1893 / 39 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 14 Feb 1893 18:00:01 GMT) scan diff

deutsche w. die gleichen Unredlichkeiten kenne. Die in den letzten . hren lebhafter gewordenen Angriffe geen gi. Redlichkeit des deutschen . ls haben ihren Grund viel eher darin, daß das Ausland mehr und mehr die Stärke der deutschen Concurrenz zu fühlen beginnt. Nichtsdestoweniger ist ,,,. daß der Versuch, mit unrichtigen Ursprungsangaben, zum Nachtheil anderer inländischer oder auslän— discher , . gewissen Waaren ein unberechtigtes Ansehen zu schaffen, häufiger zu Tage tritt, als es dem Rufe unseres Handels⸗ verkehrs geziemt. Den Bestrebungen anderer großer Industrie⸗ und . derartigen Täuschungen, mögen sie nun gegen das eigene

and oder gegen die fremde Production sich richten, mik der Strenge des Gesetzes entgegenzutreten, wird Deutschland im Interesse seiner en roduction und seines eigenen Handelsverkehrs sich anschließen müssen.

Bei der Begrenzung der 6 andlungen ist indessen darauf zu achten, daß es eine große Reihe von Bezeichnungen giebt, die ö. zwar äußerlich als Herkunftsangaben darstellen, in der That aber weniger die Herkunft, als vielmehr nur die allgemeine Natur einer Waare bezeichnen sollen. Auch in der Gesetzgebung auswärtiger Staaten, sowie in der Internationalen Union zum Schutze des ge— werblichen Eigenthums ist dies zur Anerkennung gelangt, indem solche örtliche Benennungen, welche nur einen sogenannten „Gattungsnamen“ für die Waare abgeben, von dem gesetzlichen oder vertragsmäßigen Schutze ausdrücklich ausgenommen worden sind. Bezeichnungen, wie Berliner Blau“, „Schweinfurter Grün“, Thorner , Bayerisches Bier“, Schweizer Käse“, Westfälischer Schinken“, ‚Braunfchweiger Fervelatwurst“, „Kölnisches Wasser“, Cognac‘, „Wiener Würfte“ sind nicht bestimmt, die Herkunft der Waare anzugeben; fie werden . i. den Abnehmerkreisen als Herkunftsbezeichnungen nicht be⸗ rachtet.

Besonders häufig finden sich Bezeichnungen dieser Art im Verkehr mit Taback und mit Wein. Im Verkehr mit Taback ist bon Alters her der Gebrauch eingebürgert, Erzeugnisse, welche in der Form, in der Packung, in der Beschaffenheit, in der Herstellungsweise gewisse Eigenthümlichkeiten aufweisen, mit dem Namen desjenigen Ortes oder Landes zu kennzeichnen, dessen e, ,. zuerst jene Eigenthümlich— keiten zeigten und 6 im Verkehr bekannt geworden sind. Die Bezeichnung „Pariser“ soll nicht darauf hindeuten, daß der Schnupf⸗ taback in Paris hergestellt sei; sie ist der Name einer gewissen Sorte, die ursprünglich durch eine charakteristische Packungsform nach außen kenntlich war. In gleicher Weise haben fur die Cigarrenfabrikatlon Bezeichnungen wie „Havang“, „Amsterdam“ und andere, spanischen, niederländischen oder amerikanischen Orten entlehnten Namen ihre geographische Bedeutung längst verloren. Aehnliches gilt für den Handel mit ausländischen oder einheimischen Weinen. Der Aus— druck Bordeaux“ ist auf die Eigenschaft der Stadt Bordeaux als ern n len für die Ausfuhr französischer oder wenigstens in rankreich durch Verschneiden hergestellter Rothweine zurückzuleiten; unter „Medoc“, „St. Julien“ und dergleichen versteht man bei uns in den breiten Schichten der Bevölkerung Rothweine einer ö Beschaffenheit und . Ebenso ist es mit zeichnungen wie „Madeira“ „Malaga“, „Porto“ u. a. für die sogenannten ö Die deutschen Weine kamen ursprüng⸗ lich ausschließlich unter dem Namen größerer Productionsgebiekte als rheinische, fränkische, elsässische Weine in den Handel. Diese Be⸗ zeichnungsart hatte den Uebelstand, daß sie Erzeugnisse von sehr ver— schiedener Beschaffenheit umfaßte; sie wurde daher allmählich durch die Unterscheidung nach Gemarkungen ersetzt. Bei der großen Anzahl der⸗ selben konnte es jedoch nicht gelingen, die Namen aller Productions⸗ orte dem Verkehr geläufig zu machen; man beschränkte sich auf einzelne Namen, welche meist solchen Orten entlehnt wurden, an denen größere Weinmärkte stattzufinden pflegten. Das Bedürfniß fester Qualitäts bezeichnungen einerseits und die Ungleichmäßigkeit in der Beschaffenheit der einzelnen. Jahrgänge innerhalb derselben Gemarkung andererseits führten allmählich dahin, bei der Wahl der Bezeichnung den Schwer⸗ punkt weniger auf den Ort der Erzeugung, als auf den Charakter des Erzeugnisses zu legen; dieser Gebrauch, in Verbindung mit der Gepflogenheit des Verschneidens verschiedener Sorten ermöglicht es, demselben Abnehmer dauernd Wein von gleicher Beschaffenheit unter gleichem Namen zuzuführen. Dementsprechend wird im Sprach— gebrauche des großen Verkehrs unter Rüdesheimer“, „Niersteiner“, „Trabener“ und dergleichen nicht schlechthin ein Wein verstanden, welcher in der bestimmten Gemarkung gewachsen ist; vielmehr deutet die Bezeichnung auf eine Sorte von gewisser Beschaffenheit und Preislage. .

Der Entwurf betrachtet es nicht als seine Aufgabe, in Verkehrs⸗ gewohnheiten einzugreifen, welche in langjähriger Entwickelung sich herausgebildet und schon um deswillen innere Berechtigung erworben haben. Auch vom Standpunkte des Consumenten aus liegt kein Be⸗ dürfniß vor, Gattungsnamen, deren Bedeutung ihm bekannt ist oder bekannt sein müßte, der bisher üblichen Verwendung zu entziehen. Wo die Grenze der nach allgemeinem Brauch zulässigen, weil für keinen Kundigen mit der Gefahr der Täuschung verbundenen, und andererseits der unzu— lässigen Bezeichnungen liegt, ist eine Thatfrage, welche das Gesetz nur grundsätzlich behandeln, kann. Der Entwurf macht die Strafbarkeit davon abhängig, daß die Absicht dahin gerichtet ist, durch eine fälschliche Herkunftsbezeichnung über Beschaffenheit und Werth der Waare zu täuschen. Ländernamen sind von dem Schutz ausgeschlossen, weil ihre Verwendung fast immer nur eine charakterisirende Bedeutung hat und jedenfall nur Hinweise von solcher Allgemeinheit enthält, daß dabei eine 36 zu täuschen nicht vorausgesetzt werden kann. 1

Der Absatz 2 des § 15 ist dazu bestimmt, das Geltungsgebiet des Absatz 1 gegenüber den zu Gattungsnamen gewordenen Orts— bezeichnungen in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise abzu⸗

renzen.

Um den Thatbestand des 5 15 Absatz 1 zu erfüllen, ist es nicht erforderlich, daß die Wagre ausdrücklich als aus der angegebenen Oert⸗ lichkeit herrührend bezeichnet ist. Es genügt, wenn der Ortsname, sei es für sich allein, sei es mit einer anderen Angabe, z. B. mit einer Firma, dergestalt zu der Waare oder ihrer Verpackung in Be⸗ ziehung gesetzt ist, daß die Meinung entstehen kann, als ob die Waare von dem bejeichneten Orte herrühre. Der Grundsatz, daß jedermann sein persönliches oder geschäftliches Domicil zur Waarenbezeichnung verwenden darf, erleidet an sich durch 8 15 keine Einschränkung. Wenn jedoch die Domieilangabe zu einem Irrthum über den en fta und in ursächlichem . damit, über Beschaffenheit und Werth der Waare Anlaß geben kann, so wird es im Sinne des 8 16 eines Vermerks über den wirklichen Herkunftsort bedürfen, um diesen Irrthum auszuschließen.

Im wesentlichen bewegt sich der Entwurf in den Grenzen, in welchen sich auch die ausländischen Bestimmungen gehalten haben. Es 16 zu erwarten, daß auf diesem Wege ohne Störung berechtigter

nteressen und unbedenklicher Verkehrsgepflogenheiten die Aus⸗ , , eines unlauteren Wettbewerbs sich werden einschränken assen. Die Bestimmungen im § 16 und § 17 entsprechen im wesentlichen den s§5 153. und 17 des geltenden Gesetzes, Die beabsichtigte Erhöhung des Höchstbetrages der Buße ist schon bei §z 13 erwähnt worden. Zu § 18.

Die Hestimmung des geltenden Gesetzes hat in der Literatur und in zahlreichen gerichtlichen Entscheidungen die sinngemäße Aus—⸗ legung gefunden, daß der Zeichenschutz gegenüber geringfügigen, den Gesammteindruck im Verkehr nicht wesentlich beeinflussenden Ab⸗ änderungen in der Wiedergabe des Zeichenbildes nicht versagen soll. 2 . eines reichsgerichtlichen Urtheils aus dem

ahre 1 kommt es nicht darauf an, ob zwei Waarenzeichen, wenn sie neben einander liegend e i, werden, Unterscheidungs⸗ merkmale zeigen, auch nicht, ob eine Täuschung geschäfts⸗

kundiger Kaufleute möglich sei, sondern nur darauf, ob dle Consumenten irre geführt, d. h, veranlaßt werden

1 des einen Gewerbetreibenden die Waare eines anderen zu kaufen“.

Trotzdem . gegen die einschlagende Bestimmung des geltenden Gesetzes vielfa . gerichtet worden. Aus diesem Grunde und um in den betheiligten Verkehrskreisen selbst die Tragweite des Ge⸗ setzes durch den Ausdruck desselben schärfer erkennbar zu machen, ist

die im Entwurf vorgesehene dassu gg wahlt u .

Der Entwurf beschränkt sich darauf, für bürgerliche Rechtsstreitig⸗ keiten die Entscheidung letzter Instanz unter allen Umständen dem Reichsgericht vorzubehalten. Durch eine ausdrückliche Bestimmung die Entscheidung erster Instanz, insoweit sie in die Zuständigkeit der Landgerichte fällt, den Kammern für Handelssachen zuzuweifen, erscheint nicht erforderlich, da der Ausdruck „Marke“ im § 101 Ziffer 36 des Gerichts verfaffungsgesetzes im weiteren Sinne zu verstehen ist und nach der Auffassung des Entwurfs mit dem Begriff ‚Waarenbezeichnung“

zusammenfällt. Zu § 20.

In Großbritannien und in wichtigen Theilen seines außer europäischen Herrschaftsgebietes hat die ,, die Einrichtung etroffen, 9 fremde Waaren, deren Bezeichnung auf einen inländischen Ursprung der Waaren selbst , lassen könnte, bei der Einfuhr der Einziehung unterliegen, sofern sie nicht zugleich mit der Angabe des wirklichen Herkunftslandes versehen sind. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß auch andere Staaten zu dieser, die fremde Concurrenz naturgemäß erschwerenden Einrichtung greifen. Bei dem roßen Umfang des deutschen Ausfuhrhandels find solche Einrichtungen ür uns . ohne Bedeutung. Man kann die Frage aufwerfen, ob dieselben noch den Voraussetzungen entsprechen, unter welchen Marken⸗ schutzabtommen behufs Gewähr einer gleichen Behandlung der in- und ausländischen Markenrechte . zu werden pflegen. Denn unzweifelhaft gewähren sie den inländischen Gewerbetreibenden und ihren Waarenbezeichnungen einen stärkeren Schutz gegen eine Verletzung durch die Manipulationen der Importeure, als den zu gleichem Schutz mit den Inländern berechtigten ausländischen Gewerbetreibenden, deren Waaren in dem betreffenden Lande verkehren, deren Interessen aber nicht in gleicher Weise bei der Einfuhr geschuͤtzt sind. Wie dem auch sei, im großen und ganzen hat der deuksche . unter den zur Zeit bestehenden Einrichtungen ee, mancher Belästigungen eher gewonnen als verloren; und zwar deshalb, weil er zu seinem eigenen Vortheil gezwungen wurde, in seinen Beziehungen zu den die Wagaren aufnehmenden Gebieten von der Vermittlung durch ausländische Handelsplätze sich frei zu machen. Es ist aber immerhin möglich, daß solche Einrichtungen in der Art ihrer Durchführung eine für die deutschen Handelsinteressen empfindliche Seite erhalten. Wenn sie z. B. unbedingt jede Durchfuhr treffen und zu einer lästigen und schädigenden Rebision der zur Durchfuhr bestimmten, einen Aufenthalt und eine Durchsuchung nicht wohl vertragenden Waaren— sendungen führen sollten; wenn sie auch solche Bezeichnungen treffen würden, welche nicht nur der Sprache des einen fremden Landes an— gehören, sondern in anderen Ländern dem Sprachschatze ebenfalls eigen geworden find; wenn dadurch Handelsbeziehungen, welche früher gerade durch die Vermittelung der Handelsplätze des fremden Staats allmählich ß gezogen murden, plötzlich und zum empfindlichen Nachtheil der in⸗ ändischen Arbeit unterhunden werden könnten, oder wenn ein Fehler in der Erfüllung der ausländischen Vorschriften, selbst in Fällen geringer Fahrlässigkeit, zu der Einziehung werthvoller Waarenvorräthe führen und damit eine, zu der Art des Vergehens außer Verhältniß stehende Ahndung mit sich bringen würde: so 2 . darin eine Verletzung wichtiger Verkehrsinteressen erblickt werden, gegen welche das betroffene Land nicht unempfindlich bleiben kann. Aus Vorsorge gegen solche Möglich keiten will der Entwurf die Mittel gewähren, um derartigen, billige Rücksichten in den internationalen Handelsbeziehungen außer Betracht lassenden Versuchen, welche in Wirklichkeit mehr gegen die Macht, als gegen die Unredlichkeit fremder Concurrenz sich richten, entgegen⸗ treten zu können. Da es hierbei stets um die Erwägung der besonderen Verhältnisse des einzelnen Falles sich handeln wird, so erscheint es als das zweckmäßigste, die Entscheidung über die Anwendung des Gesetzes in die Hand des Bundesraths zu legen und ihm Vollmachten zu geben, vermöge deren er, soweit nöthig, Gegenmaßregeln beschließen kann, falls eine Verständigung mit dem unseren Handel durch seine Maß⸗ regeln belästigenden Lande sich als aussichtslos erweisen sollte.

J gegen die vom Bundesrath beschlossenen Anord⸗ nungen im Wege des gewöhnlichen Strafprozesses zur Verfolgung zu bringen, würde den praktischen Werth der Anordnungen sehr herabdrücken. Es bedarf eines schleunigen, unmittelbar gegen die vor dem Uebergang in den Inlandsverkehr festgehaltene Waare sich richtenden Verfahrens, um mit solchen Anordnungen wirken zu können. In anderen Staaten, vor allen in Frankreich und Großbritannien, werden die Behörden der Zollverwaltung in erfolgreicher Weise auch zu Gunsten des Schutzes der inländischen Arbeit gegen die ohne Beachtung inländischer Gesetzesvorschriften ein⸗ geführten Erzeugnisse fremder Staaten verwerthet. Der Entwurf will diese Möglichkeit gleichfalls eröffnen. Die Strafprozeßordnung bietet im dritten Abschnitt des VI. Buches bereits einen geeigneten formellen Weg in dem Verfahren, welches bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die Erhebung öffentlicher Abgaben zugelassen ist. In diesem Verfahren kann auch eine Einziehung angeordnet werden. Da die Strasprozeßordnung dem Verurtheilten den Antrag auf gericht⸗ liche Entscheidung gegen den erlassenen Bescheid vorbehält, so ist die Gewähr für eine gesicherte 9 gegeben.

Zu F 21.

Die Porschriften des Gesetzes vom 39. November 1874 über den Schutz ausländischer Waarenzeichen sind abgesehen von den Anordnungen, welche aus der neuen Organisation der Verwaltung des Zeichenwesens sich ergeben nur in zwei Punkten abgeändert. Zunächst soll nach dem Vorbilde des Patentgesetzes und, des Gesetzes zum Schutze der Gebrauchsmuster für ausländische Zeichenninhaber der Vertreter⸗ zwang eingeführt werden, um sowohl den betheiligten Kreisen, als auch dem Patentamt den geschäftlichen Verkehr mit den im Auslande wohnhaften Berechtigten zu erleichtern. Sodann ist die Bestimmung fallen gelassen, nach welcher ein Zeichenschutz in Deutschland nur in— sofern und auf solange bestehen bleibt, als der Anmel dende in dem Lande seines Wohnsitzes in der Benutzung des Zeichens geschützt ist. Der aus der Natur der Sache sich ergebende Grundsatz, daß ein Ausländer das ausschließliche Benutzungsrecht für ein Waarenzeichen nur dann er⸗ halten kann, wenn er in dem Lande seines Wohnsitzes auf dieses Recht Anspruch hat, ist auch im Entwurf zum Ausdruck gekommen. Hat jedoch der Ausländer den Schutz bei uns einmal erlangt, so besteht, auch abgesehen von den praktischen Schwierigkeiten der Durchführung, kein ausreichender Grund, die Geltung des Schutzes auf die Dauer jenes älteren Rechts zu begrenzen. Die Mehrzahl der in neuerer Zeit

eschlossenen internationalen Verträge hat, wie für Patente und Muster,

3 auch für Marken eine derartige Beschränkung gie, und es würde nicht im deutschen Interesse liegen, ihrer Beseltigung durch neue, den früheren Grundsatz aufrecht erhaltende Vorschriften ent⸗ gegenzuwirken. ö

Der 5 21 des Entwurfs findet auf die deutschen Schug gebiete und auf diejenigen auswärtigen Bezirle in denen das Reich die Konsulargerichtsbarkeit ausübt, keine Anwendung. Niederlassungen in den Schutzgebieten und Niederlassungen von) iche ee r rn oder Schutzgengssen in den unserer Konsulargerichtsbarkeit unterstehenden Bezirken sind im Sinne des Entwurfs als inländische Niederlassungen

anzusehen.

u § 22. Der Entwurf will die ed rg. Zeichenregister, in welchen die zur Zeit ,,. Waarenzeichen eingetragen , im Interesse der er tler eit und Klarheit des ganzen Zeichenwesens heseitigen. Die eingetragenen Zeichen sollen daher in die neue Zeichenrolle binnen bestimmker Frist übertragen werden. Es darf dies aber nur unter Wahrung der alten Prigrität der Zeichen verlangt werden und eg soll den Zeicheninhabern . dadurch erleichtert werden, daß die Ueber⸗

tragung unentgeltlich geschieht. ö ; , es wünschenswerth sein würde, die mit der Neuein⸗

vor allem auch das eigene Interesse der zur Zeit eingetragenen ö inhaber, eine längere Erstreckung der niger en , ff. ie 6 sämmtliche vorhandenen Zeichen zur Zeit nahezu 20 006 an der ahr behufs Uebernahme in die Rolle daraufhin einer Prüfung zu unter- . ob sie den Anforderungen des neuen Gesetzes genügen, bean. prucht zu ihrer Durchführung Jahre. Es wird einer is zu⸗ treffenden, erschöpfenden Prüfung der vorhandenen Zeichen nur förderlich sein, wenn man dafür eine längere Uebergangsfrist verstattet Der Entwurf will daher für die vorhandenen ö. bis spätestens zum eienr 1898 das Gesetz vom 30. November 1874 in Geltung elassen. Daß die zu übertragenden Zeichen nach Maßgabe des neuen Ge e schutzberechtigt sein müssen, begründet keine 9 gegen die 95 inhaber. In der Hauptsache ist darin nur die K enthalten daß die nach Maßgabe des Gesetze vom 30. November 1874 ohn jede nähere Prüfung von den Gerichten eingetragenen Zeichen jetzt pon dem Patentamt daraufhin geprüft werden sollen, ob sie in der That bei ihrer ersten Eintragung s , waren. Es ist notorisch, daß bei den Gerichten manche Eintragungen erfolgt sind, die sich bei näherer Prüfung nicht aufre t erhalten lassen, weil ihnen ein schutz⸗ berechtigtes Zeichen überhaupt nicht zu Grunde lag. Soweit sich heraus. stellt, daß ein zu übertragendes Zeichen seinem Inhalte nach zwar nicht dem alten Gesetze genügt hat, wohl aber dem neuen Gesetze entspricht, sollen nur die Anforderungen des letzteren bei der Beurtheilung zu Grunde elegt werden. In einem Falle haben indeß die zu übertragenden 6 Anspruch auf die Uebertragung, obwohl sie auch diesen Anforderungen nicht genügen, und zwar dann, wenn sie zu den schon vor der wee g. egelung des Markenschutzes nach Landesrecht geschützt gewesenen Zeichen gehören. In diefer Beschränkung kann dem schon vor jener Regelung erworbenen und von dem geltenden Gesetze über Markenschutz (C 3) vorhaltlos anerkannten Zeichenrecht auch in Zukunft die Anerkennung kiel ch nicht versagt werden.

Zu §z 23.

Die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen organisatorischen und prozessualischen Vorschriften sollen in demselben Ümfange, wie dies für das Patentwesen geschehen ist (6 17 des Patentgefetzes vom 7. April 1891, Reichs⸗Gesetzbl. S. 79) durch Beschluß des Bundes⸗ raths festgestellt werden.

Handel und Gewerbe.

In der Sitzung des Verwaltungsraths der Berliner Handels⸗Gesellschaft vom 11. Februar d. J. wurde die Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr vorgelegt. Nach Vornahme der Abschreibungen ergiebt der Jahresabschluß einen Bruttogewinn von 7279 5h01 6. Hiervon entfallen einschließlich des 900 00 „M be— tragenden Exträgnisses der Commandit-Einlage bei Breest u. Gelpcke 3 390 863 6, auf das Zinsen⸗Conto II 380 6, auf das Wechsel-⸗Conto 1215 356 , auf das Provisions⸗Conto 119 364 4,

auf das Effecten⸗Conto, 170 048 S, auf das Consortial-Conto

und 1778 843 ½ auf das Liquidations-Conto der Internationalen

Bank. Nach Absetzung der Verwaltungskosten mit 739 610 ( und

der Cinkommensteuern mit 269 581 M bleibt der Betrag von 6 270 359 als Reingewinn verfügbar. Die Bilanz am Ende 1892 ech wie folgt: Activa: Kassenbestände 9223 723.6, Wechselbestände 31 76436706, Reports 16418 607 , Eigene Effecten 13 490 835 6, Grundstücks⸗Conto 1 906 441 MS, Hypotheken ⸗Conto 660 000 S, Bankgebäude 750 000 4, Consortial⸗Gonto 14 548 556 S, Debitoren 54 135 675 S (wovon

Commandit⸗Betheiligung bei

lionen gedeckte Debitoren), J . Passiva. Commandit⸗Kapital

Breest u. Gelpcke 15 000900. 65 0009000. Æ6, Aecepten⸗Conto 19778 183 S6. (wobon etwa 144 Millionen gegen Guthaben und Unterlagen), Creditoren 49 502 237 , Rückständige Dividende 4104 S6, Special⸗Reserve 1088 660 S, Dividenden⸗Reserve 2 500 000 S, Allgemeine Reserve 13 744 734 MS, Gewinn und Verlust⸗Conto 6270 359 MM Auf den Antrag der Geschäftsinhaber setzte der Verwaltungsrath vor— behaltlich der Genehmigung der Bilanz durch die Generalversammlung die Dividende für das Commandit⸗-Kapital von 65 Millionen Mark auf sechs Procent fest und beschloß, den Betrag von 1778 813 einem neu zu errichtenden Special⸗Reserve⸗Conto Ul tantièmefrei zu überweisen, wodurch die bilanzmäßigen Reserven die Summe von 193 Millionen Mark erreichen; sodann soll dem Pensionsfonds der Angestellten der Betrag von 5 000 S überwiesen und der nach Abzug der Tantismen verbleibende Rest von 129 974 auf neue Rechnung vor⸗ getragen werden. Die Bilanz der Bankfirma Breest u. Gelpcke für Ende 1892 stellt sich wie folgt: Activa: Baarbestände und Giro— guthaben 28162365 S, Wechselbestände 622 412 S, Reports 6 062429 66, Couponbestände 145 057 ½ο½, Bankgebäude abzüglich Hypothek 1218038 6, Eigene Effecten 68 0406 S6, Debitoren 21 257 561 66 (wovon etwa 23 Millionen Guthaben bei Bankfirmen und etwa 19163 Millionen gedeckte Debitoren), Passiva: Commandit— einlage der Berliner Handelsgesellschaft 15 006 060 MSL, Creditoren 8 194 643 S6, Accepte 7 873 545 M (sämmtlich gegen Guthaben und Unterlagen), Pensionsfonds 20 890 S, Gewinn- und Verlustcolnt 1090788 6. Aus dem Reingewinn wird die Commanditeinlage de Berliner Handelsgesellschaft mit 6o½o verzinst, der Betrag won 150 000 AMS der Delerederereserve überwiesen und der Rest von 40788 ½ auf das Bankgebäude abgeschrieben.

Das Curatorium der Preußischen Hypotheken⸗ Actien-Bank hat, auf Antrag der Direction, die über das Ge— schäftsjahr 1892 Bericht erstattete, die Vertheilung einer Dividende bon 66 der Generalversammlung vorzuschlagen beschlossen.

Der Aufsichtsrath der Pfälßischen Hypothekenbank hat auf Grund des Berichts der Direction über die Bilanz und das Gewinn⸗ und Verlust⸗Conto beschlossen, der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 64 Co (im Vorjahre 6 Co) vorzu⸗ schlagen. Da der Maximalbetrag der Pfandbriefausgabe mit 99 Mil⸗ lionen Mark demnächst erreicht sein wird, so wird in die Tages ordnung der Generalversammlung ein Antrag auf Erhöhung des e n rdlg um 1 009 000 96 aufgenommen werden.

Für Rechnung der Serhischen Speciglkassen wurden der Berliner Abrechnungsstelle für den Couponzdienst des 1. Semesters d. J. im Monat Januar 570 000 Fr. zur Verfügung

J

8

rnehmen. ! Sonnabend ist 3 verschwunden

ch

der mit Hinterlassung eines

nicht festgestellt ist.

können, indem sie mit Rücksicht auf ein ihnen bekanntes Waarenzeichen eine ihnen zusagende Waare suchen, statt der

richtung des Zeichenwesens verbundenen Vortheile möglichst bald in i Hin n,, zu setzen, so erheischen doch praktische Rücksichten,

etwa 63 Millionen Guthaben bei Bankfirmen und etwa 355 Mil⸗

zum Deutschen Reichs⸗

M 39.

Zweite Beilage

Preuszischer Landtag.

Haus der Abgeordneten. 29. Sitzung vom 13. Februar.

haushalts- Etats für 189394 bei dem Etat des Ministeriums der geistlichen, ,,, Ueber den Beginn der Sitzung ist bereits in der Nummer vom Montag berichtet worden. Bei dem ersten Ausgabetitel (Gehalt des Ministers) bringt der Abg. Träger (dfr. die Frage, des Religionsünterrichts der BDissidentenkinder ur Sprache. ] Die hierauf von dem Staats⸗Minister Dr Bosse ertheilte Antwort, die schon auszüglich mitgetheilt vurbe bringen wir nachstehend im Wortlaut? Meine Herren! Ich kann dem geehrten Herrn Vorredner nur dankbar sein, daß er diese Sache, mit der ich mich viel und sehr ein⸗ gehend beschäftigt habe, zur Sprache gebracht hat. Es ist mir ganz erwünscht, meinen Standpunkt in der Sache und die Gründe, die mich bewogen haben, die Verfügung meines Herrn Amtzvorgängers vom 16. Januar 1892 aufrecht zu erhalten, hier darzulegen. Run freilich muß ich sagen, der geehrte Herr Vorredner ist doch über die Vorgänge in der Sache thatsächlich nicht ganz richtig informirt. Ich mache zuerst darauf aufmerksam, daß die Verfügung keines— wegs besagt, daß jedes Kind eines Dissidenten an dem Religions⸗ unterricht der Volksschule theilnehmen müsse; dies soll vielmehr nur dann der Fall sein, wenn der Vater nicht den Nachweis erbringt, daß für den Religionsunterricht anderweit nach behördlichem Ermessen in ausreichender Weise gesorgt ist. Dieser Zustand hat mit Ausnahme einer oder zweier Entscheidungen aus der Zeit des Herrn Staats— Ministers Dr. Falk seit dem Jahre 1859 bestanden; er ist von meinem damaligen Herrn Amtsvorgänger, dem Minister von Bethmann ⸗Hollweg, sehr ausführlich in der damaligen ersten Kammer vertreten worden, und hier in der Volks— schuleommission ist ja auf diese Verhandlungen des Herrenhauses in ausgiebigem Maße Bezug genommen. Ich will gleich vorausschicken, daß ich mich darin mit dem Herrn Abg. Träger in vollkommener Uebereinstimmung befinde, daß es unerwünscht ist, die Verwaltung mit der Rechtsprechung in Gegensatz zu bringen. Sollten die Er— kenntnisse, die in den schwebenden Fällen ergehen, in letzter Instanz zu der constanten Praxis der Gerichte führen, daß eine Verfassungs— widrigkeit in jenem Erlasse und in seiner Handhabung gefunden wird, so werde ich mich dieser Rechtsprechnung fügen; denn es ist unmöglich, daß Verwaltung und Rechtsprechung dauernd in einem solchen Gegen⸗ satz bleiben; darüber bin ich mir von vornherein klar gewesen. Nun ist Herr Abg. Träger doch nicht ganz genau informirt; denn das Kammergericht hat sich in den Erwägungsgründen seines Urtheils rom 6. Dezember 1888 in einem Falle, der einen Volksschüler betraf, für seine Ueberzeugung, wonach das Reseript unzulässig sei, auf Rescripte berufen, die sich garnicht auf die Volksschule, sondern auf die höheren Schulen bezogen, und da liegt die Sache völlig anders. Ebenso betrifft ein anderer Fall, der neueste, den Herr Abg. Träger mitgetheilt hat, den Schüler einer Mittelschule; auch da liegt die Sache anders. Die letzte Entscheidung für die Schüler der Volksschule ist noch nicht ergangen; ich werde sie abwarten. Nachdem ich nach reiflicher Er⸗ wägung lediglich aus Rechtsgründen den Erlaß meines Herrn Amts⸗ borgängers als richtig habe anerkennen müssen, habe ich wohlweislich, da ich mit der Möglichkeit der Anzweiflung des Erlasses zu rechnen hatte, die Parteien, die sich bis dahin an mich gewandt hatten, ohne Ausnahme auf den Rechtsweg verwiesen. Ich habe damit zum Ausdruck bringen wollen, daß ich die ganze Frage nicht sowohl unter den Gesichtspunkt der schultechnischen Zweckmäßigkeit und zunächst auch noch nicht unter den der Gewissens— reiheit, auf den ich noch kommen werde, zu stellen beabsichtigte, ondern daß ich ihn ausschließlich nach rechtlichen oder genauer nach verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten habe entscheiden wollen und . entschieden habe. Natürlich ist für die rechtliche Beurtheilung der Frage nicht außer Acht zu lassen, ob in der getroffenen Entscheidung wirklich ein durch Artikel 19 der Verfassung reprobirter Gewissenszwang liegt. Wäre das richtig, könnte ich mich davon überzeugen, so würde ich auch heute noch die Verfügung aufheben. Denn ich wiederhole es: ich bin ein über zeugter Gegner jedes Gewissenszwanges; ich halte den Gewissens—⸗ zwang nicht nur für bedenklich, ich halte ihn auch für sittlich verwerf⸗ lich; und ich erkenne mit aller Bestimmtheit an, daß der staatlich aus⸗ geübte Gewissenszwang eine ganz stumpfe Waffe ist und man durch ihn niemals erreichen wird, was man erreichen will. Man kann einen Menschen zu bestiminten Handlungen zwingen, man kann ihn aber nicht zu Ueberzeugungen zwingen. In Glaubenssachen giebt es keinen Zwang. sondern hier entscheidet allein die freie Ueberzeugung des Herzens. Jeder Versuch des Gewissenszwangs davon habe ich mich taufend— fältig in früheren Jahren überzeugt wird nur eine Verschärfung des Gegensatzes herbeiführen und die Gefahr einer Erbitterung; aber er wird nicht das Gewissen selbst zur Ruhe, zum Frieden bringen und auch den eonfessionellen Frieden nicht fördern.

. Von diesen Gesichtspunkten aus bin ich an die Entscheidung und Prüfung der Frage herangetreten, und ich habe mich in derselben Lage befunden, wie meln Herr Amtsvorgänger in der Volksschulcommission erklärt hat. Auch ihm ist es seiner Zeit schwer geworden, den Erlaß zu machen. Ich hätte viel lieber, wenn ich gekonnt hätte, den erhobenen Be⸗ schwerden Rechnung getragen, als sie zurückgewiesen. Aber ich glaube, daß ich durch eine klare Rechtsdeduetion genöthigt bin, den Stand— punkt meines Herrn Amtsvorgängers aufrecht zu erhalten. Die recht liche Erwägung, auf der der Erlaß beruht, ist folgende.

Nach Art. 21 unserer Verfassung sind Eltern und deren Stell⸗ vertreter verpflichtet, ihre Kinder oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht zu lassen, der für die öffentlichen Volksschulen vorgeschrieben

Unterrichts⸗ und

,, zweiten Berathung des Staats- ob dies geschieht, so gut sie darüber wachen muß, daß die Kinder den

lung des Religionsunterrichts vorgeschrieben. Folglich müssen Eltern und deren Stellvertreter den Kindern denjenigen Religionsunterricht gewähren, der für die öffentlichen Volksschulen vorgeschrieben ist. Die Unterrichts verwaltung ist gleichmäßig verpflichtet, darüber zu wachen,

, ; ; e n nn, n, 2 kann daher die . a , ö. enn der ntragsteller nachweist, daß ö m osch aßigen Religionsunterricht entsprechender Unter⸗ richt (einigermaßen gewährleistet ist. iese ganze Deduction ist so einfach, so durchsichtig und klar, daß . Erachtens rechtlich dagegen kaum etwas einzuwenden ist. Zu , kann man nur gelangen, wenn man auf Grund praktischer Gesichts punkte mit diesem rechtlichen Stande der Sache unzufrieden ist und so geschieht es hier. Man hat gesagt: diese rechtliche Er— . ja 1. . sein, weil sie gegen einen Hauptgrundsatz k c ug. gegen ie C ewissensfreiheit, verstößt. Man hat dem kum Vorn urf gemacht, daß er sich auf veraltete Landrechts⸗ ö . Das it vollstindig verlehrt. Umgekehrt: die zige Deduction gegen den Erlaß, welche ernstliche Gründe gegen ö ins Feld führt, beruht auf der Heranziehung der landrechtlichen r, ee, de, ,,. . . ö ö hts bestimmt nämlich, daß der ö , h h. ie Bestimmung über die Erziehung der der at, vorzüglich dafür sorgen muß, daß das Kind in religiösen und nützlichen Kenntnissen den nöthigen Unterricht nach seinem Stande und Umständen erhalte. Hieraus hat man nun schließen wollen, daß der Zwang, die dissidentischen Kinder in den Religionsunterricht der Volksschule zu schicken, eine Verletzung der Gewissent⸗ freiheit des Vaters sei. Denn, so sagt man, das Recht des Vaters über die Erziehung des Kindes zu bestimmen, ist ja ein Ausfluß der Gewissensfreiheit; diese Gewissensfreiheit ist im Art. 12 der Ver— sfassung nochmals anerkannt und gewährleistet; folglich verstößt der Erlaß gegen die Gewissensfreiheit. 2 ; Ich habe mich von der Rechtsbeständigkeit dieser Deduction nicht überzeugen können, obwohl ich den besten Willen dazu hatte. Das Landrecht deckt sich vielmehr in der Bestimmung des genannten § 75 vollstãndig mit dem Art. 21 der Verfassung. Und in der That, meine Herren, wenn man sich den Art. 12 der Verfassung näher ansieht, so muß man zu dem Ergebniß kommen, daß die Gewissensfreiheit des Vaters hier gewiß nicht verletzt sein kann. Denn im Art. 12 wird die Frei⸗ heit des religiösen Bekenntnisses gewährleistet. Nun, meine Herren, kein Mensch bestreitet dem Vater des Kindes die Freiheit seines religiösen Bekenntnisses; und wenn dieses Bekenntniß irreligiös, selbst wenn es atheistisch ist, kann er deswegen in keiner Weise staatlich ein geschränkt werden; ich bin der letzte, der hier Schranken ziehen wollte. Religionslose Väter können diese ihre Religionslosigkeit bethätigen; sie können sich vereinigen mit anderen Gleichgesinnten; niemand hat ein Recht, ihnen das zu verwehren. Aber, meine Herren, was wir verlangen, ist die Erfüllung der Pflicht, das Kind nicht ohne den Unterricht der Volksschule zu lassen, und diese Pflicht ist in der Ver— fassung ebenfalls ausgedrückt. So wenig der Vater berechtigt ist, das Kind aus der Volksschule fernzuhalten, weil ihm der Geschichts⸗ unterricht oder der Leseunterricht oder die Lesebücher in allen, auch in den . Lesebüchern stehen religiöse Stücke oder das Singen religiöser Lieder oder sonst etwas in der Schule nicht gefällt, so wenig ist er nach meiner Ueberzeugung auf Grund der Verfassung berechtigt, das Kind vom Religionsunterricht fernzuhalten. Meine Herren, er muß nach der Praxis, die auf Grund der Ausführungen des Ministers von Bethmann“ Hollweg im Cultus⸗Ministerium viele, viele Jahre geübt ist, aller— dings nachweisen, daß dem Kinde Religionsunterricht ertheilt wird. Aber es ist im Cultus⸗Ministerium ausdrücklich immer davon ausgegangen, daß man dabei nicht etwa die Confession prüfen soll. Man soll nicht sagen, der Vater muß nun dem Kinde den Religions⸗ unterricht ertheilen lassen genau in derselben Confession, in welcher der Religionsunterricht in der Volksschule ertheilt wird, sondern er soll ihm nur „geordneten Religionsunterricht“ ertheilen oder er⸗ theilen lassen. Wir haben in den Fällen, wo eine Befähigung des Vaters auch eines dissidentischen Vaters nachgewiesen war, das Kind geordnet zu unterrichten, und wo wir uns überzeugt haben, daß dieser geordnete Unterricht ertheilt wurde, auch die Unterrichts—⸗ ertheilung an diese dissidentischen Kinder durch den dissidentischen Vater als einen Ersatz, der geeignet wäre, den Religionsunterricht in der Volksschule zu ersetzen, zugelassen. Aber Eines verlangen wir allerdings: Religionsunterricht muß es sein. Meine Herren, es giebt keine atheistische Religion. Es ist mir in einem dieser Fälle ein Katechismus vorgelegt, der in einer dissi— dentischen Gemeinschaft gebraucht wird; derselbe fängt gleich mit den Worten an: Es giebt keinen Gott. Nun, meine Herren, eine Religion ohne Gott ist ein Nonsens. (Sehr richtig) Das ist keine Religion, und ich kann unmöglich anerkennen, daß der Vater, welcher einen auf diesem Satz beruhenden sogenannten Religions⸗ unterricht für gleichartig mit dem Religionsunterricht der Volks—⸗ schule angesehen wissen will, in der Lage sei, einen geordneten Religionsunterricht zu ertheilen. Das wenigste, was man von einer Religion verlangen muß, ist doch ein Abhängigkeitsbewußtsein von einer Autorität oder einer göttlichen Macht; das ist das mindeste, was dem Kinde gelehrt werden muß. Wenn aber das Kind einen solchen Unterricht empfängt, so ist garnicht abzusehen, wie dadurch das Gewissen des Vaters verletzt wird. Das hat man auch in der Presse gefühlt. Von einer Seite ist die Schwäche dieser ganzen De⸗ duction, mit der auch in der Volksschuleommission operirt ist, herausgefunden; und es ist dort ausdrücklich herborgehoben, es handle sich garnicht um die Gewissensfreiheit des Vaters, sondern um die Gewissensfreiheit des Kindes. Das Kind sei unter den Gewissens⸗ zwang gestellt. Aber, meine Herren, das führt selbstverständlich zu völlig unhaltbaren Consequenzen. Die Verfassung kann im Art. 12 die Gewissensfreiheit des Kindes garnicht gemeint haben; das ist un—

ist. Für die öffentlichen Volksschulen ist zweifellos auch die Erthei⸗

Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Ber lin, Dienstag, den 14. Fehruar

seinen Jahren gekommen ist; dann soll es sich entscheiden, dann soll es prüfen, dann darf ihm niemand dreinreden. Aber das Kind, das in die Schule geschickt wird, soll erzogen werden, und erziehen heißt doch beeinflussen; jedes Kind wird beeinflußt, auch in der Religion beein⸗ flußt. Es giebt keinen Unterricht, der nicht nach irgend einer Richtung hin das Gewissen des Kindes beeinflußte wenn man davon bei einem unentwickelten Kinde sprechen darf —; das Gewissen des Kindes wird durch jeden Unterricht beeinflußt, und deshalb kann man unmöglich annehmen, daß der Art. 12 der Verfassung dieses Gewissen des Kindes vollständig außerhalb der Erziehung hätte stellen wollen. Das ist um so weniger anzunehmen, als der Art. 21, wie ich aus— geführt habe, gerade das Gegentheil besagt. Wollte man mit der Hewissene freiheit der Schulkinder operiren, sie anerkennen, sie zum Ausgangspunkt der ganzen Erörterung machen, dann hört jeder all⸗ gemeine Schulzwang, jede allgemeine Schulpflicht auf; dann geben wir das Beste preis, was wir haben.

. Es ist nach meiner Auffassung überhaupt nicht zutreffend, in dieser Frage mit dem Gewissenszwang zu? operiren; der Gesichtspunkt, unter den sie damit gestellt wird, scheint mir etwas Schiefes zu haben. Es handelt sich vielmehr darum, ob der begreifliche Wunsch und das Recht des Vaters, die religiöse Erziehung seines Kindes zu beein⸗ flussen, so weit gehen darf, das Kind von jedem Religionsunterricht fernzuhalten. Das, meine Herren, glaube ich als zweifelhaft hinstellen zu dürfen; die Verfassung hat das auch nicht gewollt.

Ganz anders liegt die Sache, wenn es sich de lege ferenda, wie damals in der Volksschuleommission, handelte. Hätten wir ein Volksschulgesetz zu machen, dann würde ich gern bereit sein, mich daran zu betheiligen, eine verständige Formulirung zu suchen und zu finden, welche dem berechtigten Wunsch der Eltern, ihren Einfluß auf die religiöse Erziehung der Kinder gesichert zu sehen, Rechnung trägt. Aber die Erfahrung hat gezeigt, daß es außerordentlich schwierig ist, gan irreligiösen Eltern gegenüber eine solche Formulirung zu finden. Ich brauche die Herren, die Mitglieder der Volksschulcommission gewesen sind, nur an die betreffenden Verhandlungen zu erinnern. Für jetzt handelt es sich lediglich um die bestehende, durch die Verfassung vorgeschriebene allgemeine Schulpflicht. In dieser Beziehung habe ich meinen rechtlichen Standpunkt, auf Grund dessen ich die Entscheidung getroffen habe, dargelegt. Die Sache ist seit dem Jahre 1859 mit der einzigen Ausnahme, die ich schon erwähnt habe, fortwährend im Cultus⸗Ministerium in gleichem Sinne behandelt worden.

Und nun frage ich: was entstehen denn wirklich für große Nach⸗ theile, wenn von einem Gewissenszwang, der gegen Vater und Kind geübt wird, nicht die Rede sein kann, wenn da wirklich mal ein Kind, von dem es feststeht, daß es den Religionsunterricht von seinen Eltern oder nur durch seine Eltern nicht empfangen kann, angehalten wird, in die Volksschule zu gehen? Das gebe ich Ihnen zu, daß der Religionsunterricht bei diesen Kindern mit fehr viel größeren Schwierigkeiten zu kämpfen hat, wie bei den andern; denn in jedem Augenblick ist der Vater in der Lage, zu Hause das, was der Lehrer im Religionsunterricht in der Schule gelehrt hat, wieder zu nichte zu machen. Ich bin auch weit entfernt, diesen Zustand als einen erwünschten zu bezeichnen. Aber, meine Herren, ist denn das nun wirklich so verwerflich, daß ein Kind, das zu Hause nie ein Wort von Religion hört, das zu Hause nie die beiende Hand der Mutter über sich gefühlt hat, angehalten wird wenigstens in derselben Weise wie die anderen Kinder am gReliglongunter⸗ ; richt der Volksschule theilzunehmen und dort wenigstens einmal zu hören, wie diejenigen Leute, die es noch mit der Religion halten, sich diese Dinge vorstellen? Wenn das Kind dann zu Jahren kommt, so kann möglicher⸗ weise einmal ein Keim, der in das Kind hineingefallen ist, aufgehen und gute Früchte bringen. Wie hierin ein Gewissenszwang für das Kind oder für die Eltern liegen kann, vermag ich nicht einzusehen. Ich wiederhole, sollten die Gerichte in letzter Instanz, auch nach⸗ dem festgestellt sein wird, daß es sich in dem kammergerichtlichen Erkenntniß, welches der Herr Abg. Träger eitirt hat, um Reseripte handelt die sich auf höhere Schulen beziehen da liegt die Sache anders . constant bei der Rechtsprechung verbleiben, wie sie in dem angeführten Falle zum Ausdruck gebracht ist, nun, so werde ich mich dem Spruch der Gerichte fügen. Ich will nicht, daß die Verwaltung sich mit dem, was die geordneten Gerichte für recht erklären, in Widerspruch setzt. Solange das aber nicht der Fall ist, halte ich mich für ver⸗= pflichtet, verfassungsmäßig zu handeln, und lediglich aus der gewissen⸗ haften Beobachtung der Verfassung bin ich zu dem Entschluß ge⸗ kommen, die Verfügung meines Herrn Amtsvorgängers aufrecht zu erhalten. (Bravo! rechts.) .

Abg. Dr. Langerhans mei ini

zogene w n, gh te der 4 n f eng, dessen Auffassung nicht richtig. Artikel 24 gebe ja augbrückli für den Religionsunterricht eine Ausnahme pon der Verpflichtun die Kinder in die Schule zu schicken. Wenn der Min ö sage, der Atheismus leugne die Abhängigkeit der Menschen von höheren Wesen, so wesfe er (Redner) darauf hin daß die pantheistische Anschauung nicht der Reli iösität entbehre, denn sie lehre die Abhängigkeit von höheren Gewalten Solle eg denn an ö e , , Regierung abhängen zu entscheiden, ob das, 266 . . n i 3 auch wirklich Religion ist? Das würde er Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse: Meine Herren! Ich glaube, daß ich doch wirklich nicht mehr thun lann, als daß ich die ganze Sache lediglich auf den rechtlichen Fuß bringe und erkläre: wenn die Gerichte entschieden haben werden, so werde ich mich fügen. Ueber die Frage, ob den Dissidenten, wenn sie arm sind, die Aufbringung der Prozeßkosten sehr schwer wird, brauchen wir uns nicht den Kopf zu zerbrechen; denn die Freie Gemeinde hat ja hier und an anderen Orten den Leuten die Kosten für den Prozeß zur Verfügung gestellt; also wir werden diese Entscheidungen bald haben und dann werden wir sehen, wie die Gerichte urtheilen. Daß die hreße sehäznacelhaft ijf geht daran herver, daß wür ente a Erkenntnisse haben, welche zu einem verurtheilenden Spruch gelangt

möglich. Das Kind hat Anspruch auf Gewissenzfreiheit, wenn es zu

sind, die also die Deduction des Herrn Vorredners nicht anerkennen.

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