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In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des Reichs- und Staats⸗Anzeigers“ wird eine Bekanntmachung des Königlichen Ober-Bergamts zu Breslau, be— treffend die Feststellung der Bergreviere und die Ueberweisung der Annahme von Muthungen an die Revierbeamten in dem Verwaltungsbezirke des genannten Ober ⸗Bergamts, ver⸗ öffentlicht.
Aichtamtliches.
Deuntsches Reich. Preußen. Berlin, 21. Dezember.
Seine Majestät der Kaiser und König empfingen gestern um 1 Uhr im hiesigen Königlichen Schlosse den Militär⸗Attachs bei der Boischaft in Paris, Major von Schwartzkoppen und den General-Intendanten der Königlichen Schauspiele Grafen Hochberg. Allerhöchstdieselben hörten hierauf verschiedene Vorträge und begaben Sich um 5 Uhr nach Potsdam, um an der Mittagstafel bei dem Garde— Jäger⸗Bataillon theilzunehmen.
Heute hörten Seine Majestät im Neuen Palais um Qn Uhr Vormittags den Vortrag des Chefs des Civilcabinets, Wirklichen Geheimen Raths Dr. von Lucanus und um 11 Uhr die Vorträge des Chefs des Marinecabinets, Contre⸗Admirals Freiherrn von Senden-Bibran und des Geheimen Regierungs⸗ Raths Schunke.
Die vereinigten Ausschüsse des Bundes raths für Handel und Verkehr, für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für Justizwesen traten heute zu einer Sitzung zusammen.
Der Bundesrath hat auf Grund des Reichsgesetzes vom 24. November d. J, betreffend die Anwendung der für die Einfuhr nach Deuitschland vertragsmäßig bestehenden Zoll— befreiungen und Zollermäßigungen gegenüber den nicht meist— begünstigten Staaken (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1043), unterm 26. v. M. sich damit einverstanden erklärt, daß zum Zweck der Ver—⸗ längerung des mit der rumänischen Regierung getroffenen provisorischen Abkommens vom 1. Juli d. J. die vertragsmäßig für die Nummern ga, ba, bs, by, be, c, da, è (Mais) und F (gemalzte Gerste) des deutschen Zolltarifs bestehenden Zoll— sätze den betreffenden rumänischen Erzeugnissen bei der Einfuhr in das deutsche Zollgebiet für die Zeit vom 1. bis einschließlich 31. Dezember d. J. zugestanden werden. Da mit Rücksicht auf den gegenwärtigen Stand der Vertragsverhandlungen mit Rumänien eine nochmalige Verlängerung dieses Zugeständnisses wünschenswerth erscheint, ist der Bundesrath vom Reichskanzler ersucht worden, sich damit einverstanden erklären zu wollen, daß die durch den Beschluß vom 26. v. M. den rumänischen Erzeugnissen eingeräumten Vergünstigungen denselben für die Zeit vom 1. bis einschließlich 31. Januar 1893 weiter gewährt werden.
Das „Conservative Wochenblatt“ bringt einen Artikel über die Militärvorlage, dem wir nachstehende Stellen entnehmen:
Die erste Hauptsache unter den Zielen der Militärvorlage ist die Wiederaufrichtung des alten Grundgedankens des preußischen Militär— wesens, dem wir soviel von unseren kriegerischen Erfolgen in diesem Jahrhundert und von unserem politischen Aufschwung verdanken: der allgemeinen Wehrpflicht. Die neuere Entwickelung ist die, daß andere Staaten und jwar gerade diejenigen. bei denen die Wahrscheinlichkeit, daß wir die Waffen mit ihnen werden kreuzen müssen, am stärksten ist, den von uns erfundenen Gedanken, durch seine glänzenden Erfolge überzeugt, angenommen und bis zur Vollkommenheit ausgebildet baben, während wir ihn in Verfall gerathen lassen. Es handelt sich aber schlechterdings nicht etwa bloß um eine Theorie, uber die man verschiedener Meinung sein kann und deren Durchführung, nach der Behauptung des Abg. Richter, als Selbstzweck gelten solle, sondern es handelt sich, wenn die Wieder⸗ einführung der allgemeinen Wehrpflicht gefordert wird, in erster Linie um die Beseitigung schwerer Mißstände und Ungerechtigkeiten. über die man nicht abweichender Meinung sein kann. Wenn Hundert tausende von Landwehrleuten vor der Aussicht stehen, beim Ausbruch eines Krieges sofort ins Feld rücken und die ersten Schlachten schlagen zu müssen, während ebensoviel junge, wehrfähige Leute daheim bleiben, so haben diese Landwehrleute und ihre Frauen und Kinder ein Recht dazu, ein solches System als hart und unbillig gegen sie zu bezeichnen. So würde man schon urtheilen müssen, wenn nur die Blutfrage, freilich die schwerstwiegende von allen, in Betracht kãme. . auch wirthschaftlich steht für den Landwehrmann, der sich eben ein Geschäft eingerichtet und daraufhin einen Hausstand ge— gründet hat, wenn er jum Frontdienst eingezogen wird, ungleich mehr auf dem Spiele als für den 20 bis , jungen Mann .... Es ist ein Beweis von der unerhörten Unbefangenheit, mit der ein großer Theil der Presse zum Besten von Parteizwecken oder ehrgeizigen versönlichen Speculationen das öffentliche Urtheil irreführt, daß sie bei klarer, so bewandter Sachlage als Volksbelastung erscheinen läßt, was thatsächlich eine Volksentlastung herbeiführen würde. Nicht die verbündeten Regierungen haben hier, wo der Gewinn greifbar dasteht, noch etwas zu beweisen, son dern der Reichs—⸗ tag hat, nachdem die Regierungen ihren Abhilfe— vorschlag eingebracht haben, sich darüber auszuweisen, wie er die Ablehnung einer volksfreundlichen Reform vor den an ihrer Durchführung interessirten Millionen von dreißig- und vierzigjährigen Landwehr- und Land—⸗ sturmleuten sammt ihren Frauen und Kindern verant⸗ worten will Man halte auch wohl fest, daß nur mit der
vollständigen Durchführung der Vorlage die besprochenen ,
beseitigt werden und daß derjenige, der von den Zielen der Vorlage abhandelt, in demselben Maße persönliche Unbilligkeiten und wirth⸗ schaftliche Unzuträglichkeiten — für den einzelnen wie für die Ge— sammtheit — in Kraft erhält ; ö. =
Aber auch unter dem rein militärisch⸗technischen Gesichtspunkt sprechen Gründe für die Vorlage, denen ein starkes Gewicht nicht be— stritten werden kann. Die Vortheile einer möglichst gleichmäßigen Zusammensetzung der Feldarmee, mit der zunächst zu schlagen ist, aus Leuten jüngerer Altersklassen liegen auf der Hand. Die Noth⸗
wendigkeit, zugleich mit Truppenkörpern der Linie und mit For— mationen aus älteren Jahrgängen zu operiren, die naturgemäß
namentlich in Bezug auf Marschfähigkeit und Beweglichkeit in den erften Monaten erheblich zurückstehen, übt einen verderblichen Ein⸗ fluß gerade in den Momenten des Krieges aus, in denen die ersten und vielleicht entscheidenden Schläge fallen, da das Tempo der gemein⸗ samen Bewegung, wie nicht vermieden werden kann, von dem lang⸗ sameren Theil bestimmt wird. Dazu kommt der Mangel an festen Cadres für die im Mobilmachungsfalle zu errichtenden Verbände, der
einen heiklen Punkt unserer Heeresorganisation bildet, da infolge dieser Lücke der eigentliche Kern unserer Feldarmee bei dem Uebergang zum mobilen Zustand durch Abcommandirungen in beträchtlichem Maße geschwächt und seine Formationen innerlich zerrüttet werden müssen. Diese Unzuträglichkeit würde durch die Bildung der geforderten vierten Bataillone beseitigt ;
Wenn schwerwiegende Mängel unserer militärischen Rüstung in einer Zeit wie der gegenwärtigen erkannt werden und in voller Ein⸗ müthigkeit von den Bundesregierungen auf Abhilfe gedrungen wird, wenn weiter die Art der Reform sich mit dem bewährten Grund⸗ gedanken unseres Wehrsystems deckt und wirthschaftliche wie persön⸗ liche Härten und Unzuträglichkeiten beseitigt, so wird von der Volks— vertretung gefordert werden müssen, daß sie einer Reform⸗Action, für deren ernste Dringlichkeit ein so gewichtiges Zeugniß vorliegt und deren wohlthätige Seiten so unbestreitbar sind, sich nicht versagt. Auf der anderen Seite muß auch von der Staatsleitung erwartet werden — und wir haben keinen Grund, an der Erfüllung dieser Erwartung zu zweifeln —, daß sie mit voller Energie für die Durchsetzung ihrer Forderungen eintritt. Wir wollen hier ganz außer Betracht lassen, daß nichts so geeignet ist, den Irrungen und Wirrungen der gegen— wärtigen Lage im Innern ein Ende zu machen, wie ein Beweis voller Festigkeit der Staatsregierung, mit der sie zu einer bedeutsamen nationalen Aufgabe steht und alles Pactiren, welches die Güte der vertretenen Sache oder das Bild ihrer festen Haltung beeinträchtigen könnte, von der Hand weist. Aber man wird sich sicherlich bewußt sein, welche Rückwirkung die Ablehnung der Militärvorlage oder eine irgend erhebliche Absuchwächung ihrer Forderungen, nach⸗ dem sie einmal eingebracht und wie geschehen begründet ist, auf unsere Machtstellung nach außen und damit zugleich auf die Aussichten, den Frieden zu erhalten, ausüben müßte. Hier kann es einen Weg, der nach rückwärts führt, nicht geben. Und so wäre es denn auch der Gipfelpunkt der Illusion, wenn man an dieser oder jener Stelle sich von der Vorstellung in seinem Verhalten beeinflussen lassen wollte, daß es sich hier um eine Vorlage handelt, bei der nur ein jeweiliges Ministerium oder eine einzelne Person engagirt ist, und nicht vielmehr, vom Fundament bis zur Spitze, das ganze Gebäude der obrigkeitlichen Autorttät und alle Stellen, die unter der Verantwortung für unsere nationale Wohlfahrt und die Zukunft Deutschlands und unter der aus dieser Verantwortung sich ergebenden Pflicht stehen.
Die Frage der finanziellen Opfer treten gegenüber dem Gewicht der dargelegten Erwägungen durchaus in zweite Linie. Wenn Herr Dr. Lieber erklärte, daß man nicht glauben möge, daß er und seine Freunde leichten Herzens über alle diejenigen Bedenken hinweggingen, welche die Wehrhaftigkeit, die Sicherheit, die Würde und die Größe unseres Vaterlandes betreffen“, wenn er andererseits aber darauf hin⸗ wies, daß wir uns nicht zu einer „Armee von Bettlern“ machen dürften, so wird er den Beweis zu führen haben, daß die Bewilligung der geforderten Kosten thatsächlich mit der Wirkung verbunden sein würde, uns wirthschaftlich zu ruiniren. Er würde anderenfalls einer ablehnenden Haltung des Centrums selbst mit den oben wiedergegebenen starken Worten das Urtheil gesprochen haben.
Das Königlich preußische Landes-Dekonomiecollegium widmet dem am 17. d. M. verstorbenen Wirklichen Geheimen Rath, Unter⸗Staatssecretär Excellen;z Dr. von Marcard folgenden Nachruf:
„Das Landes-Oekonomiecollegium hat seinen hochverehrten langjährigen Vorsitzenden verloren.
Der Verstorbene hat es verstanden, während seiner Ge— schäftsleitung das Ansehen des Collegiums, dessen Bedeutung wesentlich zu heben und sich die wärmste Verehrung aller Mit— glieder des Collegiums zu erwerben.
Das Landes⸗Oekonomiecollegium betrauert tief den schwer u ersetzenden Verlust, und wird seinem aus dem Leben ge— schiedenen Vorsitzenden stets ein dankbares Andenken bewahren.
Die unermüdliche Pflichttreue, die sorgsame Gewissen— haftigkeit, mit welcher der Dahingeschiedene stets die Geschäfte des Collegiums leitete, der klare Blick für die Bedürfnisse der Landwirthschaft, die besondere Liebenswürdigkeit im dienst— lichen wie im außerdienstlichen Verkehr wird den Mitgliedern des Collegiums unvergessen bleiben.
Von schwerem körperlichen Leiden schon tief gebeugt und ermattet, hat der Verstorbene, getreu bis in den Tod, seines Amtes gewaltet und noch an den letzten Verhandlungen des Collegiums trotz seiner großen körperlichen Schwäche mit leb⸗ haftem Interesse, mit ungeschwächter geistiger Frische, mit heiterer Liebenswürdigkeit theilgenommen. Diese Tage werden den Mitgliedern des Collegiums in besonders lebhafter dank⸗ barer Erinnerung verbleiben, oft werden dieselben noch Anlaß finden, den von dem Verstorbenen ausgegangenen Anregungen eine weitere Ausgestaltung zu geben. Mit allen Mitgliedern des Collegiums weiß ich mich einverstanden, wenn in aller Namen dem theuren Entschlafenen ich diesen Nachruf mit der Versicherung widme, daß des Dahingeschiedenen Bei⸗ spiel treuer Pflichterfüllung und Hingabe an den Beruf dem Landes⸗Oekonomiecollegium stets unvergeßlich bleiben wird. Der stell vertretende Vorsitzende des Landes⸗Oekonomiecollegiums.
Freiherr von Hammerstein, Landes⸗Director.“
Der Ober⸗Hofmeister Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Freiherr von Mirbach ist heute vom Urlaub zurück— gekehrt.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Ministerial⸗Rath Geiger ist nach München abgereist.
Der Regierungs⸗Rath Höchstaedt zu Magdeburg ist an die Königliche Regierung zu Wiesbaden und der Regierungs— Rath Schulte zu Stade an die Königliche Regierung zu Breslau versetzt worden. . .
Der neuernannte Regierungs⸗-Assessor Dr. jur. Köhler aus Danzig ist bis auf weiteres dem Landrath des Landkreises Hanau, Regierungsbezirk Cassel, und der neuernannte Regierungs⸗ Assessor Thilo aus Oppeln bis auf weiteres dem Landrath des Kreises Tilsit, Regierungsbezirk Gumbinnen, zur Hilfe⸗ leistung zugetheilt worden.
Baden. Seine Königliche Hoheit der Kronprinz von Schweden und Norwegen ist gestern Nachmittag in Karlsruhe ein⸗ etroffen. In Darmstadt stattete der Kronprinz auf der Eren Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog von Hessen einen Besuch ab.
El saß⸗Lothringen.
Dem Bundesrath ist, wie die „Straßb. Corresp.“ meldet, von der elsaß⸗lothringischen Regierung ein Gesetzentwurf vorgelegt worden, der bestlmmt ist, die Grundlage für eine Einschätzung der Gewerbe und demnächst, nach Durch⸗
führung dieser Maßregel, für eine Neuregelung der Gewerbebestenerung zu bieten. Zur Zeit gilt in Elsaß— Lothringen noch das französische Patenisteuergesetz vom 25. April 1844, das in einzelnen seiner Bestimmungen durch mehrere spätere. Gesetze Abänderungen und Ergänzungen erfahren hat, aber demnächst unter der deutschen Verwaltung unverändert beibehalten worden ist.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Erzherzog Franz Ferdinand ist gestern an Bord des Rammkreuzers „Kaiserin Elisabeth“ in Port Said eingetroffen. —
Das österreichische Herrenhaus genehmigte gestern die Vorlagen über das Rekrutencontingent, das zweimonatige Budgetprovisorium und den Gesetzentwurf wegen provi—⸗ sorischer Regelung der Handelsbeziehungen mit Spanien.
Dem Herrenhause ist eine Petition der Journalisten, des Schriftstellervereins Concordia, der Genossenschaft bildender Künste von Wien sowie verschiedener Tonkünstler und Musik— . wegen Schutzes des Urheberrechts zugegangen.
Im ungarischen Unterhause wurde gestern die Generaldebatte über das Budget zu Ende geführt. Der Minister-Präsident Dr. Wekerle erklärte im Verlaufe der Sitzung, infolge der gebesserten Creditverhältnisse habe die Valutaregulirung begonnen werden können. Wohl bleibe noch viel zu thun übrig., da vorerst nur die Richtung vorgezeichnet und der Entschluß documentirt sei, die Valutaregelung durchzuführen; auch sei der Beweis er⸗ bracht, daß genügende materielle und geistige Kräfte vorhanden seien und die Zeit nicht allzufern sei, wo die Rege— lung werde durchgeführt werden. Bezüglich der kirchen⸗ politischen Fragen strebe die Regierung die Herbeiführung des confessionellen Friedens, ohne die confessionellen Dogmen zu beeinträchtigen, an und wünsche die Befestigung der socialen Stellung der Frauen. Gegenüber den Be⸗ schlüssen der Bischofsconferenz könne er die Stellung der Re⸗ gierung nicht präcisiren, bevor er nicht amtlich Kenntniß von derjenigen des Episcopats erhalten habe. Durch Ein⸗ führung der Civilehe sollten die bürgerlichen Beziehungen nach einheitlichem staatlichen Gesichtspunkte ohne Abänderung der kirchlichen Glaubenssätze geregelt werden. Als stabile Grund⸗ sätze der Regierungspolitik bezeichnete der Minister⸗-Präsident ferner die politische und bürgerliche Rechtsgleichheit nicht nur zwischen den Bürgern sondern auch zwischen den Confessionen, die Aufrechterhaltung des ungarischen Charakters des Staats ohne Beeinträchtigung der . heit der einzelnen Nationalitäten sowie die Pflege eines herz— lichen Einvernehmens zwischen dem König und der Nation. In keinem Zeitraum sei dieses Einvernehmen ein so herzliches, von Mißverständnissen so freies gewesen als in den letzten fünfundzwanzig Jahren. Die Rede des Minister-Präsidenter
wurde mit begeisterten Eljenrufen aufgenommen. Das Haus
nahm das Budget als Grundlage für die Specialdebatte mit überwiegender Mehrheit an und vertagte sich alsdann bis zum 10. Januar.
Frankreich.
Dem Journal „Paris“ zufolge hielten gestern Mittag der Minister⸗Präsident Ribot, der Justiz-Minister Bourgeois, der General-Procurator sowie der mit der gerichtlichen Untersuchung der Panama-⸗Angelegenheit beauftragte Unter⸗ uchungsrichter nach dem Ministerrath eine Conferenz sab, in der infolge der Auffindung von wichtigen Documenten, namentlich von Checksouchen, beschlossen wurde, in den Kammern die Genehmigung zur Verfolgung mehrerer Parla— mentarier nachzusuchen. Die betreffenden Anträge gingen sofort den Präsidenten der Kammern zu. Im Senat erklärte, wie W. T. B.“ meldet, bei Eröffnung der Sitzung der Präsident Leroyer, daß ein bei ihm eingegangener Antrag die Ermächtigung zur gerichtlichen Verfolgung der Se— natoren Léon Rénault, Albert Grsvy, Béral, Thésvenet und Devses verlange. Der Senat unterbrach sofort die Sitzung und zog sich in die Bureaux zurück, um den Antrag zu prüfen. In der Deputirten kammer machte der Präfident Floguet die Mittheilung, daß ihm ein Antrag zugegangen sei, worin die Ermächtigung zur Einlei⸗ tung der gerichtlichen Verfolgung gegen die Deputirten Roupier, Jules Roche, Aréne, Proust und Dugus de la Fauconnerie verlangt werde. Auch die Kammer be⸗ schloß, die Sitzung sofort zu unterbrechen, um den Antrag in den Bureaux zu prüfen. ö
In dem Schreiben des General-Procurators heißt es: Im Laufe der kürzlich vorgenommenen Untersuchung in der
Panama⸗Angelegenheit habe der Untersuchungsrichler Check⸗
souchen mit Anfangsbuchstaben von Namen beschlagnahmt, die anscheinend auf mehrere Parlamentsmitglieder hindeuteten. Ferner seien vor der parlamentarischen Untersuchungscommission Aussagen über die Betheiligung dieser Deputirten und Seng⸗ toren an der Panama⸗Emission vom Jahre 1883 gemacht worden. Unter diesen Umständen sei es nothwendig, daß die Parlamentarier, um die es sich handle, vor den Unter⸗ suchungsrichter citirt werden könnten, um diesem Er⸗ klaͤrungen in den gesetzlich vorgeschriebenen Formen abzugeben.
Der Senat wird erst heute den Bericht seiner Commission über diese Angelegenheit entgegennehmen. Die Deputirten⸗ kammer nahm noch gestern Abend ihre Sitzung wieder auf, da ihre Commission den Bericht bereits festgestellt hatte. Die Tribünen waren überfüllt, und es herrschte bei Beginn der Sitzung eine große Erregung. Der Deputirte Milterand verlas den Bericht der Commission, der mit der Ermächtigung zur gerichtlichen Verfolgung der betreffenden Senatoren und Deputirten schließt. Der frühere Finanz⸗Minister Rou vier erklärte darauf, er glaube unter den obwaltenden Umständen ein Geheimniß reisgeben zu müssen, das jeder Minister unter gewöhnlichen Umständen bewahren werde. Als er sein Portefeuille übernommen habe, habe er keine genügenden geheimen Fonds zur Vertheidigung der Republik vorgefunden; er habe daher seine Zuflucht zu seinen persönlichen Freunden nehmen müssen; denn um zu regieren, müsse man Geld haben. (Murren. Das, was er gethan habe, hätten alle Politiker gethan. Zwischenrufe] Er habe
dies nur vor der Üntersuchungscommission sagen wollen, allein
man habe ihn genöthigt, es vor der Kammer bekannt zu geben; er . ö. . be bis Gerichtsbehörde hintreten; er habe nichts zu fürchten, denn er habe niemals einen eln e, Nutzen weder direct noch indirect von der Gesellschaft gehaht, deren Interessen er niemals vertheidigt habe. Der Bericht
Millernnd's wurde darauf an genem men — Der De⸗ putirte Dérouléde wünschte sodann die Regierung zu int er⸗ pelliren über die Maßregeln, die seitens des Chrenrathes der Ehrenlegion gegen Cornelius Herz zu treffen seien.
Der Miister⸗Präsident Ribot erklärte fich mit der sofortigen Besprechung der Angelegenheit cinverstanden. Dérouls' de
betonte daß man Herz unmöglich die Abzeichen der Ehren⸗ legion lassen FLönne. Herz sei die Hauptpersönlichkeit im Staat gewesen und habe die Fäden der Regierung in seiner Hand gehalten. (Lebhafte Protestrufe, Lärm auf der Linken; Beifall rechts) Der Redner ging sodann zu Angriffen auf Clämenceau über, dessen Beziehungen zu Herz wohlbekannt seien. (Erneuter Widerspruch auf der Linken) Herz habe den Bonulangisten Geld angeboten; diese hätten ihn jedoch abgewiesen. Bei den fortgesetzten Ausfällen Déroulsde s gegen Cläömenceau, gegen die der KammerPräsident Floquet vergeblich Einspruch erhob, steigerte sich der Lärm besonders auf der äußersten Linken. Eine Stimme begehrte die Auf⸗ lösung der Lammer. Déroulsde fragte, aus welchem Grunde Herz dem Journal Clsmenceau's „Justice“ 200 000 Fr. über⸗ wiesen habe. Clémenceau erwiderte, der Angriff sei leicht. Er habe keine geschriebenen Beweise für seine Unschuld, allein sein ganzes Leben als Journalist habe ihm die Achtung seiner Freunde verschafft. Er werde nicht auf die Be⸗ leidigungen Därouléède's, die einer schamlosen Ver— leumdung gleichkämen, antworten, aber er werde ihn persönlich dafür zur Rechenschaft ziehen. Clemenceau rechtfertigte alsdann Herz, der Frankreich als Soldat und als Arzt gedient habe. Boulanger habe keinen ergebeneren Freund gehabt als Herz. Die Boulangisten hätten Zwietracht ins Land geschleudert, indem sie die Deputirten verleumdeten. Clmenceau gab sodann zu, daß das Journal „Justice“ von einer Anzahl Kapitalisten commanditirt sei, aber die Angelegen⸗ heiten von Cornelius Herz habe er niemals vertheidigt. Er schloß damit, die schwerste Beleidigung sei der Vor— wurf, daß er das Vaterland verrathen habe, indem er fremden Einfluß auf dasselbe herbeigeführt habe. Déroulede habe gelogen. (Wiederholter Beifall und Zurufe auf der äußersten Linken.) — Mille voye vertheidigte das Andenken Boulanger's und griff Clämenceau auf das heftigste an. Er beschuldigte ihn, mehrere Millionen erhalten und die Preisgebung Egyptens angerathen zu haben. (Lautes Murren, Protestrufe Clémenceau's.) Millevoye fuhr fort, Herz sei dabei der ausländische Com⸗ plice Clémenceaus gewesen. Der Justiz-Minister Bour⸗ geois erklärte, er werde Herz vor das Ehrengericht der Ehrenlegion ftellen lassen. (Beifall. Dérouléde zog darauf die von ihm beantragte Tagesordnung zurück, da er von der Erklärung der Regierung befriedigt sei. Damit war der Zwischenfall erledigt, und die Sitzung wurde aufgehoben.
In den Wan elgängen der Kammer herrschte während und nach der Sitzung lebhafte Bewegung. Vielfach wurde die Meinung geäußert, daß der General-Procurator neben den Checksouchen über ernste Beweismittel verfügen müsse. Auch die Abendbörse verlief unter starker Betheiligung in sehr er— regter Stimmung.
Durch einen anonymen Brief erhielt gestern die Panam a— Untersuchungscommission Kenntniß davon, daß Thierrse die Talons der bekannten Checks habe photographiren lassen. Der Polizei⸗Commissar habe alsdann die Photographien be⸗
schlagnahmt; später habe Thierrée gestanden, daß er die
Talons nicht vernichtet, sondern bei einem Notar hinterlegt habe, bei dem sie auch wirklich vorgefunden wurden. Im Auftrage der Commission wurden heute Vormittag weitere Papiere in dem Bankhause Propper mit Beschlag be— legt. Der Administrator der Panama⸗Gesellschaft Eottu ist nach Paris zurückgekehrt und hat sich gestern Vormittag den Behörden gestellt.
Italien.
Die Deputirtenkammer berieth gestern über den Gesetz⸗ entwurf wegen Verlängerung des Privilegiums der Emissionsbanken auf drei Monate. Der Deputirte Colajanni läußerste Linke) beantragte, nach dem Bericht des W. T. B.“, zugleich im Namen von 10 Parteigenossen eine Verlängerung des Privilegiums um sechs anstatt um drei Monate sowie die Einsetzung einer parlamentarischen anstatt einer Regierungs⸗Enquéte. Colajanni wies auf die Gerüchte hin, nach denen falsche Billets eines Emissions-Instituts im Umlauf wären und die Portefeuilles von Cmissions— banken Wechsel von geringem Werthe enthielten, deren Acceptirung nur infolge von Pression erfolgt sei. Er behauptete, daß sich bei der letzten Revision der Banca Romana schwere Unregelmäßigkeiten ergeben hätten, daß unter anderem für vier Millionen keine Garantieverbindlichkeit bestehe, daß neun Millionen Noten existirten, deren Creirung nicht aus den Protokollen der Bank hervorgehe und daß der Noten— umlauf einen Mehrbetrag von 25 Millionen aufweise. Der ehemalige Minister Miceli, der seiner Zeit die letzte Revision der Bank angeordnet hatte, erwiderte, Colajanni spreche von Thatsachen, die er nicht controlirt habe, es existire kein Umlaufsüͤberschuß von 25 Millionen, auch be⸗ ständen keine andern tadelnswerthen Zustände; es sei nicht gestattet, in der Kammer zu behaupten, daß die Regierung unregelmäßige Zustände dulde. Unregelmäßigkeiten seien aller— dings vorgefünden worden, aber keine ernsten Unzukömmlichkeiten; die vorgefundenen Unregelmäßigkeiten habe die Regierung als— bald abgestellt. Der Minister-⸗Präsident Giolitti führte aus, die Revision, um die es sich handle, sei vor drei Jahren er— folgt; damals seien alle nothwendigen Vorkehrungen getroffen worden. Es habe den Anschein, als ob die Strömung der Verleumdung, die in einem anderen Lande begonnen habe, hier ihre Fortsetzung finden sollte. (Beifall Er. (Giolittih werde auch nicht einen Augenblick an seinem Platze bleiben, wenn die Kammer nicht die parlamentarische Enquste verwerfe. Die Deputirten Erispi und Rudini erklaͤrten unter dem Bei— fall der Kammer ihre Zustimmung zu der Erklärung Miceli's und sprachen sich für Ablehnung der parlamentarischen Enquete us. Ru dini erfuchte Giolitti, nicht die Vertrauens— 2 zu stellen, um die Einmüthigkeit zu sichern und zu be⸗ weisen, daß das Parlament ruhig verhandeln könne. Giolitti sRrwiderte, es sei für das Inland wie für das Ausland von
BVichtigkeit, zu wissen, daß gewisse Beschuldigungen in der Jammer nur geringfügigen Anklang fänden. Der Regierungs⸗ entwurf wurde sodann in geheimer Abstimmung mit 316 gegen
Stimmen genehmigt. Das Resultat der AÄbstimmung wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Schweiz.
. Ständerath hat nunmehr laut Meldung des „W. T. B.“ das bereits vom Nationalrath angenommene,
zwischen den Uferftacken des Bodensees abgeschlossene inter⸗ nationale Ueberein kommen über eine Schiffahrts— und Hafenordaung auf dem Bodensee genehmigt.
Serbien.
Wie W. T. B.“ aus Belgrad meldet, verlautet daselbst, das Ministerium habe beschlossen, gegen den Staatsrath wegen Ueberschrertung seines Wirkungskreises mit allen gesetz⸗ lichen Mitteln gorzugehen und eventuell zu dessen ** hebung zu schreiten.
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Bulgarien.
Nach einer Meldung des W. T. B.“ aus Sofia dürfte der Präsident der Sobranje Slavkow zum Justiz⸗Minister ernannt werden an Stelle des definitiv zum Finanz⸗Minister ernannten bisherigen Justiz-Minifters Salabaschew.
Der „Köln. Itg.“ entnehmen wir in Folgendem den Wortlaut der Vorlage wegen Abänderung der Ver⸗ fassung. Die Abänderungen sind dabei durch den Druck k bezw. folgt die alte Fassung der neuen in Klammern. .
F§ 6. Der Fürst von Bulgarien und der Thronfolger führen den Titel Königliche Hoheit“. (Der Fürft führt den Titel Durchlaucht“ und der Thronfolger den Titel Sijatelstmo“ — Erlaucht.) 8 38. Der Fürst von Bulgarien (und seine Nachkommen) darf sich zu keinem anderen Glauben als dem orthodoxen bekennen. Nur der erste Fürst kann, wenn er einem anderen chriftlichen Bekenntniß angehört, ebenso wie der erste Thronfolger dasselbe bewahren. S 58. Adelstitel und andere Auszeichnungen (sowie Orden) darf es im Fürstenthum Bulgarien nicht geben. Sz 59. Der Fürst hat das Recht, Orden zu verleihen. Die Stiftung der Orden erfolgt durch be⸗ sonderes Gesetz (für wirkliche Auszeichnung im Kriege und nur an Militärpersonen ein Zeichen). Zz 86. Die ordentliche Sobranje besteht aus Abgeordneten, welche unmittelbar vom Volke zu wählen sind, und zwar entfällt ein Abgeordneter auf 20 000 (10000) Landesbewohner beiderlei Geschlechts. Die Abgeordneten sind ge— wählt auf die Dauer von fünf Jahren (drei Jahren). 5 114. Die Beschlußfähigkeit der Sobranje ist vorhanden, wenn an der Sitzung theilnehmen nicht weniger als ein Drittel aller Abgeordneten (mehr als die Hälfte aller Abgeordneten). § 115. Die Stimmenabgabe in der Sobranje ist persönlich, öffentlich und mündlich. Die Stimmen—⸗ abgabe kann auch geheim sein, wenn nicht weniger als 10 Mit— glieder es verlangen und die Sobranje ihren Antrag an— nimmt. § 125. Wenn wichtige Hindernisse gegen die Einberufung der Sobranje vorliegen, so kann der Fürst auf Vorschlag des Ministerrathes eine Anleihe in der Höhe von 3 000 0090 Franken (10 0000 Franken) gestatten unter der Bedingung, daß dieselbe von der nächsten Sobranje genehmigt werde. z 126. Der Fürst kann für unvorhergesehene Bedürfnisse nach Maßgabe des § 125 die Ausgabe von 1 000 090 Franken (300 000 Franken) aus der Staats kasse e s., § 139. Alle Abgeordneten erhalten Tage⸗ gelder, Reisekosten dagegen nur diejenigen, welche nicht in dem Orte leben, wo die Sobranje tagt. (Die Mitglieder der Sobranje, welche nicht in dem Orte wohnen, wo die Sebranje tagt, erhalten Tage— gelder sowie die Kosten für Hin« und Herreise. Die Höhe dieser Kosten wird durch ein besonderes Gesetz bestimmt.) S 141. Der Fürst beruft die Große Sobranje, 2) sobald der im F 7 der Ver— fassung vorgesehene Fall ein tritt. (§ 7Telautet: Ohne Zustimmung der Großen Sobranje kann der Fürst nicht gleichzeitig Regent eines andern Landes sein.) 5§ 144. Die Große Sobranje besteht aus unmittelbar vom Volk zu wählenden Abgeordneten. Die Zahl dieser Abgeordneten ist gleich der doppelten Zahl der Mitglieder der ordentlichen Sobranje, indem zwei Abgeordnete je auf 20000 (10000) Landesbewohner beiderlei Geschlechts entfallen. S 161. Die Zahl der Ministerien wird durch ein besonderes Gesetz bestimmt, welches durch mindestens zwei Drittel der Stimmen der ordentlichen Sobranje angenommen ist. (Es giebt sechs Ministerien: 1) des Innern und des Cultus, 2) des Aeußern, 3) des Unterrichts, 4) der Finanzen, 5) der Justiz, 6) des Krieges.)
Dänemark.
(FE) In den ersten sieben Monaten des laufenden Finanzjahres haben die Zölle, die Branntwein-, Bier⸗, Jucker iben⸗ 2c. Steuern, sowie die Zuschläge zu den Zöllen (Kriegssteuer) nach Abzug aller Rückerstattungen eine Ein— nahme von 290 157 142 Kronen gegen 21 783 352 Kronen in der gleichen Zeit des vorigen Finanzjahres ergeben. Die Ein— fuhrzölle ergaben gegen das Vorjahr eine Mindereinnahme von 3123919 Kronen und die Kriegssteuer eine solche von 1089818 Kronen; dagegen betrug die Einnahme aus der neuen Biersteuer 2 307 570 Kronen.
Amerika.
Das gemeinsame Comits des Congresses der Ver— einigten Staaten ernannte, wie ‚W. T. B.“ berichtet, ein Subcomits aus Mitgliedern des Senats und der Repräsen⸗ tantenkammer, um eine Vorlage über die Aufhebung ö. Einwanderung vorzubereiten. Das Comité dürfte zu dem Beschlusse gelangen, daß es nothwendig sei, Maßregeln zu ergreifen, um eine Einschleppung der Cholera zu verhüten. — Die New⸗YHorker Handelskammer hat sich zu Gunsten der Annahme eines nationalen Quarantäne-Gesetzes ausgesprochen.
Eine Depesche des „New⸗York-Herald“ aus Valparaiso meldet, es herrsche große Aufregung in Santiago, wo das Kriegsgericht gegenwärtig mit der Aburtheilung ehe— maliger, an der letzten Militärverschwörung betheiligt gewesener Offiziere beschäftigt sei. Man glaube, vi mehrere von ihnen zum Tode, andere zur Deportation verurtheilt werden würden.
Asien.
Ein Telegramm der „Times“ vom 9. d. M. aus Yokohama, eingegangen vis Victoria⸗Columbia am 20. d. M, berichtet, die Eröffnung des japanischen Parlaments sei am 29. November durch den Kaiser erfolgt. Der Finanz— Minister habe angekündigt, die Regierung werde 16 Millionen Dollars zur Verstärkung der Marine verlangen. Der Betrag werde auf 17 Jahre vertheilt werden. ;
Parlamentarische Nachrichten.
Dem Hause der Abgeordneten ist folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend den Vorsitz im Kirchenvorstande der katho⸗ lischen Kirchengemeinden in dem Geltungsbereiche des rheinischen Rechts, zugegangen: =
Artikel 1. In dem Geltungsbereiche des rheinischen Rechts geht der Vorsitz im Kirchenporstande der katholischen Pfarrgemeinden auf den ordnungsmäßig bestellten Pfarrer oder Pfarrverweser, im Kirchen“ vorstande der Filial⸗ Kapellen⸗ 2c. Gemeinden auf den für dieselben ordnungsmäßig bestellten Pfarrgeistlichen über. Die entgegenstehenden Bestimmungen werden aufgehoben.
Artikel 2. Der Minister der geistlichen Angelegenheiten ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt.
Kunst und Wifssenschaft.
Wie der ‚Staats⸗Anz. f. Württemberg“ berichtet, wurde in den letzten Wochen in Murrhardt das hart an die Stadt an⸗ stoßende Ramerlager unter Anleitung des Reichs- Limes⸗Gom mi ssars Professors Hettner aus Trier in seinen Grundzügen auf⸗ gedeckt. Es bildet, auf einer wenig geneigten Flãche liegend, wie meist diese Lager, ein dem Quadrat ziemlich nahe kommendes Rechteck mit abgerundeten Ecken. Ven den nur wenig nach außen vor⸗ springenden viereckigen Thorthürmen ließ fich die größere Zahl nachweisen. An der dem Limes zu gelegenen Angriffsfront and man, nach innen gewendet, je zwischen dem Thorthurm der Porta Praetoria und der Ecke des Lagers, eine größere thurmartige Unterlage; man hat darin wohl einen Unterbau für Schleudermaschinen zu sehen. Weiter innen scheinen die Mauern rings ve einer Wall-= straße begleitet gewesen zu sein. Das Prätorium 'in der Mitte hatte eine beträchtliche Ausdehnung in der Länge. Auf diefem Raum.; auf welchem früber schon zwei Inschriftsteine gefunden worden find, hat man auch jetzt einige Funde gemacht, darunter einen nicht sehr großen weiblichen Kopf, den der Lorbeer schmückt; möglicherweise ift es Tie Darstellung einer Juno, wenn nicht einer Kaiferin! Unter den ver schiedenartigen Gefäßresten hat sich wenigstens einer von terra sicil- lata mit Stempel gefunden. .
. — Zur Erlangung von Entwürfen für die Erbauung einer katholischen Pfarrkirche in Essegg (Slavonien) laden wie das . Centr. Bl. d. Bauv. berichtet, der dortige Kirchenbau⸗ Ausschuß die Architekten des In- und Auslandes zum Wettbewerbe ein. Die Kirche soll 3009 Personen fassen und nicht mehr als 400 900 Gulden 5. W. kosten. Der Stil ist freigestellt, doch foll im Leußeren gemischter Ziegel- und Werksteinbau zur glnwendung konnen Für die besten Entwürfe sind drei Preise, zu 1500, 009 und s09 Gulden, ausgesetzt; Ankauf weiterer Entwürfe zu je 500 Gulden hleiht vorbehalten. Die Pläne sind bis zum 31. März 1853 an den Kirchen bau⸗Ausschuß in Essegg (Oberstadt) einzureichen, von dem auch die Wettbewerbs-Unterlagen zu beziehen sind.
Theater und Mufik.
Im Königlichen Opernhause geht am Montag „Orpheus und Eurydike' von Gluck mit den Damen Leisinger, Götze und Weitz in Scene. . j . Der mit dem morgigen Tage im Königlichen Schauspiel— hause (beginnende Schiller⸗CKyklus bringt als Erstauffũhrung Die Räuber? in der schon bekannten Befetzng. Am Freitag folgt Kabale und Liebe“ mit folgender Rollenvertheilung: bre bent: Herr Klein, Ferdinand: Herr Matkowsky, Hof⸗Marschall: Herr Vollmer, Wurm; Herr Kahle, Miller: Herr Oberländer, Kammer— diener: Herr Grube, Lady Milford: Fräulein Poppe, Luise: Fräulein Läzär. Am Sonntag wird „Fiesco“ und am Montag „Don Farlos“ gegeben.
Im Berliner Theater beginnt. morgen die Abendvorstellung ausnahmsweise um 795 Uhr; zur Aufführung gelangt neueinstudirt und in theilweise neuer Besetzung das Lustspiel ‚Goldfische “. Am Freitag um 7 Uhr geht „Dora“ mit Agnes Sorma, Ludwig Barnay u. s. w. in Scene. Am Sonnabend bleibt das Theater geschlossen Der Billetverkauf für die an den Weihnachtsfeiertagen stattfindenden Nach— mittags, und Abendvorstellungen findet schon jetzt täglich an der Vor— mittagskasse des Theaters statt. ö
Die im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater morgen zur ersten Aufführung kommende Operette Der Millionenonkel“ von F. Zell und Rich. Genée, Musik von Adolf Müller junior. gelangt an den Weihnachtsfeiertagen zur Wiederholung. Der Verkauf der Billets für diese Vorstellungen ist bereits an der Theaterkasse eröffnet.
An den Nachmittagen der beiden Weihnachtsfeiertage sowie am Dienstag finden im Residenz⸗Theater volksthümliche Aufm führungen von „‚Musotte“ zu halben Preisen (erstes Parquet 2 , zweites Parquet und erster Rang 1 M 50, zweiter Rang 75 4 und 1 * statt. . ö
Wegen der Vorbereitung für die nächste Neuheit und die Weihnachts Vorstellung, die Bauernposse „Der Nothhelfer“, bleibt das Thomas-Thegter am Donnerstag, Freitag und Sonnabend geschlossen. Heute findet die letzte Abendvorstellung des „Herrgott⸗ schnitzer von Ammergau“ statt; dieses Stück wird am ersten Feier— tag Nachmittags wiederholt, während am zweiten Feiertag Nach⸗ mittags „Almenrausch und Edelweiß“ gegeben wird.
Im VI. Philharmonischen Concert am 9. Januar, dem ersten des II. Cyelus, tritt Frau Teresa d'AlbertCarreßo als Solistin auf; sie wird ein neues Klavier-Concert von d'Albert zum Vortrag bringen.
Am 6. Vortragsabend der Freien musikalischen Vereini⸗ gung, welcher am 29. Dezember im großen Saale des Architekten hauses stattfindet, werden Lieder von Rudolf Buck, Franz Neumann, Wilhelm Handwerg, Bruno Wandelt, Emilie von Cölln, Gustav Schaper, Hans Schmidt und Paul Umlauft, Klavierstücke von Otto Oberholzer, Schwedische Tänze für Violine und Klavier von Max Bruch und ein Quintett für Klavier, Violine, Viola, Violoncell und Contrabaß von Moritz Scharf zum Vortrage gelangen Die Mit- wirkenden sind: Fräukein Emilie von Cölln aus Halle, Frãulein Rosa Paghelli, Fräulein Anna Trippenbach sowie die Herren Ludwig Hirschberg, Edmund Holtzheuer, Otto Oberholtzer, Philipp Roth, Josef Clam, Emil Severin und Bruno Wandelt.
Mannigfaltiges.
Der dem Gedächtniß Ihrer hochseligen Majestät der Kaiserin Augu ta gewidmete Saal im Hohenzollern⸗Museum hat, wie die N. A. Z. berichtet, zwei interessante Zugänge erhalten, welche die vor einigen Jahren verstorbene Gräfin Hacke betreffen, die länger als fünfzig Jahre als Hof- und Palastdame dem Dienste der Kaiserin Augusta angehörte. Der eine Gegenstand ist ein Fächer von Ahorn⸗ holz in grauer Farbe, dessen sich die Gräfin Hacke am Abend ihres enz ah; Dienstjubiläums in der Theegesellschaft bei den Majestäten im Palais Unter den Linden bediente, und der zur Erinnerung an diese Feier von allen anwesenden Gästen mit eigen⸗ händigen k versehen wurde. Der aus fünfzehn Stäbchen bestehende Fächer trägt auf dem ersten von ihnen die Unterschrift des , Kaisers Wilhelm J., dann die Einzeichnung der Großherzogin von Baden mit ihrem Vornamen Luise“; ferner folgen die Namen des Grafen Pückler und Grafen Perponcher, der damaligen Ober⸗Hof⸗ und Hausmarschälle, des General⸗ Adjutanten Grafen Lehndorff; hieran reihen sich die Namen des Ge⸗ folges der Großherzogin von Baden, der Flüägel⸗Adjutanten vom Dienst des Kaisers, sowie der Hofdamen und der Kammerherren Ihrer Majestät. Der zweite Zugang besteht in einem lebensgroßen Oel⸗ bild (Brustbild) der Gräfin Hacke in jugendlichem Alter. Das Bildniß, von Begas in den dreißiger Jahren geschaffen, umgieht ein breiter, reichverzierter Rahmen. Beide Gegenstände i ein Geschenk des Fräuleins Anna Ganser in Düsseldorf, der langjährigen Begleiterin und Pflegerin der Gräfin, welche sie von der letzteren geerbt kan
Der Unter-Stagtssecretär im Ministerium für Landwirthschaft Ac. Wirkliche Geheime Rath Dr. von Marcard ist am Dienstag Nach⸗ mittag dom Trauerhaus in der Derfflingerstraße aus zur letzten Ruhe bestattet worden. Wie der Nat.⸗3.“' berichtet wird, ehrte Seine Majestät der Kaiser den Entschlafenen durch Entsendung eines Gala⸗ wagens. Für das Staats⸗Ministerium erschien der Vice⸗Präsident Staats⸗ Minister Dr. von Boetticher. Das landwirthschaftliche Ministerium war durch den Staats⸗Minister von Heyden, den Ministerial⸗Director Dr. Michellv und den Ober⸗Landforstmeister Donner vertreten, denen sich zahlreiche Räthe und Beamte angeschlossen hatten. Die erste Abtheilung des Ministeriums, die unter des Verstorbenen Leitung
estanden hatte, hatte kostbare Kränze gewidmet, ebenso das Landes⸗ Dekonomiecollegium und die Centralmoorcommission, die in.
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