1893 / 24 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Jan 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Frankreich 1894 durch Gergonne. Allein obgleich die Beiträge in enügender Zahl einliefen, so fehlte es an einem hinreichend großen ir Die Mathematik war noch nicht in weite 3 ge⸗ drungen, die Zahl der Leser zu klein. Diese Verhältnisse änderten ich, als die Völker sich von den Nachwehen der großen Kämpfe am Anfange des Jahrhunderts erholten. Das im Jahre 1826 begründete Journal für die reine und angewandte Mathematik ist das erste, welches, von einsichtsvollen Behörden unterstützt, einen dauernden Be⸗ stand gehabt hat und in dankbarer Erinnerung an den Begründer noch immer als Crelle'sches Journal bezeichnet zu werden pflegt. In Deutsch land folgten die bis auf heute fortgeführten mathematischen eitschriften: 1843 das Archiv der Mathematik und Physik, 1856 die Zeitschrift für Mathematik und Physik, 1869 die Mathematischen nnalen, 1870 die Zeitschrift für mathematischen und naturwissen⸗ schaftlichen Unterricht und endlich 1890 als letzte Gründung im deut— schen Culturgebiete, als erste in Deutsch⸗Sesterreich die Wiener Monatshefte für Mathematik. Der große Einfluß, welchen das Journal für Mathematik in der ganzen Welt ausübte, veranlaßte auch viele nichtdeutsche Mathematiker dazu, ihre Arbeiten nach Berlin zur Veröffentlichung zu senden. Bald aber entstand bei den ver— chiedenen Nationen der Wunsch, eigene Zeitschriften in der Landes—⸗ prache zu besitzen. Frankreich besitzt seit 1336 das durch Lionville gegründete Journal de Mathématiques pures et appliquées, seit 1842 die Nouvelles Annales de Mdathömatiques. Das Journal de l lzaole Polytechnique, welches seit 1796 besteht, und die Annales de lEeole Normale supérieure seit 1864 bringen außer den mathe— matischen Abhandlungen auch solche aus anderen Wissenschaften. Das Journal de Mathématiques élümentaires él Spéciales, welches seit 1877 erscheint, sorgt für die Bedürfnisse des höheren Schulunterrichts und der jüngeren Studenten in ähnlicher Weise, wie die Nouvelles Annales. In England brachte es das Gam— bridge Mathematical Journal von 1839 bis 1845 nur auf vier Bände, seine Fortsetzung, das Gumbridge and Dublin Mathe- matical Journal, von 1846 bis 1854 auf 9; dagegen ist das Quarterlz. Journal von 1856 an regelmäßig fortgesetzt, und im Messenger of Mathematics ist seit 1867 ein zweites englisches mathematisches Journal entstanden. Die Rducational Fimes. welche seit 1863 ausschließlich Lösungen von gestellten Aufgaben Khrlich in zwei Bänden bringen, sorgen für die Beschäftigung aller Liebhaber der Mathematik, die in England sehr zahlreich sind. Italien besitzt seit 1850, also vor seiner politischen Einigung, die Annali di Scienze Matematiche, fortgesetzt (1858) als Annali di Matematica pura ed applicata, seit 1863 das Giornale di Matematiche ad uso degli studenti, seit 1836 den Periodich di Matematica per l'insegnamento secondario, seit 1891 die Rivista di Matematica.

Allmählich sind mit dem wachsenden Nationalbewußtsein zu diesen mathematischen Zeitschriften der großen Eulturvölker immer neue hinzugetreten. Vom Könige Oscar von Schweden begünstigt und unterstützt, erscheinen in Stockholm seit 1887 die Aeta Mathe- matica und erhalten durch Vermittelung ihres geschäftskundigen Herausgebers werthvolle Beiträge aus der ganzen Welt. In Däne⸗ mark wurde das mathematische Bedürfniß seit 1865 befriedigt durch die Tidsskrift for Mathematik, jetzt ersetzt durch die Nyi Lidsskrift. Rußland besitzt außer den Gesellschafts⸗ und Universitätsschriften ein besonderes Organ in der Mathematischen Sammlung, herausgegeben von der Moskauer Mathematischen Gesellschaft seit 1866, und ein Journal der elementaren Mathematit seit 18859. Die Ezechen haben zur Pflege der Mathematik und Physik einen Verein böhmischer Mathematiker und die Zeitschrist Casopis 1872 gegründet. Ebenfo giebt in Holland die Amster⸗ damer Mathematische Gesellschaft das Nieny Archie voor Wis- kunde seit 1875 heraus, während im benachbarten Belgien auf die Nouvelle Crresbondange Mathématique von 1374 bis 1886 pie AMathesis gefolgt ist. Auf der pyrenäischen Halbinsel ist Portugal 1877 mit dem Jornal de sciencias mathematicas o astronomicas, von welchem seitdem 10 Bändchen erschienen sind, in den Wettbewerb der mathematischen Zeitschriften eingetreten, und Spanien zeigt seit dem vorigen Jahre mit dem Progréso mathematico, daß es gewillt ist, an den Fortschritten der mathematischen Cultur mitzuarbeiten. Diese nackten Thatsachen führen uns in eigenthümlicher Beleuchtung die Thätigkeit der einzelnen Völker Europas vor die Augen; ihre Be⸗ ziehungen zur Cultur bedürfen keiner weiteren Erläuterung.

Die Mathematik wird jetzt aber nicht bloß in Europa gepflegt; die anderen Welttheile nehmen an den Errungenschaften der Cultur theil und treten in die gemeinschaftliche Arbeit ein. Voran ist Amerika zu nennen, welches gerade auf eine 400jährige Berührung mit europäischer Cultur zurückblickt. Ob wir aus den Bauten in Mexiko und Peru auf eine eigene mathematische Bildungsstuse vor der Entdeckung schließen dürfen, ist ganz unsicher. Die ersten Eroberer wähnten sich so hoch erhaben über den vermeint— lichen Wilden, daß sie die vorgefundene Cultur ohne Prüfung in kürzester Zeit vernichteten. Darum harren die Inschriften auf den mexitanischen Gebäuden jener Zeit noch immer ihrer Ent⸗ zifferung, und es scheint mehr als zweifelhaft, ob fie je gelingen wird. In engster Anlehnung an die Sitten und Gewohnheiten zu⸗ nächst von England, dann auch der übrigen europäischen Culturvösker ist aber in Nord⸗Amerika ein' neuer Gultur— staat entstanden, dessen Entwickelung in eigenthümlicher Weise fortschreitet. Die Geschichte der Mathematik in diesem Gebiete und damit ein wichtiges Stück der dortigen Culturgeschichte wird in dem Werke gegeben: The teaching and history of Mathematics in the United States von Florian Cajori, dem' die folgenden An⸗ gaben entnommen sind. Nach mehreren Versuchen zur Gründung

mathematischer Zeitschriften, von denen immer nur wenige Nummern erschienen, wurde 1874 der Analyst herausgegeben, der sich später in die noch bestehenden Annals of Mathematics verwandelte Wie hoch die Mathematik in Amerika für das Geistesleben eines Volkes geschätzt wird, zeigt eine Acußerung des Präsidenten Gilman bei der Gründung der John Hopkins Universitz in Baltimore auf die Frage, wie man bei der Einrichtung vorgehen solle. „Beruft einen großen Mathematiker und einen ausgezeichneten Griechen; dann wird eure Aufgabe gelöst sein. Einen Theil der Einrichtung zringen sie selber mit, einen anderen werden wir liefern. Sylbester wurde 1876 berufen, und zum ersten Mal lehrte in Amerika ein wirklich be⸗ deutender Mathematiker. Er gründete das American Journal ots Mathematies, das auch nach der Rückkehr jenes Gelehrten nach Eng⸗ land 1884 fortgesetzt wird und viele bedeutende Arbeiten nicht bloß amerikanischer, sondern auch europäischer Mathematiker enthält, Nit dieser Zeitschrift stellt sich die trangatlantische neue Welt in Reih und Glied neben die Culturstagten der alten Welt, und fomit kommen die großen Zuwendungen, welche die Fürsten des Reichthums in der neuen Welt den Bildungsanstalten machen, der Culturentwickelung der

Menschheit zu gute.

Ueberall auf der Erde, wohin die Engländer ihre Lebens— gewohnheiten verpflanzt, haben, sind auch ähnliche gelehrte Gesellschaften und. Bildungsanstalten entstanden wie im Mutterlande: so im Caplande, in Indien, auf Neuholland, und überall strahlt von diesen Centren mathematisches Licht aus, verbreitet durch das Medium der Gesellschaftsschriften. Als Zeichen endlich, daß der japanische . mit der Entwickelung der europäischen Cultur fortschreiten will, möge angeführt werden, daß in Tokig neben der Akademie und ihren Veröffentlichungen ein mathe— matisches Journal entstanden ist. Von Gelehrten herausgegeben, welche in Guropa ihre Studien gemacht haben, bringt es' neben Originalarbeiten derselben Uebersetzungen wichtiger Abhandlungen europäischer Mathematiker aus der ersten Hälste unferes Jahr— hundertz⸗.· ;

Die wissenschaftlichen Zeitschriften bilden einen Theil der periodischen Erzeugnisse der Presse, dieser einen Großmacht unserer Zeit. Daneben ist eine andere era le if! Erscheinung zu erwäh⸗ nen, dag Vereinsleben. Unter den Männern der cracken Wissen⸗ schaften hat das Bedürfniß des persönlichen Austausches der For⸗ schungen zur Bildung vieler Gesellschaften und Vereine geführt; ing— besondere wurde in Deutschland 1827 Die Wanderversammlung

deutscher Naturforscher und Aerzte mit Mathematik und Astronomie als erster Section ins Leben gerufen. Nach diesem Vorgange sind ähnliche Versammlungen in England, Frankreich, in der Schweiz, in Rußland, in Nord-Amerika gegründet worden, und in den Berichten über die Sitzungen nimmt die Mathematik einen breiten Raum ein. Die Mathemgtiker mit ihrer eigenen Sprache und mit Zielen, welche den meisten Sterblichen nicht verständlich sind, haben schon immer als Glieder eines Geheimbundes gegolten darum ist es nur zu natür⸗ lich, daß sie bei der Ausbreitung ihrer Wissenschaft auch zu Gesell⸗ schaften sich vereinigt haben. Außer den örtlichen Vereinen, von denen unter anderen die Hamburger mathematische Gesellschaft vor drei Jahren ihr zweihundertjähriges Bestehen feierte, sind in neuerer. Zeit solche Gesellschaften hervorgetreten, welche die Vereinigung aller Mathematiker eines Volkes bezwecken. Die London Mathematical Societ) veröffentlicht seit 1865 ihre Procgedings, die Société mathématique de France seit 1873 ihr Bulletin, der Circolo matematico di Palermo seine Rendi- conti. In Deutschland hat sich erst 1890 die Deutsche Mathematiker⸗ Vereinigung gebildet, und ihr erster Jahresbericht ist vor einem Vierteljahr ausgegeben worden. Die New Vork Mathematical Society, welche 1891 gegründet wurde, scheint danach zu streben, alle bedeutenderen amerikanischen Mathematiker in sich auszunehmen. Andere mathematische Gesellschaften nationalen Gepräges sind bei der Auf— zählung der Zeitschriften erwähnt worden.

Wie in den anderen Wissenschaften schwillt die mathematische Literatur durch die Theilnahme so vieler Arbeiter derartig an, daß der einzelne Forscher nicht mehr im stande ist, dieselbe zu übersehen. Daher ist ein zusammenfassender Bericht nöthig geworden, der die Literatur eines Jahres sachlich ordnet und den Inhalt der einzelnen Schriften kurz angiebt. Das Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik hat sich diese Aufgabe gestellt und sucht sie seit 1363 im Interesse der Ptathematiker der ganzen Erde zu lösen; 54 Mitarbeiter, don denen die meisten Deutsche sind, 15 aber verschiedenen anderen Nationen angehören, haben in dem letzten Jahrgange ihre Kräfte dem Unternehmen gewidmet. Während das Jahrbuch ausschließlich diefes Ziel verfolgt, suchen manche Zeitschriften ihre Leser durch fort⸗ laufende Titelangaben der erschienenen Arbeiten zu unterrichten. Das Bulletin des scienges mathématiques veroffentlicht neben Recen— sionen und Originalarbeiten ebenfalls Berichte über die periodischen Zeitschriften, ohne sich aber an eine regelmäßige Folge zu binden ober eine Vollständigkeit anzustreben. Ein vollständiges Register aller bisher erschienenen mathematischen Schriften befindet sich in Vorbereitung und wird durch den Custos für Mathematik der Königlichen Bibliothet in Berlin rüstig gefördert.

In der Ausbreitung der Mathematik über immer neue Länder des Erdballs haben wir ein Beispiel der Tendenz aller Wissenschaften, allmählich die ganze Menschheit zu umspannen, fodaß alle Völker der Segnungen der Cultur theilhaftig werden. Der Idealismus dieses Gedankens kann begeisternd wirken, die Verwirklichung findet aber an der Eigenart der Rassen und Völker sehr große, vielleicht unbesiegbare Hindernisse. Parallel mit dieser Strömung der Cultur in die Weite ist eine andere in die Tiefe der Schichten eines und desselben Volles zu beachten. Seit die Menschenrechte unter dem Sternenbanner ver— kündet worden sind, ist bei allen Menschen der Wunsch geweckt worden, an allen, Genüssen theilzunehmen, welche die moderne Cipilifation bereitet, ist mit unerwarteter Lebhaftigkeit die alte sociale Frage mit neuen Zielen aufgeworfen worden, und unser Zeitalter hat sich mit der Lösung dieser Frage in ihrer jetzigen Fassung abzumühen. Wenn der Gebildete aus den Werken der Kunst, aus der Beschäftigung mit den Ergebnissen der Wissenschaft den höchsten und edelsten Genuß schöpft, einen Genuß, den der Ungebildete nicht begreift, muß da nicht dafür gesorgt werden, daß jeder in seiner Weise ausgebildet wird, um die niederen Genüsse schal zu finden, sich zu jenen feineren zu erheben? Darf der Gebildete darüber schelten, daß der Ungebildete in seiner Unempfänglichkeit für höhere Genüsse die Vorrechte des Menschen höherer Bildung in der Möglichkeit der Befriedigung solcher niederen Wünsche erblickt, die ihm verständlich sind?

Die Ausbildung der epleren Triebe im Menschen ist daher schon im vorigen Jahrhundert der Gegenstand des Nachdenkens wahrer Menschenfreunde gewesen und wird es täglich mehr und mehr, nach⸗ dem die Religion allein sich als nicht ausreichend erwiefen hat. Je mehr der Unterrichtszwang durchgeführt wird, um so leichter wird es jedem Einzelnen, die Ideen kennen zu lernen, welche sein Zeitalter bewegen, um so schneller wird er in die geistigen Be⸗ wegungen hineingerissen. Ein bemerkenswerther Aufsatz von Karl Frenzel über die moderne Kunst schildert diesen Vorgang in äußerst treffender Weise: „Die tieferen Volks— schichten sind emporgedrungen; die Schule hat das Joch der Unwissenheit von ihnen genommen. Von Jahrzehnt zu Jahrzehnt sinkt die Zahl derer, die ohne Unterricht aufwachsen. Lesen und Schreiben sind nicht mehr die Vorzüge der mittleren Klassen; Zei⸗ tungen, illustrirte Blätter sind in jedermanns Händen. Man hat den Massen die schwerwiegendsten politischen Rechte gegeben, wie vermöchte man ihnen den Zugang zur Kunst weigern? Der Zug der Zeit geht dahin, ihnen die Museen, die Theater immer weiter zu öffnen, durch Vorträge und Vorlesungen ihren Bildungsstand zu erhöhen, durch volksthümliche Darstellungen ihnen die Resultate der Wissenschaften näher zu bringen. Durch die Milderung der schroffen Unterschiede des, geistigen Wissens und der ästhetischen Empfindung, welche die ver— schiedenen Klassen desselben Volkes bisher getrennt haben, hofft man, einen der gefährlichsten Schäden der alten Gesellschafté ordnung zu beseitigen.“

Der, Absaz der Bücher, welche die Popularisirung der Wissen— schaften bezwecken, zeugt von dem Unterrichts bedürfnisse großer Massen, und viele Erscheinungen des Auslandes zeigen uns, in wescher Richtung auch bei uns noch gewirkt werden kann. In Frankreich hat der Astronom Flammarion durch jahrelange enthufiastische Thätigkeit es erreicht, daß sich das ganze Land mit einem dichten Netze astronomischer Gesellschaften bon Laien überzogen hat. Seine Schriften, in eleganter Sprache, mit dichterischem Schwunge und kühner Phantasie verfaßt, finden, nicht bloß in Frankreich eine uns fast unbegreiffiche Verbreitung. Er wirlt wie ein Hoherpriester für die Genüffe, welche jedem empfäng⸗ lichen Beobachter des gestirnten Himmels von diesem herniederstrahlen, und weiß durch immer neue Mittel zur Beschäftigung mit der Astro⸗ nomie anzulocken. Das Institut der Urania in unserer Stadt sucht ja ähnliche Ziele zu erreichen und hat in der That schon manches er⸗ reicht. Möchte ihm ein gleicher Erfolg beschieden sein, wie den Sociétés Flammarion!

In England bestand schon im vorigen Jahrhundert das Journal Ladies Diarz, das mathematische Aufgaben brachte und eingesandte Lösungen veröffentlichte. Von diesem sagte ein englischer Gelehrter, es hätte in England mehr Mathematiker erzogen, als alle mathe⸗ matischen Autoren des Königreichs. Denselben Zwecken dienen jetzt die Elucational Times. Unter den Einsendern von Aufgaben und Lösungen findet man alle bekannten englischen Mathematiker vertreten, dann aber überhaupt jeden, der im stande ift, die Lösung zu finden, darunter manche Damen. Bei uns besteht unter den productiven Mathematikern eine Abneigung, sich mit solchen Aufgaben zu befassen. Ein Universitäteprofessor meint damit eine feiner ni ht würdige Arbeit anzugreifen; ein anderer unterläßt es, damit der erste ihn nicht be⸗ lächle. In England schämen sich Cayley und Sylvester nicht, die Lösung einer elementaren Aufgabe zu unternehmen, und tragen dadurch dazu bei, daß die Mathematlk in weiteren Kreifen an Interesse ge⸗ winnt. Die englische Frauenwelt zeigt, daß der weibliche Geist durch⸗ aus nicht unfähig ist, die Abstractionen der Mathemattk zu erfassen, und daß außer dem Malerpinsel und der Musikmappe auch Zirkel, Lineal und n, . dem Weibe eine würdige Beschäftigung Jeben, was durch einzelne hervorragende weibliche Talente in der Geschichte der Mathematik bestätigt wird. Warum sollte die keuscheste aller Wissenschaften denn nun in e, ,, dem weiblichen Geschlechte sern bleiben? Aber auch anderen Kreisen ist die Beschäftigung mit der Mathematik anzuempfehlen. Wenn Büchfel in seinen Er⸗ innerungen aus dem Leben eines Landgeistlichen erzählt, daß er in der Differentialrechnung von Lacroix , e. gesucht und geistige Er⸗

frischung für seinen Beruf gefunden habe, so erkennen wir darin den

roßen Vorzug, den die Beschäftigung mit der Mathematik für jemanden

ken der fern von einer Stadt lebt und auf Kunstgenüsse verzichten muß. Der berückende Zauber der Mathematik, dem jeder unterliegt, der sich ihr ergiebt, und der dem holden Wahnfinn vergleichbar ist, unter dessen Bann der Dichter sein Werk vollendet, ift dem betrachtenden Mitmenschen immer unbegreiflich gewefen und hat den begeisterten Mathematiker oft zum Gespött werben lassen. Als klassisches Bei⸗ spiel wird jedem Schüler Archimedes vorgeführt, der im Sinnen über seine Probleme nichts vom Sturme der erobernden Römer merkt und den eindringenden römischen Plünderer, ohne aufzufehen, anherrscht: »Störe mir meine Kreife nicht!“ Die Möglichkeit, durch mathe⸗ matische Betrachtungen sich eine Welt aus nichts zu schaffen, in welcher der Geist heimisch ist und ein Selbstgenügen findet, wird durch das stolz. Wort erläutert: Ae? 5 Jess recsrhes, ein Wort, das der größte französische Verleger für mathematische Werke sich als Devise erkoren hat.

Es möge mir gestattet sein, zwei Beispiele von Amerikanern anzuführen, die als einfache Männer des Volkes von jenem Zauber ergriffen wurden und sich aus eigener Kraft zu bedeutenden Mathe⸗ matitern emporarbeiteten.

Nathaniel Bowditch, geboren 1773 in Massachusets (Salem), leiht sich als Krämerlehrling ein Lehrbuch der Algebra, bemeistert es ohne Lehrer, bewältigt später in seinen Mußestunden Chambers? Eneyelopaedia, lernt Latein, um Newton's Principia zu studiren, und ließ sich, 21 Jahre alt, in diefes gewaltige Werk ein.“ Als Schiffs⸗ fahrer unter einem freundlichen Capitän wesht er die Matrosen in die Geheimnisse der Berechnungen des Orts ein, sodaß der Capitän rühmt; „Alles war Harmonie an Bord, Alle hatten Lerneifer, waren ehrgeizig sich zu unterrichten. Er hätte eine Besatzung von zwölf Mann, von denen jeder seine Monddistanzen nehmen, und eine Be⸗ obachtung berechnen könnte für praktische Zwecke, so gut wie Isaak Newton selber, wenn er lebte. Nebenbel lernt Bomditch auch Französisch, giebt einen Nautica! almanach heraus, übersetzt die Möchnique cleste von Laplace, und Amerika ist noch heute stol; auf diese Uehersetzung, über welche Legendre an ihn schrieb: „Ihre Arbeit ist keine bloße Uebersetzung; ich sehe sie als eine neue vermehrte und verbesserte Auflage an, und zwar als eine solche, wie sie aus den Händen des Verfassers hätte kommen können, wenn er sein eigenes Interesse zu Rathe gezogen hätte, d. h. wenn er eifrig bemüht gewesen wäre, klar zu sein.“

Ein Marktgärtner Artemas Martin, geboren 1835, findet Ge⸗ fallen an schwierigen Rechenaufgaben, verschafft sich Lehrbücher der Arithmetik und studirt sie in seinen Freistunden, betheiligt sich an der Lösung von Aufgaben in Zeitschriften und ersinnt selber neue. Um sie zu verbreiten, schafft er sich eine Handpresse an, setzt und druckt seine Aufgaben und giebt sie in einer neuen Zeitschrift heraus, dem Mathe- matignl Visitor, den er also ganz allein herstellt. Allmählich wird er eine Autorität für diophantische Üufgaben und Probleme der Wahr⸗ scheinlichkeit. Aus seinen Er parnissen schafft er ssch eine höchst werth⸗ volle mathematische Bibliothek an, erhält den Doctortitel und ist jetzt Bibliothekar des Amtes für Vermessungswesen der Vereinigten Staaten.

Solche Beispiele beweisen, daß unsere Wissenschaft der Mathe⸗ matik wohl geeignet ist, den Sinn für geistige Genüsse zu wecken, und wenn auch nicht jeder befähigt und geneigt ist, sich an dem Anschauen ihrer Wahrheiten zu erheben, den Geist durch die Beschäftigung mit ihren Problemen zu erquicken, so müssen wir ehen bedenken, daß es mancherlei Gaben giebt, und daß ein gebildeter, aber musikalisch nicht begnlagter Meusch, der höchstens eine Volksmelodie ertragen kann, auch nicht wie die Wagner⸗Enthusiasten über Tristan und Isolde in Ent— zücken ausbricht.

Eins aber dürfte aus den gemachten Ausführungen erhellen, daß die Ausdehnung der Mathematik in die Breite und Tiefe aufs engste mit der Verbreitung der Cultur verknüpft ist und, wie zuletzt berührt wurde, auch mit der socialen Frage einen gewissen Zusammenhang besitzt. Das Ge— deihen der Cultur hängt aber von friedlichen Entwickelungen ab. Wo rohe Kräfte sinnlos walten, da kann sich kein Gebild' gestalten. Das gilt auch für die Mathematik, diese zarte Blume des Menschengeistes. Darum ist jeder Menschenfreund darauf bedacht, zur Erhaltung fried⸗ licher Beziehungen nach außen und im Schoße des eignen Volkes bei zutragen; dann können die Gedanken kämpfe zur Entscheidung gebracht werden, welche der Entwickelung'gang der Menschheit mit sich führt. In schöner Weise brachte dies der italienische Unterrichts⸗Minister bei der Gedenkfeier Galilei's in Padua am 7. Dezember v. J. zum Aus⸗ druck, als er die Vertreter der auswärtigen Hochschulen mit folgenden Worten anredete: „Seine Majestät der König beauftragt mich, Ihnen seinen Gruß zu bringen. Ihre heutige Anwesenheih hier gereicht dieser Universität zur höchsten Ehre und ist Seiner Majestät dem Könige und seiner Regierung besonders werthvoll, insofern sie die Vereinigung aller Culturvölker beim Suchen nach dem sichersten und lichtvollsten Wege zum menschlichen Fortschritte ymbolisirt, eine Ver— einigung, welche die sicherste Bürgschaft des Friedens ist, den die Italiener lebhaft verlangen und mit Festigkeit erstreben. Bringen Sie Ihren Hochschulen diesen Gruß des K önigs, dieses Gelöbniß des Volkes: derselbe versichert, daß Italien in dem sicheren Gefühl 6. jetzigen politischen Wiedergeburt sich mit Eifer seiner wissenschaftlichen Erhebung befleißigt und keine anderen Schlachten begehrt als die der Ideen, welche keine Opfer an Menschenleben fordern, aber neue Gesichtskreise des Lebens erschließen, welche nicht Demüthigungen der Unterlegenen mit sich führen, da ja der Sieg eines einzelnen Mannes der Wissenschaft ein Sieg der ganzen Welt ist. Der Rector magnificus, in welchem ich das ehrwürdige und erlauchte paduanische Studium begrüße, sagte vorhin, der Tag werde kommen, an welchem das Pergament, welches das hübsche Geschenk der Damen beurkundet. in den Archiven aufgestöbert und von dem Erzähler der Gedenktage dieser Universität veröffentlicht werden wird. Sicherlich wird dieser Tag kommen; aber wenn der Erzähler aus den genauen Einzelheiten der Chronik sich zu den höheren Betrachtungen der Geschichte auf schwingt, so bin ich sicher, daß er mit einer Wendung des Galilei'schen Spruchs zu idealer Bedeutung sagen wird: Und doch hat sich von diesen Festen der Vernunft und des Friedens die Welt noch zu bessexen Geschicken bewegt.“ An unserem Feste des Friedens entledige ich mich des Auftrages, Ihnen die Botschaft zu überbringen. Yrchte es mir gelungen sein, durch meine Ausführungen dag Verfrauen auf den Fortschritt in der Bildung nicht bloß des Verstandes, sondern auch der Sittlichkeit in der Menschheit zu kräftigen, ein Vertrauen, das in den Worten des italienischen Unterrichts-⸗Ministers mit unbedingter Zu⸗ bersicht ausgesprochen ist. Wenn wir so unfere Arbeit in den Dienst einer sittlichen Idee stellen, dann bedeutet eben bie Entwickelung des Intellects das Aufsteigen zu einer höheren Stufe schöner Menschlich⸗ keit; dann steht unser einzelnes Handeln unter dem Gesichtspunkte des stetigen, ewigen Zusammenhanges mit dem Thun aller Menschen. Solch' ein heiliger Ernst beseelt unseren verehrten Herrscher, dessen Geburtstag zu feiern wir hier zusammengekommen sind. Dem deut— schen Volke, der ganzen Menschheit wünscht er als frommer Hohen⸗ zoller den sittlichen Ernst bei der Uebung des irdischen Berufs zu er⸗ halten, zu wecken. Eine solche edle Lebentauffassung verkümmert aber bei Hader und Krieg. Den Frieden aufrecht zu erhalten, ist der Zweck der Bündnisse zwischen den Staaten. Hoffen wir, v9) . Zweck erreicht werde. Jedenfalls wissen wir, daß Seine Majestät unser Allergnädigster Kaiser und König in klarer Erkenntniß der un— ermeßlichen Gefahren nach außen und im Innern Seine unablãässige Sorge der Aufrechterhaltung des Friedens widmet, dessen wir bei unserer stillen Arbeit der Wissenschaft, der Technik bez. Lassen Sie darum heute bei der Feier des Geburtsfestes unseres erhabenen , , unseren Dank für diese Seine landesbäterli e Sorge in den Ruf ausklingen: Seine Majestät der Kaifer und König lebe hoch!

M 24.

Zweite Beilage . zum Deutschen Reichs⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Freitag, den 27. Januar

Deutscher Reichstag. 31. Sitzung vom Donnerstag, 26. Januar, 1 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des Reichshaushalts-Etats für 1893,94. 3

Ueber den Beginn der Sitzung haben wir bereits in der Donnerstags⸗Nummer berichtet.

Beim Etat des Reichskanzlers

zlei erhält das Wort der tan . Barth (fr): Wenn ich die Handelsvertrags—⸗ politik hier zur Sprache bringe, so wird niemand bezweifeln, daß dieselbe mit dem hier Vorliegenden im Jusammenhang steht, um so weniger, als man angenommen hat, Daß. das Verlassen des Bismarck'schen Systems wesentlich der Initiative des jetzigen Reichskanzlers zuzuschreiben ist. Trotzdem hätten wir keinen Anlaß, die Angelegenheit zur Sprache u, bringen, weil wir im großen und ganzen mit dieser Politik der Reichsregie—

und der Reichs⸗

rung einverstanden sind, wenn nicht die Vorgänge der lien git sowohl im preußischen Abgeordnetenhause als in der Presse es rathsam erscheinen ließen, um einer Verwirrung der öffentlichen Meinung vorzubeugen, hier klipp und klar die Angel genheit zu Sprache zu bringen. Die agrarische Pꝛesse zeigt. während der, letzten Monate eine starke Agitation der agrarischen Kreise, die bisherige Handelspolitik der Regierung nach Möglichkeit zu di ereditiren und den Abschluß weiterer Handelsverträge.— nqnentlich des deutsch; russischen zu verhindern. Im preußischen Abgeyrdnetenhause hat man Tage lang darüber gesprochen, obgleich das dort nicht, hingehört, und die Agrarier ergingen sich in beredten Klagen, daß ein Verttag mit Rußland den Nothstand, von dem sie seit 141 Jahren reden, bi zum höchsten Grade steigern würde. Man braucht diese Ausführungen wohl nicht allzu tragisch zu nehmen, zumal jenes Haus n mn, nur in beschränktem Maße eine Volksvertretung darstellt. Die Ur⸗ theile von 107 deutschen Handelskammern, zusammengestellt von den Vereinen zur Beförderung der n de ert ! ker ne . schwindenden Ausnahmen darin überein, daß es auf das wärmste . ö sei, daß die Handelspolitik, der Bismarck hen Periode zu Ende sei und wir zunächst mit unsghen Nachbarländern Handelsverträge abgeschlossen hätten. Vor allem wird die dadurch herbeigeführte Sicherung gegen neue Erschwerungen der deutschen Ausfuhr als ein wesen licher Vortheil bezeichnet. Selbst Handels kammern, die bis he auf dem Standpunkt des Schutzzolls standen, schließen sich. jetzt dem allgemcinen Urtheil an. Man wuͤnscht, daß in dieser neuen Politik fortgeschritten wird, daß man mit denjenigen Staaten, gegenüber helchen die Möglichkeit einer Differentialzollhandhahung besteht,; zu Handels verträgen kommt, insbesondere mit Rußland, Rumänien, Shanien, Portugal. Bei dieser Lage der Dinge muß es enderbar rler n wenn jetzt in so planmäßiger Weise seitens der Agrayier die Politil der Reichsregierung zu disereditiren versucht wird. Man macht. den Handelsverträgen zum Vorwurf, daß sie noch keine Lünstigen materiellen Vortheile zeigen. Aber wenn sie noch nicht ein Jahr allt sind, kann man doch unmöglich schon zahlenmäßige Erfolge ltr nachweisen, um so weniger, wenn man die sehr hohen ,,. preise von 1891 und deren Einwirkung auf das ganze winthschaftlich Leben des Volkes berücksichtigt. Ich will nicht untersuchen, biz zu welchem Grade augenblicklich die Klagen der Landwirthe berechtigt sind oder nicht, sondern nur hervorheben, daß man i immer zu unterscheiden hat zwischen den Interessen des großen Grundbesizz und denen der Landwirthschaft, und daß alle die Klagen in letzter Linie sich immer mehr nur beziehen auf die Interessen des großen Grund besitzes. Man sagt, daß der starke Preisniedergang bei Wei ze ö und Roggen eine Folge der Handelsverträge sei. Der Preisun terschied pro Tonne beträgt durchschnittlich 100 (6 Der eigentliche Grund. . Preisrückganges liegt aber in dem ausgezeichneten Ertrsgniß der Erne des vorigen Jahres, gegenüber der in ganz Furopg iht mangel haften Ernte von 1891. Hierzu kommt selbstverstündlich die Wir, kung der Ermäßigung der Getreidezölle von 50 auf 3! J ö. Doch diese Ermäßigung sollte eintreten, weil wir die frühere Höhe der Getreidezölle als ein großes Unrecht ansahen, begangen an den arbeitenden Klassen der Bebölkerung. Wie weit er Fanatismus in dieser Beziehung schon gegangen ist, zeigt ein Artitel H Herrn von Ploetz in der heutigen Nummer der Kreuzzeitung“. Dersel ö enthält folgenden Passus; „Ich schlage nichte, mehr und nicht weniger vor, als daß wir (die königstreuen Algrgrien) unter die Socialdemokraten gehen und ernstlich gegen die Negierung Frent machen, ihr zeigen, daß wir nicht gewillt sind, uns weiter schlecht, her handeln zu lassen und sie unsere Macht fühlen zu an Hier Aufruf ist enthalten in einer Zeitschrift Vandiwirthscha tlich Thier⸗ zucht“. Die „Krenzzeitung“ theilt noch mit, daß dieser Aufruf lauten Widerhall in' weiten Kreisen gefunden habe. Dieser Aufruf scheint nun nachträglich doch Bedenken erregt zu haben, denn . Rt eus⸗ zeitung“ sagt: „Vorweg muß bemerkt werden, daß diese M K peinlichen Eindruck haben machen müssen und als unvorsichtig zu ze⸗ zeichnen sind. Sie meint dann, daß die Aeußerung nur gun grano salis zu verstehen sei; sie habe nur auf das rücksichts lo. Vorgehen der Soeialdemokraten hinweisen wollen. Neben den wirthschaftlichen Vortheilen der neuen Handelspolitik kommt noch weitzer, und zwar in nicht geringem Maße in Betracht jener andere Vortheil, daß durch diese Handelsverträge zu gleicher Zeit die allgemeine politische Lage verbessert wird durch die Verhinderung von Zolllriegen, Die Theorie des Fürsten Bismarck, daß man mit einem Staate politisch im Frieden, wirthschaftlich im Krieg leben könne, ist mehr und mehr obfolet geworden. Sehr viel Anhänger hat dagegen die andere Anschauung, daß es von ganz wesentlicher Bedeutung für die politische Freundschaft der Staaten ist, wenn zwischen ihnen ein handelspolitisches Verhältniß besteht. In dem politischen Jahrbuch, der schweizerischen Eidgenossenschaft führt. Professor Welti, ein durchaus unabhängiger Mann, aus, daß infolge der Handelsverträge zwischen Hen hand und der Schweiz das politische Verhältniß der beiden Staaten sich gebessert habe; die gegenwärtige politische Leitung Deutschlands zeige sich ebenso einsichtig! wie Ries jenige von 1389, wo die Wohlgemuth-Affgire spielte, kurzsichtig. Der Abschluß der Handelsverträge sei ein großes Verdienst des zweiten de utschen Reichskanzlers, welcher sich auf diesem Gebiete seinem Vorgänger voll⸗ kommen überlegen gezeigt habe. Dies Urtheil können Sie in ganz Eura hören und es wird noch unterstützt durch den gegenwärtigen Zollk rien Wwischen Frankreich und der Schweiz. Ein 6 Zank ist immer von Schaden für die gesammten commerziellen eziehungen Gurgzas. inobe sn der aber hat sich gerade infolge dieser thörichten , , . Holstil der gegenwärtigen französischen Kammer das Ver N 6 jwisthen der chweiz und Frankreich wesentlich verschlechtert. Daß r, bschluß ven Handelsberträgen von größter Bedeutung für das friedliche Ver. hältnlß der Völker ist, hat auch der rene . Bundeg Math Droʒ guf, der vorjährigen interparlamentarlschen Conferenz in Bern betont. Bei diefer Ge egenheit wurde auch die Schiedsgerichtsllausel in . Handelsvertrage mit der Schweiz erwähnt und aucgesprochen, daß man ich damit vielleicht einer Organisgtion nähere, der pater auch die lien internatignaler Streitigkeiten von größerer Tragwelh anvertraut werden könne. Ich bitte den Reichskanzler, dieser Angelegenheit ebenfalls seine Aufmerksamkest zuzuwenden. Hier ließt etwas bor, was in allen Ländern die Billigung der öffentlichen Mesnung und der

halte ich es nicht für angezeigt, auf die Handelsverträge mit Ruß⸗ land, Rumänien, Spanien, Portugal näher einzugehen, ich will, nur gegenüber den Ausführungen der agrarischen Presse und im preußischen Abgeordnetenhaus constatkren, daß die öffentliche Meinung in Deutsch⸗ land den Abschluß der Verträge dringend wünscht. Man ist auch vollständig davon durchdrungen, daß, wie die Dinge einmal liegen, man gar nicht erwarten kann, daß bei diesen Handelsverträgen ganz ungeheure GConcessionen von den anderen Staaten herausgeholt werden. Wenn diese Verträge an den Reichstag kommen, werden die Gegner derselben hier in derselben hoffnungslosen Minderheit sich befinden wie 1891. Die Handelspolitik der Negierung wird auch gerechtfertigt durch die Vorgänge in den Vereinigten Staaten, welche vor einer bedeutsamen Aenderung ihrer ganzen Zollpolitik stehen. Nachdem Cleveland gewählt ist und das Repräsentantenhaus wie der Senat eine andere Zusammensetzung er⸗ fahren hat, ist mit Sicherheit anzunehmen, daß die Zollpolitik der Vereinigten Staaten sich in nächster Zeit nach der freihändlerischen Richtung hin ändern wird. Es wird pielfach so dargestellt, als ob wir vor der Concurrenz der Amerikaner gesichert sein würden, wenn Amerika zu einem gemäßigten Freihandelssystem überginge. Aber gerade das Gegentheih ist der Fall, Durch den Freihandel wird die amexikanische Industrie kolossal gestärkt, weil durch die thörichte Mac Kinley Bill alle wesentlichen Rohmaterialien mit den allerhöchsten Zöllen belastet sind. Werden diese herabgesetzt, dann wird die Industrie der Vereinigten Staaten außerordentlich viel leistungsfahiger und concurrenzfähiger, die Arbeit ist in Amerika keineßwegs theurer als bei uns; die Löhne sind allerdings höher, die Arbeitszeit geringer, aber gerade in den großen Weltindustrie— artikeln ist die Arbeit in den Vereinigten Staaten billiger als in Europa, weil die Maschinen vollkommener sind. Das geht auch her— vor aus zwei Publikationen der jüngsten Zeit: von dem amerikanischen Gelehrten. Schönhoff, einem geborenen Deutschen, und Dr. Booth. Wenn wir uns daher nicht die gewaltigste Mühe geben, wird uns Amerika über kurz oder lang die allerbedeutendste Ce oncurrenz machen. Man darf nicht in die schutzzöllnerische Politik der früheren Zeiten zurückfallen, damit wir unbelastet den großen, friedlichen Kampf auf dem Weltmarkte mit allen Ländern der Welt führen können. Wir haben noch gewisse Vorsprünge vor Amerika, weil wir eine alte Cultur hinter uns haben und daher eine ganze Reihe von Speciali⸗ täten mit Nutzen dorthin exportiren können. Die Handelspolitik der jetzigen Regierung ist durchaus gerechtfertigt. Ich wünsche, daß es dem Reichekanzler gelingen möge, neben den bereits erlangten Er— folgen auf dem Gebiete der Handelspolitik noch weitere Handels ver träge abzuschließen. Daß der Reichstag dieselben mit großer Majorität annehmen wird, davon bin ich fest überzeugt. .

Abg. Graf von Kanitz (deons.): Ich habe erst vor zwei Stunden in der Börsenenquéte⸗CGommission davon Kenntniß erhalten, daß hier eine Handelsvertragsdebatte von Seiten der freisinnigen Partei geplant ist, und habe mich daher nur in der größten Eile mit wenig Material versehen können. Der Abg. Dr. Barth hat die Zollpolitik der fran zösischen Kammer und die Me. Kinley⸗Bill thöricht genannt. dauere, daß hier im Reichstag ein solcher Ausdruck über

enquéte⸗Commission zu sehr in Anspruch nimmt. meinen Fraetionsgenossen im Abgeordnetenhause, den

gegen die Jusinuation des Abg. Dr. Barth in Schutz nehmen Artikel, welcher von ihm eingesandt ist, ist zei Stimmung im Lande; daß Herr von Plötz ab ausgesprochene Anschauung sich, zu eigen macht,

we, ng, e, nn, ae, , Abgeordnetenhaus wäre nur in beschränktem Maßstabe als eine vertretung anzusehen. Ich hoffe, daß von Seiten der ver Regierungen und besonders von der preußischen dieser rue eorrigirt werden wird. Sie wollen das Dreiklassensystem angreifen, aber es werden Zeiten kommen, in welchen Sie vielleicht mit Vex— langen nach diesem Wahlsystem blicken. Ich erinnere an die Wahl des Abg. Ahlwardt, wo die Freisinnigen massenhaft zu den Anti—⸗ semiten übergingen, und an die jetzigen Vorgänge in Liegnitz, Gold⸗ berg, Ich habe die Handelsverträge mit schwerem Herzen bekämpft. Es ist nicht meine Art, der Regierung Opposition zu machen, und ich thue es nur, wo ich ihr mit bestem Gewissen nicht folgen kann. Ich bekenne, daß kein Mitglied dieses Hauses, kaum einer im ganzen Lande, so hart durch diese Handelsverträge getroffen ist als ich. Mit dem Abg. von Minnigerode habe ich mich seinerzeit für die Einführung der Getreidezölle bemüht und die ganze schwere Arbeit hinter den Coulissen gethan. Wenn wir das nicht gethan hätten, wäre von den ganzen Handelsverträgen im vorigen Jahre keine Rede gewesen, es hätten die Compensationen gefehlt, die wir den anderen Staaten gewähren konnten. In den Handelskammern haben die Kaufleute die Majorität, weniger darin vertreten sind die Industriellen und Fabrikanten, ihre Urtheile über die Handelsverträge haben also nur einen bedingten. Werth. Im vorigen Jahre habe ich gerade aus industriellen Kreisen eine große Zahl von Zuschriften, auch von nichteonservativer Seite, bekommen, worin ich gebeten wurde, mich im Interesse dieses und jenes In— dustriezweiges gegen eine allzugroße Herabsetzung der Zölle zu ver⸗ wenden. Die Einfuhr Deutschlands hat sich im Jahre 1892 um 39 985 900 S vermehrt, die Ausfuhr um 11 774 900 M vermindert. Der Abg. Dr. Barth wird wissen, daß es für den Handel eines Landes immer ein schlimmes Symptom ist, wenn die Einfuhr steigt und die Ausfuhr abnimmt. Meine Zahlen stammen aus amtlichen Quellen und die Berichte einzelner zerstreuter Handelskammern haben ibnen. gegen über kein großes Gewicht. Ich glaube auch, daß das Schu Kz all hostem in Frankreich etwas zu sehr ausgebildet ist. Aber dennoch hat sich die französische Handelsbilanz im abgelaufenen Jahre sehr viel günstiger gestaltet als die unsrige; die. Einfuhr bat dort erbeblich ab- genommen, die Ausfuhr, ist ziemlich auf der alten Höbe geblieben. Namentlich unsere Textilindustrie hat durch Abschluß der Dandels. verträge sehr gelitten; auch die Herabsetzung dor ostgrreichijchen Cisen. zölle ist eine viel zu geringe, als daß unsere Ausfuhr sich gesteigert hätte. Die hohen Getreidepreise des Jahres 1891 sind Ursache ge— wesen, daß die i e n Reichstage sich für die Vande kb oer tr aussprach. Ich habe se zglichkeit

on damals gewarnt und r die d aglichte es Sinkens der Getreidepreise aufmerksam gemacht. Jetzt ind wir zieh soweit, 9 die . für landwirthschaftliche Preduete unter den Productionskosten stehen. Nach der vor wenigen Jabsen vom preußischen Landwirthschafts. Minister angestellten Berechnung betragen die Probuetienskosten im alleräußfrsten Osten untres Landes lo =* Pro Tonne Roggen. Heute gilt derselbe nicht einmal 121. * Nach meinen Erfahrungen ft die letzte Ernte in T Wischlan leinezwegL eine so vorzügliche gewesen. Sie ist in vielen & enden recht knapp aussefallen, und diese Distriete befinden sich jetzt in Cin geraden n , Nothlage. Darum braucht sich der Abg. Vr. Warth Über den Artikel in der Kreuzzeitung“ nicht n wundern. Trotz der niedrigen Getreidepreise hat man hier über die Arbeitsloliakeit ge— klagt. Hätten die Arbeiter wenigstens Arbeit, so wäre es desser Fe— , . Verdient der Landwirth etwas, so leidet auch den Arbeiker leine Noth. Ob das Getreide einen Silbergroschen, billtger eder theurer ist, spielt dabei leine Rolle. Vor allen Dingen 1. Arbelter Geld haben, um überhaupt Getreide kaufen zu önnen. Der Abg. Dr. Bart hat als einen besenderen Vorzug der Model; verträge erwähnt, daß sie die Freundschaft woischen den Staaten de

muß der

Differentialzölle, und ich glaube, daß auch unser zo hältniß zu Rußland kein übermäßig erfreuliches ist. D hältniß würde ein besseres sein, wenn wir keine Vertragätarifte einen Generaltarif hätten, wenn nicht einzelne Lanz Kosten der anderen bevorzugt würden. Es ist

über Handelsvertrags Verhandlungen sy Gange sind. Ich weiß nicht, ob schweben. Was nun die nach Ansicht de— thörichte französische Handelspolitik betrifft, so / Zeitungen, welche der Regierung nahe stehen, gefunden, daß Regierung doch eigentlich viel klüger vorgegangen; zösische. Sie hätte von der Schweiz und r Concessionen bekommen, und es ware

Ich kann das nicht so ohne weiteres

bestand darin, daß wir alle Forderungen

gehe darauf nicht näher ein, sondern

Länder bei den Verhandlungen mehr erreich

Regierung, und wenn wir auch in keine

und konnten wie Frankreich, so entsch noch keineswegs die Art und Weise verträge gemacht worden sind.

gesagt, daß die französische Regierung Vertragstarif den Amerikanern Ich hatte unter der Hand

daß der Präsident der Amerikanern ein provisorisches wonach gewisse untergeordnete Artike zu den Sätzen des Minimaltarifs alle übrigen amerikanischen Producte worfen bleiben sollten. Mir wurde herrn von Marschall ei s sagte, daß Frankrei

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