1893 / 23 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 Jan 1893 18:00:01 GMT) scan diff

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2 M8987 ½ weniger als in demselben Zeitraum des Vorjahres, auf 1 km Betriebslänge 7275 6 oder 244 Proc. weniger als in demselben Zeitraum des Vorjahres; b aus dem Güter⸗ verkehr: im ganzen 524 889 163 M oder 2762 218 M weniger als in demselben Zeitraum des Vorjahres, auf 1 km Betriebslänge 17 401 M oder 199 Proc. weniger als in demselben Zeitraum des Vorjahres. B. Bei denjenigen Bahnen, deren Rechnungsjahr mit dem Kalenderjahre zusammen— fällt, a. aus dem Personenverkehr im ganzen 282 658 6 oder 134715 6 weniger als in demselben Zeit⸗ raum des Vorjahres, auf 1 km Betriebslänge 9121 S6 oder 0,90 Proc. ,, als in demselben Zeitraum des Vorjahres; b. aus dem Güterverkehr: im ganzen 118 201 572 oder 2 064 306 M weniger als in demselben Zeitraum des Vor⸗ jahres, auf 1 km Betriebslänge 16 869 6 oder 2,40 Proc. weniger als in demselben Zeitraum des Vorjahres. Eröffnet wurden: am 1. Dezember v. J. die Strecken Meinerzhagen—

Marienheide 9,10 km (Königliche Eisenbahn-Direction zu Elberfeld) und Pforten Wolfsgefärth 6.23 km (Königlich sächsische Staatseisenbahnenz; am 19. Dezember die Strecke GeorgenthalwTambach 608 km (Königliche Eisenbahn⸗ Direction zu Erfurt) und am 20. Dezember die Strecke Wriezen ädikendorf 33,33 km (Königliche Eisenbahn— Direction zu Berlin).

Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt vom 25. bis 26. Januar Mittags gemeldete Cholerafälle:

Regierungsbezirk Merseburg. In Nietleben am 24. d. M. 13 Erkrankungen 1 Todesfall, in Trotha (Saalkreis) 5 Erkrankungen, darunter 3 bisher nur als verdächtig be— zeichnet, 1 Todesfall.

Regierungsbezirk Schleswig. Kreises Pinneberg 1 Erkrankung.

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In einem Ort des

Ueber die Prüfungen für höhere Verwaltungs⸗ beamte im Jahre 1892 ist Folgendes zu berichten: Bei Beginn des Jahres 1892 hatten 64 Referendare die Prüfung noch nicht vollendet, 93 wurden neu überwiesen, sodaß 160 Examinanden zu prüfen waren. Von diesen sind wegen ungenügenden Ausfalls beider schriftlicher Arbeiten 4 zur besseren Vorbereitung an eine Regierung zurückgewiesen worden, 2 sind gestorben und 1 ist wegen Krankheit aus dem höheren Verwaltungsdienst geschieden. Die schriftliche und mündliche Prüfung legten 88 Referendare ab gegen 117 im Vorjahre, 127 im Jahre 1890, 102 1889, 111 1888, 98 1887, 83 1886, 79 1885, 65 1884 und 50 1883. Es wurden 189 15 Termine zur mündlichen Prüfung (gegen 20 im Jahre 1891) abgehalten. Von den 88 Examinanden bestanden 10 nicht, 11 bestanden mit dem Prädicat „gut“, 67 mit dem Prädicat „ausreichend“.

Von den 92 Referendaren, deren Prüfung vollständig ab⸗ eschlossen ist, haben 78, also 84,558 Proc. die Prüfung be⸗ tanden, 14, d. h. 15,22 Proc, haben nicht bestanden. Der Procentsatz der Eraminanden, die nicht bestanden hatten, war in den Vorjahren 1884 —1891: 23, 21, 25, 26,7, 26,2, 18,75, 144,2, 14,05.

Am Schluß des Jahres waren 65 Referendare vorhanden, deren Prüfung noch nicht abgeschlossen war; von diesen haben 34 bereits beide schriftliche Prüfungsarbeiten abgeliefert, 15 haben die zweite oder dritte und 16 die erste schriftliche Arbeit anzufertigen. Im ganzen hatte die Prüfungs— commission während des Jahres 184 schriftliche Arbeiten zu

beurtheilen.

Der General der Infanterie von Grolman, Gouver— neur des hiesigen Invalidenhauses, hat sich mit kurzem Urlaub nach Burzdorf bei Striegau begeben.

Der GeneralLieutenant von Lindeguist, General⸗ Adjutant Seiner Majestät des Kaisers und Königs und Com— mandeur der 26. (1. Königlich Württembergische) Division, ist zu den Vermählungsfeierlichkeiten sowie zur Feier des Allerhöchsten Geburtstags hier eingetroffen, ebenso der General⸗ Lieutenant und General-Adjutant von Winterfeldt, Com— mandeur der 20. Division, die Vice⸗Admirale: Valois, Chef der Marine⸗Station der Nordsee, Knorr, Chef der Marine—⸗ Station der Ostsee, und Schroeder, Chef der Manöver— Flotte.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich lippische Cabinets-Minister von Wolffgramm ist hier eingetroffen.

Bayern.

Der Prinz Ferdinand von Sachsen⸗Coburg ist, wie die „Allg. Ztg.“ berichtet, gestern von München nach Regensburg abgercist, wo er einige Tage beim Fürsten von Thurn und Taxis zu Besuch verweilen wird. Von Regens⸗ burg aus soll sich der Prinz nach England begeben, doch ist der Tag der Abreise noch nicht bestimmt.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Anläßlich des Geburtstages Seiner Majestät des Deutschen Kaisers findet nach einem Telegramm des „W. T. B.“ morgen ein Diner bei Hofe statt, zu dem der deutsche Botschafter en Reuß mit dem Personal der Bot— schaft sowie der bayerische, württembergische und sächsische Gesandte geladen sind. Bei dem deutschen Botschafter Prinzen Reuß sindet aus der gleichen Veranlassung morgen ein Dejeuner statt, an dem der bayerische, sächsische und württem⸗ bergische Gesandte gleichfalls theilnehmen.

Großbritannien und Irland.

Der Präsident des Handelsamts Mundella hat sich vorgestern, wie die „Frkf. Ztg., erfährt, gegenüber einer De⸗ putation über das neu zu errichtende Arbeits bureau aus⸗ gesprochen. Es solle eine selbständige Abtheilung des Handels—⸗ amts bilden und drei Unterabtheilungen enthalten: Handel, Arbeit und Statistik. Dreißig Berichterstatter sollen an verschiedenen Orten Informationen sammeln und dem Hauptamt einsenden, eine Monatsschrift „Labour⸗-Gazette“ solle gegründet und den Arbeitergenossenschaften gratis zugestellt werden. Alles dieses werde ohne besondere Gesetzgebung geschehen, die aber vielleicht später behufs Er— weiterung des Projects nöthig werden könnte. Der Minister

des Innern Asquith erklärte einer Deputation, die Regie⸗ rung werde eine Vorlage über eine durchgreifende Aende⸗ rung des Ha ftpflichtgeseßes einbringen, . um einem allgemeinen Wunsche der Arbeiter nachzukommen, im kommenden Finanzjahr die Zahl der Fabrikinspectoren um fünfzehn vermehren und versachsweise auch zwei weibliche Inspectoren für London und Glasgow ernennen.

Frankreich.

Der britische Botschafter in Paris Lord Dufferin hat, wie „W. T. B.“ meldet, die französische Regierung durch ein Schreiben von der Vermehrung der englischen Garnison in Egypten in Kenntniß gesetzt. Lord Dufferin fügte dem Schreiben die Erklärung hinzu, daß diese Entschließung Englands in keiner Weise dessen Absichten hinsichtlich der Occupation modificire. (Eine gleiche Mittheilung soll der „Köln. Jig. zufolge auch den übrigen Großmächten zugegangen sein. Der französische Botschafter in London Waddington ist beauftragt worden, hiervon Kenntniß zu nehmen und den englischen Minister des Aeußern Lord Rosebern zu ersuchen, diejenigen Vorgänge näher zu bezeichnen, welche die eng⸗ lischen Maßnahmen veranlaßt hätten. Nach der „Agence Havas“ sollte die Unterredung Waddington's mit Lord Rosebery gestern Nachmittag stattfinden.

Der Deputirte Déroulede hat die Regierung davon verständigt, daß er eine Interpellation einzubringen beab— sichtige, wenn das Verfahren gegen die in . Panama⸗ Angelegenheit beschuldigten Parlamentsmitglieder eingestellt werden sollte.

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer er— klärte der Ackerbau⸗Minister Viger, die unter dem Vieh herrschende Mundfäule sei endemisch und nicht allein durch die Viehtransporte von der belgisch-deutschen Grenze herbei⸗ geführt. Es seien alle erforderlichen Vorsichtsmaßregeln getroffen; die Waggons für den Transport der Hammel aus Deutsch⸗— land und Oesterreich würden desinficirt. Weitere Schutzmaß— regeln würden erwogen. Im weiteren Verlauf der Sitzung beklagte sich der Deputirte Le Provost de Launay (Rechte) bei der Berathung des Budgets des Ordens der Ehren— legion über den Mißbrauch, der Ausländern gegenüber mit Verleihung dieser Ordensauszeichnung getrieben werde, und wies als Beispiel auf die Ernennung von Cornelius Herz zum Großoffizier hin, die auf Verwendung eines auswärtigen Bot⸗ chafterʒ erfolgt sei. Der Redner verlangte ferner die Veröffent⸗ lichung der Verleihung dieser Ordensauszeichnung im „Journal officiel“, wie solche das Gesetz vorschreibe. Der Minister—⸗ Präsident Ribot erwiderte, das fragliche Gesetz sei auf in Frankreich nicht ansässige Ausländer nicht anwendbar, im übrigen sei die Zahl der für Ausländer bewilligten Ordens⸗ auszeichnungen beträchtlich verringert worden. Le Provost de Launay beantragte hierauf eine Herabsetzung des beantragten Credits um 100 Francß, um damit dem Wunsch der Kammer Ausdruck zu geben, alle an Aus— länder verliehenen Ordensauszeichnungen im „Journal officiel“ veröffentlicht zu sehen. Der Justiz-Minister Bour⸗ geois bekämpfte den Antrag, der mit 249 gegen 213 Stim—⸗ men abgelehnt wurde. Das Budget des Ordens der Ehren⸗ legion wurde genehmigt und die Sitzung aufgehoben.

Am 3. Dezemher 1891 war der Depukirtenkammer der Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der öffentlichen Gesundheit (pßrejèt de la lei pour la protection la santé publique) zugegangen und am 22. Februar 1892 einer aus 22 Mitgliedern zusammengesetzten Commission überwiesen worden. Diese Commission hat nunmehr ihren Bericht ein⸗ gereicht. Der darin enthaltene motivirte Gesetzentwurf bezieht sich auf die Herstellung gesunder Verhältnisse in den Gemeinden, auf die Einführung der Anzeigepflicht bei ansteckenden Krankheiten, sowie der obligatorischen Schutzpockenimpfung (Impfung im 1, Wiederimpfung im 11. und im 21. Lebensjahre), endlich auf die Organisation von sanitären Aufsichts- und Verwaltungsbehörden. Mit Nachdruck und Strenge achtet der Gesetzentwurf auf die thatsächliche Durchführung der darin enthaltenen Verordnungsvorschläge. Falls z. B. eine Ge⸗ meinde sich weigern sollte, eine für nothwendig erkannte gesundheitliche Verbesserung einzurichten, oder eine solche inner— halb dreier Monate nach ihrer Anordnung nicht in Angriff ge⸗ nommen haben sollte, so ist die Vornahme der erforderlichen Arbeiten durch ein Decret des Präsidenten der Republik anzu⸗ ordnen und der Gemeinde zur Last zu legen.

Baihaut hat e, verzichten, vor den Staats— gerichtshof gestellt zu werden.

Wie verlautet, steht die durch die Auffindung des Arto n'schen Checkbuchs veranlaßte neue gerichtliche Unter⸗ suchung in der Panama-Angelegenheit unmittelbar bevor. Die Vorladungen sollen bereits ausgefertigt sein; un⸗ verzüglich werde bei der Deputirtenkammer neuerdings seitens des Gerichts beantragt werden, die gerichtliche Verfolgung ge— wisser Deputirten zu gestatten. .

Rußland.

Zu Ehren des Emirs von Buchara fand, wie

„W. T.. B.“ berichtet, vorgestern im Winterpalais ein Para dediner statt, an welchem der Kaiser, die Kaiserin und die übrigen Mitglieder des Kaiserlichen Hauses, ferner die Obersten Hofchargen, die Minister und andere hohe Würdenträger theilnahmen. Der Emir saß an der Tafel neben der Kaiserin. Zur Verfügung des Kaisers und der Kaiserin befanden sich im Saale Dolmetscher, die des Bucharischen kundig waren. Der Emir trug die Nationaltracht seines Landes mit den Sternen des Alexander-Newski- und des Weißen Adler-Ordens. Auch das Gefolge des Emirs war in Nationaltracht zur Tafel , , und hatte die ihm verliehenen russischen Orden angelegt. Dem „Rußkij Invalid“ zufolge sind für den Kaukasus felgende Truppen-Umbildungen verordnet worden. Die bisher je vier Compagnien starken Reserve-Bataillone von Ssuchum und Ssaljan sollen in zwei Regimenter zu je zwei Bataillonen umgebildet und alsdann aus sämmtlichen acht derartigen Regimentern zwei Reserve⸗Brigaden formirt werden. Ferner erhalten acht andere kaukasische Reserve⸗Bataillone einen gleichmäßigen Bestand von je fünf Compagnien.

Das Departement des Reichsraths für Reichsökonomie und das Ministercomité haben in einer gemeinsamen Sitzung den Antrag abgelehnt, den Eisenbahn-Gesell— schaften das Recht zu gewähren, Bestellungen im Aus— lande zu machen.

Italien.

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer sprach dem „W. T. B.“ zufolge der Minister⸗Präsident

Giolitti den Wunsch aus, daß eine umfassende Berathung

der vorgelegten sieben Anfragen und acht Interpellationen über die Banken vorgenommen werden möge, und beantragte daß dies heute geschehe. Die Kammer stimmte dem Än— trage zu.

Syanien.

In dem gestern abgehaltenen Ministerrath erklär Minister des Auswärtigen Vega di . jo, ö. sei . ö. freundschaftlichen Erklärungen, die der englische Special— Gesandte Sir West Ridgeway ihm gegenüber bezüglich seiner Mission nach Marokko abgegeben habe, vollkommen befriedigt. Er hoffe, daß die Mission Ridgeway's Erfolge haben werde, die allen civilisirten Nationen zu gute kämen.

Belgien.

Gemäß dem Antrage des Minister⸗Präsidenten Beer—⸗ naert hat, wie der Hamb. Corresp.“ erfährt, die Kammer den Beginn der Revisionsdebatte einstimmig auf den 28. Februar festgesetzt. .

Rumänien.

Der König ist gestern Mittag wieder in Bukarest ein— getroffen.

Amerika.

Wie „W. T. B.“ aus Washington erfährt, ist der Führer der die freie Silberprägung befürwortenden Partei Stewart zum Senator für Nevada wiedergewählt worden.

Der „Agenzia Stefani“ wird aus Rio de Janeiro gemeldet, der dortige italienische Gesandte sei infolge der im Verlauf der letzten Monate vorgekommenen Miß⸗ handlung und Ermordung mehrerer Italiener im Staat Rio-Grande angewiesen worden, der brasilia— nischen Regierung zu erklären, daß Italien rasche und voll— ständige Genugthuung erwarte und sich, falls diese verweigert werden sollte, genöthigt sehen würde, dem Ernst der Lage entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Afrika.

Das „Reuter sche Bureau“ erfährt aus Port Said, das

Transportschiff „Euphrates“ sei daselbst auf Befehl des Staate⸗ secretärs des Krieges angehalten worden und werde das zweite Bataillon des Regiments von Deponshire landen, das vorläufig in Egypten bleiben werde, bis die aus Malta und. Gibraltar beorderten Verstärkungen angekommen seien, die in der ersten Woche des künftigen Monats dort erwartet würden. Nach einer Meldung desselben Bureaus aus Kairo habe sich die Lage daselbst mehr beruhigt. Bei dem allwöchentlich stattfindenden Empfang des Khedive habe sich eine große Zahl einheimischer Notabeln eingefunden. .

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Der Bericht über die 30. Sitzung vom 25. Januar befindet sich in der Zweiten Beilage.

31. Sitzung vom 26. Januar, 1 Uhr.

Der Sitzung wohnen bei der Reichskanzler Graf von Caprivi, sowie die Staatssecretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Maltzahn und Freiherr von Marschall.

Das Haus tritt in die zweite Berathung des Etats für 1893/94 ein und beräth zunächst den Etat des Reichstags (Ausgaben 423 853 ). . Abg. Heine (Soc.) befürwortet die beschleunigte Herstellung eines neuen Katalogs der Reichstags-Bibliothek, da der letzte schon vor zehn Jahren fertiggestellt wurde und die nöthigen Ergänzungen durchaus ungenügend sind.

Abg. Graf von Ballestrem (Centr.) bemerkt, daß die Her— stellung einer neuen Ausgabe durch die Krankheit des mit der Äus— arbeitung betrauten zweiten Bibliotheksbeamten verzögert worden sei.

Abg. Bebel (Soc.) regt an, daß von jetzt ab zu dem neuen Katalog auch fortlaufende Nachträge erscheinen möchten. Das Interesse der Reichstagsmitglieder dürfe unter der Erkrankung eines Reichstags beamten nicht leiden.

Abg. Broem el (dfr.)'schließt sich diesen Klagen an. Mit dem gegenwärtigen Personal werde man allerdings nicht auskommen. Der vortreffliche Gelehrte an der Spitze der Bibliothek werde bei allem Eifer nicht in der Lage sein, allen Wünschen aus der Mitte des Reichstags zu genügen.

Abg. Dr. Bamberger (fr.): Leider hat die Bibliothekeommis⸗ sion des Hauses in, der letzten Zeit schmerzliche Verluste erlitten, welche ihre Thätigkeit erheblich gehindert haben. Der Tod des Abg. Reichensperger hat eine große Lücke in die Commission gerissen. und es wäre sehr angebracht, wenn der Präsident auf die Ergänzung dieser Lücke hinwirken wollte.

Abg. Dr. Lingens (Centr.) erklärt ebenfalls die schleunige Her⸗ stellung des Katalogs für dringend wünschenswerth, indessen erfordere eine solche umfassende wissenschaftliche Arbeit immerhin einige Jahre.

Abg. Dr. Baumbach (dfr.) stimmt der letzten Auffassung zu; man werde zu erwägen haben, ob nicht statt des kranken Assistenten ein anderer oder zwei neue angestellt werden müssen, um die Voll⸗ endung des Katalogs in die Hand zu nehmen.

Abg. Freiherr von Unruhe⸗Bomst (Rp.) hält dafür, daß man doch mit dem bedrängten Beamten Nachsicht haben müsse.

Abg. Bebel (Soc.): Alle halbe Jahre ein Nachtrag würde genü⸗ en. Längere Nachsicht ist nach jahrelangem Warten doch wohl nicht mehr am Platze; wenigstens sollten Aushilfskräfte engagirt werden, um die möglichst rasche Ausgabe der noch ausstehenden beiden Theile zu bewerkstelligen.

Abg. von Levetzow (b. k. F.): Der Grund für die Verzögerung des neuen Katalogs ist, wie erwähnt, die Erkrankung des betreffenden Beamten, Ich habe seine zwangsweise Pensionirung herbeiführen wollen; es ist mir aber Aussicht gemacht worden, daß er wiederhergestellt werden wird, und ich habe geglaubt, nicht ohne weiteres einen alten verdienten Beamten von seinem Posten entfernen zu sollen. Die Sache befindet sich in der Schwebe und wird erst Ende April entschieden sein.

Dait schließt die Discussion. Der Etat des Reichtags wird bewilligt.

Zum Etat für den Reichskanzler und die Reichs⸗ kanzlei ergreift beim Schluß der Blattes der Abg. Dr. Barth das Wort.

Preuszischer Landtag. Haus der Abgeordneten. Der Bericht über die 21. Sitzung vom 25. Januar be⸗ findet sich in der Zweiten Beilage. 22. Sitzung vom 26. Januar.

Der Sitzung wohnt der Justiz-Minister Dr. von Schelling bei.

Die zweite Berathung des Staatshaus halts⸗Etats

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für 1893,94 wird fortgesetzt und zwar im Etat der Justiz⸗

ver waltung.

Beim Kapitel J befürwortet

Abg. Gößmann (Centr.) die Verlegung des Landgerichts von Hanau nach Fulda.

Abg. Bödiker (Centr) beschwert sich darüber, daß bezüglich des Eintritts der Richter in die Einkommensteuer⸗Veranlagungs⸗ commissionen eine verschiedene Praxis in den einzelnen Bezirken besteht, und bittet ferner darum, gewisse katholische Feiertage, die in den neuen Provinzen nicht wie in den alten auf den folgenden Sonntag gelegt sind, auch bei den Gerichten zu feiern.

Geheimer Justiz Rath Vierhaus: Der Eintritt der Richter in die Einkommensteuer⸗Veranlagungscommissionen ist von der Genehmi— gung des Justiz⸗Ministers abhängig, so daß überall gleichartig verfahren werden muß; nur die Vormundschafts- und Grundbuchrichter haben diese Genehmigung nicht erhalten, weil man annahm, daß das Publikum im Ver⸗ kehr mit ihnen mißtrauisch werden könnte, wenn sie der Einkommensteuer⸗ commission angehören. Daß in den neuen Provinzen Feiertage bestehen, die mit denen in den alten Provinzen nicht zusammenfallen, ist der Verwaltung unbekannt; die Frage wird untersucht werden.

Abg. Zimmermann (nl) empfiehlt die Belassung des Land— gerichts in Hanau. ;

Abg. Im Walle CCentr.) spricht sich gegen die Wieder einführung der Berufung gegen die Urtheile der Strafkammern aus: wenn die bestehenden Vorschriften vollständig in Anwendung gebracht würden, sei zum Schutze des. Angeklagten keine Berufung nothwendig.

Bei den Ausgaben für die Landgerichte und Amtsgerichte, und zwar beim Titel 6: Bureaubeamte, weist

Abg. Dr. Lotichius (b. k. F.) darauf hin, daß die Neuregelung der Dienstaltersstufen zumeist eine große Befriedigung hervorgerufen hat; anders liege es aber im Bezirk des Ober⸗Landesgerichts in Frank furt a. M., wo die Gerichtssecretäre erst nach längerer Zeit in ihre etatsmäßige Stellung kommen; es müßte ein . ihrer Diätarien⸗ zeit ihnen angerechnet werden. Redner beschwert sich ferner über die Bevorzugung der Militäranwärter. j

Geheimer Justiz Rath Vierhaus erklärt, daß diese Frage nicht für ein Ressort allein geregelt werden könne. Die Vorschriften für Civil, und Militäranwärter sind vollständig gleich; sie müssen die⸗ selben Prüfungen und denselben Vorbereitungsdienst durchmachen.

Abg. Nadbyl (Centr.) bemängelt, daß für die schlechtest be⸗ soldeten Beamten, die Gerichts⸗Assistenten, keine Aufbesserung der Gehälter erfolgt sei; wahrscheinlich sei dies an dem Widerstande der Finanzverwaltung gescheitert.

Geheimer Sber⸗Finanz⸗Rath Lehnert: Die Finanzverwaltung hat es abgelehnt, für eine besondere Klasse eine Besoldungsaufbesserung vorzunehmen, so lange nicht die Mittel für eine allgemeine Auf besserung vorhanden sind. ;

Abg. Dr. Ecke ls (nl: Die Justizwerwaltung hat ausdrücklich anerkannt, daß gerade die Gerichts-Assistenten sich in einer besonders schlechten Lage befinden, und eine besondere ,,, verdienen. Die den Gerichts -Assistenten gleichstehenden Kanjlisten sind auf⸗ gebessert worden, obgleich sie nicht eine so verantwortliche Stellung einnehmen, wie die ersteren. Bis zur allgemeinen Gehalts— aufbesserung kann man mit der Regelung dieser Frage nicht warten, denn diese kann bei der schlechten Finanzlage noch lange auf sich warten lassen. . K

Geheimer Justiz⸗Htath Vierhaus: Die Gehalts aufbesserung ist bei den Kanzlisten stecken geblieben; das wird auch von der Ver— waltung als Mißstand anerkannt. Soweit die Gerichts⸗Assistenten ihre Prüfung als Gerichtsschreiber gemacht haben, rücken sie nach sechs Jahren meistens in diese Stellung ein; für sie besteht kein Bedürfniß zur Gehaltsaufbesserung. Anders liegt es bezüglich der Militär— anwärter, welche immer nur Gerichts -Assistenten bleiben. Ihr Gehalt bedarf dringend einer Aufbesserung. . .

Abg. Motty (Pole) befürwortet eine Aufbesserung der Gehalts⸗ verhältnisse der Dolmetscher, namentlich eine genauere Regelung der Dolmetscherzulagen. .

Geheimer Justiz Rath Vie rhaus: Die Dolmetscherzulagen sind Remunerationen für Arbeiten, welche die Gerichtsschreiber neben ihrer Amtsthätigkeit zu verrichten haben. Sie, entsprechen also auch dem Umfange dieser Thätigkeit und können nicht gleichmäßig festgestellt werden.

Abg. Lerche (dfr.) erklärt, daß die Kanzlisten, nicht aber die Gerichts -Assistenten in ihrem Gehalt aufgebessert sind.

Geheimer Ober-Finanz⸗Rath Lehnert: Die Kanzlisten sind nicht außer der Reihe, sondern mit den übrigen Kanzleibeamten zusammen nach dem Plan. den die Regierung vorgelegt und das Haus gebilligt hat, aufgebessert. z ;

Abg. Freiherr von Minnigerode-⸗Rossitten (cons.) erklärt, daß seine Freunde hier einen besonderen Fall als vorliegend anerkennen, wo außer der Reihe eine Aufbesserung erfolgen müsse. h

Abg. von Schalscha (Centr) meint, daß die Dolmetscher ab⸗ geschafft und dafür Richter, die der Landessprache mächtig sind, an— gestellt werden müßten.

Die Abgg. von Czarlinski (Pole) und Szmula (Centr. . sich dieser Ausführung an. Letzterer weist darauf hin, zaß die Militärverwaltung die Erlernung des Polnischen und Russischen den Offizieren vorgeschrieben hat. ö. ö

Beim Kapitel !: Unterhaltung der Justizgebäude weist

Abg. Ludowieg (nl) darauf hin, daß das Amtsgerichtsgebäude in Harburg dringend einer Erweiterung bedarf; das Gebäude sei zwar erst 1869 neu erbaut worden, aber seitdem habe sich der Geschäfts⸗ verkehr so vermehrt, daß das Gebäude nicht mehr ausrziche. Die provisorische Benutzung des verlassenen Postgebäudes reiche ebenfalls nicht aus. Der Plan lasse sich so einrichten, daß auch bei der herr⸗ schenden Sparsamkeit die Ausgabe geleistet werden könne. (

Geheimer Ober⸗-Justiz⸗Rath Br. Starcke erklärt, daß der Re⸗ gierung die in Harburg herrschenden Uebelstände bekannt seien, daß ö . danach strebe, den vorhandenen Mitteln gemäß Abhilfe zu schaffen.

Die laufenden Ausgaben der Justizverwaltung werden genehmigt. Bei den einmaligen Ausgaben spricht

Abg. Born nl.) der Justizverwaltung seinen Dank aus für die Einstellung der Ausgaben für das Land- und Amtctgerichtsgebäude in Wiesbaden.

Die einmaligen Ausgaben werden genehmigt; ebenso ohne Debatte die einmaligen Ausgaben der Domänen—

verwaltung. siel Bei den Einnahmen des Etats der Forst verwaltung tellt

Abg, Freiherr von Minnigerode⸗-Rossitten (ons.) mit Be— friedigung fest, daß bei dieser Betriebsverwaltung allein eine Mehr⸗ unn n, von 1006 000 M veranschlagt sei. Es werde davon ge— sprochen, dgß die Forstoerwaltung noch zu viel Holz zu Brennholz schlagen lasse, statt die Verwendung als Nutzholz zu bevorzugen.

Ober ⸗Landforstmeister Donner erklärt, daß die Zunghme der Verwendung als Nutzholz eine sehr bedeutende sei; eine schablonen⸗ hafte Betriebsweise herrsche nicht mehr. Wenn in verschiedenen Zeitungsartikeln auf das Königreich Sachsen verwiesen sei, so dürfe man nscht vergessen, daß dort eine sehr entwickelte Industrie con— entrixt sei, während wir das Holz aus dem Osten nicht leicht an die Industxie absetzen können.

Abg., Schu ltz Lupitz (freicons) hält die Ausbeute an Nutzholz für den leichten Waldboden Preußens für eine ganz enorme; denn aus dem Brennholz ist jetzt kaum noch ein Hammerstiel heraus— unehmen. Die Nonne hat viele Verwuͤstungen angerichtet. Man hat die abgefressenen Bäume stehen lassen; ob man den Preis nicht drücken wollte oder die Hoffnung hatte, daß das Holz. wieder zutschlagen würde, weiß ich nicht. Als Nutzholz können die stehengebliebenen Bäume nicht mehr ge— braucht werden. Pie Erhaltung der Streudecke im Wale ist durch aus zu billigen, aber sie ist doch auch ein Schlupfwinkel für viele

Schädlinge. Es würde sich deshalb wohl empfehlen auch der Ein nahme wegen die Streudecke von Zeit zu Zeit zu entfernen, womit den kleinen Landwirthen sehr gedient wäre. . Ober⸗Landforstmeister Donner: Beim Nonnenschaden gehen die Fichten ein, sie werden abgeschlagen. Für die Kieser ist aber nach Annahme der Sachverständigen die Nonne nicht besonders schädlich. Alle Abwehrmittel sind natürlich trotzdem zur Anwendung gebracht worden. Hoffentlich geht die Kalamität ihrem Ende entgegen. Der preußische Staat hätte colossale Verluste erlitten, wenn er sofort beim Auftreten der Nonne zur Abholzung geschritten wäre. Die Versuche mit der Ent⸗ fernung der Streudecke ermuntern nicht zur Nachfolge; denn die Bäume haben sich dabei langsamer erholt, als da, wo die Streu liegen blieb. Die Einnahmen aus der Streu würden zwar der Gegen— wart zu gute kommen, aber auf Kosten der Zukunft.

Abg. Szmulg (Centr) glaubt, daß eine größere Ausnutzung der Waldstreu die Vertilgung der Puppen der Schädlinge befördere, den kleinen Landleuten aber manche Vortheile bringen würde.

Die Einnahmen werden bewilligt.

Bei Schluß des Blattes geht das Haus zur Berathung der Ausgaben der Forstverwaltung über.

Die Reichstagscommission für die Jex Heinze“ berieth heute den neu vorgeschlagenen 5 181 des Strafgesetzbuchs, welcher eine verschärfte Strafe für gewisse Fälle der Kuppelei Zuchthaus bis zu fünf Jahren) androht. Nach langer De— batte wurde der Paragraoh mit einem Antrag des Abg. Dr. Pieschel (nl) angenommen, wonach, wenn mildernde Umstände vorhanden sind, in dem Falle, daß der Schuldige zu der verkuppelten Person in dem Verhältniß des Ehemanns zur Ehefrau, von Eltern zu Kindern 2c. steht, statt auf Zuchthaus auf Gefängniß erkannt werden kann.

Der Verein „Berliner Presse“ hat an den Reichstag eine Petition gerichte, worin er gebeten wird, dahin zu wirken, daß baldmöglichst ein für das ganze Deutsche Reich geltendes Strafpoll— zugsgesetz erlassen werde, in welchem eine besondere Art der Ver, büßung von Gefängnißstrafen für solche Gefangene, deren Strafthat als nicht aus gemeiner Gesinnung hervorgegangen anerkannt ist, vor— gesehen und dem Strafrichter die Befugniß eingeräumt bezw. die Pflicht auferlegt wird, in geeigneten Fällen im Urt heil selbst diese Strafverbüßungsart anzuordnen.

Dem Hause der Abgeordneten ist der Nachweis über die Verwendung des in dem Etat der Eisenbahn— verwaltung für J. April 1891,92 unter Titel 102 der einmaligen und außerordentlichen Ausgaben vorgesehenen Dispositionsfonds von 2500 000 S zugegangen.

Kunst und Wissenschaft.

Die Philosophische Gesellschaft zu Berlin feiert Sonnabend, den 28. d. M., Nachmittags 6 Uhr, im Bürgersaale des Rathhauses ihr fünfzigiähriges Bestehen. Festvorträge werden halten: 1) Professor Dr. Michelet, 2) Professor Dr. Lasson, 3) Gymnasial⸗ Director a. D. Dr. Döring. .

Die Universität zu Neapel wurde laut Meldung des „W. T. B.“ vom gestrigen Tage infolge von Unbotmäßigkeiten der Studirenden geschlossen. .

Das für Bromberg bestimmte Reiter-Standbild Kgiser Wilhelm's 1 hat, wie die „Ostd. Presse“ schreibt, Pro⸗ fessor Calandrelli im Modell fertiggestellt. Das Postament zu dem 4m hohen Monument besteht aus einem einfachen, edel profilirten Granitsockel, an dessen Vorderseite auf einer schlichten, nur mit der Kaiserkrone geschmückten Widmungstafel die Worte in Goldschrift prangen: ‚Kaiser Wilhelm 1... Der Monarch ist auf ruhig vorwärts schreitendem Pferde in großer Generals⸗Unüiform mit Helmbusch und Mantel dargestellt. Das Haupt ist leicht nach links geneigt, das Auge blickt ins Weite, als halte der Kaiser eine Heerschau ab. Außerordentlich glücklich ist der Ausdruck des sprechend ähnlichen Gesichts, auf dem jener milde Ernst sich aus— drückt, der für den unvergeßlichen Heldenkaiser so charakteristisch war. Auch die schlichte Haltung der imposanten Reitergestalt ist ganz dem Wesen des Dargestellten entsprechend. Die gesenkte Rechte hält den Feldmarschallstab, der offene Mantel ist in gefälligen Falten weit zurückgeworfen und bedeckt zur Hälfte den Rücken des vortrefflich modellirten Rosses, das viel zu der lebensvollen Gesammtwirkung bei⸗ trägt. Das Monument wird in der Eisengießerei von Schäffer und Walcker zu Berlin in Bronze ausgeführt werden.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Cholera.

Halle, 26. Januar. Der ‚Magd. Itg.“ wird geschrieben: Am Dienstag Vormittag sind in dem eine Stunde von hier gelegenen Dorfe Trotha in der Arbeiterkaserne der Gebrüder Nagel in mehreren dort aufgetretenen Erkrankungsfällen durch den Geheimen Medizinal-Rath Professor Dr. Koch und den Kreisphysikus Dr. Fillitz, die sich in Begleitung des Landraths des Saalkreises von Werder sofort dorthin begeben hatten, choleraähnliche Erscheinungen festgestellt worden. Der Landrath hat bereits in der „Hall. Zeitung“ eine Bekanntmachung darüber erlassen. Diese giebt an, daß nach dem bisherigen äußeren Befund angenommen werden müsse, daß wirklich asiatische Cholera vorliegt. Die entsprechenden Maßregeln seien angeordnet. Unzweifelhaft festgestellt sei, daß die Erkrankten dem ergangenen Verbot zuwider ungekochtes Saalewasser ge— trunken haben. Die Bekanntmachung weist zum Schluß nochmals auf das ergangene Verbot des Gebrauchs von Saalewasser zu wirth— schaftlichen Zwecken hin. Wie die „Hall. Ztg. erfährt, hat der am schwersten Erkrankte ungekochtes Saalewasser in großen Mengen ge— nossen unter der Erklärung, daß das nichts schade, und daß er trotz aller polizeilichen Verordnungen auch Saalewasser trinken werde. Dieses freventliche Verhalten hat die Bevölkerung der, ganzen Umgegend in die schwerste Gefahr gestürzt; in der Thatsache liegt jedoch eine Bestätigung des Verdachts, daß das Saalewasser unterhalb Nietleben verseucht sei. Nach der S... sind von den aufgetretenen fünf Fällen einer als sehr schwer, einer als mittelschwer und drei als leicht von den medizinischen Sachverständigen in worden. In der Irrenanstalt zu Nietleben sind bis gestern Mittag drei neue Todesfälle vorgekommen. Von gestern Mitternacht bis heute Mitternacht sind der „Hallischen Zeitung“ zufolge in der Irrenanstalt vier Erkrankungen und fünf Todesfälle vorgekommen. In Summa bis heute Mitternacht 109 Erkrankungen und 38 Todesfälle.

Wie „D. B. H. aus Halle 4. S. meldet, ist heute Vor— mittag je eine Neuerkrankung an Cholera in Trotha und auf dem Nageh'sschen Gute bei dem Nachbardorfe Morl vorgekommen.

Verkehrs⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Herbesthal ist die exrste englische Post über Ostende vom 25. d. M. ausgeblieben; Grund: Starker Nebel auf See. .

Laut Telegramm aus Goch ist die erste englische Post über Vlissimngen vom 25. d. M. ausgeblieben; Grund: Nebel auf See.

Bremen,“ 26. Januar. (W. T. B.). (Norddeutscher Lloyd.) Der Postdampfer Frankfurt‘ hat am 23. Januar Abends die Reise von Vigo nach dem Lg leg fortgesetzt. Der Reichs ⸗Postdampfer Habsburg“, nach Australien bell l, hat am 24. Januar Vormittags Ouessant passirt. Der Postdampfer

„H. H. Meier“, von New⸗York kommend, der Reichs ⸗Postdampfer

„Darm stadt“ von Ostasien kommend und der Reichs⸗Postdampfer Karlsruhe“, von Australien kommend, sind am 24. Januar Nach⸗ mittags auf der Weser angekommen. Der Postdampfer -Her⸗ mann“, von New⸗Hork kommend ist am 24. Januar Nachmittags anf der Weser angekommen.

26. Januar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer Dresden“ ist am 24. Januar Mittags von New⸗Pork nach Bremen in See gegangen. Der Reichs⸗Post⸗ dampfer „Neckar“, nach Ost⸗Asien bestimmt. ist am 24. Januar Nachmittags in Suez angekommen. Der Schnelldampfer Ems“, nach Neis⸗York bestimmt, ist am 24. Januar Abends in Neapel angekommen. Der Schnelldampfer Trave, nach NewYork be⸗ stimmt, hat am 25. Januar Nachmittags Eastbourne passirt. Hamburg, 25. Januar. (W. T. B.) Hamburg- Ameri⸗ kanische Packetfahrt-⸗Actien-Gesellschaft. Der Post⸗ dampfer „Russia“ ist, von Hamburg kommend, gestern Mittag in New-Porkt eingetroffen. =

Theater und Musik.

Wallner⸗Theater.

Der französische Schwank „Paragraph 330“, unter Beseitigung der anstößigsten Stellen bearbeitet nach ‚Fiaere 117‘ von A. Millaud und E. de Najac, der im Februar v. J. zum ersten Male im Lessing⸗Thegter gegeben wurde, gelangte gestern Abend in theilweise anderer Besetzung vom Gastspiel des Lessing⸗Theaters an dieser Stätte neueingeübt zur ersten Aufführung. Die Rolle der Frau Vaucresson, die durch eine eigenthümliche Verkettung von Umständen in den allerdings ungerechtfertigten Verdacht gekommen war, durch ein Stelldichein nicht mit einem fremden, sondern mit ihrem eigenen Mann, gegen den Para— graphen 330 des Sittlichkeitsgesetzes gesündigt zu haben, hatte Fräu— lein Frida Wagen übernommen. Sie gab die junge nervöse Frau mit so viel natürlichem Humor, daß sie, gut unterstützt von den Herren Schönfeld als Vaueresson und Waldow als Rechtsanwalt von Portenville, dem lustigen, aber unbedeutenden Schwank von neuem zu einem großen Erfolge verhalf.

Diesem Stück folgte der gleichfalls von seinen Aufführungen im Lessing⸗Theater bereits bekannte einactige Schwank ‚Der sechste Sinn“ von G. von Moser und Robert Misch, worin als der sechste Sinn der Spürsinn einer durch ihren Gatten vernach⸗ lässigten Frau bezeichnet wird, mit dessen Hilfe sie die kleinen Abweichungen des Ehemanns vom Pfade der Tugend herauszubringen versteht. Die Hauptrolle des harmlosen Werks, die Wiener Putzmacherin Pepi Schönegger wurde wieder von Fräu⸗ lein Groß mit einer viel Heiterkeit erregenden Beherrschung des Wiener Dialects dargestellt, sodaß auch dieser von dem Fräulein Drucker sowie den Herren Schönfeld und Lessing flott gespielte Schwank einen vollen Erfolg davontrug.

Sing ⸗Akademie.

Fräulein Valerie Karstedt, aus Berlin, eine sehr stimm⸗ begabte Mezzosopranistin, gab am Dienstag ihr erstes eigenes Concert. Außer einer Arie aus „Alceste“ von Gluck und der Segensarie aus Meyerbeer's „Der Prophet“ sang sie noch mehrere Lieder von Schubert, Brahms, Tosti, Franz, Schumann und anderen, in denen sie theils dramatische Lebendigkeit theils eine sehr warm empfindende Vortragsweise erkennen ließ. Die Stimme ist sehr ausgiebig und spricht bis zum zweigestrichenen G auch leicht an; nur muß die den stlan nicht darüber hinausgehen; die „Fides⸗Arie“ liegt nicht in dem Be⸗ reich ihrer Kräfte. Die Aussprache ist von musterhafter Deutlichkeit. Die Klaviervirtuosin Frau Professor Margarethe Stern, welche das Concert unterstützte, trug mehrere Piecen von Beethoven, Chopin, Grieg und Rubinstein vor, unter denen ihr Rubinstein's Barcarole und Chopin's Walzer (As- dur) ganz besonders gut gelangen, während in dem Andante von Beetho ven, wie in der Bahn von Chopin sich einige Unebenheiten fühlbar machten.

Saal Bechstein.

Gestern fand der zweite Kammermusik⸗-⸗Abend der Herren Waldemar Meyer und Felix Dreyschock statt, der mit der großen L-moll-Sonate für Clavier und Violine von Schumann eröffnet wurde. Die Ausführung war, was Präcision des Zusammen⸗ spiels betrifft, eine treffliche, nur wäre im zweiten Satz eine zartere Behandlung der Cantilene in der Violinstimme zu wünschen gewesen. Es folgte hierauf Bach's zur Zeit oft gespielte Ciaconna (D-moll) für Geige allein, in der der große, klangvolle Ton des Spielers ganz besonders zur Geltung kam. Das Andante (Fdur]) von Beethoven führte Herr Dreyschock technisch sehr sicher aus, nur fehlte dem Vortrag die Tiefe; dagegen wurde das originelle Rondo von Beethoven: „Die Wuth über den verlornen Groschen“ sehr gelungen zu Gehör gebracht. Beide Künstler vereinigten sich am Schluß in dem Schubertsschen H-moll(Rondo, das wie alle voraus gegangenen Piécen mit sehr lebhaftem Beifall aufgenommen wurde.

Am Sonnabend geht im Königlichen Opernhause die Oper „Die Meistersinger mit den Damen Leisinger und Götze, den Herren Gudehus, Betz, Lieban, Krolop, Stammer, Ritter, Schmidt ind Fränkel in Scene.

Josef Kainz kehrt Ende dieser Woche von seinem Urlaub zurück und wird im Deutschen Theater zum ersten Mal wieder am Montag in Romeo und Julia“ auftreten.

Das Berliner Theater bringt am Sonntag Abend eine Wiederholung des „Hüttenbesitzer! mit Agnes Sorma und Ludwig Barnay in den Hauptrollen. Die Abendvorstellungen morgen („Prolog“, „Käthchen von Heilbronn“) und am Sonnabend (. Dorf und Stadt“ mit Agnes Sorma als Lorle) beginnen wegen der an den Nachmittagen stattfindenden Schülervorstellungen ausnahmsweise um 78 Uhr. Die Vorbereitungen zu Paul Lindau's neuestem Werke „Der Komödiant“ sind soweit gefördert, daß es mit Ludwig Barnay in der Titelrolle am nächsten Mittwoch erstmalig in Scene gehen kann.

Das Lessing-Theater bringt als nächste neue Darbietung das vieractige Lustspie! „Eine Palastrevolution! von Richard Skowroneck, das bereits am Thalia ⸗Theater in Hamburg und am Stadt⸗Theater in Leipzig mit großem Erfolg in Scene gegangen ist. Bie erste Aufführung dieser Neuheit ist für den Donnerstag der nächsten Woche festgesetzt.

Im Friedrich‘ Wilhelmstädtischen Theater findet morgen zur Feier des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers eine Festvorstellung statt. Der Jubel Ouverture von Carl Maria von Webet folgt die zehnte Aufführung der Strauß'schen Operette Fürstin Ninetta“.

Im Reside nz-Theater findet morgen zur Feier des Geburts= tags Seiner Majestät des Kaisers eine Festvorstellung statt, der ein von Paul Block gedichteter und von Hermann Werner gesprochener Prolog vorangeht. Daran schließen sich die Tragikomödie Gläu—⸗ biger und der Schwank „Familie Pont⸗Biquet“. ĩ

Das am Montag im Kroll'schen Theater stattfindende Militär -Concert wird um 8 Uhr beginnen. Die Kapelle der J. Matrosen ⸗Division ist bereits hier eingetroffen, um bei den Soj⸗ festlichkeiten die Musik zu stellen. Täglich finden ihrerseits mit der Kapelle des Garde Füsilier⸗ Regiments Ensemble-Proben statt. Die Preise der Plätze sind auf 4, 3, 2 und 1 6 festgesetzi. Der Vor verkauf findet an der Theaterkasse und in der Musikalienhandlung von Bote u. Bock statt. l

Am Neuen Theater findet am Sonntag die 25. Auffüb. rung des Schwanks Logirbesuch! und hierauf eine Wiederholung des Preislustspiels Durch die Intendanz‘ statt. Der Länge dieser Vor. stellung wegen ist ihr Beginn 2 7 Uhr festgesetzt. .

Die ö . FIsabel G. Hirschfeld veranstaltet am Sonnabend 7 Uhr im Saal Bechstein ein Concert, für welches der Violin ⸗Virtuose Herr Charles Gregorowitsch seine Mitwirkung zugesagt hat. Für das 11. Concert der dänischen Violin ⸗Virtuosin

räulein Frida Scotta im Saal Bechstein am Sonntag Abend „3 Uhr hat die Sängerin Fräulein Amélie Mareolini von der Opéra comique in Paris ihre Mitwirkung zugesagt.

Im Gone erthause veranstaltet Kavellmeister Mevder morgen

Abend 8 Uhr zur Feier des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers