper im Königlichen Hof⸗Theater zu Dresden, wo die Ouvertüre und der 2. Act aus „Tannhäuser“ sowie die Sicilianische Bauernehre“ zur Aufführung gelangten. Ihre Majestäten der Kaiser, der König und die Königin er⸗ schienen nach 73 / Uhr in der großen Mittelloge. Während der Pause wurde den Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften im Salon Thee servirt. Nach Beendigung der Vorstellun begaben Sich die Majestäten nach der Villa Strehlen zurück. Am Sonnabend wurde zu Ehren Seiner Majestät. des Kaisers im Thiergarten zu Moritzburg eine Königliche Hofjagd abgehalten, an der theilnahmen: Ihre Majestäten der Kaiser und der König, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Georg und der Prinz Friedrich August, das Gefolge Seiner Majestät des Kaisers, ferner der Ober⸗Hof⸗Marschall Graf Vitzthum von Eckstädt, der Ober⸗Stallmeister von Ehrenstein und der General⸗Adjutant General- Lieutenant Freiherr von Hoden⸗ berg. Die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften hatten Sich früh 73. Uhr, die übrigen Jagdgäste um 7i/ Uhr zu Wagen nach Moritzburg . Nach Beendigung der Jagd fand Nachmittags um 5 Ühr im großen Speisesaal des Jagdschlosses zu a urg. . statt. Abends um 8 Uhr erfolgte die Abreise Seiner Majestät des Kaisers mit Sonderzug von der Bahnstation Coswig nach Berlin.
Die „Nordd. Allgem. Zeitung“ bringt folgenden Artikel über Vermittelungs-⸗Vorschläge“:
Unter der Ueberschrift: Die Militärvorlage und Vermittelungs⸗ Anträge zu derselben“ veröffentlicht die Kreuzzeitung! unterm 1. Dezember 1892 Nr. 563 einen Artikel, welcher die Stellungnahme der conservativen Parteien zu beeinflussen bestimmt ist. Es ist zu bedauern, daß dieses häufig so gut informirte Blatt Darlegungen einen hervorragenden le eingeräumt hat, aus welchen sich ein völliges Verkennen der Grundlage der Militärvorlage ergiebt. Dieselbe soll angeblich defensiven Tendenzen huldigen und die Kraft der Armee schwächen, Behauptungen, welche den schwersten Vorwurf, gegen die Urheber dieses Entwurfs in sich schließen. Allerdings ist eine Beweis⸗ führung kaum versucht, und die Verjüngungs⸗Scala, welche in den Tert eingefügt ist, kann . nur denjenigen blenden, welcher sich mit dem . der Sache überhaupt nicht befaßt hat.
Die Militärvorlage beruht auf der klaren Erkenntniß aller ver⸗ antwortlichen Stellen, daß unsere Kriegsstärke nicht mehr ausreichend ist, um in einem großen Kriege den Erfolg zu verbürgen, und daß dieses Verhältniß sich von Jahr zu Jahr ungünstiger 6 muß. Mit kleinen Mitteln erschien bei, dem Mißverhältniß der Kräfte ein Ausgleich nicht möglich, und aus diesem Grunde wurde eine, principielle Aenderung der . ins Auge gefaßt. Die Factoren, mit welchen hierbei zu rechnen war, bestanden in der Zahl der ver⸗ fügbaren Rekruten und in der finanziellen Leistungs fähigkeit des Reichs. Diese Grenzen fanden sich in einem Plus von 60999 Rekruten und von 60 Millionen Mark pro Jahr. Wurden diese Ziffern zu Grunde Elegt⸗ so konnte eine Heeresmacht organisirt werden, deren Stärke Frankreich zu erreichen nicht mehr im stande war, und somit war endlich ein Abschluß gewonnen, der Sicherheit für die Zukunft und somit den Frieden berbürgte.
Es liegt auf der Hand, daß solche Organisatignen, wie sie die Militärvorlage bringt, lange Stadien der Vorarbeiten durchlaufen und daß der endliche Entschluß das Resultat der verschiedenartigsten und eingehendsten Erwägungen und Berechnungen ist. Die zunächst 6. entscheidende Frage war die, ob neue Verbände in größerem Um⸗ ange gebildet werden sollten oder ob ein Ausbau der bisherigen Truppentheile am rathsamsten erschien. Neue Verbände erfordern zu⸗ nächst durch die von ihnen unzertrennlichen höheren Stäbe und den ganzen Verwaltungsapparat einen erheblich höheren Kostengufwandz; sie sind auch im Mobilmachungsfalle insofern eine wesentliche Erschwerniß, als sie, abgesehen von der eigenen Completirung, eine Mehraufstellung von Colonnen und Trains aller Art verlangen. . man auch über diese Schwierigkeiten hinüberkommen können, so konnte doch für die Festi⸗ gung der bestehenden Truppen und namentlich für die Verbesserung ihrer Kriegsformation nichts geschehen. Den verantwortlichen Stellen war es jedoch nicht zweifelhaft, daß es die erste Sorge sein mußte, neben der Vermehrung der im Kriege verwendbaren Truppen auch hren inneren Halt zu erhöhen.
Ueber die Schaden, an welchen die Armee leidet, kann sich ein kundiges Auge nicht täuschen, und diese Schäden werden, wenn nicht eine principielle Aenderung eintritt, von ahr zu Jahr zunehmen. Zunächst sind es die Ungleichmäßigkeit der Ausbildung bei den Fuß⸗ . und die damit verbundenen Uebelstände, welche schwer ins Ge⸗ wicht fallen. Wir haben angeblich eine dreijährige active Dienstzeit, und auf eine solche basirt sich der gesammte Turnus der Ausbildung. Thatsäch⸗ lich ist nur noch ein Drittel des ältesten Jahrgangs vorhanden, es ist also eine Verschiebung eingetreten, durch we 4 der Ausbildung die eigentliche Grundlage entzogen ist. Der Werth des dritten Jahr⸗ gangs sinkt um so mehr, als ein großer Theil desselben abeommandirt ist, ein anderer aus bestraften und weniger zuverlässigen Leuten be⸗ i Treten bereits hierdurch schwierige Verhältnisse für das Aus⸗
ildungspersonal ein, so vermehren sich dieselben in fast unertrãglichem Maße durch die sonstigen Ansprüche, welche an dieses Personal gestellt werden · Die Ausbildung des Nachersatzes, der Einjährig⸗Frei⸗
wendung der Reserveformationen, welche si
willigen, der Schulamts⸗Candidaten erfordert bereits manche Mühe, aber die Ausbildung der ,,, gerade in die Hen, dienstperioden fällt, raubt den Truppentheilen einen Theil ihrer besten Kräfte, und rechnet man hinzu noch die Uebungen des Beurlaubten⸗ standes, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Kräfte der Offiziere und Unteroffiziere in einem Grade angespannt werden, welcher dauernd nicht zu rechtfertigen ist. Die Rückkehr zur gleichmãßigen dreijährigen Dienstzeit könnte allerdings hier einigermaßen Wandel schaffen, aber dann würde das . us an Rekruten zur Erfüllun
dieses Zweckes verwendet werden müssen, die Kriegsstärke würde si
um keinen Mann erhöhen. Aus diesen Erwägungen mußte der Schluß gezogen werden, def eine princivielle Aenderung der activen Dienstpflicht jeder anderen Lösung vorzuziehen sei.
Dadurch erklärt sich der in der Vorlage näher dargelegte Ueber⸗ ang zur zweijährigen Dienstzeit bei den Fußtruppen. Würde man eilich statt der dreijährigen einfach eine zweijährige Dienstzeit sub⸗
stituiren, so wäre dies der Ruin der Armee, denn dann würde aus einer weiteren Erhöhung der Rekrutenzahl auch nur eine weitere Anspannung der Kräfte des Ausbildungspersonals folgen Es mußte daher eine solche Formation der. Truppen — im speciellen der Infanterie — eintreten, welche dieselben von allen Nebenaufgaben ent⸗ lastete. Diese Lösung st in der , der vierten Bataillone gefunden; durch sie soll der Dienstbetrieb der drei ersten Bataillone so gesichert und gleichmäßig gestaltet werden, daß die Ausbildung der Mannschaften in zwei vollen Dienstjahren erreicht werden kann. Daß dieses unter bestimmten Vorausetzungen möglich ist, haben die mit der zwei⸗ jährigen Dienstzeit angestellten praktischen Versuche dargethan. Daß der Bienst der vierten Bataillone in der Armee etwas Neues ist, unterliegt keinem Zweifel; aber wenn das Neue aus der inneren Nothwendigkeit hervorgeht, so ist es berechtigt. Sie sollen neben der Ausbildung der eigenen Rekruten diejenige des Nachersatzes, der
ulamts⸗Candidaten und der Oekonomie⸗Handwerker sowie der zum J. April einzustellenden Einjährig⸗Freiwilligen übernehmen und gleich- zeitig als Stämme für die Uebungen des Beurlaubtenstandes dienen. Die vierten Bataillone setzen sich aus 2 Compagnien zusammen, die eine stellt ihre Rekruten Anfang Oktober, die andere am 1. April ein. Alle außerhalb des Regiments Commandirten werden mög⸗ lichst von diesen. Bataillonen gestellt; Nachersatz erhalten die drei ersten Bataillone aus Mannschaften des vierten, in gleicher Weise findet die Deckung von Abgängen aller Art statt. Auf diese Weise kann sich die Ausbildung der Feld- Bataillone ungestört voll⸗ ziehen, das Ausbildungspersonal wird nicht durch Nebenaufgaben ab⸗ forbirt. Andererseits wird die Frontstärke der Compagnie des vierten Bataillons allmählich schwächer werden, entsprechendes Personal für die Uebungen des Beurlaubtenstandes wird frei, und da Uebungen der Ersatzreservisten nicht mehr in Aussicht genommen sind, so wird eine Ueberlastung nicht eintreten. Daß der Dienst bei den Com⸗ pagnien der vierten Bataillone geschulte, zuverlässige Kräfte verlangt, ist gewiß; daher werden nur ältere Hauptleute (1. Gehalts⸗ klasse) hierfür zu verwenden und das Unteroffiziercorps wird numerisch stark zu machen und mit älteren Chargen besonders günstig aus— zustatten sein. .
Kann . eine erleichterte und verbesserte Ausbildung bei den drei ersten Bataillonen ( eld⸗Bataillonen) mit Sicherheit erwartet werden, so wird auch im Mohilmachungsfalle ihre Brauchbarkeit durch die höhere Etatsstärke wesentlich erhöht. Letztere ist nothwendig, um die bisherige Ausrückestärke während der Rekruten⸗Ausbildungsperiode nicht noch unter das bisherige Maß heruntergehen zu lassen; geschähe dies, so wären die Truppen bis nach erfolgter Completirung überhaupt nicht verwendbar und sie würden sich durch die verschiedenen Com—⸗ mandos im Mebilmachungsfalle geradezu auflösen. Sind dagegen die Rekruten ausgebildet, so ist eine geringere Zahl von Completirungs⸗ mannschaften zur Erreichung der Kriegsstaͤrke erforderlich, die Zusammen⸗ setzung in Compagnien bleibt eine gleichartige. Hierzu kommt noch die beim Ucbergang in die Kriegsformation nicht hoch genug anzuschlagende Wichtigkeit des Vorhandenseins des vierten Bataillons, denn dieses macht die Abgaben erforderlich, welche bisher von den Feld⸗Bataillonen zur Aufstellung eines vierten Bataillons zu leisten waren. Es wird also durch die geplante Organisation eine Verbesserung und Ver⸗ stärkung der Truppen erster Linie erreicht, welche entscheidend ins Gewicht fallen kann. Daß der Verfasser des Artikels der ‚Kreuz⸗ zeitung“ dieses verkennt, ist ein Beweis dafür, daß er sich die Grund⸗ lage der gesammten Vorlage überhaupt nicht klar gemacht hat und die Schwierigkeiten nicht kennt, welche zur Zeit der Mobilmachung unserer Infanterie entgegenstehen. .
Wenn somit unsere Truppen erster Linie fester gefügt und jünger werden, so bedarf es keiner besondern Verjüngungsscala, um nach⸗ zuweisen, daß bei der Einstellung eines Plus von 60 900 Rekruten und gleichbleibender Corpsformatlon der Linientruppen eine erhebliche Verjüngung und Verstärkung der Reserveformationen eintreten muß und daß wir damit den franzoöͤsischen Corps zweiter Linie mindestens ge—⸗ wachsen sind. Wie hieraus auf ,. Tendenzen unsererseits ge⸗ schlossen werden kann, bleibt räthselhaft; die geplante Organisation verfolgt mit voller Ueberlegung den Zweck, den ersten Stoß so kräftig wie möglich zu machen, um in den anfänglichen Schlachten eine an Qualität möglichst tadellose und starke Armee in die Front zu führen. .Der Verfasser des Kreuzzeitungs⸗Artikels vermeidet auch wohl in dem Gefühl, daß seinen Behauptungen der Boden entzogen wer⸗ den könnte, auf die Vermehrung der Feld⸗Artillerie näher einzugehen. Hätte er es gethan, so würde er haben anerkennen müssen, daß die in der Vorlage geforderten Batterien gerade eine erhöhte Hin, Ver⸗ mehrung und Verjüngung der zur ersten Entscheidung berufenen Kräfte anstreben. Abgesehen davon, . eine Ergänzung der Feld⸗AUrtillerie des XVI. Armee⸗Corps behufs Herstellung seiner Merationsfähigkeit unentbehrlich ist, fo bedeutet eine Schaffung von Stämmen für Re⸗ serve⸗Batterien einen solchen Zuwachs an Kraft, daß den Reserve⸗ , ein ganz anderer Gefechtswerth beizumessen ist, als es isher der Fall sein konnte. Militärische Rücksichten verbieten, auf diese Frag in einer öffentlichen Discussion näher ein— zugehen. uch die Schaffung von Stämmen für Reserve⸗ Cavallerie⸗Regimenter ist mit Stillschweigen übergangen; daß hierfür doch nicht defensive Absichten maßgebend gewesen sein können, liegt auf der Hand. Wenn unsere so verjüngten und so verbesserten Re⸗ serve⸗Divisionen mit solcher Cavallerie und Artillerie ausgestattet sein werden, dann kann man getrost mit ihnen die Entscheidung suchen. Aus diesen Darlegungen ergiebt sich ohne weiteres, wie müßig diejenige Annahme ist, daß die Militärverwaltung, den Werth der Landwehr herabzusetzen bestrebt ist. Im Gegentheil; auf die Ver⸗ J im wesentlichen aus Landwehrmannschaften des ersten Aufgebots zusammensetzen, wird ein entscheidendes Gewicht gelegt, und es wird darauf ge⸗ rechnet, daß diese Trupren vollwerthig auf dem Kampfplatze er—= scheinen. Andererseits können die eigentlichen ö aus Mannschaften des zweiten Aufgebots gebildet, wohl beanspruchen, daß ihnen Zeit zur Consolidirung gelassen wird; das Material ist denn doch zu kostbar, um es unmittelbar vor den Feind zu bringen, und hierin liegt zur Zeit ein schweres Bedenken, daß wir ihnen diese Zeit aus Mangel an verfügbaren Truppen nicht lassen können. Wenn die , durch Verstärkung und erhöhte Verwendbarkeit der Truppen erster Linie eine Entlastung der Landwehrformationen anstrebt, so ist das eine richtige Oekonomie der Kräfte, aber keine Hingabe an eine defensppe Tendenz. .
Auf die in der Vorlage enthaltene Vermehrung und kriegsgemäße Ausgestaltung der Specialkruppen näher einzugehen, dürfte erübrigen, da mit diesen Formationen die „Kreuzzeitung“ sich wenigstens ein⸗ verstanden erklärt; es bleibt mir noch der Vorwurf zu erledigen, daß die sogenannten Schwammbataillone auf einmal gegründet werden sollen. Der Herr Verfasser muß sich mit der Organisation der anzösischen und der russischen Armee wenig beschäftigt haben, um Stämme für Kriegsformationen noch als Schwamm 6 bezeichnen. gerade in dem Vorhandensein solcher wämme die . der Organisation dieser Armeen, und die othwendigkeit von Cadres wächst mit der Größe der Heere, Wollte man mit einem Schlage 173 selbständige Bataillone herstellen, so wäre das Bedenken betreffs der Möglichkeit ihrer Formirung begründet, dann könnten
Wir erkennen
allerdings auf das Nigcau der früheren vrenßfschen Reserpe, Bataillone
; ken, aber die Vorlage will kö im Rahmen der alten Regimenter formiren, und damit ist die Garantie gegeben, daß daraus etwas Brauchbares wird. Die Manquements an Offizieren und Unteroffizieren geben zu Bedenken keinen Anlaß; am 1. Oktober 1895 werden die Offizierstellen voraussichtlich völlig besetzt mn. wahr⸗ scheinlich bleibt, wenn der Abgang nicht unverhältnigmäßig groß ist, noch ein Ueberschuß. Die Manquements an Unteroffizieren sind auf rund 20/0 gesunken und auch hier sind noch zahlreiche Capitulanten vorhanden, welche ein beschleunigtes Zugehen der Vacanzen mit Sicherheit erwarten lassen. Daß in der Uebergangszeit nicht die volle Statsstärke — auch an Gemeinen — rreicht werden wird, ist zweifellos; das sind Ersparnisse, welche bei der Bewilligung des CGtats abgerechnet werden, aber die Neuformation an nicht gefährden. Wer vor der . der . zurückschreckt, kann große Organisationen überhaupt nicht ins Leben rufen; die Reorganisation der Armee unter König Wilhelm J. ist die beste Lehre, daß scheinbar Unmögliches gelingt. Wenn unseres jetzt regierenden Kaisers Majestät Sich gleichfalls zu einer Neuorganisation Seiner Armee entf 39. hat, so darf man vertrauen, daß Allerhöchstderselbe
Sich über die Ziele und Mittel derselben völlig im klaren ist. Worin bestehen nun die Vermittelungsvorschläge der „Kreuz- 4 was wird der Armee geboten?
II Die ungleichmã . Dienstzeit und Ausbildung bei den Fuß⸗ truphen soll bestehen bleiben, es findet, nur eine weitere Steigerung der Ansprüche an dis Leistungsfähigkeit des Ausbildungspersonals 2 . öhung der Rekrutenquoten statt. Stämme werden nicht ormirt. ᷣ 2) Für die Cavallerie und Feld⸗Artillerie geschieht überhaupt
ts. 3) Die Specialtruppen (Fuß⸗Artillerie, Pioniere, Eisenbahntruppe, Train) sollen vermehrt und ö. werden.
Während die Vorlage in erster Linie eine Verbesserung und Ver⸗ mehrung der drei zur Entscheidung berufenen Hauptwaffen anstrebt, legen die Vermittelungsvorschläge das Hauptgewicht auf die Ver⸗ stärkung derjenigen Waffen, welche den Festungskrieg zu führen, bezw.
nich
für die rückwärtigen Verbindungen zu sorgen haben. Und dabei wirft
der Verfasser der Regierungsborlage vor, sie verfolge defensive Tendenz und baue nach rückwärts aus! Ist diese Selbstironie unbewußt, oder kam es ihm auf die Gründe überhaupt nicht an? Wir glauben die zuversichtliche Hoffnung aussprechen zu dürfen, daß die conservativen Parteien solchen Führern nicht folgen werden.
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Der Lehrplan der Landwirthschaftsschulen ist durch Verfügung der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten und der geistlichen Angelegenheiten vom 15. No⸗ vember d. J, unbeschadet der diesen Schulen zustehenden Be⸗ rechtigungen, dahin abgeändert worden, daß der Unterricht im Lateinischen ganz . und statt zweier neueren fremden Sprachen nur eine fremde Sprache betrieben wird. Auch kann an Stelle des trigonometrischen Unterrichts ein solcher in der Stereometrie eingeführt werden.
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Der Königlich großbritannische Botschafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe Sir Edward B. Malet ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.
Der General⸗-Inspecteur des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungswesens, General der Infanterie von Keßler ist hierher zurückgekehrt. ö
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath Großherzoglich sächsische Staats-⸗Minister Dr. Freiherr von Groß * von hier abgereist.
Der Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs-Rath Dr. 3 im Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Me k ist nach der Provinz Preußen ab⸗ gereist. J
Die Regierungs⸗Referendare Giehlow aus Danzig, Listemann aus Magdeburg, Wahnschaffe aus Danzig, Dr. jur. von Bönninghausen aus Düsseldorf, Dr. jur. Bourwieg aus Schlesmig und Dr. jur. Köhler aus Danzig haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.
Görlitz, 2. Dezember. In der heutigen dritten Sitzung des Oberläusitzer Communal-Landtags der preußischen Oberlausitz gelangte zunächst der Bericht der Direction der
Oberlausitzer Provinzlal⸗Sparkasse zum Vortrag. Der Landtag
nahm daraus Kenntniß von dem bedeutenden . des Instituts so wie von dem erfreulichen Zuwachs des Reserve⸗ fonds, bestätigte hierauf ausdrücklich die Ernennung zweier Neben⸗ Sparkassen⸗Rendanten und wählte mehrere Neben⸗Sparkassen⸗ Curatoren und Stellvertreter infolge Erledigung dieser Aemter. Sodann wurde die Berathung der in diesem Jahre sehr zahl= reich eingegangenen Gesuche Um Bewilligung von Beihilfen zu verschiedenen Zwecken fortgesetzt. Auch heute ö sich der Land⸗ 1 aus den gleichen Gründen, wie in der vorhergehenden Plenarsitzung, dazu bewogen, mehrere Gesuche, abzulehnen, da⸗ gegen fanden andere die gewünschte Berücksichtigung. Nach Erledigung der Tagesordnung schloß der Vorsitzende die Sitzung und beraumte die nächste — letzte Sitzung — auf Sonnabend, den 3. d. M., an.
Hannover, 4. Dezember. Seine Majestät der Kakfer werden Sich dem Hann. Cour.“ zufolge am 7. De⸗ zember von der Wildparkstation aus über Magdeburg nach Hannover begeben. Am 9. Dezember, Mittags 12 Uhr, ge⸗ denken Seine Majestät von hier nach Jagdschloß Springe abzureisen, wo für den 9. und 19. Dezember Jagden angesetzt sind. Die Rückkehr erfolgt am 10. Dezember Abends.
Düsseldorf, 4. Dezember. Nachdem Seine Majestät der Kaiser und König die , des Pro⸗ vinzial-Landtags der Rheinprovinz auf den heutigen Tag zu genehmigen geruht hatten begab sich heute Mittag 12 Uhr . Beendigung des in der katholischen und in der evange⸗ lischen Kirche abgehaltenen Gottesdienstes der Königliche Land⸗ tags⸗Commissarius, Ober⸗Präsident der Rheinprovinz Nasse nach dem Ständehause und eröffnete mit nachfolgender An⸗ sprache im Namen Seiner Majestät des Kaisers und Königs den 57. Rheinischen Provinzial⸗Landtag.
Hochgeehrte Herren!
Als Königlicher y, n, ,. habe ich die Ehre, den Provinzial⸗ Landtag der Rheinpropinz bei seinem 37. Zusammentreten zu be⸗ rüßen:
ö Im Rückblick auf die seit Ihrer letzten Tagung verflossene Zeit werden Sie mit den Gefühlen ehrfurchtsvollster Dankbarkeit des
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Allerhöchsten Besuchs gedenken, mit welchem im Mai v. J. Seine Majestãt der Kaiser 9 König die Rheinprovinz und diese Räume begnadigten. Mit lebhafter Freude und Genugthuung werden Sie vernommen haben, daß Selne Majestät wegen der großgrtigen Arrangements, welche bei Allerhöchstihrer Anwesenheit in der Rhein- robin; zu Düsseldorf und Köln getroffen waren, Allerhöchstihrer größten He, n n Ausdruck zu geben geruht haben. Wenn Seine Majestät, um die mit Ansammlung ö. Menschenmassen verbundene Gefahr für eine Verbreitung der Cholera zu vermeiden, in landes väterlicher Fürsorge die für dieses Jahr . großen Truppenübungen in den glei! aufgegeben haben, so wird doch die Rheinprovinz auf die wiederholte Anwesenheit Seiner Majestät des Kaisers und 1 Anlaß der Herbstmanöber im kommenden Jahre hoffen dürfen.
In Ihren Reihen, meine Herren, werden Sie mehrere hoch eachkete Männer vermissen, welche treu an der gemeinsamen Arbeit ö. das Wohl der Provinz theilgenommen haben. Die entstandenen Lücken sind durch Neuwahlen ausgefüllt worden, wegen deren Ihnen die 6 vorgelegt werden.
Während der bevorstehenden Tagung nimmt die Königliche Staatsregierung die . des Provinzial⸗Landtags durch das Erfuchen um gutachtliche Aeußerung über gewisse Normen für die bevorstehende Revision der Gehäudesteuer⸗Veranlagung, äber den Entwurf zu einem Specialgesetz auf dem Gebiete des rheinischen Immobiliarrechts, über den Antrag auf Ver— leihung der Städteordnung an die Gemeinde Meiderich im Kreise Ruhrort und für die anderweite Organisirung der Denkmalspflege in Anspruch. In letzterer . wird die Bildung einer Probinzial⸗
commission und die Anstellung eines besonderen Provinzial⸗Fonser⸗
vatorß nach dem Vorgang anderer Provinzen ö. Endlich
wird Ihnen ein Antrag auf Vornahme von Wah
Mitgliedern der Ober⸗Ersatzeommissisnen zugehen. ö Unter den Ihre ö. Verwaltung betreffenden Gegenständen
en von bürgerlichen
wird auch diesmal der Haushaltsplan für die beiden nächsten Etats⸗ jahre den Mittelpunkt Ihrer k bilden und Ihnen Gelegenheit bieten, von dem stets mit freigebiger Hand geübten Rechte der ,, gemeinnütziger Bestrebungen, sowie der Förderung von Kunst, Wissenschaft und Gewerbe nach Maßgabe der Ihnen zur Verfügung stehenden Mittel dankenswerthen Gebrauch zu machen. 3 den sonstigen Vorlagen, welche seitens des Provinzial⸗ Ausschuffes an Sie gelangen, verdienen besondere Beachtung die Vor⸗ schläge, welche Ihnen wegen Ausführung des Gesetzes vom 11. Juli 15591 unterbreitet werden. Die durch dieses Gesetz den Landarmen⸗ verbänden zugewiesene Pflicht der Anstaltspflege für die hilfsbedürftigen Irren, Idioken, Epileptischen. Taubstummen und Blinden wird für Die Problnz eine finanzielle Mehrbelastung zur Folge haben, welche in dem Recht, die Ortsarmenverbände und Kreise zur theilweisen Erstattung der Kosten in Anspruch zu nehmen, eine Erleichterung
ndet. n Hervorzuheben ist ferner der ausführliche Bericht des Provinzial⸗ Ausschusses, welcher sich über die seitens des Propinzialverbandes aus Anlaß des für die wirthschaftliche Entwickelung mancher Gegenden unserer Provinz voraussichtlich hochbedeutsamen Klein ahnengesetzes vom 28. Juli 1892 zu treffenden Maßnahmen verbreitet. — Die hier ausgestelllen Entwürfe zu dem für Seine Majestät den . Kaifer und König Wilhelm J. zu errichtenden Denkmal, hinsichtli deren der Spruch des Preisgerichts an Sie gelangt, werden Ihr leb⸗
haftes Interesse erregen. Wenn ich im übrigen aus den zahlreichen Vorlagen des Pro⸗
vinzial-Ausschufses hier nur der Anträge wegen Errichtung einer Feuerwehr -Unfallkasse der Rheinprovinz, einer Weinbauschule und weiterer landwirthschaftlicher Schulen Erwähnung thue, so werden . e ü, daß Ihre Thätigkeit vollauf in Anspruch genommen ein wird.
Ueberzeugt, daß es Ihnen gelingen wird, mit bewährter Sach⸗ kenntniß auch diesmal die Ihrer . Aufgaben zu lösen, spreche ich den aufrichtigen Wunsch aus, daß Ihre Bemühungen der Provinz zum Segen gereichen mögen. Jö. ; ö
Meinerseits mit einn gemeinsam und im gegenseitigen Ver⸗ trauen zum Wohl der Rheinprovinz arbeiten zu dürfen, wird mir eine Freude und ehrenvolle Pflicht sein. ö
uf Allerhöchsten Befehl erkläre ich den 37. Provinzial ⸗Landtag der Rheinprovinz für eröffnet.
Darauf fand die Wahl des Vorsitzenden des Provinzial⸗ Landtags, sowie seines Stellvertreters statt. Zum PVorsitzenden wurde der Fürst Wilhelm zu Wied, zu dessen Stell⸗ vertreter der Landrath z. D. Wilhelm Leopold Janßen zu
Burtscheid gewählt.
Baden.
Aus Anlaß des Geburtsfestes Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzog in hatten, wie die Karlsr. Ztg.“ berichtet, am Sonnabend die Großherzoglichen Staatsgebäude, die mili⸗ tärischen Dienstgebäude und das Rathhaus, sowie viele Privat⸗ ö in Karlsruhe Flaggenschmuck angelegt. Um 8 Uhr früh ertönten von den Thürmen der Stadtkirche und des Rathhauses herab Choräle, die von den Trompetercorps des Leib-⸗Dragoner⸗Regiments und des Feld-Artillerie⸗Regiments geblasen wurden. Die Wachen zogen im Paradeanzug auf.
Mecklenburg.
Ihre Kaiserliche Hoheit die Großherzogin von Mecklenburg⸗-Schwerin ist, wie den „Meckl. Nachr.“ ge⸗ meldet wird, am . November aus England in Cannes ein— getroffen. Das Befinden der Großherzoglichen Herrschaften ist zufriedenstellend. Das Wetter ist zwar kühl, aber doch sonnig, sodaß Seine Königliche . der Großherzog den ganzen Tag auf dem Wasser zubringen kann. .
Der den Ständen auf dem gegenwärtigen Landtag vor⸗ gelegte Voranschlag der Allgemeinen Landes⸗Recepturkasse für 1893/94 schließt in Einnahme mit 3 828 796 66, in Ausgabe mit 3791 417 S ab, sodaß ein etatsmäßiger Ueberschuß von 37379 S vorgesehen ist. Die Einnahme besteht in: J. Landes ste ue rn. Contribution 0 1470000 6, Wander⸗ scheinsteuer 70 000 M., Papierstempel 120 900 , Collateral⸗ Erbsteuer 100 90006, Rückstände 3000, zusammen 1 63 000 6 H. Reichssteuern nach Abzug der Matrikularbeiträge 204 O7 , II. Landesherrliche Beiträge [ol 590 „, IV. Zinfen auf das Ablösungskapital von 4000900 s, für die frühere Berlin⸗Hamburger Eisenbahn 169 000 (, V. Uebertragungen aus dem Vorjahre 09 514 6, VI. Verschiedenes 765 A, im ganzen 3 328 76 6 Die Ausgabe besteht in L. landesherr ö Finanz und Schuldenverwaltung 1 056 279 6, I. Verzinsung und Amorti⸗ sation der Landesschulden 723 642 S6, worin 75 009 6 außer— ordentlicher Schuldabtrag, La. Polizeiverwaltung 204 387 46, b. Handel, Gewerbe und Industrie 45 545 Ss, C. Landwirth⸗ schaft 43 950 M6, d. Militär⸗-Ersatzwesen, Standesämter, Landes⸗ vermessung, Alterthumskunde 45 963 M6, e. Verkehrs wege S23 Hal MS, darunter Landes⸗-Chaussee⸗Etat 6tKz8 000 M, Landes⸗ hilfe für die neue Chaussee in der Enclave Netzeband 9121 M6, f. Justizverwaltung 749 970 S6, g. . 50 760 S6, . geistlichée und Unterrichts-Angelegenheiten 36 450 S6, i. Wohlthätigkeitszwecke 11 500 6, zusammen 2011495 S, in Summa 3791 417 46 Die aus der Recepturkasse zu verzinsenden und zu amortisirenden Anleihen werden Ende Juni bezw. Anfang . 1893 betragen: Salomon Heine'sche Anleihe von 1
2 867 250 , Eisenbahnbauschulden 4963 398 M6. Garantirte
Anleihe der Eldeschiffbarmachungs⸗Societät 304 1060 M, Fluß⸗ bau⸗Kasse 96 600 M, Anleihe für die Elbüberschwemmten 1888 267 825 M, Anleihe kr Erweiterung des , . Kranken⸗ hauses 10 844 6, Anleihe zum Bau des Ständehauses 760 217 6, Anleihe zur Elde⸗ ꝛc. Correction 1104 8063 M, in Summa 10 569 037 ½½ Zu denselben Terminen 182 be⸗ trug diese Schuld 9 855 568 J Die Vermehrung der Schuld ist e, ae durch die Correction der Elde 2c. veranlaßt
worden.
Sachsen⸗Meiningen.
Das Regierungsblatt vom 3. d. M. enthält folgende amtliche Mittheilung: Seine Hoheit der Herzo edenkt auf dringenden ärztlichen Rath zur vollständigen . tellung und Kräftigung seiner Gesundheit während der rauhen Jahres⸗ zeit Aufenthalt in südlicher Gegend zu nehmen und ist heute von Schloß Altenstein nach Cannes abgereist. .
Schaumburg⸗Lippe.
Nach den in Bückeburg eingetroffenen Meldungen aus Steyrling befindet sich Seine Durchlaucht der Fürst in fort⸗ schreitender Besserung. Die gastrischen Störungen gehen all⸗ mählich zurück. Die Nacht zum Sonnabend verlief ruhig. Der 44 hatte Schlaf und fühlte sich am Morgen gestärkt. Die Nahrungsaufnahme ist noch gering.
Lü beck.
Für die nächsten zwei Jahre hat der Senat den Dr. Kulenkamp zum präsidirenden Bürgermeister gewählt.
Oefsterreich⸗Ungarn.
Der Kronprinz von Dänemark ist auf der Rückreise von Athen gestern Abend über Mailand in Wien eingetroffen.
Das ungarische Oberhaus hat am Sonnabend die Indemnitätsvorkage berathen. Der Bischof Schlauch erklärte, er unterstütze gern die Bestrebungen der Regierung, doch widerspreche das entwickelte kirchenpolitische Programm den Principien des Episcopats, mit dessen Standpunkt das berührte Programm im Gegensatz stehe. Der Episcopat behalte sich vor, seinen Standpunkt zu entwickeln, wenn concrete Entwürfe vorliegen würden. Die Vorlage wurde hierauf ohne Debatte angenommen.
Der Handelsminister Lukacs legte heute dem Unter⸗ hause den Entwurf einer provisorischen Regelung der Handelsbeziehungen mit Spanien vor,. .
Die erste Session des ungarischen Reichstags ist durch ein in beiden Häusern bekanntgegebenes Königliches Rescript heute geschlossen worden. Die Eröffnung der zweiten Session wird morgen stattfinden.
Frankreich.
Casimir Périer, der im Laufe des vorgestrigen Nach⸗ mittags seine Bemühungen zur Bildung eines Cabinets fortgesetzt hatte, hat am Abend auf seine Mission . Die Veranlassung hierzu ist dem „H. T. B.“ zufolge darin zu suchen, daß Périer sich weigerte, dem Eintritt Freyeinet s ins Cabinet zuzustimmen. Unter solchen Umständen weigerte sich auch Bourgeois, dem Cabinet beizutreten, da er auf der Berufung Freycinet's bestand. Nach⸗ dem Casimir Périer die Bildung des Cabinets ab⸗ gelehnt hatte, beschied der Präsident Carnot Bourgeois in das Elysse, ohne diesem jedoch den Auftrag zur Bildung eines Cabinets zu ertheilen, und conferirte dann am Sonnabend Abend und gestern früh mit dem bisherigen Ackerbau⸗Minister Develle. Wie verlautet, ist Develle mit Bourgeois, Ribot und Casimir Périer um das Zustandebringen eines neuen Cabinets bemüht. Falls diese Bemühungen von Erfolg sein sollten, würde Ribot das Präsidium in dem neuen Cabinet übernehmen. Gestern Abend hatte Develle eine Besprechung mit Loubet und stattete darauf dem Präsidenten Carnot einen längeren Besuch ab. Loubet wird sich heute gleichfalls zum Praͤsidenten Carnot begeben. .
Der Pan ama⸗-Untersuchungs cam mission sind am Sonnabend von dem Polizeicommissar Clément die bei dem Bankhause Thierrse ,,,, 26 Checks überreicht und von ihr geprüft worden. Die Commission beschloß, die Unter⸗ zeichner, unter denen sich übrigens kein Deputirter befindet, sofort vorzuladen. Die beschlagnähmten Checks lauten nach dem „W. T. B.“ auf folgende Namen und Beträge: Cornelins Herz zwei Checks von je einer Million, Chabert 195 G00 Fr. und 110 475 Fr, Chévillard ein Check von 150 9009 Fr, und vier von je 150 000 Fre, eine unleserliche Unterschrift (Gold⸗ schmidt) S0 000 Fr., Davoust 50 900 Fre,, Credit Mobilier 465 009 Fr, an die Ordre von Kohn⸗Reinach 40 000. Fr, Ouverge 16 000 Fr., Favre als Guthaben bei Kohn⸗Reinach 25 000 Fr., Eloim 25 000 Fr., Simson im Geschäft des Wechselagenten Jasmin, Crédit Mobilier, Aigmar, Castellon, Burster, Praslon, Schmidt und der enator Albert Gréoy je 20 006 Fr. und Léon. Renault 20 990 Fr. und 5060 Fr. Wie „H. T. B.“ erfährt, hätte es sich herausgestellt, daß diese Namen fast durchweg Decknamen seien und Strohmänner in der ganzen Sache eine große Rolle gespielt hätten. So hätten der frühere Handels- Minister Jules Roche, der Finanz-Minister Roüvier, der Deputirte Prou st, der frühere Ackerbau⸗Minister Barbe Summen bis u einer halben Million durch Strohmänner, zumeist Bank⸗ eamte, erhalten. Nach einem . der Magd. Ztg. verstecke sich hinter dem Namen Goldschmidt der Handels⸗ Minister Roche, hinter dem Bureaudiener Davagust der Kriegs⸗ Minister de Frey cinet und der Finanz⸗Minister Rau vier, hinter Burster der Abg. Anton in Proust, hinter Chevillard der frühere Minister Barbe. Weiter nennt die „Libre Parole den Abg. Baron Du fgur und den Senator Albert. Grévy, Bruder des früheren Präsidenten, als betheiligt.
Die Commission vernahm am Sonnabend den Director des Erédit Lyonnais Germain, der die Behauptung, daß der Crédit Lyonnais der Panama—Gesellschaft zu 83 Proc. Darlehen gegeben 89 als unbegründet zurückwies. Sodann wurden die von dem Redacteur der „Libre Parole“ beschul⸗ digten Deputirten Granet und Baihaut vernommen, die beide die Beschuldigungen Martins entschieden in Abrede stellten, ferner der Senator Albert Renault, der erklärte, daß zwei der im Bankhause Thierrée beschlagnahmten Checks, einer von 20 000 Fr. und einer von ö. Fr., die seinen Namen trügen, ein Guthaben von der eich g Höhe bedeuteten, das er an Baron Reinach gehabt habe. nr n n nn telegraphirte aus London einen ähnlichen Bescheid bezüglich der
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Stimmen abgegeben worden. Davon
wei Checks im Betrage von je einer Million, die er vont aron Reinach empfangen . Der Senätor Adolphe Carnot, von dem die Cocarde“ behauptet hatte, daß sein Name auf den beschlagnahmten Checks vorkomme, hat in einem Schreiben an die „Agence Havas“ dies als vollständig un⸗ begründet — 5
Nach Meldungen aus Tanger von gestern hat der Ge⸗ sandte Frankreichs Graf d'Aubigny am Sonnabend Fez verlassen. ,
In einem aus Port onovo eingetroffenen Telegramm wird gemeldet, daß die Küstenstädte Whydah, Awukete, Godomey, . Abomey⸗Calari und Gobmefgobo Abgesandte an den Gouverneur ge igt aten um ihre Unterwerfung anzuzeigen. Whydah ist seit Sonnabend von einer franzö⸗ sischen Garnison besetz. Auch in den anderen Städten weht bereits die französische Flagge; heute sollen französische Truppen auch diese Städte besetzen. ö
Rußland.
Der Kaiser hat am 30. v. M. den neuernannten spani⸗ schen Gesandten Grafen de Villagonzalo in Audienz empfangen, der hierbei seine , . sowie die Abberufungsschreiben seines Vorgängers, des Marquis de Campo Sagrado, überreichte. n demselben Tage wurde Graf de Villagonzalo auch von der Kaiserin empfangen.
Am Sonnabend hat, wie W. T. B.“ aus St. Peters⸗ burg meldet, eine Sitzung des Minister-Comités statt⸗ gefunden, in der über die Finanzirung der sibirischen Bahn berathen wurde, deren Bau die Krone unbedingt selbst übernimmt. Wyschnegradsky ist zum Vorsitzenden der Com⸗ mission zur Berathung des Extra ordinariums des Budgets für das Jahr 1893 ernannt worden. Mitglieder dieser Com⸗ mission sind der . Witte, der Minister für Communicationen Kriwoscheim, der Kriegs⸗Minister Wan⸗ nowski, der Marine⸗Minister Tschichatschew und der Reichs⸗Controleur Fil ippow.
Italien.
Das nächste Consistorium soll, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, nunmehr endgültig für die er te Hälfte des Monats Januar anberaumt sein. In demselben würde der Papst zu Cardinälen ernennen: den Serretär der Propaganda Persico, den Unter⸗Staatssecretär Mocenni, den . of von Breslau, die Erzbischöfe von Köln, Westminster, Sevilla, Tours und Rouen, die Nuntien in Madrid und Wien, und wahrscheinlich auch den Erzbischof von Dublin.
Spanien.
Die schwebende Schuld belief sich am 1. Dezember d. J. auf 155 977 000 Pes., 45 650 000 Fr. und 174 000 Pfd. Sterl. Die im laufenden Etats jahre aufgenommene schwebende Schuld beziffert sich auf 27 636 000 Pes, 45 650 000 Fr. und 174 000 Pfd. Sterl. .
Schweiz.
Der Bundes rath hat bei der Bundesvoersammlung die Genehmigung des mit Frankreich abgeschlossenen Handels⸗ übereinkommens sam t Annexen in der ere fh beantragt, daß die vereinbarten Ermäßigungen des fran ßen chen Zolltarifs ebenfalls zugestanden werden würden. eschehe dies nicht, so werde der Bundesrath noch im Dezember neue Vorschläge zur Wahrung der wirthschaftlichen Interessen der Schweiz einbringen, über deren Sinn kein Zweifel sein könne.
Serbien.
Bei der am Sonnabend vorgenommenen Abstimmung der Wählerschaft Belgrads über das Mißtrauensvotum gegenüber dem Gemeinderath hatte laut Meldung des ‚W. T. B.“ die Polizei den Wahlraum besetzt, die Truppen waren consignirt worden. Die Liberalen siegten mit großer Majorität. Gestern er⸗ folgte die Einsetzung eines provisorischen Gemeindevorstandes. Die Radikalen beabsichtigen, gegen das Vorgehen der Re⸗ gierung bei der Staatsanwaltschaft Protest einzulegen.
Bulgarien.
Die „Swoboda“ meldet: Eine Privatversammlung fast aller Abgeordneten der Regierungspartei, der auch die Minister beigewohnt hätten, habe verschiedene von der Regierung ange⸗ regte Abänderungen der Verfassung berathen. Sie sollten, ohne die bestehenden Rechte und Freiheiten des Volkes im mindesten zu schmälern, einige durch die Verfassung nicht vorgesehene Angelegenheiten, wie den Titel des Prinzen und die Irdensverleihungen, in eine legale Form kleiden. Ferner verlangte die Regierung die Verminderung der ga ber Deputirten, sodaß statt auf 10 000 Einwohner auf je 26 005 Einwohner ein Deputirter komme, sodann eine gesetz⸗ mäßige Auslegung des Artikels bezüglich der geheimen Ab⸗ stimmung, eine . der Ministerien um zwei und schließlich die Abanderung es die Religion der Nächkommen des Fürsten betreffenden Artikels, Falls zwei Drittel der ge fammten Deputirten diesen Vorschlägen zustimmten, werde die Einberufung der großen Nationalversammlung erfolgen, der die Entscheidung anheimgestellt werden solle.
Amerika.
Der jährliche Bericht des General-Staäbsarztes Wyman an den ö befürwortet nach einem Telegramm des W. T. B.“, daß während des Jahres 1893 jede Einwanderung nach den Vereinigten Staaten verboten werde, um den Ausbruch der Cholera zu verhüten, der die Chicagoer Weltausstellung . könnte. Es ver⸗ lautet, daß der Schatzsecretär den Vorschlag begünstige.
Afien.
Wie der Times“ aus Shanghai gemeldet wird, fand am Freitag in Itschang in China ein Aufruhr statt. Yee r g soll aten wurden gelandet; Europäer kamen nicht zu Schaden.
Parlamentarische Nachrichten.
Bei der im 1. Marienwerderschen Reichstags⸗ Wahlbezirk ,, vorgenommenen Ersatz⸗ wahl für den Polizei⸗Director Wessel, der wegen seiner Be⸗ förderung das Mandat niedergelegt hatte, sind 140539 gültige
haben erhalten; von Donimirski (Pole) 7013 Stimmen, Wessel, Polizei⸗ Director in Danzig (deutsche Reichspartei) 4169 Stimmen, von Dieskau, Major a. D. (conservativy 1559 Stimmen,