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Anträgs zu wirken; er braucht nur die früheren Bestimmungen, 1 ge 1881 in Deutschland und in der Schweiz Gestung hatten, wieder einzuführen. Danach hatten die auf den Schweizer Uni⸗ 1 . her, e das Recht, in Deutschland zur
robation zugelassen zu werden. .
. Abg. ge gf (Rp.); Die geistige Capageität der Frau steht
ewiß fo hoch wie die des Mannes; im ärztlichen Beruf handle es ich vor allem um Thatkraft, Ginsicht und. Sachlichkeit. In dem Gefühleleben der Frau sei begründet, daß ihre Urtheilskraft zu sehr dem Gefühl unterworfen ist. Im allgemeinen stehe ich auf dem Standpunkte des Abg. Dr. Endemann; wir werden gut thun, den Antrag abzulehnen. .
e hien rt (ofr.): Ich bedauere, daß der Abg. Dr. Endemann von einer Zweckmäßigkeitsfrage spricht. Er begiebt sich da auf die ehr schiefe Ebene, Naturrechte von Zweckmäßigkeitserwägungen ab⸗ gl zu machen. Ich fürchte die Consequenzen der Petitionen der
rauenvereine nicht. Was mir nicht gefällt, ist das von dem Staattz⸗ n Dr. von Boetticher angeregte Competenzbedenken. Da wir doch noch einmal auf die ganze Sache zurückkommen müssen bei der Verhandlung über die Petitionen, so beantrage ich, sie heute von der Tagesordnung abzusetzen. . .
Abg. Dr. . (dfr.) erklärt eller damit einverstanden. . ⸗ . ö Abg. 1 (Centr) will die Debatte ihren Verlauf nehmen lassen.
In der Abstimmung wird die weitere Antrags, n dem Antrage Rickert,
sich namens der Antrag⸗
Berathung des abgesetzt, das ebenso
Kapitel „Gesundheitsamt“ unverändert bewilligt,
ohne Debatte das Kapitel Patentamt“. Es folgt das Kapitel „Reichs-Versicherungs amt“.
Abg. Roe sicke (b. k. F) bittet zunächst die verbündeten Re⸗ . dem Reichstage auch die Berichte der einzelnen Landesber⸗ i
erungsämter zugänglich zu machen. Er erwähnt dann, daß der
. , und Communalverbände für berech⸗ aus einer Berufsgenossenschaft auszuscheiden, nach⸗ dem ihre Leistungsfähigkeit einmal anerkannt. Redner bestreitet die Competenz des Reichskanzlers und des Bundesraths zu solchen Entscheidungen. Competent dazu sei allein das Reichs Versicherungs⸗ amt. In den Communalverbänden, welche hei Tiefbauten Arbeitgeber sind, stellt es sich praktisch so, daß der Arbeitgeber über Ansprüche bes Arbeiters zu entscheiden hat. Das liegt nicht im Interesse der Arbeiter, welche ihr Recht besser bei einer objectiv ent⸗ scheidenden Behörde, also bei der Berufsgenossenschaft finden. Was die Verhütung der Unfälle betrifft, so, hat der Abg. Wurm auf die in neuerer Zeit gestiegenen Unfälle hingewiesen und dabei den Berufsgenossenschaften mit Unrecht Vorwürfe gemacht. Sie haben die Unfallverhütungsvorschriften durchweg, erlassen, und es liegt in ihrem eigenen Interesse, nicht bloß die Unternehmer, welche sich dagegen vergehen, höher zum Tarif heranzuziehen, sondern sie auch mit Strafen zu belegen. Für die gute Bewährung der erlassenen Ver⸗ hüätungsvorschriften braucht man nur die Zeugnisse der Fabrikinspectoren anzuziehen. Die große Vermehrung der Zahl der Unfälle liegt hauptsächlich an der Vergrößerung der Zahl der versicherten Personen; es ist nicht richtig, 16 die Zahl der gemeldeten Unfälle, an sich zugenommen hat. Die Höhe der Entschädigungssumme ist aller. dings gestiegen, die Zahl der schweren Unfälle ist seit 386 ziemlich gleich geblieben; was in dieser Hinsicht früher die Abgg— Möller und Freiherr von Stumm gesagt haben, ist nicht ganz zutreffend.
Königlich bayerischer Bevollmächtigter zum Bundetrath Ober⸗ Regierungs⸗Rath Landmann: Der Bundesrath hat sich für competent erachtet, das Ausscheiden von Staatsbetrieben und Communalverbänden aus der Tiefbaugenossenschaft zu verfügen; denn nach 8 12 des Gesetzes unterliegen Veränderungen des Bestandes einer Berufegen ossenschaft der Entscheidung des Bundesraths. Der Reichskanzler hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Desgleichen sind die größten Staaten, Preußen, Bayern, Württemberg, zu derselben Meinung gekommen: Fommunalverbände, wenn sie von ihren Landesregierungen für leistungsfähig erklärt worden sind, aus dem Verbande der Berufs⸗ genossenschaft, ausscheiden zu lassen. Auch materiell liege gar kein Bedenken gegen dies Verfahren vor; die Tiefbau⸗Berufsgenossenschaften gehören zu den bestfundirten, und der Abg. Roesicke sieht unnöthiger⸗ weife in dieser Beziehung schwarz. ; ;
Abg. Wurm (Soc) führt die colossale Zunahme der Unfälle in den gewerblichen Betrieben darauf Zurück, daß das Unternehmer⸗ thum im kapitalistischen Interesse die Schußvorschriften nicht beachte. Menschen seien der Industrie lange nicht so viel werth als Dampf⸗ keffel u. s. w. Bei der übermäßigen Arbeitszeit, der Accordarbeit unb dem schlechten Lohne sei es kein Wunder, wenn die Unfälle so zunehmen. Wären die Socialdemokraten nicht im Reichstag, es wäre zu Gunsten der Arbeiter nichts geschehen. Seine Partei würde sich in ihrer Kritik der Thätigkeit der Berufsgenossenschaften nicht be⸗ irren lassen. ö ⸗
A6 Mer bach (Rp) protestirt dagegen, daß nur auf An⸗ regung der Socialdemokraten etwas für die Arbelter geschehen sei. Lebhafter Beifall.) ö . ; ahr Vollrath (dfr): Man hat sämmtliche in den Buregux der Berufsgenossenschaften angestellten Beamten n , machen wollen, mit Ausnahme der Assessoren. Darunter befinden si aber auch manche Beamten, welche ein Gehalt von 2000 06 und mehr beziehen und sich durch diese Verpflichtung beschwert fühlen. Sie e, . den Anfpruch, auf Grund einer Ausnahmebestimmung des Gesetzes von dieser Pflicht enthoben zu werden.
Staatssecretär Dr. von Boetticher:
Die Beamten, von denen der Herr Vorredner gesprochen hat, sind als Betriebsbeamte anzusehen und unterliegen deshalb nach § 1 des Invaliditäts ! und Versicherungsgesetzes dem Versicherungszwang. Wenn für sie eine Befreiung von der Versicherungspflicht begehrt wird, so ist diese Befreiung nur auf dem Wege des 8§ 7 herbei⸗ zuführen, also durch einen Beschluß des Bundesraths. Dieser Beschluß des Bundesraths kann aber wiederum nach dem Wortlaut des 87 nur auf Antrag gefaßt werden. Es wird also Sache der— jenigen Personen, welche die Befreiung der bezeichneten Beamten von der Versicherungspflicht wünschen, sein, an den Bundesrath sich mit einem Antrag zu wenden. Bisher ist ein solcher Antrag nicht eingegangen.
Abg. Vollrath (fr) spricht nach dieser entgegen kommenden Erklärung des Staatsseeretärs die Hoffnung aus, daß ein Antrag der betheiligten Beamten berücksichtigt werden wird.
Staatssecretär Dr. von Boetticher:
Ich kann ja selbstoerständlich nicht sagen, wie der Bundeßrath einen solchen Antrag aufnehmen wird; auf meine eigene Neigung allein kommt es nicht an. Aber das kann ich sagen, daß ein solcher Antrag, wenn er einmal eingebracht worden ist, nach allen Richtungen hin wohlwollend geprüft werden wird, und wenn die Verhältnisse so liegen, daß es im Interesse der betreffenden Beamten liegt, von der Versicherungspflicht ausgenommen zu werden, so wird voraussichtlich kein Bedenken gegen die Annahme des Antrages entstehen.
Abg. Au er (Soc) klagt darüber, daß die von Unfällen Betroffenen sehr schwer zu her z te kommen. fr. schildert einen Fall, wo die betreffende Person Jahre lang auf die Entscheidung der Behörden hat warten müßsen. Man sagt, daß die Behörden mit Arbeit über. lastet seien. Bem wöidersprechen aber die Thatsachen, daß Termine verschoben werden, bis mehrere en. gleichzeitig erledigt werden können. Diesem Uebelstand muß abgeholfen werden. Wenn jemand drei Jahre auf die Rente warten müsse, so habe die ganze Ver⸗ sicherung keinen Zweck.
deichskanzler die tigt erklärt hat,
Staatssecretär Dr. von Boetticher:
Meine Herren! Ich nehme gar keinen Anstand, die Frage des Herrn Vorredners, die er an mich gerichtet hat, dahin zu beantworten, daß ein solches Verfahren, wie es eingeschlagen ist in dem von ihm vorgetragenen Falle, — vorausgesetzt, daß die Thatsachen richtig sind, und daran habe ich keinen Grund zu zweifeln, — dem Geiste und Sinne des Unfallversicherungsgesetzes in keiner Weise entspricht.
Aus dem Vortrage des Herrn Vorredners habe ich allerdings nur insofern eine bedauerliche Verzögerung entnehmen können, als aus⸗ gesprochenermaßen das Schiedsgericht die rechtzeitige Anberaumung des Spruchtermins zweimal aus dem Grunde unterlassen hat, weil noch nicht genug Stoff für eine Spruchsitzung vorliege. Im übrigen glaube ich nicht, daß ein Fehler gegenüber den Vorschriften des Gesetzes begangen ist. Denn wenn auch der Mann, um den es sich in diesem Fall handelt, im Jahre 1890 die Rente für völlige Erwerbsunfähigkeit als Entschädigung für die Folgen des ihm widerfahrenen Unfalls zu⸗ gesprochen erhalten hat, so ist doch nach dem Unfallversicherungsgesetz die Berufsgenossenschaft durchaus berechtigt gewesen, falls Verände⸗ rungen in seinem Gesundheitszustand und in seiner Arbeitsfähigkeit eingetreten sind, die Sache wieder aufzunehmen und ihm die Rente ganz oder theilweise wieder zu entziehen, natürlich vorbehalt— lich der richterlichen Entscheidung im Instanzenzug über die Frage, ob diese Entziehung berechtigt gewesen ist oder nicht. Nach dieser Richtung hin trifft also die Berufsgenossenschaft kein Vorwurf, sofern thatsächlich die Voraussetzungen der Zuerkennung der Rente später in Wegfall gekommen sind und der Mann in die Lage versetzt worden ist, ungeachtet des Unfalls wieder seinen Erwerb zu finden.
Dagegen ist es, wie ich schon gesagt habe, durchaus zu mißbilligen, daß die Verzögerung in der Anberaumung des Spruchtermins einge— treten ist. Es ist allerdings richtig, daß zu einer solchen Verzögerung in gewissem Maße unsere Gesetzgebung einen Anlaß bietet. Wir sind ja bei der Unfallversicherunggesetzgebung davon ausge⸗ gangen, daß es sich empfehle, die Entscheidungen abgeben zu lassen durch Berufsgenossen der betreffenden Arbeiter, die bei den Renten— ansprüchen in Frage kommen, und dadurch ist es gekommen, daß ein⸗ zelne von den Schiedsgerichten, die wir gebildet haben, außerordentlich wenig zu thun haben, daß hier ein Arbeitsmangel, wie sich der Herr Vorredner ausgedrückt hat, eintritt. Es liegt in der Natur der Sache, daß die Berufsgenossenschaften der Kosten wegen im allgemeinen darauf Bedacht nehmen, die Beisitzer des Schiedsgerichts nicht allzu häufig und nicht um einer einzelnen Spruchsache willen, vielleicht aus weiter Entfernung einzuberufen. Das ist an sich ja nicht zu tadeln; aber sit modus in rebus, das darf nicht soweit gehen, daß eine Entscheidung über einen Anspruch monatelang ungebührlich verzögert wird. (Bravo! links.) Wenn wir uns über die Novelle zum Unfallversicherungsgesetz, die ja jetzt im ersten Entwurf fertiggestellt ist, demnächst unterhalten werden, werden wir auch über diese Frage zu sprechen haben und werden viel⸗ leicht dazu kommen, einer anderen Einrichtung den Vorzug zu geben, bei der die einzelnen Schiedsgerichte einen größeren Geschäftskreis erhalten und ihre Sitzungen in kürzeren Zeitabschnitten abhalten können.
Im übrigen beklage ich, daß der betreffende Arbeiter nicht sofort, nachdem er den ablehnenden Bescheid in Bezug auf die Anberaumung des Termins empfangen hat, Beschwerde beim Reichs⸗-Versicherungsamt eingelegt hat. Das Reichs-Versicherungsamt hat in Bezug auf den Geschäftsbetrieb bei den Schiedsgerichten auf Beschwerden zu ent⸗ scheiden, und ich zweifle nicht, daß es für Beschleunigung gesorgt haben würde.
Uebrigens kann ich Ihnen mittheilen, daß auch schon innerhalb der preußischen Verwaltung derartige Klagen über die Verzögerung schiedsgerichtlicher Entscheidungen vorgekommen sind, und daß diese Klagen dem Königlich preußischen Handels⸗Minister Veranlassung ge⸗ geben haben, durch ein Rundschreiben darauf hinzuwirken, daß künftig in einem schnelleren Tempo bei den Schiedsgerichten verfahren wird.
Um 5ê½ Uhr wird die Weiterberathung auf Freitag 1 Uhr vertagt.
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
37. Sitzung vom 23. Februar.
erte n der zweiten Berathung des Staats⸗ haushalts-Etats für 1893593, und zwar des Etats des Ministeriums der geistlichen zc. Angelegenheiten.
Ueber den Beginn der Sitzung ist bereits in der Nummer vom Donnerstag berichtet worden.
Bei der Berathung der Ausgaben für die Kreis⸗-Schul⸗ inspectoren nimmt nach dem Abg. Da uzenhberg, über dessen Rede bereits berichtet ist, das Wort der Minister für die geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Der Herr Abg. Dauzenberg hat mich für die jetzigen Zustände auf dem Gebiet der Kreis⸗Schulinsperction nicht ver⸗ antwortlich gemacht, er hat mit Recht gesagt, daß das eine Erbschaft sei, die ich vorgefunden hätte; er hat mir aber doch einen nicht ge⸗ ringen Theil von Mitschuld daran zugeschoben. Ich übernehme voll die Verantwortung für diese Mitschuld und bemerke, daß, wenn ich mich auch den Erwägungen, zu denen der Herr Vorredner mich auf⸗ gefordert hat, nicht verschließen will, meine bisherigen Erfahrungen doch das Bild keineswegs in dem trüben Licht erscheinen lassen, in welchem er es soeben gezeichnet hat.
Es ist richtig, daß die Institution im wesentlichen in schweren Zeiten des Gegensatzes begonnen hat; und da vermag in den ersten Zeiten auch wohl manche politische Rücksicht untergelaufen sein. Aber das sind vergangene Zeiten.
Entwickelung richtig bezeichnet hat.
Meine Herren, die Schulaufsichtsfrage, soweit es sich um die Kreisschulaufsicht handelt, ist in der That gar keine Culturkampffrage, sie ist im wefentlichen eine technische Frage, und nur von diesem
eine solche Theilung auch ihre Grenzen hat.
Gegenwärtig geschieht das nicht mehr. Schon der verstorbene Minister von Ladenberg, der doch wohl auch dem Herrn Vorredner als ein unparteiischer Zeuge gelten wird, hat seiner Zeit bemerkt, daß die Verhältnisse unseres Schulwesens allmählich dahin führen würden, daß die Schulaufsicht in der Kreis⸗ instanz hauptamtlich von besonders dazu angestellten Beamten aus⸗ geübt werden müsse, die einestheils technisch genügend geschult seien und anderentheils ihre ganze Kraft auf diese große Aufgabe verwen—⸗ deten. Ich glaube, daß er damit im ganzen und großen den Weg der
Was die zahlreichen Bezirke anlangt, in denen nach der Dar« stellung des Herrn Abg. Dauzenberg die Kreis⸗Schulinspection noch im Nebenamt verwaltet wird, und die er als wesentlich evangelisch be⸗ zeichnet hat, so mache ich darauf aufmerksam, daß die Bezirke der nebenamtlichen Kreis⸗Schulaufsichtsbeamten kleiner sind als die der hauptamtlichen. Das liegt in der Natur der Dinge. Deshalb haben aber auch diese großen Zahlen nicht die Bedeutung, die ihnen der Herr Vorredner beigelegt hat. Es ist ganz natürlich, daß wir ver⸗ hältnißmäßig viel mehr derartige Bezirke haben. (Zuruf: Provinzen h — Darauf komme ich noch. Wenn aber der Herr Abg. Dauzenberg vorschlägt, die Bezirke noch mehr zu theilen und überall wieder zu der geistlichen Kreisschulaufsicht zurückzukehren, so bemerke ich, daß Ein Schulaufsichts— beamter in der Kreisinstanz muß eine größere Zahl von Schulen unter sich haben, schon um durch Vergleich der verschiedenen Schulen in die Lage versetzt zu werden, alle die Verhältnisse, die unter seiner Verantwortlichkeit geregelt werden, richtig beurtheilen zu können. Also bis in insinitum theilen können wir nicht. Andererseits mache ich darauf aufmerksam, daß in einer ganzen Reihe von Bezirken, allerdings vorwiegend evangelischen, wir von Seiten der Geistlichen selbst aufgefordert worden sind, die hauptamtliche Kreis⸗Schulaufsicht einzuführen, und zwar um deswillen, weil die Geistlichen erklärt haben: neben unseren seelsorgerischen Pflichten, die heutzutage gegenüber unseren socialen Verhältnissen in ungeahnter Weise gewachsen sind, sind wir vollkommen außer stande, die Kreis⸗Schulinspectien mit der⸗ jenigen Gewissenhaftigkeit und demjenigen Erfolge wahrzunehmen, die sie verdient und die auch der Staat von uns fordern muß. Das ist namentlich in Westfalen in einer ganzen Reihe von Bezirken der Fall gewesen. Auch von einem katholischen Geistlichen haben wir kürzlich auf unsere Aufforderung, eine hauptamtliche Kreis⸗Schulinspection zu übernehmen, eine abschlägige Antwort bekommen. Wir können also nicht immer so, wie wir wollen.
Nun, meine Herren, ist es nicht richtig, wenn der Herr Abg. Dauzenberg der Meinung ist, alle Kreis⸗Schul⸗ inspectoren im Hauptamt, namentlich in katholischen Bezirken, seien Persönlichkeiten, die man als zum Culturkampf geneigt betrachten müsse. (Zuruf) Meine Herren, das ist einfach nicht richtig. Wir haben jedenfalls nicht die Tendenz, eultur⸗ kämpferische Elemente in diese Aemter hineinzubringen. Im Gegen— theil, wir wünschen, daß sie im Frieden mit der Kirche ihre Aufgabe erfüllen, und wir suchen das Gegengewicht gegen die weltliche Kreis⸗ Schulaufsicht in der durch Geistliche geübten Orts-Schulaufsicht da, wo sie nöthig ist.
Den Beweis, daß die Kreis⸗Schulinspectoren in der Hauptsache geneigt seien, in religiöser Beziehung einen negativen Stand— punkt einzunehmen, möchte ich doch erst einmal erwarten. Unfere Erfahrungen sprechen dagegen. Und ich persönlich erkläre mein Einverständniß mit dem Abg. Dauzenberg: auch ich kann nur wünschen, daß der Kreis⸗-Schulinspector ein durch und durch religiöser Mann ist.
Nun aber ist der Vorschlag, den der Herr Abg. Dauzenberg gemacht hat, die Kreis⸗Schulinspectionen einfach wieder aufzuheben, so lockend es finanziell sein mag, doch gar nicht mehr ausführbar. Seit vielen Jahren haben wir diese Institution in unsern Organismus eingefügt, und sie hat denn doch auch bereits Verhältnisse geschaffen, die eine Rück— kehr zu den früheren Einrichtungen völlig ausschließen. Wir würden auch gerade auf dem Gebiet der Kreis⸗Schulinspection in die größste Ver— legenheit kommen, die rechten Leute für die rechte Stelle zu finden. Ich erinnere den Herrn Abg. Dauzenberg nur an die ungeheuren Schwierigkeiten, auf die wir bei der Wahrnehmung der Schulaufsicht in den Bergwerksbezirken und in den Industriebezirken stoßen, und ich frage, ob Sie wirklich annehmen, daß wir da mit kleinlichen cultur⸗ kämpferischen Hinterrücksmaßregeln etwa die Kreis-Schulinspectionen einführen? Nein, wir führen sie ein, weil da Männer nothwendig sind, die ihre ganze Kraft auf die schwere Aufgabe der Kreis⸗Schul⸗ aufsicht concentriren.
Ueber die Beschäftigung und die Thätigkeit der Kreis-Schul⸗ inspectoren, kann ich Ihnen noch folgende Zahlen nennen. Es stehen unter Kreis⸗Schulinspectoren im Hauptamt 9207 katho⸗ lische Schulen, 4849 evangelische Schulen, 140 jüdische Schulen und Hh4 paritätische Schulen. Diese Zahlen wachsen und wir wünschen, daß sie weiter wachsen; aber wir haben nicht die Mittel, um das mit einem Male machen zu können. Das ganze Institut hat sich allmählich entwickelt, und in der allmählichen Ent— wickelung wollen wir da, wo wir es für nützlich und nöthig halten, fortfahren. Und was die Thätigkeit der hauptamtlichen Kreis⸗Schul⸗ inspectoren betrifft, so haben wir den Zuwachs an Schulstellen wesentlich ihr zu verdanken. In den Jahren 1871 bis 1886 ist die Zahl der evan— gelischen Schulstellen um 18,530 / 9, und die Zahl der neugegründeten katholischen Schulstellen um 31,95 0so gewachsen. Meine Herren, das haben Sie, wie ich wiederhole, wesentlich den Kreis⸗Schulinspertoren im Hauptamt zu verdanken, und nach solchen Leistungen diese In— stitution einfach durchzustreichen, ist eine Unmöglichkeit.
Es ist übrigens, wie ich einschaltend bemerke, irrthümlich seitens des Herrn Vorredners, wenn er meint, daß katholische Geistliche fast garnicht als Kreis⸗Schulinspectoren im Nebenamt beschäftigt seien. Wir haben 92 katholische Geistliche, welche Kreis⸗-Schulinspectoren im Nebenamt sind. .
Nun, meine Herren, das ganze Institut der hauptamtlichen Kreis Schulinspectoren ist noch in der Entwickelung. Ich gebe zu, es sind hier und da Mängel. Wie sollte das bei einer so großen Zahl von Beamten auch anders zugehen, als daß hier und da einmal etwas zu tadeln, etwas zu rügen, etwas zu bessern wäre, namentlich nach Zeiten des Kampfes und des scharfen Gegensatzes! Aber ich muß nach meinen Erfahrungen doch sagen, daß unsere Kreis ⸗Schulaufsichts⸗ beamten mit einer Hingebung, einer Treue, einer Aufopferung wirken, die aller Anerkennung werth ist, und deshalb kann ich für meine Person nicht in Aussicht stellen, daß ich der Anregung des Herrn Abg. Dauzenberg folgen werde, dieses Institut einfach aus der Welt zu bringen. (Bravo!) .
. bach (Centr.): Der Minister hat erklärt, daß die goeabl lic f g . J, . ö. die staatliche Kreis elne bilde. Aber die Localaufsicht läßt durchaus zu weünschg⸗ übrig. Redner verweist auf Trier und Adenau, wo Personen Uocalschulaufsicht über Schulen ausüben, Pie von ihrem Wohnsttz stundenweit entfernt sind. Katholische Geistliche, die angestellt sind,
ne daß der Ober⸗Präfident Einspruch dagegen erhoben hätte, werden . . Locasschulaͤufsicht gusgeschlossen. Daß katholische Schulen
Gesichtspunkt aus wird sie im Cultus⸗Ministerium betrachtet.
j icht? unter der Aufficht evangelischer Inspectoren stehen, ift garnich seltenes, so z. 9 im nf Schwetz.
berufen.
Schulinspectoren, die kürzere Zeit im
siong⸗ und
*
Minister der geistlichen ec. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Um gleich bei diesem letzten Fall vom Kreise Schwetz stehen zu bleiben: im Kreise Schwetz sind von den vorhandenen bei den Nationalliberalen Meine Herren, da sollen wir nicht evangelische Dann hört die Sache
Schulen 30 eyangelisch und 8 katholisch. (Hört! Hört! Kreis⸗Schulinspectoren haben?! (Bewegung.)
überhaupt auf.
Nun gebe ich sehr gern zu: wir haben einzelne Fälle, wo wir selbst den Wunsch hätten, das confessionelle Verhältniß, mehr zu berücksichtigen, als es thatsächlich geschieht. Wir haben aber bisher nicht immer die nöthigen Wenn wir sie finden, werden wir mehr und mehr dazu kommen, auch diese Wünsche zu berücksichtigen. Daß dies bereits in umfassender Weise geschehen, werden folgende Zahlen darthun: Von 37 615 Schulen standen unter nicht fachmännisch gebildeten Orts⸗Schulinspectoren im Jahre 1890 noch 1176, im Jahre 1891 nur noch 1026, im Jahre 1892 nur noch 889 und im Jahre 1893 nur noch 743. Der Rückgang trifft namentlich katholische Schulen, wo mehr und mehr, je nachdem es nach den örtlichen Ver⸗ Orts⸗ sind. Im Jahre 1891 waren noch Orts⸗ Schulinspection nicht von den Geistlichen wahrgenommen wurde, im Aber auch in der Rheinprovinz, auf die ja der Herr Abg. Dasbach besonders exemplificirt hat, ist die Rückkehr
katholischen Kräfte finden können.
hältnissen möglich war, die Geistlichen wieder mit der Schulaufsicht betraut worden 827 katholische Schulen
vorhanden, bei denen die
Jahre 1893 nur noch 544.
zu den alten Verhältnissen im Fortgang.
Für die Regierungsbezirke, die gerade wesentlich zu
waren im Jahre 1891 noch 123 Schulen dieser Art, 1892 nur noch 109, im Jahre 1893 nur noch 81.
78, 18392 33 und 1893 nur noch 24. (Hört! hört!) daraus die ganz entschieden fortschreitende Entwickelung.
sein, keineswegs allgemein zutreffend ist.
erfordert. Darüber hinaus gehen wir nicht.
Abg. von Strombeck (Centr.) beklagt sich über eine Verletzung k in den Kreisen Worbis und Heiligenstadt in der Provinz h
Sachsen, wo die Competenzen des evangelischen Schulinspectors ungleich vertheilt seien.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! soeben zur Sprache gebracht hat, giebt allerdings, wie ich zugeben muß, Anlaß zu der Annahme, als wenn dort die Parität nicht in vollem Maße gehandhabt werde; denn in dem einen Kreis sind die Verhältnisse anders geworden wie in dem dicht daneben liegenden. Deshalb sind diese Verhältnisse auch schon bei der Königlichen Staats⸗
und katholischen
regierung in Erwägung gezogen.
Ich will nur eins bemerken: der Umstand, daß im Kreise Heiligen stadt die evangelischen Schulen nicht dem katholischen Schulinspector
unterstellt sind, beruht lediglich darauf, daß der Umfang des Bezirks Worbis
zu groß ist. Bei einer Aenderung, die im Kreise in Aussicht steht, wird darauf Bedacht genommen auch hier die confessionellen Verhältnisse zu berücksichtigen. Abg. Knörcke (dfr) tritt für die Aufrechterhaltung der Kreis— Schu ff he then im, Hauptamt ein; denn nicht jeder Geistliche sei für die Schulinspection geeignet. Deshalb muß man immer mehr danach hinstreben, daß die technische Schulaufsicht ausgedehnt wird. Vicht immer sind die akademisch gebildeten Männer die besten Aufsichtsbeamten, man sollte neben diesen auch Volksschullehrer
werden,
Ministerial⸗Director Dr. Kügler: Es werden von jeher aus dem Volksschuldienst und aus dem Seminardienst. Männer für die 86 gewonnen; im vorigen Jahre sind 665 solche Personen im Dienste gewesen.
Abg. Hansen (freicons.) giebt dem Wunsche Ausdruck, daß hin⸗ sichtlich der Besoldungsverhältnisse der. Kreie-Schulinspectoren im Hauptamt nach einer größeren Gleichmäßigkeit gestrebt werde. Gegen— wärtig werde bei der Bemessung des Gehalts auf das in der früheren Stellung bezogene Einkommen Rücksicht genommen, so daß Kreis—⸗ Staatsdienst seien, unter Umständen viel höher besoldet würden, als ihre schon länger im Amt befindlichen Nachbarn. Das errege naturgemäß Unzufriedenheit. Die einer anderen Regelung . Verhältnisse entgegenstehenden Schwierigkeiten schienen mehr im Finanz⸗Ministerium als im Cultus— Ministerium zu liegen.
Ministerial⸗Director Dr. Kügler erklärt, daß die Einordnung der Kreis⸗Schulinspektoren in die Dienstaltersstufen gewisse Schwierig⸗ keiten ergeben habe, die noch nicht beseitigt seien.
Abg. Dasbach (Centr.) wendet sich an den Minister, der aber mit dem Abg. Kropatscheck spricht; er fordert ihn auf, zuzuhören und weist darauf hin, daß die Statistik im Kreise Schwetz 71 evangelische und 34 katholische Schulen angebe, sodaß die Anstellung eines katho— lischen Schulinspectors wohl zweckmäßig sei.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Ich will auf die Einzelheiten der eben gehörten Rede nicht eingehen; ich will nur bemerken, daß das Urtheil darüber, ob ich einem Abgeordneten, der hier an mich herantritt, zuhören will, mir ganz allein zusteht. (Sehr richtig! rechts und links) Meine Herren Commissarien sind dahin instruirt, mich zu informiren, wenn ich einmal nicht in der Lage bin, zuzuhören; aber ich beanspruche das 66 über diese Frage allein zu entscheiden. (Bravo! rechts und inks.)
Im übrigen will ich, was den Kreis Schwetz anbelangt, nur be— merken, daß die falsche Information nicht auf der Seite des Ministers, sondern des Abg. Dauzenberg gewesen ist; denn es handelt sich hier nicht uin den politischen Kreis Schwetz, von dem wahrscheinlich in der Statistik die Rede ist, sondern selbstverständlich um den Schul—
inspectionskreis Schwetz. Und für diesen sind meine Zahlen richtig.
Die , . für die Kreisschulaufsicht werden bewilligt.
empseht den Ausgaben für die höheren Mädchenschulen e
Abg. Seyffardt⸗Magdeburg (nl) die endliche Regelung der Gehalts herhaltnisse und der Pensionsverhältnisse kh . an den höheren. Mädchen schulen. .
Ministerial⸗ Director Dr. Kügler: Es wird schwierig sein, die Gehaͤlter dieser Lehrer, , festzustellen, weil die Verhältnisse der Schulen fehr verschiedenartig sind. Leichter wird es sein, die Pen⸗ elietenverhältnisse zu ordnen; eine Vorlage ist in Vor— ereitung und wird hoffentlich bald vorgelegt werden können.
Abg. Pr. Friedberg (nl) hält ebenfalls eine Regelung des
seinen Klagen Anlaß gegeben haben, lauten die Zahlen so: im Bezirk Köln im Jahre Im Bezirk Trier 1891 135, 1892 101, 1893 nur noch 80, und im Bezirk Aachen 1891
Sie sehen Aber darauf muß ich doch aufmerksam machen, daß die Meinung des Herrn Abg. Dasbach: da die Geistlichen ja stets unbeanstandet Geistliche geworden seien, so müßten sie auch ohne weiteres zu Schulinspectoren geeignet Es kann jemand ein ganz correcter Geistlicher sein und doch in hellem Streit leben mit allen den Persönlichkeiten, mit denen er amtlich als Schulaufsichtsbeamter zu thun hat. Das sind Verhältnisse, die wir berücksichtigen müssen und die wir soweit berücksichtigen, als es das Interesse der Schule
Der Fall, den der Herr Abg. von Strombeck
Mädchenschulwesens für dringend nothwendig, und dazu gehöre au eine bessere Gestaltung der hit r ef. e der ,. h ch Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Schneider weist, darauf hin, daß man die Anforderungen an die höheren Mãädchenschulen auch nicht zu hoch schrauben dürfe; sonst würde . Heigung, solche Mädchenschulen zu begründen, beeinträchtigt rden. Behufs allgemeiner Erleichterung der Volksschullasten sind . „S6 (600 000 6 mehr als im vorigen Etat) ein⸗ gestellt.
Abg. Dau zenberg (Centr) hält es für nothwendig, den
Eltern einen solchen Einfluß auf die Schulen zu gewähren, daß ihre Kinder in der Religion richtig erzogen würden. Dazu gehöre aber, daß für die Vorbildung der Lehrer eine richtige religiöse Grundlage hestehe, daß auch die Schulaufficht den Ansprüchen der betreffenden Confession entspreche. Redner bittet den Minister, mit kirchlichen Organen eine bessere Fühlung zu suchen, namentlich in Bezug auf die n des Religionsunterrichts, worüber noch manche Meinungs⸗ verschiedenheiten bestehen. Denn der Religionsunterricht dürfe nur in dem Sinne gegeben werden, wie die betreffende Religionsgesellschaft es verlange. Redner verweist auf den Schulgesetzentwurf des Ministers von Ladenberg, der diese Frage in außerordentlich ge— schickter Weise gelöst habe. Abg. von Czarlinski (Pole) führt aus, daß die katholischen Geistlichen sich zur Schulinspection schon bereit finden lassen würden, wenn man nicht zu hohe Anforderungen an sie stellte. Für die Local⸗ schulinspection nehme man vielfach Personen, die zwar vom Vieh etwas verständen, aber nichts von der Schule. Redner geht dann auf die Sprachenfrage ein, und bedauert, daß die Versprechungen nicht gehalten worden seien, die man den Polen gemacht habe, Wie cht. die Sache gehandhabt werde, lernten die Kinder nichts; der Religionsunterricht arte fast in einen deutschen Sprachunterricht aus. Wenn die Lehrer des Polnischen nicht mächtig seien, so. führe das oft zum Anschauungunsterricht, der nicht immer zweckmäßig sei und oft zu Mißhandlungen führe.
Abg. Brandenburg (Centr.) tadelt es, daß im Regierungs— bezirk Osnahrück ein Lehrbuch, das seit. den vierziger Jahren mit bischöflicher Approbation im Schulgebrauch war, plötzlich verboten ist, ohne daß das Buch einen bedenklichen Inhalt hatte. Es würden aber in den evangelischen Schulen Bücher gebraucht, die Angriffe auf die Katholiken enthielten.
Geheimer Reg⸗Rath Brandi: Es handelt sich um eine Kirchen⸗ geschichte, die in einzelnen Schulen in Gebrauch war, aber garnicht in die Volksschule gehört. Das Buch ist auf seinen Inhalt geprüft worden, und es hat sich herausgestellt, daß die Darstellung der Re⸗ formationsgeschichte eine derartige war, daß sie in den Schulen eines so gemischt confessionellen Bezirks wie Osnabrück nicht gebraucht werden durfte. Dem Regierungs ⸗Präsidenten ist aber . wor⸗ den, er solle darüber wachen, daß auf evangelischer Seite auch jeder Anstoß vermieden werde.
Darauf wird um Re Uhr die weitere Berathung vertagt.
38. Sitzung vom 25. Februar, Abends.
Der Sitzung wohnt der Minister der geistlichen 2c. An⸗ gelegenheiten Dr. Bosse bei.
Die Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten wird fortgesetzt beim Kapitel des Elementar⸗Unterrichtswesens, und zwar bei der Position: Zu Beihilfen an Schulverbände wegen Unvermögens für das Stellenein kommen der Lehrer und Lehrerinnen.
Abg. Dasbach (Centr.) wünscht, daß die Regierung die Ge⸗
meinden in der Umgegend von Berlin veranlasse, die dortigen katho⸗ lischen Privatschulen auf den Gemeinde⸗Etat zu übernehmen, z. B. in Rixrdorf, Rummelsburg, Friedrichsberg, Reinickendorf, ferner in Königs⸗ berg i. N., Eberswalde ze. Ministerial⸗Director Dr. Kuegler bemerkt, daß die Regierung in dieser Hinsicht nicht frei handeln könne, sondern in langwilerigem Verfahren bis zur Instanz des Ober⸗Verwaltungsgerichts in jedem einzelnen Falle mit den Gemeinden verhandeln müsse, was häufig Jahre in Anspruch nehme. Daß die Regierung die Parität dabei nicht wahre, sei eine völlig falsche Behauptung.
Der Titel wird bewilligt.
Bei dem Titel der Dienstalterszulagen für Volks⸗ schullehrer und Lehrerinnen bemerkte
Ministerial⸗Director hr. Kuegler, daß die Dienstalterszulagen früher gewährt worden seien nach dem System der kleineren Schul⸗ verbände. Dies habe sich aber als unzuträglich erwiesen und seitdem würden sie an die Lehrer in Orten bis zu 19 000 Einwohnern ge⸗ währt, die in der Regel weniger leistungsfähig seien. Sowie die 3. vorhanden seien, würden auch die größeren Gemeinden bedacht werden.
Beim Titel: Zu sonstigen persönlichen Zulagen und Unterstüßungen für Lehrer und Lehrerinnen führt
Abg. Knörcke (d.) Beschwerde über zu hohe Einschätzung der Dienstländereien der Lehrer.
Ministerial⸗Director Hr. Kuegler erwidert, daß das Sache der Kreis und Bezirksausschüsse sei. secdlkich werde sehr verschieden ein⸗ geschätzt, zwischen dem drei⸗ und ,, n . Grundsteuer⸗ reinertrag. Ein Bestreben der Gemeinden, durch zu hohe Bewerthung der Naturalien die Besoldung der Lehrer zu vermindern, habe 1 indeß nicht gezeigt.
Den Titel: Zur Ergänzung der Fonds behufs be⸗ sonderer Förderung des deutschen Volksschulwesens in den polnischen Landestheilen beantragt Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole) zu streichen.
Abg. Letocha (Centr.) befürwortet den Antrag auf Streichung des Titels und verwahrt sich dagegen, als ob in Oberschlesien eine großpolnische Agitation bete Auch in Oberschlesien müsse in den Unterstufen, vielleicht auch in den Mittelstufen neben der deutschen Sprache auch die polnische als Unterrichtssprache für den Religions⸗ unterricht zugelassen werden, bei allem Werth, den die bh gef. auf die Kenntnisse der deutschen Sprache legten.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! So sehr ich überzeugt bin, daß der Herr Abg. Letocha, mit dem ich ja sonst auf einem anderen Gebiet, auf dem Gebiet der Reichsgesetzgebung, zu meiner großen Freude so oft im allerengsten Einverständniß gestanden habe — so sehr ich überzeugt bin, daß der Herr Abg. Letocha aus vollster Ueberzeugung gesprochen hat, so sehr bedauere ich, doch in diesem Punkte nicht mit ihm in voller Uebereinstimmung mich befinden zu können. Ich mache zunächst darauf aufmerksam, daß, wenn ich ihn recht verstanden habe, es auf einem Irrthum beruht, daß beim Lehrunterricht auch auf der Unter⸗ stufe das Polnische, die Muttersprache, zum besseren Verständniß gar nicht verwandt werden könne. Im Gegentheil steht in der Verordnung von 1872, welche anordnet, daß der Unterricht im Lesen und Schreiben
von der unteren Stufe an in deutscher Sprache gelehrt und geübt wird, ausdrücklich:
zur Vermittelung des Verständnisses dessen, was die Kinder lesen und schreiben, kann, wo es nöthig erscheint, die Muttersprache zu Hilfe genommen werden.“ ; Das halte ich auch für nothwendig; das geschieht auch in Posen. Was nun das System als solches betrifft, so möchte ich darauf
nicht noch einmal näher eingehen. Ich habe mich darüber, wenn auch
zunächst unter Bezugnahme auf die posenschen Verhältnisse eingehend
geäußert und ich muß, bis ich weitere und bessere Informationen habe,
bei meinen damals geäußerten Anschauungen stehen bleiben. Ich möchte nur bemerken: Darin, glaube ich, giebt sich doch der Herr Abg. Letocha einem zu großen Optimismus hin, wenn er diese polnische Agitation, die auch zweifellos in Oberschlesien stattfindet, für so harm⸗ los ansieht und ihr eine großpolnische, eine polnisch⸗ nationale Bedeu⸗ tung abspricht. Daß das nicht so ist, lehrt ein Blick in die ober— schlesischpolnische Presse; und daß doch auch Männer in wichtiger kirchlicher Stellung anderer Meinung sind, als der Herr Abg. Letocha, dafür liegt mir doch ein ganz schlagender Beweis vor, nämlich ein Schreiben des Herrn Erzpriesters Porsch in Oppeln, in dem es aus⸗ drücklich heißt — an seine Amtsbrüder gerichtet —: Wie Ihnen bereits bekannt, wird eine polnische Zeitung bei uns erscheinen, also das dritte derartige Blatt in unserm Regie⸗ rungsbezirk. Schon dieser Umstand, aber auch alle mir darüber ge⸗ machten Mittheilungen lassen erkennen, daß nicht die Interessen des oberschlesischen Volks, nicht dessen sittliche und materielle Bedürfnisse die Begründung zu dieser in Rede stehenden Zeitung gegeben haben, son⸗ dern eine polnische Propaganda, welche mit polnischem Geld in unseren Gemeinden Stimmungen zu erwecken sucht, welche diesen ganz fremd sind. Unser Volk hat keine Zugehörigkeit zu dem früheren pol⸗ nischen Reich. Ich erfreue mich zumal in Rücksicht auf die trau⸗ rigen Störungen in Ratibor durch die dortige polnische Zeitung Ihrer Zustimmung, dahin gehend, die Ursache zu solchen Zuständen von unseren Gemeinden fern zu halten u. s. w. Ja, meine Herren, das ist doch ein Beweis, daß auch von kirchlicher Seite in Oberschlesien dieser polnischen Agitation eine große, tiefgehende politische Bedeutung beigemessen wird; und ich glaube, es ist die Pflicht der Regierung, nach dieser Richtung hin in der Schule dafür zu sorgen, daß das deutsche „Element dort dem polnischen Element gegenüber nicht zu kurz kommt. Es ist uns vorgeworfen, daß wir durch unser System, wie es auch in Oberschlesien durchgeführt wird, nur zu sehr die Gefahr heraufbeschwören, daß der soeialistische Gedanke dort unter der Bevölkerung Eingang finden könnte. Ja, meine Herren, ich glaube nicht, daß es das System des deutschen Unterrichts ist, wodurch derartige Anschauungen unter der oberschlesischen Bevölkerung verbreitet werden. Ich habe hier einen Artikel des „Katslik“; darin heißt es folgendermaßen: Die Herrschaft zahlt weniger als der Bauer. Das Wild, Hasen und anderes, geboren auf Bauerngrundstücken, gehört dennoch den Herren. Schießt der Bauer auf seinem Grunde einen Hasen, so wird er bestraft. Die Fasanen und Rehe mästen sich auf den Bauerngrundstücken, der Bauer hat den Schaden und der Herr wird dafür nicht bestraft. Der Bauer findet nirgends Schutz, aber ein— mal muß doch Gottes Strafe kommen. Ja, meine Herren, das sind doch soecialistische Anschauungen. Die werden aber nicht durch die deutschen Schulen genährt, sondern durch den deutschen Unterricht bekämpft. Nein, meine Herren, so liegt die Sache nicht. Ich bin davon überzeugt worden, daß eine national-polnische Agitation in Oberschlesien besteht, durch den Ein⸗ blick, den ich in die polnische Presse gewonnen habe, namentlich in der Zeit, als sich diese Presse meinen Kopf darüber zerbrach, ob ich nach Oberschlesien kommen würde, und als sie damals der ober⸗ schlesischen Bevölkerung Rathschläge darüber ertheilte, was sie dem Cultus⸗-Minister zu sagen hätte. Meine Herren, das war nicht sehr einladend; das hat mich aber nicht zurückgeschreckt. Ich bin lediglich deshalb nicht nach Oberschlesien gekommen, weil damals die Cholera ausbrach und ich hierher gehörte. Aber daß das auch nicht er— muthigend ist, nunmehr von unseren Maßnahmen, um das Deutsche in Oberschlesien zu stärken, Abstand zu nehmen, das, meine Herren, wird jeder Unbefangene mir zugeben. . . Ich will mich nur noch darauf beschränken, Folgendes zu be— merken: ich verwahre mich ausdrücklich dagegen, daß ich den Herren Abgg. von Czarlinski und Szmula als Landwirthen ein zutreffendes Urtheil über diese Seite der Schulfrage nicht zutraue. Das habe ich nirgends zu erkennen gegeben; über diese Dinge kann man auch, ohne Schultechniker zu sein, allerdings ein Urtheil haben. Ganz unzutreffend ist der Gedanke, daß wir die polnische Mutter⸗ sprache bei den polnischen Kindern in Oberschlesien ausrotten wollten. Nein, meine Herren, die Maßnahmen, die wir dort treffen, sind zum Schutz der deutschen Sprache, nicht zur Ausrottung der polnischen be— stimmt. Ich bitte Sie, diesen Fonds, um den es sich hier handelt, nicht zu streichen, sondern ihn uns zu bewilligen; er ist bereits be— lastet, und wir können ihn nicht entbehren. Wir würden in die aller— größte Verlegenheit kommen, und unsere deutschen Landsleute würden in der That garnicht wissen, was sie von der Regierung denken sollten, wenn wir nicht mit allen Kräften für die Aufrechterhaltung dieses Fonds einträten. Dieser Fonds ist bewilligt, wie es damals, als er zum ersten Male gefordert wurde, in der Commission des Abgeordneten⸗ hauses ausgesprochen ist, namentlich für die Fälle, wo gegenwärtig eine kleine Minderheit deutscher Kinder den Unterricht gemeinsam mit polnischen Kindern erhält. Hier wird in jedem Falle
— hieß es damals — zu prüfen sein, ob für die deutschen Kinder eine Gefahr der Polo— nisirung vorliege und wie derselben vorzubeugen sei. Diese Fälle aber sind sehr zahlreich.
Nun, meine Herren, so steht die Sache im wesentlichen auch heute noch, und deshalb bitten wir Sie: bewilligen Sie uns den Fonds! wir brauchen ihn zum Schutz der deutschen Cultur. (Bravo
Abg. Conrad -⸗Pleß (Centr.) spricht sich im Sinne des Antrags
aus. Ein gedeihlicher Religionsunterricht könne nur in der ö sprache ertheilt werden. Als der Religionsunterricht noch im Auf— trage der Kirche durch den Geistlichen ertheilt worden sei, seien fromme, zufriedene, Menschen durch ihn geschaffen; jetzt, wo ihn der Lehrer er— theile, hätten Schüler und Arbeiter keine Achtung mehr vor Tehrer und Behörde. Abg. Szmulg (Centr,) vertritt ebenfalls die Ansicht, daß nur eine erlaubte polnische Agitation bestehe zum Zweck der Erhaltung der polnischen Sprache. Wenn man diese in den Schulen nicht lehren Ei so rotte man sie auös. Wohin das System der Regierung führe, lehrten die Deutschen-Verfolgungen in Rußland. Die 3 n seien patriotisch und beteten für den König und sein Haus. Zei das polnische Agitation oder nicht? Ein lelnn on antes . könne in polnischer Sprache nicht ertheilt werden, wenn keine Lehrer da seien, die polnisch verstaͤnden. Diesen Zustand befördere der Fonds; die armen Kinder, die das Deutsche nicht verständen, würden bis aufs Blut mißhandelt.
Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse: Meine Herren! Ich glaube der Nothwendigkeit enthoben zu sein,
den Versuch zu machen, Herrn Abg. Szmula zu widerlegen, denn seine Ausführungen sind, für mich wenigstens, nicht schlüssig. Ich