Das im vorigen Sommer für die Grenze mit Rußland erlassene Verbot der Ein⸗ und vir von Hadern und Lumpen aller Art, von Obst, frischem Gemüse, Butter und sogenanntem Weichkäse ist aufgehoben worden. Die Ein⸗ und Durchfuhr gebrauchter Kleider, sowie gebrauchter Leib⸗ und Bettwäsche ist nach wie vor verboten; jedoch angeordnet worden, daß fortan die Kleidungs⸗ und Wäschestücke, welche Reisende beim Uebertritt über die Grenze mittels der Eisenbahn oder auf anderen Wegen zu Lande mit sich führen, und welche schon nach den früheren Bestimmungen dem Ein⸗ und Durchfuhrverbote nicht unterlagen, einer Desinfection nicht mehr zu unterwerfen sind, wenn es sich nicht um cholerakranke oder der Krankheit verdächtige Personen handelt.
Nach der im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellten Nach⸗ weisung der auf deutschen Eisenbahnen — aus—⸗ schließlich Bayerns — im Monat Januar d. J. beim Eisenbahnbetriebe (mit Ausschluß der Werkstätten) vor— gekommenen Unfälle waren im ganzen zu verzeichnen: 5 Entgleisungen und 4 Zusammenstöße auf. freier Bahn, 34 Entgleisungen und 36 Zusammenstöße in Stationen und 23 sonstige Unfälle (Ueberfahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Kesselexplosionen und andere Ereignisse beim Eisen⸗ bahnbetriebe, sofern bei letzteren Personen getödtet oder ver— letzt worden sind). Bei diesen Unfällen sind im ganzen, und zwar größtenthells durch eigenes Verschulden, 339 Personen verunglückt, sowie 111 Eisenbahnfahrzeuge erheblich und 270 unerheblich beschädigt. Von den beförderten Reisenden wurden 2 getödtet und 19 verleht, und zwar entfallen: je eine Tödtung auf die Königlich württembergischen Staatseisenbahnen und auf den Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn⸗Direction zu Elberfeld, je drei Verletzungen auf die Reichseisenbahnen in Elsaß Lothringen und auf den Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn⸗Direction zu Altona, je eine Verletzung auf die Königlich württembergischen Staatseisenbahnen, auf die Großherzoglich badischen Staatseisenbahnen und auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn-Directionen zu Hannover und zu Berlin. Von Bahnbeamten und Arbeitern im Dienst wurden beim eigentlichen Eisenbahnbetriebe 36 getödtet und 262 verletzt, von Steuer- u. s. w. Beamten 1 ge⸗ tödtet und 5 verletzt, von fremden Personen leinschließlich der nicht im Dienst befindlichen Bahnbeamten und Arbeiter) 18 getödtet, 5 verletzt. Außerdem wurden bei Neben⸗ beschäftigungen 38 Beamte verletzt. Von den sämmtlichen Unfällen beim Eisenbahnbetriebe entfallen auf: A. Staats— bahnen und unter Staatsverwaltung stehende Bahnen (bei zusammen 34 388,97 km Betriebslänge und 82 986 416 geförderten Achskilometern) 377 Fälle, davon sind verhältnißmäßig, d. h. unter Berücksichtigung der geförderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Längen, hei der Main⸗Neckar-Eisenbahn und in den Verwaltungsbezirken der Königlichen Eisenbahn⸗-Direc— tionen zu Erfurt und zu Köln (rechtsrheinisch) die meisten Un—⸗ fälle vorgekommen. B. Privatbahnen (bei zusammen 2529,44 km Betriebslänge und 26 228 629 gesörderten Achs⸗ kilometern) 25 Fälle, davon sind verhältnißmäßig auf der Hessischen Ludwigs⸗Eisenbahn, auf der Altdamm-Kolberger 6 auf der Werrg-Eisenbahn die meisten Unfälle vorge— ommen. ;
. vyrIM O IRA. . 1836 Var or ö. zasr Ha Der Commandeur der 9. Division, General-Lieutenant
von Leipziger ist mit kurzem Urlaub hier angekommen.
Der Königliche Gesandte in Oldenburg Graf von der Goltz hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten.
Königsberg, 9. März. Der XVII. Provinzial-Land⸗ tag der Provinz Ostpreußen wurde heute Mittag durch den Ober⸗Präsidenten Grafen zu Stolberg mit folgender Ansprache eröffnet:
Geehrte Herren!
Zu gewohnter Zeit auch in diesem Jahre auf Grund Allerhöchster Anordnung hier jusammenberufen, heiße ich Sie namens der König⸗ lichen Staatsregierung zu gemeinsamer Arbeit auf das herzlichste willkommen.
Schmerzlich empfinde ich es mit Ihnen, daß seit Ihrem letzten Zusammensein wiederum mehrere Mitglieder des Landtags, darunter solche, welche in jahrelanger treuer Arbeit an dieser Stelle für das Wohl der Provinz gewirkt haben, uns durch den Tod entrissen, andere ebenso bewährte Mitglieder durch Verlassen der Provinz aus Ihrer Mitte ausgeschieden sind.
Um die entstandenen Lücken auszufüllen, baben Ersatzwahlen vor— genommen werden müssen, worüber die Verhandlungen Ihnen zur Prüfung vorgelegt werden.
Wenn auch, wie immer, ein wesentlicher Theil Ihrer Aufgaben darin bestehen wird, die laufenden Geschäfte der Provinzialverwaltung, soweit es dazu Ihrer Mitwirkung bedarf, zur Erledigung zu bringen, so werden doch über diesen Rahmen hinaus mannigfache wichtige, die Interessen der Provinz berührende Vorlagen Ihrer Berathung und Beschlußfassung unterbreitet werden. .
Freudig werden Sie es mit mir begraßt haben, daß die Königliche Staatsregierung zur Unterstützung der Land⸗ und Forstwirthschaft in den östlichen Provinzen bei dem Landtag der Monarchie auch für das kommende Rechnungejahr und zwar in erhöhtem Maße Mittel erbeten hat, deren Bewilligung außer Frage steht und hoffentlich auch in den kommenden Jahren nicht unterbleiben wird. Nachdem der Herr Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten die Absicht kund⸗ gegeben hat, bei Vertheilung dieser Gelder die hiesige Provinz mit einer erhöhten Zuwendung zu bedenken, zweifle ich nicht daran, daß auch Sie geneigt sein werden, der Anregung des Provinzial⸗Aus— schusses folgend, die Verwirklichung der insbesondere auf Förderung ron Landesmeliorationen gerichteten Bestrebungen der Königlichen Staatsregierung durch Bereitstellung eines entsprechenden Zuschusses zu ermöglichen. ;
Auch die Hebung de bieber noch zurückgeblieben Obstbaues in der Provinz sowie die lohnendere Verwerthung der Erzeugnisse des⸗ selben ist auf Anregung des Herrn Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten zum Gegenstande einer weiteren Vorlage det Probinzial Ausschusses gemacht worden, deren Beräcksichtigung ich Ihnen auf das waäͤrmste empfehle.
In Beziehung auf die erhöhten Anforderungen, welche das mit dem J. April d. J. in Kraft tretende Gesetz vom 11. Juni 1891 im Interesse einer angemessenen Fürsorge für Geisteskranke, Idioten, Gpileptische, Taubstumme und Blinde an die Provinzial=, Kreis und Gemeindeverbände stellt, hahen eingehende Erörterungen im Schoße des Provinzial. Ausschusses stattgefunden. Als Ergebniß derselben werden Ihnen eingehende Vorschlage wegen Ausführung des fraglichen Gesetzes zugehen. Dieselben lassen erkennen, daß man kestreht gewesen ift, die wohlthätigen Absichten des Gesetzes unter möglichster Schonung
der Leistungsfähigkeit der betheiligten Verbände ganz und voll in der Provinz zur Verwirklichung zu bringen.
Ungeachtet Sie vor wenigen Jahren den provinziellen Einrichtungen für das Taubstummen⸗Unterrichtswesen eine erhebliche Erweiterung 235 zu theil werden lassen, hat dies leider nicht verhindern können, daß im hildungsfähigen Alter befindliche taubstumme Kinder noch in großer Anzahl eines geordneten Taubstummen⸗Unterrichts entbehren. Wie den hier noch vorhandenen Mängeln in wirksamer Weise abgeholfen werden kann, werden Sie an der Hand verschiedener Vorlagen in Erwägung zu nehmen haben.
Auch auf dem Gebiet der für wichtigen Verkehrspflege wird Ihnen vollen Beschlüssen gegeben sein. Neben verschiedenen Anträgen wegen Unterstützung von zu erneuernden oder neu herzu⸗ stellenden wichtigen Verkehrsanstalten — unter anderen auch einer projectirten Eisenbahnverbindung zwischen Kranz und Kranzbeck — wird Ihre Beschlußfassung darüber erbeten werden, ob, in welcher Art und in welchem Umfange seitens der Provinz eine Förderung und Unterstützung des Baues von Kleinbahnen nach dem Gesetz vom 28. Juli v. J. eintreten und unter welchen Bedingungen die Ueberlassung von Provinzialstraßen für die Zwecke derartiger Unternehmungen erfolgen soll.
Wenn, wie in früheren Jahren, so auch jetzt wieder von den verschie⸗ densten Seiten für Wohlthätigkeitszwecke und zur Pflege der Kunst und Wissenschaft die Gewährung von provinziellen Beihilfen in Anspruch genommen wird so werden Sie, getreu Ihren bisherigen Gepflogen⸗ heiten, nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel diesen Bestrebungen Ihre Unterstützung nicht versagen.
Ganz besonders möchte ich in dieser Beziehung noch die aus einer Anregung der Königlichen Staatsregierung hervorgegangene Verlage, betreffend die Begründung einer Provinzialcommission zur Erforschung und zum Schutze der Denkmäler der Provinz, Ihrer wohlwollenden Berücksichtigung empfehlen.
Obgleich nun ein Theil der Ihnen zugehenden Vorlagen die Uebernahme von erhöhten Lasten auf die Schultern der Provinz zur Folge hat, so werden Sie doch aus dem Haushaltsanschlage mit Be— friedigung ersehen, daß zur Erfüllung aller dieser Mehrausgaben nur eine geringe Erhöhung der Provinzialabgaben erforderlich und daß auch im übrigen die finanzielle Lage der Provinz — dank der umsichtigen und sparsamen Verwaltung ihrer Organe — eine keineswegs un— günstige ist.
Wenn ich Sie, geehrte Herren, hiernach bitte, in Ihre Arbeiten einzutreten, so geschieht es mit dem Wunsche, daß dicselben auch dieses Mal von Gottes Segen zum Wohle der Provinz begleitet sein mögen.
Kraft des mir gewordenen Auftrages erkläre ich den XVII. Land⸗ tag der Provinz Ostpreußeu hierdurch für eröffnet. -
Den Vorsitz übernahm als Alters-Präsident der Bürger— meister Kinder mit einer Ansprache an die Versammlung, die mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König schloß, in das die Versammlung lebhaft einstimmte.
Nach Erledigung geschäftlicher Formalitäten wurde sodann zur Wahl des Präsidiums geschritten. Zum Ersten Vorsitzenden wurde Graf zu Eulenburg⸗Prassen, zu dessen Stellvertreter General-Landschafts-Rath Negen born, beide durch Acclamation, gewählt.
unsere Provinz so überaus Gelegenheit
Posen, 10. März. Der Provinzial-Landtag zog in seiner gestrigen Sitzung die Stellung der Provinzialverwal— tung zu dem Bau von Kleinbahnen in Berathung. Nach längerer Debatte, an der sich auch der Ober-Präsident Freiherr von Wilamowitz-Möllen dorff und der Landeshauptmann Dr. Graf von Posadowskny betheiligten und in der besonders hervorgehoben wurde, daß der Kleinbahnbau als eines der— jenigen Mittel anzusehen sei, welches zur Hebung der wirth⸗ schaftlichen Lage beitragen könne, wurde mit erheblicher Mehrheit der nachstehende Antrag des Zweiten Ausschusses angenommen:
„Es wird dem Provinzialausschuß aus dem Provinzial-Kapital⸗ fonds eine Summe von jährlich 50 006 in Worten „Fünfzig Tausend Mart“ bis zum Zusammentritt des nächsten Provinzial⸗Landtags zur Verfügung gestellt. Der Provinzialausschuß wird ermächtigt, aus diesem Fonds und aus solchen Mitteln, welche durch Ersparniß am Chaussee⸗ und Wegebau flüssig gemacht werden, den Bau von Bahnen niederer Ordnung (Kleinbahnen) auch finanziell zu unterstützen, sei es in Form von Bauprämien oder von Betriebszuschüssen; in beiden Fällen wird jedoch die Rückgewähr der Beihilfen unter der Voraussetzung ausreichender Rentabilität des Unternehmens in der Regel voͤrzu— behalten sein.“
In der heutigen Sitzung wurde nach einer dem Pro— vinzialausschuß mit dem Vorbehalt der demnächstigen Bericht⸗ erstattung an den Provinzial-Landtag ertheilten Ermächtigung, die bei dem Landes-Hauptfonds sich ergebenden Ersparnisse eines Rechnungsjahres dem Provinzial-Kapitalfonds zu über— weisen bezw. ceiwaige Fehlbeträge diesem zu entnehmen, der Etat für das Rechnungsjahr 189394 und folgende Jahre in Einnahme und Ausgabe auf 3497 000 M0 und die Provinzialabgaben auf 1187 000 S fest— gesetzt, wovon für 1891/95 und folgende Jahre event. 11100 66 wegfallen. Nach Vornahme von Wahlen eines bürgerlichen Mitglieds bezw. Stellvertreters für die Ober⸗ Ersatzcommission im Bezirk der 8. Infanterie-Brigade, von zwei Mitgliedern und zwei Stellvertretern für die Posener Rentenbank, von vier Mitgliedern und vier Stellvertretern für die Direction der Provinzial-Hilfskasse und von sechs Mitgliedern und sechs Stellvertretern für die Provinzial⸗ Feuer⸗Societätscommission wurde die Sitzung geschlossen.
Nachdem sodann am Nachmittag die Stände dem Königlichen Landtags⸗Commissarius, Ober-Präsidenten Frei⸗ herrn von Wilamowitz-Möllendorff durch eine Deputa⸗ tion hatten anzeigen lassen, daß der Provinzial-Landtag seine Geschäfte beendet habe, begab sich der Königliche Commissarius in die Mitte der Versammlung und hielt folgende Schlußrede:
Hochgeehrte Herren!
Nach eingehender Prüfung haben Sie den Ihnen zugegangenen Vorlagen in allen wesentlichen Theilen Ihre Zustimmung ertheilt und damit nicht nur die einzelnen Vorschläge, die Ihnen der Pro— vinzialausschuß gemacht hat, als begründet und zweckmäßig anerkannt, sondern auch Ihr Einoerständniß mit dem Gange der gesammten propinzialständischen Verwaltung kundgethan.
Es gereicht mir zur Freude, in Uebereinstimmung mit Ihnen auch meinerseits dem Herrn Landeshauptmann meine volle Anerkennung aussprechen zu können.
Wenn Sie in die Heimath zurückkehren, meine Herren, und dort einer Mißstimmung darüber begegnen, daß die Provinzialabgaben er⸗ heblich gewachsen sind, so befinden Sie sich in der Lage, leicht den Nachweis führen zu können, daß weder Ihnen, noch der Provinzial⸗ verwaltung hieraus ein Vorwurf zu machen ist, daß vielmehr das Vermögen und die Anstalten der Provinz in jeder Beziehung sparsam und gewissenhaft verwaltet werden. U
Ihre Verhandlungen, meine Herren, waren durch Sachlichkeit und einmüthige Hingabe an Ihre ernsten und wichtigen Pflichten aus⸗ gezeichnet, wie das immer der Fall gewesen und vornehmlich Ihrer Leitung, Herr Landtags-⸗Marschall, zu danken ist. Ich kann es mir nicht versagen, auch von dieser Stelle aus Eurer Excellenz und Ihnen, meine Herren Prorinzialstände, zu der hohen Auszeichnung, welche dem Landtags ⸗Marschall der Propinz Posen durch Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rath zu theil geworden ist, meinen aufrichtigen Glückwunsch auszusprechen. Ich weiß, daß dieser Gnadenbeweis
zu bedeutungs⸗
Seiner Majestät des Kaisers und Königs in der ganzen Provinz einen freudigen und dankbaren Widerhall finden wird. .
So möge denn der Geist, der hier auf den Landtagen herrscht auch in der Provinz überall Geltung finden und in allen Schich : der Bevölkerung seine wohlthätige Macht ausüben. j
; Friede ernährt, Unfriede verzehrt. ;
Im Namen Seiner Majestät des Kgisers und Königs erkläre ich
den 28. Provinzial-Landtag der Provinz Posen für geschlossen.
Nicht minder habe ich aber die Pflicht, Eurer Exxcellenz unseren Dank auszusprechen für die gütige Mitwirkung bei unseren Arbeiten, die es uns möglich gemacht hat, dieselben in verhältnißmäßig kurzer Zeit zu beenden. .
Daß unsere Beschlüsse eine Steigerung der Provinzialabgaben zar Folge haben würden, haben wir uns von Anfang an nicht verheklt, denn die Ausführung des Gesetzes vom 11. Juli 1891 verlangt große Opfer. Wir müssen aber anerkennen, daß diese Opfer nicht die Höhe haben, welche andere Provinzen sich auferlegt haben. Wo es möglich war, haben wir gespart und doch die günstige Gelegenbeit zur G:— werbung eines für mäßigen Preis anzebotenen Grundstücks wahr— genommen, Mittel zur Unterstützung der Landwirthschaft und zur Förderung der Kleinbahnen zur Verfügung gestellt und zur Beseitigung vorhandener Nothstände Zuschüsse bewilligt. ö
Wenn Eure Exxellenz der hohen Auszeichnung Erwähnung ge— than, welche Seine Majestät unser Allergnädigster Kaiser, König und Herr während der Dauer dieses Landtags mir persönlich hat zu theil werden lassen, so bin ich mir durchaus bewußt, daß ich diese Auszcich— nung nicht etwa besonderen Verdiensten meinerseits zu danken habe, sondern daß Seine Majestät mein Allergnädigster Herr meiner treuen heimathlichen Provinz sein Wohlwollen hat bezeugen wollen.
Wenn ich also auch in aller Bescheidenheit jedes eigene Verdienst dabei ablehnen muß, so bin ich doch stolz darauf, so zu sagen der Träger des Allerhöchsten Wohlwollens zu sein, und in diesem Sinne glaube ich, mit Eurer Excellenz, daß diese Wohlwollenserweisung unseres Kaisers und Königs in der ganzen Provinz Freude hervor« rufen wird.
Meine geehrten Mitstände, Sie haben wiederum die Worte, die ich beim Beginn unserer Arbeiten sprach, zur Wahrheit gemacht, indem Sie in Frieden und Eintracht Sich fast durchweg zu einstimmigen Beschlüssen vereinigt haben.
Ich sage Ihnen hierfür meinen aufrichtigen Dank, wie dafür, daß Sie mich mit Wohlwollen und Nachsicht unterstützt haben.
Ihnen danke ich die Auszeichnung, die mir zu theil geworden. Dessen werde ich, davon seien Sie überzeugt, stets eingedenk bleiben.
Lassen Sie uns nun zum Schluß unserer Arbeiten, wie zun Beginn, Seiner Majestät dem Kaiser und König unsere Huldigung darbringen, indem wir rufen: Seine Majestät der Kaiser und König Wilhelm II. lebe hoch!
Die Versammlung stimmte in diesen Ruf lebhaft ein und trennte sich sodann.
Hannover, 10. März. Der Provinzial-Landtag nahm in seiner heutigen Sitzung zunächst Wahlen zum Pro— vinzial-Ausschuß vor und genehmigte sodann einen Antrag des Provinzial-Ausschusses, wodurch dieser ermächtigt wird, der Landes-Genossenschaftskasse bei der Provinzial— Hauptkasse einen Credit bis zum Höchstbetrage von 200 000 6 unter der Bedingung zu eröffnen, daß neben den dem Landes-Directorium von der Landes⸗Genossen— schaftskasse bereits eingeräumten Controlbefugnissen jenigen Geschäftsantheile, mit denen die der Lan Genossenschaftskasse angehörenden Einzelgenossenschaften :c. mit unbeschränkter Haftpflicht zum Gesammtumfang mindestens von 200000 66 haftbar sind, für den gedachten Credit haftbar werden und bleiben. Die dem Provinzial-Ausschuß vom Landtag ertheilte Ermächtigung, gegen Hinterlegung bei der Reichsbank beleihungsfähiger Werth papiere der Landes-Genossenschaftskasse Darlehne bis ͤ Höchstbetrage von 109000 6 zu gewähren, wurde dagegen vom Provinzial-Landtag zurückgezogen.
die⸗ des
Sachsen. Seine Majestät der König ist gestern Nachmittag von Leipzig nach Dresden zurückgekehrt.
Württemberg.
Ueber den Gebrauch von Schulbüchern in verschiedene: Auflagen schreibt der „St.⸗A. f. W.“:
„Eine nicht unwichtige, wenn auch nur die mehr äußerliche Scite des Unterrichtsbetriebs betreffende Schulfrage hat jüngst von der Cult⸗Ministerial⸗Abtheilung für Gelehrten⸗ und Real⸗— schulen in den ihr unterstellten Schulen mit Genehmigung Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens eine Regelang erfahren, die auch in weiteren Kreisen bekannt zu werden verdient. Es handelt sich um die Einführung und den Gebrauch neuer Lehrbücher und insbesondere um den Ge brauch neuer Auflagen eines schon eingeführten Schulbuchs. Wenn auch nicht zu bestreiten ist, daß die Benutzung ver⸗ schiedener Auflagen von Seiten der Schüler einer und derselben Klasse für Lehrer und Schüler mancherlei Unzuträglichkeiten im Gefolge hat, so ist es doch im Interesse der betheiligten Familie wünschenswerth, daß der mit der Forderung der Anschaffung jeder neuen Ausgabe ver—⸗ bundene Mehraufwand thunlichst vermieden werde. Zu diesem Zwock ertheilt die erwähnte Ver sigung der Ministerial-Abtheilung den Vor— ständen der ihr unterstellten Anstalten hierüber die , . Weisungen. Grundsätzlich wird den Schulvorständen zur Pflicht gemacht, darauf hinzuwirken, daß den Eltern und Vertretern der Schüler durch den Wechsel in den Schulbüchern, soweit immer mög— lich, ein Mehraufwand nicht erwachse, und daher ein häufiger ocder nicht genügend begründeter Wechsel in den Schulbüchern überhaupt zu vermelden sei. Für den Fall, daß aus irgend welchem Grunde die Neuauflegung eines schon ün Gebrauche befindlichen Lehrbuchs nöthig geworden ist, wird auf den Weg hingewiesen, auf dem vermieden werden kann, daß nicht alle Schüler einer Klasse, auch diejenigen, die etwa schon im Besitze einer früheren Auflage sind, die neue Auflage an⸗ schaffen müssen. Die Verfasser und Verleger sollen bei Herstellung einer neuen Ausgabe durch beigedruckte Hinweisung auf die betreffenden Ab⸗ schnitte und Seitenzahlen in der früheren Ausgabe es ermöglichen, daß auch diese noch gebrauchsfähig bleibt. io higenfallẽ sollen die Lehrer hierbei vermittelnd eintreten und den Schülern die nöthigen Hinweisungen angeben. Den Verfassern von Lehrbüchern sollen in der Verbesserung Ihrer Bücher und in der Benutzung der bei ihrem Gebrauch in der Schule gemachten Erfahrungen beengende Schranken nicht gejogen werden. edoch wird die Erwartung autgesprochen, daß von denselben nur da und nur dann in einer neuen Auflage Textänderungen vorgenommen werden, wenn und wo ganz dringende Grunde es erheischen. Endlich wird für den Fall, daß ein Lehrbuch durch Neuauflegung eine so durchgreifende Umgestallung erfahren hat, daß die früheren Auflagen daneben nicht mehr wohl ver⸗ wendbar sind, angeordnet, daß für die . dieser neuen Auflage
in den Schulgebrauch auch eine neue behördliche Genehmigung eint · holen ist.
sta dt ein.
; Heffsen. Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Heinrich pon Preußen trifft nach der „Darmst. Ztg.“ heute Vormittag zu kurzem Besuch am Großherzoglichen Hofe in Darm⸗
Bremen.
Die Bürgerschaft hat in ihrer Sitzung vom 8. d. M. den Antrag der Budgetcommission über die Einkommensteuer für das Rechnungsjahr 1893,94 angengmmen. Der Antrag geht dahin: die Einkommensteuer mit 4 Proc. von Einkommen äber 9000 S, von Einkommen bis zu 9h00 6 nach Maßgabe der bisherigen gesetzlichen Scala zu erheben; sodann von Ein⸗ kommen über 9000 bis 12000 „66 einen Zuschlag von ein Achtel, von Einkommen über 12 000 M einen solchen von ein Viertel des Steuerbetrags zu erheben. Außerdem wurde ein Antrag Huchling, die Steuerdeputation zu beauftragen, dar⸗ äber zu berichten, ob es sich nicht empfehle, die Einkommen unter 800 6 vollständig von der Einkommensteuer frei zu lassen, angenommen.
El saß⸗Lothringen.
Der Landesausschuß erledigte in seiner Sitzung vom 9. d. M. zunächst die vier vorbehaltenen Etatspösitionen, die sämmtlich angenommen wurden, worauf der Landeshaus⸗ halts-Etat für das Etatsjahr 1893/94 in Ausgabe wie Einnahme auf 52 696 555 M festgestellt wurde, und zwar im ordentlichen Etat in Ausgabe auf 49 535 020 (S (davon 46 141 823 S fortlaufend und 3 3393197 6 einmalig), in Einnahme auf 51 357 555 s6; im außerordentlichen Etat in Ausgabe auf 3 161 535 ½ und in Einnahme auf 1339000 6 Außerdem wurden die übrigen bisher noch nicht erledigten Paragraphen des Etatsgesetzes angenommen.
Oefterreich⸗ Ungarn.
Dem „Vaterland“ zufolge hat der Fürst⸗Primas Vaszary dem ungarischen Minister⸗Präsidenten Dr. Wekerle die Adressen des ungarischen Episkopats an den Kaiser und die ungarische Regierung überreicht. In der Adresse an den Kaiser wird hervorgehoben, das kirchenpolitische Pro⸗ gramm der Regierung würde, wenn es verwirklicht werden sollte, die alten Institutionen Ungarns umstürzen, unabsehbare Wirren hervorrufen und die katholische Kirche in ihren Grundlagen er— schüttern. In dem Moment, wo Umsturzlehren die Throne und Staaten gefährdeten, müsse alles vermieden werden, was die religiöse Gesinnung der Völker schwächen könnte. Der Episko⸗ pat schließt mit der Bitte, der Kaiser möge als Schutzherr der Kirche gefährliche Neuerungen von der Kirche und dem Vaterlande fernhalten. Die Adresse an das Ministerium
bespricht ausführlich in fünf Abschnitten die confessionelle Zu—
gehörigkeit der Kinder aus gemischten Ehen, die Civilmatrikeln,
die Reception der Jsrgeliten, die freie Religionsübung und die Civilehe. In Betreff der Reception der Israeliten hat das Memorandum nichts gegen die freie Uebung der
7 8 . Die Q
jüdischen Religion einzuwenden. Die Juden seien im übrigen
nach dem Staatsgrundgesetz mit den Christen bezüglich der Ausübung aller bürgerlichen Rechte für gleichberechtigt erklärt. Die Bischöfe verweigerten jedoch die Zustimmung zu einer solchen Reception der jüdischen Religion, daß zwischen der christlichen und jüdischen Religion jenes Wechselverhältniß sich einstelle, das jetzt nur zwischen den katholischen und übrigen recipirten christlichen Religionen obwalte. Der Abschnitt über die Civilehe führt aus, die Civilehe verletze nef das allgemeine religiöse Gefühl, verletze die Dogmen über die christliche Ehe und nehme die Ehe aus der Hand der Kirche; die kirchliche und die bürgerliche Ehe schlössen einander aus. Alsdann weist das Memorandum auf die Rede des Grafen Julius Andrassy im Oberhause vom Jahre 1883 hin, worin dieser darlegte, daß die Civilehe in den Ländern, in denen sie eingeführt sei, die Intoleranz und den religiösen Zwist in den Familien und der Gesellschaft gesteigert habe, daß er die Civilehe als Resultat des Kampfes zwischen der staatlichen Allgewalt und der Kirche betrachte, daß es bei jedem Kampf Sieger und Besiegte gebe, in religiösen Fragen aber der ärgste Vergleich besser sei als der glänzendste Sieg.
Nach einer Meldung der „Neuen Freien Presse“ haben die orthodoxen Metropoliten von Serajewo, Mostar und Zwornik an die bosnische Landesregierung eine Collectiverklärung gerichtet, worin sie gegen die Auf— forderungen der „Mogkowskija Wjedomosti“!' zu Samm—⸗ lungen alter Meßgewänder und Kirchenbücher für die orthodoxen Kirchen in Bosnien und der Herzegowina Verwahrung einlegen und die düstere Schilderung der Lage der orthodoxen Kirche in Bosnien und der Herzegowina als „lügenhafte Verdächtigung“ bezeichnen. Die Metropoliten erklären, die orthodoxe Kirche in Bosnien und der Herzegowina erfreue sich der vollsten Freiheit und Gleichberechtigung, die bosnische Landesregierung sorge in ausgiebigster Weise für den Cultus und die Bedürfnisse dieser Kirche.
Im ungarischen Unterhause erklärte gestern Koloman Tisza die Behauptung des Abg. Asboth, wonach er in seiner Stellung als Minister-Präsident seiner Zeit die römische Curie um ihre Vermittelung im Interesse innerer politischer Angelegenheiten angegangen habe, für vollkommen unwahr. Tisza trat sodann mit großer Wärme für die obli⸗ gatorische Civilehe ein.
Großbritannien und Irland.
Im Oberhause erklärte gestern, einem Bericht des „W. T. B“ zufolge, der Erste Lord der Admiralität Spencer, die Regierung habe die Nothwendigkeit empfunden, zie Stärke Englands als erster Seemacht zu behaupten. Wenn man die englische Flotte mit den Flotten Frankreichs und Rußlands vergleiche, so besitze England eine bedeutende Ueberlegenheit an Schlachtschiffen, aber diese Ueberlegenheit werde 1896,97 nicht mehr bestehen. Daher sei es nöthig gewesen, die Zahl der Schlachtschiffe zu vermehren: mit den noch zu bauenden Schiffen werde England 18/97 58 Schlachtschiffe gegen 64 französische und russische Schlachtschiffe besitzen. Von Kreuzern werde im Jahre 1897 England 62 gegen 40 fran⸗ zöfische und russische besitzen. .
Im Unterhause heantragte der Premier Gladstone, heute eine Sitzung abzuhalten. Balsour bekämpfte den Antrag als beispiellos; die Regierung suche einer großen Minorität beider Häuser Zwangsmaßregeln zu dictiren. Sir
W. Harcourt wies dlesen Vorwurf zurück und betonte,
daß die Obstruction seitens ber Opposition die Sonnabend⸗ Sitzung abfolut nothwendig mache. Hanbury stellte einen Unterantrag, wona die heutige Sitzung dem
1
Mittwochreglement zu unterwerfen sei und daher um sechs Uhr geschlossen werden solle. Dieser Unterantrag wurde von Gladstone bekämpft und mit 252 gegen 231 Stimmen abgelehnt. Schließlich wurde der Antrag Gladstone's, heute eine Sitzung zu halten, mit 258 gegen 229 Stimmen ange⸗ nommen.
Der Marquis von Salisbury, Balfour und Lord Randolf Churchill empfingen im Laufe des gestrigen Nach⸗ mittags eine große Deputation von Vertretern der hervor⸗ ragendsten Handelsinteressen Irlands, unter ihnen den Gou⸗ verneur und zwei Directoren der Bank von Irland, die Directoren der Eisenbahnen und der Handelskammern. Der Führer der Deputation verlas eine Adresse, worin nach⸗ gewiesen wird, daß die Annahme der Homerule⸗-Bill den wachsenden Wohlstand Irlands vernichten werde. Der Director der „Great Northern Railway“ in Irland hob her— vor, daß der Werth der Eisenbahnactien während der letzten Wochen um eine halbe Million Pfund Sterling gesunken sei. Lord Salisbury gab in der Erwiderung seiner aufrichtigen Sympathie mit der Deputation Ausdruck und rieth ihr, nur den Muth nicht sinken zu lassen; es lägen günstige Anzeichen vor, daß die öffentliche Bewegung gegen Homerule in England im Wachsen sei. Balfour fügte hinzu, Homerule würde für Irland den Bankrott im Gefolge haben.
Frankreich.
Die Militärcommission der Deputirtenkammer hat einer Meldung des W. T. B.“ zufolge unter Zurück nahme ihres vorgestrigen Beschlusses die Errichtung des mili— tärischen Grades eines Armee-Corps-Commandanten genehmigt.
Brisson hat gestern sein Amt als Präsident der Panama⸗ Untersuchungscommission niedergelegt. .
In dem Panama-Bestechungsprozeß wurde gestern mit dem Verhör der Belastungszeugen begonnen. Zuerst wurde der Sachverständige Flory vernommen , der die für die Publicität verausgabten Summen und den Preis, der für die Mit— wirkung gewisser Personen gezahlt wurde, auf 195 Millionen schätzte. Die gegenwärtigen Activa der Gesellschaft be⸗ liefen sich auf 200 Millionen. Von 1200 Millionen seien nur 558 Millionen für die Kanalarbeiten verausgabt worden. Die vorgeladenen Banquiers und Deputirten wiederholten alsdann bezüglich der Bons des Barons Reinach und der Rolle Sans⸗Leroy's in der Commission der Deputirtenkammer die bereits vor der Enquéte-Commission abgegebene Erklärung. Hierauf begann das Verhör der Entlastungszeugen. Floquet wurde in den Saal gerufen. Lesseps wiederholte die vor⸗ gestern gegen Floquet vorgebrachten Thatsachen. Floquet setzte den Behauptungen Lesseps' entschiedenen Widerspruch entgegen und protestirte gegen die schmachvollen Aeußerungen, die Lesseps ihm zuschrieb. Lesseps hielt jedoch dem⸗—⸗ gegenüber seine Aussage aufrecht, worauf Floguet er⸗ widerte, auch er bleibe bei seiner Aussage, die er mit seinem Eide bekräftige. Als Lesseps hierauf auf die Affaire Vlasto einging, bemerkte Floguet: „Ich verstehe nicht, was Sie wollen.“ Bei diesen Worten erschollen aus dem Zuhörer⸗ raum heftige Ausrufe gegen Floquet, sodaß der Präsident den Saal räumen ließ. Bei Wiederaufnahme des Verhörs versicherte Lesseps, Floquet habe ihn aufgefordert, zu zahlen, damit ein Prozeß zwischen Reinach und Herz vermieden werde. Floquet gab hierauf zu, daß er die beiden Lesseps zu sich habe rufen lassen, aber lediglich zu dem Zweck, um ihre Aufmerksamkeit darauf zu lenken, daß die Panama⸗ Gesellschaft von großen Geldforderungen bedroht sei; er habe dies zur Zeit der boulangistischen Campagne für seine Pflicht gehallen. Zu Reinach, Herz und Arton sei er nie in Be⸗ ziehung getreten. Hierauf wurde Clémenceau vernommen. Auch diesem gegenüber erklärte Lesseps, von ihm zur Be⸗ seitigung der Schwierigkeiten zwischen Reinach und der Panama⸗ Gesellschaft aufgefordert worden zu sein. Clémenceau setzte hierauf weitläufig auseinander, daß er mit Rang Freycinet besucht habe, um mit diesem von dem Prozeß zu sprechen, den Reinach gegen die Panama-⸗Gesellschaft beab⸗ sichtige. Er habe dies gethan, weil der Ruin der Panama⸗ Gesellschast im Augenblick der Wahlen gegen die Republik hätte ausgebeutet werden können. Clémenceau stellte sodann in Abrede, die bekannte, von dem Bankbeamten Stephane an⸗ gefertigte Liste erhalten zu haben. Nach Clémenceau wurde Freyci net vernommen. Dieser erzählte über den erwähnten Besuch Clsmenceau's und Ranc's. Diese hätten zu ihm von der ungewissen politischen Lage ge sprochen und darauf hingewiesen, wie ein Prozeß Reinach's gegen die Panama⸗Gesellschaft einen nachtheiligen Widerhall im Lande finden müsse. Hierauf habe er (Freycinet) Lesseps zu sich rufen lassen und ihn aufgefordert, diesen Prozeß im öffentlichen Interesse zu vermeiden; er habe sich jedoch gleich⸗ zeitig geweigert, irgendwelche Einzelheiten in dieser Angelegen heit anzuhören, und es sei sicherlich nicht infolge dieses Be⸗ suches bei ihm geschehen, daß Lesseps die fünf Millionen an Relnach gezahlt habe. Die Sitzung wurde sodann aufgehoben.
Rußland.
Als Nachfolger des verstorbenen General⸗Majors Scheremetijew, Commandeurs des Kaiserlichen Convois, wird, wie „W. T. B.“ meldet, der Fürst Golitz in, Leiter der Kaiserlichen Hofjagd, genannt.
Syanien. Der Präfect von Madrid hat nach einer Meldung des W. T. B.“ die Einweihung der neu erbauten evange⸗ lischen Kapelle inhibirt.
Serbien.
Dem officiellen Ausweise zufolge betrugen die gesammten Zolleinnahmen im Vorjahre 9 401 75 Dinars, gegen 1891 um 553 997 Dinars mehr.
Bulgarien.
Der Municipalrath bewilligte einen Credit von 100 000 Fr. für die Vorbereitungen zum Empfange des Prinzlichen Paares nach der Vermaͤhlung. Der „Swo⸗ boda“ zufolge wird diese in den ersten Tagen des April a. St. stattfinden.
Amerika.
Die Vorlage, betreffend die Belassung von Blockzinn auf der Liste der frei einzuführenden Artikel, wurde — entgegen gegentheiligen Zeitungsmeldungen — vom Senat nicht , , , ,. obgleich der Finanzausschuß deren Annahme befürwortet hatte.
Nach einer Meldung der Times“ aus Bu enos⸗-Aires beharrt der Minister für Armee und Marine, General
Vietoriea trotz der Bitten des Präsidenten der Republik und des Cabinets auf seiner Demission.
Ein Versuch der Radicalen in Salta, eine auf⸗ ständische Bewegung in der Armee hervorzurufen, ist mißglückt. Viele hervorragende Persönlichkeiten der Provinz sind verhaftet worden.
Afrika.
Bei der Kat anga⸗Gesellschaft in Brüssel sind jetzt, wie der „Köln. Zig.“ berichtet wird, durch zwei Telegramme bestimmte Nachrichten über die von ihr vor zwei Jahren aus⸗ gerüsteten Expeditionen unter Bia und Delcommune eingegangen. Lieutenant Fran qui meldet, die Expedition, die er jetzt anführe, nachdem Rittmeister Bia im Katanga⸗ gebiet durch Krankheit dahingerafft, also nicht im Kampfe gegen die Araber getödtet worden, sei am 11. Januar im Lager von Lusambo eingetroffen. Sie habe 100 Mann infolge des Mangels an Lebensmitteln verloren. Franqui und seine Gefährten gedenken im April in Brüssel einzutreffen. Die Expedition hat in dem der Gesellschaft verliehenen Gebiet im Katangalande Märsche von einer Länge von 6000 kin gemacht und bringt vollständige Erkundigungen über die Beschaffenheit des Landes mit. Alle Stämme zwischen dem Mörosee, dem Luapula, dem Benguelo, der Südgrenze und dem 24. Längengrad haben sich friedlich unterworfen. Eine Gedenktafel für Livingstone, die Franqui am Benguelosee errichtete, war von der Londoner Gesellschaft für Erdkunde übergeben worden. Frangui wird bis Boma durch den Neffen Kiliama's, des bedeutendsten Häupt⸗ lings von Babussi, begleitet. Die vier übrigen Führer der Expedition befinden sich wohl. Del com mune ist am 7. Januar in Lusambo und am 5. Februar in Kinschassa eingetroffen. Er hat erkannt, daß der Lukuga thatsächlich den Oberlauf des Lualaba und für die Schiffahrt keine Schwierigkeiten bildet. Auch, diese Expedition hat das ihr angewiesene Gebiet voll⸗ ständig erforscht, und sämmtliche mächtige Häuptlinge haben sich dem Congostaat unterworfen. Im Kassongo⸗Gebiet empörten sich die Araber. Es kam zu Kämpfen, wobei der Resident von Kassongo Lippens und sein Begleiter getödtet wurden. Sefu, der Sohn oder Neffe Tippu⸗Tip's, ist im No⸗ vember von Lieutenant Dhanis geschlagen und über den Lomami getrieben worden. Im Katanga⸗Gebiet war beim Abmarsch der Expedition alles ruhig.
Parlamentarische Nachrichten.
Deutscher Reichstag.
Der Bericht über die gestrige Sitzung befindet sich in der Ersten Beilage.
64. Sitzung vom Sonnabend, 11. März, 1 Uhr.
Der Sitzung wohnt der Königlich preußische Kriegs⸗ Minister von Kaltenborn⸗Stachau bei. .
Das Haus genehmigt zunächst den Antrag Gröber, be⸗ treffend die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Abg. Stötzel, und setzt dann die zweite Berathung des Militär⸗ Etats fort beim Kapitel Geldverpflegung der Truppen, Titel 2: Militärärzte.
Abg. Hinze (dfr. weist darauf hin, daß der Reichstag eine Re⸗ solution angenommen habe, wonach es nicht zulässig sei, daß Ein⸗ jährig-Freiwillige über das 32. Lebensjahr hinaus zu Uebungen heran⸗ gezogen werden, denn wenn sie auch auf Grund eines gewährten Aus⸗ standes erst in späteren Lebensjahren dienen als gewöhnlich die übrigen Soldaten, so könne man sie doch nicht als solche betrachten, die durch ihr Verschulden später dienen, und nur solche sollen nach dem 32. Lebensjahre herangezogen werden.
Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, General⸗ Major von Goßler: Der Reichskanzler hat auf Grund des Gesetzes entschieden, daß keiner Kategorie von Militärpflichtigen eine Ver⸗ günstigung gewährt werden kann, die der Gerechtigkeit widerspricht.
Abg. Hinze (dfr.): Der Reichstag wird wohl bei der früheren Auffassung stehen bleiben.
Abg. Richter (dfr.): Dieser Vorfall zeigt wieder. wie noth⸗ wendig es ist, daß eine oberste Instanz geschaffen wird für die Aus⸗ legung des Reichs⸗Militärgesetzes. Der Reichskanzler legt ja wohl das Gesetz nach bestem Wissen und Gewissen aus; aber er ist doch so sehr mit anderen Dingen beschäftigt, daß er nicht auf alle Kleinig⸗ keiten achten kann. .
Beim Kapitel: Naturalverpflegung, und zwar beim Titel Fourageverpflegung beschwert sich der
Abg. von Reibniß (dfr.) über die mißbräuchliche Benutzung der Krümperpferde, die nicht nur für militärische Zwecke, sondern auch zu Fahrten für die Offiziere und sogar für Cirilisten gebraucht worden sind. Die Fuhrhalter in Tilsit haben sich darüber beschwert, das Kriegs-Ministerium hat auch Abhilfe zugesagt, aber die Befehle des Kriegs⸗Ministeriums scheinen nicht recht befolgt zu sein, wie sie der Civilbevölkerung zu gute kommen sollen. Ein Wachtmeister des dortigen Dragoner⸗Regiments hat gesagt: Was hat Euch die Beschwerde genützt, wir haben gefahren, und wir werden fahren, und zwar werden wir noch mehr als bisher fahren! Redner bittet um eine bindende Erklärung des Kriegs⸗ Ministeriums gegen solche Mißbräuche.
Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, General⸗ Major von i ,. Die Krümperpferde sind außeretatsmäßige Pferde, die für militärische Zwecke verwendet werden können. Wenn sie im Interesse der Offiziere verwendet werden sollen, so müssen die Commandobehörden dazu ihre Zustimmung geben. Verstöße sind dem Ministerium nicht bekannt geworden; es ist auch nicht anzunehmen, daß das General⸗Commando des J. Armee⸗Corps einen Mißbrauch gestattet hat.
Abg. Richter (df): So einfach liegt die Sache doch nicht. Die Klagen nicht bloß aus Tilsit, sondern auch aus anderen Städten z. B. Potsdam gehen dahin, daß die älteren außeretatsmäßigen Krümper⸗ pferde, die aber aus den etatsmäßigen Futtervorräthen erhalten werden, für Fuhren verwendet werden, die kein militärisches Interesse haben. Es muß hier streng geschieden werden zwischen den militärischen und den persönlichen Interessen der Offiziere.
Beim Kapitel Bekleidung und Ausrüstung der Truppen erhält beim Schluß des Blattes der Abg. Richter das Wort. .
— Der Bericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.
— Das Gesetz über den Verrath militärischer Geheim⸗ nisse ist heute von der mit der Vorberathung beauftragten Gem miffion des Reichstags in zweiter Lesung nach den Vorschlägen des Abg. Schneider⸗ Hamm (nl. im ganzen mit 190 gegen 5 Stimmen angenommen worden.
— Von den Abgg. Lender uad Hug ist im Reichstage folgende . eingebracht! Der Reichstag wolle beschlleßen: die ver ündeten Regierungen zu ersuchen, für die guf Grund von zwi dem Reich und einem Bundesstaate abgeschlossenen er . erbauten Eisenbahnen, welche im Interesse der Vertheidigu utschlands oder im Interesse des gemeinsamen Verkehrs für nothwendig eracht worden sind, Beiträge aus Reichs mitteln wie zur Erbauung,
so auch zur Unterhabtung und zum Bett ie be dieser Eisenbahnen