1893 / 56 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 06 Mar 1893 18:00:01 GMT) scan diff

unter Berücksichtigung des Cursverlustes nur auf 4,12 Proc . stellt. Die Hilfskasse hat seit ihrem Bestehen bis Ende März 1893 im ganzen 4506 Darlehne ausgeliehen, wovon planmäßig ge⸗ tilgt bezw. außerordentlich zurückgezahlt sind 1693 Darlehne, sodaß ausgeliehen verblieben 2813 Darlehne mit zusammen 12 431 802.55 S Innerhalb des Berichtsabschnitts wurden bewilligt 339 Darlehne mit zusammen 3012200 S, aus— gezahlt 260 Darlehne mit 1198 230 68 6 Der aus dem Hauptfonds der Hilfskasse abzuführende Reingewinn betrug * SI6563 Sς, wovon jedoch 70 684. 65 „M zur Deckung von Cursverlusten bei dem Verkauf von An—⸗ leihescheinen für eigene Zwecke der Hilfskasse ver⸗ wendet werden mußten. An Zinsen für zeitweise benutzte Baarbestände des Landes-Hauptfonds wurden 29 643, 96 M und an Kosten für die begebenen Anleihescheine 48235 92. gezahlt. An Anleihescheinen des Privilegs vom 11. Juli 1838 waren am Schluß des Rechnungsjahres 189192 begeben 600 900 M, der Rest von 4 100 060 ½ dürfte im Rechnungs⸗ jahre 1892/93, innerhalb dessen die Geschäfte der Hilfskasse einen weiteren erfreulichen Aufschwung nehmen, fast ganz begehen werden, sodaß demnächst die Ausgabe von An— leihescheinen auf Grund des Privilegs vom 360 Oktober 1892 wird eintreten müssen. Die Reservefonds der Hilfskasse sind auf 152 695,12 M angewachsen, und konnten die aufgekommenen Zinsen mit 15 240, 99 dem Landeshauptfonds als Ver— waltungskostenzuschuß abgeführt werden. Die Darlehne aus der Landescultur⸗Rentenbank sind lediglich zu Drainagen auf Majorate oder Fideicommisse gewährt, und zwar betrugen die ausgeliehenen Darlehne am Schluß des Rechnungsjahres 1891/92 168 159,55

Die Versammlung genehmigte ferner die Bildung eines Tilgungsfonds für die der Hilfskasse durch Verkauf von An— leihescheinen zu Zwecken der baaren Darlehnsauszahlung ent— stehenden Cursverluste. Die Verzinsung und Tilgung der diesem Fonds am Schluß eines jeben Rechnungsjahres zuzu— führenden Beträge erfolgt aus den Mehreinnahmen der Jinsen für die innerhalb dieses Zeitraums gewährten baaren Darlehne.

Ferner wurde beschlossen, Seine Majestät den Kaiser und König zu bitten, zu genehmigen, daß die Provinz Posen für Zwecke des Provinzial-Hilfskassenfonds einen weiteren Betrag von 20 900 00 MS Anleihescheine verzinslich zu 3 oder 31, oder 4 Proc, im Bedarfsfalle ausgiebt. .

Demnächst wurden folgende Spezial⸗Etats für 1893,94 und folgende Jahre berathen und in Einnahme und Ausgabe wie folgt festgestellt: 1) der für die Beamten der Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsanstalt Posen, soweit sie aus Provinzial⸗ fonds besoldet werden, auf 6. 346 S½, Der auszugebende Be⸗ trag wird von der genannten Anstalt erstattet, 2) der für das Landarmen- und Corrigendenwesen auf 384 560 0, darunter 381 795 0 Provinzialzuschuß und zwar Land⸗ armenwesen: für die Landarmenpflege 235 495 S, für die Pflegeanstalt in Kosten 41 300 h, für das Landarmenhaus zu Schrimm 17000 „S: Corrigenden⸗ wesen: für das Arbeits- und Landarmenhaus zu Bo— janowo 65 009 sS½, für das Arbeits- und Landarmenhaus zu Fraustadt 23 000 6, 3) der für das Zwangserziehungswesen auf 101 609 6, darunter 42 022 S Provinzialzuschuß und zwar: zur Unterhaltung der in Familien? und Privatanstalten untergebrachten Zwangszöglinge 168675 „M, zur Unterhaltung der Zwangserziehungsanstält Schubin 14333 6, zur Unter haltung der Zwangserziehungsanstalt Cerekwice fi 015 Mt, 1 der für die Provinzial Irrenanstalt zu Owinsk auf 350 000 6, darunter 118000 Provinzialzuschuß, 5) der für die Provinzial⸗Taubstummen⸗Anslalt Posen auf 95 600 46, darunter M 300 S6 Provinzialzuschuß, 6) der für die Provinzial⸗Taubstummen - Anstalt Schneidemühl auf 62 950 M6, darunter 62 400 S Provinzialzuschuß, 7) der für die Pro⸗ vinzial⸗Taubstummen⸗Anstalt Bromberg auf 31 250 S6, darunter 30 750 S Provinzialzuschuß, 8) der für die Hebammen— Lehranstalt Posen auf 21 066 S, darunter 1756) 6 Pro⸗ vinzialzuschuß, 9) der für die landwirthschaftliche Winter— schule Fraustadt auf 8506 M, darunter 6686 M Provinzial⸗ zuschuß, 10) der für die Gärtner⸗Lehranstalt Koschmin auf 17 0090 M , darunter 12 000 76 Provinzialzuschuß.

Der Stadt Posen wird zu der Eindeichung gemäß dem staatlicherseits noch zu genehmigenden Project eine Beihilfe don 350 000 M6 derart gewährt, daß die Provinz diesen Betrag von der aufzunehmenden Anleihe übernimmt, mit höchstens 4 Proc. verzinst und mit!] Proc, unter Hinzurechnung der ersparten Zinsen tilgt. Dafür übernimmt hie Stadt⸗ gemeinde Posen die Verpflichtung, die im Zuge der Posen⸗-Thorner Chaussee liegende Brücke über die Cybina nach einem von der Provinzialverwaltung zu genehmigenden Project neu zu kauen und deninaͤchst an die Pro⸗ binz zur Unterhaltung zu übergeben. Die Zins- und Tilgungsraten werden halbjährlich gezahlt und zwar die erste nach Führung des Nachweises, daß 3360 O00 M6 zu Eindeichungs⸗ zwecken seitens der Stadt Posen . sind. Dem St. Josephs⸗Stift in Posen für das Kinderhospital sowie für die Pflege armer siecher Frauen werden die Beihilfen von 10090 bezw. 600 M auch für 1893,94 bewilligt, während ver— schiedene andere Gesuche um Gewährung von Beihilfen und Zuschüssen durch Ablehnung bezw. Uebergang zur Tagesordnung erledigt wurden.

In Anerkennung der erfolgreichen Thätigkeit des Landes— hauptmanns und unter Berücksichtigung der stets wachsenden Arbeitslast, wurde ihm vom 1. April 1893 ab eine per⸗ sönliche aber pensionsfähige Gehaltszulage von 3000 (, gewährt.

Schleswig, 5. März. Heute Mittag 12 Uhr wurde in der Stadt Schleswig der 27. schles wig⸗holsteinische Pro⸗ vinzigl⸗Landtag in Gegenwart von 58 Abgeordneten von dem Ober⸗Präsidenien, Wirklichen Geheimen Rath von Stein— mann mit nachstehender Ansprache eröffnet:

Hochgeehrte Herren!

Bei Ihrem Zusammentreten zum 27. schleswig holsteinischen Provinzial - Landtag heiße ich Sie namens der Staatsregierung herzlich willkommen.

Der Rückblick auf das letzte Jahr ist leider kein ungetrübter.

Die Cholera, welche im Sommer in Hamburg zum Ausbruche kam und in ihrem verhängnißvollen Zuge die Nachbarstãdte Altona und Wandsbek, sowie verschiedene andere, durch Lage und Verkehrs⸗ beziehungen mit dem großen Elbeschen Städtecomplex verbundenen Drtschaften ile , ergriff, hat auch bei uns ihre Opfer gefordert. Wenn es der umsichtigen und energischen Thätigkeit der Staats- und Gemeindebehörden unter der Gunst kocaler Ver ältnisse zwar gelang, eine weitere Verbreitung der Krankheit über die Provinz u verhindern und wenn deren Auftreten in den ergriffenen . bolsteinischen Ortschaften selbst an Umfang und Bösartigkeit niemals

Hamburg der Fall war, so ist doch auch unbedeutende Zähl von Erkrankungs⸗ und gewesen.

unter den Folgen der schlechten Ernte des

mit unvermeidlich werdenden vielfachen nicht bloß für die durch diese letzteren unmitte ziemlich unterschiedslos für sämmtliche Zwe Thätigkeit mit besonders schweren Hoffen wir, daß der reiche Ausfall welcher freilich zur Stand der Getreideyreise stark beeinträchtigt für sich so reich gesegnete Provinz den Begi zweigen gut kommenden Wendung zum Besser fortgeschritten worden. Der naher Zukunft verwirklichen zu sollen. wurden im letzten Jahre eröffnet: die Linien Tondern⸗-Hoyerschleuse. Ein weites Feld pri Thätigkeit für die Herstellung zweckmäßiger und von Anschlüssen an den großen Gesetz über die Kleinbahnen vom 28. Juli In einer, großen Zahl! von Kreisen

sind. Pläne für den Bau derartiger

bereits in der Entwickelung und *

mit Sicherheit anzunehmen ist, in sich auch ihrerseits mit denselben im Einzelner wieweit schon jetzt prineipiell zur Sache S möchte, mag dahingestellt bleiben.

An Vorlagen der Staatsregierung gehen stehende Tagung nur zu: Das Ersuchen um

der Folge

ein zu Ihrer Begutachtung gestellter Gesetzent Aufhebung veralteter gefetzlicher Vorschriften,

Gegenstande haben.

die Berathung des nehmen. Wenn durch denfelben infolge meine Propbinzlalsteuer bedingen, so wird d miedene Belastung ebenso durch die

die gleichzeitige Erleichterung der

Diese Löͤsung der bedeutendsten Provinz neben Kreis- und Ortsverband lichen Sorge für die Aermsten ist auf Grund der von Ihnen in Vollmacht von Ihrem Verwaltungsausschusse

unter eigener

Zusammenhange hiermit steht bei dem Eintreten provinziellen Leistungen und Rechte durch ein

Die Ihnen vorgeschlagene vators für die Erhaltung und entspricht einem in weiten Kreisen nicht minder, wie Sie aus dem Vorschlage werden, der Sympathie der Staatsregierung,

Anstellung eir

. Die provinzialen Anstalten und Institute meinen eines gedeihlichen

Provinzialverbandes.

den siebenundzwanzigsten für eröffnet. .

Unter dem Vorsitz des an Jahren äl wurde mittels Acclamation der Landtags und der Landespfennigmeister R stellvertretenden Vorsitzenden geivählt.

Der Vorsitzende begrüßte brachte auf Seine Majestät den Kais dreimaliges Hoch aus, in welches die Ve einstimmte.

Wilhelmshaven, 5. März. Die Meldung des „W. T. B.“, lassen und ist nach

Hannover, 4. März. begann in seiner gestrigen Sitzung die Be haltsplanes des Provinzial-Verb nover für das Jahr vom 1. April schiedenen Einnahmetitel wurden ohne A bis auf Titel VI: Landarmen— bis zur Ausgabeberathung zurückgestellt Vorlage wurden in Einnahme gestellt: 1 jahres 4074 6, Renten Zuschuß zu den Rinder 56 00 S6, Zinsen 181 950 , Chausseen 140 000 M und Insgemein 62 der zurüctgestellte Titel mit 783588 belauf sich die veranschlagte

Ausgaben ein und genehmigte Posten, Provinzial Landtag 24 320 6,

raths 1000 S6, Kosten Kunst und Wissenschaft merkungen. die heute fortgesetzt wurde. Unter den Er auch ein von 25 Mitgliedern unterzeichne das Haus beschließen soll, das Ersuchen Regierung zu richten, die Thierärztliche Ho , der Berliner Thierärztlichen

der Landschafte 40 000 S

auplatz zu erwerben. Der Knyphausen wird diesen Sitzungen selbst begründen.

Batzern. Die Commission zur Revision des normatips hat die für die Curse der

Antrag in

einen so bedrohlichen Charakter aufzuweifen hatte, wie dies leider in

und der Seminare vorbereiteten Lehrprogr

Nicht minder hat sich die Seuche in dem Wirthschaftsleben der Provinz empfindlich fühlbar gemacht. Wenn dieses letztere noch immer

politischen Wirren in mehreren überseeischen Saaten zu leiden hatte, so konnte es nicht fehlen, daß der Ausbruch der Cholera und die da“ Beschränkungen des Verkehrs

Nachthellen verbunden waren. . der Einte des Jahres 1892, Zeit noch durch einen außergewöhnlich niedrigen

Mit dem Bau des Nord⸗Ostsee⸗Kanals ist im Jahre 1897 rüstig ; schon lange geplante Bau des Elbe Trave⸗Kanals zwischen Lauenburg a. Elbe und Lübeck scheint sich in Von neuen Schienenwegen

Bahnverkehr ist auch

2 h l Vorbereitung Die Previnzialverwaltung und der Provinzial⸗Landtag werden, wie

einige Grundlagen der gemäß gesetzlicher Vors Turnus vorzunehmenden Revision der Gebäudesteuer Veranlagung, sowie

liche Sicherheit von Baulichkeiten in der Nähe

Unter den eigenen Angelegenheiten des Provinzialverbandes wird haltspsanes für 1393/94 die wichtigste Stelle ein ; neuer erhöhte Leistungen in Anspruch genommen werden,

; eben ü fortschreitende Erweiterung der Aufgaben der Provinz für nothwendig zu erachten sein, wie sie durch Orts⸗Gemeinden aufgewogen wird. neuen gesetzlichen Aufgabe der des Eintritts derselben in die außerordentliche Armenlast

und Elendesten unter den Armen der vorjährigen Tagung ertheilten

treff lich geeigneten Grundstücks für die erforderliche Anstalt und durch entsprechende Einrichtung der Baulichkeiten desselben gefichert. die gesetzlich vorgesehene Ordnung der in die außerordentliche Armenlast sich ergebenden

dessen Entwurf einen Gegenstand Ihrer Beschlußfassung bilden wird. Pflege der Denkmäler der Vorzeit erkannten Bedürfniß und Kosten der neuen Einrichtung zu übernehmen bereit ist.

leinen und sicheren Fortschreitens. gilt dies auch von den land und forstwirthschaftlichen Betrieben des

Indem ich Ihren, Arbeiten unter Gottes Verlauf wünsche, erkläre ich im Namen Seiner Majestät des Königs schleswig⸗holsteinischen

Versammlung, des Landespfennigmeisters Niemand⸗Heide, . Klosterprobst Reventlow⸗Preetz wiederum zum Vorsitzenden des Provinzial⸗

darauf die Versammlung und

der Mianoverflotte, Eontre⸗Admiral Karcher, hat, nach einer , heute Vormittag die Rhede ver— der Ostsee in See gegangen.

Der Provinzial 3

und Corrigendenwesen, der

n aus der Staatskasse 4131 550 „S, Kosten der Zwangserziehung verwahrloster

beläuft . Gesammteinnahme 33h68 367 6. Der Landtag trat sodann in die Berathung der die vom Ausschuß

644 6, Landes⸗-Directorium, Besoldungen 109 500 , Äll—⸗

gemeiner Verfügungsfonds 1800 06 und Reisekosten 7560 M6, sächliche Verwaltungskosten 49 856 M6, Kosten des Provinzial—

Darauf folgte die Berathung

estalten und zwecks Neubaues derselben einen geeigneten Vorsitzende Graf zu Inn und

bei uns eine nicht ganz Sterbefällen zu beklagen

Jahres 1891 und der

Ubar getroffenen, sondern ige der wirthschaftlichen

vird, für unsere an und un einer allen Erwerbs⸗ en bedeuten möge.

Tönning-Garding und bater und communaler örtlicher Verbindungen durch das 1892 eröffnet worden. unserer Provinz kleinerer Schienenwege begriffen. vielfach Anlaß haben, zu beschäftigen. In tellung zu nehmen sein Ihnen für die bevor Ihre Aeußerung über schrift nach 15 jährigem wurf über die foͤrmliche welche die feuerpolizei⸗ der Eisenbahnen zum

bedeutender Aufgaben en, welche eine allge—⸗ iese bei uns bisher ver—

Uebernahme der eigent—

durch Erwerbung eines

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besonderes Reglement, nes Provinzial⸗-Conser— begegnet

entnehmen Hälfte der

seiner Zeit welche die

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Segen ersprießlichen

Provinzial Landtag testen Mitglieds der Graf von

iem and-Heide zum

er und König ein rsammlung begeistert

zweite Division

Landtag rathung des Haus⸗ andes von Han⸗ S953 / 94. Die ver⸗ enderung genehmigt

wurde. Nach der leberschuß des Vor—

Aufkünfte von den 156 6; wird dazu „M gerechnet, so auf

beantragten Provinzial⸗Ausschuß

n 76 780 AM; für ohne weitere Be⸗ des Special⸗Etats, ngängen befand sich ter Antrag, wonach an die Königliche chschule in Hannover Hochschule auszu⸗

einer der nächsten

Lehrerbildungs⸗ Präparandenschulen

Fächer bergthen. Die Entwürfe für katholische und pro⸗ testantische Religion sowie für deutsche Sprache wurden ein— gehend besprochen; vorbehaltlich einiger durch die Besprechung veranlaßten geringfügigen k in der Fassung wurde der „Allg. Zig. zufolge ein allseitiges Einvernehmen erzielt.

Der Erste Buͤrgermeister von Manchen Pre von Widen⸗ maner ist gestern Nachmittag gestorben.

Württemberg.

Der „St.⸗A. f. W.“ veröffentlicht eine Allerhöchste Ver⸗ ordnung, wodurch der Wiederzufammentritt der ver— tagten Ständeversamm lung auf den 14. d. M. an— beraumt wird.

Reuß j. L.

; Seine Durchlaucht der Fürst hat am Sonnabend eine längere Reise nach Italien angetreten.

El saßz⸗Lothringen.

In der Sitzung des Landesausschusses vom 2. 8. M. wurde der Entwurf eines Gesetzes wegen Abänderung und Ergänzung des Gesetzes über die Depositen verwaltung, in erster Lesung der gleichen Special⸗Commission von fünfzehn Mit⸗ gliedern, wie die Sparkassenvorlage, überwiesen. Auf der Tagesordnung stand weiter die zweite Lesung der Etats der Universität, Universitäts- und Landesbibliothek, für Kunst und Wissenschaft und des niederen Unterrichts! und der allgemeinen Einnahmen und Ausgaben des Etats der Verwaltung der Finanzen und Domänen. Sämmt' liche Positionen wurden den Commissionsanträgen gemäß angenommen. Dem Antrage des Abg. Ruhland die Regierung möge der Frage nach einer Erweiterung der Alters— zulagen für die Elementarlehrer näher treten, entgegnete der Präsident des Ober⸗Schulraths, daß aus finanziellen Gründen zur Zeit nicht weiter gegangen werden könne, als dies bereits geschehe. Die Abgg. Spies und Bägert trugen den Wunsch vor, es möge durch Aufhebung des Verbots des Srdens „Sacré-Coeur“ eine Wiedereröffnung der Erziehungsanstalt zu Kienzheim ermöglicht werden. Den gegenüber wies der Staatssecretär darauf hin, daß die Zulassung des Ordens durch Reichsgesetz ausgeschlossen sei, diese Frage daher vor den Reichstag gehöre.

Die Specialcommission des Landesausschusses für die Gewerbesteuervorlage hat nach der „Straßb. Post“ mit 14 gegen 1 Stimme den §!1 des Gesetzentwurfs angenommen.

Oesterreich⸗Ungarn.

Das österreichische Abgeordnetenhaus erledigte am Sonnabend das Kapitel „Centrale des Handels⸗Ministe⸗ riums“ und zog sodann das Post- und Telegraphenwesen sowie das Postsparkassenwesen in Verhandlung. .

In der Sitzung des ungarischen Unterhauses vom Sonnabend wurde dem Justizausschuß ein Antrag überwiesen, wonach die Diäten der Abgeordneten als nicht pfändbar erklärt werden sollen. Die Verlängerung des B udget⸗ provisoriums wurde sodann genehmigt. Im Laufe der Debatte erklärte der Minister⸗Präsident Pr. Wekerke, die Regierung halte an ihrem kürchenpolitischean Programm fest und werde es auch durchführen.

Eine Conferenz der liberalen Partei berieth gestern über eine vom Cultus-Minister Esaky und dem Minister— Präsidenten hr. Weker le angenommene Refollltion des Ab— geordneten Fenyvessy, wonach die Regierung angewiesen werden möge, innerhalb ihres Geschäftskreises dem Kaiser vorzuschlagen, die Erlaubniß zur Einberufung einer Organi⸗ sationscommission oder einer Versammlung wegen Schaffung der katholischen Autonomie ehestens zu ertheilen. Die Resolution wurde von der Conferenz angenommen.

Grosßkbbritannien und Irland.

Gestern Abend fand im Mansion-House beim Lord— mayer zu Ehren des französischen Botschafters Waddin gton ein Bankett statt. In Beantwortung bes auf ihn ausgebrachten Toastes erklärte Wgddington, Frankreich und England müßten in ihrem Bestreben, ihre Besitzungen über den ganzen Erdball auszudehnen, nothwendiger Weise rivalisiren. Aber es bestehe zwischen beiden Ländern keine einzige Streitfrage, welche nicht auf directem oder schiedsrichterlichem Wege gelöst werden könne.

Lord Randolph Churchill hat der „A. C.“ uufolge in einem am Freitag veröffentlichten Briefe die Aufforderung ergehen lassen, daß in allen Theilen des Landes große Versammlungen zusammenberufen werden möchten, die gegen das Pioject der Home Rule protestiren sollen. „Wir haben heißt es in dem Schreiben einen großen Kampf vor unt. Niemals war es so nöthig, wie jetzt, daß alle patriotisch gesinnten Ergländer sich zusammenschaaren und zu dem Reich stehen, das sie termöge ihrer Energie und ihrer Stärke geschaffen und aufrechterhalten haben; daß sie es gegen die waghalsigen und revolutionären Factionen von irischen, schottischen und walisischen Raicalen vertheidigen, die die Majoritäͤt Gladstone's constituiren und die keine größere Freude kennen, als dazu beizutragen, daß der gerechte Stolz und die große Macht des englischen Volss ge⸗ demüthigt werden.“

Frankreich.

Die Deputirten kammer nahm in ihrer Sitzung vom Sonnabend das Gesetz über die Liquidation der Panana⸗ , , an und berieth darauf die Vorlage über die Modification des Preßgesetzes. Die Specialberathung der enn Artikel wurde mit A4 gegen 250 Stimmen de— schlossen. Der Deputirte Millevoye hat, wie „W. T. B.“ meldet, ein Schreiben an den Justiz-Minister Bourgeois gericht, worin er für heute eine Interpellation ankündigt über die rechtlichen und paͤrlamentarischen Folgen, die aus der Betheiligung verschiedener politischer Perfönlichkeiten, namen lich Claͤmenceau's, Ranc's, Freycinet's und Floquet's in der Panama⸗Affaire entstehen könnten. Dem Vernehmen nach wird die Regierung die Interpellation nicht vor Beendigung des Prozesses annehmen, der am 8. d. M. beginnt.

Nach einem Telegramm der „Magd. Ztg.“ wird der De— putirte Déroul-ode ein Schreiben an den Minister des Aus⸗ wärtigen Develle richten, worin er eine Interpellation über das Nichterscheinen der russischen Flotte, sowie über die egen⸗ wärtigen Beziehungen zwischen Frankreich und? uß⸗ land ankündigt.

amme der einzelnen

Der Cardinal Place, Erzbischof von Rennes, ist gestorben.

Nuß land. Der Regierungsbote? veröffentlicht eine amtliche Mit⸗ theilung, in welcher es heißt: Die Kaiserliche Regierung habe schon mehrmals Gelegenheit genommen, . über die Umwälzungen in Bulgarien und über die Principien zu äußern, von denen sich die Regierenden in Sofia leiten ließen, seitdem der Prinz Ferdinand zur Macht gelangt sei. Nachdem diese Leiter der Regierung nunmehr beabsi tigten, die Sobranje einzuberufen, um den Artikel 38 der Ver⸗ fassung von Tirnovo abzuändern und auch Her Religion des Landes Eintrag zu thun, könne die Kaiserliche Regierung, wenn sie auch an dem Princip der Nichtintervention in die inneren Angelegenheiten des Fürstenthums festhalte, nicht stummer Zeuge diesem Versuch gegenüber bleiben, welcher einer energischen Opposition unter der bulgarischen Bevölkerung begegne. Die Mittheilung schließt, wie folgt. „Die Kaiserliche Regierung spricht ihren aufrichtigen Wunsch aus, daß die Stimmen, die sich unter der Geistlichkeit und den gut gesinnten Bürgern vernehmen lassen, allen Bulgaren ohne Unterschied der Partei als Mahnung dienen und die Gefahr beseitigen werden, die dem ganzen Volke droht, das im Begriff steht, seine heiligsten hundertjährigen Traditionen zu verleugnen. Die Kaiserliche Regierung ist überzeugt, daß die beabsichtigte Aenderung in dem geistigen und politischen Leben des Fürstenthums keine günstigen Resultate erzielen und nur traurige Folgen für die Zukunft haben wird, indem sie Zwistigkeiten im Innern und tiefgehende Mißhelligkeiten in moralischer Beziehung herbeiführen wird.!“ , . Im Ministerium des Innern ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ ein Gesetzentwurf in Ausarbeitung, nach welchem den Juden, welche in den Flecken und Städten des 560 Werst breiten westlichen Grenzgürtels wohnen, das Recht verliehen werden soll, dort weiter zu wohnen, während das zur Zeit giltige Gesetz den Juden verbietet, daselbst zu wohnen, falls sie nicht bereits vor dem 27. Oktober 1858 sich dort niedergelassen haben. Der neue Gesetzentwurf soll in der nächsten Reichsrathssession zur Verhandlung kommen. Die Gouverneure sind angewiesen worden, die Aus— weisung von Juden inzwischen zu sistiren. Diese Vergünsti⸗ gungen erstrecken sich auch auf schon verfügte nnd rechtskräftig gewordene Ausweisungen. . Der Stabschef des Moskauer Militärbezirks, General— Lieutenant Duchowskoi ist als General-Gouverneur des Amur⸗Gebiets in Aussicht genommen. . Dem „Kronstadtskij Wiestnik“ zufolge hegiebt sich das russische Geschwader des Atlantischen Oceans, bestehend aus den Kreuzern „Dimitry Donskoj“, „General⸗ Admiral“ und „Rynda“, zu denen nach Eröffnung der Schiff fahrt noch einige Kriegsschiffe aus Kronstadt stoßen werden, nach Rord⸗Amerika. Zum Chef des Geschwaders ist der Vice Admiral Kasnakow ernannt, welcher gegen den 22. März n. St.) seine Flagge in Algier auf dem „Dimitry Donskoj“ hissen wird.

Italien.

Die Staats-Einnghmen vom 1. Juli 1892 bis zum 28. Februar 1893 übersteigen diejenigen der gleichen Periode Vorjahres um mehr als 19 Millionen. .

Baron Wedel und Lagergren, die Abgesandten der katholischen Bevölkerung Norwegens und Schwedens, über— mittelten am Sonnabend dem Papst die Glückwünsche zu dessen Bischofsjubiläum.

Des

Spanien.

Der österreichisch- ungarische Botschafter Graf Dubsky hatte, wie W. T. B.“ aus Mad rid von gestern meldet, mit dem Minister des Auswärtigen Vega di A rmijo eine Unterredung, um Verhandlungen wegen eines Handels— 1bkommens einzuleiten. ;

Die Wahlen zur Deputirtenkammer, die gestern be⸗ gannen, nahmen in Madrid einen sehr ruhigen Verlauf, da⸗ gegen soll der Wahlkampf in den Provinzen ein sehr heftiger sein. So werden aus Quintanilla, in der Provinz Burgos, sowie aus Motril, in der Provinz Granada, Wahl⸗ unruhen gemeldet. An letzterem Orte gab es mehrere Todte und Verwundete. In Almeria zerstreute die Polizei eine Gruppe, die eine republikanische Fahne mit sich führte, in Nara del Rey wurde ein Carlist, welcher „Es lebe Don Carlos!“ rief, schwer verwundet, in Valencia wurden die Wahlurnen durch die Fenster geworfen, in Sara— gossa wurden mehrere Wähler wegen Stimmenhandels verhaftet. Ferner kam es in Velez, Provinz Gra⸗ nada, zu Unruhen, wobei eine Person getödtet und mehrere Personen, darunter der Bürgermeister, verwundet wurden. In Madrid wurden alle republikanischen Candidaten gewählt;

Madrid entsendet somit 6 Republikaner und 2 Monarchisten in die Deputirtenkammer;

unter den ge⸗ wählten Republikanern befindet sich Zorilla. Die Klerikalen haben feinen ihrer Candidaten durchgebracht. Ferner wurden gewählt: in Barcelona zwei Republikaner, drei Ministerielle; in Sevilla ein Republikaner, zwei Ministerielle, ein Conservativer; in Saragofsa zwei Republikaner, ein Conservativer, ein Ministerieller; in Valencia zwei Re⸗ bublikaner, ein Conservativer. Der Finanz-Minister Göamazo ist in Medina Castelar in Sevilla gewählt worden.

Schweiz.

Bei den gestern im Canton Wahlen zum Großen Rath haben nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Bellinzona die Liberalen gesiegt. Vor⸗ aussichtlich werden 51 Liberale und 45 Conservative gewählt worden sein.

Tessin vorgenommenen

Numãänien.

Die bereits in der gestrigen Nummer des „R- u. StA.“

ni ilte Nachri Rücktritt des Primas mitgetheilte Nachricht von dem Rücktritt des Primas von Rumänien bestätigt sich dem „W. T. B.“ zufolge. Die Handels convention zwischen Rumänien und der Schweiz ist vorgestern unterzeichnet worden.

Serbien.

Wie dem „W. T. B.“ aus Belgrad berichtet wird, werden die auswärts verbreiteten Nachrichten über die Nich t⸗ ausfolgung von Wählerkarten von maßgebender Seite dahin richtig gestellt, daß die Maßregel, nur gegenüber solchen Wählern angewendet worden sei, die mit der Entrichtung ihrer Steuern rückständig sind. Im allgemeinen seien bisher mehr Wöählerkarten verabfolgt worden, als bei den letzten Wahlen. Etwaige Beschwerden fuche der Minister des Innern nach Mög⸗

Schweden und Norwegen. Das Panzerschiff „Thule“ ist, wie „W. T. B. aus Stockholm berichtet, gestern in Gegenwart des Königs, der Minister, zahlreicher Mitglieder des Parlaments sowie einer großen Menschenmenge glücklich vom Stapel gelaufen.

Amerika.

In seiner Botschaft bei Uebernahme der Präsidentschaft hob Cleveland, wie „W. T. B.“ berichtet, die hervor— ragende Wichtigkeit einer guten und stabilen Münzeirkula⸗ tion hervor. Die Vereinigten Staaten könnten sich trotz ihrer nationalen Kraft und ihrer wirthschaftlichen Hilfs⸗ mittel nicht mit den unerbittlichen Gesetzen der Finanzen und des Verkehrs in Widerspruch setzen. Er, hoffe, die Gesetzgebung werde ein weises und wirksames Heilmittel finden. Inzwischen werde die Executive alle in ihrer Macht stehenden Mittel gebrauchen, um den National— eredit aufrecht zu erhalten und eine finanzielle Katastrophe zu beschwören. Das Verdict der Wähler sei gegen die Aufrecht⸗ haltung des Schutzsystems gewesen. Cleveland. ver⸗ urtheilt die populäre Tendenz, von der Thätigkeit der Regierung individuelle, nur einzelnen Interessenten zu gute kommende Vortheile zu erwarten und mißbilligt die Prämien, Subventionen und Syndikate (Trusts). Die Tarif⸗ reform müsse weise, ohne Rachegelüste, unternommen werden. Zum Schluß der Botschaft heißt es: „Unsere Mission ist nicht, Irrthümer zu bestrafen, sondern zu berichtigen. Die Noth⸗ wendigkeit, die zur Erhaltung der Regierung erforderlichen Mittel aufzubringen, liefert die einzige Rechtfertigung der vom Volke erhobenen Steuern“. . ö.

In Paris eingetroffenen Meldungen aus Buenos⸗A Aires zufolge hat der Minister der Armee und Marine General Victorien seine Entlassung eingereicht.

Afrika.

Der Sultan von Sansibar Sayyid Ali ben Said ist nach einem Telegramm des Reuter schen Bureaus“ vorgestern Abend 8 Uhr infolge von Wassersucht gestorben. 259 Mann englische Marine⸗Infanterie wurden sofort ausgeschifft und nahmen vor dem Palais Aufstellung. Der Sohn des verstorbenen Sultans Khalid Bargash drang durchieine Hinterpforte ins Palais ein und versuchte sämmtliche Thore zu sperren, öffnete sie jedoch auf Aufforderung des stell vertretenden großbritannischen General-Konsuls Rennel Nodd wieder und wurde dann unter Escorte in sein Haus geführt. Die englische Marine⸗Infanterie bewacht fortwährend das Palais. Als Nachfolger wurde Hamed ben Thwain proclamirt. Die Ruhe in Sansibar ist nicht gestört worden.

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Der Bericht über die 538. Sitzung befindet sich in der Ersten Beilage.

59. Sitzung vom Montag, 6. März, 1 Uhr. Der Sitzung wohnt der Staatssecretär Dr. Stephan bei. J ö .

Die Berathung des Post-Etats wird fortgesetzt. ie Discussion über den Ausgabetitel „Gehalt des Staats— secretärs“ 24009 4M, nimmt ihren Fortgang.

Abg. Bebel (Soc.): Auch wir halten dafür, daß dem Beamten durch seine Beamtenstellung seine staatsbürgerlichen Rechte nicht im geringsten beschnitten werden dürfen. Will man in dieser Beziehung Aenderungen, so muß der Weg der Gesetzgebung beschritten werden, nimmermehr darf aber die Verwaltung duf dem Wege des Erlasses besonderer Vorschriften diese Beschneidung eintreten lassen. Bei der Berathung der Bundesverfassung wollte der Reichskanzler, damalige Bundeskanzler Graf Bismarck, eine Bestimmung. auf genommen wissen, welche den Staatsbeamten das passive Wahlrecht nahm. Wir würden einer solchen Bestimmung durchaus nicht wider streben. Wir würden es für einen Vortheil halten, wenn Landräthe, Regierungs- und Ober-⸗Präsidenten, Staatsanwälte u. dgl. auf diese Weise vom Reichstag ferngehalten werden könnten. So lange es aber gesetzlich anders vorgeschrieben ist, darf man sich nicht darüber hinwegsekzen; was den höheren Beamten recht ist, muß den unteren und auch den Postassistenten billig sein. Es handelt sich nicht ein- mal um einen politischen, sondern um einen reinen Privatherein, an dem sich die gemaßregelten Postassistenten betheiligten. Was der Staatsseeretär Dr. von Stephan hier an den beiden Tagen gegen die Assistenten und ihren Verband vorbrachte, zeigte ein solches Maß von Feindseligkeit gegen die ihm unterstellten Beamten, wie es kaum bei einem so hohen Beamten des Reichs erhört ist. Die kleinlichen Dinge, bis zu denen der Stgatsseeretär sich herabgelassen hat, um die Schlechtigkeit des Postassistentenverbandes zu be— weisen, haben für diese Behauptung keinen Beweis er⸗ bracht: weder die wäterlichen Ermahnungen gewisser Ober⸗ Postdirectoren an die jüngeren Beamten, gewisse Pensionate zu

vom 4. März

von

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Verbandes. Das angebliche Desicit von 25 900 M konnte nur beim Mangel von Objectivität aus dem Bericht des Berbandes herausgelesen werden. Der, Abg. von. Keudell fürchtet das Umsichgreifen dieser die Disciplin erschütternden Bestrebungen. Ja, in Bavern existirt, ohne von der Regierung molestirt u werden, ein Verband der Briefträger und Postboten; in Sachsen bestehen zahlreiche Vereine und Verbände von Unterbeamten, welche durch die Förderung der Regierungs organe zur Blüthe gelangt sind. Da bis auf den Abg. von Keudell das ganze Haus die Haltung des Staatssecretärs Dr. von Stephan verurtheilt hat, muß, wenn im nächsten Jahre der Reichstag wieder in die Lage versetzt wird, über diese Dinge Klage führen zu müssen, erwogen werden, ob nicht der Postverwaltung ein Mißtrauensvotum autzusprechen ist. Gegen die Bevormundung der unteren Postbeamten, wie sie ihr Geld anlegen und verbrauchen sollen, muß ich Protest erheben. Die Post, gehilfen werden unzureichend besoldet; der Staats seeretär weist Lin ach darauf hin, daß hier die Eltern zuzuschießen haben. Die es System besteht lediglich im Gebiete der Justizverwaltung bei den Referen. daren; diese müssen eine Zeit lang dem Staat umsonst dienen. So liegt es aber bei den Postgehilfen nicht, und diese müssen also auch hin⸗ reichend bezahlt werden. Falle gerichtlicher Verurtheilung solcher Beamten, welche wegen ungenügender Bezahlung sich an amtlichen Geldern pergriffen haben, sind nicht selten; die Verwaltung sollte die Wiederkehr solcher Fälle verhüten, anstatt immer nur auf Ueber— schüsse zu sinnen. In Berlin werden Hunderte von Unterbeamten beschäftigt, denen man, soweit sie intelligent sind, die, Ge⸗

äfte von, Oberbeamten überträgt, um mit den höheren Gehältern möglichst zu sparen. Dieses System geht durch die ganze Verwaltung und erzeugt in den Kreisen der Beamten die allergrößte Unzufriedenheit. Wir angeln nicht, wie der Abg. Liebermann von Sonnenberg glaubt, nach den Postbeamten; wir bringen nut ihre berechtigten Klagen vor; was den Aufruf betrifft, der durch den, Vor— wärts⸗ an die Post⸗Unterbeamten verbreitet wurde, so ist er allerdings don einem Unterbeamten verfaßt, der sich an uns gewendet hat, weil er bei keiner anderen Partei Gehör fand. (Schluß des Blattes.)

benutzen, noch die Kritik der Wirthschaft der Bekleidungskasse des,

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. Der Bericht über die vorgestrige Sitzung befindet sich in Zweiten Beilage. 46. Sitzung vom 6. März.

Der Sitzung wohnt der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch bei. 3

Die Berathung des Etats der Berg- Hütten- ur Salinenverwaltung wird fortgesetzt und zwar bei den Einnahmen und Ausgaben der Berggewerbegerichte. Abg. Schmidt-⸗Elberfeld (dfr.): Es ist nothwendig festzustellen, daß der Redner der conservativen Partei der Ausführung eines Reichs, gesetzes widerstrebt, eines Reichsgesetzes, das seine Parteigenossen im Reichstage angenommen haben.“ Das ist ein weiterer Vor⸗ stoß der Conservativen gegen die conservativen Minister, wie wir es in letzter Zeit öfter erlebt haben. Die Gonser⸗ vativen sind unzufrieden. darüber, daß die Interessenpolitit nicht mehr in der Weise gewahrt wird, wie das unter dem Fürsten Bismarck der Fall war. Inäbesendere sind ihnen die Handelsverträge unan— genehm mit der Herabsetzung der Getreidezölle, die immer noch den Agrariern einige hundert Millionen in den Schooß werfen; wenn man gerade gegen den Handels⸗Minister vorgehen wollte, dann konnte man die Gelegenheit nicht ungeschickter auswählen. Man wollte wohl dem Herrn von Stumm folgen, der einen weitaus schärferen Vorstoß gegen den Handels⸗Minister machte; der Vorsteß wurde aber gründlich zurückgewiesen. Dieses arbeiterfeindliche Auftreten des Redners der Conservativen gipfelt in der Bemerkung dem unberechtigten us.

der

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von Humanitätsfanatismu Die Conservativen wollen den Arbeitern eine untergeordnete Stellung anweisen. Die Kaiserliche Botschaft, die der Fürst Bismarck gegengezeichnet hat, hat der Abg. von Minnigerode früher anerkannt. Die Conser⸗ vativen betrachteten die Botschaft als ihr Panier. Diese Botschaft verlangte die positive Förderung des Wohls der arbeitenden Klassen, eine Fortsetzung der Reformen des Anfangs dieses Jahrhunderts, welche die Aufhebung der Leibeigenschaft brachten. Der Widerstand gegen die Gewerbegerichte mag ja, davon ausgehen, daß Ihnen rechts) deren Ausdehnung auf die Landwirthschaft nicht angenehm ist. Wegen der Haltung der Bergbehörden in Saarbrücken hat man dem Handels-Minister Vorwürfe gemacht. Sollte er beim Ausbruch des Ausstandes erklären, daß die strikenden Arbeiter entlassen würden? Sollte er wirklich 25 006 Arbeiter entlassen? Der Abg. von Minnigerode hat sich gegen die Solidarität der, Arbeiter erklärt, während doch die Herren Agrarier auf Tivoli diese für sich in Anspruch nehmen! Die Gewerbegerichte sollen eine Verschärfung, nicht eine Versöhnung der Gegensätze mit sich bringen! Das widerspricht der Erfahrung, die wir im Rheinlande mit den Gewerbegerichten seit 80 Jahren gemacht haben. Wenn der Abg. Ritter schlechte Erfahrungen gemacht hat, so kann das zurückzuführen sein auf die Unfähigkeit des WVorsitzenden. Redner geht dann auf, die Berathung des Gewerbegerichtẽgesetzzes ü Reichstage ein und schildert namentlich die Haltung der conservativen Redner; ein conservativer Redner habe damals erklärt, daß es ei. eigentliches Wahlrecht nicht gebe ohne geheime Abstimmung. Die Conservativen können sich noch nicht von dem Standpunkt los machen, daß die Arbeiter mit dem Polizeistock und mit sogenannter Schneidig⸗ keit behandelt werden. Wenn man die Arbeiter von ihren politischen Rechten ausschließt, dann erzieht man Heuchler und führt die Arbeiter schließlich zum Strike. Man fürchtet, daß Socialdemokraten zu ei⸗ sitzern bei den Gewerbegerichten gewählt werden. Sind die Arbeiter⸗ Beisitzer bei den Krankenkassen und bei der Unfall versicherung nicht ebenfalls Socialdemokraten? Die Heranziehung zu solchen prakti schen Dingen übt eine erziehliche Wirkung auf die Arbeiter aus; sie lernen dadurch, daß sie nicht durch den Umsturz, sondern nur durch praktische Arbeit zur Verbessernng ihrer Lage kommen können. In Frankfurt a. M, sind auch unter den Arbeitgebern als Beisitzer Soeial˖ demokraten. Aber diese Arbeitgeber waren früher Arbeiter, und sind, als sie Arbeitgeber geworden sind, nicht blos von Socialdemokraten, sondern von allen Parteien übereinstimmend gewählt worden. Haben Sie etwas weniger Mißtrauen gegen die Arbeiter! Warum wollen Sie den Bergarbeitern die Wohle der Gewerbegerichte entziehen? Bewilligen Sie die Position. . ĩ ;

Abg. Dr. Hammacher (ul.): Ich kann zunächst erklären, daß die Mehrzahl meiner politischen Freunde für die Eiaführung der Berggewerbegerichte stimmen wird. Ich freue mich, in Bezug auf die Saarbrücker Bergwerksverwaltung mit dem Vorredner einverstanden zu sein. Ich halte die Angriffe für durchaus haltlos. Es wäre eine thörichte Maßregel gewesen, wenn die Verwaltung die Arbeiter, die innerhalb drei Tagen nicht zur Arbeit zurückkehrten, entlassen hätte. Kein einziger Arbeiter hätte die Arbeit so schnell wieder aufgenommen. Der Saarbrücker Bergbau wäre zuin Erliegen gekommen oder die Verwaltung hätte die Waffen strecken müssen vor den Arbeiteyn. Wenn wir, die Position be— willigen, dann machen wir uns nicht verbindlich, die Gewerbegerichte auf die landwirthschaftlichen Arbeiter auszudehnen. Das überlaffen wir dem Reichstag.

um zu um Entscheidung der ihnen vorliegenden Streitigkeiten. Von dem Abg. Ritter wissen wir, daß er treu und bewußt dem Boden der soeialpolitischen Gesetzgebung des Reichs Er hat sogar darüber hinaus die Arbeiterausschüsse eingeführt; da verdient sein Widerspruch eine gewisse Beachtung und ich muß sagen, er scheint mir mit gewissen Vorurtheilen zu kämpfen. Mir scheinen die Gewerbegerichte volle Gewähr zu bieten für eine objective und sachliche Behandlung der Dinge. Aus der Erfahrung haben nir gesehen, daß die turbulentesten Elemente sich oft bald als die nützlich sten Elemente herausgestellt haben. Warum haben denn in Berlin die Betheiligten ihre Schuldigkeit nicht D wären

auf stebt.

gethan? Dann niemals unter den Arbeitgebern Socialdemokraten gewäblt worden. Unsere, bürgerliche Gesellschaft wird niemals zu Grunde geben, weil die Socialdemokratie vorbrängt, sondern weil die Elemente, die zu ihrer Vertheidigung berufen sind, nicht muthig und thätig genug sind. Daß die Entscheidung von Streitigkeiten schneller und billiger als vor den ordentlichen Gerichten erfolgt, daß die Arbeiter mit rer richterlichen Stellung bekleidet werden, darin kann doch der Abg. Ritter nichts Bedenkliches, keine Lockerung der Digeiplin erblicken. Daß die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer nur die Interessen ihrer Standesgenossen wahrnehmen sollten, glaube ich nicht. Von den ersteren erwarte ich es schon nicht wegen ihrer höheren Bildung. Wenn auch vorübergehend die Leidenschaften zur Herrschaft kommen sollten, so wird das immer ein Uebergangsstadium sein. Schließlich wird das Rechtsgefühl unter den Arbeitern geweckt werden, da Rechte gefühl, dessen Fehlen jeßt eine beklagenswerthe Erscheinung ist. Nach allen Seiten hin handelt es sich um Uebertreibung, wenn inan die Hewerbegerichte für gefährlich bält. Der Reichstag ist nicht der Ansicht gewesen; denn alle Parteien haben sich für die Gewerbegerichte erklärt. Ich bitte deshalb, daß Sie sich möglichst einstimmig für die Regierungsvorlage erklären.

Bei Schluß des Blattes nimmt der Abg. Dr. Bachem

das Wort.

Die Budgetegmmission des Reichstags berieth beute

die ihr überwiesene Novelle zum Gesetz über die Postdamꝝyf⸗

schiffsverbindungen mit überseeischen Ländern. F 1 der

Vorlage wurde einstim mig, § 2 mit elf gegen fünf Stimmen an- genommen.

Von den Abgg. Seipio (nl. und Golds

lichkeit zu berücksichtigen.

midt 1e.

ist folgender Antrag im Reichstag eingebracht: Der Reichstag