Aichtamtliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 29. Dezember.
Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt in der Zeit n 28. bis 29. Dezember 1892 Mittags gemeldete Cholera⸗ lle:
Aus Hamburg 1 Neuerkrankung und 6 aus der Zeit vom 23. bis einschließlich 27. Dezember nachträglich festgestellte Erkrankungen (darunter 1 mit tödtlichem Ausgang am 28. Dezember).
Im Hinblick darauf, daß die Gefahr der Einschleppung und des Aufloderns der Cholera keineswegs ganz aus—⸗ geschlossen ist, und um einer neuen Verbreitung unter anderen die Seuche begünstigenden Witterungsverhältnissen möglichst vorzubeugen, haben die Minister des Innern und der geist— lichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten unter dem 19. Dezember Folgendes verfügt:
Die Erfahrung hat gelehrt, daß leider immer noch Er— krankungen an Brechdurchfällen aus nicht bekannter Ursache nicht, wie es erforderlich ist, als choleraverdächtig angezeigt werden, daher unaufgeklärt bleiben und, falls es sich um Cholera handelt, weiter gefährlich werden können. Es ist deshalb dringend nothwendig, daß die Bevölkerung immer wieder hierauf hingewiesen und insbesondere die Anzeige⸗ pflicht bei allen choleraverdächtigen Fällen eingeschärft und daß da, wo Indolenz, Nachlässigkeit oder böser Wille der Erfüllung dieser Pflicht entgegenstehen, vornehmlich in den gefährdeten Grenzbezirken und den bisher bedroht ge⸗ wesenen Landestheilen, auch besondere Mittel ergriffen werden, um die rechtzeitige Anzeige möglichst zu sichern. Insbesondere werden auf dem Lande die Geistlichen und Lehrer wohl dazu herangezogen werden können, derartige Fälle, sobald sie zu ibrer Kenntniß gelangen, zur Anzeige zu bringen; auch wird erforderlichenfalls den Gendarmen die regelmäßige aufmerk⸗ same Nachforschung nach verdächtigen Erkrankungen und Bericht⸗ erstattung über deren Ergebnisse aufzutragen sein. Da gerade die Erforschung der Ursachen vereinzelter oder einiger weniger zusammen vorkommender Fälle geeignet ist, weiteres Licht über die Art der Verbreitung der Cholera zu gewähren, so erscheint es auch deshalb geboten, jeden solchen Fall durch bacterio⸗ logische Untersuchung aufzuklären. Letztere ist der größeren Sicherheit und Schnelligkeit wegen fortan bis auf weiteres nur noch durch das Berliner Universitäts-Institut für Infections— krankheiten oder durch das am schnellsten zu erreichende hygienische Universitäts-Institut oder das nächste militärische Sanitätsamt herbeizuführen. Jeder Fall aber ist so lange, his sich der Choleraverdacht bestimmt als ungerechtfertigt herausgestellt hat, allen vorgeschriebenen sanitätspolizeilichen Maßnahmen, nament⸗ lich der sofortigen telegraphischen Anzeige bei dem Minister der geistlichen 2ꝛc. Angelegenheiten und dem Director des Kaiserlichen Gesundheitsamts, zur Nachforschung nach den Ur—⸗ sachen und zur gründlichen Desinfection, zu unterwerfen, wie wenn es sich erwiesenermaßen um Cholera handelte.
Am 25. Dezember verstarb zu Bogota (Columbien) im Alter von 52 Jahren der Kaiserliche Minister-Resident Lueder. Gebürtig aus Mecklenburg-Schwerin, trat er nach bestandener juristischer Staatsprüfung im Jahre 1869 in den auswärtigen Dienst ein. Er war von 1869 bis Ende 1871 als Vice⸗Konsul in Alexandrien, von Anfang 1872 bis Herbst 1875 als solcher in Canton thätig und wurde im Jahre 1875 zum Konsul in Shanghai, im Jahre 1877 zum General ⸗-Konsul daselbst ernannt. Im November 1879 erfolgte seine Beförderung zum Minister-Residenten für Columbien, welche Stellung er bis zu seinem Tode bekleidete.
Der Minister-Resident Lueder gehörte zu den tüchtigsten Beamten des auswärtigen Dienstes und hat sich in allen Dienststellungen durch treue Wahrnehmung der ihm anvertrauten deutschen Interessen wohl bewährt. Noch am 23. Juli d. J. gelang es ihm, den Handelsvertrag mit Columbien zum Abschluß zu bringen. In Anerkennung seiner bewährten Leistungen wurde er im Jahre 1888 von des Hoch⸗ seligen Kaisers Friedrich Majestät durch Verleihung des Rothen Adler-Ordens zweiter Klasse mit Eichenlaub ausgezeichnet. Seit Jahren von einem ernsten Lungenleiden heimgesucht, stand er im Begriff, einen ihm Allerhöchst bewilligten längeren Urlaub nach Europa anzutreten, als ihn der Tod ereilte. Im Auswärtigen Amt wird dem Entschlafenen ein ehrendes An⸗ denken stets bewahrt bleiben.
S. M. S. „Arcona“, Commandant Corvetten⸗-Capitän Draeger, ist am 28. Dezember cr. in Gibraltar eingeiroffen und beabsichtigt, von dort nach Port Said in See zu gehen.
Bayern.
Seine nr, . Hoheit der Prinz Arnulf, comman⸗ dirender General des J. Armee⸗Corps, wird sich der „Allg. Itg.“ zufolge am 31. d. M. nach Berlin begeben, um der Neujahrscour bei Seiner Majestät dem Kaiser beizu⸗
wohnen. Baden.
Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin, sowie der Kronprinz und die Kron⸗ prinzessin von Schweden und Norwegen sind vpor— gestern Nachmittag aus Freiburg wieder in Karlsruhe eingetroffen.
Oesterreich⸗ Ungarn.
In einem am 24. d. M. in Wien abgehaltenen Minister⸗ rath ist, wie das „Frdbl.“ mittheilt, das Programm für eine neue Majorität festgestellt worden. Der erste Ent⸗ wurf dazu soll dem „Pest. Lloyd“ zufolge von den Ministern Dr. Steinbach und Freiherr von Gautsch herrühren, die ihn in einer Conferenz mit dem Grafen Taaffe festgestellt hätten, worauf er in den Ministerrath gelangt sei und nach längerer, ein⸗ gehender Berathung einstimmige Annahme gefunden habe. Wie der „Czas“ erfährt, soll das Programm nur drei
Punkte enthalten: das Festhalten an der Dreibundpolitik, die Aufrechterhaltung des Dualismus und die vorläufige Verzicht⸗ leistung auf specielle Parteiwünsche.
Der ungarische Minister⸗Präsident Dr. Wekerle hat sich, wie der „Pester Lloyd“ meldet, gestern früh nach Wien be— geben, um dem Kaiser über die laufenden Angelegenheiten Vortrag zu erstatten. Er werde auch Gelegenheit nehmen, sich mit dem österreichischen Finanz-Minister Dr. Steinbach über die Valutafragen zu besprechen.
Großbritannien und Irland.
Der in Nenagh unter der Beschuldigung der Theil nahme an dem Dubliner Attentate verhaftete Kerjans ist nach einer Meldung des ‚W. T. B.“ wieder in ien gesetzt worden.
In Dublin hat gestern die Beerdigung des Polizisten Sinnott unter großer Theilnahme des Publikums statt⸗ gefunden.
Frankreich.
Heute früh um 1 Uhr hat nach einem Telegramm des „W. T. B.“ aus Paris in der dortigen Polizei⸗Präfectur in der gegenüber dem Zimmer des Polizei-Präfecten belegenen Wachtstube der Polizeimannschaften eine Explosion statt⸗ gefunden. Die Ursache ist noch nicht festgestellt; es handelt sich vielleicht um eine Gasexplosion. Menschen sind durch die Explosion nicht zu Schaden gekommen; auch der in der Wacht— stube angerichtete Schaden ist unbeträchtlich. Wie indessen mehrere Blätter behaupten, wäre die Explosion durch eine Sprengmaschine verursacht worden.
Große Aufregung hat, der „Magd. Ztg.“ zufolge, in Paris die Bildung von zwanzig revolutionären Aus⸗ schüssen, die die Wiedererrichtung der Commune offen an⸗ streben, erzeugt. Die Zeitung Temps“ weist auf das Treiben der revolutionären Partei hin und verlangt dringend Abwehr⸗ maßregeln.
Nach den bisherigen Aussagen der verhafteten Verwal— tungsräthe der Pan ama-Gesellschaft, sowie nach dem Inhalt der mittlerweile aufgefundenen Actenstücke erscheint es, wie ein Privat⸗Telegramm der „Magd. Ztg.“ hervorhebt, zweifel— los, daß der General-Procurator Tanon sofort nach Zusammen⸗ tritt des Parlaments die Auslieferung von mindestens siebzig Abgeordneten und Senatoren begehren wird. Der Zeitung „XIX. Siéêcle“ zufolge erhielt der Justiz-Minister Bourgeois bisher schon 32 Auslieferungsbegehren seitens der Staats⸗ anwaltschaft.
Die Pariser Advocatenkammer beschloß die Strei⸗ chung der Senatoren Renault, Grévy und Thevenet von, der Advocatenliste.
Die Wähler des zehnten Pariser Bezirks, dessen Vertreter Floquet ist, fordern diesen auf, vor ihnen zu erscheinen, um sein Verhalten in der Panama⸗Angelegenheit zu rechtfertigen.
Die Gerichtsbehörde erklärt die Meldung des „Figaro“ ssiehe die gestrige Nummer des „R. u. St.⸗A.“), daß das bei Fontane beschlagnahmte Copirbuch eine für mehrere Deputirte compromittirende Correspondenz enthalte, für unbegründet. .
Die Untersuchung der Leiche Reinach's hat, laut Mel⸗ dung des „W. T. B.“, das Vorhandensein von keinerlei Spuren von Gift ergeben. Dr. Brouardel schließt daraus, daß Reinach eines natürlichen Todes gestorben sei.
Italien.
Der Senat hat, wie „W. T. B.“ berichtet, in seiner e hrigen Sitzung mit T gegen 33 Stimmen die Umwand— ung der vor dem Zusammentritt der Kammern erlassenen Decrete des Königs wegen Abänderung der Zollbestim— mungen für Zucker und Reis in ein Gesetz genehmigt.
Das Budget des Kriegs-Ministeriums weist, nach dem Bericht des Referenten des Budgetausschusses, wie es ohne die Specialcredite vorliegt: nämlich mit 233 028 440 im Ordinarium, 7 325 000 im Extraordinarium (einschließlich der schon am 30. Juni bewilligten 3 300 000 Lire), im ganzen also mit 240 353 140 Lire, gegenüber dem Budgetvoranschlag pro 1890/91 eine Ersparniß von 40 Millionen auf. Das Ordinarium enthält 2228700 Lire an allgemeinen Ausgaben, 230799740 an solchen speciell für die Truppen, das Extraordinarium 2209000 an Ausgaben für die Truppen, 5125000 für Befestigungen, Landesver⸗ theidigung, Mobilmachungsvorbereitungen 2c. Die Ausgaben für Afrika erscheinen für 1892/93 mit 7 Millionen. Der Be⸗ trag der Specialcredite beläuft sich auf 5 650090 Lire. Für die Herstellung von Gewehren während des Budgetjahres 1892393 erklärt General Pelloux 6 Millionen für erforderlich. Da aus früheren Bewilligungen noch Rückstände waren, von dem im Juni bewilligten Betrage von 3,3 Millionen noch weitere Beträge hinzutreten, so sind, um die genannten 6 Millionen zu erreichen, nur noch 2,8 Millionen nöthig, die im 2. Semester 1892/93 aufgebracht werden sollen. Für Mobilmachungs— vorräthe enthalten die Specialcredite 12 Millionen. Für die Armirung von Festungen sind in den Specialcrediten 700 0900, im Gesetz vom 3509. Juni 800 009, Summa 1,5 Millionen Lire angesetzt. Für Feld⸗Artillerie⸗Material hatte das Gesetz vom 30. Juni 1892 (Interimsbudget) 1,65 Millionen bewilligt, die Specialcredite fügen 850 000 Lire hinzu, sodaß total für 1892/93 der Betrag von 24590 0090 Lire erreicht wird. Auf Sperrforts ent⸗ fallen aus dem Extraordinarium 1150 009, auf Küsten⸗ vertheidigungs-Anlagen 1 800 000 Lire. Das Kapitel Straßen⸗ eisenbahnen und sonstige Verkehrsanlagen von militärischem Interesse hat keine Zuwendungen erfahren.
Der Papst hat dem „H. T. B.“ zußz gf gestern in feier⸗ licher Audienz die Mitglieder der am Vatican accreditirten Gesandischaften zur Neujahrsgratulation empfangen.
Schweiz.
Der schweizerische Gesandte in Paris Lardy hat, wie W. T. B.“ meldet, dem Minister⸗Präsidenten Ribot die Beschlüsse des Bundesraths bezüglich der für französische Waaren vom 1. Januar 1893 in Anwendung kommenden Tarife mitgetheilt, wonach theils der Generaltarif, theils be— sondere Erhöhungen Frankreich gegenüber zur Anwendung kommen sollen. Nach einem Telegramm der „Frkf. Ztg.“ aus Bern von gestern werden für ungefähr 2090 land⸗ wirthschaftliche, industrielle und Luxusartikel Frankreich gegen⸗ über beträchtliche Erhöhungen eintreten. So steigt der . auf Wein in Fässern von 350 Fr. auf 25 Fr., auf Fhampagner auf 30, auf fabrizirte Weine auf 50, auf Weine in Flaschen auf 40, auf Confections von 300 auf 600 Fr. Auch der Zoll auf Vieh wird beträchtlich erhöht, nur beim Schlachtvieh nimmt man Rücksicht auf die Lage der Grenzorte wie Genf, Neufchatel, Lachaudefonds u. s. w. Der Zoll für Ochsen steigt von 15 auf 30 Fr.
Die schweizerische Presse spricht sich einhellig dafür aus, den Zollkrieg Frankreich gegenüber mit aller Lulsthenr, heit und Zähigkeit zu führen. So schreibt die N. 3. Z.“:
„Die franzöͤfischen Agrarier wollen bon unserm Vieh nichts mehr wissen und unsern Käse ausschließen; so mögen sie ihren Burgunder und Beaujolais behalten; der Chianti ist auch keine schlechte Marke und Italien mit tausend Freuden bereit, gute Zahler wohlfeil zu be⸗ dienen. Auch Paris wird büßen müssen. Berlin und Wien sind auch Städte von Geschmack und Eleganz, und unsere Frauen werden uns nicht minder hold erscheinen, wenn ihre Hutmodelle von einer Putz⸗ macherin an der Friedrichstraße statt von einer kleinen Modiste des Printemps“ herstammen.“
Im „Luzerner Tagblatt“ heißt es:;
„Wer hierzu nicht absolut gezwungen ist, kaufe den Franzosen nichts mehr ab! Deutschland, Oesterreich und Italien haben uns an⸗ nehmbare Zölle gewährt; beziehen wir unsere Bedürfnisse aus diesen Ländern, verzichten wir auf französische Producte und Fabrikate, speciell auch auf die Pariser Confection und, soweit immer nur möglich ist, auf die französischen Weine. Zeigen wir, daß auch ein kleines Land sich gegen einen großen Nachbar zu wehren im stande ist, und daß wir auf glatte Phrasen, mit denen die Thaten in einem so grellen Widerspruch stehen, nichts geben.“
Der „Berner Volksfreund“ sagt:
„Fort also mit all den Macons, Bordeaux, Champagner, fort mit all der Schundwaare der Pariser Confectionsmagazine! Wir trinken in erster Linie Schweizerwein und kaufen Schweizerfabrikat, um die inländische Production für den Ausfall in Frankreich schadlos zu halten. Muß es aber etwas Ausländisches sein, so sei es Italiener⸗ wein, deutsches oder österreichisches Fabrikat, denn diese Nachbarn haben sich mit uns auf einen annehmbaren Handelsvertrag verständigt und sind uns nobler begegnet, als unsere republikanischen Freunde jenseits des Jura“.
Auch das „Journal de Geneve“ äußert sich in gleichem Sinne, indem es schreibt:
„An den schweizerischen Consumenten tritt die patriotische Auf⸗ gabe, seine Producte aus andern Quellen als den französischen zu be⸗ ziehen; entweder aus dem Inland oder aus denjenigen Ländern, die durch Handelsverträge mit uns verbunden sind.“
In Zürich wird bereits durch Aufruf im „Tagblatt“ zur Bildung einer allgemeinen Volksliga aufgerufen, die infolge des Votums der französischen Kammer im täglichen Verkehrsleben den Kampf mit Frankreich aufnehmen will und einen strengen Boycott gegen alle französischen Landes producte und Fabrikate in Scene setzen und dessen rücksichtslose Handhabung
controliren soll. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus.
Basel hat der dortige Handwerker- und Gewerbeverein die Bevölkerung aufgefordert, alle französischen Geschäfts⸗ reisenden abzuweisen und auf jeglichen Ankauf französischer Waaren zu verzichten.
Belgien.
Die Minister sind dem „W. T. B.“ zufolge gestern in Brüssel zu einer Erörterung darüber zusammengetreten, welchen Einfluß die Ablehnung des schweizerisch⸗ französischen Handelsvertrags durch Frankreich für Belgien haben wird.
Türkei.
Der General⸗-Adjutant des Sultans Kamphoevener Pascha ist einer Meldung des W. T. B.“ aus Perg zufolge nach Berlin abgereist, um mit einem eigenhändigen Schreiben des Sultans die Neujahrsgeschenke des letzteren für Ihre Majestäten den Kaiser und die Kaiserin, die Kaiser⸗ lichen Kinder und Ihre Königliche Hoheit die Erb— prinzessin von Sachsen-Meiningen zu überbringen.
Schweden und Norwegen.
Am 26. d. M. haben im ganzen Lande die Wahlen zu dem „Volksreichstag“ begonnen, der im Jahre 1893 zu— sammentreten soll, um über die Mittel zur Durchführung des allgemeinen Wahlrechts zu verhandeln. Auf dem social— demokratischen Congreß in Norrköping im Jahre 1891 wurde beschlossen, einen „Volksreichstag“ im Jahre 1893 einzuberufen, um für die erwähnte Reform zu wirken, wenn 200000 Per⸗ sonen sich für diesen Plan erklären würden. Die Zahl der Unterschriften hat 20 000 erreicht. Die Wahlen sollen bis zum 7. Januar dauern. Die ganze Bewegung geht, wie die „Frankf. Ztg.“ hervorhebt, von der Oppo—⸗ sition aus, welche aus den Liberalen und den Socialdemo— kraten besteht. Der „Volksreichstag“ wird gegen die Regierung und ohne ihre Mitwirkung gewählt. Die Wahlen werden für eine ganze Stadt oder einen bestimmten Landes— theil auf einmal vorgenommen. Jeder Mann, der volljährig ist, hat das Recht, zu wählen. Die Abstimmung ist eine ge— heime und schriftliche. In Stockholm, wo die Wahlbewegung am stärksten ist, haben die Socialdemokraten 12 Candidaten aufgestellt; auch in Malmoe und Gothenburg sind die Socialdemokraten stark vertreten. Von den 123 Orten, die in Betracht kommen, hoffen die Socialdemokraten 20 zu ge—⸗ winnen. ⸗
Amerika.
Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Buenos-Aires, die Aufständischen in der Provinz Corrientes hätten weitere Städte besetzt und seien im Vorrücken begriffen. Die Truppen des Gouverneurs zögen sich vor ihnen zurück. Bei einem Angriff auf die von etwa 500 Mann Regierungstruppen besetzte Stadt Caseros wären die Aufständischen aber unter großen Verlusten zurückgeschlagen worden.
Nach einer in Paris eingetroffenen Meldung ist Marco Avellaneda zur Wiederherstellung der Ordnung in der Provinz Corrientes von der Regierung zum Schiedsrichter ernannt worden.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Will jemand einen einfachen Schuldschein unterschreiben, und unterschreibt er einen Wech sel, welcher ihm mit der falschen Vorspiegelung, daß er nur einen einfachen Schuldschein unterschreibe, vorgelegt worden, so ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Strafsenats, vom 29. September 1892, diese Irrthumserregung wegen Betruges zu bestrafen.
— Die Beleidigung eines als Mitglied einer bestimmten Personenmehrheit (Beamten⸗, Berufs⸗ ꝛc. Kategorie) in einer Weise n,, daß die angegebenen Kennzeichen bei ver schiedenen der Mehrheit angehörenden Personen zutreffen, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 1I. Strafsenats, vom 30. September 1892, auf den Strafantrag einer je den dadurch betroffenen Person zu verfolgen; des Antrags sämmtlicher Personen, auf welche die chrenkränkende Behauptung bezogen werden könnte, bedarf es nicht.
Statistik und Volkswirthschaft.
Die Berliner Innungen im Jahre 1891. III. Vergl. die Nummern 300 und 302 des R.‘ u. St.- A..)
Ueber die Leistungen der Innungen macht unsere Quelle eine Reihe von Angaben, denen wir Folgendes entnehmen:
Von den 70 Innungen haben 39 entweder eigene Fachschulen oder unterstützen solche von den städtischen Behörden allein oder in Gemeinschaft mit dem Cultus⸗-Ministerium eingerichtete Anstalten, davon zwei Innungen je zwei (die Bäckerinnung Concordia und der Bund der Bau⸗, Maurer⸗ und Zimmermeister); 21 Innungen besitzen keine derartigen Einrichtungen, haben also eingestandenermaßen die Wichtigkeit gewerblichen Fach⸗— unterrichts noch nicht erkannt, und 10 haben keine Angaben darüber gemacht. An Kosten für diesen wichtigen Zweig des Innungswesens sind von 34 Innungen 19938 6 verwendet worden; 36 Innungen haben dafür nichts ausgegeben oder wenigstens es nicht für der Mühe werth gehalten, ihre Aufwendungen anzugeben. Der neue Etat für 1892 sieht bei 32 Innungen für diese Aufgabe 22 846 S6 vor. Die Schulen wurden bei den 34 berichtenden Innungen von 3640 Lehr—⸗ lingen und 371 Gesellen besucht, wovon die Mehrzahl bei Innungs— meistern beschäftigt war.
Kasseneinrichtungen waren vielfach vorhanden. Für Meister gab es 14 Kranken⸗, 47 Sterbe⸗, 27 Unterstützungs⸗ und 9 andere Hilfskassen, über deren Mitgliederbestand und Leistungen leider in dem Berichtsformular Angaben nicht vorgesehen sind. Die 11 Innungs⸗ krankenkassen für Gesellen ꝛc. bestanden sämmtlich auf Grund des § 73 des Krankenversicherungsgesetzes vom 15. Juni 1883 und hatten Ende 1891 zusammen S595 Mitglieder und 139 005 6 an Gesammt— ausgaben.
Besonders lückenhaft sind die Angaben über das Prüfungs— wesen. Nur 31 Innungen haben über Meisterprüfungen berichtet, davon haben aber vier solche nicht abgehalten. Unter den übrigen 39, die nichts mitgetheilt haben, befinden sich so bedeutende Innungen, wie die Bäcker (Concordia), Barbiere und Friseure (beide Innungen), Böttcher (beide Innungen), Goldschmiede, Gürtler, Schuhmacher, Tischler, Weber und Wirker. Gesellenprüfungen wurden nach⸗ weislich bei 56 Innungen abgehalten; wie groß die Zahl der ab⸗ gehaltenen Prüfungen und der dabei geprüften Lehrlinge war, kann nicht gesagt werden, da augenscheinlich die berichtenden Innungen bald die erstere, bald die letztere Zahl angegeben haben. Eine klarere Fassung dieser Frage, welche Zahlenangaben sowohl über die abge⸗ hallen Prüfungen wie über die Prüflinge fordern müßte, dürfte hier Wandel schaffen. Bei 33 Innungen wurden zu den Gesellen—⸗ prüfungen stets Gesellen (Mitglieder des Gesellen⸗-Ausschusses, Altgesellen u. a.) zugezogen, theils als Prüfungscommissare, theils als Beisitzer. Bei der älteren und größeren Bäckerinnung war dies nicht geschehen, weil im Jahre 1891 kein n, bestand, und bei der Tapezirerinnung wohnen Gesellen nur den Prüfungen der Lehrlinge von Nicht⸗Innungsmitgliedern bei. Zwölf Innungen erklären ausdrücklich, daß bei solchen Gelegenheiten bei ihnen keine Gesellen mitwirken, 23 schweigen darüber gänzlich. Die Frage, ob Lehrlinge von Nicht-Innungsmeistern durch gemischte Commissionen geprüft worden sind, ist nur von 19 Innungen beantwortet worden, darunter von 11 im verneinenden Sinne.
August Lammers, der bekannte volkswirthschaftliche Schriftsteller in Bremen, der zuletzt an der Spitze der Mähßigkeitsbewegung stand, ist, wie die Nat. Ztg.“ meldet, gestorben. Lammers war am 23. August 1831 zu TWüneburg geboren, studirte in Göttingen, wandte sich frühzeitig der Publieistik zu und wirkte seit 1852 als Redacteur verschiedener Zeitungen in Nord⸗ und Süddeutschland; 1866 übernahm er die Leitung des „Bremer Handelsblatts“. Von seinen Schriften sind zu nennen: „die geschichtliche Entwickelung des Freihandels' (1869); „die deutsche Auswanderung unter Bundesschutz' (1869), „Deutschland nach dem Krieg, Ideen zu einem Programm nationaler Politik“ (1871); „der Monarch und seine Culturmission (1876): „Verjüngung der Kirche“ (1876); „die Schutzzölle (1578); „die Bettelplage“ (1880); die
Bekämpfung der Trunksucht“; „Staatsarmenpflege“ (1881).
Zur Arbeiterbewegung.
Dem „Saarlouiser Journal“ wurde, wie ein Wolff'sches Tele⸗ gramm berichtet, aus Bildstock gemeldet, daß in zwei von Berg— leuten des Saarreviers zahlreich besuchten Versammlungen der allgemeine Ausstand für den heutigen Tag beschlossen worden sei. — Wie nun heute weiter berichtet wird, sind auf den Gruben „Heinitz', „Von der Heydt“, Maybach?‘ und „ Camp' hausen“ 3123 Bergleute heute zur Arbeit nicht eingefahren. Man befürchtet eine weitere Ausdehnung des Strikes.
Wie es jüngst aus Braunschweig gemeldet wurde (gl. Nr. 302 d. Bl.), so haben jetzt auch die Brauereien Magde⸗ burgs und der Umgegend einen Verband geschlossen, um hauptsächlich gegen das socialdemokratische System der Boycottirung Front zu machen. Nach mehrtägigen Sitzungen ist, wie die ‚Mgdb. Itg.“ mit⸗ theilt, ein Statut zur Annahme gelangt, welches bestimmt, daß, sofern über eine Brauerei ein Boycott verhängt wird, keine andere Brauerei die Kundschaft jener übernehmen darf. Im Aus— nahmefall ist der bovcottirten Brauerei für die ihr entgehende Bierlieferung der volle Verdienst zu erstatten. Außer in Braunschweig und Magdeburg bestehen Brauereiverbände auch in Hannover, Leipzig, Hamburg, Berlin u. s. w. Diese Verbände sollen zu einem großen Rückversicherungsverband vereinigt werden.
Der Vorstand der Textilarbeiter Deutschlands per⸗ bindet mit dem Hinweis auf den bei der Firma Wihager u. Co. in Hückeswagen wegen Lohnstreits ausgebrochenen Aus— standes der Weber (vgl. Nr. 295 d. Bl.) die Mittheilung, daß die dortigen Fabrikanten ein Kartell geschlossen haben, wonach keiner der Strikenden in Arbeit genommen wird. Arbeiter, die von den Meistern in Kottbus und Aachen angeworben waren, sollen nach Er— stattung des Reisegeldes wieder abgereist sein.
Aus Porsgrund (Norwegen) wird nunmehr von den Por-
zellanarbeitern mitgetheilt, daß sie die Arbeit wegen einer Lohn
herabsetzung von 20 , zum 31. Dezember gekündigt haben. (Vgl. Nr. 300 d. Bl.)
Kunst und Wissenschaft.
Der 21. deutsche Aerztetag soll nach Beschluß des ge— schäftsleitenden Ausschusses des deutschen Aerztevereinsbundes nächstes Jahr in Breslau stattfinden, und zwar entweder in der letzten Woche des Juni oder in der ersten Woche des Juli. Auf der Tagesordnung steht, wie wir der ‚Nat.-3. entnehmen, zunächst I) der ärztliche Dienst in den Krankenhäusern, 2) die Anzeigepflicht bei ansteckenden Krankheiten. Als weitere Verhandlungsgegenstände sind vorgeschlagen, aber noch nicht bestimmt aufgestellt: Apothekengesetzgebung (Conces⸗ sionen, Arzneitarxen u. s. w.), Erhebungen über den limfang der Kur— pfuscherei und darauf gerichtete Anträge, das zu erwartende Reichs- Seuchengesetz, ins besondere mit ö außer auf die Anzeigepflicht auf Desinfection und Absperrungsmaßregeln, Zulassung von Frauen zum Studium der Medizin, und ärztliche Unterstützungskassen.
— Der Vice ⸗Präsident der Kaiserlich russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg Jacob Groth beging am Dienstag in engem Familien und. Freundeskreise den achtzigsten Geburtstag und wurde aus diesem Anlaß, wie W. T. B.“
berichtet, von dem Großfürsten Konstantin Konstantino—⸗ witsch als Präsidenten sowie von den übrigen Mitgliedern der Akademie perfönlich beglückwünscht. Von mwsssenschaftlichen Cor— vorationen des In⸗ und Auslandes gingen ihm telegraphisch und brieflich zahlreiche Glückwünsche zu.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Verbreitung von Thierseuchen im Beutschen Reich im November 15892.
Nach amtlichen Mittheilungen; für Preußen und Braunschweig liegen Nachweisungen nur über Maul⸗ und Klauenseuche vor.)
⸗ Fälle von a ,,. sind festgestellt in je 1 Gehöft der Bezirke Landsberg, Traunstein, Erding (Oberbayern), Wangen (Denau⸗ kreis), Neustrelitz (Mecklenburg⸗Strelitz und Mülhausen (Ober⸗Elsaß), ferner in 2 Gehöften des Kreises Saarburg (Lothringen)
Die Maul- und Klauenseuche herrschte wiederum in nahezu allen Theilen des Reichs; verschont blieben nur die preußischen Re—⸗ gierungshezirke Qnabrück und Aurich, ferner Oldenburg, Schwarzburg⸗ Sonders hausen, Schaumburg⸗Lippe, das lübeckische und das hamburgische Staatsgebiet. Am stärksten von der Seuche betroffen waren wieder die Regierungsbezirke Königsberg, Gumbinnen. Marienwerder, Pots— dam, Frankfurt, Stettin, Stralsund, Posen, Bromberg, Breslau und das Großherzogthum Mecklenburg⸗Schwerin; etwas weniger Ober⸗ und Niederbayern, die Oberpfalz, die fränkischen Kreise und Schwaben, die Kreis⸗-Hauptmannschaften Dresden, Leipzig und Zwickau, der Jagst⸗ kreis, die Landes⸗Commissärbezirke Karlsruhe und Mannheim. Hier⸗ von weisen im Vergleiche zu dem Vormonat eine Zunahme an ver—⸗ seuchten Ortschaften auf die Regierungsbezirke Marienwerder, Nieder⸗ bayern, Oberpfal; und Schwaben, die Kreis⸗Hauptmannschaft Zwickau, der Jagstkreis, die Landes⸗-Commissärbezirke Karlsruhe und Mannheim; eine Abnahme dagegen die Regierungsbezirke Fönig berg Gumbinnen, Potsdam, Frankfurt, Stettin, Stralsund, Posen, Bromberg, Breslau, Oberbayern, Ober⸗, Mittel⸗, Unterfranken, ferner die Kreis⸗-Haupt⸗ mannschaften Dresden und Leipzig sowie das Großherzogthum Mecklenburg⸗Schwerin. In den übrigen, nichtgenannten Regierungs— und anderen größeren Verwaltungesbezirken hat die Seuche theils einige Gemeinden mehr, theils einige weniger befallen als im Vormonat.
Die Lungenseuche wurde festgestellt in 1 Gehöft des Kreises der Twiste.
Ausbrüche der Schafräude sind ermittelt in 3 Beständen von Oberbayern, ferner in 3 Gemeinden von Oberfranken, je 1 von Mittel⸗ und Unterfranken, Schwaben, des Neckar⸗ und des Jagstkreises, je 3 des Donaukreises und des Landes-Commissärbezirks Freiburg, 16 von Oberhessen, 2 von Oldenburg, 11 von Sachsen⸗Meiningen, je 1 von Anhalt und Waldeck.
Rußland.
Zufolge einer Verordnung der Kaiserlich russischen Regierung werden fortan Herkünfte anus Bremen in sämmtlichen russischen Häfen frei zugelassen.
Rumänien.
Zufolge Beschlusses der rumänischen Gesundheitsbehörde vom 19. Dezember 1892 sind die bisherigen Choleramaßnahmen in Rumänien wie folgt abgeändert:
1) Die Quarantäne in Vereiorova für die auf dem Land⸗ wege kommenden Provenienzen ist aufgehoben und durch eine vierund—⸗ zwanzigstündige ärztliche Beobachtung der ins Land kommenden Reisen— den, sowie durch eine Desinfection ihrer schmutzigen Wäsche ersetzt.
2) Die Quarantäne in Turn-Severin für die Schlepps ist von acht auf vier Tage ermäßigt.
3) Die Quarantäne in Sulina für die Schiffe, welche an Bord Reisende aus den Häfen von Odessa und Nicolaieff haben, ist von vier auf zwei Tage herabgesetzt; die aus jenen Häfen ohne Reisende eintreffenden Schiffe werden nur einer 24stündigen ärztlichen Beob— achtung unterworfen.
4 Die gesundheitliche Untersuchung in Burdujeni, Michalleni und Predeal ist aufgehoben; desgleichen sind die Grenzpunkte der Bukowina und Siebenbürgens dem Verkehr von Marmornitza ab bis nach Riü⸗Vadulue einschließlich wieder geöffnet.
Der Gesundheitsstand in Berlin blieb auch in der Woche vom 11. bis 17. Dezember ein günstiger und die Sterblichkeit eine niedrige (von je 1000 Einwohnern starben, auf das Jahr berechnet, 18,27. Sehr häufig kamen auch in dieser Woche acute Entzündungen der Athmungsorgane zum Vorschein, die auch in ansehnlicher Zahl zum Tode führten. Auch wurden wieder mehrere Erkrankungen an epidemischer Grippe beobachtet und aus der der Berichtswoche vorhergegangenen Woche ein Todesfall an Grippe gemeldet. Etwas häufiger als in der Vorwoche erschienen acute Darm krankheiten, die auch etwas häufiger tödtlich endeten. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war fast die gleiche, mäßig hohe wie in der Vorwoche. Von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 583 Säuglinge. — Das Vorkommen der In⸗ fectionskrankheiten blieb meist ein ähnliches wie in der vorhergegangenen Woche. Erkrankungen an Masern kamen am zahlreichsten aus dem Stralauer Viertel, Erkrankungen an Diph—⸗ therie aus demselben Stadttheil und der Rosenthaler Vorstadt zur Meldung. Erkrankungen an Scharlach zeigten sich in keinem Stadt⸗ theile in nennenswerther Zahl. Erkrankungen an Unterleibstyphus blieben selten. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut kamen seltener zur ärztlichen Behandlung; auch Erkrankungen an Wochenbettfieber wurden weniger bekannt. Erkrankungen an Keuch⸗ husten waren zahlreich, der Verlauf jedoch ein milderer als in der Vor⸗ woche; auch rheumatische Beschwerden aller Art, besonders acute Gelenkrheumatismen gelangten seltener zur ärztlichen Beobachtung.
Handel und Gewerbe. Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 28. d. M. gestellt 9955, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesi en sind am 27. d. M. gestellt 4049, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
; Zwangs⸗Versteigerungen. ; Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 28. Dezember die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Grau denzerstraße 10, dem Zimmermeister Carl Siegmann gehörig; Fläche 9,60 a; Mindestgebot 70 600 „; für das Meist⸗ gebot von 70 700 ½υι wurde der Rentier Louis Levin zu Berlin Ersteher. — Schulzendorferstraße 17a, dem Tischlermeister Aug. Behrendt gehörig; Mindestgebot 148 000 MS; Nutzungs⸗ werth 14210 M; für das Meistgebot von 212 009 S wurde der Tischlermeister Gustar Schmidt, Gartenstr. 81, Ersteher.
— Vom oberschlesischen Steinkohlenmarkt berichtet die Schl. Ztg.“. Die allgemeine Lage des oberschlesischen Steinkohlen⸗ geschäfts hat sich nicht verändert. Die Verlade⸗Ordres gingen schwach ein, und infolge dessen haben einzelne Gruben die Förderung ein— gestellt. Zu der herrschenden Stille im Kohlengeschäft hat die Weih⸗ nachtswoche das ihrige beigetragen; man hofft jedoch, daß nach Neu⸗ jahr und infolge der eingetretenen Kälte sich das Geschäft, hauptsäch⸗ lich für HauSbrandkohlen, heben wird, obwohl die Läger der Händler zum größten Theil noch ziemlich gefüllt sind. Gegenwärtig fehlt es für sämmtliche Kohlensorten und Qualitäten an genügendem Absatz, und anz besonders sind Betriebskohlen und kleine Sortimente vernachlässigt. Trotz der unguͤnstigen Geschäftslage ist jedoch auf eine Ermäßigung der Kohlenprelse durch die Grubenrerwaltungen nicht zu rechnen, da sie der Ansicht sind, daß hierdurch ein Mehrbedarf resp, stärkerer Absatz nicht herbeigeführt werden würde. — Im Koksgeschäft hält die Mattigkeit weiter an und wird, da das Geschäft von der Lage der Eisenindustrie abhängt, eher noch zu⸗ als abnehmen. Der Absatz ist gegenwärtig sehr gering; es wird trotz der bedeutenden Betriebs einschränkungen immer noch mehr Koks erzeugt als gegenwärtig ge⸗ braucht wird. In Theer und Theerpreducten ruht das Geschäft gegenwärtig fast ganz, daher sammeln sich die Vorräthe in den Magazinen nicht unbedeutend an.
— Die Gewerkenversammlungen von Zeche Charlotte“ bei Ueberruhr und Constantin der Große“ bei Bochum be. schlossen, wie die ‚Rhein.⸗Westfäl. Ztg.“ meldet, dem Kohlensyndicat beizutreten.
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Dortmund, 29. Dezember. (W. T. B.) Der Rhein. Westf. Ztg. zufolge wählte die Commission zur Bildung eines Kohlen—⸗ syndikats in der gestrigen Sitang mehrere Specialcommissionen, die mit den Rheder und Hüttenzechen verhandeln und die Frage der Organisation des Syndikats berathen sollen.
Leipzig, 28. Deijember. (W. T. B. Kammzug-Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. per Dezember — 4, per Januar 355 „t, per Februar 367 , per März 3,70 M, Fer April 3,0 , per Mai 3.75 M4, per Juni 375 6, per Juli 3,7! 6, per August 3, 8 S6, ver September 3,82 4, ber Oktober 3,826 , per November 3.32). Umsatz 20 000 Kg. Belgrad, 28. Dezember. (W. T. B.) Die Einnahmen der Königlich serbischen Staatseisenbahnen betrugen vom l. Januar bis 30. November er. 4549 182,59 Free., gegen den gleichen Zeitraum in 1891 4683 056,49 Fres,, Mindereinnahme 134 883,96 Fres. —
Die Einnahmen der serbischen Eisenbahn? Tuane Kasse betrugen vom 1. Januar bis 10. Dezember 1892 3191 203 07 Fres., gegen den gleichen Zeitraum in 1891 2929 359,71 Fres., mehr in 1892 261 843,36 Fres. Die Einnahmen der serblschen Obrt⸗ Kasse betrugen vom 1. Januar bis 10. Dejember 1892 2500 207,99 Fres., gegen den gleichen Zeitraum in 1891 2165635, 39 Francs, mehr in 18853 334572, 10 Fres.
Washington, 28. Dezember. (W. T. B) Der Kassenbestand der Staatskasse ist infolge der Goldausfuhr zurückgegangen und beträgt gegenwärtig 26 500 000 Dollars. .
New-⸗ York, 28. Dezember. (W. T. B.) Die Börse eröffnete fest, war im weiteren Verlaufe matt, schloß jedoch fest. Der Umsatz der Actien betrug 305 990 Stück. Der Silbervorrath wird auf 770 000 Unzen geschätzt. Silberverkäufe fanden nicht statt.
Weizen den ganzen Tag niedriger auf starkes Angebot. Schluß schwach behauptet. — Mais während des ganzen Tages niedriger auf große Zuführen. Schluß matt.
Weizen-Verschiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten nach Großbritannien 171 000, do. nach Frankreich 13 000, do. nach anderen Häfen des Continents
96 009), do. von Californien und Oregon nach Großbritannien
35 000, do. nach anderen Häfen des Continentt — Orts. Chicago, 28. Dezember. (W. T. B.) Weizen anfangs
höher, dann niedriger auf Realisirungen. Schluß kaum behauptet. —
Mais den ganzen Tag niedriger auf Realisationslust. Schluß matt.
Verdingungen im Auslande.
Italien. ; Ohne Datum. Verwaltung der EFisenbahnlinie Syracus — Licata: Lieferung von a. 1824,27 Centnern Blech, 6. 250, 94 ö Bolzen und 844 32 . Klammern für die Sectionen von Mondiur bis Comiso. Voranschlag zu a. 152 500, zu b. 50 500 Lire. Näheres an Ort und Stelle. . 20. Januar. Provinzial Deputation von Caserta: Errichtung einer eisernen Brücke über den Völturno zwischen Pietra⸗Vairano und Raviscanina. Niederlande.
3 Januar. De landbouwvereeniging Zuid-Beierland bei Herrn H. Blaak Bzn in Zuid⸗-Beierland (Süd-Holland): Lieferung von 30 000 kg Superphosphat, enthaltend 140, in Wasser lösliche Phosphorsäure, in Säcken von 80 kg, spätestens am 25. Januar 1893.
4. Januar. De landbouwvéereeniging in Nieuw-en Sint Joosland (Seeland) Lieferung von 32060 kg Superphosphat, 5h00 kg Ammoniak⸗Superphosphat und 20000 kg Chilisalpeter. Lieferungsbedingungen erhältlich bei dem Secretär der genannten Gesellschaft Herrn F. P. Polderdyk daselbst.
7. Januar. De afdeeling Kruiningen der Zeeuwsche Landbouw-Maatschappy: Lieferung von 145 000 kg Superphos— phat und 12 000 Eg Chilisalpeter. Angebote sind ver dem genannten Termin bei dem Secretär der Gesellschaft Herrn J. H. O. Domi— nicus in Kruiningen einzureichen.
; Chile.
1. März. Stadtverwaltung von Santiago: Elektrische Beleuch⸗
tung der Stadt.
Verkehrs⸗Anstalten.
Laut Telegramm aus Herbesthal ist die zweite englische Post über Osten de vom 28. d. M. ausgeblieben. Grund: Zugverspätung in England.
Laut Telegramm aus Aachen ist die dritte englische Post über Ostende vom 28. d. M. ausgeblieben; Grund: Nebel im Kanal.
Nach einer Meldung der „Köln. Zeitung“ aus Ruhrort ist die Rhein-Schiffahrt wegen Eisgangs geschlossen. Die Kohlen⸗ verladungen in den Ruhrhäfen sind größtentheils eingestellt. Viele Zechen müssen daher Feierschichten einlegen.
Koblenz, 28. Dezem ber. (W. T. B.) Das Betriebsamt Koblenz macht bekannt: Der Gütertraject Bingerbrück— Rüdesheim ist wegen Eisgangs ab heute eingestellt.
Bremen, 29. Dezember. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer . Havel“ ist am 27. Dezember Nachmittags von New-⸗YPork via Southampton nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Köln“, nach Brasilien bestimmt, ist am 27. Dezember Abends in Antwerpen angekommen. Der Schnelldampfer Fulda“, am 14. Dezember von Genua abgegangen, ist am 27. Dezember Nachmittags in New⸗JYork angekommen. Der Postdampfer „Ohio“ ist am 27. Dezember von Santos nach Bremen abgegangen. Der Postdampfer Frankfurt“ hat am 28. Dezember Vormittags die Reise von Vigo nach Antwerpen fortgesetzt. Der Postdampfer „Hannover“, nach dem La Plata bestimmt, ist am 28. Dezember Nachmittags in Antwerpen angekommen.
London, 28. Dezember. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer Garth-Castle“ hat gestern auf der Heimreise die Canarischen In eln passirt. Der Castle⸗Dampfer ‚Norham-⸗Castle“ hat gestern auf der Heimreise Madeira passirt. Der Castle—⸗— Dampfer „Warwick-Castle“ ist gestern auf der Heimreise von Capetown abgegangen. Der Union dampfer ‚Tartar! ist auf der Ausreise gestern von Lissabon abgegangen.
Theater und Mnusik.
Philharmonie. ö
Aus dem gestrigen populären Mittwochs-Concert ist die solistische Mitwirkung des Klaviervirtuosen Herrn Felix Dreyschock er— wähnenswerth. In dem EHs-dur-Concert von Beethoven bewies der Künstler eine große Sicherheit in Ueberwindung, aller technischen Schwierigkeiten, die stets mit tief eingehender und interessanter Vor⸗ tragsweise vereinigt war. Lebhafter Beifall des zahlreich erschienenen Publikums folgte seinem Spiel. Das vom Kapellmeister Lerfurth vortrefflich geleitete Orchester bewährte seine anerkannte Tüchtigkeit an diesem Abend noch speciell durch die Ausführung des Char⸗ freitags-⸗Zaubers“ aus Wagner's „Parsifal! und der „Ocean“ -Sym⸗ phonie von Rubinstein.
Im Königlichen Schauspielhause kommt am Sonn— abend (Sylvester zum ersten Male „Der Deputirte', Schwank in 3 Aufjügen von M. Malden, zur Aufführung. Das Personal des Stücks ist folgendes: Leroyer, Bergwerksbesitzer; Herr Oberländer, Isabella, seine Frau: Frau Stollberg, Angle, beider Tochter: Frau Conrad, Fayolles, Fabrikbesitzer: Herr Blencke, Hermance, seine Frau: Fräulein Abich, Leonie, Angèle's Bräutigam: Herr Hertzer, Gérard, Maler: Herr Arndt, Roland, Lerover's Secretär: Herr Vollmer Charles, Diener: Herr Will. Am Neujahrstage wird das St nc wiederholt.