1892 / 288 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 05 Dec 1892 18:00:01 GMT) scan diff

C. h

er zur Zeit besteht. Dann, meine Herren, die Bank. Auch das habe ich in der Freisinnigen Zeitung? damals gefunden und aller- dings mit dem größten Erstaunen gelesen, daß dort aus der Bestimmung des Reichsbankgesetzes, daß die Bank ohne besondere Vergütung die Kassengeschäfte des Reichs führen müsse, deducirt wurde, sie müsse nicht nur die laufenden Geschäfte führen, sondern auch den Betriebsfonds vorschießen. Wenn ich als Privat⸗ mann mit einem Banquier in Verbindung trete, daß er meine Geld—⸗ geschäfte führe, so ist das erste, was der Mann verlangt: gebt mir eine Einzahlung, aus der ich die laufenden Zahlungen leisten kann. Ich glaube, die Bank hat genau dasselbe Recht, diesen Anspruch zu erheben. Das widerspricht keineswegs ihrer Verpflichtung, die Kassengeschäfte des Reichs ohne besondere Vergütung zu führen. Die Höhe aber des Vorschusses von zehn Millionen wird man sachlich nicht angreifen können. Das ist wirklich im Ver— gleich zu dem Verkehr der Reichs⸗Hauptkasse keineswegs sehr hoch ge⸗ griffen. Was nun den Giroverkehr betrifft, so kann ich sagen, daß der Giroverkehr von der Reichsverwaltung in ausgedehntem Maße in Anspruch genommen wird. Unter anderem erfolgt der größte Theil der Zahlungen der Post auf dem Wege des Giroverkehrs.

Ich bitte also, daß, wenn der Reichstag beschließen sollte, die Vorlage weiter in der Commission zu behandeln, dort oder sonst hier im Plenum man an die Vorlage mit wohlwollender Prüfung heran⸗ treten möge und in der Ueberzeugung, daß in der Vorlage wirklich den verfassungsmäßigen Rechten des Parlaments keine Schlinge ge⸗ legt werden soll. .

Nach den Abgg. Lucius und Freiherrn von Stauffenberg nahm der Staatssecretär Freiherr von Maltz ahn noch ein⸗ mal das Wort:

Ich möchte nur den geehrten Herrn Abgeordneten bitten, die zu⸗ letzt vorgetragenen Wünsche bei der Berathung der Pensionsnovelle zur Discussion zu stellen. Im Rahmen der gegenwärtigen Discussion bin ich nicht in der Lage, ihm darauf antworten zu können. Ich kann jetzt nur das sagen, daß, soweit es sich um die Verwaltung des Aller⸗ höchsten Dispositionsfonds handelt es ist ja bekanntlich ein Fonds von 3 Millionen ausgesetzt, der im wesentlichen für Unterstützungen der Kriegsinvaliden und Hinterbliebenen von Militärpersenen bestimmt ist, soweit dieselben nicht durch das Pensionsgesetz gedeckt werden ich kann nur sagen, daß bei der Verwaltung dieses Fonds von Seiten der Reichs-Finanzverwaltung den Anträgen der betreffenden Personen mit größtem Wohlwollen entgegengekommen wird und daß ich mich nicht eines einzigen Falls aus meiner Verwaltung entsinne, wo ein von der Landesbehörde befürwortetes Gesuch abgelehnt worden wäre.

Es folgt die erste Berathung des Entwurfs eines Gesetzes über Abänderung von Bestimmungen des Straf⸗ gesetzbuchs, des Gerichts verfassungsgesetzes und des Gesetzes vom 5. April 1888, betreffend die unter Auss chluß der Oeffentlichkeit stattfindenden Gerichtsverhand⸗ lungen (lex Heinze).

Abg. von Holleuff er (deutscheons.): Die schmachvollen Zustände, welche der Prozeß Heinze enthüllt habe, hätten weiten Kreisen die Ueberzeugung gebracht, daß hier mit Entschiedenheit Wandel geschaffen werden müsse. (Zustimmung) Niemand werde glauben, daß es möglich sein werde, das Uebel der Prostitution mit der Wurzel aus⸗ reißen zu können. Es werde sich darum handeln, diese Schäden einzu⸗ schränken. Es sei hier nichts mit Sentimentalität zu erreichen, sondern dadurch, daß man klar und nüchtern die Verhältnisse beurtheile, wie fie thatsächlich lägen. Seine politischen Freunde seien damit einverstanden, daß im Wege der Gesetzgebung den Polizeibehörden die Möglichkeit geschaffen werden solle, die Prostitution zu kaserniren. Sie verkennten nicht die schweren ethischen Bedenken, die einer solchen Maßregel entgegenständen; aber sie verkennten auf der anderen Seite auch nicht die schweren Bedenken für das Volksleben, wenn die jetzigen Zustände weiter beständen. Sei es der Prostitution ge⸗ stattet, Wand an Wand mit anständigen Familien zu wohnen, so müsse ein derartiger Zustand nothwendiger Weise die Anschauungen der heranwachsenden Jugend verwirren. Er hoffe, daß in Folge dieser Maßregel die Prostitution auch von den Straßen und öffentlichen Lokalen vertrieben werde. Jedenfalls werde man hier erst die nöthige Erfahrung sammeln müssen. Mit besonderer Befriedigung erfülle seine Partei die Strafbestimmung gegen das Zuhälterthum, das sich bisher geschickt durch die jr gen des Gesetzes zu winden gewußt habe. Nach § 16a könne bei der Verurtheilung zu Zuchthaus oder Gefängnißstrafen, wenn die That von besonderer Rehheit oder Sittenlosigkeit des Thäters zeuge, auf Verschärfung der Strafe bis auf die Dauer der ersten sechs Wochen erkannt werden. Die Ver⸗ schärfung der Strafe bestehe darin, daß der Verurtheilte eine harte Lagerstäkte und als Nahrung Wasser und Brot erhalte. Seine Partei bedauere, daß diese Strafverschärfung nach den weiteren Bestimmungen des Paragraphen eingeschränkt werden könne. Es werde nicht gesagt, aus welchen Ursachen auf mildere Vollstreckungsweise erkannt werden könne. Es könnte nach seiner Meinung die Strafrerschärfung für die Dauer der ganzen Strafzeit zugelassen werden, selbstverständlich auf Grund eines gerichtlichen Erkenntnisses. Seine Partei sei im großen und ganzen mit dem Entwurf einverstanden. Sie sei von der Zuver⸗ sicht durchdrungen, daß dieser Gesetzentwurf in zweckmäßiger Weise zur Ausführung gebracht und für das Volk segensreich wirken werde. Er beantrage die Ueberweisung der Vorlage an eine Commission von 21 Mitgliedern. ö

Abg. Gröber (Centr.): Einzelne Bestimmungen des ö entwurfs seien zweifellos unbrauchbar, andere von so zweifel⸗ haftem Werth, daß sie in der vorgeschlagenen Form nicht zum Gesetz gemacht werden könnten. Wenn man das arbeitsscheue Gesindel, Landstreicher, rückfällige, unverbesserliche Verbrecher mit einer strengeren Freiheitsstrafe belegen wolle, so möge man sich diesen Vorschlag gefallen laßsen, aber es dürften keine ganz allgemeinen Bestimmungen in das Gesetz aufgenommen werden. Die Begriffe Rohheit und Sittenlosigkeit seien von einer etwas bedenklichen Weite, je nach der wechselndeln Auslegung der Gerichte. So könnten ja auch , , gegen hochgestellte Personen, Majestäts⸗ beleidigungen unter den Begriff einer besonderen Sittenlosigkeit fallen. Das scheine ihm gefährlich. Andererseits sollten Strafverschärfungen für eine sogenannte eustodia honesta nicht stattfinden. Zeigten denn z. B. Duelle, die mit Festungsstrafe belegt würden, nicht auch Roh⸗ heiten gröbster Art? Besondere Schwierigkeiten biete auch die

Durchführung der Strafverschärfung. Es müsse immer ein Arzt fest—⸗ stellen, ob der Körperzustand des Bestraften den Strafvollzug zulasse. Als noch die Prügelstrafe bestanden habe, hätten die Richter gesagt, die sogenannten vornehmen Herren hätten nie eine Prügelstrafe be⸗ kommen. Man 97 sich davor wahren, einen solchen Schritt in die Vergangenheit zurück zu machen. Durch solche Strafverschärfungen werde auch das Verhältniß der verschiedenen Freiheitsstrafen zu einander ver⸗ schoben. Eine kleine kurze Strafe mit hartem Lager und jeden vierten Tag Fasten wirke doch anders, als eine verhältnißmäßig längere Frei⸗ heitsstrafe. Eigenthümlich kerühre es auch, daß hier Straver⸗ schärfungen vorgeschlagen würden, während von Strafmilderungen gar feine Rede 9 Die Strafverschärfung sei zwar für gewisse Falle zu empfehlen, aber es sei doch schwierig, eine richtige Abgrenzung zu treffen. Es wäre rathsam, eine solche Detailgesetzgebung aus An⸗ laß eines Specialfalls überhaupt nicht vorzunehmen, sendern erst nach gründlichen Vorbereitungen ein allgemeines einheitliches Straf⸗ vollzugsrecht für das ganze Reich zu schaften. Es sei doch sehr zu verwundern, daß ein solches immer noch nicht vorgelegt werde. Daß

die Prostitution durch alle Polizeimaßregeln nicht ausgerottet wer⸗ den El 8 eine durch die Erfahrung der Jahrhunderte bewiesene Thatsache. an müsse mit dem gegebenen Uebel rechnen, und es sei nur die Frage; wie weit könne man gehen, um die sittlichen und sanitären , der Pꝛostitution möglichst zu verringern? Sehr weifelhaft fei ihm, ob die Kasernirung einen besonderen Vertheil . Wenn men der Polizei eine so weit gehende Vollmacht zur Lokalisirung der Proststution g daß sie gewissermaßen öffentliche Häufer concessioniren könne, werde das Uebel vielleicht noch schlimmer, Hielleicht liege darin sogar eine Förderung der Unzucht. Die Motive sprächen gar nicht dabon, ob derartige Erfahrungen gemacht scien, daß man von dem jetzigen Zustande zu einem anderen System über⸗ gehen müsse. Eine besondere Strafverschärfung sei gegen die Zuhälter horgeschlagen worden, aber auch in einer sehr unklaren Fassung. Er halte es nicht für eine Bereicherung der juristischen egriffe, daß man auch den Ehemann als Zuhälter bezeichnen könne. Was die Behandlung der Oeffentlichkeit des Gerichtsverfahrens betreffe, so sei der neue Gesetzentwurf nur die Fortsetzung des Gesetzes von 18858, das seine Partei damals vergeblich bekämpft habe. Der jetzige Vorschlag schaffe Unklarheit und sei auch wirkungslos. Wenn z. B. die Oeffentlichkeit nicht ausgeschlossen sei, aber ein. cn e gg hi er⸗ lassen werde, so scheine ihm damit der Zweck vollständig verfehlt, und werde sich diese Bestimmung auch praktisch schwer i fel n lassen. Es ware aber ganz gut, wenn bei dieser Gelegenheit auch auf das Gesetz von 1885 zurückgegriffen würde, um den Schweigbesehl, der damals hineingekommen sei, jetzt wieder hinauszubringen. Er halte für die Vorlage eine Commission von vierzehn Mitgliedern für genügend.

Abg. Schneider⸗Hamm (ul.): Man müsse den Gesetzentwurf sine ira et studio behandeln ohne Rücksicht auf den Prozeß, der die öffentliche Meinung in so hohem Grade erregt habe. Er könne aus seiner Erfahrung bestätigen, daß das, was hier vorgeschlagen werde, schon lange vor jenem Prozeß nicht nur juristische. sondern auch andere Kreise des Volkes als ein tiefgefühltes Bedürfniß empfunden hätten. Mit den Bestimmungen über die Strafverschärfung fei er im wesentlichen einverstanden, in anderen Punkten nicht. Gewerbs mäßige Unzucht werde z. B. gelitten, unter der Voraus⸗ setzung natürlich, daß sie sich den polizeilichen Vorschriften füge, während man auf der anderen Seite den. Hauseigen, thümer bestrafe, der gegen Bezahlung Prostituirten Kost und Logis gewähre. Wenn man sich auf den Standpunkt stelle, daß die gewerbsmäßige Unzucht auf dem Wege erimineller Verfolgung nicht zu unterdrücken sei, so müsse man sich fragen, welche Maßregeln seien zu treffen, um dieses sociale Uebel möglichst unschädlich zu machen. Ünd da scheine ihm der im Gesetzentwurf vorgeschlagene Weg der Kafernirung der richtige zu sein. Der Abg. Gröber habe manche Bestimmungen wegen der J Der Aus⸗ druck Sittenlosigkeit könne allerdings zu ißbräuchen und zu un⸗ richtiger Auslegung Veranlassung geben, wenn er (Redner auch nicht so weit gehe, es für möglich zu halten, da eine Bismarckbeleidigung im Rückfall einem deutschen Gericht hätte als Sittenlosigkeit erscheinen können. Er habe zu dem deutfchen Strafrichter das Vertrauen, daß er eine solche Gesetzes⸗ auslegung weit von sich weisen werde. Auch er bedauere, daß der Reichstag bis jetzt sich nicht mit einer solchen Vorlage habe befassen können, aber andererseits sei er der Meinung, daß die tiefgreifenden Mißstände, denen durch die Vorlage abgeholfen werden solle, so weit derbreitet und so himmelschreiend seien, daß man jetzt eine Neu— regelung treffen und nicht bis zu dem unbestimmten Zeitpunkte der Vorlage eines Reichsgesetzes über den Strafvollzug warten solle. Unter den Begriff Rohbheit fielen Körperverletzung mit, einem Messer, Raufereien, Ueberfall argloser Passanten, Fälle, die leider in viel zu großem Maße vorgekommen seien. Diese technischen Fragen würden leicht in der Com⸗ mission erledigt werden können. Aber es gebe auch andere Fälle von Rohheit, z. B. Thierquälerei von solcher Natur, daß in diesem . eine scharfe Strafe, die von dem Thäter wirklich als körper⸗ iches Üebel empfunden werde, verhängt werden müßte. So sei ihm der Fall vorgekommen, daß ein Zuhälter, der im angetrunkenen Zu⸗— stande nach Haufe gekommen fei, seine Katze ergriffen, sie mit Petroleum bebe fen dann angezündet und in die Nacht hinausgejagt habe. Er habe leider als Strafe für diese Nohheit nur eine Haft⸗ strafe von fechs Wochen verhängen können. Hier wäre eine Straf⸗ verschärfung am Platze. Schon 1875 sei über die Frage der Strafverschärfung für Körperverletzung verhandelt worden. Da— mals habe sich ein kaum nennenswerther Widerspruch erhoben. Doch habe sich bisher die Sache wesentlich ver⸗ ändert, und man stehe vor der Frage, ob nicht einer weiteren Ent⸗ wickelung nach der schlimmeren Seite in energischer Weise entgegen⸗ getreten werden müsse. Man möge die Strafprozeßordnung mit allen Cautelen versehen, die Berufung in Strafsachen einführen, den UÜnschuldigverurtheilten entschädigen, aber auch den rohen Menschen, der sich außerhalb der Cultur eilte, mit der vollen Kraft des Ge— setzes treffen. Alles in allem genommen, scheine ihm der Gesetzentwurf manche zweckmäßigen Bestimmungen zu bieten, sodaß er die Hoffnung habe, daß er sich, einer Commission von vierzehn Mitgliedern über⸗ wiesen, in einer Weise geslalten werde, die ihn seiner Partei annehm⸗ bar mache. . .

Abg. Träger (dfr): Er schließe sich dem Antrage auf, eine Commifssionsberathung an, sei jedoch der Meinung, daß eine Com⸗ mifsion von A Mitgliedern vorzuziehen sein würde, da die Vorlage in ihren Hauptpunkten über die juristische Grundlage hinausgehe und die Commission nicht nur aus Juristen bestehen dürfe. In der Beurtheilung des Gesetzentwurfs stehe er in den meisten Punkten auf dem Standpunkt des Abg. Gröber und halte ihn in einzelnen Punkten fuͤr außerordentlich discutabel, in anderen für ungnnehmbar. Man habe hier ein Gelegenheitsgesetz vor sich, das ab irato gemacht sei. Schlimmer sei es, daß man die ö wolle, um noch an anderen Stellen, die der Abhilfe bedürftig schienen, Aenderungen eintreten zu lassen. Die Erhöhung des Strafminimums in 5 180 beschränke das Arbitrium des Richters in unangemessener Weise. Wegen der Prosti⸗ tution habe man sich klar zu entscheiden, ob sie in der Freiheit oder kafernirt der Oeffentlichkeit mehr Sicherheit biete. Sehr wichtig sei es, daß unter die Fälle schwerer Kuppelei auch die Verkuppelung der Frau durch den Mann aufgenommen werden solle. Das Zuhälter⸗ thum sei eine der verderbtesten Klassen und liefere die meisten Ver⸗ brecher. Aber im Gesetz sei nicht klar genug gesagt, wer ein Zuhälter fei. Man werde hier lediglich auf Grund einer Auskunft der Polizei- behörde urtheilen müssen. Die Bemühungen müßten darauf gerichtet sein, bestimmte und greifbare Thatbestandsmerkmale aufzufinden. Die Bestimmungen über den Vertrieb unzüchtiger Darstellungen würden in der vorliegenden Form zu einer Beschränkung der e führen und rein künstlerssche Interessen beeinträchtigen. Alle Ankündigun⸗ gen sollten verfolgt werden, auch wenn sie äußerlich ganz harmlos seien. lleber das, was das Sittlichkeitsgefühl verletze, ohne unsittlich zu sein, be⸗ dürfe es genauerer Bestimmungen. Sonst sel in Gemäldegalerien erlaubt, was in Schaufenstern anstößig sei. Für seine Partei sei das Gesetz nicht eher discutabel, bis die längst gewünschte Bescitigung der Unebenheiten des Strafvollzugs vorgenommen sei, denn alle Mißstände des Straf⸗ vollzugs würden dadurch noch erweitert. Wenn man eine Straf⸗ verschärfung für die ersten Wochen verhänge, so erscheine dem Be⸗ 6 die übrige Zeit als eine Verbesserung seiner Lebens weise. Lieber sollte man ihn mit Pritsche und Wasser verabschieden. Man gehe immer von der Voraussetzung aus, daß die Richter zu milde und der Aufenthalt im Gefängniß zu angenehm sei er meine jedoch, daß die gegenwärtigen Strafen vollkommen ausreichten. Diese Bestimmung würde die erste Etappe zur i n sein. Die Begriffe von Rohheit und Sittenlosigkeit seien sehr dehnbar. Die Strafen für

Soldatenmißhandlungen könnten eine Verschärfung eben 6 ut ver⸗

tragen; warum beschränke man sich auf das Civil · Strafgesetzbuch? Auch Leute, die nach Verbüßung ihrer 6 der Landes⸗Polizei⸗ behörde überwiesen würden, sollken von der Strafverschärfung betroffen werden. Damit sei er nicht einverstanden, weil die Structur des . eine derartige Verschärfung, von vornherein aus⸗ schließe; denn die Haft solle nur in der Freiheitsentziehung bestehen.

bracht werden sollten.

ei diesen Personen, die en e m ückli r , . . i n el 26 un fin, 283 Sehr zu billigen sei es dagegen, daß solche Personen statt in einem Arbeitshaus in einer Besserungsanstalt oder einem Asyl unterge⸗

Bei der ö die öffentliche Mitthei⸗ lungen aus Gerichtsverhandlungen untersage, würde wieder die Presse befonders zu leiden haben. Er könne nicht einsehen, wie eine öffent⸗ sich verhandelte Sache gefährlich wirken könne, wenn sie in die Zeltung gebracht werde. Er erkenne den guten Willen der Vorlage an, man könne über die Hauptsache sehr wohl discutiren, könne Ver- besserungen treffen, aber in allem Anderen, was mit dem allgemeinen System des Strafrechts zu thun habe, da möge man eine so gefähr⸗ liche Flickarbeit unterlassen.

Staatssecretär des Reichs⸗Justizamts Hanauer:

Die Vorlage begegnet wie in der Presse, so auch im Hause heute einer gemischten Aufnahme. Einzelne Bestimmungen werden gebilligt, andere werden beanstandet, theilweise sogar für unannehmbar erklärt. Es liegt das in der Natur der Sache und namentlich in der Ver— schiedenheit der einzelnen Bestimmungen. .

Von verschiedenen Seiten ist, ähnlich wie in der Presse, auch heute dem Gesetz gewissermaßen der Vorwurf gemacht worden, es sei ein Gelegenheitsgesetz. In gewissem Sinne mag das richtig sein; man mag auch im allgemeinen für Gelegenheitsgesetze nicht sehr empfänglich sein. Aber wenn einmal bei einer Gelegen heit wie dem Heinze'schen Prozeß Mißstände, die weit ver- breitet sind, Krebsschäden der Gesellschaft in, wie einer der Herren Vorredner sich ausgedrückt hat, so grelle Beleuchtung getreten sind, dann liegt es doch in der Natur der Sache, daß die Gesetzgebung bei einer derartigen Gelegenheit den Hebel ansetzt. Deswegen braucht das Gesetz nicht als cum ira et studio erlassen betrachtet zu werden, und das bitte ich namentlich der gegenwärtigen Vorlage gegenüber im Auge zu behalten. Die Vorlage ist Ihnen diesmal nicht bloß deshalb gemacht, weil sie Ihnen in der letzten Session schon gemacht worden war, sondern weil die verbündeten Regierungen auch jetzt noch nach reiflicher Ueberlegung derselben Ansicht sind, wie früher, daß ein Bedürfniß vorliegt, in der fraglichen Weise im Gesetzgebungswege vorzugehen.

Die Strafbestimmungen über Kuppelei und Zuhälterei, die in der Vorlage gemacht sind, sind leigentlich, wenn ich die Herren richtig verstanden habe, im wesentlichen gebilligt; die Beanstandungen richten sich mehr gegen die, wenn ich so sagen kann, accessorischen Be⸗ stimmungen, die gewiß kaum als ein Gelegenheitsvorschlag betrachtet werden dürfen.

Was die Strafschärfung zunächst anlangt, so liegt es doch in der Natur der Sache, daß, wenn gegen die Zuhälter vorgeschritten werden soll, man auf die Betrachtung gedrängt wird: die Zuhälterzunft gehört zu der rohesten, sittenlosesten Menschenklasse, die überhaupt existirt. Das beweist jeder gerichtliche Vorgang in der fraglichen Richtung, das beweisen die Straflisten, die bei einzelnen Zuhältern zum Vorschein kommen, die in erschreckender Weise alle möglichen Delicte und Reate in übergroßer Anzahl aufweisen. Also was ist natür—⸗ licher, als daß der Gesetzgeber dann fragt, ob diesen Personen gegen⸗ über es nicht angezeigt erscheint, in empfindlicherer Weise als gewöhn⸗ lich vorzugehen. Ich glaube, der Gedanke an sich muß gebilligt werden, daran knüpft sich aber in logischer Folge, möchte ich sagen, die Erwägung, daß die gewöhnlichen Strafen, wie sie das Strafgesetzbuch vorsieht und ohne Detailbestimmungen über die Aus⸗ führung nur mit allgemeinen Zügen die Art und Weise der Aus⸗ führung skizzirt, nicht ausreichen daß diesen Bestimmungen gegen⸗ über eine besondere Verfügung von Strafverschärfungen am nächsten liegt, um die Strafe für derartige Personen auch empfindlich zu machen, denn sonst ist der Zweck der Strafen überhaupt verfehlt.

Will man das thun, so ist sofort der weitere Schluß noth— wendig, daß man bei einer derartigen Bestimmung nicht gegen diese Strafthaten allein vorgehen darf, sondern, weil der Grund in der Rohheit und Sittenlosigkeit der betreffenden Individuen liegt auch verallgemeinern kann und verallgemeinern muß. Dieselben Gründe für die Strafverschärfung liegen bei anderen Reaten na⸗ türlich auch vor, oder können vorliegen, und wenn sie vorliegen, dann müssen sie zu demselben Resultat führen.

„Nun hat einer der Herren Vorredner angedeutet: ja, der Gedanke wäre an sich nicht verwerflich und er könne sich mit ihm befreunden, allein, dann wünsche er detaillirte Bestimmungen, eine Aufzählung der Reate, bei denen eine solche Strafschärfung zulässig sein soll. Ich glaube, der Versuch wäre ohne befriedigenden Erfolg. Die Be⸗

gründung liegt ja sehr nahe; jedwedes Delict, jedwede strafbare Hand⸗

lung kann unter Umständen in einer Weise ausgeführt werden, daß man den Stempel der Rohheit und Sittenlosigkeit dabei obwalten sieht. Wenn die Frage, ob ein solcher Grad der Strafbarkeit, ein Grund für die Strafverschärfung vorliegt, im allgemeinen dem Richter überlassen wird, dem die Sachlage des einzelnen Falles vorliegt, so glaube ich: bei dem Vertrauen, das der Deutsche zu seinen Ge⸗ richten überhaupt hat, kann eine Gefahr darin nicht liegen, wenn der Gesetzgeber in der allgemeinen Weise eine solche Maßregel vorsieht.

Ein weiterer Vorwurf und ein weiteres Bedenken gegen den Gesetz entwurf ist in derselben Richtung gemacht worden, daß hier dem Straf- vollzugsgesetze gewissermaßen vorgegriffen würde, oder daß man eine derartige Bestimmung nicht erlassen solle, bevor das langersehnte Strafollzugsgesetz erlassen wäre. Die Wünsche nach dem Erlaß eines Strafvollzugsgesetzes erkenne ich für meine Person als vollständig berechtigt an; allein in dem Nichtbestehen eines derartigen Gesetzes zur Zeit kann ich einen Grund für den Nichterlaß einer derartigen Strafschärfungsbestimmung, wie sie hier vorgeschlagen ist, in keiner Weise erblicken; denn hier handelt es sich nicht um den Straf⸗ vollzug, sondern um die Strafbestimmung, um einen Urtheils⸗ spruch, um eine Entscheidung des Gerichts und nicht um eine Maß— regel, die von der Strafvollziehungsbehörde verfügt werden soll.

Also dem Herrn Vorredner möchte ich entgegenhalten: als ein Bruch mit dem System des Strafgesetzbuches kann dies nicht er⸗ scheinen; es ist keine Strafvollzugsbestimmung, sondern eine Straf⸗ bestimmung selbst, eine Ergänzung der vorhandenen Bestimmungen des Strafgesetzbuchs über die Art und Weise der Freiheitsstrafe. Natürlich, wenn die Vorschrift so erlassen wird, wie sie hier vor⸗ gesehen ist, muß bei dem Strafvollzug das Einzelne ge⸗ regelt werden; es muß untersucht, geprüft werden, ob der betreffende Sträfling diese Strafverschärfung nach seinen Ge⸗ sundheitsverhältnissen auch aushalten kann und dergleichen. Aber das ist ja ähnlich bei jedem Vollzuge einer Strafe der Fall.

Eine wesentliche Beanstandung hat der § 184, wie auch voraus⸗ zusehen war, im Hause erfahren; denn die Preßvorgänge sind ja

Darth bezeichnend gewesen. Nun ward aber dech kein Zweifel darüber

fein können, daß die Unsittlichkeit, über deren Zunahme nicht von einer

Seite, sondern von verschiedenen Seiten erheblich geklagt wird, durch nichts mehr gefördert wird, aks durch die Verbreitang unsittlicher Schriften. Das Geseß hat bis jetzt nut die unzüchtigen Schriften im Auge gehabt, und eine ziemlich constante Jurisprudenz hat sich in der Richtung gebildet, daß die unsittlichen ud nicht zagleich unzüchtigen Schriften aus dieser Strasbestimmung ausscheiden. Wenn nun die Gefahr, die ich eben bezeichnet habd, als vor handen erachtet werden muß, so liegt es doch los nahe, daß dann micht bloß die Verbrertung selbst und der Verkauf solcher unzüchtigen Schriften vom Gesetzgeber ins Auge ge⸗ faßt werden muß, sondern, was im Effect doch eben so gefährlich sein muß und zu denselben Resulteten bezüglich der Gefährdung der Sittlichkeit führen muß, ebenso auch die Ankündigung, und ich ver⸗ stehe micht, wie man folgern kann: die bloße Ankündigung soll straflos sein, vie Verbreitung soll strafkar sein. Wenn die Ver⸗ brettung gefährlich ist, so ist's die Ankündigung in gleichem Maße. Die Ankündigung ruft die Verbreitung hervor, und wenn verbreitet ist, kann der Strafrichter repressiv einschreiten; allein vorbeugend kann er es viel besser thun, wenn er auch die Ankündigung unsittlicher Schriften bestraft.

Und was die unsittlichen, nicht unzüchtigen Handlungen betrifft, so liegt es dech ebenso klar auf der Hand, daß es viele Dar⸗ ftellungen, Bilder u. s. w. geben kann, die, ohne dem Requisit der Unzüchtigkeit zu entsprechen, doch das Scham⸗ und Sittlichkeitsgefühl empfindlich verletzen. Wenn nun hier vorgeschlagen wird, daß die öffentliche Schaustellung von derartigen Bildern u. s. w. auch mit Strafe bedroht sein soll, so stellt sich dies nur als eine zweckmäßige Ergänzung der bisherigen Bestimmung des § 184 dar.

Ich gehe auf die weiteren Einzelheiten des § 184 in der Rich tung nicht weiter ein; wir sind ja jetzt bei der ersten Lesung. Man wird darüber ja verschiedener Meinung sein können, wie weit der Gesetzgeber im einzelnen zu gehen hat; aber daß im allgemeinen der 5 184 mit seiner bisherigen beschränkten Strafandrohung nicht ausgereicht hat, darüber, glaube ich, wird man sich leicht eine Ueber⸗ zeugung verschaffen können.

Der Schweigbefehl, die Bestimmung über den Schweigbefehl ist ebenfalls beanstandet. Ich will den Herren, die sich hierüber über⸗ einstimmend geäußert haben, sofort zugeben, daß der vorgeschlagene Art. 4 nicht immer sichern wird eine Bestrafung desjenigen, der durch Verbreitung in der Presse die Resultate einer Verhandlung öffentlich kundgiebt, bei welcher die Oeffentlichkeit nicht ausgeschlossen, bei der aber der Schweigbefehl ergangen war; denn die Bestimmung des Art. 4 setzt natürlich voraus ein vorsätzliches Handeln: es muß dem Betreffenden also der Schweigbefehl bekannt geworden sein; ist er ergangen ohne sein Wissen, weiß er nichts davon, so kann er nicht gestraft werden. Das gebe ich sofort zu in klarer Festhaltung der all⸗ gemeinen Grundsätze des Strafgesetzes über strafbare Handlungen. Daraus folgt aber doch noch nicht, daß deshalb eine derartige Maßregel des Gesetzgebers von vornherein und in ihrer Allgemeinheit perhorreseirt werden muß. Es kann doch eine Verhandlung stattgefunden haben, ohne daß man im voraus zu ermessen im stande war, daß und in wie weit die Sittlichkeit dadurch gefährdet würde; sie hat also öffentlich stattgefunden. Im Verlauf der Verhandlung ergiebt sich aber, daß die Verhandlung geeignet gewesen wäre, die Oeffentlichkeit zu beschränken, oder es kann auch der Richter aus anderen Gründen veranlaßt gewesen sein, von seiner Befugniß zum Beschränken der Oeffentlichkeit keinen Gebrauch zu machen. Deshalb wird aber doch die Wirkung der Veröffentlichung der Ver⸗ handlung in keiner Weise alterirt. Wenn dieselbe Charakter— eigenschaft dieser Verhandlung beiwohnt wie einer anderen, bei welcher die Oeffentlichkeit ausgeschlossen war, so ist es consequent, wenn der Gesetzgeber sich bemüht, den nachtheiligen Folgen einer Beröffentlichung entgegenzutreten, und das will er thun durch den hier vorgeschlagenen Artikel, in dem er den Schweig⸗ befehl für zulässig erklärt, und wenn er ergangen ist, in der Zuwider⸗ handlung gegen den Schweigbefehl eine strafbare Handlung erblickt.

Wie bereits erwähnt, wir sind in der ersten Lesung; die Einzel⸗ heiten des Gesetzesvorschlages im übrigen werden ja in der Com⸗ mission weiter besprochen werden können. Ich habe mir das Wort hauytsãächlich zu dem Zwecke erbeten, um Ihnen zu sagen, daß der Gesetzentwurf nicht ab irato aufgestellt ist, sondern in reiflicher Er⸗ wägung des Bedürfnisses von Sesten der verbündeten Regierungen eingebracht worden ist.

Abg. Bebel ö Die Ausführungen des Regierungsvertreters hätten ihn enttäuscht, er habe nur einige Einwendungen der Vor⸗ redner zurückgewiesen. Der Fall. Heinze solle, die erste Veranlassung zu diesem Gesetz gewesen sein, weil er die Mißstände des socialen Lebens besonders grell. beleuchtet haben solle. Es sei erfreulich, daß die Re⸗ ierung sich beim Hervortreten von Mißständen beeile, Gesetze vorzu⸗ egen, er wünschte nur eine gewisse Consequenz darin gegenüber ande— ren Mißständen, wie z. B. den zahlreichen Mißhandlungen von Sol— daten durch Unteroffiziere und selbst Offiziere. Die Prostitution sei zu derselben Zeit entstanden, wo das Privateigenthum entstanden sei, und sich der Gegensatz zwischen Armen und Reichen gebildet Habe. Wo die, gesellschaftlichen Gegensätze am schärfsten seien, sei die , am stärksten, und in Zeiten, wo einzelne Schichten der

esellschaft am meisten in einer Nothlage seien, vermehre sich die zahl der Prostituirten. Man sage, die Prostitution sei eine öffent⸗ iche Gefahr. Kein Zweifel, sie verbreite ansteckende Krankheiten und vergifte auch das Familienleben. Dann wäre es doch viel richtiger, wenn die, welche sich durch den Genuß der Prostitution solchen Gefahren aussetzten, davon 5 würden. Um die Gefahr an⸗ steckender Krankheiten zu beseitigen, wolle man die Prostitution gesetzlich regeln und zu einer staatlichen Einrichtung machen, die als ebenso nothwendig anerkannt werde, wie Schule, Kirche und Polizei. Die größte Zahl der Prostituirten greife aus socigler Noth zu diesem traurigen Erwerbe. 99 der Prostituirten würden mit reuden diesem traurigen Erwerbe entsagen, wenn sie einen ehr⸗ aren Erwerb finden könnten. Er sei der letzte der die Zuhälter nicht als den Abschaum der Gesellschaft ansehe; sie stellten auch ein großes Contingent für das Verbrecherthum, aber es sei ein Irrthum. wenn man durch Einschränkung des Zuhälterthums auch das Verbrecherthum einzuschränken hoffe. Im Gegentheil, wenn man ihnen diese Quelle der Ernährung versage, würden sie erst recht zu Verbrechern werden. Nicht allein die Zu⸗ hälter, sondern auch die Wirthe und Wirthinnen beuteten die armen Prostituirten aus. Aber ändere man diesen Zustand, wenn man die nit , kasernire? Man setze an die Stelle einer großen Zahl von Wirthen, an die Stelle des einzelnen Unternehmers, den Großunternehmer, der ganze Häuser mit Mädchen fülle und dabei noch von der . gestützt und unterstützt werde. Man wolle den Zuhälter bestrafen, auch wenn er keinen Gewinn aus seinem Verhältniß zur Prostituirten ziehe, Diese Definition des Zu— hälters sei unhaltbar, dadurch fei alles erlaubt gegen den, der einmal

zweifel ·

in den Verdacht fomme, Zuhälter zu sein, wenn er auch keine Ahnung here daß sein Mädchen . t lil bn sei. Was Moral und Frei⸗ eit betreffe, so gi es den Mädchen in den Toleranz⸗Häusern gerade am schlimmsten. Die Bordelle gewährten keineswegs die öffentliche Sittlich⸗ keit. Auch in Bezug auf die Sicherheit vor der Ausbreitung von Geschlechts- kränkheiten böten die Bordelle nicht Sicherheit. Nach 5 184 seien guch Ausstellungen von an sich nicht n, e. Abbildungen oder Darstellungen strafbat, wenn sie das Scham oder Sittlichkeitsgefühl zu verletzen geeignet seien. Nackte Bilder und Statuen in einem Museum aufzustellen, sei nach diesem Paragraphen zulässig, die photographische Vervielfältigung, Ausstellunß und der Ver— kauf der Photographien aber nicht. Die Bestimmung, daß die im 18 vorgesehene Strafe auch denjenigen treffen könne, der aus Gerichtsverhandlungen, für die wegen Ge— fährdung der Sittlichkeit die Oeffentlichkeit ausgeschlossen gewesen sei, Mittheilung mech, halte er für überflüssig. Um diese Fälle zu treffen, reiche das bestehende Gesetz aus. Im übrigen könne gerade die Zulassung der Oeffentlichkeit in manchen Fällen besonders er— wünscht sein, um moralisch abschreckend zu wirken. In diesem Sinne könne er das Vorgehen des Präsidenten im Heinze⸗Prozeß nur in Schutz nehmen. Auch die Bestimmung, welche eine besondere Rohheit und Sittenlosigkeit des Thäters besonders hart strafen wolle, halte er für zu weitgehend. Was heiße überhaupt Rohheit und Sittenlosigkeit des Thäters? Wenn man von Rohheit sprechen wolle, dann möge man die Thierguälereien bei dem bekannten Distanzritt zwischen Berlin und Wien nicht außer Acht lassen. Die Beftimmungen, wie sie beispielsweise der 5 362 enthalte, zur Verschärfung der Gefängnisstrafen balte er bei den gegenwärtig schon beftehenden Zuständen für überflüssig.

Staatssecretär des Reichs⸗Justizamts Hanauer:

Meine Herren! Nur eine kurze Berichtigung des Herrn Vor— redners. Er ist im Eingang seiner Rede davon ausgegangen, daß aus der Bestimmung des Absatz 2 des § 180 zu folgern sei, von Seiten der verbündeten Regierungen wollten damit die Toleranzhäuser, Bordelle gebilligt werden und, wie er sagt, wiedereingeführt werden. Diese Bestimmung führe dazu, so hat er ausgeführt. Das ist nur ein Verkennen des Entwurf. Der Entwurf läßt es bei der bis⸗ herigen Strafbestimmung in Absatz 1 des § 180, und fügt nur bei, daß das Vermiethen von Wohnungen an Weibspersonen ꝛc. straflos bleibt, wenn die polizeilichen Anordnungen dabei beobachtet werden.

Damit will der Entwurf gewissermaßen nur eine Erläuterung zum bisherigen § 180 geben dahin, daß die strengere Rechtsprechung zuweit geht, die allerdings zu der ⸗Consequenz gelangt ist, aus dem § 180 auch eine Strafbarkeit des Hausbesitzers zu folgern, mit dessen Wissen von der Mietherin gewerbsmäßige Unzucht getrieben wird. Dies war wohl in der Absicht des Strafgesetzbuchs kaum gelegen; nachdem aber einmal die Gerichtspraxis zu dieser Auffassung gekommen

war, haben die verbündeten Regierungen geglaubt, hier mildernd ein⸗

greifen zu sollen und eine Schranke zu errichten gegenüber der weit— gehenden Interpretation des § 180. Aber daraus zu folgern, daß die verbündeten Regierungen auch das Halten von Toleranzhäusern straf⸗ los erachten wollen, geht doch schwerlich an; denn „wer gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz durch seine Vermittelung oder Gewährung oder Verschaffung von Gelegenheit der Un⸗ zucht Vorschub leistet, wird bestraft?'. Also wer ein Haus der fraglichen Art absichtlich hält, unterliegt der Bestrafung nach wie vor. Nur das bloße Vermiethen einer Wohnung, wenn auch mit dem Wissen, daß da Unzucht getrieben wird, soll, falls die bezüglichen polizeilichen Anordnungen beobachtet werden, nicht strafbar sein, da bei solcher Sachlage für den Vermiether, insbesondere wenn er erst nachträglich den gedachten Umstand erfahren hat und nicht in der Lage ist, das Miethverhältniß alsbald auflösen zu können, eine allzu große Härte entstehen kann. em soll entgegengetreten werden, aber weiter nichts. Dies geht aus dem Vergleich der beiden Absätze meines Er⸗ achtens unwiderleglich hervor.

Hierauf wird die weitere Berathung auf Dienstag 1 Uhr vertagt. Vorher werden die Interpellationen der Abg. Hitze und Genossen, betreffend den Schutz des Handwerks und be—⸗ treffend die Abzahlungsgeschäfte, zur Verhandlung kommen.

Schluß 4M Uhr.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die überseeische Auswanderung aus dem Deutschen Reich über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam belief sich nach den Zusammenstellungen des Kaiser⸗ lichen Statistischen Amts in den Monaten Januar bis Sep⸗ tember 1892 auf 92 956 Personen. Hiervon kamen aus der Provinz Posen 13567, Westpreußen 11 229, Pommern S468, aus Bayern rechts des Rheins 6736, der Provinz Hannover 5606, Brandenburg mit Berlin 5449, aus dem Königreich Württem⸗ berg. 450, der Provinz Rheinland 4699, aus dem Königreich Sachsen 4155, der Provinz Schleswig-Holstein 3397, dem Großherzegthum Baden 3289, der Provinz Schlesien 2664, Westfalen 2342, Hessen⸗Nassau 2278, Provinz Sachsen 1954, Ostpreußen 1634, aus der Rhein pfalz 1519, dem Großherzogthum Hessen 1406, Oldenburg 1102, Mecklenburg- Schwerin 803. Der Rest von 5558 Personen ent⸗ fällt auf die übrigen Gebietstheile des Reichs. An der Be— förderung dieser Auswanderer sind die deutschen Häfen mit 75 417 Personen betheiligt, und zwar hingen über Bremen 49373, Hamburg 24 480, Stettin 1564. Von Antwerpen reisten 14 147, von Rotter⸗ dam und Amsterdam 3392. Ueher deutsche Häfen wurden außer den 75 417 Deutschen noch 149 945 Auswanderer aus fremden Staaten, und zwar über Bremen 61 258, Hamburg 78 551, Stettin 1136 be— fördert. Schulbildung der Rekruten.

Ueber die Ergebnisse der Rekruten⸗Prüfungen im Deutschen

Reich enthält das soeben ausgegebene vierte Heft der Vierteljahrshefte

zur Statistikt des Teutschen Reichs Nachweise für das Ersatzjahr 1591/92. Danach hatten von den 184 332 Rekruten, welche in die Armee und Marine eingestellt wurden, 179 8386 Schulbildung in deutscher Sprache, 3672 Schulbildung nur in fremder Sprache und S24 waren ohne Schulbildung, d. h. solche, welche in keiner Sprache genügend lesen, oder ihren Vor- und Familien⸗Namen nicht leserlich schreiben konnten. In Procenten der Gesammtzahl aller Eingestellten betrugen die⸗ jenigen, welche weder lesen, noch ihren Namen schreiben konnten, im Ersatzjahre 1881/82 1,54 1885/86 1,08 1889/930 051 1382/83 1X32 1886/87 0,72 1890/91 0,54 J ö 1883/84 1,27 1887/88 0,71 1891/92 0,45 ö. ' 1884/85 1,21 1888/89 9,60 Stellt man für die Bezirke, von welchen die meisten Mann⸗ schaften ohne Schulbildung gestellt wurden, das erste und das letzte der vorstehend genannten Jahre gegenüber, so kamen Analphabeten auf je 1090 eingestellte Rekruten in den Regierungsbezirken: . 1881/82 1891/92

Marienwerder 3,74

osen 2, Sy Oppeln ; 2, 99 Gumbinnen 1,82 Königsberg 1ů42 Bromberg 1 **

Danzig.. . 1,B24

ANeberall ist also eine sehr bedeutende Besserung zu bemerken; am stärksten ist die Verminderung der Eingestellten ohne Schulbildung in Posen und Gumbinnen. .

( Rübenzucker · Fabriken

waren im Betriebsjahre 189192, wie aus den im neuesten Viertel⸗= jahrshefte zur Statistik des Deutschen ö veröffentlichten Nach⸗ weisungen über K des Rübenzuckers sich ergiebt, innerhalb des deutschen Zollgebiets 403 im Betriebe (1890 91 406), die zusammen 9488002 t (1890/91 10623 319 t) an Rüben ver⸗ arbeitet und 1144368 t (1896,91 1284 485 t5 Rohzucker aller Producte gewonnen haben. Unter der letzteren Menge ist auch der Zucker enthalten, der in den Fabriken mit Rübenverarheitung durch Ent⸗ zuckerung der Melasse (eigener wie angekaufter) erzielt 1 ist, nicht aber der in selbständigen Melasse⸗ , , . und Raffinerien ohne Rübenverarbeitung aus der Melasse gewonnene Zucker. Daß erheblich weniger Rüben zu Zucker verarbeitet worden sind als 1890,91 erklärt sich daraus, daß die Rübenernte infolge der köhlen und regnerischen Witterung im Frühjahr und in der ersten Sch nerhälfte 1891 der Menge nach nur gering ausgefallen, theilweise sogar miß⸗ rathen war. Dagegen waren, weil im August und September an⸗ haltend warme Witterung geherrscht hatte, die geernteten Rüben von guter Beschaffenheit und konnten, da auch das Ausroden, das Ein⸗ mieten und die Anfuhr zur Fabrik im allgemeinen gut von statten g leicht und schnell verarbeitet werden. In einer 12 stündigen

rbeitsschicht sind durchschnittlich an Rüben verarbeitet worden 145 t gegen. 134 t im Betriebsjahre 1890/91. Berechnet man das Verhältniß der verarbeiteten Rüben zum Zuckergewinn, so waren 1891/92 zur Herstellung einer Tonne Rübenzucker erforderlich 8,29 t Rüben, 1890,91 8,27 t. Ausgeführt aus dem Zollgebiet wurden 436 672 t (1890,91 485 240 t) Zucker der Vergütungsklasse a (Rohzucker und raffinirter Zucker unter 980,0 Zuckergehalt), 24 186t (1890191 230 543 t) der Vergütungsklasse H (Kandis, Brot- und krystallisirter Zucker von mindestens J95 0 Zuckergehalt) und 6411 t (189091 5211 t) der Vergütungsklasse (anderer harter Zucker). Der Verbrauch ist für 1891,92 zu 476265 t Consumzucker oder A5 kg auf den Kopf der Bevölkerung ermittelt gegen 8,5 Kg für den Durchschnitt der Betriebsjahre 1886/87 bis 1891/92.

Ueber die Bergwerke, Salinen und Hütten im Deutschen J ö ö . sch

eröffentlicht das vierte Heft des Jahrgangs 1892 der Vierteljahrs⸗ hefte zur Statistik des Deutschen Reichs die endgültigen . weisungen für das Jahr 1891. In diesem Jahre hat die Förderung des Deutschen Reichs und J an Mineralkohlen und Bitumen im ganzen einen Werth von 645,5, an Mineralsalzen einen Werth von 21,9 und an Erzen von 109,2 Millionen Mark gehabt gegen 589,7, 19 und 116,8 Millionen Mark im Vocjahre.

Salze aus wässeriger Lösung sind im Werthe von

426 Millionen Mark, im Vorjahre im Werthe von 41,8 Millionen Mark G 5

Beim Hüttenbetrie etrug der Werth des erzeugten Roh⸗ eisens 1891: 232.4 Millionen Mark gegen 1890 . Mark, der ö Edelmetalle 67,6 Millionen Mark gegen 1890: 61, Millionen Mark und der übrigen Hütten-Erzeug— nisse 1499 Millionen Mark gegen 1890: 143,5 Millionen Mark. . Endlich ergiebt die Zusammenrechnung der nachgewiesenen Pro⸗ ducte aus der Roheisenverarbeitung für Eisengußwaaren zweiter 86 gie e hn . K Fluß⸗ eisen und Flußstahl einen Werth von 709 Millionen Mark ähh i Mücken Mer ö

. J

Aus einer im 4. PViszteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reichs veröffentlichten Nachweisung über den Tabackbau 6 Tabackernte ergiebt sich, daß im deutschen Zollgebiet 1891 162 843 1390 189 200) Pflanzer 229 913 (1890 257 3566) Grundstücke im Flächeninhalt von 18548 ha (1891 20114 ha) mit Taback be⸗ pflanzt haben. Der Rückgang des Tabackbaus, der aus diesen Zahlen hervorgeht, hat sich 1892 fortgesetzt, denn nach einer vor⸗ läufigen Angabe, die an gleicher Stelle veröffentlicht ist, waren in diesein Jahre nur 14 733 ha mit Taback bebaut. Die Tabackernte des Jahres 1891 ist nicht so reichlich ausgefallen wie die des Jahres 1890, denn es wurden nur 34 814 t Taback (in dachreifem Zustande) oder durchschnittlich 1377 kg auf 1 ha geerntet gegen 1890 42 372 t oder 2107 kg auf 1 ha, Auch der Preis des im Jahre 1891 ge— ernteten Tabacks war mit durchschnittlich 14 46 auf 100 kg dach⸗— reifer Blätter etwas geringer als der des 1890 er Tabacks mit durch⸗ schnittlich 75, S0 (0

. Sachsengängerei.

Die sogenannte Sachsengängerei hat im Regierungsbezirk Gu m⸗ binnen in der letzten Zeit in geringerem Umfange als bisher statt⸗ gefunden; mehrere Familien sind bereits aus dem Westen zurück⸗ 66 was freilich zum theil auch auf die in Hamburg aufgetretene FTholera zurückzuführen ist. .

Invaliditäts- und Altersversicherung.

Bei der Versicherungsanstalt Baden sind im Monat November 64 neue Altersrentengesuche eingegangen. Von diesen und von den 35 vom Oktober übertragenen Gesuchen sind 51 durch Rentenbewilligung, 9 durch Ablehnung und 7 auf andere Weise erledigt worden. Insgesammt sind bis jetzt, wie die Bad. Corr.“ erfährt, 4162 Altersrentengesuche erhoben worden (1891 3248 und 1 8982 21h. Es kamen 3318 Altersrenten zur Bewilligung; 8 Gesuche wurden abgelehnt, 4 anderweit erledigt und 32 auf den Dezember übertragen. Ven den 778 abgelehnten Ansprüchen fanden 81 im Berufungeverfahren Gewährung für 23 Berechtigte kam die Altersrente infolge Bewilligung der Invalidenrente in Wegfall. Ferner kamen im Novemher 75 Invalidenrenten gesuche ein. Für diese neuen Gesuche, für 46 vom Oktober übernommene und für 5 früher ab⸗ 5 nunmehr aber wieder aufgegriffene Gesuche wurden 72 dentenbewilligungen ertheilt; 19 elfe. wurden abgelebnt und 36 blieben unerledigt. Im ganzen sind seit November 1891 976 In⸗ validenrentengesuche erhoben worden (1891 17 und 1897 959). Es kamen 587 Invalidenrenten zur Bewilligung; 336 Gesuche wurden abgelehnt, 7 sonst erledigt und 36 blieben unerledigt. Von den 336 abgelehnten Gesuchen konnten 26 im Berufungsverfahren meist nach weiterer Ergänzung der Nachweise die Invalidenrente erhalten. An Anträgen auf Gewährung von Renten sind bei der han—⸗ seatischen Versicherungsanstalt eingegangen: an Alters⸗ renten: seit Beginn des Jahres 1891 bis Ende November 1892 1472, an Invalidenrenten: bis Ende November 163, mithin an Rentenanträgen überhgupt 1635. Von Liesen entfallen auf das Gebiet der freien Hansestadt Lübeck 290, Bremen 374. Ham⸗ burg 971. Von den eingegangenen Anträgen sind bis Ende No— ber erledigt 1443 Anträge auf Altersrente und 139 Anträge auf Invalidenrente und zwar 1347 durch Rentengewährung und 235 durch Ablehnung. Die Jahressummęe der bis jetzt gewährten Renten macht insgesammt 209 205 M aus. Nach den Berufszweigen vertheilen sich die 1347 Rentenempfänger auf folgende Gruppen: Landwirthschaft und Gärtnerei 94, Industrie und Bauwesen 561, Handel und Verkehr 210, sonstige Berufsarten 113, Dienstboten ꝛc. 369 Rentenempfänger.

Das soeben vom Kaiserlichen Statistischen Amt herausgegebene vierte Vierteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reichs (erster Jahr 9 1892) enthält eine Nachweisung der Berg⸗ werke, Salinen und 9. en während des Jahres 1891, ferner eine solche über die Verunglückungen deutscher Seeschiffe in den Jahren 1890 und 1891 und eine Aufzählung der Schiff sunfälle an der deutschen Küste während des Jahres 1891. Es folgt das Ergebniß der bei der Einstellung im Ersatzjahr 1891.92 stattgehabten Ermittelung der Schulbildung der Rekruten, sodann die vorläufige Mittheilung der

Criminalstatistik für das Jahr 1891 mit den Zahlen für die fünf Vor⸗