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feld aus Osnabrück und Bartsch aus Danzig haben die . Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst be⸗ tanden.
S. M. Schiffsjungen⸗Schulschiff Nixe“, Commandant Capitän zur See Riedel, ist am 25. Februar in Syrakus angekommen und beabsichtigt, am 6. März nach Neapel in See zu gehen.
S. M. Kreuzer „Möwe“, Commandant Capitän—
Lieutenant Hartmann, ist am 25. Februar in Bombay angekommen.
Danzig, 25. Februar. Der 15. Provinzial-Landtag der Provinz Westpreußen ist heute durch den Ober— Präsidenten, Staats-Minister Dr. von Goßler im Namen Seiner Majestät des Königs geschlossen worden, wobei er den Mitgliedern seinen Dank für die Sicherheit und Rasch⸗ heit, mit der sie das Gutachten über die Wegeordnung für die Provinz Westpreußen abgegeben hätten, aussprach und dem Wunsche Ausdruck gab, daß die Verhandlungen zum Segen der Provinz gerelchen möchten. Der Vor⸗ sitzende, Rittergutsbesitzer von Graß⸗Klanin, brachte hierauf ein dreifaches, begeistert aufgenommenes Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König aus, und der Alterspräsident Geheimer Regierungs-Rath Engler drückte zum Schluß namens des Landtags den Dank füuͤr gewissenhafte und umsichtige Leitung dem Vorsitzenden aus
Posen, 26. Februar. Die Eröffnung des 25. P ro⸗ vinzial⸗Landtags der Provinz Posen fand heute im großen Saal des Provinzial-Ständehauses um 121 Uhr statt, nachdem die evangelischen Mitglieder vorher am Gottes dienst in der St. Pauli⸗Kirche und die katholischen Mitglieder an dem in der Pfarrkirche ad St. Mariam Magdalenam theil genommen hatten. . . . .
Der Landtags⸗-Commissarius, Königliche Ober⸗ Präsident Freiherr von Wilamowitz⸗M öllendorff wurde durch eine Deputation der versammelten Provinzialstände in den Sitzungsz⸗ saal geleitet und richtete an die Versammlung folgende Ansprache:
Hochgeehrte Herren!
Wie vorauszusehen war, ist Ihr Zusammentritt nothwendig ge— worden, ehe noch ein Jahr seit dem Schluß des 27. Provinzial— Landtags verlaufen ist.
Aus den umfangreichen und ebenso inhaltreichen Vorlagen, welche Ihnen rechtzeitig zugegangen sind, haben Sie die ernsten Aufgaben er⸗ sehen, die Ihrer warten.
Nächst einer Vorlage der Königlichen Staatsregierung, die zweite Revision der Gebäudesteuer betreffend, deren sorgfältige Erwägung ich Ihnen empfehle, ist es die gesammte provinzialständische Verwaltung in allen ihren Zweigen, die Sie an der Hand des Verwaltungsberichts zu prüfen und für welche Sie auf Grund des Etatsentwurfs die weiteren Bahnen vorzuzeichnen haben.
Wie es der Provinzialausschuß verstanden hat, auf Grund der ihm ertheilten Vollmachten für die Durchführung des Gesetzes über die außerordentliche Armenpflege die richtigen Mittel und Wege zu finden, darüber will ich jetzt Ihrem Urtheile nicht vorgreifen, will aber Ihre Aufmerksamkeit darauf hinlenken, daß in dem Entwurfe des Voranschlags die Ausgaben mit außergewöhnlicher Knappheit be— messen sind. Wesentlich aus einer Verminderung der Einnahmen er— giebt sich die Nothwendigkeit, die Provinzialabgaben um mehr als ein Drittel ihres bisherigen Betrages zu erhöhen.“ Ein verhältnißmäßig geringer Antheil hiervon entfällt auf solche Ausgaben, welche Ihnen dom Provinzialausschuß vorgeschlagen werden, ohne daß ein gesetzlicher Zwang dafür vorläge.
Bei der Inventarisirung der Kunstdenkmäler handelt es sich um ein von Ihnen beschlossenes Werk, an dessen erfreulichem Fortgange Sie und die ganze Provinz lebhaften Antheil nehmen werden.
Zur Fürsorge für Kunst und Wissenschaft haben bieher die großen Anforderungen auf wirthschaftlichem und humanitärem Gebiete in unserer Propinz wenig Raum gelassen. Mit um so lebhafterer Ge—⸗ nugthuung habe ich deshalb einen erst gestern vom Pro⸗ vinzialausschuß gefaßten Beschluß begrüßt, der Ihnen trotz der momentan ungünstigen Finanzlage die Erwerbung eines werthvollen Grundstücks in der Stadt Posen vorschlägt, ge⸗ eignet wie keines, um mit der Aufnahme von Bücher⸗ schätzen und Kunstsammlungen die geistigen Bestrebungen in der ganzen Propinz zu fördern und zu concentriren. Eine Gelegenheit wie diese, wenn man sie unbenutzt vorübergehen läßt, kehrt schwerlich wieder, und für alle Zeiten wird der Landtag ein rühmliches Andenken genießen, welcher die richtige Stätte für die Pflege von Kunst und Wissenschaft in der Provinz erworben hat.
Zur Förderung der Landwirthschaft ist aus Staatsmitteln ein gegen das Vorjahr erhöhter Betrag in Aussicht gestellt worden. Es wird Ihnen vorgeschlagen, durch Bewilligung eines Zuschusses zu dem— selben der provinzialständischen Verwaltung auch weiterhin einen maß⸗ gebenden Einfluß auf die Verwendung des ganzen Fonds zu wver— schaffen. ö
Bei den Vorlagen für die Meliorationsgenossenschaften an der Welna zwischen Straszewo und Ciesla im Kreise Wongronitz und für die Eindeichung der Warthe in der Stadt Posen handelt es sich um die Beseitigung von Nothständen, im letzteren Falle auch um dle Vorbedingungen für das wirthschaftliche Aufblühen der Probinzial— Hauptstadt. Auch an den Landtag werden künftige Geschlechter dankbar zurückdenken, welcher dazu beigetragen hat, diese Stadt von der Ueber— schwemmungsgefahr zu befreien. ̃ .
Sie werden sich bewußt sein, meine Herren, daß eine Körper⸗ schaft wie die Ihrige, welcher das Besteuerungsrecht zusteht, sich der vollen Verantwortlichkeit für ihre Beschlüsse nicht entziehen kann;
aber nicht nur in der Richtung, deß die Steuerzahler möglichst wenig
belastet werden, sondern auch in Anbetracht der Folgen, welche aus einer Ablehnung von geforderten Mehrausgaben erwachsen können.
Eine eingehende Prüfung werden Sie auch der Vorlage des Landeshauptmanns über die Stellungnahme der provinzialständischen Verwaltung zu dem Bau von Kleinbahnen zuwenden. .
Wie es auf früheren Landtagen mir zur großen Befriedigung gereicht hat, mit Ihnen, Herr Landtags⸗Marschall, und mit Ihnen, meine Herren Provinzialstaͤnde, zusammen zu arbeiten, so hoffe ich, daß auch diesmal unsere gemeinsame Thätigkeit eine ersprießliche sein wird durch einmüthige und selbstlose Hingebung Aller, welche zur Mitwirkung berufen sind an dem Dienst der Probinz und des Vater— landes. .
Ich übergebe Ihnen, Herr Landtags⸗Marschall, den Allerhöchsten Landtagsabschied vom 30. Januar d. J. und das Allerhöchste Propo⸗ sitions Decret von demselben Tage und erkläre im Allerhöchsten Auf⸗ trage Seiner Majestät des Kaisers und Königs den 28. Provinzial Landtag der Provinz Posen für eröffnet.
Hierauf übergab der Landtags⸗Commissarius dem Landtags⸗ Marschall, Königlichen Schloßhauptmann und Landrath Frei⸗ herrn von Unruhe⸗Bomst den Allerhöchsten Landiags⸗ abschied vom 30. Januar d. J. und das Allerhöchste Pro⸗ positionsdecret von demselben Tage und erklärte sodann im Namen Seiner Majestät des Kaisers und Königs den 28. Pro⸗ vinzial-Landtag für eröffnet.
Der Landtags-Marschall antwortete hierauf Folgendes: Hochgeehrter Herr Landtags⸗Commissarius!
Wie Eure Excellenz mit Recht die Güte hatten, zu erwähnen, waren wir darauf vorbereitet, daß wir noch vor dem 1. April d. J. zur Erfüllung der Verpflichtungen, welche uns das Gesetz vom II. Juli 1891 über die außerordentliche Armenpflege auferlegt, würden zusammentreten müssen, und wir waren mehr oder weniger von banger Sorge erfüllt, welche außerordentlichen Lasten von uns in dieser Richtung würden gefordert werden.
Nun sind ja die gedruckten Vorlagen seit mehr als vierzehn Tagen in unserer Hand, und wir haben daraus mit vieler Genugthuung er⸗ sehen, daß es dem Herrn Landeshauptmann gelungen ist, durch Ankauf borhandener Anstalten in der kurzen Frist allen Aufgaben, welche das Gesetz der Provinz stellt, mit einem Kostenaufwand zu genügen, welcher im Verhältniß zu dem, was geleistet ist, als ein ge⸗ ringer bezeichnet werden muß. Ich kann es mir nicht ver⸗ sagen, dem Herrn Landeshauptmann im Namen der Pro⸗ vinz meinen, Dank auszusprechen für die geniale Weise, in der, er die Mittel und Wege zur Befriedigung des Bedürfnisses auf die möglichst billigste Art gefunden; nicht minder dem Provinzialausschuß, daß er den schöpferischen Gedanken des Herrn Landeshauptmanns gefolgt ist und so uns die Erfüllung der Pflicht, welche fast unerschwinglich schien, erleichtert hat.
Mit nicht geringer Freude haben wir aus dem Munde Eurer Excellenz vernommen, daß die Staatsregierung in der wohlwollendsten Weise uns die Erwerbung eines überaus werthvollen Grundstücks in der hiesigen Stadt zu kunst⸗ und wissenschaftlichen Zwecken für einen mäßigen Preis angeboten, und ich glaube namens meiner Mitstände bersichern zu knnen, daß der Provinzialausschuß recht gethan hat, die Annahme des Angebots zu empfehlen.
Wenn auch die Finanzlage ungünstig erscheint, so würde doch der Provinzial⸗Landtag es schwer bereuen müssen, wollte er die günstige Gelegenheit zu mehr als preiswürdiger Erwerbung eines in der besten Gegend der Stadt gelegenen Grundstücks von sich weifen. ö
Nicht minder freudig begrüßen wir, daß abermals der Herr Minister für Landwirthschaft nicht unerhebliche Mittel zur F örderung der Landwirthschaft uns zu überweisen bereit ist. Wir verkennen nicht, daß die Landwirthschaft leider in ungünstiger Lage sich befindet. Deshalb wird es uns eine angenehme Aufgabe sein, etwas zur Ver⸗ besserung der Lage der Landwirthschaft beitragen zu können und wir danken der Staatsregierung, daß sie uns dazu Mittel zur Verfügung stellen will.
Für die Nothleidenden der Meliorationsgenossenschaft an der Welna zu sorgen, hält der Provinzialausschuß für nöthig. Wir werden gern seinen Vorschlägen folgen, um so mehr, als auch Eure Excellenz uns versichern, daß es sich um Beseitigung wirklicher Noth— stände handelt.
Was die Beihilfe für die Eindeichung der Warthe in Posen be— trifft, so erkenne ich mit dem Provinzialausschuß an, daß das wirth— schaftliche Emporblühen der Propinzial-Hauptstadt von Bedeutung für den wirthschaftlichen Aufschwung der gefammten Provinz und daß es daher Pflicht der Provinz ist, der Stadt zur Beseitigung der Ueber⸗ schwemmungegefahr, die sie allein zu beschwören nicht leistungsfähig genug ist, beizustehen. Ich erkenne ferner an, daß die Provinzial⸗ Hauptstadt durch die erheblichen Steuersummen, mit welchen sie bei der Vertheilung der Provinzialbeiträge in Ansatz kommt, zu zahlreichen Einrichtungen und Anlagen fortgesetzt steuert, von welchen sie selbst geringeren Vortheil genießt. Ich erkenne endlich an, daß die Stadt Posen in der langen Zeit, in welcher ich die Ehre habe, dem Provinzial⸗ Landtag anzugehsren, bereit gewesen ist, durch ihre Vertreter für gemeinnützige Unternehmungen der ganzen Provinz oft mit Hintansetzung ihres eigenen Interesses einzustehen. Ich für meine Person, und ich kann ja vorläufig nur von mir sprechen, bin daher der Ansicht, daß auch die Provinz ihrerseits die Pflicht hat, für die in ihrer Lebens— fähigkeit gefährdete Provinzial-Hauptstadt einzutreten.
Wenn ich aber auch nur fur mich spreche, so glaube ich doch nach meiner Kenntniß von der Gesinnung früherer Landtage sagen zu können, daß ich dabei die entschiedene Mehrheit des Propinzial-Land— tags hinter mir habe; denn das ist doch eine auf Erfahrung beruhende Thatsache, daß wir trotz der Verschiedenheit der Ansichten, denen wir offen und ehrlich Ausdruck gegeben haben, schließlich immer den Weg gefunden haben, auf welchem wir das Wohl unferer theuren Heimath und ihrer Bewohner gefördert haben.
So hoffe ich zu Gott, daß auch die Berathungen des 28. Pro— vinzial⸗Landtags denselben Zweck verfolgen werden. Die Zusicherung, daß Eurer Excellenz Unterstützung uns dabei nicht fehlen wird, nehmen wir dankbar an; wie wir donn überhaupt nicht vergessen wollen, daß wir das so überaus günstige Anerbieten des Ankaufs des General Commandogebäudes Eurer Excellenz Anregung verdanken; und ich würde mich meiner Stellung unwürdig erweisen, wollte ich nicht aus⸗ drücklich anerkennen, daß wir in dieser wohlwollenden Vorlage, wie selbst in den Beschlüssen des Provinzialausschusses überall Eurer Exeellenz wohlwollende, gütige und sachverständige Mitwirkung er⸗— kennen.
Lassen Sie uns nunmehr, meine geehrten Mitstände, an die Ar— beit gehen, indem wir vorher dem Gefühle der Treue und Ehrfurcht zu unserem Kaiser, König und Herrn Ausdruck geben und rufen“: Seine Majestät der Kaiser und König Wilhelm II. lebe hoch!
In das Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König stimmte die Versammlung begeistert ein.
Nach Ernennung der Schriftführer und des Quästors für den 28. Provinzial-Landtag trennte sich die Versammlung.
Bayern.
Bei, einem aus Anlaß der silbernen Hochzeit Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Ludwig veranstalteten Schießen hob der Prinz hervor, er fühle sich besor— ders wohl in der Mitte der Schützen, unter denen alle bürgerlichen Kreise ohne Unterschied des Standes, Berufes und Vermögens vertreten seien. Dem Wohle der Schützen widme er den Festpocal, indem er wünsche, daß, wie das Königliche Haus sich mit dem Volke, so das Volk mit dem Königlichen Hause sich eins fühlen möge durch weitere Jahr⸗— hunderte. Mit jubelnden Rufen dankten, wie W. T. B.“ berichtet, die Anwesenden dem Prinzen für seine Worte.
Oldenburg. Seine Königliche Hoheit der Großherzog begeht heute das vierzigjährige Jubiläum seines Regierungsantritts.
Sachsen⸗Altenburg.
Seine Hoheit der Fer dos hat, wie das „Chemn. Tgbl.“ meldet, eine dreiwöchige Erholungsreise nach dem Süden unternommen und ist am 23. Februar von Altenburg abgereist.
Reuß ä. L.
Nach mehrtägigem Verweilen am hiesigen Fürstlichen Hofe ist heute Vormittag Ihre Königliche Hohelt die Herzogin Maxon Württemberg wieder von hier nach Regensburg abgereist.
Oe sterreich⸗ Ungarn. Der Kaiser hat sich heute früh nach Wels begeben und reist Mittags von dort nach Territet bei Veveg zum Besuch der Kaiserin.
Der „Politischen Correspondenz“ zufolge sandte das ungarische Gesammt⸗Ministerium dem Minister Praͤsidenten Grafen Taaffe eine sehr herzlich abgefaßte Glück⸗ wunsch depesche zum sechzigsten Geburtstage.
Im ungarischen Unterhause richtete vorgestern, wie (W. T. Be berichtet, der Abg. Graf Karokyi an die Regierung die Aufforderung, sich mit den Regierungen Desterreichs, des Deutschen Reichs und Frankreichs in Verbindung zu setzen, um ein gleichförmiges Vorgehen bezüglich der Einschränkung der Agiotage und des Terminhandels an der Produ ctenbörse zu erzielen. Im weiteren Verlauf der Sitzung erklärte der Acker⸗ bau⸗Minister Graf Bethlen, die Errichtung eines großen internationalen Viehmarktes in Pest werde die Viehverwerthung wesentlich fördern und Ungarn vom Wiener Platze und dem Auslande unabhängig machen. Im weiteren Verlauf der Sitzung theilte Graf Bethlen weiter mit, es sei ein Gesetzentwurf ausgearbeitet, durch den einigen hundert weniger vermögenden Leuten durch Pachtung kleinerer Stagtsgüter ein Lebenserwerb gesichert und auf diese Weise eine Ackerbau treibende Mittelklasse geschaffen werden solle. Hierzu werde insbesondere auch der Grund⸗ besitz der hohen Geistlichkeit verwendet werden, die dem Gesetz⸗ entwurf principiell zugestimmt habe. Eine große socialpolitische Frage werde damit für Ungarn gelöst. Die Regierung werde außerdem ein Colonisationsgesetz einbringen, durch das sie er mächtigt wird, kleinere Güter anzukaufen und gegen Raten— zahlungen an Ansiedler zu überlassen.
Großbritannien und Irland.
In Horsham (Grafschaft Susser) ist an Stelle des ver— storbenen Sir Walter Barttelot der Conservative Johnstone mit 4150 Stimmen zum Mitglied des Unterhauses gewählt worden. Der Gegencandldat Johnstone's, der Glad stoneaner Wilberforce, erhielt 2666 Stimmen.
Nach einer Meldung der „Magd. Ztg.“ aus Belfast wurde daselbst beschlossen, 10 000 Vertreter von Ulster nach London zu senden, um auf dem Trafalgar Square ein Protest meeting gegen die Herstellung eines irischen Parla— ments abzuhalten. Bei einer am 2. März in Belfast abzu⸗ haltenden Massenkundgebung soll der Beschluß gefaßt werden, der Herstellung des irischen Parlaments jeden möglichen Widerstand zu leisten, dessen Gesetze nicht anzuerkennen und die Steuerzahlung zu verweigern.
Frankreich.
In dem am Sonnabend abgehaltenen Ministerrath machte, wie ‚W. T. B.“ meldet, der Minister des Auswär! tigen Develle die Mittheilung, daß der Präsident des schweizerischen Bundesraths an den französischen Bot— schafter Arago in Bern ein Schreiben gerichtet hahe, worin er sein Bedauern über den Vorgang in Basel bei dem Fastnachtsumzuge ausdrücke. Der Zwischenfall sei damit als erledigt anzusehen.
Die Deputirtenkammer nahm in ihrer vorgestrigen Sitzung bei der weiteren Berathung des Budgets ein Amendement des Deputirten Mitchell mit 215 gegen 204 Stimmen an, wonach für jeden Livrée tragenden Diener eine jährliche Steuer von 20 Fr. zu entrichten ist.
Der Deputirte Boissy d'Anglas wird der „Magd. Itg.“ zufolge einen Antrag auf strafgerichtliche Verfolgung aller Zeitungen, die in Form selbständiger Artikel bezahlte Reclamen fur Finanzoperationen veröffentlichen, einbringen; eine solche Veröffentlichung soll als Betrug betrachtet werden. Die Deputirten Bovier und Lapierre und Mitchell beabsichtigen einen Antrag auf Besteuerung der Adelstitel einzubringen, der Deputirte Beauquier wird einen Gesetzentwurf bean⸗ tragen, wonach jeder Candidat für ein parlamentarisches Mandat bei der Aufstellung seiner Candidatur seinen Ver mögensstand angeben muß; wenn er gewählt ist, muß er die Angabe nach Beendigung feines Mandats wiederholen.
Im heutigen „Figaro“ wird in einem „Vidi unterzeich⸗ neten Artikel behauptet, daß nach den Aussagen, die Charles de Lesseps vor dem Untersuchungsrichter gemacht habe, Freycinet, Floguet und Elsmenceau von den Machenschaften in der Panama-Angelegenheit genau unter richtet gewesen seien, da sie im Jahre 1888 bei Ferdinand und Charles de Lesseps eifrigst dafür eingetreten seien, daß die Panama⸗Compagnie einen von Herz und Reinach an gedrohten Prozeß vermeiden möchte.
Italien.
Wie der „Wien. Ztg.“ aus Rom gemeldet wird, ist die Ankunft der Königin Vitoria in Florenz auf den 2. Mär; festgesetzz. Die Königin wird im Namen des Königs von dem Herzog von Aosta begrüßt werden, wieder wie im Jahre 1888 die Villa Palmieri bei Fiesole beziehen und da— selbst einen dreiwöchigen Aufenthalt nehmen. Der König und die Königin werden der Königin Victoria einen Besuch ab— statten.
Die Deputirtenkammer hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ vorgestern mit 191 gegen 76 Stimmen den Gesetzentwurf angenommen, wodurch das B udgetprovi⸗ sorium auf einen Monat verlängert wird.
Der Papst empfing vorgestern den Fürst⸗Erzbischof von Prag, Cardinal Grafen Schoenborn und gestern in feier—⸗ licher Audienz den österreichischungarischen Botschafter Grafen Revertera, der das Glückwunschschreiben des Kaisers Franz Joseph und die dem Papst vom Kaiser gewidmeten Geschenke überbrachte. Darauf hatte der Botschafter mit dem Papst ein längeres Privatgespräch in den päpstlichen Gemächern. Später stattete er dem Cardinal-Staatssecretär Rampolla einen Besuch ab.
Portugal.
An Stelle des bisherigen Kammer-Präsidenten Azeb edo, der zum Justiz-Minister ernannt worden ist, ist dem „W. T. B. zufolge Frederico Aronca zum Präsidenten der Kammer gewählt worden.
Die Cortes sind am Sonnabend bis zum 15. Mai ver— tagt worden. ö
Die in dem Programm des Cabinets anf ekündigte Am—⸗ nestie für Preßvergehen sowie für Vergehen bei den Wahlen und politische Vergehen ist erfolgt. Von der Amnestie sind nur die bei dem Pronunciamiento von Oporto am 31. Januar betheiligt gewesenen militärischen Chefs ausgeschlossen. Den Lissaboner Blättern zufolge beabsichtigt die Regierung, dem⸗ nächst neue Verhandlungen bezüglich der auswärtigen Schuld einzuleiten, um bei dem Wiederzusammentritt der Cortes einen neuen Entwurf an Stelle des von dem früheren Minister⸗Präsidenten Diaz Ferreira vorgelegten einzubringen.
Belgien.
Gestern Vormittag um 9 Uhr hat, wie „W. T. B.“ meldet in Hrüssel und den Vororten das von raöicaler Seite gegen den Willen der Regierung veranstaltete Referendum über das neue Wahlsystem unter reger Betheiligung der Be⸗ völkerung begonnen. Die Abstimmung fand über folgende fünf Anträge statt: 1) das mit vollendeiem 21. Lebensjahre zu⸗ stehende active allgemeine Wahlrecht Antrag Janson); 2) das mit vollendetem 25. Lebensjahre zustehende active allgemeine Wahlrecht (Antrag Nothomb); 3) Ausschluß der Unterstützten und derer, welche weder lesen noch schreiben können (Antrag Graur); 4) Abhängigkeit der Wahlberechtigung von dem Innehaben einer eigenen Wohnung und dem Nachweis eines gewissen Bildungsgrades (Regierüngsvorlage); 5) Ausschluß derjenigen von der Wahlberechtigung, welche keine Volksschul= bildung besitzen (Antrag Frére-Orbanj. Die Stimmabgabe, die in Redactionslocalen, Cafés und anderen öffentlichen Lokalen vorgenommen wurde, vollzog sich in völliger Ruhe und Ordnung; es kam keinerlei Zwischenfall vor. In den Vorstädten wurde die Abstimmung um 6 Uhr, im Innern der Stadt um 9 Uhr Abends geschlossen. In Brüssel waren 111700 Personen in die Listen eingetragen, davon haben 60 279 ihre Stimme abgegeben. Es stimmsen für den Antrag Janson 48 660 Personen, für den Antrag Nothomb 7684, für die übrigen drei Anträge zusammen 3935 Personen. Die beträchtliche Zahl der Stimmenthaltung ist den Katholiken und den gemäßigten Liberalen zuzuschreiben, die keine radicalen Maßregeln wünschen. In) den Arbeitervierteln war die Betheiligung infolge der socialistischen Propaganda eine größere. In einigen anderen Gemeinden, besonders in den Arbeitercentren, war die Zahl der Abstimmenden ver— hältnißmäßig viel erheblicher, vor allem in Morlanwelz, Manage und Fleurus. Die katholischen Blätter sagen, man könne aus dem Referendum, das nicht ordnungsmäßig organisirt sei, keine Schlüsse ziehen; sie führen an, daß vice Unregel⸗ mäßigkeiten und betrügerische Machenschaften bei dem Refe— rendum vorgekommen seien. Morgen wird die Zweite Kammer mit der Berathung der Verfassungsreformen beginnen.
Die conservative Vereinig ung der Arrondissements von Brüssel nahm in ihrer gestern Abend abgehaltenen Ver— sammlung fast einstimmig eine Tagesordnung an, die das allgemeine Stimmrecht und die von Gŕzur und Frére⸗ Orban eingebrachten Anträge verwirft.
Rumänien.
Der Senat hat, wie W. T. B.“ meldet, am Sonnabend mit großer Majorität die Abänderung des Rekruti— rungsgesetzes angenommen, wonach das Jahrescontingent statt im Februar im November einzuberufen ist. — Die Parlamentssession ist bis zum J. April verlängert worden.
Amerika.
Auf eine Anfrage des Finanzausschusses des Re— präsentantenhauses antwortete, wie W TD 6 gagug Washington berichtet, der Schatzfecretär Foster: die Lage verdiene eine ernste Prüfung; er empfehle, die Einkünfte um 50 Millionen Dollars zu vermehren, um die Finanzlage zu sichern. Foster gab nicht an, ob die Einkünfte durch eine An⸗ leihe oder durch neue Steuern vermehrt werden sollten.
Afrika.
Bei der Verwaltung des Congostaats ist, wie, W. T. B.“ aus Brüssel meldet, gestern die Meldung eingegangen, daß Major Dhanis am Lomami⸗Fluß mit Arab ern, die von Sefu, dem Sohne Tippo Tipp's, geführt wurden, zusammen“: gestoßen sei. Die Araber feien in die Flucht geschlagen, 5 Häuptlinge und 500 Mann gefangen genommen Und S600 Flinten erbeutet worden. Dabei wurden der frühere Resident von Katanga Lippens und sein Begleiter Debruyn getödtet. Der Lieutenant Chaltin überraschte bei seiner Rück— kehr vom Aruwimi die Araber bei Jadumba und schlug sie in die Flucht, die in großer Unordnung und unter Zurück lassung von Waffen und Munition erfolgte. Nach dem Kampfe wurden viele Araber von den Eingeborenen niedergemacht und 80 Sklaven befreit.
Das britische Auswärtige Amt hat bekannt gemacht, daß das britische Nyassaland fortan den Titel „Britische s Central⸗Afrika⸗Protectorat“ führen soll.
Australien. Nach einem Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ aus Auckland ist daselbst die Nachricht eingetroffen, daß der König der Tonga⸗Greundschafts⸗Inseln Georg J.
T
Tubou an Influenza gestorben ist.
Parlamentarische Nachrichten.
Dentscher Reichstag.
Der, Bericht über die 52. Sitzung vom 25. Februar befindet fich in der Zweiten Beilage.
53. Sitzung vom N. Februar, 1 Uhr.
Der Sitzung wohnen die Staatssecretäre Dr. von Boetticher und Hanauer bei.
Der Abg. Bödiker (6. Köln) ist plötzlich verstorben. Das Haus ehrt sein Andenken in der üblichen Weise.
Gegen den Abg. Metzger (Hamburg) soll wegen Be⸗— leidigung des Hambürgischen Senats strafrechtlich vorgegangen werden. Das Schreiben des Stellvertreters des Neichskanzlert, in welchem die Ermächtigung zu dieser Verfolgung beim Reichstag nachgesucht wird, geht an die Geschäfttzordnungs— commission.
Die Berathung des Berichts der Reichsschulden⸗ (éommission wird ohne Debatte erledigt und der Reichs⸗ schuldenverwaltung Decharge ertheilt.
Es folgt die erste Berathung des Gesetzentwurfs betreffs Abänderung der Maß- und Gewichtsordnung. Nach der Vorlage soll das Meter nicht mehr als die Grundlage des Gewichts angesehen werden, für diese wird vielmehr das Kilogramm erklärt. Dieses wird dargestellt durch die Masse desjenigen Gewichtsstücks, welches durch die Internationale Jeneralconferenz für Maß und Gewicht als internationales Prototyp für das Kilogranim anerkannt wurbe und bei dem Internationalen Maß und Gewichtshureau niedergelegt ist.
Abg. Br ömel (dir) haͤlt dafür, daß bei dieser Gelegenheit auch noch einige andere die Maß- und Gewichtsordnung betreffende Fragen
*
behandelt werden müssen, und beantragt, die zweite Lesung, welche ebenfalls auf der Tagetzordnung steht, für heute abzusetzen.
Das Haus beschließt demgemäß.
Es folgt der Bericht der Wahlprüfungscommission über die Wahl dez Abg. Ahlwardt (Arnswalde Friedeberg. Die Tommission beankragt, die Wahl für gülkig zu erklären. Der Bericht ist vom Abg. Dr. Hermes Jauer) verfaßt, der aber bei der Abstimmung zur Minorität gehörte. Der Bericht wird auf Antrag des Berichterstatters vor dem Plenum durch den Abg. von Holleuffer vertreten.
Abg. Knörcke (dfr) beschwert sich über die bei dieser Wahl vorgekommenen ungemein zahlreichen Verstöße und Unregelmäßig⸗ keiten, für welche er aus persönlicher Erfahrung Zeugniß ablegen könne, und beantragt, den Reichskanzler unter Mittheilung des Be— richts der Wahlprüfungscommission zu ersuchen, eine Unter suchung in einer Reihe der in dem Bericht erwähnten Fälle eintreten zu lassen.
Abg. Rickert (dfr. : Der Wahlcommissar, Landrath von Born stedt hat bekanntlich den Aufruf, für den Abg. Ahlwardt in der Stich⸗ wahl zu stimmen, mitunterschrieben. Die Sache ist auch im Abgeordneten⸗ hause zur Sprache gekommen. Gegen ein solchez Verfahren muß auch dann protestirt werden, wenn es sich etwa um einen Freisinnigen handelte. Zweifellos wird die Majorität die Gültigkeit der Wahl aussprechen, aber auch dann würde es angezeigt sein, altem guten Brauche des Hauses gemäß, die gerügten Vorfälle dem Reichskanzler zur Unter⸗ suchung zur Kenntniß zu bringen.
Die Wahl wird für gültig erklärt, der Antrag Knörcke nach Probe und Gegenprobe angenommen.
Darauf wird die Etatsbe rathung fortgesetzt beim Special-Etat der Reichs-Justizverwaltun g. Das Reichs⸗ Ju stizamt erfordert an Besoldungen 528 530 „M
Bei Schluß des Blattes hat der Abg. Dr. von Bar das Wort.)
Preuszischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
Der Bericht über die vorgestrige Sitzung befindet sich in der Dritten Beilage.
II. Sitzung vom N. Februar.
Der Sitzung wohnt der Finanz-Minister hy. M iquel bei.
Die zweite Berathung des Staatshaushalts⸗ Etats für 1893,94 wird fortgesetzt bei dem Etat der Lo tterie⸗ verwaltung, dessen unveränderte Genehmigung die Com— mission beantragt. Gleichzeitig schlägt sie folgende Re— solution vor:
Die. Staatsregierung zu ersuchen, a. dem Landtag der Monarchie im nächsten Jahre eine Fortführung der vom Jahre 18860 bis 1835 aufgenommenen Statistik über die Prihatlotterien in dem bisherigen Umfange bis zum Jahre 1893 borzulegen; b. in ge⸗ eigneter Weise darauf hinzuwirken, daß die bei dem Vertriebe der ,, zur Zeit obwaltenden Mißstände abgestellt werden.“
Im Etat ist eine Erhöhung der Zahl der Loose vor— gesehen von 160000 Stamm- und 36 669 Freiloosen auf 190 0090 Stamm⸗ und 35 620 Freiloose.
Als Berichterstatter funglrt an Stelle des behinderten Abg. von Heydebrand und der Lafa der Abg. Freiherr von Minnigerode⸗Rossitten.
Abg. Dr. Arendt (freicons) begrüßt es mit Genugthuung, daß dem schon vor mehreren Jahren ausgesprochenen Verlangen nach einer Vermehrung der. Zahl der Lotterieloose entsprochen worden sei. Man hätte vielleicht schon vor mehreren Jahren damit vorgehen sollen, wenn nicht damals große Privatlotterien genehmigt worden wären. Die Regierung möge mit der Genehmigung großer Privat⸗ lotterien sehr vorsichtig sein; namentlich wünscht der Redner für Colonialzwecke keine zweite Lotterie. Üeberhaupt sollte man die Genehmigung der Lotterien vom Ministerlum des Innern auf das Finanz⸗Ministerium übertragen, wo eher eine sachverständige Prüfung stattfinden könne. Man sollte es bezüglich der Privatlotterien zur Bedingung machen, daß die Spielchancen' in den Ankündigungen richtig angegeben würden. Die Verhandlungen mit den Einzel⸗ staaten über die Regelung des Lotteriewesens würden hoffent lich bald zu einem glücklichen Resultat führen. Auch der Gedante sei ein sehr gesunder, die Privatlotterien mög⸗ lichst an die Staattslotterlen anzuschließen. Die Zahl der Lottericeinnehmer sollte möglichst vermehrt werden, da sonst bei der Vexmehrung der Loose die Einnahmen des Einnehmers zu stark ver⸗ mehrt werden würden. Die Vermehrung der Stellen sei auch deshalb nothwendig, damit die Loose mehr in der Probinz gespielt würden, während jetzt ein zu großer Theil derselben in Berlin bleibe. Redner empfiehlt schließlich den Fortfall der ganzen Gewinnprovision des Lotterieeinnehmers und dafür eine Erhöhung der Schreib— gebühr; dadurch würden die schwankenden Einnahmen der LVotterieeinnehmer in feste Einnahmen verwandelt werden: der Staat würde dadurch eine Mehreinnahme von einer Million Mark be⸗ ziehen. (Schluß des Blattes.)
— Die Steuerreformeommission des Hauses der Ab- geordneten trat heute in die zweite Lesung deß Com mungal— abgahengesetzes ein. Die ersten sechs Paragrayhen wurden nach der ersten Lesung bestätigt. Die Debatte über 57 (Beiträge der Hrundeigenthümer zur UÜinterhaltung von Anlagen, Anstalten und Einrichtungen im öffentlichen Interesse wurde bis zur nächsten Sitzung ausgesetzt. Zu S§z Y lindirecte Gemeinde⸗ steuern) wurde folgende Refolution angenommen: „Die Staatsregierung zu ersuchen, ohne Verzug bei dem Reich die geeig⸗ neten Schrifte zu thun, um den Gemeinden die Möglichkeit einer zweckmäßigen Gestaltung der Besteuerung der Getränke zu gewähren und die bestehenden Verschiedenheiten in der Berechtigung der Ge⸗ meinden zur Einführung derartiger Steuern zu beseitigen. Die Be⸗ rathung des S172 (Beitragspflicht der vormals la rhe s zen Standes⸗ herren) wurde wiederum ausgesetzt, im übrigen die Vorlage bis § 18 nach der Fassung der ersten Lesung angenommen.
Kunst und Wissenschaft.
46 Die von der Königlichen Porzellanmanufactur für die Wel tausstellung in Chile go bestimmten Erzeugnisse waren an den beiden letzten Tagen der vergangenen Woche im Verwaltungt⸗ lebäude der Anstalt zur Besichtigung ausgestesst. Trotzdem man die Deffentlichkeit wegen der Unzulänglichkeit der zur Verfügung stehenden Räume auf ein geladenes Publikum hisrn t hatte, waren die beiden Ausstellungßzräume von einer gedrängten Menge Schaulustiger überfüllt und der Reichthum des Gebotenen rechtfertigte in, der That einen vollen Zudrang. Im ersten Saale er ein kleines Modell des für Chicago beabsichtigten Aufstellung⸗ zaues eine gute Vorstellung von der Wirkung, die die hier auf Tischen ausgehreiteten Schätze an ihrem Bestimmungsorte erzielen werden. Eine Länggwand, Hor die ein kleiner Kuppelbau tritt, und zwei schmalere Seitenwände sind zur Aufnahme der verschiedenen Objecte bestimmt. Der von einer Kuppel überdeckte Pavillon in der Mitte wird als Baderaum eingerichtet, von . Wandbekleidung ein großes Kachel⸗ tableau — badende Frauen im Walde — im zweiten Saale nach dem Entwurf des künstlerischen Leiters der Manufactur Professor Kip ausgestellt ist. Aehnliche, besonders 6 Porjellangemälde, nach Vorlagen des Professors Meyerh eim, sollen die Längswand schmücken, vor der Schautische mit den kleineren Geräthen, fowle zwei
prächtige blaugemalte Vasen ihre Aufstellung finden werden. Ein aus Porzellan hergestellter Zierbrunnen ist vor dem Pavillon stehend gedacht. Als pieces de rèésistance sind be- stimmt ein in kolossalem Maßstabe ausgeführter Kamin, von dem Modellmeister Schley entworfen, ein reichverzierter Spiegel⸗ rahmen, zwei überlebens große Porträtmedaillons der Kaiser Wilhelm J. und Friedrich 1II., eine Consol⸗Uhr in prächtiger Bemalung und Vergoldung, eine große Decorationsvase mit plastischem Puttenschmuck und eine vom Bildhauer Baum bach modellirte Bowl? mit allego⸗ rischen Gestalten und einer den Deckel bekrönenden, von Putten um⸗ spielten Ananasfrucht. Sicher werden diese ungewöhnlich großen und plastisch effectvollen Stücke in Amerika die meisten Bewunderer finden, und in der That nehmen sie schon allein in technischer Beziehung das höchste Interesse in Anfpruch. Dem feiner gebildeten Geschmack, der die Grenzen des Porzellanstils kennt, werden die kleineren Arbeiten, die Figuren, Vasen, Lampen, Services mehr zusagen als diese Ko⸗ losse, die dem gebrechlichen Material durch technisches Raffinement eine Leistung abtrotzen, deren ästhetischer Widersinn ein empfindliches Auge stört. Welch ein Aufwand tẽchnischer Kraft für diese Aufgaben erforderlich ist, vermag nur der zu ermessen, der die complicirten, in ihrem Zusammenwirken unberechenbaren Manipulationen der Porzellanfabrikation kennt. Diese ist heute zwar nicht mehr das Geheimniß einzelner Arkanisten“, wie im achtzehnten Jahrhundert; das Eingreifen des Maschinenbetriebs, die Hilfe der Chemie haben die Leistungsfähigkeit aufs höchste gesteigert. Aber trotz aller Verbesserungen der Heizungsanlagen, trotz der unzähligen neuen Versuche in der Anwendung geschmeidigerer Mittel bleibt die Herstellung eines allen Ansprüchen genügenden Por⸗ zellans noch immer von unzähligen Zufälligkeiten gefährdet, und deren Beseitigung stellt den technischen Kräften oft unüberwindlich schwere Aufgaben. Auch in dem Schmuck des kleineren keramischen Geräths begegnen wir dem größten technischen Raffinement. Die Reliefvergoldung, erhabene Emailmalerei, Malerei unter der Glasur, mit Scharffeuerfarben, Metalloxydation, Chinesisch Roth und tiefes Séevreblau, die zartdurchschimmernde Technik des pate-sur-pate, alles finden wir unter den hier ausgestellten Erzeugnissen der Königlichen Manufactur vertreten; und man darf als sicher annehmen, daß diese eminenten Leistungen, unterstützt von der feinen künstlerischen Behandlung, jenseits des Dzeans unserer deutschen und speciell der Berliner feramischen Industrie einen bedeutenden Erfolg erringen werden.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maszregeln.
Cholera.
Dem Hause der Abgeordneten ist von den Ministern des Innern, für Handel und Gewerbe, der öffentlichen Arbeiten und der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗-Angelegenheiten eine Denk— schrift über die gegen die Cholera in Preußen 1892 getroffenen Maßregeln bogen, worden. Wir entnehmen daraus, daß in Berlin 32 Erkrankungen und 15 Todesfälle, in Altona 578 Erkrankungen und 331 Todesfälle, und in Preußen im ganzen bis Ende De⸗ zember 1571. Erkrankungen und 862 Todesfälle vorgekommen sind. Die Denkschrift bemerkt betreffs der zukünftigen Choleragefahr: „Als erloschen kann am Schlusse des Jahres 'die Cholera in Preußen leider nicht betrachtet werden; denn noch in der letzten Woche sind in Altona mehrere aus Hamburg eingeschleppte Fälle vorgekommen, und es müssen auch noch weiterhin bei dem gegenwärtigen Stande der Seuche in Hamburg Inpasionen von dort her befürchtet werden. Die gleiche Gefahr droht fortdauernd von den westlichen und östlichen Grenzländern her, da noch aus der letzten Jahreswoche Krankheitsfälle aus Nordfrankreich und den Niederlanden, wie auch aus den russisch⸗polnischen Gouvernements Radom, Lublin, Warschau, Plock und Lomza gemeldet worden sind. Auch in Preußen selbst sind möglicherweise von den bisherigen Fällen her Keime unvernichtet und lebensfähig verblieben, welche nach unbestimmt langer Latenz unter günstigeren Bedingungen, z. B. in der wärmeren Jahreszeit, sich weiter entwickeln und einen neuen Act der Epidemie herbeiführen können.“
Oesterreich-Ungarn.
„ KTaut Verfügung der Königlich ungarischen Seebehörde zu Fiume ist die bisher in Kraft gewesene siebentägige Quarantäne für Her⸗ künfte aus den Häfen Nordfrankreichs, Belgiens, der Niederlande und Deutschlands in strenge ärztliche Untersuchung umgeändert worden. Die siebentägige Quarantäne bleibt iedoch gegen Herkünfte aus den Elbhäfen bestehen.
Niederlande.
Nach einer im „Nederlandsche Staatscourant“ vom 21. Februar 1393 veröffentlichten Verfügung des niederländischen Ministers des Innern und der Finanzen vom 20. Februar 1893 ist vom 24. Februar an die Ein⸗ und Durchfuhr von Lumpen, gebrauchten Kleidungsstücken und ungewaschener Leib und Bettwäsche (beddegoed) aus Venedig verboten, während Gepäck, von Reisenden mitgeführt, nicht unter dieses Verbot fällt.
Griechenland.
Die griechische Regierung hat für Herkünfte aus Marseille vom 10. Februar 1893 ab eine fünstägige Beobachtungsquarantäne an= geordnet.
Samburg, 25. Februar. Ein heute hier umlaufendes Gerücht von dem Auftreten der schwarzen Pocken in einem hiesigen Aus⸗ wandererhause beruht, nach Mittheilung des W. T. B.“, auf einem Irrthum. Ein in einer Auswandererbaracke am Amerikaquai unter pockenartigen Erscheinungen leicht erkranktes Kind ist in das Kranken⸗ haus gebracht worden; jedoch ist nicht festgestellt, daß ses sich um schwarze Pocken handelt. Nur die jetzt bei allen Erkrankungen be⸗ obachtete große Vorsicht hat diese Ueberführung wünschenswerth er scheinen lassen.
Theater und Mu sik.
Königliches Opernhaus.
Am Sonnabend ging Pietro Masta gni s Oper Die Rantzau“ zum ersten Mal und mit ganz ungewöhnlichem äußeren Erfolge in Scene. Der Componist wurde nicht nur nach jedem Act und am Schluß wiederholt gerufen, fondern sberdies von dem stür⸗ mischen Beifall, der kein Ende nehmen wollte, einmal auch bei offener Scene auf die Bühne genöthigt. Dieser durchschlagende Erfolg durfte aber nicht allein auf die Re nung des Componisten zu setzen sein; sondern eine besonders günstige Stimmung der Hörer und eine ganz vortreffliche Aufführung, bei der im Gesang und Spiel der Darsteller, in der Leistung des bedeutsam in die Handle eingreifenden Chors und des Orchesters alles tadellos in dse Erscheinung trat, kamen der Wirkung der compositorischen Arbeit hervorragend zu statten.
Das Textbuch ist von H. Targioni⸗ T ozzetti und S. naseci nach dem bekannten Schauspiel von Erckmann und Gbatrian nicht ungeschickt bearbeitet und von Max Kalbeck ins Deutf übertragen worden. Die Librettisten zeigen uns die beiden Brüder und Dorfgrößen Johann und Jakob Rantzau bereits arg verfeindet. Ir dem Augenblick, wo die Leidenschaft der verfeindeten Brüder den Se punkt erreicht, entscheiden sich unter dem Zorn der Väter hier die ei zige Tochter für ihren Vetter, dem sie in Liebe von Kindheit an zugetban, dort der einzige Sohn für seine Base. Krankheit der Tochter treht in höchster Noth den Vater Johann Rantzau in das Daus feine Bruders, der feine Zustimmung zur be der Kinder nan auf dei Grundlage harter Büßen geben will, aber die Liebe der Kinder führt endlich zu aufrichtiger Verf öhnung.
Die Handlung wickelt sich in vier kurzen Aeten klar und obng Verzögerungen ab und giebt dem früher bereits dewicsenen Gef * Mageagni's für dramatisch packende Musik treff liche Gelegenbeit zur Bethätigung. Was die Musik im ganzen betrifft, so könnte man die Empfindung haben, daß ssie mehr deutsch und weniger charakteristisch
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