1892 / 298 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 16 Dec 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Aichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 16. Dezember.

Der Bundesrath ertheilte in der am Donnerstag unter dem Vorsitz des Vice⸗Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssecretärs des Innern Dr. von Boetticher abge⸗ haltenen Plenarsitzung dem Entwurf von Bestimmungen zur Aus⸗ führung des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes, dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ahzahlungsgeschäfte, dem Gesetzentwurf, betreffend die Begründung der Revision in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und dem Verordnungsentwurf wegen Inkraftsetzung des Gesetzes vom 19. Mai 1891, betreffend die Prüfung der Läufe und Verschlüsse der Handfeuerwaffen, die Zustimmung. Der Gesetzentwurf, betreffend die Geltung des Ge— richtsverfassungsgesetzes in Helgoland, und der Gesetzentwurf zur Ergänzung der Gesetze über die Postdampfschiffsverbindungen mit überseeischen Ländern vom 6. April 1885 und 2. Juni 1887 wurden den zuständigen Ausschüssen zur Vorberathung überwiesen. Dem Innungsverbande deutscher Baugewerks⸗ meister in Berlin wurden auf seinen Antrag die im S 10456 der Gewerbeordnung bezeichneten Corporationsrechte verliehen. Endlich wurde über mehrere Vorlagen und Eingaben in Zoll— und Steuerangelegenheiten Beschluß gefaßt.

Die Commission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich erledigte in den Sitzungen vom 12. bis 14. Dezember zunächst die in der letzten Sitzung nicht zum Abschlusse gelangte Berathung des von dem Offenbarungs— eide handelnden § 777. Während der Entwurf die privatrechtliche Verpflichtung zur Leistung des Offenbarungs⸗ eides auf die Fälle beschränkt, in denen jemand verpflichtet ist, einen Inbegriff von Vermögensgegenständen herauszugeben oder über den Bestand eines solchen Inbegriffs Auskunft zu ertheilen, bezweckten verschiedene Anträge, diese Verpflichtung auch auf solche Fälle auszudehnen, in denen jemand einem Anderen über die Besorgung eines Geschäfts Rechenschaft abzulegen, insbesondere über eine Vermögens⸗ verwaltung ö zu legen hat.

Von anderen Seiten war beantragt, die Verpflichtung zur Leistung des Offenbarungseides gegenuber dem Entwurf durch den 56 abzuschwächen, daß die Leistung des Eides in gering— fügigen Sachen überhaupt nicht, in anderen Fällen nur dann verlangt werden könne, wenn nach den Umständen anzunehmen sei, daß die in dem ö Verzeichnisse oder in der vor⸗ gelegten Rechnung enthaltenen Angaben nicht mit der erforderlichen Sorgfalt und nicht nach bestem Wissen gemacht seien. Nach eingehender Erörterung wurde der 8 777 Absaz 1 mit der Erweiterung an⸗ genommen, daß auch der zur Rechnungslegung Verpflichtete auf Verlangen des Geschäftsherrn einen Offenbarungseid da— hin zu leisten habe, daß er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu im stande sei. In allen Fällen soll aber die Verpflichtung zur Leistung des Eid's von den in dem zuletzt erwähnten Antrage be— zeichneten Voraussetzungen abhängig sein. Die Vor— schrift des 777 Abs. 2 Satz 1, daß das Gericht eine den Um— ständen des Falls entsprechende Aenderung des Eides beschließen kann, fand keinen Widerspruch. Dagegen erfuhren die Vor— schriften des 3 77 Abs. 2 Satz 2, welche auf die Abnahme des Eides die Vorschriften der 88 440 bis 446, 780, des s 781 Abs. 1 und des 783 der Civilprozeßordnung für entsprechend anwendbar erklären, zum teil erhebliche Abänderungen. Als § 777 a2 soll bestimmt werden, daß der Offenbarungseid hei dem Gerichte des Orts zu leisten ist, an welchem die Verpflichtung zur Herausgabe oder zur Rech— nungslegung zu erfüllen ist; doch soll der Verpflichtete, wenn er im Deutschen Reich einen Wohnsitz oder den Ort seines Aufenthalts hat, befugt sein, den Eid bei dem Gericht des Wohnsitzes oder des Aufenthaltsorts zu leisten. Die Kosten der Abnahme des Eides hat derjenige zu tragen, welcher die Abnahme des Eides verlangt hat. Anlangend das Verfahren wegen Abnahme des Eides, sollen, vorbehalt— lich der Versetzung in den Entwurf eines Gesetzes über das Verfahren in Angelegenheiten der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit, als 57776 folgende Vorschriften aufgenommen werden: Zur Abnahme des Eides sind die Amtsgerichte zu⸗ ständig. Zu dem Antrage auf Bestimmung des Termins zur Abnahme des Eides ist auch der Eidespflichtige be⸗ rechtigt. Auf die Abnahme des Eides finden die Vorschriften der S8 440 bis 446 der Civilprozeß⸗ ordnung entsprechende Anwendung. Eine Ausnahme von der Zuständigkeit der Amtsgerichte soll indessen fur den Fall gemacht werden, wenn der Verpflichtete zur Leistung des Offen⸗ barungseides verurtheilt ist. Man hielt es für zweckmäßiger, daß in diesen Falle die Abnahme des Eides durch das. Prozeßgericht erster Instanz erfolge. Diese Vor⸗ schrift soll als § 7744 in die Civilprozeßordnung eingestellt werden mit dem Zusatz, daß auf die Abnahme des Eides die Vorschriften der Z8 110 bis 416 und, wenn der Schuldner wegen Verweigerung des Eides verhaftet ist (6 774), die Vorschriften des 8 783 entsprechende Anwendung sinden. Einvernehmen bestand, weiter hinzuzu⸗ fügen, daß die Ladung zu dem für die Abnahme des Eides zu bestimmenden Termine auch durch den Schuldner erfolgen könne. Im Zusammenhange mit den zu 777 gefaßten Beschlüssen erfuhr die ivilprozeß ordnung außerdem eine Ergänzung durch die Auf— nahme einer Vorschrift, daß, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögens⸗ verzeichnisses die Klage auf Herausgabe dessen verbunden wird, was der Beklagte aus dem die Verpflichtung zur Rechnungs⸗ legung oder zur Vorlegung des Vermögensverzeichnisses begruͤn⸗ denden gie ted erhe fn f 1 leisten hat, es dem Kläger gestattet sein soll, die bestimmte ezeichnung der Leistungen, die er beansprucht, vorzubehalten, bis die Rechnun gelegt und gegebenenfalls der Offenbarungseid geleistet ist. Man ging davon aus, daß die Verpflichtung zur Rechnungslegung und zur Leistung des Offenbarungseides in einem solchen Falle ö (G6 273 der Civilprozeßordnung) auszu⸗

ö.

Die Berathung wandte sich sodann den früher ausgesetzten Vorschriften über Spiel und Wette (G88 3 665 ö 3 Grundsatz des Entwurfs, daß durch Spiel oder Wette eine Verbindlichkeit nicht begründet wird, das auf Grund des

gefordert werden kann, weil eine Verbindlichkeit nicht be—⸗ standen hat, wurde von keiner Seite bekämpft. Als Spiel⸗ oder Wettschuld soll auch jede Verbindlichkeit behandelt werden, die zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel⸗ oder Wettschuld von dem verlierenden Theile gegenüber dem gewinnenden Theile eingegangen ist. Weitergehende Anträge, daneben zu be⸗ stimmen, daß, wenn der verlierende Theil auf Grund des Spiels oder der Wette eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten übernommen habe, der er Einwendungen aus dem Verhältnisse zwischen ihm und dem gewinnenden Theile nicht entgegensetzen könne, dieser verpflichtet sei, ihn von der über— nommenen Verbindlichkeit zu befreien und, wenn der verlierende Theil die geschuldete Leistung an den Dritten bewirkt habe, sie ihm zu erstatten, wurden abgelehnt. Ebenso wurden verschiedene An⸗ träge abgelehnt, die ein zum Zwecke der Bezahlung einer Spiel⸗ oder Wettschuld gegebenes und zu diesem Zweck verwendetes Darlehen wie eine Spiel- oder Wettschuld behandeln wollten. Die Mehrheit ging übrigens mit den Motiven des Entwurfs davon aus, ö durch die Nichtaufnahme solcher Vorschriften der Frage nicht vorgegriffen werden solle, ob nicht im ein— zelnen Falle, insbesondere wenn ein Spieler einem Mitspieler zum Zweck des Spiels ein Darlehen gegeben und sodann von ihm die dargeliehene Summe gewonnen habe, eine in die Form einer Darlehnsschuld gekleidete creditirte Spielschuld anzu⸗ nehmen sei. Zu einer eingehenden Erörterung gaben An⸗ träge Veranlassung, die im Anschluß an den S 661 die Auf— nahme, besonderer Vorschriften über die sog. Differenz⸗ geschäfte befürworteten. Im Laufe der Berathung wurden jedoch die Anträge mit Rücksicht auf die noch schwebenden, . theil dieselben Fragen betreffenden Verhandlungen er Börsen⸗Enquétecommission zurückgezogen. Die von dem Lotterie⸗- und Ausspielvertrage handelnden Vorschriften des § 665, wurden nach dem Entwurf angenommen. Der von einer Seite beantragte Zusatz, daß, wenn ein Loos ohne Zahlung des Einsatzes verabfolgt ist, der Anspruch auf den Einsatz nur im Wege der Auf— rechnung gegen den auf das Loos fallenden Gewinn geltend gemacht werden könne, fand nicht die Zustimmung der Mehrheit. Ebenso wurde die von einer Seite befürwortete Vorschrift abgelehnt, daß bei einer staatlich genehmigten Lotterie, die nach dem Inhalt des Vertrages zur Nuf— bringung von Mitteln für einen gemeinnützigen, wohl— thätigen oder ähnlichen Zweck bestimmt ist, der Unternehmer berechtigt sein solle, die Ziehung auf angemessene Zeit zu verschieben, wenn bis zu der im Vertrage bestimmten Zeit ein erheblicher Theil der Loose nicht habe abgesetzt werden können, und nach Maßgabe der S8 427 bis 433 von dem Vertrage zurückzutreten, wenn die Loose innerhalb angemessener Frist nicht soweit haben ab— gesetzt werden können, daß ein erheblicher Theil derselben nicht übrig bleibt.

Fi

Es sind eine Reihe von Fällen bekannt geworden, in denen Theater-Agenten es unternommen haben, die sich ihrer Vermittelung bedienenden Personen in wucherischer Weise aus— zubeuten, deren wirthschaftliche und künstlerische Existenz sich in unzulässiger Weise dienstbar zu machen und weiblichen Clienten gegenüber die Gebote der Sittlichkeit zu verletzen. Durch ein solches Gebahren wird die Unzuverlässigkeit der betreffenden Agenten in Bezug auf ihren Gewerbebetriebzals Stellenvvermittler dargethan. Es soll deshalb nach einem Erlaß des Ministers des Innern die Aufmerksamkeit der Polizeibehörden, in deren Bezirk sich Theater-Agenturen oder Theater befinden, auf solche Vorkommnisse hingelenkt werden. Kommen begründete Zweifel gegen die Zuyerlässigkeit eines Theater⸗Agenten zur Kenntniß der Polizeibehörde, so ist es ihre Pflicht, den Sach⸗ verhalt nach Möglichkeit aufzuklären und gegen den Schuldigen nachdrücklich vorzugehen.

Der Kaiserliche Gesandte in Lissabon Graf von Bray⸗ Steinburg ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

. Der Kaiserliche Gesandte in Kopenhagen, Wirkliche Ge⸗ heime Rath Freiherr von den Brincken hat einen ihm Allerhöchst hewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Ab⸗ wesenheit fungirt der Legations-Secretär Freiherr von Wangen heim als Geschäftsträger.

Der Königlich sächsische Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats- und Kriegs-Minister, General-Lieutenant Edler von der Planitz, die Königlich württembergischen Bevollmächtigten zum Bundesrath, Staats⸗Minister des Kriegswesens, General— Lieutenant Freiherr Schott von Schottenstein, Staats— Minister der Finanzen Dr. von Riecke und Oberst und Flüge ⸗-Adjutant Freiherr von Watter, der Fürstlich schaum— burg-lippesche Bevollmächtigte zum Bundesrath, Regierungs⸗ Präͤsident Spring und der Bundesrgths-Eommifsfar Her Landesverwaltung für Elsaß-Lothringen, Ober⸗Regierungs⸗-Rath Leydhecker sind von Berlin abgereist.

An Stelle des verstorbenen Kammergerichts-Raths, Ge— heimen Ober⸗Justiz⸗-Raths Dr. Hinrichs ist der Kammer⸗ gerichts-Rath, Geheime Justiz-Rath Schmieden vom 1. Januar 1893 ab zum Mitgliede des Gerichtshofs zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte ernannt worden.

Der neuernannte Regierungs⸗A1ssessor Dr. jur. Bourwieg aus Schleswig ist bis auf weiteres dem Landrath des Kreises Gelsenkirchen, Regierungsbezirk Arnsberg, und der neuernannte . Dr. jur. von Bönninghausen aus Düsseldorf bis auf weiteres dem Landrath des Kreises Mül⸗ 96 Regierungsbezirk Köln, zur Hilfeleistung zugetheilt worden.

Münster, 15. Dezember. Wie die „Rheinisch⸗West⸗ fälische Zeitung“ meldet, faßte der heute hier zufammen— getretene Bauern verein einen Beschluß zu BVeseitigung der für Getreide und Mühlenfabrikate bestehenden Staffeltarise; ferner erklärte er sein Einverständniß mit den

Grundzügen der Steuerreform⸗Vorlagen.

Düsseldorf, 15. Dezember. Der 37. Rheinische Previnzial⸗Landtag ist heute durch den Ober⸗Präsidenten Nasse mit folgender Rede geschlossen worden:

. Hochgeehrte . Sie stehen am Schlusse Ihrer dies maligen Tagung. Der 37. Rheinische Provinzial-Landtag hat unter bewährter

Spiels oder der Wette Geleistete aber nicht deshalb zurüͤck—

Gunsten der

der Prinz und die Sun gg und die Herzogin von Connaught und andere

wichtigen Arbeiten erledigt, Für die hierbei wiederum an den Tag gelegte Arbeitsfreudigkeit, Ausdauer und Sorgfalt gebührt Ihnen voll? Anerkennung seitens der von Ihnen vertretenen Kreise, wie ich auch meinerseits Ihnen zu. danken habe für das Entgegenkommen, mit welchem Sie sich der Bearbeitung der von der Königlichen Staate— regierung Ihnen unterbreiteten Vorlagen unterzogen haben.

Durch Bereitstellung der erforderlichen Mittel haben Sie Ihre Verwaltung zur ferneren ordnungsmäßigen Erledigung der vielen ikr überwiejenen . in Stand gesetzt. ö zweifle nicht, daß die Provinzial⸗Verwaltung, gestützt auf Ihre Zustimmung, allen berechtigten Anforderungen auch fernerhin entsprechen und fowohl den Interessen der Provinz, wie des Staats gerecht bleiben wird.

Besondere Befriedigung wird es in den weitesten Kreisen der Bevölkerung heroorrufen, daß durch Ihre Beschlüsse die Errichtung des Denkmals für Seine Majestät den hochseligen Kaiser und König Wilhelm J. der Ausführung näher gebracht worden ist. Hoffen wir, daß für den geliebten Herrscher an dem Ufer des von ihm kraftvoll beschützten Rheinstromes nunmehr bald ein würdiges Denkmal erstehen wird, das für alle Zeiten wirkungsvoll zeugen soll von der hoch⸗ herzigen Dankbarkeit und dem reich entwickelten Kunstsinn der kõnigo⸗ treuen Rheinlande.

Indem ich Ihnen die besten Wünsche in Ihre Heimath mitgebe, erkläre ich auf Grund des 5 26 der Provinzialordnung den 37. Probinzial= Landtag der Rheinprovinz für geschlossen.

Württemberg.

Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Haden sind gestern Vormittag 11 Uhr 148 Minuten zum Besuch Ihrer Majestäten des Königs und der Königin in Stuttgart angekommen und haben irg Königlichen Residenzschlosse Wohnung genommen. Die Rück— kehr nach Karlsruhe erfolgte gestern Abend um 6 Uhr 10 Minuten.

Reuß j. L.

Der Landtag hat gestern den Gesetzentwurf über die Besoldung der Geistlichen angenommen. Der Etat erhöht sich dadurch um 32 000 M

Samburg.

stimmung zu der Einsetzung einer gemeinsamen Commisfson mit der Bürgerschaft gegeben, um eine Prüfung vorzunehmen, ob eine Revision der Verfassung resp. eine Veränderung der Verwaltung zweckmäßig erscheine.

Oefsterreich⸗ Ungarn.

Der Erzherzog Franz Ferdinand, dem sich in Triest noch der Linienschiffs-Lieutenant Erzherzog Leopold Ferdinand anschloß, hat, nach einer Meldung des „W. T. B.“, gestern um A Uhr Nachmittags von Triest aus an Bord des Rammkreuzers „Kaiserin Elisabeth“ die Reise um die Welt angetreten. Die Dampf⸗Hacht „Greif“ mit, der Familie des Erzherzogs Karl Ludwig sowie zwei Lloyddampfer mit den geladenen Gästen, darunter der Statthalter, sowie mehrere Dampfboote geleiteten die (Kaiserin Elisabeth“ bis zur Höhe von Isola, wo die Schiffe Abschiedsgrüße austauschten. Bei der Ausfahrt aus dem Hafen spielten die Schiffskapellen die Nationalhymne, das zahlreiche Publikum auf den Schiffen und dem Molo begrüßte den Abreisenden mit Hurrahrufen und Tücherschwenken, wofür der Erzherzog von der Commandobrücke grüßend dankte.

Der Central⸗Rechnnngsabschluß des Sta ats— haushalts für das Jahr 1891 weist gegenüber dem Voranschlag einen Ueberschuß von 14370 005 Fl. auf; die directen Steuern ergaben einen Mehrertrag von 6770 005 Fl. die indirecten Steuern einen Mehrertrag von 9100090 Fl, wogegen der Staatseisenbahnbetrieb einen Ausfall ergab.

. Das österreichische Abgeordnetenhaus hat gestern mit großer Mehrheit das zweimonatige Budget⸗ provisorium genehmigt. Dagegen sprachen und stimmten hauptsächlich die Jungezechen. Im Laufe der Debatte kenn— zeichnete der Abg. Dr. von Plener das frühere Verhältniß der Deutschen Linken zur Regierung als ein auf etwas künstlichen Voraussetzungen beruhendes, das wegen Mangels an einem posi⸗ tiven Arbeitsprogramm und wegen der Weiterverfolgung ge⸗ wisser der Deutschen Linken widerstrebender Tendenzen durch den Minister-Präsidenten dem ersten rauhen Anstoße von außen habe erliegen müssen. Die Deutsche Linke wahre sich nun— mehr freies Hand, um ihrer Partei die Geltung zu verschaffen, die sie verdiene. Sie lehne die Verantwortung für die Führung der Geschäfte im Hause ab und richte sich den Interéssen der Partei und des deutschen Volkes gemäß ein; sie habe nur patriotische Rücksichten, sowie Rücksichten auf das nationale, politische und wirthschaftliche Wohl ihrer Wähler zu nehmen. Der Abgeordnete Kyekyic (dalmatinischer Serbe) stellte das Vorhandensein von Serben neben den Kroaten in Dalmatien fest und lehnte entschieden das Programm einer Vereinigung Dalmatiens mit Kroatien ab, gegen die sich die dalmatinischen Serben verwahren müßten.

Im ungarischen Unterhause sprach gestern bei der Fortsetzung der Generaldebatte über das Budget der Abg. Pechy von der angeblichen Entfremdung zwischen der Krone und der Nation und erklärte es, falls dem so sei, für die erste und die hauptsächlichste Aufgabe der Regierung, diese zu beseitigen durch die Informirung des Kaisers über die wahren Gesinnungen der Nation, die dynastisch gesinnt sei, wie keine andere.

Die Bischofsconferenz beschloß, wie aus Budapest ge⸗ meldet wird, entsprechend dem Referat des Fürstprimas Vaszary, eine gemeinsame Darlegung an den Papst, den Kaiser und die Regierung, worin die Gefahren und die ernsten Consequenzen des kirchenpolitischen Programms der Regierung erörtert werden sollen. Ferner wurde beschlossen, die schädlichen Folgen dieses Programms bereits anläßlich der

Budgetdebatte im Oberhause darzulegen.

Großbritannien und Irland. Vorgestern, am Jahrestage des Todes des Prinz-Gemahls

und der Großherzogin Alice von Hessen, fand im Mausoleum

in Frogmore ein Trauergottesdienst statt, dem die Königin, rinzessin von Wales, der

itglieder der Königlichen Familie beiwohnten. Die Herzogin

von Edinburg wird sich mit ihren Töchtern und dem . Ferdinand von Rumänien heute nach dem

ontinent begeben. Der Herzog von Edinburg wird

Leitung, in rascher Förderung eine große Zahl von schwierigen und

morgen nach

oburg abreisen.

berechtigt erscheinen

Der Sengt hat dem „Hann. Cour.“ zufolge seine Zu⸗

Schreiben an die w. Bisch ö

Frankreich.

Das Ministerium Ribot hat gestern in der Deputirten⸗ kam mer einen Sieg errungen. Der Antrag Pourguery, wonach der Panama-⸗Untersuchungscommission richterliche Be⸗ fugnisse übertragen werden sollten, ist, wie das Ministerium ver⸗ langte, verworfen worden, 6 mit einer Mehrheit von nur sechs Stimmen. Ueber den Gang der Verhandlungen liegt folgender Bericht des W. T. B.“ vor: Bei Beginn der Sitzung beantragten unter lebhafter Bewegung des Hauses der Minister⸗Präsident Ribot und der Justiz-Minister Bourgedgis die alsbaldige Berathung des Antrags, damit dieser sofort verworfen werde. Der Justiz⸗Minister betonte in seiner Rede, die republikanische Partei müsse sich be— wußt sein, daß sie gegenwärtig über eine Frage von der größten Tragweite, über die Frage der Zukunft der Republik selbst, ihr Votum . Der entbrennende Kampf richte sich nicht gegen einzelne Republikaner, sondern gegen die Republik selbst. Die Pflichten der Anhänger der Republik ließen sich in die Worte zusammenfassen: Kaltes Blut und festes Zusammen⸗ halten. (Beifall) Er sei von jetzt ab entschlossen, eine ergänzende Untersuchung über alle Thatsachen, die eine solche Untersuchung lassen könnten, stattfinden zu lassen. Der Minister⸗Präsident Ribot erklärte Brisson gegenüber, die Regierung wolle wissen, ob sie das Vertrauen der Kammer besitze. Er werde nicht zulassen, daß die Autorität der Republik in seinen Händen geschwächt werde. Hinter der zur Schau getragenen tugendhaften Entrüstung verberge sich ein ach ih! Actionsplan, der beweise, daß gewisse Ver⸗ wegene sich wieder zu rühren begönnen. (Beifall links) Das Ziel der Angriffe seien in Wirklichkeit die republikanischen Institutionen. Die Regierung beschwöre die Kammer, ihre Ruhe viederzugewlnnen und sich um die Re⸗ gierung zu schaaren, welche die Republik zu einer Recht⸗ fertigung der Männer führen werde, die seit 29) Jahren deren Geschicke geleitet hätten. (Lebhafter Beifall). Hierauf ergriffen mehrere Redner für und wider den Antrag das Wort. Provost de Launay ersuchte den Kriegs⸗Minister de Freycinet um Aufklärung über die auf Empfehlung politischer Persönlich⸗ keiten erfolgte Ernennung von Cornelius Herz zum Groß— offizier der Ehrenlegion. Der Kriegs⸗Minister erwiderte, er habe Herz nicht auf Empfehlung von politischen Persönlichkeiten die Auszeichnung verliehen, sondern auf Empfehlung von Gelehrten, die Herz wegen seiner Versuche auf dem Gebiete der Uebertragung der elektrischen Kraft vorgeschlagen hätten. Zahlreiche andere Persönlichkeiten seien wegen ihres Interesses für die Wissen⸗ schaft in gleicher Weise ausgezeichnet worden. Er müsse sich übrigens wundern, daß man sechs Jahre gewartet habe, ehe man ihm diese Thatsachen in Erinnerung gebracht habe. (Beifall Der Justiz⸗Minister Bourgeois sprach sich gegen den Uebergang zur Berathung der einzelnen Artikel aus und erklärte, die Regierung werde der Panama⸗Untersuchungscom⸗ mission jede Unterstützung zu theil werden lassen. Die Kammer werde durch Ablehnung des Antrages Pourquery ihr Vertrauen zur Regierung beweisen. (Beifall.‘ Der Vorsitzende der Unter⸗ suchungscommission Brisson beantragte, daß der Antrag angenommen werde, da nach dem Verlauf der Discussion seine Ablehnung das Ansehen der Untersuchungscommission vermindern würde. (Beifall rechts und auf der äußersten Linken). Der Minister⸗-Präsident Ribot gab seinem Erstaunen darüber Ausdruck, daß Brisson sich einen Antrag zu eigen mache, der gegen die Regierung gerichtet sei. Wenn die Regierung nicht die Mehrheit erhalte, so werde Brisson die r n zufallen, eine solche zu finden (Lebhafter Beifall) Unter lebhafter Erregung wurde hierauf mit 1 gegen 265 Stimmen, dem Verlangen der Regierung entsprechend, es abgelehnt, in die Berathung der einzelnen Artikel des Antrages Pourquery einzutreten. Die Majorität bei der Abstimmung bestand lediglich aus Mitgliedern der republikanischen Parteien, die Minorität aus der geschlossenen Rechten mit 150 Mitgliedern, 40 Boulangisten und etwa 70 Mitgliedern der Linken. In den Wandelgängen der Deputirtenkammer circulirte am Schluß der Sitzung das Gerücht, daß Brisson als Präsident der Untersuchungscommission zurücktreten werde. Auch die der Commission angehörenden Mitglieder der Rechten seien entschlossen, zu demissioniren. J .

Die Mehrzahl der heutigen Morgenblätter ist der Ansicht, daß das Votum der Kammer an der Lage weni ändere. Die Situation sei ebenso verworren und gefahrvo wie früher. Die conservativen Blätter nennen das mit einer Mehrheit von sechs Stimmen angenommene Vertrauens votum für das Cabinet eine Komödie; in der Mehrheit für das Ver⸗ trauensvotum seien auch die Stimmen der acht Minister ein⸗ begriffen. Das „Journal des Déebats“ sagt, die Bevölkerung sei von Ungewißheit und Angst erfüllt; sie fordere etw as An⸗ deres als die Regierung, die nur darauf bedacht sei, parla⸗ mentarischen Unfällen auszuweichen. ö.

Der conservative Deputirte Mage machte dem Justiz— Minister die Mittheilung, daß er in der Kammer eine Interpellation über die Ernennung von Cornelius Herz zum Großoffizier der Ehrenlegion einbringen und dessen Streichung aus der Ordensliste verlangen werde.

Jules Roche hat gegen das Journal „Libre Pa⸗ role“, das behauptet hatte, der Name Roche's figurire auf dem Verzeichniß der Checks, das bei Thierré beschlagnahmt wurde und von dem Thierrs gestern vor der an ,. be⸗ hauptete, daß es verbrannt worden sei, bei dem Assisenhof die Klage wegen Verleumdung erhoben.

Wie der „Gaulois“ mittheilt, soll die Verhaftung der Verwaltungsraths⸗Mitglieder der Panama⸗Ge— sellschaft beschlossen sein. Der „Intransigeant“ will wissen, der gestern abgehaltene Ministerrath hätte beschlossen, den Panamaprozeß dem Schwurgerichte ö .

Eine den gestrigen Abendblättern zugestellte Mittheilung bezeichnet die Nachricht von einer geplanten Ver mäh lung des Prinzen Ferdinand von . mit der Prinzessin Helene von Orlsans als unbegründet.

Italien.

Gestern sind, wie „W. T. B.“ berichtet, zwei päpstliche

. und an das italienische Volk veröffentlicht worden, worin die Frei⸗ maurerei lebhaft bekämpft wird, die den Zweck verfolge, an die Stelle des Christenthums den Naturalismus zu setzen.

Belgien.

Die von der internationalen Münzconferenz ein⸗ te Commission hielt gestern eine Sitzung ab, in der der Wortlaut des der Conferenz am Nachmittag zu erstattenden

Berichts festgesetzt wurde. Die Commission gelangte, wie

worth und

„W. T. B.“ berichtet, nachdem sie die Gründe für und gegen die Vorschläge, welche die Delegirten Tietgen, Hould⸗ Allard der Conferenz unterbreitet hatten, sowie die von Foville, Forsell und Sainctelette dazu beantragten Amendements in Erwägung gezogen hatte, zu dem Schlusse, daß sie, weil die Conferenz sich noch nicht zur Hauptfrage ausgesprochen habe, über die verschiedenen . eingebrachten Vorschläge weder irgend ein Votum abzu⸗ geben noch auch irgend ein Compromiß bezüglich der zur Zeit auf dem Gebiete der Münzwährung herrschenden Doctrinen zu formuliren in der Lage sei.

Bulgarien.

Der definitive Entwurf für die Abänderung der Verfassung ist gestern an die Deputirten vertheilt worden. Er enthält eine von Stambulow unterzeichnete Vor— rede, worin daran erinnert wird, daß der bei der Ausarbeitung der Verfassung im Jahre 1879 abgelehnte Antrag, nach fünf Jahren Verfassungsänderungen durchführen zu dürfen, durch den jetzigen Artikel, betreffend die Abänderungen, ersetzt worden sei. Während der verflossenen vierzehn Jahre hätten die Lücken und Bedürfnisse constatirt werden können, welche die vor— geschlagenen Abänderungen nothwendig machten. Der Ent— wurf enthält die Abänderung von 13 Artikeln der Verfassung und gelangt in der heutigen Sitzung der Sobranje zur Verlesung. Von den 293 Deputirten der Sobranje hatten dem ‚W. T. B.“ zufolge bis vorgestern 245 eine den Entwurf genehmigende Liste unterzeichnet, sodaß weit mehr als die Zweidrittelmehrheit gesichert ist.

Amerika.

Eine in Paris eingetroffene Depesche aus Rio de Janeiro meldet von einem Militär-Aufstand, der sofort unterdrückt worden sei. Die Schuldigen seien verhaftet.

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstage ist eine. Denkschrift über die Bau⸗ und Finanzlage bei dem Nord⸗Ostsee⸗Kanal zugegangen. Hiernach sind in fünf Baujahren bis jetzt rund 52 9000 g00 cbm Bodenmasse ausgehoben worden. Die großen Schleusen bei Holtenau, Rendsburg und Brunsbüttelhafen sind in Mauerwerk so kräftig gefördert, daß auf ihre rechtzeitige Fertigstellung gerechnet werden kann. An den Thoren sowie den maschinellen Einrichtungen für diese Schleusen wird gearbeitet. Verschiedene Nebenanlagen, wie Ent⸗ und Bewässerungsanlagen, sind hergestellt. Mit der Abdeckung der Böschungen ist man auf der ganzen Kanalstrecke beschäftigt. Die Hochbrücke bei Grünenthal ist ausgeführt und dem Eisenbahn— verkehr übergeben. Nachdem im Jahre 1891 die Absenkung des Wasserspiegels von der Scheitelstrecke des Eiderkanals stattge—⸗ funden hat, wird in diesem Winter mit der Senkung des Wassers auf einer größeren Strecke des alten Kanals fortgefahren werden. Auf einigen Strecken des neuen Kanals findet bereits an Stelle des Eiderkanals ein Betrieb für die kleinere Schiffahrt statt. Zu Anfang Oktober d. J. waren 5868 Arbeiter an dem Nord⸗ Ostsee⸗Kanal beschäftigt. Bis zum 1. Oktober d. J. waren von dem Baufonds verausgabt 80 176 413,18 6 Zur Ausführung bereits be— gonnener Arbeiten und Lieferungen ist ferner verfügt über 35 590 887,18 6 Noch nicht begonnene Arbeiten und Lieferungen sind veranschlagt im Betrage von 40 437 436, 8ꝑ2 S6, in Summa 156 204 737,20 06 Es besteht nach wie vor die Aussicht, daß der Kanal im Jahre 1895 dem Verkehr wird übergeben werden können.

Die VII. Com mission des Reichstags zur Vorberathung a. des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Friedenspräsenz⸗ stärke des deutschen Heeres, b. des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Ersatzvertheilung, besteht aus folgenden Abge⸗ ordneten: Freiherr von Manteuffel (Vorsitzender); Freiherr von Wendt (Stellvertreter des Vorsitzenden; Graf von Ballestrem, Dr. Baumbach (Berlin), Bebel, Dr. von Bennigsen, Dr. Buhl, Freiherr von Buol-Berenberg (Schriftführer), Freiherr von Friesen, Fritzen (Düsseldorf), Grillenberger, Gröber, Freiherr von Hammer- stein, Hermes (Brandenburg), Hinze, Dr. von Komierowski, Graf Kwilecki, Dr. Lieber, Payer (Schriftführer), Graf von Preysing— Straubing, Richter, Rickert, Graf von Saldern⸗-Ahlimb⸗Ringenwalde, Dr. Schaedler, Schneider (Hamm, Schriftführer), von der Schulen— . (Schriftführer), Singer, Freiherr von Stumm⸗ Halberg.

Die VI. Commission für den Entwurf eines Gesetzes, be⸗ treffend die Einführung einer einheitlichen Zeitbestimmung, hat dem Reichstag die unveränderte Annahme des Entwurfs und zugleich folgende Resolution empfohlen: Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstag baldigst die Vorlage eines Gesetzes zu unterbreiten, welches denjenigen Uebelständen abzuhelfen geeignet ist, die daraus entstehen, daß mit Einführung der Einheitszeit im Osten und Westen des Reichs vielfach erhebliche Verschiebungen, gegenüber den auf Ortszeit berechneten Zeitbestimmungen der Novelle zur Ge⸗— werbeordnung vom 1. Juni 1891, hervortreten.

Vom Abg. Rin telen (Centr.) ist im Reichstage folgender Antrag eingebracht: Der Reichstag wolle beschließen: dem nach— stehenden . die n , Zustimmung zu er— theilen Dem z 69 des Strafgeseß buchs für das Deutsche Reich wird folgender zweiter Absatz beigefügt: ‚Die Verjährung ruht während der Zeit, in welcher auf Grund des Gesetzes eine Straf— verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann.“

Vom Abg. Dr. Ham macher (ul) ist im Reichstage folgender Antrag eingebracht: Der Reichstag wolle beschließen: den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, eine Aenderung des Zollvereinigungs— Vertrags vom 8. Juli 1867 (Bundes⸗Gesetzblatt S. SI) herbeizu⸗ führen, wonach die Erhebung einer Abgabe vom in- und ausländischen Wein für Rechnung aller Gemeinden des Reichs innerhalb gesetzlich festzustellender Schranken ermöglicht, und insbesondere die im Artikel 5, L und enthaltenen Beschrän—⸗ kungen rücksichtlich des ausländischen Weins und der Zugehörigkeit der Gemeinden zu eigentlichen Weinländern aufgehoben werden.

Die Steuerreformcommission des Hauses der Abgeordneten trat i, zusammen, um die Vorschläge der von ihr niedergesetzten Subcom mission entgegenzunehmen, welche be— auftragt war, die Höherbelastung des fundirten Einkommens im Rahmen des Einkommensteuergesetzes in Berathung zu ziehen. Vach dem Referat, des Abg. Dr. Friedberg (un) hat die Sub⸗ commission ihre Aufgabe darin gesucht, Material für die Berathung vorzubereiten und zu diesem Behufe nachstehende Grundzüge aufgestellnt, ohne daß deren materieller Inhalt als ein auf Beschlüssen beruhender Antrag anzusehen sein soll. Diese Grundzüge für die Ergänzungssteuer als Zuschlag zu der Einkommen⸗ steuer, sofern dieselbe aus Einkommen vom fundirten Einkommen zu zahlen ist“, lauten: J. Die Steuer wird nur von einkommensteuer⸗ pflichtigen physischen Personen erhoben. JI. Der Steuersatz wird zu 1E oo angenommen, vorbehaltlich der Bestimmung sub V. III. Die Grundlage zur Veranlagung zur Zuschlasg teuer bildet die Einschätzung zur Einkommensteuer. IV. Als fundirtes Ein⸗ kommen ist anzusehen das Einkommen 1) aus Kapitalvermögen. 2) aus Grundvermögen, 3) aus Handel und Gewerbe, und zwar das ad 1 mit dem vollen zur Einkommensteuer veranlagten Betrage, das ad 2 und 3 nur unter den nachfolgenden Beschränkungen. V. a. Ein⸗

kommen aus verpachtetem oder vermiethetem Grund⸗ und Haus—⸗

besitz sowie der Miethswerth der Wohnung im eigenen Hause werden in vollem Betrage der Ergänzungssteuer unterworfen. b. Das Ein⸗ kommen aus dem Betriebe der Land⸗ und Forstwirthschaft auf eigenen oder fremden Grundstücken unterliegt der Ergänzungssteuer nach nachfolgendem Tarif. VI. a. Das Einkommen aus vermiethetem oder verpachtetem Handel und Gewerbebetrieb und Bergbau wird in vollem Betrage der Ergänzungssteuer unterworfen. b. Das Einkommen aus eigenem Betriebe von Handel und Gewerbe oder Bergbau unterliegt: der Ergänzungssteuer nach nachfolgendem Tarif. Dabei bleibt Einkommen aus Betrieben mit weniger als 3000 6 eigenem Betriebskapital von der Ergänzungssteuer bie! VII. Der Steuerpflichtige hat die sich aus Nr. Y und VI ergebenden besonderen Angaben in seiner Einkommensteuererklärung zu 3 VIII. wird ein Tarif von 31 Stufen in Vorschlag gebracht von 600 bis 40 000 M, wobei die Abzugsprocente von 40 bis 10 0 fallen. IX. Wenn die Veranlagungẽ⸗ conimission auf Grund eigener Kenntniß der thatsächlichen Verhäst⸗ nisse oder der von dem Steuerpflichtigen gemachten Anghen zu der Ueberzeugung gelangt, daß ein erhebliches Mißrerhältniß zu Ungunsten des Steuerpflichtigen bei Anwendung des Tarifs entstehen würde, so hat dieselbe eine Herabsetzung, jedoch um höchftens 10 Stufen vor— zunehmen, eventuell für die Stufen 1 bis 10 Steuerfreiheit eintreten zu lassen. Unter denselben Voraussetzungen kann die Veranlagungs⸗ commission auch bei Einkommen von über 40 000 S einen Abzu

von 1 bis 9 Gο bewilligen. X. Der Betrag der Zuschlagssteuer e. eventuell so weit ermäßigt werden, daß derselbe um 2 MS hinter der von dem Steuerpflichtigen zu zahlenden Einkommensteuer zurückbleibt.“ Der Abg. Br. Friedberg hat ferner auf Wunsch des Vor⸗ sitzenden Entwürfe im Sinne des italienischen Einkommensteuer⸗ gesetzes auszuarbeiten versucht. Danach sollen lauten: § 17a. „Neben der Besteuerung des Gesammteinkommens findet bei allen Einkommen von über 2109 et eine Ergänzungssteuer für die in 87 sub 1, 2 und 3 aufgeführten Jahreseinkünfte statt. Auf die in Fz1 sub 4 und 5 aufgeführten Steuerpflichtigen findet diese Be⸗ stimmung keine Anwendung. Bei der Vertheilung und Aufbringung öffentlicher Lasten nach dem Maßstabe directer Skaatssteuern kommt die Ergänzungssteuer nicht in Betracht“. 5 176: „Bei der behufs Veranlagung zur Ergänzungssteuer stattfindenden Berechnung der im § T7 sub 1,2, 3 und 4 aufgeführten Jahreseinkünfte liegt es in der Wahl des Steuerpflichtigen, bei welchen Jahreseinkünften er die in F Rgestatteten Abzüge vornehmen will“. Zz 17 enthält einen Tarif, welchen Dr. Friedberg nachträglich mit folgender Motivirung zurück— zog: Die Tarifsätze seien den Sätzen des F 17 des Einkommensteuer⸗ gesetzes entnommen, sie entständen durch Halbirung resp. Dreitheilung dieser Sätze; doch beginne der Tarif irrthümlich erst mit 2100 0 Jahreseinkünften, . er bereits mit weit niedrigeren Ver— anlagungssummen beginnen sollte, da die Steuerfreiheit des Ein⸗ kommens unter 2100 S von der Ergänzungssteuer sich nur auf das Gesammteinkommen beziehe; übrigens sei der so aufgestellte Tarif in. sofern unpraktisch, als die Degression sich weit stärker bei den Einzelbeträgen des Einkommens fühlbar machen müsse, als bei dem Gesammteinkommen. Unter diesen Umständen sei auch die Berechnung des finanziellen Betrages wesentlich zu hoch gegriffen. Dig. Dr. Friedberg machte deshalb zwei Erentualvorschläge mit und ohne Degressin. Bei der Berathung hob der Vorsitzende Abg. Freiherr von Hu ene (Centr.) hervor, daß es nicht Aufgabe der Commission sei, schon jetzt Beschlüsse über die Arbeiten der Subeommission zu fassen; es müsse eine Vorbesprechung der Fractionen vorangehen. Er schlage deshalb vor, nach der vor— läufigen Aussprache in die Berathung des Ueberweisungsgesetzes ein⸗ zutreten und die Ab stim mung über die Principienfrage, ob fundirte Einkommensteuer oder Vermögenssteuer, erst nach Neujahr vorzu⸗ nehmen. Nach anfänglickem Widerspruch seitens der Abgg. r KGnneggerus (n) hr. Sattler (u) mn. Bachem (Centr.) stimmte die Commission dem Vorschlage des Vorsitzenden bei. Der Abg. Dr. Enneccerus hob hervor, daß der Entwurf den Mangel habe, das Arbeitseinkommen sehr ungerecht zu belasten. In vielen Fällen würde der Censit von der Befugniß sub N der Borschläge der Subcommission Gebrauch machen müssen und dadurch zur Vermögensdeclaration gezwungen sein. Der Abg. Frhr. von Huene bat, Vermögenssteuer und Einkommensteuer streng aus— einander zu halten. Die Vermögẽnssteuer würde als fundirte Einkommen⸗ steuer ungerecht sein. Diese Ungerechtigkeiten seien größer als alle Härten in dem Entwurf der Subcommission. Der General⸗Steuer⸗Director Burghart meinte, daß beide Steuerreformen doch denselben Zweck verfolgten; darum könne man sehr gut beider Licht- und Schattenfeiten gegeneinander abwägen. Es lasse sich historisch beweisen, daß alle Ver⸗ suche, eine fundirté Einkommensteuer zu machen, gescheitert seien. Technisch sei der Entwurf der Subcommission außerordentlich schwer durchzuführen. Abg. Br. Friedberg „erläuterte hierauf feine Ausarbeitung und erklärte nochmals, sie sei nicht als ein Antrag zu betrachten. Er habe die Arbeit auf Wunsch des Vor— sitzenden gemacht, der auch eine Formulirung im Sinne der italienischen Einkommensteuer der Commission vorzulegen wünschte. Der Weg sei sehr roh, aber technisch sehr gut gangbar. Ob er besser sei als der Weg der Vermögenssteuer, sei ihm zweifelhaft. In dieser Beziehung behalte er sich die Entscheidung vor. Gegen die . Grundzüge“ müsse er sich aus wirthschaftlichen und technischen Gründen erklären. Der Finanz⸗Minister hr. Miguel wies schließlich auf die großen tech⸗ nischen Schwierigkeiten hin, die der Entwurf der Subeommission biete, und eitirte die Gutachten bedeutender Gelehrten, welche sich für die Vermögenssteuer ausgesprochen haben. Die Berathung wurde heute fortgesetzt.

Im 7. Gumbinner Landtagswahlkreise (Kreise Sensburg und Ortelsburg) ist an Stelle des verstorbenen Ab⸗ geordneten Landraths von Schwerin in Sensburg bei der am 15. d. M. vorgenommenen Ersatzwahl der Rittergutsbesitzer und Kreisdeputirte Quassows ki auf Kamionken (cönservatip) mit 243 Stimmen zum Mitgliede des Hauses der Abge⸗ ordneten gewählt worden.

Kunst und Wissenschaft.

Seit 60. Tagen sind in dem Babylonischen Saale

des Neuen Musenms zwei Bruchstücke eines Reliefs auf⸗ gestellt, die bei der großen Seltenheit großer Skulpturen des alten Bahyloniens besondere Aufmerksamkeit verdienen. Sie sind ein Geschenk des Herrn Fabrikbesitzers Isaak in Berlin, dem unsere altorientalischen Sammlungen schon den schönen Schrein des Königs Scheschonk verdanken, und stammen dem Stile nach etwa aus dem dritten Jahrtausend v. Chr. Dargestellt war einer der Hauptgötter des Landes, nach den ö Resten ein Wassergott, hinter dessen Thron gleichsam als Diener ein anderer Gott steht. Vor ihn führen wei niedere Götter den König, der einen Palmzweig trägt. Aehnlich war diese Darstellung uns ö aus den kleinen Siegelsteinen des alten Babyloniens bekannt; hier tritt sie zum ersten Mal auf einem größeren Denkmal auf.

Von besonderem . ist es, dieses Relief der baby⸗ lonischen Kunst mit einem jüngeren in unserer Sammlung zu vergleichen, das sich auf dem Urkundensteine des Königs Merodachbaladan aus dem Jahre 701 v. Ehr, findet; bei aller Aehnlichkeit in Aeußerlichkeiten sind sie doch im Stile weit von einander verschieden.