1893 / 40 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Feb 1893 18:00:01 GMT) scan diff

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Schweiz Nach einer Meldung des W. T. B.“ aus Bern ver—⸗ lautet, dort, der Bunde srath werde beschließen, daß vom 1 März an für alle eingeführten Waaren, die je nach ihrer Herkunft verschiedenen . unterliegen, also für alle Kategorien, deren Tarifirung durch die Handelsverträge oder die Frankreich gegenüber zur Anwendung kommenden Diffe⸗ rentialtarife eine Veränderung erlitten hat, Ursprungs⸗ zeugnisse beigebracht werden müssen, wenn sie nicht sämmt⸗ lich dem Frankreich gegenüber angewendeten Maximaltarif unterworfen werden sollen. Nur die unter Zollverschluß durch Frankreich transitirenden Waaren sollen unter Vorbehalt

des Gegenrechts davon ausgenommen sein.

Rumänien. Am Montag Abend wurde dem ‚W. T. B.“ zufolge zu

Ehren des Prinzen und der Prinzessin Ferdinand

ein Hofball veranstaltet, der einen glänzenden Verlauf nahm. Das diplomatische Corps und die hohen rumänischen Würden⸗

träger hatten Einladungen zu demselben erhalten. Der König

somie der Prinz und die Prinzessin Ferdinand unterhielten sich mit den Gästen auf das lebhafteste. Asien.

Nach einer Meldung der „Times“ aus Kalkutta sind dort

aus Kabul Nachrichten eingegangen, denen zufolge der Emir

von Afghanistan sehr leidend und nicht im stande wäre,

sich mit Stantsangelegenheiten zu beschäftigen.

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag. Der Bericht über die 43. Sitzung vom 14. Februar

befindet sich in der Ersten Beilage.

4 Sitzung vom 15. Februgr, 1 Uhr.

Der Sitzung wohnen bei der Reichskanzler Graf von Caprivi sowie die Staatssecretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Marsch all.

Eingegangen ist der Geschäftsbericht des Reichs⸗Ver⸗ sicherungsamts für 1892. .

Vor der Tagesordnung macht Präsident von Levetzow darauf aufmerksam, daß im Durchschnitt der früheren Jahre die Etatsberathung 13 Sitzungen in Anspruch genommen habe, während jetzt schon 11 Tage zur Erörterung eines einzigen Titels verwendet wurden. Wenn das so fortgeht, könne der Etat bis zum 1. April nicht erledigt werden.

Das Haus fährt dann in der Etatsberathung fort. Zur Debatte steht noch immer das Gehalt des Staats— secretärs des Innern.

Reichskanzler Graf Caprivi (wir werden diese Rede morgen im Wortlaut bringen); Der Abg. Graf von Kanitz hat gestern Aeußerungen von mir citirt, welche ich am 10. November 1891 ge⸗ than habe und wo ich den Werth der Industrie für unsere Staats⸗ wirthschaft nachzuweisen bemüht war. Der Abg. Graf von Kanitz meinte, daß diese Worte hauptsächlich die Unzufriedenheit in den Kreisen der Landwirthschaft, erzeugt hätten. Wenn meine Worte diese H gewonnesi haben, so hätte, der Abg. Graf von Kanitz sich doch dn die richtige Quelle wenden sollen, um den wahren Sinn meiner Aeußerungen zu erfahren. Ich habe am 12, zwei Tage darauf, ausgeführt, daß ich mich in einer Weise geäußert hätte, wie sie wohlwollender für die Landwirthschaft nicht sein kann. Nichts hat mir ferner gelegen, als eine verletzende Be⸗ merkung für die Landwirthschaft zu machen. (Der Reichskanzler verliest den betreffenden Passus.) Den Vorwurf, welchen der Abg. Graf von Kaniß mir macht, namentlich auch den, daß ich die Wehrkraft des Landes nicht genügend bei meiner Stellungnahme zur Landwirthschaft berücksichtigte, habe ich danach nicht verdient. Im Sommer 1891 verlangte der Abg. Graf von Kanitz die temporäre Herabsetzung oder gar Suspension der Kornzölle und ich glaube mir gerade ein Verdienst erworben zu haben dadurch, daß ich diesem Verlangen widerstand. Machte man solche Ausnahme einmal, dann kämen die Zölle überhaupt in Gefahr. Ich habe damals der Landwirthschaft einen Dienst geleistet Zu⸗ stimmung;) Als wir mit Oesterreich verhandelten, lagen sehr starke Motive vor, welche uns nahe legten, weiter mit den Zöllen herunter⸗ zugehen; auch dagegen bin ich eingetreten, und die Festlegung der jetzigen Zölle auf 12 Jahre ist ein weiteres Verdienst, welches ich mir um die Landwirthschaft erworben habe. Daß wir damit keinen Dank ernten würden, habe ich vorhergesehen. Die ver bündeten Regierungen für den Nothstand der Landwirthschaft, dn auch ich anerkenne, verantwortlich zu machen, ist ein sehr eigenthüm⸗ liches Vorgehen. Jetzt wird von Versammlungen der landwirthschaft⸗ lichen Interessenten berichtet, welche die niedrigen Kornpreise allein von der Herabsetzung der Zölle ableiten. Die Preise sind ja bis zu

100 6 niedriger als vorher; wenn das der Fall ist, so hat darauf

eine Zollerniedrigung um 195 ½ nur einen Einfluß von 15 MS, cber nicht von 100 6; aber auch diesen hat sie nicht einmal gehabt. Es werden nun andere Dinge ö in großer Zahl, unter denen die Landwirth⸗ schaft leidet. So einfach, wie man sich in agrarischen Kreisen das vorstellt, lassen sich diese Zustände nicht ändern, auch, nicht durch Aenderung des Unterstützungswohnsitzgesetzes. Woran die Landwirth— schaft leidet, ist die Folge mehr universeller Verhältnisse, mit denen wir rechnen müssen, und auch eine kleine Hilfe für die Landwirthschaft, wo sie möglich ist, werden wir nicht von der Hand weisen. Aber es läßt sich doch nicht leugnen, daß die Verhältnisse der Landwirthschaft von vor vierzig Jahren nicht mehr vorhanden sind, daß wir jetzt einen Weltmarkt haben, von dem wir bis zu einem gewissen Grade abhängen. Aehnlich liegt es mit der, Frage, des Arbeitermangels. Der Zug der Menschen in die Städte und nach dem Westen folgt, wie es scheint, einem Na ur⸗ gesetz, und dagegen ist mit kleinen Maßregeln nicht viel zu machen. Es ist das die schwerste Aufgabe, welche Regierung und Reichstag erfüllen sollen. Wir haben es mit ,,, zu thun, welche sich unserer Einwirkung großentheils entziehen. Mit Klagen gegen die Regierung sollte man also vorsichtiger sein. Wenn der Abg. Graf von Kanitz erklärt, keine Bevorzugung der Lanzwirthschaft zu wollen, so glaube ich ihm das; aber wenn er gleiches Maß und gleiches Recht ver⸗ langt, so erweckt das den Anschein, als ob wir noch in einem halbbarbarischen Staat lebten. Bei uns bekommt jeder sein gleiches Recht und soll auch sein gleiches Maß bekemmen. Kornzölle sind schwere Lasten für das Land. Nicht Opfer, welche die Landwirthschaft bringt, sondern welche für sie gebracht werden, sind es, um die es sich handelt, Ich halte für recht, daß solche Opfer gebracht werden, bitte aber demgemäß auch mit Klagen gegen die Regierung vorsichtig zu sein und sie nicht zu Anklagen werden zu lassen. . .

. Abg. Graf von Kanitz (deons.; Ich bin dem Reichskanzler dankbar dafür, daß er die Landwirthschaft als gleichberechtigt neben der Industrie anerkannt hat. Ich habe gestern nichts

gethan, als daß, ich die Klagen eines gewissen Herrn Ruprecht

wiedergegeben habe. Daß die Interessen der Industrie denen der Landwirthschaft vorgezogen sind, ist. doch nicht zu leugnen., Ich will aber heute darüber nicht weiter sprechen, sondern ö. mir an den positiven Erklärungen des Reichskanzlers genügen.

enn er aber die Suspension der Zölle im Sommer 1891 nicht zu⸗ gelassen hat und damit die Landwirthschaft gefördert zu haben glaubt,

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so kann ich nur darauf verweisen, daß damals sowohl in en, . als in Schweden die Zölle temporär aufgehoben wurden, und daß diese Maßregel beiden Ländern außerordentli genützt hat ohne die Zölle zu gefährden. Ich glaube heute noch, daß es bei uns ebenso gekommen wäre. Daß die Zölle auf zwölf Jahre gebunden sind, glaubt man im Lande noch nicht recht; in dieser Be⸗ ziehung wird jedenfalls die heutige Erklärung des Reichs⸗ kanzlers von der Landwirthschaft mit Freuden begrüßt werden. Ueber die Währungsfrage hat sich der Reiche kanzler nicht ausgesprochen. Die Goldwährung hat alle Waaren verbilligt; das hat auch gestern noch der Abg. Hr. Barth ausgeführt. Ich acceptire diese⸗ Zu⸗ geständniß dankbar. Wir dürfen daher einen Nachdruck auf die Währungsfrage legen. Bedeutet der Uebergang von der Goldwährung zur Silberwährung eine Verschlechterung des Geldes, so müßte doch der umgekehrte Uebergang eine Verbesserung des Geldes und eine Verschlechterung der Lage des Grundbesitzes bedeutet haben. Ich bitte den Reichskanzler, diese Frage unausgesetzt im Auge zu behalten. Wenn die Kornzölle eine Last für das Land sind, so müßte doch auch von den Industriezöllen dies gelten. Wir tragen abr diese Zölle freudig. Vie landwirthschaftlichen Zölle kommen auch der Industrie zu gute Diese kann garnicht bestehen ohne consumkräftige Landwirth⸗ schaft. Das hat Herr Vopelius im Abgeordnetenhause erklärt. Wenn man hier von Last reden wollte, müßten die Landwirthe sich bitter über die hohen Eisenzölle beklagen. Gleiches Maß und gleiches Recht für Alle!, Diese Worte wiederhole ich auch heute.

Bei Schluß des Blattes erhält der Aba. Dr. Buhl das Wort.)

Preußischer Landtag. „Haus der Abgeordneten.

Der Bericht über die gestrige Sitzung des Hauses der

Abgeordneten befindet sich in der Zweiten Beilage. 31. Sitzung vom 15. Februar.

Der Sitzung wohnen der Präsident des Staats⸗-Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg, der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepfch und der Minister für Landwirthschaft c. von Heyden bei.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Petition des Direetoriums des landwirthschaftlichen Central— vereins der Provinz Sachsen zu dem zwischen Deutsch—⸗ land und Rußland abzuschließenden Handels— vertrag.

Die Petitionscommission, Berichterstatter Abg. von Bredow seons), heantragt, die Petition der Staatsregierung als Material zu überweisen.

Am 9. Februar, als die Petition, zum ersten Mal auf der Tagesordnung stand, beantragte der Abg. Rickert dfr.), über die, Petition zur Tagesordnung überzugehen. Dieser Antrag liegt auch heute noch vor. Ferner beantragte der Abg. Dr. Arendt (freicons.):

Die Petition der Staatsregierung zur Berücksichtigung dahin zu überweisen, daß diese im Bundesrath dahin wirke, daß bei den bevorstehenden Handelsvertragsverhandlungen mit Rußland die Interessen von Landwirthschaft und Industrie besser gewahrt werden als bei den Handeleverträgen mit Oesterreich-Ungarn, Italien und der Schweiz.

Dieser Antrag wird heute zurückgezogen.

Heute liegt ein neuer Antrag der Abgg. von Dziem— bowski, Freiherr von Erffa und Gen. vor:

Die Petition der Staatsregierung zur Berücksichtigung dahin

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zu überweisen, daß diese im Bundesrath dahin wirke, daß bei den bevorstehenden Handelsbertragsverhandlungen mit Rußland im An— schluß an die Erfahrungen, welche auf Grund der Wirkungen der Handelsperträge mit Oesterreich⸗Ungarn, Italien und der Schweiz gemacht sind, die Interessen von Landwirthschaft und Industrie aus—⸗ giebig gewahrt werden. .

Der Präsident von Koeller giebt dem Abg. von Kröcher das Wort, ohne die verschiedenen Meldungen zur Geschäftsordnung, welche von den Abgg. Francke (ni.) und Rickert (dfr.) ausgingen, zu beachten.

Abg. von Kröcher (cons.): Am vorigen Donnerstag war die Sache ziemlich sang⸗ und klanglos vorübergegangen, heute wird es vielleicht etwas länger dauern. Weshalb der Abg. Rickert eigentlich am vorigen Donnerstag so böse war, kann ich nicht recht begreifen. Er meinte, die Debatte sei dem Hause über den Kopf gezogen worden. Der Abg. Rickert hat im vorigen Jahre auch die Debatte über den Fantener Knabenmord dem Hause über den Kopf gezogen. Die Herren haben die Anwesenheit der Minister verlangt; sie haben ihren Willen, aber es besteht keine Bestimmung in der Verfassung, welche die Minister zwingt, etwas zu sagen. Wir wissen ja, daß die Regierung immer erklärt hat, sie habe ein warmes Herz für die Land⸗ wirthschaft; wir haben das nicht immer gemerkt, deshalb müssen wir hier unsere Wünsche vorbringen. Der Antrag Arendt ist zurück⸗ gezogen, deshalb brauche ich darüber nicht mehr zu sprechen. Der neue Antrag hat denselben Inhalt, er ist nur ein Bischen höflicher gehalten. Daß wir das Recht haben, über Reichstagsangelegenheiten zu sprechen, hat der Abg. Rickert selbst zugestanden; denn er hat früher einmal einen Antrag gestellt, der sich mit den Kornzöllen befaßte. Die Herren sprechen von Reichstags sachen, wenn es ihnen paßt, sonst wollen sie davon nichts wissen. Die Petition ist von der Petitionscommission einstimmig als geeignet zur Berathung im Plenum erachtet worden. Deshalb muß es zulässig sein, über den Inhalt der Petition zu sprechen. Aber auch sonst hätte das Haus der Abgeordneten wohl das Recht, darüber zu sprechen, wie das preußische Ministerium seine Stimme im Bundesrath instruiren soll. Schon die Frage, ob wir aus dem Reich mehr oder weniger überwiesen erhalten, ist für uns von bedeutender Wichtigkeit, und meine Wähler , . daß ich den Mund aufthue, wenn es sich um die Interessen der Land— wirthschaft handelt. Im Reichstag ist mein Wahlkreis ver⸗ treten durch einen freisinnigen Abgeordneten. Meine Wähler haben also auf meine Vertretung um so mehr Anspruch. Die Petition ist ausgegangen von der Provinz Sachsen, die land— wirthschaftlich eigentlich am besten gestellt ist; die Leute haben dort guten Boden für Zuckerrüben u. s. w. Wenn die Provinz Sachsen schon stutzig wird wegen eines russischen Handels vertrages, dann muß es schlimm stehen. Die niedrigen Preise der . . Pro⸗ ducte wirken um se nachtheiliger, als die Mehrausgaben der social⸗ politischen Versicherungsgesetze die Landwirthschaft sehr erheb⸗ lich belasten. Bei dem Abschluß der Handelsberträge mit Oesterreich u. s. w. sind die Vertreter der Landwirthschaft gar nicht gehört worden. Das hat der Reichskanzler 189l1 bei der Debatte über die Handelsverträge, aue drücklich anerkannt. Daß die Industrie nicht glücklich über die Handelsverträge ist, hat der Abg. Vopelius neulich ausgeführt. Die Landwirthschaft hat durch die Oeffnung der Grenze die r uche bekommen, es herrscht Mangel an ÄÜrbeitern, die Aenderung des Unterstützungswohnsitzgesetzez ist ausgeblieben, die neue Landgemeindeordnung, alles das hat Grund zur Miß— stimmung in den ländlichen Kreisen gegeben. Die Cajolirung der unteren Volksklassen und die Mißachtung des Mittelstandes macht ebenfalls böses Blut. Unzufriedene hat es immer gegeben. Geschimpft ist in Preußen immer worden, wenn auch gehorcht wurde, Aber ob es wohlgethan ist, eine königstreue Bevölterüng durch gesetzliche Maß— regeln ohng zwingende Noth noch unzufriedener zu machen, stelle ich anheim. Für den Handelsvertrag mit Oesterreich und Italien wurden auch politische Gründe geltend gemacht; wie weit die Worte des Reicht kanjzlers, daß wir unsere Verbündeten stärken müßten, auch auf Rußland passen, weiß ich nicht. Erfahrene Männer haben mir gesagt, daß

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durch, den Handelsvertrag mit Rußland unsere Stellung eine viel schlechtere als früher werden würde. Ich bitte Sie, den Antrag des Abg., von Dziemboweki, über den namentsich abgestimmt wird einstimmig anzunehmen. . z Abg. von Eynern (nl): Die Rednerliste aus der vorigen Sitzung geht fort, trotzdem heute die Sachlage eine ganz andere ist als damals. Es stehen noch sechs Herren von den Conservativen, die uns damals eine Ueberraschung bereiten wollten, auf der Rebner= liste. Ich möchte den Herkn Präsidenten bitten, die Rednerliste neu zu gestalten.

Präsident von Koller: Es handelt sich nur um eine abge⸗ brochene Debatte, deshalb geht die Rednerliste weiter.

Abg. Francke (nl. ): Der Präsident hat felbst erklärt, daß die Debatte aus der Tagesordnung entfällt; da seitdem mehrere Tage ver⸗ gangen sind, muß eine neue Debatte anfangen.

Präsident von Koeller bleibt bei feiner Meinung stehen, daß es sich nur um eine abgebrochene Debatte handelt. ;

Abg. Nickert (dfr.: Ich will der Meinung des Herrn Prãä⸗ sidenten nicht widersprechen, bitte aber, daß der Präsident den Referenten veranlaßt, den Wortlaut der Petitien mitzutheilen.

Abg. Freiherr von Minnigerode⸗Rositten (conf): Ich glaube, der beste Ausweg ist der, daß wir dem Präsidenten die Fest⸗ stellung der Reihenfolge der Redner überlassen, wie dies im Reichstag üblich ist. ;

Abg. von Eynern (ul.) erhebt Widerspruch gegen ein solches Verfahren, das ein bedenkliches Präcedenz bilden würde.

Präsident von Köller: Da Widerspruch erhoben ist, kann nicht nach dem Antrage des Abg. von Minnigerode verfahren werden.

Abg. Lr, Freiherr von Heereman (Centr. ) widerspricht eben= falls dem Antrage des Abg. von Minnigerode. .

Inzwischen ist folgender Zusatzantrag eingegangen zum Antrag von Dziembowski von dem Abg. von Eynern (nl.) und Genossen: .

Gleichzeitig wird die Staatsregierung aufgefordert, vor und bei Abschluß von Handelsverträgen sich mit den Interessenten und Sachverständigen der Landwirthschaft und Industrie in ausreichende Verhindung zu setzen !. .

Auf Antrag des Abg. Rickert (dfr) verliest der Referent von Bredow den Wortlaut der Petition.

Abg. Dr. Arendt (freicons.) bestreitet, daß eine Ueberrumpelung geplant worden sei. Sein Antrag sei erst am Anfang der Sitzung gestellt worden, ohne daß er mit einem Mitgliede einer anderen Parte vorher davon gesprochen habe. Wozu die ganze Geschäftsordnungs⸗ debatte vom Donnerstag nöthig gewesen sei, fei nicht recht ersichtlich; hätten die Conservatlven einen Antrag auf Anwesenheit der Minister gestellt, so würde man darin wahrscheinlich eine große, agrarische Begehrlichkeit finden. Daß der Finanj— Minister in die Debatte eingegriffen hat, bedauere ich. Er war über den Gang der Dinge nicht genug orientirt; der Antrag lag noch nicht gedruckt vor. Er sprach sich dagegen aus, daß in schwebende Ver— handlungen eingegriffen würde. Wir können doch einen Einfluß über— haupt nur ausüben, wenn die Verhandlungen schweben. Wenn sie vorüber sind, hat unsere Stimme kein Gewicht mehr. Wr stärken doch durch unsere Verhandlungen den Standpunkt der Regierung. Als während des Schwebens der österreichischen Vertragsberhandlungen gegen die Getreidezölle agitirt wurde, hat man dadurch die Position des Reichs geschwächt. Auf die Haltung der preußischen Regierung im Bundesrath werden wir immer eine Ein— wirkung versuchen. Ich berufe mich dafür auf den Fürsten Bis— marck, der sich nach Ablehnung des Septennats hier über die Lage des Reichs auf eine Anfrage des Abg. Grafen zu Limburg-Stirum aus— sprach. Redner beruft sich auf mehrere andere Fälle, in denen Reichtẽ⸗ tagsangelegenheiten im Abgeordnetenhause besprochen worden seien. Zu meinem Antrag gab mir auch die Haltung des Ministers für Landwirthschaft Anlaß, der sich hier auf eine Debatte über den russischen Handelsvertrag nicht einlassen wollte. Diese Zurückhaltung der Regierung, die eine Veränderung ihrer Haltung bedeutet, hat große Unzufriedenheit unter den Landwirthen erzeugt. Der frühere landwirthschaftliche Minister Freiherr von Lucius führte eine ganz andere Sprache; Redner verliest einige Stellen aus dessen Reden, die mit lebhaftem Beifall aufgenommen werden. 1887 war die Preislage so wie heute, der Zoll 3 MS, also beinahe ebenso wie jetzt, und trotzdem ging die Regierung mit einer Zollerhöhung vor. Wenn ich meinen Antrag zurückgezogen habe, so geschah es nicht, um einen Rückzug an⸗ zutreten, ich bin vielmehr der Ansicht, daß der neue Antrgg sich vollständig inhaltlich mit dem meinigen. deckt. Der Finanz⸗Minister meinte, daß mein Antrag ein Tadelsvotum für die Regierung und für den Reichstag bedeute; eine Kritik der Regierung ist nichts Ge— fährliches, sie richtet sich niemals gegen die Person, sondern immer nur gegen die Maßregeln. Aber eine Kritik über den Reichstag hat, uns durchaus fern gelegen. Deshalb habe ich meinen Antrag zurückgezogen. Der neue Antrag enthält doch deutlich genug die Be— hauptung, daß die früheren Handelsverträge nicht gut gewirkt haben. Das hat übrigens auch der Abg. Vopelius anerkannt, den man doch als Industriellen nicht vor, den agrarischen Wagen spannen kann; ebenso ist von anderer Seite festgestellt worden, daß die Industrie von dem österreichischen Handelsvertrage keinen Nutzen gehabt habe. Die Ermäßigung der Zollsätze müssen die Steuerzahler schwer büßen. Deshalb glauhe ich, daß wir abwarten müssen mit dem Abschluß des Vertrages. Die Petition geht von Sachsen aus, also von einer Probinz, wo der Großgrundbesitz nicht vorherrscht. Ich weiß, daß die hessischen Bauern derselben Ansicht sind. Es wird nicht nur von der freisinnigen, sondern leider auch, von der nationalliberalen Presse Agrarierhetze getrieben; das ist ein Ver⸗ schulden in unserem politischen Leben, welches ich lebhaft bedauere. Manche Nationalliberalen sind in wirthschaftlichen Fragen vyn Freisinnigen kaum zu unterscheiden. Dadurch sind die Kartell. verhältnisse sehr getrübt worden. Die „Nationalliberale Cor⸗ respondenz' hat meinen Antrag einen Faschingsscherz genannt; die. Weserseitung“, die zwischen nationalliberal und freisinnig steht, hat einen Artikel gebracht, der beinahe in einem secial demo. kratischen Blatte stehen könnte, Es ist eine Lüge, daß die Agrgrier für hre Berricherung arbeiten; sie arbeiten für ihre Existenz und die Existeni der Landwirthschaft hat ein allgemeines Interesse. Trotzdem die Demokratie in Frankreich herrscht, besteht zum Schutz der Landmirth= schaft ein hoher Getreidezoll, von dem bei Verhandlungen mit; anderen Stagten nicht abgelassen wurde. Ohne Aenderung der, Währungs— verhältnisse wird keine gründliche Besserung eintreten. Die Zufrieden⸗ heit der Bevölkerung ist im Schwinden begriffen und die guten Finanzen werden auch untergraben dadurch, daß man die Grundlage des Staats, die Landwirthschaft, vor den Kopf stößt. Wer sehen will, der erkennt, daß Sturmzeichen vorhanden sind, und ich möchte die Regierung bitten, ö Sturmzeichen zu beachten. Deshalb bitte ich, den Antrag anzunehmen. ; . 3.

ö. Bei a , p Blattes nimmt der Präsident des Staats—

Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg

das Wort. .

Die Wahlprüfungscommission des Reichstags eantragt, die Entscheidung über de Gültigkeit der Wahl, de; Ätg. Müll len siefen im h. Wahlkreise des Regierungsbezirks Arnsberg bis zum Eingang weiterer Ermittelungen auszusetzen.

In der Reichs tagscommission zur Berathung des Gesetzes über die Abzahlungsgeschäfte wurde gestern Abend 5 ö. in keiner gegen die Regierungsvorlage abgeänderter Fassung nach .

ntrage des Abg. Spahn (Centr.) mit 11 gegen h . angensmmen: „Hat bei, dem Verkauf einer dem ö übergebenen beweglichen Sache, deren Kaufpreis, in . 4 zahlungen berichtigt werden, soll, der Verkäufer sich . Necht vorbehalten, wegen Nichterfüllung der dem a, . liegenden Verpflichtungen von dem Vertrage zurückzutreten, . it i Falle dieses Rücktritts jeder Theil verpflichtet, dem anderen Thei Per empfangenen Leistungen zurückzugewähren. ,, l, einbarung sst nichtig. Dem Vorbehalte des Rücktritte rechts steht es gleich,

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wenn der Verkäufer wegen Nichterfüllung der dem Käufer obliegenden Verpflichtungen kraft Gesetzes die Auflösung des Vertrages verlangen . ö Szerhielt, ebenfalls nach Antrag Spahn, folgende Faffung? . Der Erwerber hat im Falle des Rücktritts dem Veräußerer die infolge des Ver— trages gemachten Aufwendungen sowie denjenigen Schaden zu ersetzen, welcher, durch ine von ihm aus Vorfatz Yder Fahrlässigkeit perursachte Verschlechterung der Sache entstanden ist. Für geleiftete Dienste sowie für die Ueberlassung' des Gebrauchs oder der Be⸗ nutzung der Sache ist der Werth zu vergüten. Eine entgegen⸗ stehende Vereinbarung, insbesondere die vor Üusübung des Rücktritts rechts erfolgte en g er fh. Festsetzung einer höheren Vergütung ist nichtig. Auf die Festsetzung der Höhe der Vergütung finden die Vor⸗ schriften des 260 Abf. 1 der Civisprozeßordnung entsprechende An— wendung.“ Ferner wurde noch folgender, vom Abg. Spahn neu beantragter S 2a angenommen: „Die nach den Bestimmungen der s8§ 1, 2 Abs. 1 und 2 begründeten gegenseitigen Verpflichtungen sind Zug um Zug zu erfüllen.“

Die Steuerreform-Commission des Hauses der Abgeordngten erledigte gestern Abend die FS 10229 des Er⸗ gän zu ngsst euergesetzes, die durchweg nach den Beschlüssen erster Lesung bestätigt wurden, bis auf 5 16, der nach dem Antrage der Abgg. von Eyn ern (ul), Freiherr von Zediitz (freicons.) und von Jagow Ceons.) folgende, gänzlich neue Fassung erhielt: „Bei der Veranschlagung des Werths von Grundstücken, welche dem Be⸗ triebe der Land, oder Forstwirthschaft, der Viehzucht, dem Wein— IAbst- oder Gartenbau dienen, sind auch das lebende und todte Rirth⸗ schaftsinventar, die Futter- und Erntevorräthe, sowie die sonst zum Anlage⸗ und Betriebskapital gehörigen Werthe einschließlich der den - gewerblichen Nebenbetrieben dienenden Gegenstaͤnde! nrtt der Maßgabe zu berücksichtigen, daß Aus den wirthschaftlichen Vorjahren noch vorhandene, zum Verkauf bestimmte Erntevorräthe sowie Mehr⸗ dder Minderwerthe des Inventars gegenüber dem normalen wirth⸗ schaftlichen Verhältnissen entsprechenden Bestande desfelben in Zu⸗ oder Abrechnung zu bringen sind. Ein in erster Lesung eingefügter § 17a (Noch nicht fällige Ansprüche aus Lebens, Kapital- und Renten⸗ versicherungen bleiben außer Ansatz, insoweit die Summe der ein gejahlten oder Kapitalbeiträge den Betrag von 24 000 M oder der Rückkaufswerth der Police den Betrag bon 16060 . übersteigt) wurde gestrichen.

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Nr. 6 des „Centraglblatts der Bauperwaltung“, her ausgegeben im MinisteriLum der öffentlichen Arbeiten, vom 11. Februar, hat folgenden Inhalt: Regulirung der Flüsse für das Niedrigwasser. Das Rathhaus in Nürnberg. Reibungswider— stand der Tragfedern von Eisenbahnfahrzeugen. Schnee verwehungen an Eisenbahndämmen. Vermischtes. Wettbewerb für Pläne zu einem Kurhaus in Berlin. Wettbewerb für Pläne zu oh eh en für landwirthschaftliche Arbeiter. Ausstellung von Modellen und Plänen in Chicago. Grove's Wasserentkeimungs⸗Apparat. Brand in, der Berliner Centralmartthalle. Wettbewerb um die Ent— wässerung von Sofa. Philipp Strigler f. .

Kunst und Wissenschaft.

für die verbraucht

pannung aus praktischen Gründen man bei der obigen Zählung von der sie factisch dieselbe fei,

Um ein Bild von dem Spannungsverlauf zu der Zeiger quer vor einen Spalt gestellt, durch welchen Licht auf eine mit photographischem Papier befpannte dreh bare Trommel fällt; das Papier wird bei nachträglicher Entwickelung schwar;, die vom Zeiger beschattete Stelle bleibt weiß, und so erhält man eine Curve, welche den Verlauf der Spannung registrirt. Da das Licht noch gleichzeitig ein in langsamer Drehung befindliches Zifferblatt photographirt, kann man auch angeben, in welchem Moment eine etwaige Spannungeschwankung stattgefunden hat. Der Apparat weist mannigfache specielle Einrichtungen auf, welche eine bequeme Aus— führung der photographischen Operationen ermöglichen. Sodann zeigte Herr Prof. Kundt ein von Prof. Lippmann in Paris in den natürlichen Farben photographirtes SPectrum vor. Das Lippmann'sche Princip, solche Photographien her⸗ zustellen, ist von dem neuerdings bereits in die Praxis übergegangenen Vogel 'schen Verfahren durchaus verschieden. L. läßt die Lichtstrahlen auf eine Photographische Schicht fallen, welche sich auf einer spiegeln⸗ den Fläche befindet. Die Strahlen durchdringen die Schicht, werden gespiegelt und erzeugen mit en F*direct einfallen⸗ den Strahlen zusammen stehende Schwingungen, durch welche, die photographische Schicht gleichiam in dünne, ab⸗ wechselnd helle und dunkle Blättchen zerlegt wird. Farben dünner Blättchen, die man u. a. bekanntlich auch an den Seifenblasen wahrnimmt, sind es denn auch, welche eine . Platte bunt er⸗ scheinen sassen. Die vorgeführte Platte zeigte in reftectirtem Lichte in prachtvolles Spectrum, welches Professor K. sogar projicirte. Fine zweite Photographie, einen grünen Zweig mit brangefarbenen Beeren darstellend, ige daß auch Farben, . nicht spectralrein sind, dur dies Verfahren reproduckrt werden können. Hoffentlich vird es sich in absehbarer Zeit ebenfalls zu einer praktisch verwerth⸗ baren Methode gestalten. Endlich berichtete Prof. Kundt über Experi⸗ nente, durch welche Herr Hirsch den Einfluß der Temperatur h magnetische Drehung der ,,, des Lichts untersucht hat. Es handelte sich im besonderen um den Durchgang des Lichts durch die Metalle Eisen, Kobalt und Nickel; denn diese Metalle sind ebenfo wie die übrigen in dünnen Schichten durchsichtig und besitzen in Bezug auf die oben erwähnte Veränderung des durchgehenden Lichts bemerkenswerthe Gigenschgften. Von der Temperatur zeigte sich die Erscheinung nur beim Nickel ahhängig. 8p.

4 In Schulte s Kunstsglon ist für kürzere Zeit ein Bildniß des ber⸗Bürgermeisters von He de . Geheimen Regierungs⸗ Raths Böttcher, von Hugo Vogel ausgestellt. In lebendiger, dis⸗ sutirender Haltung, im ordengeschmückten Frack, auf einem Le nstuhle sitzend, ist der Vice⸗Präsident des . dargestellt. Die derben Züge des Antlitzes sind von intensiver geistiger Arbeit gespannt, der die Brillenglaser scharf durchdringende Blick des Auges ist auf den Beschauer gerichtet. Dadurch, wie durch die demonstrirende Haltung

Hand erhält das Porträt eine überjeugende

des Ausdrucks, auf welche die gane; mg.

Concentrirt ist. Glücklich hat Vogel alle

vermieden, welche solchen malerischen Momentauf—

nahmen häufig anzuhaften pflegt. Die Technik sst großherzig und

breit, ohne doch durch absichtlich zur Schau gestellte Nachlässigkeit im Detail zu verletzen. Die Carnation und Modellirung des Jr,, Kopfes stehen der charaktervollen Auffassung nicht nach. Der Künstler, elbst geborener Magdeburger, hat sich wie dem Dargestellten mit diesem Bildniß ein ehrenvolles Denkmal in seiner Vaterstad? geschaffen. Eine herbe Enttäuschung beresten die an derfelben Stelle Ebenfalls nur auf kurze Zeit ausgestellten Aquarelle Hubert Herkomer' 8. ine so kleinliche Auffassung und fo füßlschen Farbenvortrag hat sicherlich niemand von dem genialen Deutsch⸗Engländer erwartet. Die subtile Feinpinselei in rosigen Tönen ohne Saft und Kraft und ohne prägnante Stimmung kann unmöglich Eindruck machen. Sicherlich verdanken diese kleinen landschaftlichen Studien nur einer vorüber⸗ gehenden unglücklichen Laune des mit Recht hochgeschätzten Meisters ihre Entstehung und ,, nicht etwa eine Concesfion an den weichlichen Modegeschmack des englischen Publikums.

Vor kurzem wurde mitgetheilt, daß das preußische Ministerium der geistlichen, Unterrichts und Medizinalangelegenheiten durch Cireularverfügung die Königlichen Provinzial⸗Schulcollegien, Re—⸗ e . und Vorstände von Bibliotheken und Archiven aufgefordert habe, die Bestrebungen der Gesellschaft für deutsche Er—⸗ ziehungs; und Schulgeschichte in jeder Weise thunlichst zu fördern. Auch ist den Leitern höherer Lehranstalten ans Herz gelegt worden, die Jahres programme noch mehr, als bisher geschehen, in den Dienst der Schulgeschichte zu stellen, und hierdurch ein Interesse für diese überaus wichtige Forschungen zu wecken. Zu gleicher Zeit wurde die Anschaffung der Veröffentlichungen der Gesellschaft (Monumenta Germaniae Paedagogica und chief risne d, für die Lehrer⸗ bibliotheken anempfohlen. Diefem Besspiele folgend, haben jetzt auch die Staats⸗Ministerien Württembergs und Änhalts zu den Auf⸗ gaben der Gesellschaft Stellung genommen. In beiden Ländern sind zur Erleichterung des geschäftlichen Verkehrs und zur Förderung der wissenschaftlichen Interessen Gruppen errichtet worden Dem Vorstande der Gruppe Württem berg ist nun von dem Königlich würtztem bergischen Ministerium des Kirchen⸗ und Schulwesens mitgetheilt worden, daß bei der hohen wissenschaftlichen und patriotischen Bedeutung der von der Gesellschaft für deutsche Er⸗ ziehungs. und Schulgeschichte verfolgten Bestrebungen die borzugs⸗ weise. in Betracht kommenden Schulbehörden, das akademische Rector⸗ amt in Tübingen, die Ministerialabtheilung für Gelehrte⸗ und Real schulen, das evangelische Consistorium und das katholische Kirchenamt anzuweisen seien, je in ihrem Theile das Unternehmen nach Kräften zu unterstützen. Die anhaltische Regierun g, welche schon früher für die Herausgabe der Monumenta Germania Paedagogica eine jährliche Subvention bewilligt hatte, hat diese jetzt der Gesellschaft für die periodisch erscheinenden Mittheilungen zur Verfügung ge⸗ stellt. Zugleich enthält der Erlaß des anhaltischen Ministeriums die⸗ selben Welsungen an die Behörden zur Förderung der wissenschaft⸗ lichen Zwecke der Gesellschaft, welche das preußische Cultus⸗Ministerium gegeben hatte. = Die Militärische, Gesellschaft zu Berlin hält ihre nächste Versammlung am Mittwoch, 22. Februar, Abends 7 Uhr, in dem großen Saale der Kriegs ⸗Akademie, ,, 58/59, ab. Vortrag: Die Wehrkraft Persiens unter Berücksichtigung der geo⸗ graphischen und politischen Lage diefes Staats“, gehalten von Premier Lieutenant Rofen vom 2. Westfälischen Feld ⸗Artillerie⸗ Regiment Nr. 22, eommandirt zur Kriegs⸗Akademie.

Der Director des römisch⸗germanischen Central⸗Muse mms zu Mainz, Professor Hr. Lindenschmi tt ist, we W. T. B. meldet, am Dienstag gestorben.

Nach einer Meldung des W. T B.“ aus Links ping ist der Bischof Corn élius, ehemaliger Professor der Geschichte und Kirchengeschichte an der ÜUniversität Upfala, nach kurzer Krankheit gestorben.

Verkehrs⸗Anstalten.

In Gelsenkirchen ist der Bau des Entwässerungskanals der Zeche „Hibernia“ in Angriff genommen worden, durch welchen die Verbin dungen für die fo nothwendige Kanasifatlon der Stadt Gelsen⸗ kirchen sowie für Theile der Gemeinden Ueckendorf und Bulmke ge⸗ schaffen werden. . ..

In Altena ist der Bau der eisernen Lenne-Brücke nahezu vollendet. .

Krefeld, 15. Februar. (W. T. B.) Das Königliche Eisen⸗ bahn⸗Betriebsamt macht bekannt: R heint rajeet Spyck-Welrꝛe, Strecke Kleve— Zevenaar, ist von heute ab wegen Hochwasser ge⸗ sperrt. Der Verkehr auf der Strecke We lle —Zeve naar ist für die Dauer der Sperre vollständig eingestellt.

Rost ock, 15. Februar. (W. T. B.) Nach einer Bekanntmachung der, Direction des Lloyd“ werden von heute ab die Tages⸗ fahrten zwischen Warnemünde und Gjedser mittels des Eis— brechers und des Bergungsdampfers „Rügen“ wieder aufgenommen. Die Abfahrt von Gjedser erfolgt um 6 Uhr früh im Anschluß an den Kopenihagz ner Nachtzug, die Abfahrt von Warnemünde um 1 Uhr Mittags im Anschluß an den Berliner Morgenschnellzug.

Bremen, 14. Februar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd“. Der Reichs⸗Postdampfer ‚Olden bu rg„, von Australien kommend, hat am 12. Februar , n, Dover passirt und ist am 13. Februar Vormittags in Antwerpen angekommen. Der Postdampfer „Berlin“, von Brasilien kommend, ist am 13. Februar Nachmittags auf der Weser angekommen. Der , Baltimore, vom La Plata kommend, hat am 12. Februar Nach⸗ mittags Las Pal⸗m as passirt, Der Postdampfer „Weser, von Bra⸗ silien kommend, ist am 12. Februar Vormittags in Antwerpen ange⸗ kommen. Der Reichs⸗Postdampfer Preußen“ hat am 13. Februar Vor⸗ mittags die Reise von Singapore nach Colombo fortgesetzt. Der Reichs⸗ Postdampfer . Neckar“, nach Ost⸗Asten bestimmt, ist am 12. Februar Vormittags in Sing g pore angekommen. Per Schnelldampfer „Fulda“ hat am 15. Februar Vormittags die Reise von Gibraltar nach Genua fortgesetzt. Der Pestdampfer Leipzig“, nach dem La Plata bestimmt, ist am 13. Februar Vormittags in An twe rpen angekommen,. Der Reichs⸗Postdampfer „Sachfen“, nach Ost⸗Asien bestimmt, ist am 12. Februar Abends in Genug angekommen. Brem en, 15. Februar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer Köln“ ist am 10. Februar von Rio nach Bremen in See gegangen. Der wi, Bayern“, von Ost⸗ Asien kommend, ist am 13. Februar Nachmittags in Antwerpen angekommen. Der . dampfer Sachsen“ hat am 13. Fe⸗ bruar Nachmittags die Neise von Genug na ! Port Said fortgeseßt. Der Postdampfer . Weser“ hat am 14. Februar Vormittags die Reise von Antwerpen nach Bremen fortgesetzt. Der Postdampfer Salier“, von New⸗York kommend, hat am 14. Februar Nach⸗ mittags Lizard passirt.

amburg, 14. . (W. T. B.). Hamburg ⸗Ameri⸗ ka nische Packetfahrt- Act ien Gefell fchaft. Der Post⸗ dampfer „Teutonia“ ist, von Hamburg kommend, gestern in St. Thomas eingetroffen.

Theater und Musik.

Lessing⸗Theater.

Der Schwank Das gelobte Land! von Franz und Pau! don Schönthan hat bei seiner gestrigen ersten Mu f un die gu cauer leidlich gut unterhalten, ohne jedoch einen entschiedenen Erfolg zu erzielen. Die Handlung, die in mittleren bürgerlichen Kreisen spielt, ist von harmlosem Charakter und weder inkeressant noch . genug, um für g allein fesselnd zu wirken. Die Zuthaten aber, die das Theaterstück zu einem Schwank stempeln sollen; gute Laune und Lustigkeit, finden i in so bescheidenem Maße, daß die früher wohl von den , ewährte komische Kraft diez= mal eigentlich vermißt wurde. Pas Ergebniß konnte daher nur sein, daß man das Dargebhtene ohne,. Widerstreben hinnahm und den Var⸗ stellem dankbar war, die durch ihre Kunst die Schwächen und Mängel

des Stücks möglichst aueglichen.

Ein Beamter in einer kleinen Provinzialstadt fühlt sich aus un⸗ zureichenden Gründen in seiner Ehre gekränkt und macht seinem ge—⸗ . Herzen durch eine Broschüre Luft, in der unter dem Titel „Das gelobte Land“ die sogenannte sociale Frage in möglichst laien⸗ hafter und unverständiger Weise behandelt wird. Als dann der sonst pflichttreue Beamte durch eine Auszeichnung die Ueber eugung gewinnt, daß seine Vorgesetzten seine Thätigkeit anerkennen, i er sich mit allen Verhältnissen ausgeföhnt und gelangt zu der Einficht, daß seine enge Heimath das wirkliche „gekobte Land. sei. Natürlich besitzt der Beamte ein Töchterchen nd einen Neffen, der ein etwas seicht= las ner Arzt ist, damit das unbedingt nöthige junge Liebespaar ni ehlt.

Es soll nicht bestritten werden, daß die unsere Zeit bewegende sociale Frage auch einer dramatischen Behandlung von der komischen Seite unterworfen werden darf; aber dann müßte es bei dem Ernst, der ihr unter allen Umständen innewohnt, mit mehr Geist und Ein⸗ sicht geschehen, als es hier der Fall ist. Dieser Ümstand an erster Stelle verhindert es, daß der Zuschager die wenigen lustigen Scenen, die das Stück enthält, mit ruhlgem Behagen genießt; wirkfame Komik lag fast ausschließlich in den Windbeuteleien des jungen Mediziners, ö auch vorübergehend eine heitere Stimmung im Haufe ver— hreiteten.

Was die, wie erwähnt, erfreuliche Darstellung betrifft, so ver⸗ mochten die mitwirkenden Kräfte den Figuren des Stücks natürlich nicht die Eigenart und Ursprünglichkeit zu verleihen, an der es die Verfasser haben fehlen lassen; ö. immerhin gewann Herr Höcker mit der Gestalt des Kanzlei. taths Schmale, den er als einen klein städtischen Spießbürger gab, den Beifall der Zuschauer. Die Frau Kanzlei⸗Räthin wurde von Fräulein Meyer gegeben, die ihrer Neigung zur Caricatur etwas die Zügel schießen ließ; ihrem galligen Humor hätte ein wenig mildernde Gutmüthigkeit zum Vortheil gereicht. Den ewig flun⸗ kernden jungen Alrit spielte Herr Schönfeld mit fee e ge, Laune und einem Anfluge von Treuherzigkeit, sodaß man die Neigung des jungen naiven Bäschen für ihn begreiflich findet; Fräulein Wagen gab das junge Mädchen mit rehm, Herr Brand erschien als tadelloser Jüngling, der sich für einen Schwerenöther⸗ ausgeben möchte, möglichst indifferent in seinem Aeußern, sodaß ein komischer Gegensatz zwischen feinen Worten und seinem Wesen ent⸗ stand. Herr Waldow als Büchercolporteur und Frau Schüle als derbes Dienst mädchen sorgten für eine kräftigere humoristische Kost.

Wallner⸗Theater.

Das Dum as'sche Schauspiel „Der Fall Clèmenceau“, welches vor einigen Jahren bei feiner ersten Aufführung im Lessing⸗ Theater so viel Aufsehen erregte, ging gestern in theilweise veränderter Besetzung im Wallner Theater zum erssen Mal in Scene. Die sorg⸗ fältig eingeübte und geschmackvoll infeenirte Vorstellung wurde von dem gutbesetzten Hause mit derfelben Aufmerksamkeit und Spannung verfolgt und ebenso beifällig aufgenommen wie bei den früheren Aufführungen. Die Rolle der Isabella hatte! Fräulein Groß übernommen. Durch ihr virtuosen⸗ haftes und decentes Spiel wußte sie die raffinirteste aller Frauengestalten auch in den gewagtesten Situationen des Werks so darzustellen, daß sie trotz der Verächtlichkest des Charakters doch den Anwesenden einen hohen künstlerischen Genuß bereitete und den Vergleich mit ihrer Vorgängerin Frau Petri nicht zu scheuen braucht. Die früher bon Fräulein Marie Meyer gegebene Rolle der polnischen Gräfin Dobronowska war an Fräulein Detschy übergegangen. Sie beherrscht den Diale t nicht vollständig und muß sich vor Uebertreibungen hüten, zu der die Darstellung dieser durch die Schönheit ihrer Tochter völlig verblendeten Mutter verführt. Sonst entsprach ihre Leistung vollkommen den vonn Dichter gestellten An⸗ forderungen. Frau von Pöllnitz gab die Mutter des Bildhauers Clémenceau mit dem an ihr bekannten würdigen Anstande. Der schwierigen Aufgabe des Clsmenceau und der feßr viel dankbareren des Constantin entledigten sich die Herren Prechtler und Molenar mit Geschick. ö 2

Seine Majestät der Kagiser hat den Künstlern, die am Montag in der Gedächtnißfeier für R. Wagner im Königlichen Opernh au se mitwirkten, Allerhöchstseine olle Anerkennung aus sprechen lassen.

Im Berliner Theater geht morgen der Hüttenbesitzer' in Scene, für Freitag ist neu eingeübt König Lear= angesetzt; Ludwig Barnay spielt darin die Titelrolle und Agnes Sorma zum ersten Male die Rolle der Cordesia.

I FJIm ein g⸗Theater wird morgen unter Abänderung der früheren Bestimmungen Hermann Sudermann s Schauspiel Heimath⸗ gegeben, das auch am Sonnabend und Sonntag wiederholt wird.

Im Krolkschen Theater find bei Aubers komischer Oper Der schwarze Domino, die mergen neu einstudirt in der laufenden Spielseit zur erstmaligen Aufführung kommt, in den Hauptpartien beschäftigt die Damen Wenzel (Angela), Islar Brigitte) Ippen (Urfula] und die Herren Meyer (Horatio), Serm. Gura Juliano) und Worms (Gil Terez). Das erfte Auftreten der Frau Nevada das wegen Unpäßlichkeit eines Mitgliedes der franco · itallenischen Opern⸗Gesellschaft. verschoben werden mußte, findet nunmehr am Sonnabend statt.

„Das Ballfest im Festsaal des Thoma s- Theaters, das am Freitag zu wohlthätigem Zwecke stattfindet, wird unter der Bezeich⸗ nung „Berlin und Wien“ von statten gehen. Der durch die Bethel ligung des Wiener Ensembles geschaffen? Charafter wird noch befon⸗ ders durch die künstlerischen Gaben der Wiener wie durch die Gegen überstellung der Nationaltänze zum Ausdruck kommen. Billets ju . sind beim Rendanten Schwarz im Bureau des Theaters zu haben.

. Josey hine Gerwing, die eljährige Geigerin aus Köln wird in ihrem zweiten und letzten Concert Freitag, Abends 7. Ubr, im Saal Fön,, außer größeren Werken von Mendel sohn und Franz ties noch eine Canzonette von Godard und eine Legende ihres Lehrers Gustad Hollaender spielen. Der Klapiervirtusse George Mäagrgth wird in feinem, am 17. . M, Abends 8 br nn. Mitwirkung des Philharmonischen Orchesters in der Sing⸗ Akademie stattfindenden Concert drei größere Werke, Summen s moll Concert, St. Sans G-moll-CGonéert und Schumann Symphonische Etuden zu Gehör bringen.

In der Freien mu sikalischen Vereinigung, welche wh Donnerstag, den 16. Februar, Abends 31 Uhr, im Sulzer schen Nusilsaale. Potsdamerstraße 27 versammelt. werden Kladierstücke don Otto Sberhol z und Philipp Scharwenka, Lieder von Klenel Naubert und Hildach, Violoncellftüͤcke von Popper und Salzer c. zum Vor= trage gelangen. Die Leitung der Chor Abtheilung bat Derr Moif ent sinnn, bisheriger Dirigent des Klindwortk ben Cors, Wer. nommen.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr)

Vei der, gestern fortgesetzen Ziehung der 2 Klasse 188. Königli ruf f, Klassenlotterie fielen in der ah mi a e Zieh ; = . von . ci 8 Gewinne von 6 auf Nr. 17. Bro 81g 101 205. 136 318. 157 819. 175 1535. 18 Bi. .

3 Bei der heute fortgesetzten Ziehung der 2. Klasse der K preußischen . fielen in der Vor

iehung: Jewinn von 10 900 6 auf Rr W131. 2 Gewinne von 1500 6 auf Nr Re. 146319. 3 Gewinne von 500 S auf Re. dl Les 1e 14g Gewinng von M 6 auf Rr w is d.

. Nr. S6 717. 178 410

do Z3hꝛ. 160 690 168 71. 186 187 191.