1893 / 11 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 Jan 1893 18:00:01 GMT) scan diff

der Aufgabe mich doch nicht entziehen, die Bergwerksverwaltung in

utz zu nehmen. . e Herren, die Bergwerksdirection zu Saarbrücken, die nächste bei der Frage betheiligte Behörde, hat zunächst jede Verhandlung mit den Deputirten des Rechtsschutzvereins und den contractbrüchigen] Bergarbeitern abgelehnt, und auf diesem Standpunkte steht sie heute noch. Sie hat in dem Organ, welches sie benutzt, um ihre Kundgebungen an die Bergleute gelangen zu lassen, keinen Zweifel darüber gelassen, daß sie keiner Forderung der Ausständigen nachzugeben gewillt ist, daß sie dem Aus⸗ stande unter keinen Umständen nachgeben wird; sie hat auf die Folgen des Strikes unausgesetzt aufmerksam gemacht und die Betreffenden vor den Folgen desselben gewarnt. .

Nun kann man ja über die Wege, die in solchen Fällen werden einzuschlagen sein, sehr verschiedener Meinung sein. derr von Stumm ist der Ansicht, daß andere Wege richtiger gewesen wãren, daß die Wege, die die Bergwerksverwaltung eingeschlagen hat, die unrichtigen waren. Soweit ich seine Ausführungen verstehe, glaube ich, hat er wesentlich kzwei Gesichtspunkte im Auge, nämlich erstens den, daß die preußische Bergwerksverwaltung die Verpflichtung habe, ihren Arbeitern mitzutheilen: wer Mitglied des Rechtsschutzvereins ist, kann nie und nimmer Arbeiter auf den Königlich preußischen Bergwerken sein, und zweitens, daß die Bergwerksdirection bei Beginn des Strikes den Bergleuten hätte eröffnen müssen: wer nicht in der und der Zeit anfährt, wird für immer aus der Arbeit entlassen. Er ist des Glaubens, daß, wenn gleich bei Beginn des Strikes eine derartige Veröffentlichung gekommen wäre, er überhaupt sofort im Sande verlaufen wäre. Nun, meine Herren, ich bin der bestimmten Ueberzeugung, daß diese Ansicht irrig ist. (Zwischenruf.) Herr von Stumm ist naturgemäß nicht in der Lage, nachzuweisen, daß er Recht hat, ebenso wenig wie ich in der Lage bin, nachzuweisen, daß ich Recht habe; wohl aber bin ich in der Lage, nachzuweisen, daß das Verhaltenzder Bergwerksverwaltung dazu geführt hat, daß nach und nach von Tag zu Tag und in aller Ruhe der Strike seinem Ende mit Sicherheit entgegengeht. Ich bin der bestimmten Ueberzeugung, daß, wenn damals in der Zeit der höchsten Erregung den Arbeitern gesagt wäre: wer nicht in 24 Stunden oder drei Tagen anfährt, wird nicht wieder angelegt, diese Veröffentlichung nicht die mindeste Wirkung“ gehabt haben würde. (Sehr richtig! Die Bergwerksverwaltung wäre vor die Frage gestellt worden, ob sie nach Ablauf der Frist wirklich eine Belegschaft von 25 000 Mann dauernd ablegen solle. Denn wenn das einmal gesagt war, mußte man auch dabei stehen bleiben; dann durfte man nicht sagen: wer nachträglich kommt, wird doch wieder angelegt. Die mögliche Folge eines solchen Vorgehens konnte die sein, daß die Drohung nicht wirkte, daß die 25 000 Mann in den drei Tagen nicht zu ihrer Arbeit zurückkehrten, und dann trat eben der Fall ein, den ich leben geschildert habe. Deshalb hat die Bergwerkeverwaltung einen andern Weg eingeschlagen; ob es der beste Weg ist, darüber wird man streiten können. Aber daß er zum Ziele führen wird, und zwar sehr bald, ist mir nicht zweifelhaft. Der Weg, den die Bergwerksverwaltung eingeschlagen hat, ist der, daß diejenigen, die systematisch gegen' die Verwaltung hetzen, agitiren und sie verleumden, für immer abgelegt werden, und das betrifft ungefähr 500 Persönlichkeiten. Es ist weiter der Belegschaft mitgetheilt worden: es werden außer den jetzt ent— lassenen Leuten die Belegschaften noch um 2000 bis 3000 Leute ver⸗ mindert werden. Ob diese Ablegung eine dauernde oder zeitweilige sein wird, ist heute noch nicht zu sagen, das wird davon abhängen, ob die Strikenden sich rechtzeitig besinnen, und zweitens von der Con- junctur. Die Conjunctur hätte schon seit längerer Zeit die Bergwerks⸗ verwaltung dazu führen können, von der ganzen Belegschaft etwa S000 Mann abzulegen, mit den übrigbleibenden 22 000 wäre das Be⸗ dürfniß gedeckt worden. Das hat die Bergwerksverwaltung nicht gethan. Ich lobe sie deswegen. Sie hat im Interesse der Bergleute keine Entlassung vorgenommen; sie hat zwar die Löhne reducirt, hat Feierschichten eingelegt, aber die ganze Belegschaft mit einem durchaus auskömmlichen Lohn bei der Arbeit behalten. Diese Rücksicht auf die Arbeiter kann, nachdem fast die ganze Belegschaft unter Contract⸗ bruch in den Strike eingetreten ist, nicht mehr ausschlaggebend für die Verwaltung sein.

Die Rücksicht auf die Conjunctur wird in viel stärkerem Maße zu berücksichtigen sein wie bisher, und zwar so lange, bis wir über⸗ zeugt sind, daß wir es mit einer Belegschaft zu thun haben, die nicht mit jedem wahnsinnigen Führer in den Strike hineingeht.

Meine Herren, die Frage, ob gegen den Rechtsschutzverein als solchen vorzugehen ist, ist eine Frage, die die Bergwerksdirection in Saarbrücken nicht allein entscheiden darf, auch nicht allein der Ressort⸗Minister; das ist eine principielle Frage die derart wichtig ist, daß sie im preußischen Staats⸗ Ministerium nothwendig zur Behandlung und Entscheidung kommen muß, wenn sie aufgeworfen wird, weil außer der Bergverwaltung alle diejenigen preußischen Ressorts an ihr betheiligt sind, die eine große Zahl von Arbeitern beschäftigen. Also die Beantwortung der Frage, ob gegen den Rechtsschutzverein vorgegangen werden soll oder nicht, muß zur Zeit noch vorbehalten bleiben. Die preußische Bergwerks⸗ verwaltung steht nicht auf dem Standpunkt und wird nie auf dem Standrunkt stehen, daß sie die Coalitionsfreihcit der Arbeiter be⸗ schränken will. Ich bemerke aber, daß wenn sich unter der Firma einer solchen Coalition ein Verein bildet, der vom ersten Tage seines Be⸗ stehens bis zum letzten es sich zur Aufgabe stellt, das Verhältniß zwischen Belegschaft und Verwaltung zu trüben, der unter Aufführung von Unwahrheiten die Belegschaft gegen ihre Vorgesetzten verhetzt, dann es sich allerdings nicht mehr um die Frage des Cyoalitionsrechts der Arbeiter handelt, sondern darum, ob der Betrieb und die Ordnung im Betrieb noch aufrecht erhalten werden kann.

Nun, meine Herren, kann ich doch nicht verschweigen, daß ich die ich kann es doch nicht anders nennen die Angriffe des Herrn Abg. Freiherrn von Stumm auf die Bergwerksverwaltung in Saarbrücken auf das lebhafteste bedauere. Ich bin der Meinung, daß in einer Zeit wie der jetzigen, wo die Strikebewegung noch nicht zu Ende ist, man alles thun sollte, um die an und für sich schon außerordentlich schwierige Stellung der Localverwaltung nicht zu er⸗ schüttern, sondern nach Möglichkeit zu stärken. Der Herr Abg. Freiherr von Stumm kann mit seiner Kritik zur Zeit nichts Anderes erreichen, als die Stellung der preußischen Bergwerksverwaltung in Saarbrücken zu erschüttern. Ich frage: was kann für die Behandlung des Strikes eine Kritik der Vergangenheit dieser Verwaltung für einen Nutzen haben? Meines Erachtens wäre vollständig Zeit gewesen, im

preußischen Abgeordnetenhause, oder wenn der Herr Vorredner seine An⸗ schauungen selbst aussprechen will, im preußischen Herrenhause sie zur Sprache zu bringen. Daß sie heute schon gegeben ist, kann in der That an der Lage der Dinge nicht das mindeste ändern. Für die Zukunft, meine Herren, bin ich sehr gern bereit, Rath anzunehmen, den Rath erfahrener Leute, zu denen ich den Herrn Abg. Freiherrn von Stumm ganz gewiß nach allen Richtungen rechne. Aber, meine Herren, das muß ich doch sagen: hier hat die Ver⸗ waltung an Ort und Stelle und ihre vorgesetzte Behörde allein die Verantwortung zu tragen, und demgemäß muß ihr im gegen⸗ wärtigen Augenblick auch freie Hand für ihre Maßnahmen gelassen werden. Ich habe der Bergwerksdirection ausdrücklich zu erkennen gegeben, daß ich ihr nicht Schritt für Schritt vorschreiben will, was sie zu thun hat. Jetzt handelt es sich darum, daß die Behörde, die berufen ist, an einer so gefährlichen Stelle zu wirken, das nöthige Selbstbewußtsein hat, und dies kann sie nicht haben, wenn ihr von hier auf Schritt und Tritt vorgeschrieben wird, was sie zu machen hat. Die Bergwerksdirection in Saarbrücken hat ihrem vorgesetzten Minister das Programm vorgelegt, nach dem sie zu verfahren gedenkt. Das ist gebilligt worden, sie wird nun allein die geeigneten Schritte zu ergreifen haben, um in diesen schwierigen Verhältnissen das Richtige zu finden.

Meins Herren, der Herr Abg. von Stumm beruft sich auf das Urtheil der preußischen Industriellen der Saargegend und auch auf das Urtheil der Handelskammer in Saarbrücken. Sie sind mit ihm der Meinung, daß das Verhalten der Bergwerksverwaltung in dieser Frage zu schwächlich gewesen sei; sie sind mit ihm der Meinung, daß sis andere Mittel hätte einschlagen sollen. Ich berufe mich auf das Zeugniß der sämmtlichen Beamten, die dort an Ort und Stelle sind, der Bergwerksdirection in Saarbrücken und der elf Gruben⸗ directoren, die die einzelnen großen Gruben leiten. Ich stelle die Autorität dieser Beamten im gegenwärtigen Augenblicke für mich höher als die der Industrie, die, wenn sie auch den Verhältnissen nahe steht, ihnen aber doch nicht so nahe steht, wie diese Beamten, die vor allen Dingen die ganze Frage auch aus einem andern Gesichtspunkte betrachten. Wenn jene Herren wünschen, daß der Strike beendet werde, so theile ich den Wunsch vollständig. Ich begreife auch, daß sie ein lebhaftes Interesse daran haben, daß er so schnell wie möglich zu Ende geht; denn jeder Tag eines Verlustes an Kohlen bedeutet eine empfindliche Störung für die große Arbeiterschaft, die sie beschäftigen. Die Bergwerks- direction mußte sich aber auf den Standpunkt stellen, nach einem Mittel zu suchen, das nach Möglichkeit dauernd der Calamität ent⸗ gegentritt. Das hat sie darin zu finden geglaubt, daß sie dauernd die Leute von der Arbeit ablegte, die als unverbesserliche Störenfriede anzusehen sind. Hätte die Bergwerksdirection damals gesagt: wer innerhalb dreier Tage nicht anfährt, den entlasse ich, dann konnte niemand mehr legalerweise entlassen werden. Zuerst aufzufordern:

fangt an, und hinterher zu sagen: ich entlasse euch, weil ihr gehetzt habt, das ist eine Maßnahme, die ganz unangänglich war. Hatte man also die Absicht, dauernd die Entlassung einer größeren Zahl von Arbeitern vorzunehmen, so war der Weg, den der Herr Abg. von Stumm im Auge hat, überhaupt ganz unrichtig.

Meine Herren, ich kann nur die Bitte ausdrücken, daß, wenn die Verhältnisse des Saarbrücker Strikes im gegenwärtigen Augenblicke besprochen werden, man nicht die Thätigkeit der dortigen Behörden einer Kritik unterzieht, die geeignet ist, ihre Stellung in der öffent. lichen Meinung zu untergraben und die geeignet ist, dadurch ihre Stellung den strikenden Arbeitern gegenüber auf daß schwerste zu gefährden. Glauben Sie, an der Verwaltung kritisiren zu müssen, so thun Sie das zu einer Zeit, wo die Verhältnisse etwas ruhiger sind, als sie augenblicklich liegen. Dies. Zeit wird, wie ich ganz bestimmt annehme, in der allernächsten Zeit gekommen sein.

Die Maßnahmen, die die Bergwerksverwaltung getroffen hat, haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Am 2. Januar arbeiteten bon 30 000 Mann 4615, am 3. 6287, am 4. 7824, am 5. 8473, am 7 der 6. war ein Feiertag 8784, am 9. der 8. war Sonn—⸗ tag 9873, am 10. 1171, am 11. 13315, und heute sind 16047 Bergleute zur Arbeit angefahren. Sie sehen, daß die ruhige und besonnene Haltung der Bergwerksdirection es her— beigeführt hat, daß die Vernunft den Leuten langsam zurückkehrt. Ich bin, wie gesagt, fest überzeugt, daß in wenigen Tagen der Strike an den Saarbrücker Gruben sein Ende haben wird; wenn er auch nicht so beendigt wird, daß sämmtliche 30 000 Bergleute wieder zur Arbeit angefahren sind, wird er doch so beendigt sein, daß diejenigen Belegschaften, die überhaupt in Zukunft dauernd an der Grube an— gelegt zu werden Aussicht haben, wieder arbeiten. In wie viel Zeit dies der Fall sein wird, bin ich allerdings nicht in der Lage, anzu— geben; daß er aber nicht beendigt wird durch ein Nachgeben der Berg— werksdirection und der preußischen Bergverwaltung gegenüber diesen leichtfertigen Ausständigen, gegenüber diesen verbrecherischen Hetzerelen der Führer, kann ich heute schon aufs allerbestimmteste versichem. Beifall.)

Abg. Freiherr von Pfetten (Centr.): Ein Nothstand, der außer— ordentliche Mittel nothwendig machte, ist allerdings nicht vorhanden, aber eine allgemeine Nothlage macht sich bemerkbar, namentlich in den Kreisen der kleinen Landwirthe und des kleinen Gewerbe— standes. Die Ursachen derselben liegen in den manchesterlichen Ten. denzen der Gesetzgebung; die Reformgesetzgebung geht viel zu langsam. (Die Einzelausführungen des Redners sind nich verftändlich. Er vertheidigt das Centrum gegen den Vorwurf, daß es die i directen Steuern vermehre. Im Reiche gebe es eben keine ander Steuern als indirecte, und das Centrum wünsche, daß keine erheb— liche Steigerung derselben stattfindet.)

Um 5i Uhr wird die weitere Besprechung der Inter— pellation auf Freitag, 1 Uhr, vertagt.

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Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗Maszregeln. Nachrichten

über die Verbreitung von Thierkrankheiten im Auslande. Oesterreich.

7. November.

Kronland

Maul⸗ und Klauenseuche 2 Maul⸗ und Klauenseuche Lungenseuche w Maul⸗ und Klauenseuche k Maul⸗ und Klauenseuche Lungen s ent. Maul⸗ und Klauenseuche Lungenseuchen. (

Nieder⸗Oesterreich Ober⸗Oesterreich Böhmen Mähren. Schlesien Saljburg Steiermark Tirol⸗Vorarlberg

Galizien Bukowina

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14. November. 30. November. Zahl der ver Höfe: Or Orte: 78 3 9

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Komitate: Maul⸗ und Klauenseuche 29 294 Lungenseuche . 1 .

Rutland. Rinderpest. Im Monat August.

Gouvernements: des des getõdteten gefallenen 5M; 9 Orenburg Charkow J Stawropol (Kaukasus) Gebiete: Donische Kosaken Kuban (Kaukasus). Terek (KRaukasus)

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1.— 15. Nevember.

wverseuchten und verdächtigen Ställe Orte: Ställe:

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Kantone: 6

Schaff hausen Appenzell a. Rh. Appenzell i. Rh.. St. Gallen Graubünden Thurgau Genf . Belgien. Im Monat Oktober. Zahl der verseuchten

Provinzen: Gemeinden: S l 7 13 Maulseuche 7 161

Nr. 2 der Veröffentlichun gen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts“ vom 11. Januar hat folgenden Inhalt: Gesundheits⸗ stand. Mittheilungen über Volkskrankheiten, insbesondere Cholera. Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 009 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Berliner Krankenbäusern. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Land— bezirken. Witterung. Maßregeln gegen Cholera ꝛc. Todes⸗

10. November.

18. November. 24. November. 2. Dezember. Zahl der verseuchten . Orte; Höfe: Kom. : Orte: Höfe: Kom. : Orte: Höfe: Kom.: Orte: Höfe: 336 339 ö , 518 78 Gil 363 3536 11 132 16 woö9 12 118 315

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ursachen in den Städten Dänemarks 1890. Gesetzgebung u. s. w. (Preußen). Drogenhandlungen. Taxe für Medizinalpersonen. Ginnahmen der Physiker. Arjneitaxre. (Reg.-Bez. Köslin Sahressanitäts berichte. (Hessen). Arzneitaxe. (Sachsen⸗Weimecn) Desgl. (Elsaß⸗Lothringen). Weinsteuer für Rosinenwein. Thier= scuchen im Deutschen Reich im 3. Vierteljahr. Desgl. in Oester reich. Veterinärpolizeiliche Maßregeln. (Preußen, Reg. Bezirke Posen, Oppeln, Aurich, Münster, Osnabrück, Königsberg, Sachsen, Bremen, Hamburg, Ober⸗Elsaß, Schweden, Türkei)). Recht sprechung. (Landgericht Köln und Reichsgericht). Anpreisung und Verkauf von Hess. und Geheimmitteln. Vermischtes. (Elsaß⸗ Lothringen. Straßburg). Ghemisches Laboratorium der Polijei— Direction 1871/1872. = Geschenklifie. Beilage. Gerichtliche Ent scheidungen zum Nahrungemittel⸗Gesetz (Wein, Spirituosen, Kaffee, Ther, Cacao, Chokolade, Mineralwässer).

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Begrünbet der Miether von Geschäftsräum en mit anderen eine offene Handelsgefellfchaft ohne eine, Beschränkung der Befugnisse der Gesellschafter zur Vertretung der Gesellschaft 34 bie Mietheräume in Benutzung nimmt und ihre Mobilien . hineinbringt, so erstreckt sich, nach einem Urtheil des Reich ericht⸗, JV. Civilfenats, vom 22. September 1892 in Preußen das ge eli Pfand und Retentionsrecht des Vermiethers ohne weitere auf die Illaten der Handelsgesellschaft.

Das Patentrecht, d. h, die ausschließliche Befugniß der Patentinhabers, gewerbsmäßig den, Gegenstand der esinhan⸗ en n, in Verkehr zu bringen, feil zu halten oder zu gebrauch) wird, nach einem erb des Reichsgerichts, J. Civilsenats, 6 15. Oktober 1807, von dem Deutschen Relchs⸗ Patentamt nu r n, das Deutsche Reich ertheilt. Dagegen steht sowohl 36 Ausländer, als auch einein Deutschen frei, auß er halb des Deut Reichöt das patentirte Verfahren anzuwenden und das hergestellte Product im Auslande zu vertreiben, falls der Ge in dem Herstellungs⸗ und Vertriebtlande nicht ebenfall ständigen Behörde dieses Landes patentirt ist; a gehindert, im Deutschen Neich Verträge über die

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ben Vertrieb patentirter Artikel im Auslande abzus

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 11.

Red e des Finãnz· Ministers Dr. Miquel in der 13. Sitzung des Hauses der Abgeordneten vom 12. Januar bei Einbringung des Staatshaushalts⸗-Etats für 1893/94: Hochverehrte Herren! Ich habe die Ehre, dem hohen Hause zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung vorzulegen: die allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt des Jahres vom 1. April 1889/90 nebst Anlagen, sowie die Uebersicht von Staatseinnahmen 1891/92 nebst Anlagen auf Grund der Allerhöchsten Ermächtigung vom 2. Januar 1893; weiter den Gesetzentwurf, betreffend die Deckung von Ausgaben des Rech⸗ nungsjahres 1891/92 nebst Motiven, auf Grund der Allerhöchsten Ermächtigung vom 10. Januar 1893, und endlich die beiden Gesetzentwürfe, betreffend die Feststellung des Staats⸗ haushalts-Etats für das Jahr vom 1. April 1893ñ94 und betreffend die Ergänzung der Einnahmen dieses Etats, auf Grund der Allerhöchsten Ermächtigung vom H. Januar 13893. Ich möchte mir gestatten, diese Vorlagen im Zusammenhange mit einigen einleitenden Erläuterungen zu begleiten.

Der Etat für das Jahr 1893/94 schließt ab in Einnahme mit 1835 497 460 S, in Ausgabe und zwar im Ordinarium mit 1844 803 255 SG, im Extraordinarium mit 49 294 205 S, zu⸗ sammen also in Ausgabe mit 1 894097 460 , sodaß ein Fehlbetrag von 58 600 000 6 zu decken bleibt.

Dabei ist allerdings zu bemerken, daß wir die frei— willigen, auf Beschlüssen des Hauses, die in Uebereinstim⸗ mung mit der Staatsregierung gefaßt sind, beruhenden extraordinären Schuldentilgungen nach Kap. 37 des Etats der Schuldenverwaltung im Betrage von 20 Millionen beibehalten haben, weil wir eben von der Ueberzeugung ausgehen, daß diese Schuldentilgungen dauernder Natur sein sollen, aber hoffen, daß die jetzige ungünstige Lage des Staatshaushalts sich im Laufe der Zeit wieder beheben wird. Außerdem möchte ich bemerken, daß eine wirk— liche Inanspruchnahme des Kapitalmarkts zur Deckung des Fehl⸗ betrages im wesentlichen nicht erforderlich sein wird, weil wir dazu den noch in unseren Händen befindlichen Fonds aus dem Mehrauf— kommen der Einkommensteuer werden verwenden können.

Dieses unerfreuliche Ergebniß des nächstjährigen Etats, wo wir zum ersten Mal nach längeren Jahren wieder genöthigt sind, den Etat durch eine Anleihe zu ergänzen, darf uns doch nicht zu sehr c⸗ schrecken und nicht zu stark pessimistische Anschauungen in Beziehung auf die Lage unserer Staatsfinanzen hervorrufen. Wir müssen uns ein für alle mal darüber klar sein, daß, nachdem die Betriebs⸗ verwaltungen, namentlich nach Verstaatlichung der Eisenbahnen, eine so entscheidende und bedeutende Stellung in unserem ganzen Finanz⸗ wesen eingenommen haben, man sich auf derartige Schwankungen in Beziehung auf das Gesammtergebniß der Staats⸗Finanzverwaltung wird gefaßt machen müssen. Ich werde später auf diesen Gegenstand zurückkommen. Der Etat ist ein Spiegelbild der allgemeinen Lage der gewerblichen Entwickelung in den letzten Jahren und in der Gegenwart, und ist noch besonders beeinflußt durch zweifellos vorüber— gehende Verhältnisse.

Die Eisenbahnverwaltung allein tritt mit einem Minderertrage von 29 029 180 ½ auf, die Bergwerksverwaltung ist veranschlagt mit einem Minderüberschuß von 3 294 206 Sc. Daneben sind die Ueber— weisungen vom Reich, namentlich im Verhältniß zu den Anforde⸗ rungen des Reichs, in sehr starkem Rückgange begriffen. Während die Ueberweisungen etwas niedriger veranschlagt sind als im vorigen Jahre, betragen die Matrikularbeiträge, welche wir dem Reich zu leisten haben, allein 2 O74 000 S mehr. Daneben kommen in Be— tracht Mehrausgaben für die öffentliche Schuld im Betrage von 7 Millionen Mark, in welcher allerdings eine extraordinäre Schulden— tilzung nach Maßgabe des bekannten Kapitels 37 von rund 1200 000 ½ steckt. Die Pensionen sind um 1 500 000 MS und die Wittwen- und Waisengelder um 1235 000 M höher veranschlagt. Die Ausgaben für den Cultus-Etat sind gewachsen um über zwei Millionen. Solchen plötzlichen Einnahmeverminderungen auf der einen Seite und starken Vermehrungen der Ausgaben auf der anderen Seite gegenüber konnten die regulären Einnahmen des Staats nicht stand halten, und es erklärt sich dadurch ganz naturgemäß, daß es für das nächste Jahr trotz aller Bemühungen nicht gelungen ist, den Etat zu balanziren durch seine eigenen Einnahmen, und daß wir extra— ordinäre Mittel in dieser Beziehung zu Hilfe nehmen müssen.

Meine Herren, wenn wir in die Vorjahre zurückblicken und das wird nothwendig sein, um eine klare Anschauung bezüglich der Zu— kunft unserer Finanzlage zu gewinnen —, so sehen wir namentlich bei dem Etat der Cisenbahnverwaltung, dessen Ergebnisse ja entschei⸗ dend sind für unsere Finanzlage, auch in der Vergangenheit ein außer— ordentlich starkes Schwanken der Netto⸗Einnahmen. Unter Netto⸗ Einnahmen verstehe ich diejenigen Einnahmen, welche sich ergeben nach Abzug der eigenen Ausgaben der Eisenbahnverwaltung von den Brutto-Einnahmen. Wir sehen Schwankungen in einzelnen Jahren im Betrage von 50 Millionen Mark, namentlich geht aus der Statistik der Vergangenheit hervor, daß diese Netto- Einnahmen der Eisenbahnverwaltung im Steigen geblieben sind vom Jahre 1880 ab bis zum Jahre 1886/87, dann aber, namentlich vom Jahre 1887,83 ab, in einem, wenn auch nicht sehr bedeutenden, Rückgange geblieben sind.

Im Jahre 1889 / 990 betrug die Netto⸗Einnahme der Eisenbahnen 321 Millionen, fiel dann im folgenden Jahre auf 311 Millionen, und betrug nach der Rechnung des Jahres 1890/91 311 Millionen. Aus diesen Thatsachen wird man wohl die tröstliche Ueberzeugung her⸗ leiten können, daß beim Wiederaufleben der allgemeinen gewerblichen und industriellen Verhältnisse auch die Ginnahmen der Eisenbahn—

und Ausgaben des Jahres

Berlin, Freitag, den 13. Januar

verwaltung wieder eine steigende Richtung annehmen werden, und daß diese steigende Richtung einen Betrag erreichen kann, welcher dem gegenwärtigen Deficit nahezu entspricht. Allerdings ist richtig und dürfen wir in keiner Weise vergessen, daß in der Zwischen—⸗ zeit auch die Ausgaben der Eisenbahnen erheblich ge⸗ stiegen sind, und daß das Verhältniß der Ausgaben zu den Einnahmen ein ungünstigeres geworden ist. Wir werden uns daher nicht allein verlassen dürfen auf ein Wiederaufleben der industriellen und gewerblichen Bewegung und dadurch hervorgerufene Steigerung der Einnahmen, sondern wir werden erwarten müssen, daß es den darauf gerichteten Bemühungen der Eisenbahnverwaltung gelingt, auch die Ausgaben möglichst zu vermindern und, nach dem alten guten Grundsatz, mit wenigem möglichst viel zu leisten. (Be⸗ wegung links.)

Meine Herren, über den Finalabschluß des Jahres 189192 habe ich schon im Vorjahre an anderer Stelle Mittheilungen gemacht. Das Jahr schließt ab mit einem Deficit von 42 833 000 , ich nenne Ihnen nur runde Zahlen. Wenn man das Verhältniß der Ein⸗ nahmen und Herauszahlungen beim Hinterlegungsfonds mit in Betracht zieht, so würde dieses Deficit auf 44 972 000 ½ steigen. Im Jahre 1891/92 hat die Eisenbahnverwaltung gegen den Etat einen Minderüberschuß gebracht von 59 306 000 S, und wenn das Deficit trotzdem nur die vorher angegebene Summe beträgt, so beruht das darauf, daß andere Verwaltungen noch erhebliche Mehrüberschüsse brachten. Insbesondere hat die Forstverwaltung noch 3 398 000 , die Verwaltung der directen Steuern 3 393 000, die der indirecten Steuern 759 000, die Lotterieverwaltung 60 000, die Bergwerks⸗ verwaltung fast 2 000000 ½ über den Etat hinaus geliefert, während andererseits die Domänenverwaltung mit einem Minderertrage von fast 283 000 M abschloß und der Erlös aus der Ablösung von Do⸗ mänengefällen und Verkäufen von Domänen- und Forstgrundstücken etwa 309 000 M weniger betrug, als im Etat veranschlagt war.

Bei den Zuschußverwaltungen erforderte das Finanz⸗Ministerium weniger 1 616 000 6, die Justizverwaltung 1 697 000 S; dagegen erforderte das Landwirthschaftliche Ministerium 780 000½ mehr. Dazu kommen noch einige andere kleinere Verwaltungen, die ich, um das Haus nicht so viel mit Zahlen zu belästigen, nicht nennen will, sodaß die Zu⸗ schußverwaltungen im ganzen einen Minderbedarf hatten von 2100000 Die etatsmäßigen einmaligen und außerordentlichen Ausgaben er— forderten einen Minderbetrag von 1934 000 Sις gegen den Etat, während bei der außeretatsmäßigen extraordinären Verwaltung im ganzen eine Ausgabe von 2396 000 SLP zu decken war. Diese beruht theilweise auf dringlichen, nicht aufschiebbaren Ankäufen bei der Berg⸗ werksverwaltung, zum größten Theil aber auf Ueberschreitung bei der Eisenbahnverwaltung und bei der Bauverwaltung; auch erwuchs allein für Herstellung des Instituts für Infectionskrankheiten in Berlin eine außeretatsmäßige Ausgabe von 499 000 M

Meine Herren, wenn ich nun frage: wie wird sich das laufende Etatsjahr gestalten? so kann ich auch in dieser Beziehung besonders günstige Aussichten nicht stellen; im Gegentheil, es wird wohl mit Bestimmtheit angenommen werden müssen, daß der Fehlbetrag gegen die Etatisirung aller Wahrscheinlichkeit nach mindestens dem Fehl⸗ betrage des Jahres 1891/92 gleichkommt. Wir rechnen nämlich, indem ich diese Schätzung mit allem Vorbehalt gebe, wie sie in einer Zeit, wo vier Monate noch unabgerechnet sind, natürlich nur gegeben werden kann, bei den Domänen einen Minderüberschuß von 100 000 , bei den Forsten einen Mehrüberschuß von 1500 000 ; die Mehreinnahmen werden bei den Forsten wohl 2 Millionen betragen, dagegen ist auch eine Mehrausgabe in Betracht zu ziehen von 500 000 SJ, Bei den indirecten Steuern wird ein Minderüberschuß von 1 Million Mark ins Auge zu fassen sein, und zwar eine Mindereinnahme von 1 900 000 „, hauptsächlich bei der Stempelverwaltung; dagegen werden etwa 900 000 San den Aus⸗ gaben erspart werden. Bei der Bergwerksverwaltung würden wir nach den bisherigen Ergebnissen, die möglicher Weise durch die gegen⸗ wärtigen Zustände noch verschlimmert werden können, einen Minder⸗ überschuß von 5 580 000 Me ins Auge zu fassen haben, und bei den Eisenbahnen endlich einen Ausfall an den veranschlagten Netto⸗ einnahmen von 61 Millionen. (Hört! Hört!)

Wir nehmen an, daß die Mindereinnahme etwa 64 Millionen betragen wird, derselben stehen aber Minderausgaben gegenüber, wobei diejenigen Minderausgaben, die auf das letzte Jahr zu übertragen sind, welche also nur eine Verschiebung der Ausgaben von einem Jahr auf das andere bedeuten, im Betrage von 11 Millionen Mark nicht in Rechnung ge⸗ zogen sind. Bei der öffentlichen Schuld wird eine Mehrausgabe von etwa 1 Million entstehen und ebenso wird der Landtag eine Mehrausgabe von etwa 1 Million erfordern, da in der Regel bei der Veranschla⸗ gung nur auf eine Tagung von vier Monaten gerechnet wird, während im ganzen ein Zusammensein der Landesvertretung von fast 77 Mo⸗ naten stattfand.

Der Antheil am Ertrage der Zölle und Tabacksteuer ist um fast 12 Millionen höher zu erwarten, als veranschlagt ist, während der Antheil am Ertrage der Branntweinsteuer und Verbrauchsabgabe 1800000 und der Antheil am Ertrage der Reichsstempel 4120 000 ½ niedriger sein dürfte, als veranschlagt ist.

Endlich, meine Herren, werden die Ueberweisungen an die Com⸗ munalverbände sich nach unserer jetzigen Schätzung um 9 400 000 M6 gegen den Etat niedriger gestalten. Der Etatsansatz beträgt bekannt⸗ lich 41 Millionen Mark, und es wird daher eine Minderüberweisung gegen den Etat von 9 400 000 MS platzgreifen. Ich bin aber namentlich nach den Ergebnissen der letzten Monate zweifelhaft ge⸗ worden, ob dieser Minderertrag nicht noch viel erheblicher sein wird.

Die Justizverwaltung wird besser abschließen, nach unserer jetzigen Schätzung um 500 000 Sc, und bei der Cultusverwaltung wird voraussichtlich eine Million erspart werden, da die Fonds zur Durch⸗ führung des Normal⸗Etats in diesem Jahre nicht voll zur Verwen⸗ dung gekommen sind, vielmehr etwa zwei Drittel erspart werden, worin also auch eine dauernde Ersparung nicht liegt.

1893.

Wir werden hiernach zweifellos im ganzen auf einen nicht uner⸗ heblichen Fehlbetrag auch im laufenden Jahre uns gefaßt machen müssen.

Dabei ist allerdings, was die Eisenbahnverwaltung betrifft. wesentlich in Betracht zu ziehen, daß deren Einnahmen nicht bloß durch die allgemeine Lage der wirthschaftlichen Verhältnisse, fondern insbesondere durch die Cholera⸗Epidemie sehr bedeutende Einbuße erlitten haben. Wir wollen wenigstens hoffen, daß wir von dieser Calamität im nächsten Jahre verschont bleiben, und dann werden schon aus diesem Grunde die Einnahmen der Eisenbahnen sich jedenfalls wieder heben. Wir dürfen ja wohl auch hoffen, nach verschiedenen Anzeichen in ver— schiedenen Industriezweigen, daß wir den schlimmsten Punkt in unserem industriellen Rückgang erreicht haben und daß wir einem Wieder⸗ aufleben der ganzen wirthschaftlichen Verhältnisse entgegengehen.

Wenn ich nun noch auf das einzelne des nächstjährigen Etats etwas näher eingehen darf, so will ich hervorheben, daß im Drdi⸗ narium des Etats die ordentlichen Einnahmen gegen das Vorjahr u 15 600 000 M rund niedriger, die Ausgaben dagegen um 40 Mil- lionen rund höher veranschlagt werden mußten. Die außerordent— lichen Ausgaben sind um 23 Millionen höher veranschlagt als im Vorjahre. Im Ordinarium sind bei den einzelnen Einnahmeweigen bei welchen diese Verluste hauptsächlich stecken, höher veranschlagt di directen Steuern um 4459 000 S; die Lotterieverwaltung if hohe veranschlagt um 890 000 e,

Meine Herren, Sie werden in diesem Etat den Antr Staatsregierung, die Lotterie um 30 000 Loose zu vermehren,

ö Staatsregierung hat sich dabei von folgenden Erwäg assen. e

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1 Wir haben nach der Haltung des Hauses bei vertretung auf den prineipiellen Standpunkt, daß jede Lotterie Uebel sei und den Spieltrieb der Menschen anreize und vermehre sich nicht stellt. Von dieser Ueberzeugung sind wir ausgegangen; wir standen vor der Frage, nicht, ob die Lotterie überhaupt zu be⸗ seitigen, sondern ob die Lotterie beizubehalten sei nicht bloß in ihrer gegenwärtigen Verfassung und Ausdehnung, sondern ob sie auf der bezeichneten Grundlage dem Be⸗ dürfniß, welches zweifellos hervorgetreten ist, ihrerseits t werden oder zulassen soll, daß dieses Bedürf wird durch auswärtige Lotterien wir haben vor 5 die Lotterien in Hamburg, in Braunschweig und namentlich in Mecklen⸗ burg, welche in den letzten Jahren ihre Loose von 18 000 auf 70009 erhöht haben, (hört! rechts) unzweifelhaft ihr Absatzgebiet wesentli in Preußen finden ob wir diesen Zustand e oder dem in Preußen hervorgetretenen, nicht der Lotterieverwaltung, sondern auch von den? schiedenen Landestheilen bezeugten Bedürfniß h die e waltung Rechnung tragen wollen, das ist die Frage. Diese Frage haben wir bejaht, umsomehr als zweifellos diejenigen Mittel der Reclame und des Anreizes zum Spiel, welche sich die Vertreiber der in Preußen nicht zugelassenen Lotterieloose erlauben, bei der preußischen Staatsverwaltung in keiner Weise stattfinden, man also diese Frage nicht vom Standpunkt der öffentlichen Moral betrachten kann, sondern vielmehr annehmen kann, daß der ganze Vertrieb ein soliderer, weniger bedenklicher wird, wenn er mehr übergeht in die preußische Verwaltung selbst. Es sind also allerdings hier auch finanzielle, aber nur nebensächliche finanzielle Rücksichten in Frage gekommen. Haupt sächlich haben diejenigen Gesichtspunkte entschieden, die ich Ihnen eben vorzutragen mir gestattete.

Höher sind sodann noch die Forsten mit 590 000 6 und die indirecten Steuern mit 441 000 M veranschlagt. Ich sagte schon, daß die Eisenbahnverwaltung um 29 Millionen niedriger veranschlagt ist; was die Bergverwaltung betrifft, so haben auch hier nach den Ergebnissen des Vorjahres die Etatansätze erheblich reducirt werden müssen, und ist auch hier ein Minderüberschuß von 3 294 000 6 ver- anschlagt. Ebenso bei der Seehandlung ein Minderüberschuß von 325 000 M und bei den Domänen ein solcher von 196 000 S; die bisher bei der Centralverwaltung der Domänen und Forsten ver— anschlagten Verwaltungskosten im Betrage von 452 000 (6 sind in dem vorliegenden Etat auf das Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten übertragen worden. Bei den Dotationen und der allgemeinen Finanzverwaltung ist ein Mehrerforderniß von 24 322 000 S in Anschlag zu bringen gewesen. Die öffentliche Schuld erfordert eine Mehrausgabe von 6431 009 S, außerdem ist aber bei dieser Verwaltung die öffentliche Schuldentilgung um 1200 000 ½ gestiegen.

Die allgemeine Finanzverwaltung hat ein Mehrerforderniß von 16786 000 ½« Das Mehrerforderniß setzt sich aus folgenden An⸗ sätzen zusammen: Bei den Ueberweisungen von Zöllen und der Tabacksteuer ist ein Mehrertrag von 1 483 000 veranschlagt. Außerdem wird angenommen, daß die Rückzahlungen auf Darlehen, namentlich aus den Nothstandsjahren, in diesem Etatsjahre 152 000 6 mehr betragen werden. Dagegen ist eine Mindereinnahme bei dem Antheil an der Verbrauchsabgabe von Branntwein im Betrage von 1 444000 und an den Reichsstempelabgaben von 587 000 , endlich eine Mindereinnahme beim Staatsschatz von 1 500 000 6 in Anschlag zu bringen. Die Mehrausgabe bei dem Beitrage Preußens an das Reich beträgt, wie ich schon sagte, 23 Millionen. Eine Minderaus. gabe von 404 374 M endlich ergiebt sich aus der Ablösung der auf Grund der Wegeordnung für die Provinz Sachsen zu zahlen ge— wesenen Rente, indem wir sofort nach Abschluß des Uebereinkommens und Emanirung des Gesetzes diesen Betrag in Gemäßheit des statt. gefundenen Uebereinkommens mit der Provinz Sachsen durch HYergabe von 3zprocentigen Consols getilgt haben.

Die Ueberweisungen an die Kreise sind um 7 1400009 4 niedriger veranschlagt als im Vorjahre. Ich bemerke dabei, daß bier, dem Herkommen entsprechend, der Betrag der Ueberweisungen nach dem dreijährigen Durchschnitt berechnet ist. Wenn ich erwäge, wie sich die Zolleinnahmen von den Getreide, und Viehzöllen in den