1893 / 18 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 Jan 1893 18:00:01 GMT) scan diff

w

Sachsen.

Wie das Dr. J. meldet, ist das Befinden Ihrer Kaiser⸗ lichen und Königlichen Hoheit der Prinzessin Friedrich August und des Prinzen Georg bisher ein anz zu⸗ friedenstellendes gewesen. Seine Königliche Hoheit der

rinz Albert, jüngster Sohn Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Georg, ist seit dem 18. 5. M. an den. Masern erkrankt, nachdem schon einige Tage lang leichtes Unwohlsein vorhergegangen war. Das Fieber ist zwar nicht unbedeutend, aber der Krankheit entsprechend. Auch im übrigen ist der Verlauf der Krankheit zur Zeit ein normaler.

Württemberg.

Das Ministerium des Kirchen- und Schulwesens hat, wie der „Schw. Merk.“ vernimmt, mit Allerhöchster Ermächtigung angeordnet, daß der Tag des Geburtsfestes Seiner Majestät des Kaisers förtan an den öffentlichen Schulen des Landes allgemein als schul freier Tag zu behandeln ist.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat sich gestern Nachmittag zum Besuch des Königlichen Hofes nach Dresden begeben. Höchstderselbe wird nach der „Th. C“ dort zwei Tage verweilen und dann zu den Vermählungsfeierlichkeiten nach Berlin reisen. Die Rückkehr nach Weimar wird gegen den 30. Januar erfolgen. Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin reisen am Sonnabend nach Berlin.

Samburg.

Die in Nr. 16 des „R= u. StA.“ erwähnten dringlichen Anträge des Senats um Nachbewilligung von 2300 050 , für die Filtrirwerke ist von der Bürgerfch aft in ihrer vor— gestrigen Sitzung angenommen worden.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Dem gestrigen glänzend verlaufenen Ballfest der Stedt Wien wohnten die Erzherzoge Carl Ludwig, Ludwig Victor, Ferdinand, Otto, Wilhelm und Rainer sowie der Herzog von Cumberland bei. Um Uhr traf der Kaiser ein, wurde von dem Bürgermeister und dem Vice⸗Bürgermeister begrüßt und betrat mit der Gemahlin des Bürgermeisters den Magistratssaal, wo er Cercle hielt. Der Kaiser zeichnete sämmtliche anwesen— den diplomatischen Vertreter durch Ansprachen aus und unter— hielt sich namentlich längere Zeit mit dem französischen Bot— schafter Decrais, reichte dann der Gemahlin des letzteren den Arm und begab sich mit ihr in den Festsaal, wo er von brausendem Jubel empfangen wurde. Der Kaiser verweilte etwa eine Stunde auf dem Fest.

Anläßlich der Vermählung des Herzogs Albrecht von Württemberg ist, wie „W. T. B.“ berichtet, eine aus elf württembergischen Offizieren bestehende Deputation in Wien eingetroffen.

Bei der gestern im ungarischen Unterhause fort— gesetzten Berathung des Budgets erklärte der Minifter des Innern Hieronymi, daß, um die Einwanderung russischer Juden und anderer Ausländer und deren Niederlassung auf ungarischem Gebiet zu verhindern, die Handhabung der Jemeindeordnung genüge, Die Auswanderung nach Amerika könne, nicht durch Gewaltmaßregeln, sondern nur durch die Aufklärung des Volks hintangehalten werden.

Bei den Gemeindewahlen in der Prager Vorstadt Karolinenthal haben vorgestern die Altezechen den Sieg davon getragen.

Großbritannien und Irland.

Sir West Ridgewan ist, wie „W. T. B.“ meldet, für heute zur Königin nach Osborne berufen worden. Er wird am Sonntag über Paris und Madrid nach Gibraltar ahreisen und sich von dort auf einem englischen Kriegsschiff nach Tanger begeben.

Gestern hat in London eine Versammlung von Mit— gliedern des Unterhauses stattgefunden, in der ein— stimmig der Beschluß gefaßt wurde, alle Mitglieder des Unter— hauses aufzufordern, einen Gesetzentwurf ihre Zustimmung zu geben, durch welchen die Einwanderung armer Aus länder in England verhindert wird. Der Deputirte James Lowther erklärte, er werde gegebenenfalls zur Antwort ⸗Adresse auf die Thronrede bei Eröffnung des Parlaments ein bezůg⸗ liches Amendement beantragen.

Eine in Belfast am 17. d. M. abgehaltene Versammlung von Unionisten hat der „A. C.“ zufolge einstimmig die im vergangenen Sommer von der Convention abgegebene Er— klärung bestätigt, die in den Worten „Wir wollen keine Home— rule“ ihren Ausdruck fand. „Was auch immer die Natur der Homerule⸗Vorlage, die der Premier⸗Minister Gladstone dem Parlament vorlegen wird, sein mag, die Männer von Ulster“, sagte der Vorsitzende der Versammlung, der Marquis von Londonderry, „wollen nichts damit zu thun haben“.

Das radicale Mitglied des Parlaments Labouchere hat in seinem Blatt „Truth“ drei Forderungen in Bezug auf Homerule gestellt. Danach muß die Vorlage, um sie an— nehmbar zu machen, erstens eine endgültige Löfung der Frage herbeiführen; zweitens muß sie als eine solche Lösung der Frage von der irischen Nationalistenpartei angenommen werden, und drittens muß sie das Reichs-Parlament von dem Incubus irischer Debatten befreien.

Frankreich.

Der Ministerrath beschäftigte sich dem „W. T. B.“ zufolge in seiner gestrigen Sitzung mit der auswärtigen Lage und namentlich mit der egyptischen Angelegenheit. Der Minister des Auswärtigen Develle theilte mit, daß die Er— nennung von Riaz Pascha zum Minister-Präsidenten der Aus— druck eines zwischen den Cabineten von Frankreich und England vereinbarten Vorgehens sei.

Die von dem Minister des Auswärtigen Develle in der vorgestrigen Sitzung der Deputirtenkammer abgegebene Er⸗ klärung, daß er den französischen Botschafter in London beauftragt habe, von der britischen Regierung Aufklärungen über die Vorgänge in Egypten zu erbitten (s. die gestrige Nummer des „R. u. StA.“ ), wird durch ein Telegramm des „Reuter schen Bureaus“ aus London von gestern bestätigt. Da— [ft habe der französische Botschafter Waddington vorgestern Lord Roseberry eine Note überreicht, worin erklärt werde, daß Frankreich nicht gleichgültig bleiben könne bei einem Act, der den Zweck hätte, die Unabhängigkeit des Khedive zu beein—

trächtigen und die in Egypten durch Verträge fesigestellte Lage zu alteriren. 3

Der Senat begann gestern die Berathung der von dem Justiz Minister Bourgeois eingebrachten Novelle zum Preßgesetz. Goblet sprach ö gegen den Entwurf aus, der unnütz sei. Der Berichterstatter der Commission Trarieur vertheidigte den Entwurf. Der Justiz⸗-Minister Bourgeois erklärte, der Entwurf berühre in keiner Weise die Preßfreiheit, sondern werde lediglich den Ausschreitungen der Presse Ein⸗ halt thun. Der Senat beschloß mit großer Stimmenmehrheit, in die Berxathung der einzelnen Artikel einzutreten. Die von der Deputirtenkammer abgelehnten Artikel, wonach Beschlag⸗ nahmungen der Blätter und präventive Verhaftungen zulässig sind, wurden angenommen. Heute findet die Fortsetzung der Be— rathung statt. ;

In der Deputirtenkammer theilte der Präsident mit, daß der Deputirte Bashaut sein Mandat niedergelegt habe. Die Kammer begann darauf die Generaldebatte über das Budget für das Jahr 1893. Diese wurde zu Ende geführt und sodann die Berathung des Budgets des Aus⸗ wärtigen begonnen. Der Deputirte Hubbard sprach für ein Amendement, wonach die Ausgaben für den Botschafter⸗ posten beim Vatican gestrichen werden sollen. Der Minister des Auswärtigen Develle bekämpfte den Antrag, der hierauf mit 317 gegen 91 Stimmen abgelehnt wurde. Das Budget des Auswärtigen wurde sodann angenommen. Die nächste Sitzung findet heute statt.

Der Graf dHaussonville hat an Hern, den Director des „Soleil“, ein längeres Schreiben gerichtet, worin die Grundzüge des Pirogramms einer orleanistischen Partei entworfen werden. In dem Schreiben wird ausge⸗ führt, die Regierung sei unter den gegenwärtig herrschenden Umständen ohnmächtig. Die Monarchisten müßten die Leitung der. Bewegung der öffentlichen Meinung über— nehmen und, sich an deren Spitze stellen. Man müsse eine Liga der öffentlichen Ehrlichkeit und der BVertheidigung der gesellschaftlichen Ordnung bilden, da hie Regierung durch die Sorge um die Vertheidigung der Re— publik absorbirt sei. Die Organisation der monarchistischen Propaganda sei vollständig bereit. Man müsse alle Allianzen suchen, conservative und liberale ohne Unterschied. Er d Haussonville) werde bei dem Eintritt der Wahlen bestimmte Instructionen bekannt geben. Da gegenwärtig die Conser— vativen nicht einig seien, solle die Frage der Regierungsform vor den Wählern nicht aufgeworfen werden. Inzwischen müsse man sich für den Wahlkampf und für einen etwaigen unvor— hergesehenen Fall vorbereiten, da eine schwere Krisis unver⸗ meidlich sei. Wenn das Land der Republik überdrüssig sei und nach etwas Anderem verlange, so werde die monarchistische Partei gewaffnet sein, um die Sache der öffentlichen Ordnung zu vertheidigen. Graf d' Haussonville weist ferner die Anschuldi⸗ gung wegen monarchistischer Conspirationen zurück. Er fre gt wozu BVerschwörungen dienen sollten, da doch die Ereignisse sich selbst zu Gunsten seiner Partei zuspitzten und deren beste Helfer seien. Auch noch eine andere Empfindung trete in Frankreich zu Tage, nämlich die durch die Ereignisse von Carmauxr hervorgerufene wirthschaftliche Beunruhigung. Jeder, der an irgens einem industriellen Unternehmen mehr oder weniger betheiligt sei, werde jene Zeit des Interregnums nicht vergessen, während welcher die Regierung den Ausständigen nachgegeben habe. Die Panama⸗Enthüllungen würden den Socialisten und Radicalen neue Massen in dem furchtbaren Kampf gegen das Kapital liefern. Die Regierung sehe diesen Vorgängen unthätig zu und dulde sogar unverhüllte Aufreizungen zum Bürgerkrieg, zum Plündern' und Morden, während sie gegen die geringste Uebertretung, deren sich ein armer Dorspfarrer auf der Kanzel schuldig mache, mit äußerster Strenge vorgehe. Die Kapitalbesitzer hätten vor der drohenden Gefahr eine unbestimmte Furcht, die immer mehr in dem Verlangen nach soꝑcialer Vertheidigung ihren Aus— druck finde.

Wie der „Eclair“ meldet, hat Dr. Brouardel jetzt den Obductionsbericht betreffs der Leiche R einach's der Be⸗ hörde eingereicht. Das Ergebniß der verschiedenen Prüfungen soll ein vollig negatives sein. Der „Figaro“ bringt Mit— theilungen über die Unterredung eines Berichterstatters mit Cornelius Herz, worin dieser gegen die Beschuldigung, ein Agent Englands oder des Dreibundes gewesen zu sein, pro— testirt und versichert, sich niemals einer Bestechung schuldig gemacht zu haben. Er habe Reinach gedroht, weil dieser sich geweigert habe, seine Schuld von zwei Millionen Francs zu bezahlen, und weil Reinach ihn (Herz) habe vergiften wollen.

Daß der Abschluß der Untersuchung in der Pa— nama⸗Angelegenheit sich verzögert, bestätigt Fich. Baihaut hat einen motivirten Ankrag gestellt, in welchem er verlangt, vor den Obersten Gerichtshof gestellt zu werden.

Italien.

Das auf gestern angesetzte öffentliche Consistorium hat dem „W. T. B.“ zufolge unter überaus zahlreicher Be⸗ theiligung in der herkömmlichen Weise stattgefunden. Das Befinden des Papstes war ein sehr gutes.

Syanien. Die Königin-⸗Regentin hat dem „W. T. B.“ zufolge Prets zum Gesandten in Stockholm ernannt.

Belgien.

In einer gestern abgehaltenen Versammlung der Bürger⸗ meister und Delegirten der sieben Vorstädte Brüssels wurde, wie „W. T. B. meldet, der Antrag, über die Frage des allgemeinen Stimmrechts ein Referendum sstatt— finden zu lassen, einstimmig angenommen. Der Bürger⸗ meister von Brüssel, der sich gegen den Antrag ablehnend verhält, wohnte der Versammlung nicht bei.

Bulgarien.

Der Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg be— absichtigt, wie „W. T. B.“ meldet, nach den getroffenen Reisedispositionen heute Nacht von Sofia abzureisen und sich zunächst nach Wien zu begeben, wo er zwei Tage zu verweilen gedenke. Sein Reiseziel sei München. Ini Gefolge des Prinzen würden sich nur Hofwürdenträger und Adfütanten befinden.

Amerika.

Nach einer Meldung des „New⸗York Herald“ aus Val⸗ paraiso genehmigte die chilenische Kammer in geheimer Sitzung das zwischen Chile und Peru vereinbarte Proto⸗ koll über die Regelung der Ansprüche der peruanischen Corporation.

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Der Bericht über die 25. Sitzung vom 19. Januar be— findet sich in der Ersten Beilage.

25. Sitzung vom Freitag, 20. Januar, 1 Uhr.

Der Sitzung wohnt der Staatssecretär Freiherr von

Maltz ahn bei. ö . Das Haus überweist zunächst den Bericht der Reichs⸗ schuldencommission für 1891 an die Rechnungscommission und setzt darauf die erste Ber athung der Novelle zum Gesetz über die Erhebung von Reichs-Stempelabgaben (Börsen⸗ steuer) fort.

Abg. Graf Arnim (Rp.) hält die Börsensteuer für eine sehr brauchbare Steuer, weil sie die mittleren und wohlhabenderen Klassen belaste. In der Börsensteuercommission habe er immer die Empfindung gehabt, daß die Regierung das Kapital schütze; man könne also kaum glauben, daß sie das mobile Kapital durch diese Vorlage erheblich schädigen werde. Das sei auch gar nicht der Fall. Die Petitionen der verschiedenen Handelsplätze sind allerdings sehr kläglich, besonders die Petition aus Frankfurt: die ganze Börfe folle vernichtet werden. Redner bestreitet, daß die Börsensteuer die Emissions— thätigkeit geschädigt habe; er bestreitet ferner, daß die Nach— wirkungen der Börsensteuer noch nicht ganz eingetreten seien. Die Depression ist nicht eine Folge der Börsensteuer, sondern der Ausschreitungen der letzten Jahre; das mobife Kapital müsse erst wieder neue Spannkraft gewinnen. Alle Prophezeiungen der Freisinnigen seien nicht eingetroffen. Die Steuer sollte bloß auf. dem Papier stehen, niemand werde sie bezahlen; sie hat aber ganz schöne Erträge abgeworfen, Die Arbitrage sollte vernichtet werden, sie ist aber bestehen geblieben. Der Emissionsstempel für ausländische Anleihen sollte nicht erhöht werden, dagegen könnten die Consols steuerfrei bleiben, damit die kleinen Leute mehr die Staatspapiere kaufen, als fremde Anleihen und sonstige Werthpapiere. Ueber die Höhe des Emissionsstempels könnte man sich in der Commission unterhalten. Die Regierung sei viel zu nachgiebig gegenüber der haute inange; sie müsse endlich zur Reform der Boͤrse schreiten, wenn nicht schließlich eine Revolution

eintreten sollte. (Schluß des Blattes.)

Die Abgg. Prinz Czartorys ki, Dr. von Dziembowski⸗ Pomian, von Janta⸗Polezynski haben mit Unterstützung der übrigen

Mitglieder der polnischen Fraction im Reichstage den Antrag

eingebracht, der Reichstag wolle beschließen: „die verbündeten Re=

gierungen zu ersuchen, dein Reichstage baldthunlichst den Entwurf

eines Gesetzes, betreffend die Einführung befonderer Gerichte, vorzu⸗ legen, welche nach Analogie der Gewerbegerichte berufen wären, Streitig⸗ keiten zwischen den ländlichen Arbeitern und deren Arbeitgebern in einer schnellen, billigen und einfachen Weise zu entscheiden.“

Die Geschäftsordnungscommission des Hauses der Abgeordneten beantragt beün Plenum: zu erklären, daß die Abgeordneten, Landgerichts-Präsidenten G ünther, Korsch und Krah durch die Ernennung zu Geheimen Ober⸗Justiz⸗Räthen Sitz und Stimme im Hause der Abgeordneten nicht verloren haben.

2

Die Budget ommission des Hauses der Abge⸗

ordneten ist für die Berathung des Etats der Eisenbahn⸗

verwaltung um folgende sieben Abgeordnete verst arkt: von Bockelberg, bon Quast. Wüsten, Schoeller, Pr. Hammiacher, Schmieding, von Grand-Ry.

Zur Steuerreform.

Der Finanz Minister hat dem Hause der Abgeordneten als Er⸗ gänzung zu den communal-finanzstatistischen Tabellen, die in den An⸗ lagen zu den Steuerreformporlagen erschienen sind, eine Nachweisung darüber zugehen lassen, wie die Umwandlung der staatlichen Real⸗ steuern in Communalsteuern unter Berücksichtigung des Wegfalls der Ueberweisungen aus dem Ertrage der landwirthschaftlichen Zölle be

züglich der Stadtkreise wirken wird. Wir theilen daraus dis Zahlen

für die wichtigeren Gemeinden mit.

Berlin bringt einen Sollbetrag an directen Staats-Realsteuern von 11 32530 6, an Gemeinde⸗Realsteuern 5 700 065 S6 2 0, o/ auf; an Staats- Einkommensteuer 22 7538 498 0, an Gemeinde⸗ einkommensteuer 15 320 980 6 67.32 9,9. An Ueberweisungen aus den landwirthschaftlichen Zöllen erhält es (bei einem Gesammtbetrag von 30 Millionen Mark) 2524 980 Zieht man die letztere Summe von den Staats, Realsteuern (11 329 536 0 ab, so verbleiben 83304 559 4 Wenn nun nach dem Gesetz über Aufhebung directer Staats-Nealsteuern diese letztere Summe den Gemeinden zufällt., dann würde sich die Gemeinde-Einkommenstener von 15 326 980 0

S8 804 559 S auf 6 516 450 Æ, also von 67,320, auf 28, 63 0G der Staats⸗-Einkommensteuer vermindern können.

Für Breslau stellen sich die Verhältnisse wie folgt: Staatz⸗ Nealsteuern 1 797 009 06, Gemeinde⸗Realfteuern 621 450 2 34,58 0M, Staats ⸗-Einkommensteuer 3 017 706 „M, Gemeinde- Einkommen steuer 3 283 116 V4. 108,890 0. Antheil an den Ueber— weisungen 426 990 46 Nach Abzug dieser Summe von den Staats ⸗Realsteuern (1 797 000 426 990 6) bleiben 1 376910 Bei, Verzicht des Staates auf diese Summe würde sich die Gemeinde— Einkommensteuer von 3 283 116 1370 010 3, auf 1913 106 d. h. von, 108,89 ,, auf 63,36 o der Staats,Einkommensteuer redueiren können.

Köln. Staats⸗Realsteuern 1 563 396 6, Gemeinde⸗Realsteuern 683 986 S6 43,B75 0/9. Staats Einkommensteuer 3 352 347 06, Ge— meinde⸗Einkommensteuer 4 627 414 6 138,94 . Antheil an den Ueberweisungen 367 450 Nach Abzug diefer Summe von den Staats- Negssteuern (1 363 396 6 = 667 180 0 bleiben 1 195 l 6e Bei Verzicht des Staats auf diese Summe würde sich die Gemeinde— Einkommensteuer von 4627 414 06 1195 516 M auf 3 451 498 , d. h. von 138,04 9 auf 102,36 der Staate ⸗Einkommensteuer redueiren können. =

Magdeburg. Staats⸗Realsteuern 997 077 6, Gemeinde⸗Real— steuern 335716 6. = 33,57 , Staats⸗Einkommensteuer 2 3604 000 ,

Gemeinde ⸗Einkommensteuer 3 212 701 6. 139, 440,9. Antheil an

den Ueberweisungen 234 079 ½ Nach Abzug dieser Summe von den Staats⸗Realsteuern (997 077 ½ 234 676 Ad) bleiben 763 007 Bei Verzicht des Staats auf diese Summe würde sich die Gemeinde Einkommensteuer von 3 212 701 M 763 007 ½ auf 2 449 694 , d. h. von 139,44 o,! auf 106,32 00 der Staats-Einkommensteuer reduciren können. Frankfurt a. M. Staats Realsteuern 1416 167 6, Ge— meinde⸗Realsteuern 0. Staats, Einkommensteuer 5 09I 807 tz Ge⸗ meinde⸗Einkommensteuer 4773 877 ½½ 95,44 009. Antheil der lUleberweisungen 305 240 ½ Nach Abzug dieser Summe von den Staats⸗Realsteuern (1 416 167 305 240 0) bleiben 1 110 927 * Bei Verzicht des Staats auf diese Summe würde sich die Gemeinde— Einkommensteuer von 4773 877 M —1 110927 ½ auf 3 662 900 16. d. h. von gö5,44 o/ auf 73,23 , der Staattz⸗Einkommensteuer reduciren können. l In Hannover würde sich eine Reduction der Gemeinde- Ein— kommensteuer von 125,0 auf 89 52 der Staats Einkommensteuer,

in Königsberg von 204,37 auf 149,89 /, in Düsseldorf von,

152.577 auf 127,43 9, in Altona von 160,44 auf 11492 09, in Elberfeld von 250,656 auf 215,89 υ, in Danzig von 205,47 auf 9. zz o, in Stettin, von 140 aus 39, 06 oͤo, in Barmen ven 2434,22 auf 206,533 ,, in Krefeld von 289,29 auf 256,92 g j Aachen von 136,80 auf 99,38 und in Halle a. S. von 89,26 auf 63, 82 0 ergeben. . . .

Im ganzen sind die Verhältnisse in der Nachweisung für . Stadtgemeinden berechnet worden. Hiernach betragen in diesen n, lichen Gemeinden die Staats⸗Realsteuern 30 4590 093 S, die Ge—

meinde⸗Realsteuern 14 864 531. 14, die Staats Einkommensteuer

33 514152 , die Gemeinde, Einkommensteuer 75 705 5 46, der

Antheil der Ueberweisungen 7 49 260 6. Nach Abzug dieser Summe

den den Staats- Realsteuern 9. 1569 993 6 7 64g 269 6) ver-

bleiben 23 409833 4 Bei Verzicht des Staats auf diefe Summe

würde sich die Gemeinde- Einkommensteuer von 75 769 333 25 409 833 S auf 52 299 702 reduciren.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Nachdem der Ausstand im Saarrevier beendet ist, sollte heute, wie der „Vorwärts“ berichtet, in Bildst ock eine Versammlung der abgelegten Bergleute stattfinden. Unter den etwa 4000 entlassenen Bergleuten befinden sich nach dem „Bergmannsfreund“ 31 Knappschaftsälteste und 80 Mitglieder der Grubenausschüsse. Von den 31 Knappschaftsältesten sind drei Knappschafts⸗Vorstandsmitglieder, Fox⸗Eppelborn, Mahler⸗ Saarwellingen und Dörr⸗Urexweiler. Die jämmtlichen 31 entlassenen Knappschaftsältesten gehören als Mitglieder dem Rechtsschutzverein an, 26 sind Vertrauensmänner oder Vorstands⸗ mitglieder. Von den 220 Mitgliedern der Grubenausschüsse sind 80 abgelegt, von denen 71 mit Bestimmtheit dem Rechts⸗ schutzverein angehören, bei 5 ist dies zweifelhaft. 19 von den 7I abgelegten Rechtsschutzvereinsmitgliedern und Gruben— ausschüssen sind Vertrauensmänner des Vereins.

Im Ober⸗Bergamtsbezirk Dortmund betrug die Zahl der Ausständigen vom Mittag des 18. bis zum Mittag des 19. Januar insgesammt 5365 oder 2289 weniger als am Vortage, Eine Versammlung von Bergleuten, die gestern in Essen stattfand, war größtentheils von Entlassenen besucht. Ein Beschluß über den Ausstand wurde, wie ein Telegramm des, D. B. H.“ mittheilt, nicht gefaßt. In den nächsten Tagen soll eine Versammlung für die arbeitslosen Bergleute einberufen werden, um über Mittel zur Abhilfe der Arbeitslosigkeit zu berathen. Nach der, „Nh⸗Westf. Ztg.“ kann auch der Bergarbeiter⸗ Ausstand in Westfalen als beendet angesehen werden, da die gestern nicht angefahrenen Bergleute als entlassen zu be— trachten seien.

Vom heutigen Tage liegen folgende Meldungen aus dem Ausstandsgebiet vor:

Essen a. d. Ruhr, 20 Januar. Der Rhein.⸗Westfäl. Ztg.“ zufolge sind heute auf sieben Zechen 1626 Mann ausständig. Voll angefahren sind die Belegschaften der Zechen Glückauf“, „Tiefbau“ und „Shamrock“.

üésieber Versammlungen von Arbeitslosen liegen wieder aus verschiedenen Srten Nachrichten vor, von denen folgende bemerkenswerth erscheinen:

Aus Dortmund schreibt man der „Köln. Ztg.“ unter dem 16. d. M.: Die hiesigen Socialdemokraten ) haben als neues Agitationsmittel die angebliche Fürsorge für die Arbeits losen gewählt. In einer Versammlung von Arbeitslosen, zu der etwa 309 Personen erschienen waren, redeten nicht Arbeits⸗ lose, sondern soeialdemokratische Agitoren, und suchten die Leute zu erregen. Es wurde eine Abordnung nicht aus Arbeitslosen jewählt, die bei dem Stadtoberhaupt um Arbeitegelegenheit vorstellig

werden soll. Ober⸗Bürgermeister Schmie ding hat die Abordnung empfangen und ihr mitgetheilt, daß nach den Ermittelungen der Be— hörde ein Nothstand in Bortmund nicht bestehe. Es seien Entlassungen auf den Werken nur in geringem Umfange erfolgt, die Entlassenen hätten auf andern Werken Beschäftigung erhalten. Soweit dies nicht der Fall sei, würden Arbeitslofe bei der städtischen Straßenreinigung beschästigt. Inzwischen sind Blättermeldungen zufolge neue Ver— sammlungen von Arbeitslosen durch die Socialdemokraten einberufen worden.

In Cassel fand der „Madb. Itg. zufolge eine Versammlung von Arbeitslosen statt, die befchloß, beim Magistrat vorstellig zu werden, damit dieser durch Inangriffnahme öffentlicher Arbeiten ihnen Unterhalt verschaffe. Eine Abordnung jener Versammlung ist von dem Stellvertreter des Ober⸗Bürgermeisters, Herrn Bürgermeister Klöffler, empfangen und ihr zugesichert worden, man wolle ihrem Wunsche nach Möglichkeit entsprechen. Ein Theil der Leute wurde bereits mit dem Hinwegräumen der Schneemassen beschäftigt.

Aus Am sterdam meldet ein Wolff'sches Telegramm: Nachdem schon in den letzten Tagen größere Trupps von beschäftigungslofen Arbeitern und Soecialisten sich in den Straßen angesammelt hatten, jog heute ein gegen 800 Mann zählender Trupp vor die Börse, um in diese einzudringen, was von einer Abtheilung Polizisten verhindert wurde. Die Sociasisten entfalteten hierauf eine rothe Fahne, die Polizei ging. mit der blanken Waffe vor und bemächtigte sich der Fahne. Bei dem Handgemenge wurde ein Polizist am Kopfe schwer verwundet. Der Träger der Fahne entkam. In anderen Stadttheilen kam es ebenfalls zu thätlichen Zusammenstößen zwischen der Polizei und Soecialisten, die sich zu— ammenrotteten und in verschiedenen Bäckerelen Brot verlangten.

Aus Bristol wird telegraphisch gemeldet: Der bekannte Führer er Arbeiterpartei Ben Tilket ist unter der Anklage, eine die Dockarbeiter von Bristol zum Aufruhr aufreizende Rede gehalten zu haben, heute von dem Gerichte vor die Assisen verwiesen worden.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Cholera.

Dalle a. S., 19. Januar. In der Irrenanstalt zu Nietleben

nd der „Halle'schen Zeitung“ zufolge heute fiebzehn weitere Erkrankungen estgesteslt worden. Bej einem n Lett in angeblichan Cholera Erkrankten rurde einfacher Durchfall festgestellt. Derselben Zeitung zufolge ist ir. Geheime Medizinal⸗Rath Professor Hr. Koch mit mehreren Assistenzärzten im Auftrage des Cultus-Ministers Dr. Bosse zur Vor⸗ nahme von Untersuchungen wegen der in Nietleben aufgetretenen holera⸗Spidemie hier eingetroffen und wird so lange hier bleiben, As es feststeht, daß die Epidemie auf die Ir tenen ffalt in Nietleben beschranft geblieben it. Vom 20. wird dem W. T. B.“ gemeldet, daß drei weitere Wodesfälle vorgekommen sind, und zwar einer im Laufe der Nacht, Wei weitere heute früh. Bei einer neu erkrankten Person ist die Diagnose auf Cholera gestellt. Im ganzen sind bisher achtzehn Per— onch der Epidemie erlegen.

Mainz, 20. Januar. Die Zeichner des Garantiefonds für das dent ch E Bunde sschieß en haben einstimmig den Beschluß gefaßt, 9 Rücksicht auf die noch immier vereinzelt vorkommenden Cholera— nl das deutsche Bundesschießen auf das' Fahr 164 zu verschieben.

6 ö Portugal.

s urch eine im „Diario do Governo“ vom 14. Januar 1893 ver⸗ Nuantlichte Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriuis des Nwlern werden Triest und alle an dem gleichnamigen Golf gelegenen Däsen für „rein“ von Cholera erklärt.

Aus Anlaß des Wied Tanis. K hat Feld „inlgs des Wiederauftretens der holera in Hamburg a der tunesische Gesundheitgrath Herkünfte des genannten Hafens ah euen s der unbedingten Verpflichtung zur Vorlegung von Ge— n heitẽpassen unterworfen. Neben einer ärztlichen Untersuchung f außerdem schmutzige Wäͤsche und Gebrauchsgegenstände des⸗

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlefien. An der Ruhr sind am 19. d. M. gestellt 10 523, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In. Oherschlesien sind am 18. d. M. gestellt 4509, nicht

rechtzeitig gestellt keine Wagen.

356 rf zu , , (Amtlicher Preisbericht vom 17. Januar 1393) Auf dem Ko lenmarkt herrscht in fast allen Sorten lebhafte Nachfrage. Der Eifenmarkt ist fortgesetzt still. (Berechnung in Mark für 1050 Kg und, wo nicht anders bemerkt, ab Werk.) Kohlen und Koks gelangten nicht zu amtlicher Notirung. Erze: 1) Rohfpath 7 30 = 7,50, 2) Gerösteter Spatheisenstein 10, 90 1,50, 3) Somorrostro f. o. b. Rotterdam —, 4) Nassauischer Roth⸗ eisenstein mit e. 50 Mo Eifen 8, 10 —– , 86. 5) Rasenerze franco —. Roheisen: 1) Spiegeleisen Ja 19—12 9, Mangan —, 2) Weißstrah⸗ liges Qualitäts⸗Puddekroheisen: rhein. westf. Marken 47 - 48, Sieger⸗ länder 44, 3) Stahleifen 48, 4) Engl. Bessemereisen ab Ver—⸗ schiffungshafen ——. 5) Spanisches Bessemereisen Marke Mudela eif. Rotterdam 6) Dentsches do. 7) Thomaseisen franco Verbrauchsstelle 47, 9). 3) Puddeleisen (Luxemburger Qualität) 37,20, 95. Engl. Roheisen Nr. III ab Ruhrort 57 —58, 10) Lurem⸗ burger Gießereieifen Nr. III 45,00, 11) Deutsches Gießereieisen Nr. L 62, 2) do. Nr. II 13) do. Nr. MI 55, 14) do. Hämatit 62, 5) Spanisches Hämatit Marke Mudela loch Ruhrort . Stabeisen: Gewöhnl. Stabeisen 117.50 126. Bleche 1) Ge⸗ . Bleche 135 145, 2) Kesselbleche I60 165, 3) Feinbleche 235 140.

„St.. Petersburg, 19. Januar. (W. T. B.) Die für die Reform der Reichsbank eingesetzte Commission wird am Montag unter dem Vorsitz des Finanz Ministers Witte ihre Berathungen beginnen. Das Programm umfaßt folgende Punkte: Erleichterung und Entwicklung des der Industrie zu gewährenden Credits, Erleichterung des Wechseldisconts, Bestimmung des Zinsfußes für Einlagen in Abhängig- keit von den Kündigungsterminen, event. Einführung von auf den Inhaber lautenden Reichsbankbillets, event. der Neichsbank zu er⸗ theilende Erlaubniß zur Emittirung langterminlicher Schuldscheine in Verbindung mit (hren langterminlichen Darlehen, Verhältniß der Reichsbank zur Verwaltung! des Geldes der Staats rentei, Ver⸗ mehrung der Filialen, Veränderung in der Organisation der Reichs⸗ bankyerwaltung.

Rom, 19. Januar. (W. T. B.) Die „Agenzia Stefani“ ver⸗ öffentlicht folgende Mittheilung: Nachdem alle erforderlichen Schritte für die Gröÿndung eines neuen Emissionsinstituts, das die Interessen der Inhaber von Papieren der Banca Ro mana wahrnehmen soll, geschehen sind, und nachdem die Lage der Aetionäre dieser Bank festgestellt ist, ist von dem Ergebniß der von der Regierung bei der Banca Nomang vorgenommenen Revision der zuständigen Gerichtsbehörde Mittheilung gemacht worden. Daraufhin sind heute Vormittag der Gouverneur dieser Bank Tanlon go und der Kassirer Lazzaroni verhaftet worden. Die Verhaftung verurfachte keinerlei Beunruhigung, da die normale Liquidation der Bank durch die Nationalbank sicher⸗ gestellt ist. Auch die Börse war bei Beginn fest. In den Wohnungen des verhafteten Gouverneurs und des Kassirers der Bank fanden Haussuchungen statt. Wie verschiedene Blätter wissen wollen, hätte die Untersuchung gegen den Gouverneur der „Banca Romana“ und den Kassirer ein negatives Refultat ergeben. Die „Banca Romana“ hatte einen Notenumlauf von 73 Millonen angekündigt, während der wirkliche Notenumlauf 135 Millionen betrug; es sind daher 62 Millionen mehr in Umlauf gesetzt gewesen, als gesetzlich zu⸗ lässig war. .

Verkehrs⸗Anstalten.

Postpackete nach Barbados (Britisch— Westindien) werden zur Beförderung jetzt wieder an genommen,

Bremen, 20. Jannar. (B. T. B.) Nordde utscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Fulda“ ist am 18. Januar Abends von Genug vin Gibraltar nach New-Hork abgegangen. Der Post⸗ dampfer „Gera“ hat am 19. Januar Mittags 'die Reise von Ant- weren nach Bremen fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer, Bayern“, von Ost-Asien kommend, ist am 19. Januar Nachm. in Colombo angekommen. Der Schnelldampfer, Ems“, am 3. Januar von New⸗York abgegangen, ist am 19. Januar Mittags in Alexandrien an— gekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Darm stadt.n hat am 15. Januar Nachmittags die Reise von Southampton nach Antwerpen fort— gesetzt. Der Postdampfer „Ohio“, von Brafilien kommend, hat am 19. Januar Vormittags Las Palmas passirt. Der Postdampfer „Salier“ hat am 19. Januar Vormittags die Reise von Sou thampton nach New-Hork fortgesetzt.

Hamburg, 19. Januar. (W. T. B.) Hambu rg Ameri⸗ kanische Packetfahrt-Actien“ Gesellschaft. Der Post. dampfer. Steinhoeft“ ist, von Hamburg kommend, gestern Nach⸗ mittag in New⸗Vork eingetroffen.

Lendon, 19. Januar. (W. T. B.) Der Castle⸗ Da mp fer Methven-Castle“ hat heute auf der Heimreise die Canarischen Juseln passirt. Der Union-Da mpfer Athen ian! ist gestern auf der Heimreise von Madeira abgegangen.

20. Janugr. (W. T. B.) Nach einer Meldung des „Standard“ aus Teheran sind die weiteren Arbeiten an der Eisenbahn, von welcher die 30 Werst lange Strecke Teheran —-Koom fertiggestellt war, aufgegeben worden. Hie Eisenbahn⸗Baugeselkfchaft hat auf die ertheilte Concession verzichtet.

Sofia, 20. Januar. (W. T. B.) Der Eisenbahnve rkehr zwischen Zaribrod und Sona ist eingestellt worden.

Theater und Musik.

Berliner Theater.

Das Schauspiel „Schlimme Saat“, von Otto Vischer, das im Februar v. J. bei seiner ersten Aufführung so großes Aufsehen machte wegen seiner realistischen Naturtreue, feiner erschütternden Lebenswahrheit und seiner echt dramatischen Handlung, ging gestern Abend neu eingeübt in Scene und hatte wieder einen durch schlagenden Erfolg. Die Besetzung war in allen Rollen die selbe wie im vorigen Jahre. Frau Bgumeister gab die durch Eitelkeit verblendete Mutter Frau Hartwig, die sich über die Begabung ihrer Kinder derart täuscht., daß sie aus einem einfachen Schlosser einen Techniker, aus einem Musterzeichner einen

orträtmaler und aus einer Näherin (ihrer Pflegetochter) eine Bühnen künstlerin machen möchte und dadurch das größte Unheil über sich felbst und ihre Familie bringt. Herr Stahl gab den verlotterten, schließlich bis zum Dieb und Selbstinörder heruntergekommenen Schlosser Wolf⸗ ang Hartwig, Herr Stockhausen den edelmüthigen, aber über feine Fähigkeiten getaͤuschten Maler Bruno Hartwig und Frau Sormm g die dem reichen Fabrikanten rücksichtslos überlieferte Pflegetochter Martha Steffen, die in ihrer eigenen moralischen Kraft und durch die Verlobung mit einem ungeliebten Mann die Möglichkeit findet, sich vor dessen Nachstellungen zu schützen. Sie asle ftellten durch ihr lebensvolles Spiel so 6 tische Gestalten dar, daß sie in höchstem Ye ergreifend wirkten, eine Anerkennung, die in ganz hervorragender Weise auch Fräulein Nuscha Butze ausgesprochen werden muß für Yihre derbe, der Schwiegermutter gegenüber stets demüthige Frau des Schlossers Hartwig, die aber mit vernichtender Schärfe iht entgegentritt, als sie ihren Mann durch den unseligen Einfluß der Mutter verloren sieht. Auch die übrigen Nollen wurden von den Bamen Storm! und Ewers, sowie den Herren Suske, Kraußneck und Vieweg gan; vortrefflich gegeben, sodaß die Aufführung wieder als eine außerst . für die Regie dieser bewährten Kunststätte angesehen wer⸗ en muß.

Lessing⸗Theater⸗

Die gestrige erste Aufführung von Henrik Ibsen'z neuem Schauspiel Baumeister Solneß“ fand ein zum theil wider⸗ strebendes Publikum. Der Widerspruch wurde durch den herzhaften Beifall 2 dem ersten Act geweckt und wuchs an Umfang nach jedem folgenden Aufzuge. Der Grund dieses Mi erfolgs ist in der ge⸗ ringen Handlung und dem räthselhaften ialog zu suchen. Ber Mehrzahl der Zuschauer werden die geheimnißvollen Empfindungen der handelnden Personen und die mystischen Beweggründe ihres Thuns unverständlich geblieben sein. Handlung existirt in dem Schau piel kaum; seltsame Gemüthsbewegungen und befremdliche Dialogfprünge, aut denen stets das Unerwartete, ö . zu Tage tritt, füllen fast alle drei Aufzüge. Der Inhalt des Stücks fäßt sich kurz solgendermaßen zusammenfassen: Baumeister Solneß, dem ein leb— hafter, unausgesprochener Wunsch genügen soll, um sein eigenes Ge⸗ schick und das Thun Anderer zu lenken, findet in Hilde Wangel seine Meisterin; ihr stärkerer Wille zwingt den seinen; auf ihren Antrieb ersteigt er, der ältere Mann, wie nor zehn Jahren, eine Thurmspitze und stürzt diesmal zerschmettert in die Tiefe. Was Hilde Wangel zu diesem Thun treibt, begreift man nicht. Sie drängt sich eines Tages ganz unvermittelt in die trübselige und langweilige Ehe des Baumeisters. Er hat ihr vor zehn Jahren, als sie noch ein Kind und er schon ein verheiratheter Mann war, wie im Märchen ver⸗ srochen, sie zur Prinzessin zu machen und ihr ein Königreich zu kaufen. Genau am Verfallstage des Versprechens tritt sie ein, seine Erfüllung fordernd. Nach ihren Benehmen muß man annehmen, daß der Bau⸗ meister in ihren Augen der allmächtigste Mann und selbst jenes Reich ist, nach dem ihr Verlangen steht. Die unge⸗ zähmte Sucht nach Selbstbefriedigung der ungeheuerlichsten Wünsche hat Ibsen mit Vorkiebe geschildert, so in seiner Rebekka in „Rosmersholm“ und in seiner „Hedda Gabler‘. Dasselbe Motiv tritt hier hervor, aber seltsamer und räthselhafter ausgestaltet. Es bleibt vielen Gemüthern verborgen, weshalb die Heldin ihren Helden, der an Schwindelanfällen leidet. veranlaßt, das Unmögliche zu versuchen, und weshalb sie bei feinem schrecklichen Fall in den wilden Jubelruf ‚Mein Baumeister“ die Schlußworte des Schauspiels ausbricht.

Es ist versucht worden, die Handlung des Schauspiels sym⸗ bolisch aufzufassen und auf diesem Wege spitzfindig zu erklären, aber dieser Weg erscheint sehr umständlich, da nicht weniger als alles gedeutet werden müßte. Die mystischen Andeutungen nehmen in dem Stück kein Ende; Unholde und hilfreiche Geister in gutem und bösem Sinne drängen sich geheimnißvoll durch den oft klug ausge⸗ tüftelten Dialog: die bevorzugten Seelen lauschen auf himmlische Harfentöne, überhaupt drängt sich in die Handlung ein nebelhafter Mysticismus ein. Bei allen äußeren Erfolgen beklagt der Baumeister den Verlust seiner Kinder: angstvoll erwartet er den Wendepunkt seines Glücks, den die Jugend herbeiführen soll; ‚die Jugend ist die Wie ervergeltung, sie klopft schon an die Thürr. Bel diesen Worten wird in“ der That an die Thür geklopft und Hilde, sein Verhängniß, tritt ein. Ibsen hat es hier, wie in fast allen früheren Stücken verstanden, auf die angedeutete Weise eine schaurige, geheimnißvolle Stimmung zu erzeugen; es gelingt ihm aber in diesem Schauspiel nicht, die Hörer in diesen Kreis über⸗ sinnlicher Erregung dauernd zu bannen. Hilde's sehr kräftige und manchmal, trlbiale Redewendungen versetzen den Hörer mit einem Sprunge in die Alltäglichkeit und Gegenwart zurück. Der Eindruck des ganzen Schauspiels ist der des Unklaren. Ursache, Folge und Ziel der Vorgänge entbehren der Logik. Man weiß nicht, will der Bichter sagen, man solle nicht nach dem Unmög⸗ lichen streben, sonst stürjt man herab, wie der Baumeister Solneß von seinem hohen Thurm, oder will er ein „robustes Gewissen nach Vikinger Art“ angreifen, jener Vikinger, die da raubten und sengten, tödteten und schändeten, und dann „fröhlich wie die Kinder“ heim⸗ kehrten an den heimischen Herd. Gewiß ist, daß die Spannkraft der Zuschauer unter dieser problematischen Dichtung erlahmte.

Unter den Darstellern verdient Herr Reicher als Baumeister Solneß uneingeschränktes Lob; er schäͤlte die menschlichen Seiten de Charakters sorgfältig heraus und erklärte dadurch zum theil die nervöse Ueberreiztheit und natürliche Angst des Baumeisters vor etwas Unfaßbarem, Unheilbringendem. Man laz in seiner Seele den un gemessenen Ehrgeiz, die öde Langeweile beim Anblick der stets klagenden, leidenden Frau, den Kummer über fein kinderleeres Haus, die unwill⸗ kürliche wachsende Antheilnahme an der wilden Hilde, die immerwãhrend nach schrecklicher Spannung sfucht, und die reifende irdische Neigung zu ihr. Fräulein Meyer als Frau Solneß war das Bild beschränkter Pflichttreue und Ergebung. Fräulein Reisenhofer spielte die räthselhafte Hilde Wangel, die aber durch die Darstellung nicht natürlicher wurde; kalt und scharf klang ihre Stimme, herrisch waren ihre Bewegungen, besonders wenn sie von dem verhaßten Wor n. sprach, das nach ihrer Ansicht schon dem Klange nach spitzig und schneidend ist und sticht. Dem Baumeister gegenüber trat die Koketteri und Sinnengluth abwechselnd mit dem Eigenwillen in die Erscheinung. Der Darstellerin fehlte das Geheimnißvolle, das von ihrer Persönlich⸗ keit ausstrahlen muß, um die Vorgänge auch nur einigermaßen glaublich zu machen. Die Besetzung der kleineren Rollen bietet keinen Anlaß zu besonderen Bemerkungen. Die Darstel Anerkennung, und vor allen wurde Herr Reicher für Leistung ausgezeichnet.

Am Sonntag geht im Königlichen Opern baufe, Djamileh in Scene, welcher die Oper „Bajazzi' in der bekannten Besetzung folgt.

Den Schluß macht das Tanzbild Slavische Brautwerbung“ in welchem Fräulein Dell! Era nach Ablauf ihres contractlichen Urlaubs zum ersten Male wieder auftritt.

Frau Moran⸗-Olden verabschiedet sich am Sonntag im Kroll'schen Theater für einige Wochen, um den zahlreichen Gastspielofferten nachzukommen, welche an sie herantreten. An diesem Abend geht Mala Vita“ zum ersten Male mit heimischen Kräften wiederholt in Scene und dazu wird das Loreley Finale“ gegeben, bekanntlich ein hinterlassenes Chorwerk mit einer Solopartie von Mendelsohn. Letztere wird von Frau Moran⸗-Olden gesungen.

Hof ⸗Kapellmęister Vincenz Lachner in Karlsruhe ist, laut * 2 X 5 .* 3 2 Meldung des W. T. B. vom gestrigen Tage, vom Schlagfluß

getroffen worden; sein Zustand ist besorgnißerregend.

Mannigfaltiges.

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten Versamm⸗ lung erstattete, wie wir der N. Il. 3. entnehmen, Stadtverordneler Horwitz Bericht über den Antrag der Stadtverordneten Borgmann und Genossen, betreffend Vorbeugung des Nothstandes der Arbeiter. Der Antrag des Ausschusses geht dahin, den Magistrat zu ersuchen, alle bisher ven der Versammlung genehmigten Arbeiten energisch in Angriff zu nehmen und ferner zu erwägen, ob zum Zwecke einer durchgreifenden Reinigung der Fuhrpark nicht erweitert und das Arbeiterpersonal nicht vermehrt werden könne. Stadtrath Meubrinck erklärte, daß er nur den Theil des Ausschußantrages be. brechen werde, welcher sich auf die Durchführbarkeit der Vermehrung des Fuhrparks und des Arbeiterpersonals be⸗ ziehe. Es seien zur Zeit 2000 Silfsarbeiter beschäftigt außer dem ständigen Corps von S009 Mann. Die Frage, ob eine Vermehrung der Hilfsarbeiter stattfinden könne. müsse ih orchsch bejaht werden. Es könne sich aber höchstens um 3 bis 430 Mann handeln, damit sei die Grenze erreicht. Es müßte fonst ein größeres Aussichtspersonal Leschaffen werden. Das ständige Corp werde nech vermindert, weil ein Theil davon zum Verthellen der Marien an den Abfußrstellen und zu ihrer Abnahme und der Controle an den Abladestellen der wendet würde. Der Magistrat habe, auch ohne den Antrag, in Aug— sicht genommen, eine Vermehrung der Arbeiter vorzunehmen, aber n babe sich gezeigt, daß dies zur Jeit einen Zweck habe. Es sei sogar nöthij e. einen Theil von ihnen wieder zu ent. lassen, denn, die. Aufräumungsarbeiten des letzten Schneefalls seien beendet, und bei dem heftigen Frost sei nichts mehr don dem Damm