Ferner wurde beschlossen, Seine Majestät den Kaiser und König zu bitten, die statutarische Anordnung IV, wonach dem Landeshauptmann zwei weitere obere Beamte (Landes⸗Räthe) für die Invaliditäts⸗ und Altersversicherungs-Anstalt zuge— ordnet werden, Allerhöchst zu bestätigen.
Die Vorlage des Landtags-Commissarius über die zweite Reyision der Gebäudesteuerveranlagung wurde berathen, und die Versammlung beschloß vorzuschlagen, daß die für die ein⸗ elnen Kreise vorgeschlagenen 40 Städte der Provinz maßgebend gern sollen für die Einschätzung der im 8 8 Nr. 4 des Ge— bäudesteuer⸗Gesetzes vom 21. Mai 1861 auf dem platten Lande vorkommenden Gebäude, hingegen von der Aufstellung be— sonderer provinzieller Merkmgle für die Einschätzung der länd—⸗ lichen Wohngebäude in der Provinz Abstand zu nehmen.
Es werden für 1893/94 und folgende Jahre fest— gestellt die folgenden Etats: I) für die Localver— waltung der Provinzial ⸗Chausseen auf 453 700 MS, darunter 453 225 s6é Provinzial-Zuschuß. 2) für die Unterhaltung der Chausseen auf 1353 460 S6, darunter 1225 500 6 Proyvinzial⸗Zuschuß, 3) für die Fonds zu Chaussee⸗Neubau⸗Prämien und Wegebau⸗Beihilfen auf 70 000, darunter M79 000 466 Provinzial-⸗Zuschuß, 4) für die Provinzial— Blinden⸗-Anstalt Bromberg auf Iß 300 MS, darunter 35 806 MM Provinzial⸗Zuschuß.
Breslau, 5. März. Der XXXV. Pxrovinzial— Landtag der Provinz Schlesien wurde gestern Mittag nach einem für die evangelischen Mitglieder in der Haupt⸗ unb Pfarrkirche zu St. Elisabeth, für die katholischen im Dom in Verbindung mit den Hauptgottesdiensten daselbst abgehaltenen Gottesdienst im Hauptsitzungssaale des Provinzial⸗Ständehauses durch den Ober⸗Präsidenten in Breslau D. von Seydewitz mit folgender Rede eröffnet:
„Meine hochgeehrten Herren Mitglieder des Provinzial-Land— tags! Des Kaisers und Königs Majestät haben mittels Allerhöchster Ordre vom 21. Dezember v. J. die Einberufung des Provinzial-Land— tags der Provinz Schlesien zum heutigen Tage Allergnädigst zu be— fehlen geruht, und nachdem Sie der verfassungsmäßig an Sie er— gangenen Einladung zufolge sich heute hierselbst versammelt haben, gestatte ich mir, an dieser Stelle Sie herzlich zu begrüßen. Das erste Wort, daß ich hiernach an Sie, meine hochgeehrten Herren, richte, ist ein Wort des tiefsten, von Ihnen mitempfundenen Schmerzes über den Heimgang des hochverehrten Mannes, der sich 37 Jahre lang als Führer des Landtags und Leiter seiner Verhandlungen bewährt hat, und dem bis zu seinem Ende die Förderung der Wohlfahrt unserer Provinz eine Lebensaufgabe gewesen ist; dem heimgegangenen Herzog von Ratibor wird die Staatsregierung und die . zu allen Zeiten ein dankbares Andenken bewahren. Von den Mitgliedern des Landtags sind während der letzten zwei Jahre elf gestorben und acht haben ihr Mandat niedergelegt. Die infolge dessen erforderlich ewordenen Neuwahlen habe ich alsbald angeordnet und werden Ihnen die Wahlverhandlungen, soweit sie zum Abschlusse ge— kommen sind, zur Prüfüng und. Beschlußfassung vorgelegt werden. Seitens der Königlichen Staatsregierung werden Ihnen zufolge der Allerhöchsten Ordre vom 13. Februar d. J. die Grund—⸗ züge einer Wegeordnung für die Provinzen Westpreußen, Brandenburg, Pommern und Schlesien, sowie auf Grund der Allerhöchsten Ordre vom 15. Februar d. J. die Grundzüge zu einer Abänderung des §211 des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865, betreffend den Eisenerzbergbau im Herzogthum Schlesien und in der Grafsschaft Glatz; demnächst auch zufolge der Allerhöchsten Ordre vom 2. Februar d. J. eine Vorlage, betreffend Regelung des Auenrechts in den sieben öft— lichen Provinzen, endlich eine Vorlage, betreffend die bei der bevor⸗ stehenden Gebäudesteuerrevision zu bezeichnenden Normalstädte und die etwa zu beachtenden provinziellen Einschätzungsmerkmale zur Be⸗ gutachtung unterbreitet werden. Auch über eine Regelun der Landwirthschaftsschulen in der Provinz, . der Lehrergehälter bei denselben werden Sie auf An⸗ regung der Königlichen Staatsregierung zu befinden haben, wobei eine nicht allzu umfangreiche Bewilligung Ihrerseits erwartet wird. Dem⸗ nächst wird die Ausführung des Gesetzes vom 11. Juli 1891, be⸗ treffend die Abänderung einiger Bestimmungen der Gesetzgebung über den Unterstützungswohnsitz, welches dem Landarmenverbande die Ver—⸗ pflichtung auferlegt, für Bewahrung, Kur und Pflege der hilfsbedürf⸗— tigen Geisteskranken, Idioten, Epileptischen, Taubstummen und Blinden in geeigneten Anstalten Fürsorge zu treffen, Sie ebenso wie die Wach lagfa nung über die nach dem Gesetze vom 28. Juli 1892 zur Förderung des Kleinbahnwesens seitens der Provinz zu treffenden Maßregeln beschäftigen. Ferner macht das Ihren Wünschen entsprechende Gesetz vom 22. April 189, betreffend die Entschädigung für an Milzbrand gefallene Thiere, die Feststellung eines Reglements nothwendig, das Ihnen zu Ihrer Beschlußfassung vom Provinzial ⸗Ausschuß vorgelegt werden wird. Die Bedrängniß, in welcher die Handweber in einzelnen Kreisen der Provinz sich befinden, hat die Königliche Staatsregierun veranlaßt, Schritte zu thun, um eine Linderung dieser we anzubahnen; auch hier wird gehofft, daß seitens der Provinz eine ent= sprechende Mitwirkung nicht versagt werden wird. Hierauf bezieht sich einer der vom Provinzial Ausschuß beim Haupt⸗Etat gemachten Vor— schläge, unter denen sich außerdem auch eine in Aussicht genommene Bewilligung zur Förderung der Natural⸗Verpflegungs⸗Stationen in der Provinz befindet, die ich Ihrer wohlwollenden Berücksichtigung nur dringend empfehlen kann. Die sonstigen umfangreichen Vorlagen des Provinzial⸗ Ausschusseg, von denen neben dem Haupt-Etat die anderweite Rege— lung der Angelegenheiten der Provinzial-Hilfskasse und die für wich⸗ tige Meliorationszwecke gemachten Propositionen von besonderer Be—= deutung sind, werden Ihre Thätigkeit nicht minder in Anspruch nehmen; Sie werden aber aus denselben und dem Ihnen zu erstatten⸗ den Verwaltungsbericht entnehmen, daß Ihre provinzielle Verwaltung, deren Wirksamkeit immer weitere Gebiete umfaßt, sich in ersprieß⸗˖ licher Weise entwickelt hat. Mögen die Berathungen auch dieses Landtags zum Wohl der Provinz gereichen; denselben auch meiner⸗ seits geri l förderlich zu werden, wird mein aufrichtiges Bemühen sein. Hiernach erkläre ich im Allerhöchsten Auftrage den TXXV. Pro- vinzial Landtag der Provinz Schlesien für eröffnet.“ .
nf. übernahm Geheimer Rath von Woyrsch in seiner Eigenschaft als Alters⸗Präsident den Vorsitz, indem er zunächst ein dreifaches Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König ausbrachte, in das die . be⸗ geistert einstimmte. Der Landtag trat hierauf in die Wahl des Vorsitzenden ein. Gewählt wurde der Fürst von Hatz⸗ feld-Trachenberg, der die Wahl mit folgenden Worten annahm:
Meine Herren! Ich danke Ihnen für die hohe Chre, die Sie mir durch die Wahl erwiesen haben. Ich nehme dieselbe hiermit an in dem Bewußtsein, daß ich sie nicht meinem persönlichen Verdienst, sondern mancherlei Zufälligkeiten zu verdanken habe. Nach den hohen Verdiensten meines Herrn Vorgängers wird die Erfüllung meiner Aufgahe um so schwieriger sein. Ich bitte Sie aber, he ft sein zu wollen, daß ich gewissenhaft bestrebt sein werde, die Geschäfte der Versammlung unparteiisch zu leiten, bei der Vertretung des Landtags nach außen hin die Interessen der Provinz zu wahren und denselben zu dienen nach dem schwachen Maß meiner Kräfte. Möchte der Prgrinzial-⸗Landtag, wie bisher, so aüch in Zukunft sich von Partei- politik fernhalten! Mir aber wollen Sie eine nachsichtige Beurthei⸗ lung meiner Leistungen zutheil werden lassen.“ . ;
Hierauf wurde, noch unter dem Vorsitz des Alters-Präsi⸗ denten, zu der Wahl des Stellvertreters des Vorsitzenden geschritten. Gewählt wurde der Ober⸗Bürgermeister von Breslau Bender. Nach der Constituirung des Burcaus und
der Vertheilung der Mitglieder in die Commissionen widmete der Vorsitzende Fürst von Hatz feld-Trachenberg seinem Amtsvorgänger, dem verstorbenen Herzog von Ratibor folgende Worte:
Meine Herren! Als vor wenigen Monaten die Kunde von der Erkrankung des Herrn Herzogs von Ratibor zu uns drang, hatten wir alle nur den einen herzlichen Wunsch, ihn bei unferen jetzigen Berathungen hier an gewohnter Stelle wiederzufehen. Gottes Rathschluß hat es anders gefügt. Unser Herzog“, wie ihn ganz Schlesien nannte, weilt nicht mehr unter uns. Mit uns trauert die ganze Propinz. Seit 1842 Mitglied des Provinzial— Landtags, seit 1856 Landtags⸗Marschall, seit 1876, nach Ein⸗ führung der neuen Provinzialordnung, stets einstimmig gewählter Vorsitzender des Provinzial⸗Landtags, lat er sein ganzes Leben hin— durch seine ganze Kraft dem Staak und namentlich unferer Heimath⸗ provinz gewidmet. Nicht nur wir, die wir ihn persönlich kannten, werden ihm stets ein dankbares Andenken bewahren, sondern sein Rame wird fortleben in der Geschichte unserer Provinz als eines echten Patrioten, als stets hilfsbereiten Freundes, als eines echten Edelmanns im besten Sinne des Wortes.“
Im unmittelbaren Anschluß hieran gedachte der Vorsitzende des seit der letzten Tagung ebenfalls dahingegangenen ver— dienten. Vertreters des Landeshauptmanns, Landtags Abgeordneten, Geheimen Justiz-Raths Schneider aus Brieg, und im weiteren der übrigen im Laufe der letzten zwei Jahre aus dem Leben geschiedenen Mitglieder des Hauses, worauf sich zur Ehrung des Andenkens derselben die Versammelten von den Plätzen erhoben.
Hannoper, tz. März. Der Provinzial-Landtag berieth in seiner heutigen Sitzung zunächst den Antrag des Provinzial⸗Ausschusses, dem Landes⸗-Director der Provinz den Titel „Landeshauptmann“ beizulegen und hierzu die Ge⸗ nehmigung der Königlichen Staatsregierung zu erwirken, sowie dem Provinzial-Forstmeister den Tikel „Landes forstrath“ zu verleihen Der erstere Antrag wurde nach kurzer Berathung abgelehnt, der zweite angenommen und sodann die Berathung des Etats fortgesetzt.
Braunschweig.
Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, ist vor— gestern von Schloß Reinhardshausen bei Erbach wieder in Braunschweig eingetroffen.
Oefterreich⸗ Ungarn.
Der russische ö Fürst Lobanow hat vorgestern eine längere Urlaubsreise angetreten und sich zunächst' nach St. . begeben.
Das von der letzten allgemeinen Bischofs-Conferen ge⸗ wählte große Bischofs-Comits trat nach einer Me dung des „C. T. B. heute unter dem Vorsitz des Fürsterzbischofs von Prag, Cardinals Grafen Schoenborn zu seiner ersten Sitzung zusammen. Unter den Anwesenden befindet sich auch der Fürstbischof von Breslau, Cardinal Dr. Kopp.
In der gestrigen Sitzung des ungarischen Unter— hauses wurde die Indemnitätsvorlage angenommen. Im Laufe der Debatte vertheidigte sich der) Minister⸗ Präsident Dr. Wekerle gegen den Vorwurf der Saumselig⸗ keit bei Lösung der kirchenpolitischen Frage; der Gesetzentwurf über die staatliche Matrikelführung werde noch vor Beginn der Sommerferien vorgelegt werden. Die Bemerkung des Minister⸗Präsidenten, daß außerhalb des Parlaments stehende Kreise gegen das kirchenpolitische Programm mit den unedelsten Waffen kämpften, rief eine lärmende Scene hervor. Zahlreiche Abgeordnete sammelten sich in der Mitte des Sitzungs⸗ saales; erst nach Verlauf von einigen Minuten wurde die Ruhe wiederhergestellt.
Großbritannien und Irland.
Im Unterhause erklärte gestern der Parlamentssecretär des Auswärtigen Sir E. Goey auf eine an ihn gerichtete Anfrage, die Regierung habe eingewilligt, an einer am II. d. M. in Dresden zusammentretenden internationalen Conferenz für esundheitspflege theilzunehmen. Der englische Minister-Resident in Bresden, Strachey, Dr. Thorne vom Localverwaltungsamt und Farnall vom Auswärtigen Amt würden England vertreten. Der Antrag Sir Vernon Harcourtss, die Geschäfts— ordnung hinsichtlich der Vertagung der Debatte nach Mitter— nacht für die gestrige Sitzung zu suspendiren, wurde mit 277 gegen 119 Stimmen angenommen. Der Antrag, zur Einzel— berathung des Marine⸗Budgets überzugehen, wurde von Gorst durch den Unterantrag bekämpft, daß in den König⸗ lichen Marine⸗Etablissements niemand gegen einen Lohn an— gestellt sein sollte, der nicht für seinen ordentlichen Unterhalt ausreiche, und daß, die Arbeitsbedingungen bezüglich der Arbeitsstunden, Löhne, Unfallversicherung und Alters- versorgung solche sein müßten, daß sie allen Privat— firmen im ganzen Reich als Muster dienen koͤnnten. Der Staatssecretär des Krieges Campbell-Bannerman erklärte, der Antrag berühre alle Regierungsdepartements. Die Regierung ackeptire ihn im Princip, nämlich in dem Sinne, daß die Regierung die beste Brodherrin' des Landes sein sollte, nicht aber in dem Sinne, daß sie sich auf neue Experimente einlasse, welche die allgemeine Uebung weit überschritten. Man müsse erwägen, daß die Regierung Gelder der Steuerzahler zu verwalten habe; indessen werde sie auf Beachtung des allgemeinen Princips des Gorst'schen Antrages achten. Schließlich wurde der Unterantrag Gorst ohne AÄAb— stimmung angenommen.
Eine Novelle zum Gesetz über den Elementar-Unter—⸗ richt, die das schulpflichtige Alter der Kinder betrifft, ist, wie die „A. C. berichtet, am Sonnabend von den Herren Acland, Asquith und Mundella im Unterhause eingebracht werden. Danach soll die Altersgrenze, von der ab die gänz— liche Befreiung vom Schulbesuch eintreten darf, auf 11 Jahre sestgesetzt werden, sodaß eine Uebereinstimmung mit dem die Beschäftigung der Kinber in Fabriken bestimmenden Gesetz besteht.
Frankreich. .
In den heutigen Pariser Blättern findet sich eine Mel— dung, wongch General de Miribel von seinem Posten als 3h des Generalstabs zurückzutreten beabsichtigt. Als Nach⸗— folger sei General Bois⸗-Deffré ausersehen.
Der Senat hat, wie „W. T. B.“ berichtet, in seiner gestrigen Sitzung einen Antrag auf Verschärfung der Strafen für Zeugen, die vor dem Untersuchungsrichter nicht die volle Wahrheit aussagen, angenommen. Der ö
steller hatte bei Einbringung des Antrags auf die Zeugen⸗ aussagen hei der Panama⸗Affaire hingewiesen.
Die Finanzecommission des Senats beschloß, die Berathung der Vorlage über die Reform der Gekrcnke— steuer von dem Budget zu trennen, obschon sich der Minister⸗ Präsident Ribot und der Finanz-Minister Tirard dagegen ausgesprochen hatten.
Die Deputirtenkammer vertagte in ihrer gestrigen Sitzung auf das Verlangen der Regierüng die Berat ung der Interpellation Milkevoye über das Eingreifen Floquet's, Freycinet's und Clémenceau's in die Panama-⸗Affaire bit nach Beendigung des Panama-Prozesses und nahm sodann die Beralhung der Gesetzes vorlage über die Presse wieder auf. Die Bestimmung, wonach die Auf⸗ reizung zu Diebstahl, Mord, Raub und Brandstiftung durch die Presse unter Strafe gestellt wird, wurde mit 266 gegen 22 Stimmen angenommen. Ein Abänderun Santrag, durch den der vom Senat genehmigte Text des Entwurfs bezüglich der präventiven Verhaftung modificirt wird, wurde, obwohl der Justiz⸗Minister Bourges is ihn bekämpft hatte, mit 285 gegen 245 Stimmen gleichfalls angenommen. Hierauf folgte die Berathung des Gesetzentwurfs über die Beleidigung von Souveränen und auswärtigen Gesandten. Der Minister des Auswärtigen Develle trat für den Gesetz⸗ entwurf ein, indem er betonte, daß dessen Ablehnung ihm seine Aufgabe sehr erschweren würde. Ein auswärtiger Gesandter könne weder einem einfachen Privatmanne noch einem öffentlichen Beamten gleichgestellt werden, sondern sei ein Gast des Landes. Alle Gesandten müßten in Frankreich die entgegenkommendste Gastfreundschaft und den weitest⸗ gehenden, durch die Gesetze gewährleisteten Schutz gegen Verleumdung und Beleidigung finden. Die Lang⸗ amkeit der Justiz könne bewirken, daß die Gesandten dat Land verließen. Das Gesetz würde die Verantwortlichkeit der Regierung nicht vermehren, da die Regierung stets die Ver— pflichtung gehabt, habe, Beleidigungen von Vertretern aus— wärtiger Staaten zu verfolgen. Nachdem Millerand radical) sich gegen den Gesetzentwurf geäußert hatte, ergriff der Mü nisterPräsident Ribot das Wort und erklärte, das Cabinet in seiner Gesammtheit schließe sich den Ausführungen Develle's an. Wer einen auswärtigen Gesandten beleidige, sollte nicht vor eine Jury gestellt, sondern müsse einfach he— straft werden. Man könne mit Sympathie oder tadelnd' das Verhalten einer auswärtigen Regierung erörtern, aber man dürfe nicht die Personen beleidigen. In der französischen Presse habe sich seit einiger Zeit durch Personen, dle nicht
immer Franzosen seien, eine derartige Gepflogenheit einge⸗
bürgert. Man könne nicht länger dulden, daß die auswäͤr⸗ tigen Gesandten Beschimpfungen ausgesetzt selen. Nachdem Mäillevonye und Peletan den Gesetzentwurf bekämpft hatten, stellte der Minister⸗Präsident Ribot die Vertrauensfrage. Die Kammer beschloß hierauf mit 257 gegen 188 Stimmen, zur Berathung der einzelnen Artikel überzugehen, und gench— migte sodann den ganzen Gesetzentwurf.
Der Kriegs⸗Minister, General Loizillon hat, wie die Köln. Itg.“ erfährt, jetzt das Programm für die großen Herbstmanöver aufgestellt. Die Reservetruppen sollen in geringerer Zahl herangezogen werden, als Freycinet geplant hatte. Die wichtigsten Manöver finden zwischen dem II. und III. Armee⸗Corps unter der Oberleitung des Generals Billot statt. Das II. Corps soll aus seinen zwei activen Divisionen, der 3. und 4, und einer Reserve⸗Division zusammengesetzt sein. Das ihm gegenüberstehende 1II. Corps umfaßt eine seiner activen Divisionen, eine Reserve-Division und die 2. Marine⸗Infanterie⸗Grigade— Die 2. Division des III. Corps, die 6, bleibt in Paris, wo sie gegenwärtig steht. Die im Seine⸗-Departement stehende L Cavallerie⸗Division wird für die Manöver unter den Befehl des Generals Billot gestellt werden. Die Mansöper sollen zwanzig Tage dauern und finden zwischen Amiens, Rouen und Compiègne statt. Die übrigen Armee-Corps haben vierzehntägige Divisions- oder Brigademanöver.
Eine Depesche des Generals Dodds vom 4. d. M. be⸗ zeichnet die Lage in Dahomey als befriedigend, obwohl in gewissen Gegenden noch Unsicherheit herrsche. Die Garnison von Abomey habe ein Scharmützel mit Marodeuren zu be— stehen gehabt, worin zwei Offiziere und mehrere Mann leicht verwundet worden seien. General Dodds schließt seinen Bericht mit dem Hinweis auf die Nothwendigkeit, seine Streitkräfte nicht zu vermindern.
Rußland.
Dem Vernehmen nach wird sich, wie ‚W. T. B.“ meldet, der Kaiser in der siebenten Fastenwoche, nach der Krim he— geben, um daselbst das Osterfest zu verbringen.
Der Botschafter am Berliner Hofe Graf Schuwalow ist gestern in St. Petersburg eingetroffen.
Die Reichs einnahmen betrugen vom 1. Januar bis zum 1. Dezember v. J. 1011934 000 Rubel . 3l4 384 000 Rubel im Jahre 1891; die Ausgaben beliefen sich in der gleichen Zeit auf 885 938 000 Rubel gegen S834 113 000 Rubel im Jahre 1891.
Italien.
Dem Wunsche des Königs Humbert entsprechend, daß zur Feier des silbernen Hochzeitsfestes Ihrer Majestäten ein Werk der Wohlthätigkeit gegründet werde, hat, der „Köln, Ztg.“ zufolge der Festausschuß, an diässen Spitze der Fürst Doria⸗Pamphiliesteht, einen Aufruf an das italienische Volk erlassen, worin um Beiträge zum Zwecke der Errichtung eines Versorgungshauses für die Waisen solcher Arbeiter und Handwerker ge—⸗ beten wird, die durch einen Unfall im Berufe das Leben eingebüßt haben.
Wie die „Opinione“ wissen will, hätte der Minister des Auswärtigen Brin an die Regierung der Vereinigten Staaten vertraulich das Ersuchen gerichtet, vor Wieder⸗ einberufung der Brüsseler Münzeonferenz einen con— creten Entwurf vorzubereiten.
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte dem, W. T. B. zufolge der Kriegs⸗Minister General Pelloux in Beantwortung einer an ihn gerichteten Anfrage: die Meldung, es seien den österreichisch⸗ungarischen Waffen⸗ fabriken Gewehrlieferungen übertragen worden, sei unbegründet. Der Bedarf Italiens werde durch die italienischen Fabriken vollständig gedeckt. ;
Bei der am Sonntag vorgenommenen Ersatzwahl in Serradifaho (Provinz Caltanisetta) ist es zu einem Zu⸗ sammenstoß mit den Truppen gekommen, wobei zwei Personen getödtet und zwei verwundet wurden. Zwanzig Personen wurden verhaftet.
Der preußische Gesandte beim päpstlichen Stuhl von Bülow . gestern den Papst aus Anlaß seines Bischofsjubiläums.
Spanien.
Bei den Wahlen zur neuen Kammer wurden, wie „W. T. B.“ aus Madrid meldet, in Cuba 11 Ministerielle, I Conservative, 7 Autonomisten und 3 Unabhängige gewählt. In Porterico wurden 11 Ministerielle und 5 Conservative gewählt. Voraussichtlich wird die Kammer wie folgt zu⸗ sammengesetzt sein 50 Republikaner, 60 Conservative, 16 Karlisten, 9 cubanische Autonomisten; alle übrigen De⸗ putirten gehören der ministeriellen Partei an. ;
Die Republikaner in Madrid versuchten gestern eine Kundgebung zu veranstalten, wurden jedoch von der Polizei daran verhindert. Mehrere Personen wurden verhaftet. In Paris eingetroffenen Nachrichten zufolge verlaute gerüchtweise in Madrid, der dortige Bürgermeister und einige Gouverneure der Provinzen würden von ihren Posten zurücktreten.
Belgien.
Am vergangenen Sonntag hat der „Frankf. Ztg.“ zufolge in Louviere, in Haine Saint⸗Paul, in Manage und in Huy ein Referendum über die Wahlreform stattgefunden. Ueberall errang das allgemeine Wahlrecht ungemein große Majoritäten, während andere Anträge, namentlich diejenigen der Regierung und Frére-Orban's, nur wenige Stimmen er⸗ zielten.
Türkei.
Die „Agence de Constantinople“ erklärt die Meldung des Standard“, die Botschafter hätten sich in der Frage der Nachfolgerschaft des Gouverneurs von Kreta einstimmig zu Gunsten des Fürsten von Samos Karatheodory Pascha ausgesprochen, für durchaus unrichtig. Die Agence! fügt hinzu, daß der Ferman vom Jahre 1889 nicht die Dauer der Function des Gouverneurs feststelle In der letzten der Conferenzen der Boischafter, die allwöchentlich stattfänden und einen Privatcharakter trügen, habe der russische 3 Nelidow, unterstützt von dem französischen Botschafter Cambon, wohl geäußert, daß die Ernennung eines christlichen Gouverneurs wünschenswerth sei, doch habe sich die Mehrzahl der anderen Botschafter nicht auf diese Frage eingelassen. Von einem Schritt der Botschafter oder einer Empfehlung der— selben bei der Pforte sei somit keine Rede.
Rumänien.
Der König und der Kronprinz ließen, wie , W. T. B.“ meldet, anläßlich des Gehurtstagsfestes des Sultans durch ihre Adjutanten dem türkischen Gesandten ihre Glückwünsche ausdrücken.
Der Senat nahm mit 48 gegen 6 Stimmen den Ent— wurf eines Gesetzes, über die Organisation der städtischen Verwaltungen an.
Die Kammer berieth den Entwurf eines Gesetzes über den Klerus und verwarf mit 91 gegen 37 Stimmen einen Antrag des Vice⸗Präsidenten Pencescos: den Artikel des Gesetzes, der von der durch die Landbevölkerung zur Erhaltung des Klerus aufzubringenden Steuer handelt, fallen zu lassen. Der ganze Gesetzentwurf wurde hierauf angenommen. Fleva, liberal, begründete sodann eine Interpellation über die allgemeine Politik der Regierung.
Serbien.
Anläßlich der Feier des Jahrestages der Ptoclamirung Serbiens zum Königreich fand gestern, wie „W. T. B.“ aus Belgrad berichtet, in der Kathedrale ein Tedeum statt, dem der König Alexander, die Regenten und das diplomatische Corps beiwohnten. Hierauf war feierlicher Empfang im Palais, wobei der Metropolit, das diplomatische Corps, der Staatsrath und andere hohe Würdenträger er— schienen. Abends war die Stadt beleuchtet.
Wie das Organ der Regierung „Srbska Zastawa“ mit⸗ theilt, hätte die Regierung die feste Absicht, das Taback— Monopol aufzuheben.
Schweden und Norwegen.
Die zwischen den conservativen und moderaten Mitgliedern des norwegischen Storthings schwebenden Verhandlungen über die Feststellung einer gemeinschaftlichen Tagesordnung gegenüber der von der Linken beschlossenen Tagesordnung in der Kon— sulats-Angelegenheit dauern nach einer Meldung des „W. T. B.. noch fort. In Abgeordnetenkreisen wird ange⸗ genommen, daß die Verhandlungen zu einer Einigung führen würden. Die Tagesordnung der Linken wird in der heutigen Sitzung des Storthings eingebracht werden.
Afrika.
Der neue Sultan von Sansibar Hamed ben Thwain ist nach einer Mittheilung des „Reuter'schen Bureau“ ein Enkel Thwain's, des vierten Bruders des 1888 verstorbenen Sultans Bargasch ben Said. Letzterem war zunaͤchst der zweite Bruder Sayyid Chalifa ben Said und nach dessen 1890 erfolgtem Tode der jetzt verstorbene dritte Bruder Sayyid ben Said im Sultanate nachgefolgt.
Parlamentarische Nachrichten.
Deutscher Reichstag.
Der Bericht über die 59. Sitzung vom 6. März befindet sich in der Ersten Beilage.
60. Sitzung vom Dienstag, 7. März, 1 Uhr.
Der Sitzung wohnt der Staatssecretär Hollmann bei. ö . der Tagesordnung steht die Berathung des Marine⸗ Etats.
Vom Ordinarium der Ausgaben wird das Kapitel Marinecabinet und Ober⸗Coömmando ohne Debatte bewilligt. Beim Kapitel Reichs-Marineamt, Tit. 1, Staatssecretär 24000 führt
«Abg. von Henk (deens.) aus, daß auf der linken Seite das frühere Wohlwollen für die Marine neuerdings , , , sei, a das Argument, unsere Maxine habe keinen Beruf zur ffensive, sie müsse ö auf die Küftenvertheidigung beschränken, auf dieser Seite immer mehr Boden zu gewinnen scheine, Das sei für die Marine, die jüngere Schwester der Armee, sehr bedauerlich. Der bloße Küstenschutz genüge nicht, namentlich wenn man nun auch noch die neugeforderte Marine⸗ lrfserie· Compagnie ablehne, Unsere Flotte müsse zu , e,. die Kraft haben, dazu brauche sie Schlachtschiffe. Pa Der Bau von greßen Schlachtschiffen mindestens vier Jahre dauere, müsse man rechtzeitig bewilligen, ehe es zu spät sei. Auch die Trockendocks, welche
die Commission abgelehnt habe, müßten bewilligt werden, um die Dispesitionen der Marineverwaltung nicht zu stören.
Der Titel wird bewilligt. .
Die Bewilligung der Kapitel „Seewarte und Stations⸗ intendanturen“ wird ohne Debatte beschlossen. .
Beim Kapitel „Rechtspflege“ ist im Etatsentwurf ein sechster Auditeur gefordert für die Mansöverflotte. Die Com⸗ mission hat die Forderung abgelehnt und den Mehrbetrag von 14050 (16 gestrichen. Ohne Debatte wird der Commissionsvorschlag angenommen, im übrigen das Kapitel genehmigt, desgleichen ohne Debatte das Kapitel „Seelsorge und Garnison⸗Schul⸗ wesen?“ Im Kapitel „Geldverpflegung der Marinetheile“ sind zwei Maschinen⸗Ober⸗Ingenieure je 60900 6 mehr gefordert. Die Tommission hat nur eine dieser Stellen bewilligt. Das Haus tritt dem Commissionsvorschlag ohne Debatte bei. Beim Titel „Werft⸗Divisionen, Maschinenpersonal“ ist für 192 Deck-Offiziere (bisher 175) das Gehalt mit je 1500 (, ausgeworfen. Die im vorigen Jahre vorgelegte Denk⸗ schrift nahm nur eine Vermehrung um fünf Stellen, also auf 180 in Aussicht. Die Commission hat demgemäß die darüber hinaus verlangten zwölf Stellen abgelehnk und beantragt deren Streichung. Auch hier wird dem Antrage durch den Reichstag ohne Discussion entsprochen. (Schluß des Blattes.)
Preusßischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
Der Bericht über die gestrige Sitzung befindet sich in der Ersten Beilage.
47. Sitzung vom 7. März.
Der Sitzung wohnen der Präsident des Staats⸗Ministe— riums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg und der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden bei.
Die zweite Berathung des Staatshaushalts⸗-Etats für 1893594 wird fortgesetzt beim Etat der Ansiedelungs— commission für Westpreußen und Posen.
Hierzu liegt ein Antrag des Abg. von Czarlins ki und Genossen vor:
„Die Staatsregierung zu ersuchen, thunlichst bald — womög— lich noch in der laufenden Session — eine entsprechende Vorlage zur Beseitigung des Gesetzes vom 26. April 1886, betreffend die Beförderung deutscher e ehre nn in den Provinzen Westpreußen und Posen, dem Landtag vorzulegen.“ .
Der Berichterstatter, Abg. Freiherr von Minnigerode—⸗ Rossitten giebt eine Uebersicht über die Thätigkeit der An⸗ siedelungschmmission im Jahre 1892 und über die Verhand⸗ lungen der Budgetcommission über diesen Etat.
Abg. von Czarlinski (Pole): Die ganze Ansiedelungscommission ist nur eine Versorgungsanstalt für bankerotte deutsche Gutsbesitzer. Mit dem Ansiedelungsgesetz ist eigentlich niemand einverstanden, init Ausnahme, der Beamten der Commission. Die Polen sind nicht zufrieden, weil das Gesetz ein Kampfgesetz ist; die Deutschen sind nicht zufrieden, weil von ihnen nicht genug Güter angekauft werden; die Ansiedler sind nicht zu— frieden, weil die Bedingungen für sie nicht günstig genug sind. Wir glauben deshalb dem Hause einen Dienst erwiesen zu haben da— durch, daß wir den Antrag auf Aufhebung des Gesetzes von 1886 stellten. Es ist vollständig verfehlt und wirthschaftlich nicht zu recht— fertigen, wenn der Staat als Unternehmer von Ansiedelungen auftritt, und noch dazu, wenn es in einseitigem politischen Interesse geschieht. Die polnischen Arbeiter werden durch dieses Vorgehen des Staats zur Auswanderung gezwungen; sie ziehen entweder über das Meer oder in die großen Städte. Und welche übermäßigen Ansprüche werden durch das staatliche Eingreifen geweckt! Die Ansiedler, die alle möglichen Vortheile genießen, verlangen sogar in Petitionen, daß ihnen die Drainagekosten ganz erlassen werden, während die polnischen Besitzer zufrieden wären, wenn ihnen nur drei Freijahre gewährt würden. Die ganze Thätigkeit der An— siedelungscommission geht nur dahin, die Polen vom Ankauf von Gütern zurückzuhalten. Als ein Pole ein Gut kaufen wollte, kam schleunigst ein Vertreter der Commission und bot 20 000 „S mehr. Das preußische Beispiel findet Nachahmung. In Rußland entzieht man den Deutschen das Recht, Grundbesitz zu erwerben.
Abg. Sombart (nl. : Es ist durchaus wünschenswerth, daß in der Provinz Posen Bauernwirthschaften begründet werden. Gerade wegen der Arbeitecverhältnisse ist es dort vor— zuziehen, daß kleine Landwirthe . sind, welche mit der eigenen. Kraft arbeiten und nicht fremde Kräfte brauchen. Redner bezeichnet die Vorwürfe gegen die Ansiedelungscommission als unzutreffend, diese sei durchaus keine Versorgungsanstalt, denn die Beamten, welche die Güter verwalteten und die Auftheilung vor— nähmen, welche die Drainage leiteten und alles zur Ansiedelung vor— bereiteten, hätten sich durchaus bewährt. Sie verdienten durch“ aus nicht die Charakterisirung, die ihnen der Vorredner habe zu theil werden lassen. Redner empfiehlt die Be— schleunigung der Bildung der Landgemeinden und eine Aen— derung des Wirthschaftsjahres. Das Kalenderjahr sei für den Etat schon verlassen; für die Landwirthschaft sei es am besten, wenn man das Wirthschaftsjahr mit dem 1. Juli anfangen ließe. Redner schließt mit dem Wunsch, daß die Wirkungen der Thätigkeit der Ansiedelungscommission möglichst bald hervortreten möchten.
Bei Schluß des Blattes nimmt der Minister für Land⸗ wirthschaft ꝛc. von Heyden das Wort.
= In der 9. Com mission des Reichstags wurde gestern Abend die Berathung der vom Centrum beantragten Novelle zur Ge— werbeordnung fortgesetzt und die Bestimmung angenommen, der zufolge . solche Personen der Pflicht, einen Wander ewerbeschein zu lösen, unterworfen werden, die auf öffentlichen
egen und von Haus zu 6a ihr Gewerbe betreiben. Aus—⸗ schließen vom Ankauf eder Feilbieten im Umherziehen wollte der Centrumtzantrag auch Cigarren und Taback. Dieser Vor— schlag fand indeß keine Mehrheit. Der vom deutschen Buch— handel am meisten angefochtene Antrag, daß vom Feil⸗ bieten im Umherziehen auch Druckschriften und Bildwerke aus= geschlossen sein sollten, wenn sie in Lieferungen“ vertrieben werden, wurde abgelehnt. Dagegen fand die Bestimmung Annahme, daß bei Lieferung werken die Zahl der Lieferungen und der Gesammtpreis anzugeben ist.
— Die 3. Sitzung des Serrenhauses findet am 17. 8. M. statt, Auf der Tagesordnung stehen: 1) Einmalige Schluß— berathung über den Gesetzentwurf zur Ergänzung des Gesetzes vom 3. Juni 1876, betreffend die evangelische Kirchenverfassung in den acht älteren Provinzen der Monarchie. — 2) Einmalige Schlußberathung des Re e n, über die weitere Ausführung des Gesetzes vom 19. Dezember 1869, betreffend die Consolidation preußischer Staats⸗Anleihen. — 3) Einmalige Schlußberathung über den Gesetzentwurf, betreffend die .
* 2
, Stolgebühren für Taufen, Trauungen und kir iche Aufgebote in der evangelisch-reformirten Kirche der Provinz Hannover.
K (Liegnitz, Goldberg, Haynau) ist an Stelle des verstorbenen Stabraihs Lange⸗-Liegnitz, ber Stadtrath Jungfer (freis)
Liegnitzer Landtags⸗ .
mit 267 gegen 227 Stimmen, welche der Landrath Schilling (cons.) 6. ten hat, zum Mitgliede des Hauses der Abge⸗ ordneten gewählt worden.
Nr. 9 des „Centralblatts der Bauperwaltung“, herausgegeben im Ministerium der oöf fentlichen Arbeiten, vom 4. März, hat folgenden Inhalt: Das Physikalische und physio⸗ logische Institut der Universität Freiburg.! —-Zum Bau der sibirischen Eisenbahn. — Das Bureau des preußischen Wasserausschusses. Vermischtes: Wettbewerb um das Märkische Provinzial Museum in Berlin. — Zwei Preisausschreiben des Architektenvereins in Berlin. — Wettbewerb um ein Schulhaus in Eschwege. — Maschinen und Geräthe des Kleinbahnbetriebes auf der landwirthschaftlichen Aus⸗ stellung in München. — Gesetzentwurf über die deutsche Maß⸗ und Gewichts ordnung. — Abgekürztes Fernrohr. — Straßenbahnen mit Zahnstrecken. — Verbandsbedingungen für die Lieferung von Bau⸗ flußeisen. — Elektrische Hochbahn in Liperpool. — Feuerbeständigkeit der in Chicago üblichen Bauweise. — Besuch der Technischen Hoch⸗ schulen des Deutschen Reichs im Winterhalbjahr 1892/93.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Spanien.
Durch eine in der ‚Ggeeta de Madrid“ vom 25. Februar 1893 veröffentlichte Königliche Verordnung sind für die in den Grenz—⸗ Eisenbahnstationen Irun und Port Bou aus Marseille und Umgegend anlangenden Reisenden und Waaren folgende Sanitätsmaßregeln an—⸗ geordnet worden:
a. Die Reisenden unterliegen einer strengen ärztlichen Unter⸗ suchung, erhalten ein dem Bürgermeister des Bestimmungsorts vorzu⸗ legendes Gesundheitspatent und werden sodann noch sieben Tage lang ärztlich beobachtet. Kleider und Effeeten im Gebrauche der Reisenden werden desinficirt.
b. Die Einfuhr von Lumpen, Matratzen, gebrauchter Bettwäsche, ungewaschener Wolle, rohen und gepreßten Häuten, Hörnern mit an⸗ hängenden Fleischtheilen, animalischen und vegetabilischen, in Fäulniß übergegangenen Substanzen, Bodenfrüchten, allen Arten von frischen Pflanzen und Wurzelknollen ist verboten.
C. Federn, Haare von Thieren, gebrauchtes Papier, Hörner ohne anhängende Fleischtheile, Felle, gewaschene Wolle, Seide, Baumwolle, Leinen, Hanf, Jute und analoge Textilstoffe unterliegen der Des—⸗ infection.
d. Alle übrigen Waaren müssen ventilirt bezw. ausgelüftet werden.
Portugal. Die deutschen Häfen sind für seuchenfrei erklärt worden. Bulgarien.
Die Quarantäne⸗Maßregeln gegen Ungarn sind aufgehoben worden
(fr. „R. A.“ Nr. 48 vom 24. Februar 1893). Afrika.
Laut Verfügung der britischen Colonial⸗Regierung von Sierra Leone werden alle Schiffe aus Hamburg einer strengen Quarantäne unterworfen.
Cholera.
Halle 5. März. Nachdem die Cholera auch in der Pro—⸗ vinzial-Frrenanstalt bei Nietleben und damit im ganzen Saalkreise als erdoschen angesehen werden kann, hebt der Landrath von Werder die sämmtlichen zur Absperrung der Anstalt nach außen hin sowie zur Verhinderung der Ausbreitung der Krankheit im Saal⸗ kreise erlassenen Anordnungen auf. Er macht aber hierbei ausdrück— lich darauf aufmerksam, daß die Polizeiverordnungen des Regierungs- Präsidenten zu Merseburg 1) vom 21. Januar 1893, betreffend das Verbot der Entnahme von Saalwasser zu wirthschaft⸗ lichen Zwecken und die Verpflichtung zur Anzeige choleraverdäch⸗ tiger Erkrankungen, 2) vom 2. Februar 1893, betreffend die Nicht⸗ benutzung des Saaleises, noch weiter in Kraft bleiben.
Verdingungen im Auslande.
Rumänien.
26. April. Krxriegs⸗Ministerium in Bukarest. Lieferung von 564 000 großen 866 glatten Knöpfen ohne Ziffern, 10000 geren weißen glatten Metallknöpfen ohne Ziffern, 42 500 kleinen gelben Knöpfen ohne Ziffern. 44 000 Rosetten. 16000 gekrämpten Knöpfen.
28. April ebenda, Lieferung von 110000 m grauem, 5000 m braunem, 22 000 in indigoblauem, hö00 m desgl. feinerem Tuch.
19. Mai ebenda, Lieferung von 750 m graublauem, 600 m krapp⸗ gefärbtem Tuch. 35090 m rothem Passepoiltuch, 169 m grünem, 1090 m schwarzem, 10 m weißem, 220 m krappgefärbtem, 5 m gelbem Tuch.
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Theater und Musik.
Sing ⸗ Akademie.
Der zweite Lieder ⸗Abend des Kotzolt'schen Gesangvereins, welcher am Sonntag stattfand, bot wiederum eine reiche ißt musi-⸗ kalischer Genüsse dar; auch vier höchst beachtenswerthe Novitäten kamen diesmal zu Gehör. Ein Chorlied von Vierling nach dem Goethe'schen Text; „Gottes ist der Drient?“ (sechsstimmig) giebt die freudige Erregung der Dichtung in schwung— vollen Tönen wieder. Die eigenartige Behandlung des Wortes Amen“ rechtfertigt sich durch die Dichtung. die dem „Westöstlichen Divan“ entnommen ist. Nach der sehr beifälligen Aufnahme dicses Chorliedes erfolgte eine Wiederholung desselben. Die jwelte Novität bestand in einem achtstimmigen Chorlled Mahnung“ von Reinbold Herman. Diese fast durchweg in kanonischer Form behandelte Com position fesselte durch große Originalität der thematischen Erfindung und der sehr geschickten Durchführung der Motive. Ein gleichfalls zum ersten Mal vorgetragenes Werk war Leo Zellner's „Harzreife im Winter“ nach der bekannten Dichtung Goethe's. Die bunten phantasie—⸗ vollen Bilder derselben sind in dem achtstimmigen Chor mit treffender, lebendiger Charakteristik wiedergegeben. Der Dialog zwischen Frauen. und Männerchor wechselt mit dem Sologesang von acht Stimmen ab, und es wird der Eindruck des Ganzen durch den hierauf Lintretenden vollen achtstimmigen Chor in wundervoller Weise gesteigert. Rauschender und anhaltender Beifall folgte die fem Werk. Mit einem kleinen, zum ersten Male gehörten Küirchenliede von Sweelinck war der Abend eröffnet worden. Außer diesen Nen. heiten kamen noch belanntete Chorlieder von Schumann, Vierling und Dauptmann zur Ausführung. Der Chor leistete, was Schönbeit des Stimmenklanges, Feinheit der Schattirungsweise und Präcision in der Zusammenwirkung betrifft, ganz ausgezeichnetes. Ganz besondere Anerkennung verdient dafür die umsichtige Leitung des Oerrn Zellner. Unterstützt wurde das Concert durch die bereits sehr vortbellbaft be= kannte , , Eugenie Sorgatz, deren klang ˖ volle und umfangreiche Stimme in einer Arie von Mojart in Taubert s Lied „Vogel im Walde“, welches wiederbolt wurde, und in einigen mit bezaubernder Feinheit des Ausdrucks vorgetragenen Liedern von Gckert, Sommer und Frommer vorzüglich zur Geltung kam. Auch der ausgezeich nete Violinvirtuos Herr von Mlynarskierfreute noch durch den imn jeder Beziehung vollendeten Vortrag einiger Seli von Corelli und Spendsen, denen er noch eine sehr brillante Polonaise eigener Composition und ein kleines Wiegenlied binzufügte. Das 33. M ö erschienene Publikum spendete allen Solovorträgen e 33 reichliche Beifallsbezeugungen. .
Der bereits öfter gehörte Pianist Herr Max van de Sandt gab gestern einen Klapier⸗Abend. Die Variationen von Brabms (p. 24) eröffneten das Concert; ihnen folgte s
Sonate mit der Fuge (op. 110). Außerdem trug Schumann z . wank aus Wien, jwei beliebte don
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