1893 / 40 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Feb 1893 18:00:01 GMT) scan diff

der Standpunkt weit erhaben über die agitatorische

Kritik, welche gegenwärtig draußen im Lande ge— trieben wird l(sehr wahr! links), eine Kritik, die meint, mit allgemeinen Redewendungen, als da sind: die Regierung habe nicht mit gehöriger Umsicht oder Geschicklichkeit verfahren, man habe nicht alle Interessen gehörig gewahrt, ein Werk, wie die Handelsverträge dis⸗ ereditiren zu können. Wer nichts vorzubringen hat als diese Rede⸗ wendungen, der beweist nichts Anderes, als daß er etwas sagen möchte, aber nichts zu sagen weiß. Und vollends das beliebte Schlagwort von der Ungeschicklichkeit, mit der die Regierung verfahren sei, das Wort ist zu aller Zeit die Waffe derjenigen gewesen, bei denen das Be— dürfniß des Tadels sehr groß und der Vorrath an sachlichen Argu— menten sehr klein gewesen ist. Und wenn der Abg. Vopelius unter keinen Umständen eine Herabsetzung der landwirthschaftlichen Zölle haben will, dann hätte er viel einfacher sagen sollen: ich will über⸗ haupt keinen Tarifvertrag mit Desterreich. Denn ein Tarifvertrag mit Desterreich⸗Ungarn ist überhaupt nicht zu schließen auf einer anderen Grundlage, als daß wir in den landwirthschaftlichen Zöllen Con— cessionen machen, Oesterreich⸗Ungarn seinerseits uns Concessionen be⸗ züglich der Industrie gewährt. Wir haben auf diesem Boden mit Desterreich⸗Ungarn abgeschlossen im Jahre 1853. Wir haben damals die Zollfreiheit für Getreide gebunden, wir haben dieselbe Concession gemacht im Jahre 1865 und 1868. Im Jahre 1877 war die Zoll⸗ freiheit des Getreides die conditio sine qua non von Seiten Oesterreichs; eben deshalb kam ein Vertrag nicht zu stande. Ich erinnere mich sehr wohl, daß gerade aus der Reihe der Rechten da⸗ mals die Getreidezölle, und zwar in der Höhe von 1 6 damit be⸗ fürwortet sind, daß man sagte, das sei ein sehr gutes Compensations—⸗ object bei einem Tarifvertrag mit Oesterreich und mit Rußland.

Meine Herren, der Herr Vorredner will ein autonomes Schutz⸗ zollsystem haben. Ich gehe mit ihm soweit, als er von einem rationellen Zollsystem verlangt, daß es den inländischen Markt der inländischen Production in erster Reihe sichert; allein ich trenne mich von ihm, indem ich die Behauptung aufstelle: Jedes Schutzzollsystem in Deutschland hat seine naturgemäße Grenze in den Interessen der Ausfuhr. Ein Land, das, wie Deutschland, jedes Jahr für 3000 Millionen Rohstoffe einführen muß, und darunter für 1000 Millionen nothwendige Nahrungsmittel, muß exportiren, wenn nicht alle wirthschaftlichen Faetoren Noth leiden sollen.

Wenn der Herr Vorredner sich auf den Standpunkt stellt: eine kaufkräftige Landwirthschaft ist die Voraussetzung eines Gedeihens aller anderen wirthschaftlichen Factoren, so sage ich: ja, aber ich füge bei: der Gedanke, daß die Landwirthschaft Vortheil ziehen könnte von einem handelspolitischen System, welches mittelbar oder unmittelbar unsere Ausfuhr nachhaltig schädigt, enthält einen ungeheuren Irthum, und ich bedaure, sagen zu müssen, daß dem Anschein nach auch der geehrte Herr Vorredner in diesem Irrthum befangen ist. Daß ein Schutzzoll, wenn er eine gewisse Höhe erreicht hat, die Ausfuhr schädigt dadurch, daß die Inlandspreise höher werden als die Weltmarktspreise, und damit der Wettbewerb im Auslande erschwert wird, das sollten doch am allerwenigsten diejenigen abreden, die sich heute so lebhaft für die Aufhebung des Identitätsnachweises interessiren. Denn dieser Wunsch beruht doch auf der Erwägung, daß durch die Getreidezölle die Ausfuhr von Getreide auf den Weltmarkt erschwert wird.

Es ist also ein eigenthümlicher Widerspruch, daß man in dem⸗ selben Augenblick, wo man eine Herabsetzung des Zolles gegen Ruß⸗ land von 5 AM auf 3,50 Æς als eine Art von vaterlandslosem Be⸗ ginnen erklärt, sich bemüht für eine Maßregel, die darauf hinausgeht, ein gewisses Quantum russischen Getreides zollfrei bezw. zu 1,50 M einzuführen. Ja, der Herr Abgeordnete Graf von Mirbach schüttelt das Haupt. Aber der Wunsch, den Identitätsnachweis aufzu— heben, beruht doch darauf, daß infolge der Zölle die Landwirthschaft im Osten nicht mehr auf dem Weltmarkt concurriren kann, und man deshalb wünscht, in gewissem Umfang Getreide zollfrei aus Rußland einzuführen. Wie dieser Widerspruch zu erklären ist und wie insbesondere über diese Dinge das landwirthschaftliche Kränzchen in Unterfranken denkt, das wäre interessant zu erfahren. Sodann übersieht der Abg. Graf Kanitz, daß das entscheidende Moment am 1. Fe⸗ bruar 1892 das war, daß der Schutzzoll sich verallgemeinert hat und daß die Verallgemeinerung des Schutzzolls nothwendiger Weise der Regierung die Frage vorlegte: was ist angesichts dieser Erschwerung unserer Ausfuhr zu thun? Man hat den Versuch gemacht, die Dinge herumzudrehen. Ich lese da in einer angesehenen conservativen Zeitung: „Daß Rumänien, Spanien u. s. w. sich sehr autonome Tarife gaben, das war die einfache Folge der deutschen Schutzzollpolitik von 1891; man wollte für die bevorstehenden Tarifverhandlungen ein gehöriges Austauschmaterial in der Hand behalten. Also: die Staaten haben ihre Tarife erhöht, weil wir Tarifpolitik treiben wollten! Einige Daten mögen diese Behauptung beleuchten. Der neue schutzzöllnerische Tarif in der Schweiz beruht auf einem Bundesrathsbeschluß vom 20. Dezember 1888; die Vorlage erfolgte am 2. Mai 1890. Der neue schutzzöllnerische spanische Tarif beruht auf einem Beschluß vom 10. Oktober 1889, mit dem die Commission eingesetzt wurde, um einen schutzzöll— nerischen Tarif auszuarbeiten. In Rumänien haben sich Parlament und Regierung bereits im Jahre 1883 vereinigt, nach Ablauf der Handelsverträge einen schutzzöllnerischen Tarif aufzustellen. In Frankreich hat der Conseil supérieur bereits im Juni 1899 die Beschlüsse gefaßt, nunmehr in intensiver Weise Landwirthschaft und Industrie zu schützen. Also die Sache verhält sich genau um— gekehrt; denn unsere Absicht, Tarifverträge zu schließen, trat erst im Herbst 1890 in die Oeffentlichkeit. Wir waren gewiß, daß vom 1. Februar 1892 an nach Ablauf der Tarifverträge alle Exportstaaten wesentlich höhere Zölle erheben würden; und das war der Grund, warum wir den Weg der Tarifverträge gegangen sind.

Man hat meine Behauptung bestritten, daß die Opposition gegen unsere Tarifverträge auf einer Verkennung unserer handelspoli⸗ tischen Situation beruhte. Ich darf wohl zur Bekräftigung meiner Behauptung einige Zahlen anführen über die Gestaltung unserer Handelsbilanz, namentlich deshalb, weil man die Handelsbilanz von 1892 vielfach als Sturmbock benutzt, um gegen die Handelsverträge vorzugehen. Im Jahre 1836 hatten wir noch eine active Handels⸗ bilanz, d. h. eine Ueberbilanz von 106 809 000 M; dieselbe war 1887 herabgesunken auf 22 Millionen. Von 1888 an beginnt die Unter⸗ bilanz; dieselbe betrug 67 Millionen. Diese Unterbilanz ist 1889 bis auf 824 Millionen angewachsen und im Jahre 1891 auf 975 Millionen Mark. Um diesen Betrag hat 1891 die Einfuhr nach

eutschland die Ausfuhr aus Deutschland überwogen.

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Exportbedingungen, die uns gewährt wurden, durch den unentgeltlichen Genuß aller der Tarifverträge, die mit dem 1. Februar 1892 abliefen. Wer für den 1. Februar kein anderes Remedium hatte, als Festhalten der Getreidezölle, Festhalten der autonomen Schutzzolltarife, der mußte gewärtigen, daß unsere Ausfuhr,

die an sich schon im Sinken war, in dem Maße rapid noch sinken

mußte, als durch Wegfall der Tarifverträge unsere Exportbedingungen erschwert wurden. Nun, meine Herren, hat man von der Währungs⸗ frage gesprochen als Remedium. Ich erkenne die Bedeutung der Währungsfrage vollkommen an, und ich persönlich bin überzeugt, daß allerdings unter der Silberentwerthung ein erheblicher Preis⸗ druck auf Getreide sich herausgestellt hat; darüber ist für mich kein Zweifel. (Sehr richtig! rechts) Das ist meine persönliche Meinung. Aber die Lösung der Währungsfrage, auf die man uns so vielfach verweist, ist doch ein Wechsel auf sehr lange Sicht, von dem ich Zweifel habe, ob er jemals honorirt werden wird, während unsere Handelspolitik namentlich in den kritischen Augenblicken des J. Fe⸗ bruar 1892 dringende Bedürfnisse der Gegenwart zu befriedigen hatte. Also mit der Vertröstung auf Lösung der Währungsfrage würden wir nicht einen Schritt vorwärts gekommen sein.

Man kann nun allerdings sagen: wenn die anderen Staaten ihre Zölle erhöhen, so können wir das gleiche thun. Gewiß, das können wir; wir können Repressalien üben und können dabei allmählich zu einem Zustand kommen, bei dem es darauf ankommt, wer kann es länger aushalten? Diesen Weg kann und muß man unter Umständen gehen, und ich bin heute noch nicht überzeugt, ob man nicht dem einen oder anderen Lande gegenüber dazu wird schreiten müssen, so weit unsere Thüren zu verschließen, als der andere Staat das gleiche thut. Ich bin der Ansicht, daß gegebenen Falls ein solcher Zollkrieg kräftig geführt werden muß, um ihn rasch zu beenden. Aber ein Zollkrieg kann doch niemals Selbstzweck sein, sondern nur Mittel zum Zweck; das Ende ist immer wieder der Friede, ein Tarifvertrag, nur mit dem Unterschiede, daß, wenn nach einem Zollkrieg der Friede ge— schlossen wird, alle Welt zufrieden ist, während heute das nicht der Fall ist. Ich bin fest überzeugt, wenn wir die Handelsverträge nicht geschlossen hätten, wenn wir es hätten darauf ankommen lassen, in den Zollkrieg mit dem einen oder anderen Staat zu gelangen, daß alle Leute bei uns und auch die Landwirthschaft sehr zufrieden gewesen wären, wenn wir schließlich diesen Krieg mit unseren Tarifverträgen beendigt hätten.

Man hat außerhalb des Hauses von den Erfahrungen ge— sprochen, die wir mit unseren Handelsverträgen gemacht hätten; die⸗ selben sind als ungünstig bezeichnet und gleichsam als Warnung bezüg⸗ lich der deutsch⸗russischen Verhandlungen aufgestellt worden. Nach meinem Dafürhalten kann von Erfahrungen in diesem Augenblick noch nicht gesprochen werden, weil die Wirkung der Verträge noch nicht zu übersehen ist, zumal in der Zwischenzeit eine so bedeutende Um— wälzung wie der Ablauf aller Tarifverträge liegt. Aber ich habe gar keine Scheu, die Handelsbilanz des Jahres 1892 unter die Lupe zu nehmen, und Sie werden finden, daß, während unsere Handels— bilanz sich von 1887 bis 1891 fortwährend verschlechtert hat, 1892 eine Art Stillstand eingetreten ist, und das wäre an sich schon ein recht erheblicher Erfolg. Die Einfuhr namentlich der Rohproducte hat sich 1892 vermehrt, und hier spielt wieder das Getreide die Hauptrolle. Wie ich bereits das letzte Mal sagte, ist für 1892 eine Mehreinfuhr von eirea 88 Millionen Mark Weizen notirt als 1891, und diese Zahl wird sich zu Gunsten unserer Bilanz voraussichtlich noch erheblich vermindern bei der definitiven Statistik, weil vorläufig die hohen Preise des Jahres 1891 ein— gesetzt wurden, nicht die weit niedrigeren Preise des Jahres 1892.

Was nun die Ausfuhr betrifft, so haben wir doch bezüglich ganz wichtiger Industriezweige recht erhebliche Mehrausfuhren zu ver— zeichnen gegenüber dem Jahre 1891. Beispielsweise sind an Baum⸗ wollenfabrikaten 1892 ausgeführt worden mehr als 1891: 25 Millionen Mark, an Farbwaaren, Chemikalien 20 Millionen Mark, an Glaswaaren 13 Millionen Mark, Kautschukwaaren 3 Millionen Mark, Kleider, Confection, Leibwäsche ca. 7 Millionen Mark, Papier 3 Millionen Mark, Wolle und Wollwaaren 85 Millionen Mark, und dem steht gegenüber eine Minderausfuhr namentlich an Leder im Betrage von 15 Millionen Mark, von Holz im Betrage von 9 Millionen Mark, von Häuten und Fellen im Betrage von 7 Millionen Mark u. s. w. Also es ist jedenfalls eine Verschlechterung unserer Handelsbilanz durch unsere Handelsverträge vermieden worden, die zweifellos eingetreten wäre, wenn wir nach dem Princip des Herrn Abg. Grafen von Kanitz für den 1. Februar 1892 kein anderes Remedium gehabt hätten als den Schein unseres autonomen Zolltarifs.

Man hat ja auch von den politischen Erwägungen gesprochen, welche die verbündeten Regierungen veranlaßt hätten, die Tarifverträge, insbesondere mit Oesterreich⸗Ungarn und Italien abzuschließen; man will damit den Regierungen gleichsam mildernde Umstände gewähren. Das ist ja sehr schön, ich muß es aber doch entschieden ablehnen, daß die verbündeten Regierungen diese Verträge in einer politischen Zwangslage geschlossen hätten. Wenn so überwiegend wirthschaftliche Gründe für den Abschluß von Tarifverträgen sprechen, wie damals Ende des Jahres 1891, so konnte es für die Regierung nur erwünscht sein, wenn dieselbe verstärkt wurde durch die politische Erwägung, daß es die Bündnisse mit Oesterreich⸗Ungarn und mit Italien nur fördern kann, wenn wir auch wirthschaftlich mit ihnen im Frieden leben. Wir haben diese Tarifverträge geschlossen in erster Reihe aus wirthschaftlichen Gründen; aber allerdings auch die politische all⸗ gemeine Anschauung hat dabei vorgewaltet, daß, je mehr die Interessen der Nationen Europas durch solche Tarifverträge solidarisch werden, um so mehr sie sich hüten werden, in Streit und in Krieg einzu— treten.

Ich resümire mich dahin, daß ich nach wie vor den Satz aufrecht erhalte: die Handelsverträge sind ein für Deutschland nützliches und wohlthätiges Werk gewesen; sachliche, stichhaltige Argumente sind bis jetzt nicht dagegen vorgebracht worden, und wenn auf die Stimmung und Verstimmung hingewiesen wird, die aus Anlaß der Tarifverträge in weiten Kreisen herrschen sollen, so kann ich ja die Thatsache nicht abreden; aber ich tröste mich mit der inneren Ueberzeugung, daß diese Stimmung und Verstimmung noch viel inten— siver sein würde, wenn die Tarifverträge nicht zum Abschluß gekommen sein würden. (Sehr wahr! links.)

Abg. Dr. Barth (ofr.): Wie die Socialdemokraten haben uns auch die Agrarier im Unklaren über ihren Zukunftsstaat gelassen. Nur

einzi orte zu ch g gi DI, ge gr ar ier! So nackt und bloß wie heute Landarbeiter soll 4 werden, in einer s verharren, damit der . billigere Arbeitskräfte hat. Denn darauf laufen alle Vorschläge des Abg. Freiherrn von Man teuffel ben i der Freizügigkeit hinaus. Man wird dabei lebhaj an die hannöbersche Domleilordnung von 1827 xrinnert, welche die obrigkeitliche Erlaubniß, an einem bestimmten Srte zu wohnen für Handarbeiter und Tagelöhner nur dann ertheiit wissen will, wenn sie tadellose Führung am Orte ihres früheren Aufenthalts und Sxistenzmittel für längere Zeit nach weisen. Der. Abg. Graf, Kanitz will nicht bloß durch allerla polizeiliche Chicanirungen die Leutè an ihrem augenblicklichen Wohn. ort festhalten, sondern auch im Wege der ö indem den Arbeitern das Reisen vertheuert wird. Bei alle dem handelt es sich um Erschwerung des wirthschaftlichen Emporkommen der ländlichen Arbeiter. Eine 1890 erschienene Schrift hat nachge⸗ wiesen, daß die Sachsengängerei zu einer Erhöhung der wirthschast lichen Lage der betreffenden Arbeiter führt. Der agrarisch an. gehauchte Verfasser setzt auseinander, von welcher eminenten Bedeutung für die sociale Hebung jener wandernden Arbeiter es ist, daß sie sich in anderen Gegenden einen höheren Leben stand angewöhnen und dadurch auch den der zurückgelassenn Genossen erhöhen. Diejenigen, welche dem freien Verkehr im Lanz Hindernisse in den Weg legen, handeln durchaus gegen das allgemein Interesse. Eine Erhöhung des Lebensstandes der landwirthschaftlichen At⸗ beiter liegt auch im Interesse der Entwicklung der Landwirthschaft. Di Frage muß endlich einmal prineipiell entschieden werden! ob der Großgrundbesitz in der That so werthvoll ist, daß man deswegen alt anderen Interessen der Bevölkerung zurückftellen muß. Die ganze Politik seit 1878 ist, um ein Wort des gemäßigten Volkswirt Rescher anzuwenden, nicht eine Schutzzollpolikik, sondern eine Gunst⸗ politik gewesen zu Gunsten des Großgrundbesitzes. Es ist irrig, an. zunehmen, daß die Interessen der kleinen Befitzer und der Groß grundbesitzer identisch find. Man suchte die Lasten des Großgrund besitzes abzuschieben auf die Schultern anderer Bevölkerungz reife die letzten Ausläufer diefer Steuerpolitik zeigen sich jetzt in Preußen in der Abschaffung der Grundsteuer. Durch die landwirthschaftlichen Zölle besteuert man vorzugsweise die ärmeren Klassen der Bevölkerung mit jährlich über 100 Millionen zu Gunsten des Großgrundbesitzeg. De Landarbeiter will man in einer schlechten Lebenslage erhalten, und end⸗ lich stellt die ganze Bewegung gegen unsere Währung nichts andere dar, als das Bestreben, die Schulden, die die Großgrundbesitzer gemacht haben, dadurch zu verringern, daß man das Geld entwerthet. Diese ganze Interessenpolitik mischt sich obenein noch in unfere al. emeine Politik. Dieselben Leute, die das Wort „königstreu jmmer im Munde führen, lassen einen Aufruf los, daß sie Socialdemokraten werden wollen, wenn es nicht nach ihrem Wunsche geht, und agitiren gegen den Handelsvertrag mit Rußland, obwohl die Verhandlungen darüber noch schweben. Alle Angriffe der Confervativen im Ab— geordnetenhause und Reichstag richten sich gegen eine Regierung, die doch durch und durch conserpativ und gewiß nicht freihändlerisch if, sondern im großen und ganzen auf demselben Boden steht, wie Fürst Bismarck. Die Männer, die hier angegriffen werden, sind zum kheil solche, welche auch die Politik des Fürsten Bismarck haben durch— führen helfen. Alles was seit 1819 im Wege der protect;onistischen Gesetzgebung geschaffen worden ist, k muß, beseitigt werden. Der Großgrundbesitz vorwärts, weil der Grundbesitz häufig zu theuer gekauft sst, sehr häufig mit zu geringen. Mitteln bewirthschaftet wird, weil die Herren zu hohe Ansprüche an das Leben stellen und in Bezug auf ihre landwirthschaftliche Ausbildung nicht genug fortgeschritten sind in dem, was die Zeit verlangt. Diese nicht leistungsfähigen Cle= mente aus allgemeinen Mitteln zu erhalten, heißt, die kel chen Schäden in alle Ewigkeit verlängern. Es ist nothwendig, einen Zu seines Fleißes und seiner Arbeit selbst erringt. Nach den Wortzn

doch die Möglichkeit im Auge zu behalten, daß an unseren verhältnissen einmal geändert werden könnte. Schon

und ich wünsche, daß diese Besorgniß beseitigt würde. Daß ding die Silberentwerthung die Preise der landwirthschaftliche Producte gesunken sind, ist durchaus irrig. Das ist das Rückschrittlihe in der agrarischen Politik, daß sie einen Zustand aufrecht erhalten will, der gegen die ganze Culturentwickelung geht; denn diese ber billigt alle . schafft dadurch einen größeren Consumenten⸗ kreis und verbessert so die Lage der gesammten Bevölkerung. Die Möglichkeit einer Währungsänderung will man anscheinend wenigsten; für eine späte Zukunft offen halten. Aber schon das erste Antasten unserer, gesunden Währungkverhältnisse würde zu außerordentlichen Calamitäten für unsere gesammte Volkswirthschaft führen, so daß ich selbst das Coquettiren mit dieser entfernten Möglichkeit für bedenklich

gegen den Vorredner sein sollten. Auch die Bemerkung, daß. wenn es zu einem Zollkriege käme, man denselben mit aller Energie führen würde, ist bedenklich. Wer erst die Möglichkeit eines Zoll— krieges erwägt, geht in seinen Maßregeln leicht weiter, als noͤthr ist, um den Zollkrieg zu vermeiden. Die Zollkriege zwischen Oesterni und Rumänien, Frankreich und Italien und , nr, und der Schweiz zeigen, daß beide Theile von einem Zollkriege nur schweren Schaden haben und dies das ungeeignetste Mittel 1 einen anderen Staat zu überwinden. Zollkriege rufen nur Bitterkeit hervor, abe keine Besserung. Einen Zollkrieg mit Rußland haben wir, aut wirthschaftlichen und politi c. Gründen zu vermeiden. Zwischen uns und Rußland giebt es schon politische Reibungspunkte genung, um noch wirthschaftliche hinzuzufügen. e unausbleiblich, wenn es nicht zu einem Handelsverkrag käme. Gelingt es den Agrariern, die Handelsvertragspolitik des girl helm ln Grafen Caprivi zu hintertreiben, so sind sie für die Zustände eine

wärtige Regierung auf dem Spiele; wenn sie so schwach wäre un vor den agrarischen Angriffen die Segel zu streichen, dann nirdes⸗ vor der ganzen Welt dastehen als eine durch und durch schwache . gierung, die in Zukunft überhaupt nicht mehr in, der Lage . roße Transactionen zwischen einzelnen Staaten mit Glück zum ö . zu bringen. Das wäre eine solche Schäd u der . Autorität unserer Negierung und der Macht des Deutschen . ö! daß ich es auf das Allertiefste beklagen würde, wenn jetzt kein Handel vertrag mit Rußland zu Stande käme. 6. g

Abg. Freiherr von Pfetten (Cent.): Es freut mich der Staatssecretär Dr. von Boetticher den Nothstand der anni, schaft anerkannt hat; ich fürchte nur, diese Anerkennung bleibt 9 platonische. Die Klagen der Lundwirthschaft gehen gleichmäßi⸗ ö. dem großen und kleinen Grundbesitz aus. Wir glauben immer loü

Auch das Sinken der Getreidepreise kann ich nich ar ch eh 9 die herabgesetzten Zölle zurückführen, denn dann müßte ich au ö Consequenzen zugeben, daß hohe Zölle hohe Drelse· E iger hit hohen Getreidepreise des vorigen Jahres, haben der Landwir e. den Nutzen nicht gebracht, den sic ihr hätten bringen müssen, 1 diese Bähauptung richtig wäre. Für die Ernährung des . ; Volkes kommt doch in erster Linie die deutsche an dirt Haftzzn n tracht. 86 bin überzeugt, es könnte auf deutschem . . Menge Brotfrucht gebaut werden, welche ma wendiß —ᷣ h. einzelnen bayersschen landwirthschaftlichen Besitzer brachte a . Getreidepreise keine Mehreinnahmen, da f weg 1891. eine Mißernte, war. Nun gehen ie m, zurück. Die. Ausgaben bleiben dieselben, seine a ghet also nicht gebessert. Man muß dem Landwirth auf den (eon

j entgegenkommen, welche heute erwähnt worden sind. Eine einsen

fern, [6

sie soll auch nicht das Aschenbrödel des Reichs sein.

2 noch niemals zum Ausdruck gekommen. ö ö debens lage y

ist eine Ungerechtigkeit und kommt nicht

stand der Gerechtigkeit wiederherzustellen, in welchem jeder die Früchte .

des Staatssecretärs Freiherrn von Marschall scheint die i. ö

rung die ble Besorgniß davor könnte unsere wirthschaftlichen Verhältnisse schädig

halte. Ich hoffe, daß diese Bemerkungen nur eine formale Höflichkeit

Der Zollkrieg wäre abet

Zellkriegs verantwortlich. Viel mehr steht aber dabei für die gegen,

wohl daran gethan zu haben, für die Handelsberträge zu stimme

Pergtsugung det gan ziirtsschafl zn sordern Jietmiz ehr g,

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nnen s hebung . ei i, 8 schwere Nachtheile haben würde.

Abg. Graf Behr (Rp): Alles, was heute hier geredet worden ist, hat mit dem Gehalt des Staatsseeretärs gar nichts zu thun. Man hat sich in sehr ausgiebiger Weife mit der Noth“ der Arbeiter beschäftigt, heute ist einmal von der Noth der Landwirthschaft geredet worden. Ich bin der Ansicht, daß der Vorstoß, der im Abge⸗ ordnetenhause in dieser Frage stattgefunden hat, Veranlassung zu der heutigen Debatte gegeben hat. Man hat jenem Haufe nicht allein die Ehre lassen wollen, diese Frage zu behandeln; das scheint mir schon daraus hervorzugehen, daß auch der Antrag Arendt hier in die Debatte gezogen ist. Es wurden von dem Abg. Freiherrn von Manteuffel verschiedene Vorschläge gemacht, um der Noth der Land— wirthschaft abzuhelfen. Mit vielem bin ich durchaus einverstanden, sie sind auch nicht neu, wie z. B. der einer Abänderung des Unterstützungs“wohnsitzgesetzes von meiner Fraction bereits im Mai 1389 angeregt wurde. Hier liegt ein Bedürfniß vor. Ebenso habe ich kein Bedenken dagegen, daß das Freizügigkeitsgesetz vielleicht einer Abänderung bedarf, die aber jedenfalls nicht so weit gehen darf, das Princip der Freizügigkeit aufzuheben. Durchaus einverftanden bin ich auch mit der Aufhebung des Identitätsnachweises. Von freihänd' lerischer Seite sind wieder die alten Gesichtspunkte ausgesproöchen, aber nichts Neues vorgebracht. Eine. Noth der Landwirthschaft existirt, aber wir haben kein Mittel, dieser schnell abzuhelfen. Daß alle Fractionsgenossen des Abg. Freiherrn von Manteuffel gegen einen Handelsvertrag mit Rußland stimmen werden, das zu behaupten, scheint mir nicht ganz richtig, da wir noch gar nicht wissen, wie der Vertrag gestaltet sein wird. Wenn der Getreidezoll noch unter 39 6 ermäßigt werden sollte, so verftände ich diesen Widerstand; aber wir haben in dlesem Fall kein Handelsobject für einen Handelspertrag mit Rußland. Ich verstehe auch nicht, wie die Landwirthe auf die Zollermäßigung von 15 6 einen so großen Werth legen. Es mag ja nicht gerade glücklich sein, aber unglücklich macht 83 auch nicht. Für ganz verwerflich halte ich es, wenn fs scharfe Artikel, wie, der heutige der „Kreuzzeltung“ gegen Rußland geschrieben werden. Gegen Rußland so scharf vorzugehen, ist politisch sehr falsch. Wir haben allen Grund, uns möglichst freundschaftlich mit diesem Lande zu stellen. Auf die Dauer die Differentialzölle aufrecht zu erhalten, halte ich nicht für angängig. Jedenfalls wird der Osten durch die Differentialzölle geschädigt, denn nur, wenn er frei in seinen Verkehr mit Rußland ist, kann er prosperiren. Es wird immer gesagt:; die Landwirthschaft, wird von, der Regierung schlecht behandelt, sie findet, keine Unterstützung bei ihr. Das kann ich nicht zugeben. Die Landwirthschaft muß sich eh zu helfen suchen, und zwar muß principiell und, nach verschiedenen Richtungen vor⸗ gegangen werden. Dann wird eine Besserung eintreten. Ich glaube aber nicht, daß dieser demagogische Zug, der augenblicklich durch die Landwirthschaft geht, zum Ziele führt.

Abg. won Kom ie rowski (Pole): Daß ein demagogischer Zug durch, die Landwirthschaft geht, muß ich in Abrede stellen. Daß die Verschuldung eine weitgehende ist, beweisen die vielen Subhastationen und das Zurückgehen der Pachtsummen. Der große Schaden für die Landwirthschaft waren auch die Polengesetze. Ber polnische Arbeiter hätte gerade ansässig gemacht werden müsfen. Bei dem öster⸗ reichischen Handel svertrag haben wir ganz ausdrücklich erklärt: Wir stimmen dafür. Wenn uns aber die einzelnen Positionen des Tarifs borgelegen hätten, so hätten wir einige Abänderungen gewünscht. Der Identitätsnachweis . ja für die süddeutschen Verhältniffe eine Herechtigung haben, aber die wirthschaftliche Lage bei uns im Osten läßt die Aufhebung desselben als vollständig gerechtfertigt erscheinen. Dem Abg. Rickert , ich darin zu, daß die Ausweisung pol— nischer Arbeiter eine rbeiterngth in den östlichen Provinzen herbei⸗ geführt hat, Ich habe seiner Zeit selber auf diefe Eventualität hin— gewiesen. Es fällt uns gar nicht ein, das deutsche Element zu be— kämpfen. Trotzdem haben wir gestern von dem preußischen Cultus⸗ Minister eine Rede gehört, die uns tief kränken mußte. Sonderbar: wir unterstützen die socialen und wirthschaftlichen Bestrebungen der ver⸗ bündeten Regierungen, und man nimmt unsere Mithilfe fehr gern in Anspruch, aber in dem Mitgenuß der bürgerlichen Rechte stellt man uns in, die Kategorie der Staatsbürger zweiter Klaffe.

Abg. Freiherr von Hamm erstein (deons. ):; Die Fiction des Abg. Dr. Barth, daß kleiner und großer Grundbesitz nicht identisch seien, nochmals zu widerlegen, habe ich in dieser späten Stunde keine Lust. Die nächsten Tage vielleicht werden Sie schon belehren, wie man in den Kreisen des kleinen Grundbesitzes über diese Frage denkt, bei einer etwaigen Auflösung wollen wir weiter darüber reden. Wenn ich recht unterrichtet bin, so sind die Freisinnigen nicht ohne ernste Besorgniß, daß bei einer etwaigen Auflösung die jetzt mit elementarer Gewalt sich geltend machende agrarische Bewegung und die ihnen an manchen Orten unbequeme antisemitische Bewegung für ihren Besitzstand an Mandaten nicht ohne Gefahr sein wird. Wenn der Abg. Br. Barth ein hervorragender Kenner der wirthschaftlichen Literatur sein will, dann hätte er wenigstens, als er den Versuch machte, wenn nicht den kleinen gegen den großen Grundbesitz, so doch den ländlichen Arbeiter gegen die Arbeitgeber aufzuhetzen EPräsident von Levetzow rügt diesen Ausdruck als unparlamentarisch) ich nehme den Ausdruck zurück und sage: anzuregen dann hätte er die Untersuchungen des Vereins für Socialpolitik hier nicht ganz unterdrücken sollen. Es wird dort festgestellt, daß da, wo die alten patriarchalischen Verhältnisse auf, dem Lande noch in Blüthe sind, der standard ef life, die ganzen äußeren Verhältnisse der Arbeiter die bei weitem besten in ganz Deutschland sind und den Vergleich gus⸗ halten mit den höher gelohnten Industriearbeitern. (Zuruf des Abg. Dr. Barth. Warum gehen sie denn fort? Weil sie verleitet werden; weil sie von den Agenten aus den großen Städten in die Städte gelockt werden, wo sie . nachher arbeitslos umhertreiben. Wenn eine kaufkräftige Landwirthschaft, die Grundlage einer gedeih⸗ lichen Staatswirthschaft ist, wie sich der Staatssecretär aus— drückte, dann verstehe ich i warum die verbündeten Re⸗ gierungen 1887 eine Zollerhöhung auf 6 6 verlangten mit dem Hinweis, die . dürfe nicht unter den Productionskosten verkaufen und könne ohne diesen hohen Zoll nicht existiren. Ist das richtig, dann muß die Herahsetzung des Zolles die Kaufkraft der Landipirthschaft verringern und die Landwirthschaft zu Grunde richten. Man mag für die Handelsverträge politische Gründe anführen, welche man will; aber man führt, wenn auch vielleicht mit dem größten Bedauern, so doch mit sehenden Augen den Ruin der Landwirthschaft herbei. Noch eine persönliche Be⸗ merkung; Ich bin nicht gewohnt, Aeußerungen der „Kreuzzeitung“ hier persönlich zu vertreten. Ich werde deshalb auf die Angriffe des , Freiherrn von Marschall, welche er merkwürdiger⸗ weise als eine Antwort auf eine lange sachliche Rede meines Fractions= genossen machte, nicht antworten. Darauf wird die „Kreuzzeitung“ antworten. . . ;

Gegen 5 Uhr wird die Weiterberathung auf Mittwoch 1 Uhr vertagt.

ruch n Vortheile dieser Auf⸗

Der dem Reichstag zugegangene Entwurfeines Ge⸗ setzes, betreffend einige Abänderungen und Ergänzungen der w, . vom 27. Juni 1871 und vom 4. April 1854, sowie des Reichs-Beamtengesetzes vom 31. März 1873 und des Gesetzes über den Reichs⸗ Invalidenfonds vom 11. Mai 1877, lautet:

Die Gesetze vom 27. Juni 1871 Ee. 8. Gesetzbl. S. 275) und vom 4. April 1374 (Reichs. Gesetzbl. S. 25), betreffend die Pensio⸗ nirung und Versorgung der Milikärpersonen des Reichsheeres und der , , . Marine, sowie die Bew ngen für die Hinterbliebenen olcher Personen, und vom 31. März 18e (Meichs. Gesetzbl. S. 61)

etreffend die Re r nn, e der Reichsbeamten, sowie ferner das Gesetz über den Reichs Invalidenfonds vom 11. Mai 1877 Reichs.

erheben wii ö. sind aber sicher, daß sie für den übrigen Theil

A. 5 und im Offizierrang stehende Militärärzte.

Artikel J.

An die Stelle der 55 58, 16 des durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. April 18586 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 78) abgeänderten 5 21 und des 5 29 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 treten, unter Fortfall des 5 3 des Gesetzes vom 4. P folgende Vorschriften:

Die Offiziere und im Offtzierrang stehenden Militärärzte des Beurlaubtenstandes, sowie die ohne Pension ausgeschiedenen, zum activen Militärdienst vorübergehend wieder herangezogenen Offiziere und im Offizierrang stehenden ilitärärzte erwerben den Anspruch auf eine Pension nicht auf Grund der Dienstzeit, sondern lediglich durch eine im Militärdienst erlittene Verwundung oder Beschädigung (5858 2 und 3). Die Bewilligung ist nur statthaft, wenn der Anspruch inner⸗ halb sechs Jahren nach der Entlaffung, von der Dienstleistung, bei welcher sie die Verwundung oder Beschädigung erlitten haben, geltend gemacht wird (5 29). 816

Die B

etatõmãß

z

An die Stelle der 55 32, 33, des ersten Satzes des § 34, sowie an Stelle der 35 und 37 des Gesetzes vom 25. Juni 1871 treten folgende Vorschriften:

§ 32

Das Recht auf den Bezug der Pension einschließlich der Pensions⸗ erhöhungen erlischt:

a. ö den Tod des Pensionärs,

b. durch , Verurtheilung wegen Hochverraths, Landes⸗ verraths, Kriegsverraths oder wegen eines der in den §S§ 1 und 3 des Gesetzes gegen den Verrath militärischer Geheimnisse bezeichneten Verbrechen. ö

8 553

Das Recht auf den Bezug der eigentlichen Pension ruht:

a. wenn der Pensionär das deutsche Indigenat verliert, bis zu

etwaiger Wiedererlangung desselben;

b, mit der Wiederanstellung im getiven Militärdienst während ihrer Dauer, in Höhe des gewährten Diensteinkommens;

e. wenn und solange der Pensionär im Reichs⸗ oder im Staats⸗

dienst ein Diensteinkommen bezieht, insoweit als der Betrag dieses Diensteinkommens unter Hinzurechnung der Pension, aus— schließlich der Pensionserhöhungen, den Betrag des vor der Pensioni⸗ rung bezogenen pensionsfähigen Diensteinkommens übersteigt; d. wenn gegen den Pensionär wegen Hochverraths, Landesverraths, Kriegsverraths oder wegen eines der in den S8 1 und 3 des Gesetzes gegen den Verrath militärischer Geheimnisse bezeichneten Verbrechen vor einem Civilgericht die öffentliche Klage erhoben oder im militär gerichtlichen Verfahren die Einleitung der Strafverfolgung angeordnet ist, so lange der Pensionär sich im Auslande aufhält oder sein Auf— enthalt unbekannt ist. Die einbehaltene Pension wird ausgezahlt, wenn der . rechtskräftig freigesprochen ist oder dem straf⸗ gerichtlichen Verfahren wegen unzureichender Verdachtsgründe oder wegen mangelnder Strafbarkeit keine weitere Folge gegeben wird.

„Hat in den Fällen der Litt. das vor der Pensionirung be— zogene pensionsfähige Diensteinkommen nicht über 3000 M jährlich betragen, so ruht das Recht auf den Pensionsbezug nur, insoweit das, Civildiensteinkommen unter Hinzurechnung der Pension, aus⸗ schließlich der Pensionserhöhungen, . Betrag übersteigt.

(Erster Satz. Das Recht auf den Bezug der Pensionserhöhungen (85 12 und 13) ruht in den Fällen des 5 33 ö ö. und d.

Erdient ein Militẽrpensiond im Reichs oder Staatsdienst eine Civilpension, so erhält derselbe an Stelle diefer Givil⸗ pension, die ganze früher erdiente Militärpension sofern sie lebenslänglich zuerkannt war wieder aus Militärfonds und daneben den etwaigen Mehrhetrag der Civilpension aus dem betreffenden Civilpensionsfonds. Die gesetzlich zuständigen, im Militärdienst er⸗ worbenen Pensionserhöhungen 1§§ 12 und 9 bleiben bei . Be⸗ rechnung außer Betracht und sind stets aus Militärfonds zahlbar.

Das gleiche Verfahren findet statt, wenn ein mit lebenslänglicher Pension aus dem Militärdienst geschiedener, demnächst bei der Gendarmerie eines Bundesstaats oder . angestellter Offizier mit einer nach den für die Offiziere des Reichsheeres geltenden Vorschriften bemessenen Pension in den Ruhestand versetzt wird. Die zuständige Pensionserhöͤhung gemäß 12 wird in diesem Falle nach der Gesammtpension gen ge .

§ 37.

Die Einziehung, Kürzung oder Wiedergewährung der Pension auf Grund der Vestimmungen in den S8 32 bis 35 tritt mit dem Beginn deßienigen Menats ein, welcher auf das, eine solche Veränderung nach sich . Ereigniß folgt.

Im Falle vorü . Beschäftigung im Reichs oder Staats⸗ dienst gegen Tagegelder oder eine anderweite Entschädigung wird die Pension * die ersten sechs Monate dieser Beschäftigung unverkürzt, dagegen vom siebenten Monat ab nur zu dem nach den vorstehenden Bestlmmungen zulässigen Betrage gewährt.

; . Artikel 3.

Die Vorschrift des 8 36 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 tritt außer Kraft.

B. rn , der Unterklassen. . rtikel 4.

Bei der Versorgung der Militärpersonen der Unterklassen findet eine Doppelrechnung der Kriegssahre nach Maßgabe des 5 33, fowle der Seereisen nach Maßgabe des durch Artikel f und 11 des Gesetzes vom 24. März 1887 (Reichs ⸗Gesetzbl. S. 149) abgeänderten S 50 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 statt.

D 4. behufs dee, des Eivilverforgung, invalide Unterofficiere gemäß 5 10 Absatz 1 des Hesetzez vom 4.

1874. ( Artikel 5. ; Die im 7! des Gesetzes vom 27. Juni 1871 bezeichnete Pensionszulage Kriegszulage . ö auf 9 M erhöht.

ikel 6. Die Vorschriften des 5 75 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 finden nur auf die als dauernd versorgungsberechtigt anerkannten In- validen Anwendung. Artikel .

An die Stelle des 5 76 des Gesetzes bom 27. Juni 1871 und des 5 11 des Gesetzes vom 4. April 1874 treten, unter Fortfall des § 12 des letzteren Gesetzes, folgende Vorschriften:

§ 76 des Gesetzes vom 27. Juni 1871. .

Invalide, welche an der Epilepsie leiden, dürfen den Civil⸗ versorgungsschein nicht erhalten. . .

Den zum givilversorgungsschein berechtigten, aber wegen Epilepsie oder anderer körperlicher Gebrechen zur Verwendung im Civildienst untauglichen Invaliden wird für den Fall, daß die Unfähigkeit zur Verwendung im Civildienst in dem Zeitraum eines Jahres entweder nach der Anerkennung des Anspruchs auf den Civilversorgungsschein oder nach der erfolgten Aushändigung desselben sich ergiebt, an Stelle des Civilversorgungsscheins eine . von 12 * monatlich Gulage für Nichtbenutzung des Jivilversorgungsscheins) gewährt.

Neben einer auf Grund des § 72 zuständigen Verstümmelungs⸗ zulage ist die Zulage für Nichtbenutzung des Civilversorgungsscheins nur im Betrage von 9 MS monatlich zu gewähren.

§z 11 des Gesetzes vom 4. April 1874. .

Ganzinpaliden, deren Invalidität durch eine in dem Kriege von 1870171 erlittene Dienstbeschädigung herbeigeführt worden ist und welche Anspruch auf den Civilverforgungsschein haben, wird nach ihrer Wahl an Stelle des Civilversorgungsscheins eine Pensionszulage hon 6 6 mongtlich gewährt (Anstellungsentschädigung). ;

Das Recht zur Wahl erlischt ein Jahr nach der erfolgten An⸗ erkennung der Invalidität, beziehungswelsse durch Annahme des Civil- n , , . vor Ablauf dieser Frist.

Die Anstellungsentschädigung und die Zulage für Nichtbenutzung des Civilversorgungsscheins dürfen nicht nebeneinander bezogen werden.

In dem Falle des § 74 des Gesetzes vom 2. Juni 15871 ist die Anstellungsentschädigung beziehungsweise die Zulage für Nichtbenutzung des Civilversorgungsscheins neben einer dem gesammten Dienstein⸗ kommen gleichkommenden Pension zahlbar.

Artikel 8. Die Vorschrift des 8 80 des Gesetzes vom 2. Juni 1871 tritt außer Kraft. Artikel 9.

Die nachstehend bezeichneten Fristen werden wie folgt erweitert: I) die des § 82 des Gesetzes bom 27. Juni 1871

unter B auf sechs Jahre,

unter 9 auf ein Jahr, 2) die des z S3 jenes Gesetzes, sowie 3) die des 5 13 Aksatz 1 des Gesetzes vom 4. April 1874

auf je sechs Jahre.

Artikel 10.

1) Die auf Grund erlittener Dienstbeschädigung (5 59 des Ge⸗ setzes vom 27. Juni 1871) als versorgungsberechtigt anerkannten Invaliden erhalten bei späterer in ursächlichem Zusammenhange mit der Dienstbeschädigung stehender Steigerung ihrer Invalidität be⸗ ziehungsweise Erwerbsunfähigkeit die dem Grade derselben entsprechende Pension ohne Einschränkung auch dann, wenn die Steigerung erst . der im Artikel 9 dieses Gesetzes festgesetzkten . eintritt.

Bezüglich der übrigen als versorgungsberechtigt anerkannten In⸗ validen ist eine Steigẽrung der Penstonsgebührnisse nach der Ent⸗ lassung aus dem activen Dienste ausgeschlossen.

2 Die Vorschriften der 55 34, 85, 86 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 treten außer Kraft.

Artikel 11.

An die Stelle der 85 100, 101, 193 und 106 des Gesetzes vom

27. Juni 1871 treten folgende .

Das Recht auf den Bezug der Pension einschließlich der Pensions⸗ zulagen erlischt:

I durch den Tod,

2 im . temporärer Anerkennung mit Ablauf der Zeit, für welche die Bewilligung erfolgt war,

3) sobald das Gegentheil der Voraussetzungen erwiesen ist, unter denen die Bewilligung der Competenz stattgefunden hat,

H durch rechtskräftige Verurtheilung wegen Hochverraths, Landes verraths, Kriegsverraths oder wegen eines der in den 1 und 3 des 8. gegen den Verrath militärischer Geheimnisse bezeichneten Ver⸗

rechen.

§ 101. Das Recht auf den Bezug der Invalidenpension einschließlich sämmtlicher Zulagen ruht: .

a. wenn der Pensionär das deutsche Indigenat verliert, bis zu etwaiger Wiedererlangung desselben;

b mit der Wiederanstellung im activen Militärdienst während ihrer Dauer;

. wenn gegen den Pensionär wegen Hochverraths, Landes- verraths, Kriegsberraths oder wegen eines der in den §§5 1 und 3 des Gesetzes gegen den Verrath militärischer Geheim- nisse bezeichneten Verbrechen vor einem Civil gericht die öffent⸗ liche Klage erhoben oder im militärgerichtlichen Verfahren die Ein= , der Strafverfolgung angeordnet ist, solange der Pensionär 5 im Auslande aufhält oder sein Aufenthalt unbekannt ist. ie einbehaltene Pension wird ausgezahlt, wenn der Penstonär rechtskräftig freigesprochen ist oder dem fr inen Verfahren wegen unzu⸗ reichender Verdachtsgründe oder wegen mangelnder Strafbarkeit keine weitere Folge gegeben wird. ;

i gt das Diensteinkommen eines im Civildienst angestellten oder beschäftigten Pensionärs nach Abzug des etwa mikteinbegriffenen Betrages zu usgaben für Dienstbedürfnisse nicht den doppelten Be—= trag der Invalidenpension, ausschließlich der Penstons. und Ver⸗ stümmelungszulagen, oder

a. bei einem Feldwebel nicht 1290 90 rgeanten oder Unteroffizier nicht.. 750 .

einer Militärperson des AUnteroffizierstandes,

welche sich mindestens 12 Jahre im activen Militär-

n,, e o wird dem Pensionär, je nachdem es günstiger für ihn ist, die Pension bis ö Erfüllung des Doppelbetrags oder big zur Erfüllung jener Sätze belassen.

S 106. Unter Civildienst im Sinne des vorstehenden 6 Dienst y, jede ,,. eines e

aragraphen ist e eamten zu ver⸗ teben, für welchen ein Entgelt (die Naburalien nach ihrem Ged. werth gerechnet) aus einer öffentlichen Reichs. oder Staats kasse direct oder indirect gewährt wird; ferner der Dienst bei solchen Insti welche em oder zum theil aus Mitteln des Reichs oder Staats re r,, Gigenschest ; ien ngen, in welchen dem Pensionär die Eigen ; eines Beamten 24 beg t ist, gegen stückweise Bezahlung, gegen Boten, Tage oder 166 oder bloßen Copialienverdienst gehören nicht hierher. Artikel 12.

An die Stelle des ersten Abfatzes des 5 77, sowie an die Stelle

der S8 10 und 108 des Gesetzes dom V. Juni 1551 treten,

ee, des 16 des GeseKeg vom 1. Apa zt, folgende Vor. chriften: